Bonn 1914-1918
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Donnerstag, 26. September 1918

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. September 1918Zur Beschlagnahme von Sonnenvorhängen. Die den Anstalten und Firmen unserer Stadt zugesandten Meldebogen sind, woran nochmals erinnert sei, bis zum 25. September an das städtische Bekleidungsamt, Gangolfstraße Nr. 2, zurückzusenden.
   
Zur weiteren Aufklärung sei bemerkt, daß die Eigentümer der beschlagnahmten Vorhänge demnächst durch Beauftragte der Reichsbekleidungsstelle zum Verkauf gegen eine von diesen Beauftragten festzusetzende Geldentschädigung aufgefordert werden. Die Entfernung der beschlagnahmten Behänge erfolgt kostenlos durch Beauftragte der Reichsbekleidungsstelle. Diese wird auch dafür Sorge tragen, daß dem Eigentümer der Vorhänge an Stelle der Geldentschädigung der alsbaldige Erwerb und die Anbringung gleichartiger Gegenstände aus Papiergarngeweben mit den vorhandenen Annahmevorrichtungen (Schnüren, Ringen und dergl.) ohne Zuzahlung möglich ist.

Die Filmherstellung wird begrenzt. Wie die Fachzeitschrift „Die Lichtspielbühne“ erfährt, sind bei der Aktien-Gesellschaft für Anilinfabrikation „Agfa“, die bekanntlich als einzige Firma Rohfilm herstellt (die Kinofilm-Gesellschaft m. b. H. in Düren fabriziert nur für den Eigenbedarf der Eiko), die Rohfilmprodukte beschlagnahmt worden. Es soll nur ein Drittel des bisherigen Kontingents der Privatindustrie zur Verfügung gestellt werden, während der Rest für Werbefilme verwendet werden soll.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Kriegsbeorderungen. Von zuständiger Stelle erhalten wir folgende Zuschrift: In letzter Zeit mehren sich die Fälle, in denen Arbeitgeber usw. ihren reklamierten Leuten, wenn sie zur Einstellung beordert sind, die Gestellungsbefehle abnehmen und mit neuen Reklamationsanträgen dem stellv. Generalkommando oder dem Bezirkskommando vorlegen. Das stellv. Generalkommando hat schon verschiedentlich darauf hingewiesen, daß dieses Verfahren durchaus unstatthaft ist. Das Bezirkskommando macht wiederholt darauf aufmerksam, daß in jedem Falle, auch wenn Zurückstellungsanträge schweben, oder über den Gestellungstag hinausgehende Zustellungsverfügungen bereits vorliegen, die Gestellungsbefehle im Besitz der Beorderten zu belassen sind. Diese haben sich am Tage der Beorderung beim Bezirkskommando zu stellen, es sei denn, daß das Bezirkskommando von der Aufhebung der Beorderung Kenntnis gegeben habe. Bei zukünftigen Zuwiderhandlungen werden die Beorderten zur Verantwortung gezogen, gegen die Veranlasser aber wird strafbar vorgegangen werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Dampfmaschinen-Explosion. In einer Fabrik im Kölner Bezirk ist die Maschine infolge Reißens des Regulatorriemens durchgegangen und vollständig auseinandergeflogen. Die Trümmer haben die Inneneinrichtung der Fabrik, sowie Dach und Umfassungsmauern durchschlagen und teilweise niedergerissen. Um ähnliche Unfälle zu verhüten, muß bei der oft mangelhaften Beschaffenheit der jetzt zur Verfügung stehenden Riemen darauf geachtet werden, daß insbesondere die Regulatoren der Kraftmaschinen in sicherer Weise angetrieben werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Freitag, 27. September 1918

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. September 1918Auf die neunte Kriegsanleihe zeichnete die Dynamobürstenfabrik P. Ringsdorff in Mehlem eine Million Mark.

Mit einer Ausdehnung der fleischlosen Wochen auf weitere drei Monate ist, wie die Nordd. Allg. Ztg. schreibt, zu rechnen.

Neues Operettentheater. Als Gast auf Anstellung sang dieser Tage Fräulein Else Grabbert aus Hamburg die Valencienne in der „Lustigen Witwe“. Die junge Dame, die schon äußerlich einen sehr gewinnenden Eindruck macht, verfügt über ein volles, weiches, wenn auch nicht besonders umfangreiches Organ und weiß auch darstellerisch durch Gewandtheit und Anmut zu fesseln. Da die Valencienne bekanntlich einer Künstlerin nicht die volle Entfaltung ihrer Stimmittel wie auch ihrer darstellerischen Begabung gestattet, können wir hier leider kein abschließendes Urteil aussprechen. Das Publikum zeigte sich von den Leistungen der jungen Künstlerin vollauf befriedigt.
   
Der von Abend zu Abend steigende Erfolg der „Lustigen Witwe“ veranlaßt die Direktion, diese Operette auch in den nächsten Tagen bis Ende dieses Monats auf dem Spielplan zu erhalten. Mit durchweg neuer Besetzung der Partien bereitet die Direktion inzwischen die Operette „Der Zigeunerbaron“ vor.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Städtisches Viktoriabad. Die Schwimmfreunde haben es dankbar begrüßt, daß die Schwimmhalle wieder der Benutzung übergeben worden ist. Das Leben und Treiben, das sich täglich in de Halle abspielt, ist ein deutlicher Beweis für das vorhandene Bedürfnis einer geregelten Körper- und Hautpflege. Von weit über 7000 Personen ist das Schwimmbad in der kurzen Zeit seiner Wiedereröffnung aufgesucht worden. Es ist eine helle Lust, namentlich unsere Jugend in dem feuchten Element zu beobachten, wie Knaben und Mädchen beim Schwimmen ihre Kräfte messen, beim Absturz vom hohen Schwimmbrett Mut und Gewandtheit äußern und in dem fröhlichen Wasserspiel Erholung finden von den Anstrengungen der Schulbank. Nicht weniger wird von den Erwachsenen der Betrieb in der Schwimmhalle begrüßt, wenn sie auch wegen der Fülle der Gesichte, der man nachmittags in dem großen Trog begegnet, lieber die ruhigen Vormittagsstunden benutzen, um des erfrischenden Genusses eines Schwimmbades teilhaftig werden zu können.
  
In den jüngsten Tagen wurden die Schwimmfreunde leider durch das Gerücht beunruhigt, daß die Freuden des Schwimmbetriebes im Viktoriabad bald wieder zu Ende sein sollen. Es heißt, die Stadtverordneten Kalt und Mathieu Schmitz machten ihren Einfluß geltend, um im Interesse der Kohlenersparnis die Einstellung des Schwimmbetriebes zu bewirken. Angesichts der knappen Kohlenzuweisung, die Bonn durch den Reichskohlenkommissar erfahren hat, erscheint es wohl möglich, daß man sich abermals für die Schließung der Viktoria-Schwimmhallen entscheidet. [...] Ohne die Absicht einer Kritik über die Behandlung, die man in Bonn in den letzten Kriegsjahren gegenüber der Schwimmsache wohl beobachten mußte, sei darauf hingewiesen, daß in vielen anderen rheinischen Städten, die ebenfalls unter dem Druck der Kohlennot gestanden haben, die öffentlichen Schwimmbäder bis heute ohne Unterbrechung im Betrieb geblieben sind. [...] Wenn man berücksichtigt, daß in Bonn trotz der Schwierigkeiten in der Kohlenbeschaffung seit anderthalb Jahren ein neues Operettentheater in Betrieb ist, das Stadttheater weiterspielt, daß sämtliche Bonner Kinos trotz der Kohlennot ihren Betrieb aufrecht erhalten konnten, daß „Groß-Bonn“ immer noch gut beheizt ist, daß eine wahre Sündflut von Konzerten diesen Winter über uns ergeht, die auch nicht ohne Saalheizung stattfinden können, so sollte man meinen, daß an den Stellen, wo der Kohlenbezug für diese Unternehmungen erfolgt, auch für das Viktoriabad die notwendigen Kohlen zu beschaffen wären.
   Wir haben als Lazarettstadt mit unseren zahlreichen Verwundeten und genesenden Feldgrauen ein besonderes Interesse daran, daß der Einwohnerschaft eine regelmäßige Schwimmgelegenheit geboten wird, zumal die Badegelegenheit in den Privathäusern durch die immer größer werdende Schwierigkeit der Reparaturmöglichkeiten und der Installationsarbeiten mehr und mehr fragwürdig geworden ist.
   Wir besaßen vor dem Kriege in dem Geheimen Baurat Schultze, unserem ersten Beigeordneten und Erbauer des Viktoriabades, und dem Stadtverordneten Prof. F. A. Schmidt, dem Chefarzt im Beethovenlazarett, besonders warmherzige Fürsprecher der Bonner Schwimmsache. An beide Männer ergeht deshalb besonders die herzliche Bitte, ihre Autorität dafür einsetzen zu wollen, daß, wenn irgend angängig, unserer Bürgerschaft auch weiterhin die Benutzung des Viktoriabades und seiner Schwimmhalle gewährleistet bleibt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Zu einer Kundgebung vaterländischer Tat- und Opferfreudigkeit ladet die deutsche Vaterlandspartei ihre Mitglieder auf Montag, den 30. September, abends 8¼ Uhr, in den großen Saal der Lesegesellschaft. Der Landtagsabgeordnete Dr. Bacmeister wird über das Gebot der Stunde sprechen. Auch Gäste sind herzlich willkommen.

Der erfolgreichste Kampfflieger auf dem Kriegsschauplatze in Mazedonien, der Bonner Vizefeldwebel Gerh. Fieseler, errang seinen 17. Luftsieg und wurde er neuerdings mit dem österreichischen silbernen Verdienstkreuz mit der Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille sowie mit dem preußischen Militärverdienstkreuz ausgezeichnet.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Samstag, 28. September 1918

    

Die Universität im vierten Kriegsjahre.
In der soeben erschienenen Chronik der Universität für das am 31. März beendete Rechnungsjahr 1917 berichten einleitend die beiden Rektoren des Jahres, Geheimräte Ribbert und Marx, über „Die Universität im vierten Kriegsjahre“. Nach kurzer Aufzählung der wichtigsten militärischen und politischen Ereignisse, u. a. die Befreiung der Universitär Dorpat, heißt es: Der Betrieb der Universität erfolgte in derselben Weise wie im vergangenen Jahr. Kriegsbeschädigte, Dienstuntaugliche, zeitweise Beurlaubte, 18jährige für die Zeit vor der Einstellung, Frauen und Gasthörer, Weltgeistliche und Ordensgeistliche bildeten die Zuhörerschaft von etwa 1400 Köpfen. Vielen, die im Hilfsdienst beschäftigt waren, wurde ein zeitweiser Besuch der Vorlesungen und Uebungen ermöglicht, ebenso Genesenden aus den Lazaretten und Krankenhäusern. Es wird dann über die akademische Bismarckfeier am Sonnenwendtage und über die Gründung der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Friedrich-Wilhelms-Universität berichtet. Die große goldene Schaumünze der Rektorkette wurde verpfändet und durch einen in der Kruppschen Hütte zu Sayn hergestellten eisernen Abguß mit dem Bilde des Stifters der Universität ersetzt. [...] Im Heeresdienst standen im Sommer 1917 4328 von insgesamt 5138 Studierenden, im Winter 1917/18 4803 von insgesamt 5555 Studierenden. Gefallen sind bisher 502 Studierende. Vorlesungen hatten angenommen im Sommer 1482 Studierende, darunter 474 Frauen, im Winter 1488, darunter 465 Frauen; dazu kamen im Sommer 163, im Winter 210 Gasthörer. Der Vereinslazarettzug K. 1 hat im Berichtsjahre 32 Fahrten zurückgelegt und 212 Offiziere und 7587 Unteroffiziere und Mannschaften, ferner 168 Feinde nach Deutschland befördert. Die Beratungs- und Unterstützungsstelle für kriegsbeschädigte Akademiker in der Rheinprovinz hat für 57 Kriegsbeschädigte, 38 mit schweren und 19 mit leichteren Verletzungen, besondere Akten angelegt. Zu den Schwerverletzten gehören sechs Blinde, darunter zwei Berufsoffiziere, die beide zum Studium der Rechtswissenschaften übergingen. Zahlreiche kriegsbeschädigte Akademiker wurden beraten, an 20 Unterstützungen gezahlt, für acht wurden die Kurkosten in den Alpen bewilligt. Die Ausgaben beliefen sich auf 12.000 M. Die Hilfsstelle der Universität zur Versorgung kriegsgefangener Akademiker hat weiter einige hundert Bände für die kriegsgefangenen Kommilitonen gesammelt und an die Hauptstellen überwiesen. [...]

Magen oder Herz? Die Parole ist mit kernigen Worten ausgegeben. Unser Beigeordneter Bottler hat es im Namen der Reichsbank und unserer Vaterstadt getan, deren Wappen unsere Kriegsanleihen-Zeichenscheine tragen, als er Mitbürger und Mitbürgerinnen versammelte, um die Werbearbeit für die „Neunte“ zu beraten: Vertrauen, mehr Vertrauen! Ein voller Heimatsieg soll unsere jetzige Kriegsanleihe werden, ein glänzender Beweis eines Siegeswillens, der weit größer noch als der unleugbare des Franzosen trotz weitgehender Besetzung seines Landes. Und ein treffliches Wort sagte der Bonner „Generalissimus“ bei der Geldschlacht: Bei vielen steht der Magen viel zu sehr im Vordergrund, man sollte meinen, sie hätten nur einen Magen und kein Herz. Der Magen läßt ihre Zunge sich ständig bewegen, vom Herzen hört man kaum ein Wort. Und ich setze hinzu: Gerade solchen, denen der Magen nicht knurrt, hören häufig am wenigsten auf die Stimme ihres Herzens. Die kann keine andere sein als die mahnende Stimme, die Pflicht zu tun. Diese Herzensstimme braucht aber nimmer zu fürchten, daß der Verstand anders sprechen würde. Patriotismus und Egoismus gebieten dasselbe: Zeichnung und Werbung. fik.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Ein Erlebnis in der Rheinuferbahn. Von einer angesehenen hiesigen Dame wird der Schriftleitung mitgeteilt, daß in der Rheinuferbahn gestern auf der Fahrt nach Köln in einem Nachmittagszug ein kriegsgefangener Franzose in Uniform beobachtet wurde, der sich in Begleitung einer Dame befand. Mit einem Abendzug fuhr der Franzose in der gleichen Gesellschaft wieder nach Bonn zurück. Die Mitreisenden beobachteten mit Empörung, daß die Begleiterin des Franzmanns sich mit diesem sehr intim unterhielt. Von der vielgerühmten Höflichkeit des Franzosen gegenüber Damen schien dieser Mosjöh keinerlei Dunst zu haben. Obwohl das Abteil überfüllt war und viele ältere Frauen stehen mußten, blieb der Franzose ruhig auf seinem Platz sitzen. Die Schaffnerin, die gebeten wurde, den Franzmann zum Aufstehen zu veranlassen, mußte leider erklären, zu einem derartigen Eingreifen nicht berechtigt zu sein. Vielleicht setzt sich die Direktion der Rheinuferbahn mit unserer Militärbehörde in Verbindung, damit derartige unliebsame Erscheinungen in der Folge vermeiden bleiben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Futtermangel. Vom Lande schreibt man uns: Zahlreiche Landleute der nächsten Umgebung der Stadt treiben jetzt ihr Rindvieh auf die jungen Stoppelkleefelder zur Weide. In hiesiger Gegend ist dies etwas ganz Neues und gibt der Landschaft ein ganz anderes, eigenes Gepräge. Die Landleute versuchen auf diese Weise dem augenblicklichen Futtermangel entgegenzuarbeiten. Der junge Klee liefert ja in diesem Jahre sowieso keine Ernte mehr, bringt aber durch die Benutzung als Viehweide großen Nutzen.

 Das Soldatenheim wurde am letzten Sonntag von Herrn Berlef trefflich geleitet. Nach herzlicher Begrüßung der zahlreich erschienenen Feldgrauen und eingeladenen Gästen zeigte Frau Zwerschke ihre Kunst als Geigenkünstlerin in bester Weise. Die Klavierbegleitung lag in den Händen von Frl. Herrmann und fanden die vorgetragenen Stücke allseitigen Beifall. Herr Architekt Tasche brachte mit bekannter herrlicher Tenorstimme mehrere Lieder zu Gehör und wurde kräftig applaudiert. Frl. Lenzen erfreute auch heute wieder mit ihren heiteren Vorträgen. Ein humoristisches Terzett „Die drei Auguste“, vorgetragen von den Herren Herbst, Däntler und Ritter fand auch seine Anerkennung. Ein Lustspiel „Die Naturheilmethode“ mit Besetzung der Damen Frl. Lottner, Frl. Völker, der Herren Ritter, Schönenberg, Däntler und Herbst wurde gut gespielt und rauschender Beifall wurde den Spielern zu Teil.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Sonntag, 29. September 1918

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. September 1918Auf den Vortrag des Landtagsabgeordneten Dr. Bacmeister morgen (Montag) im großen Saal der Lese sei an dieser Stelle nochmals hingewiesen. In dieser ernsten schicksalsschweren Zeit, in der innerer Zwist unsere Kraft zu lähmen droht, ist es heiligstes Gebot für die Heimat, unsere kämpfenden Brüder durch einheitlichen Siegeswillen zu unterstützen.

Lustiger Abend. Senff-Georgi, der, wie bereits wiederholt erwähnt, am morgigen Montag, abends 8 Uhr im Bürgerverein wiederum einen einzigen seiner wirklich lustigen Unterhaltungsabende gibt, gehört zu den wenigen Vortragskünstlern, denen die Frohlaune Herzensbedürfnis ist und denen von der Natur aus die reiche Gabe, durch ihre Künstlerschaft herzlichen Frohsinn zu verbreiten, geschenkt wurde. Das abwechselungsreiche, eigenartige Programm verheißt einen genussreichen Abend.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. September 1918Zur Kohlenknappheit. Aus Beamtenkreisen schreibt man uns: Nach den wenig tröstlichen Mitteilungen der Stadtverwaltung steht es mit der Kohlenversorgung für diesen Winter sehr schlecht. Außer mit dem Mangel an Lebensmitteln haben wir daher im Winter auch noch mit der Einschränkung des Kohlenbedarfs zu rechnen. Ein schlecht ernährter Körper kann aber die nötige Wärme nicht entbehren, ohne dauernd Schaden zu erleiden. Es muß daher unbedingt Rat beschafft werden. Eine größere Ersparnis an Heizungs- und Beleuchtungsmaterial kann eintreten, wenn bei den Behörden, namentlich den städtischen und gerichtlichen, mit Eintritt des Winters eine ungeteilte Arbeitszeit zur Einführung gelangt. Warum man zögert, von diesem einfachen Mittel Gebrauch zu machen, ist nicht zu verstehen. Die Einstellung der Heizung in den Nachmittagsstunden, der Fortfall der Beleuchtung der vielen Treppen, Flure und Arbeitsräume von Eintritt der Dunkelheit bis zum späten Abend muß eine Ersparnis an Heizungs- und Beleuchtungsmaterial zur Folge haben. Man führe daher die ungeteilte Arbeitszeit vor dem Winter ein, das ist der Wunsch der meisten Beamten, die dann auch noch Zeit finden würden, ihre sonstigen Geschäfte zu erledigen, namentlich sich die fehlenden Lebensmittel zu beschaffen, was man jetzt hamstern nennt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Wochenkalender der Bonner Frauenvereine. Donnerstag, 6 Uhr, Hörsaal 12 der Universität, Verband Bonner Frauenvereine, 1. Vortrag: Verfassungs- und Verwaltungsfragen; Oberbürgermeister Most – Sterkrade; Freitag 10½ Uhr, Sitzung der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe. Hausw. Kriegshilfe, Anmeldungen zu Schuhkursen werden entgegen genommen in der früheren Flickschusterei (Univers. Am Hof). Daselbst bietet die Kleiderberatung jeden Mittwoch von 9-12, 3-6 Uhr Gelegenheit, unter sachkundiger Leitung Kleider anzufertigen oder zu ändern. – Die Strumpfausbesserungsstelle ist jetzt nur noch jeden Donnerstag 9-12, 3-6 Uhr geöffnet. In der hauswirtschaftlichen Beratungsstelle (städt. Sammelstelle) sind außer kriegsgemäßen Kochrezepten und Angaben über Selbstanfertigung von Kochkisten auch neue Merkblätter über bargeldloses Zahlen zu haben. Die Chamottsteine (zum Backen in der Kochkiste) sind bei Frau Vogel Fürstenstraße zu kaufen. In der städt. Sammelstelle ist eine Annahme von gebrauchten Möbeln und sonstigem Hausrat eingerichtet worden, um minderbemittelten Brautpaaren die Gründung ihres Hausstandes zu erleichtern. Alle wohlhabenden Familien sind herzlich gebeten, aus ihren reichen Beständen beizusteuern und diese und diese zeitgemäße Einrichtung wirksam zu unterstützen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Montag, 30. September 1918

    

Nicht zu dumme Entschuldigungen! Folgende Entschuldigungen wegen Nichtzeichnung von Kriegsanleihen haben sich als unzweckmäßig herausgestellt und werden deshalb besser vermieden:
  
1. Ich habe gestern bei dem anderen Herrn gezeichnet – wenn man dessen Namen vergessen und seine Bescheinigung darüber verloren hat.
   2. Ich muß auf Herrn .... warten, dem ich jedes Mal zeichne – wenn der Werber von ihm einen freundlichen Gruß bestellt und gerade gehört hat, daß der geplagte Zeichner – noch nie gezeichnet hat.
   3. Ich muß unbedingt mein weniges bares Geld zu eiligen großen Warenanschaffungen behalten – wenn der Werber eben vorher, im Laden stehend, gehört hat, wie die hohen Preise damit gerechtfertigt wurden, daß keinerlei Waren mehr zu kaufen seien.
   4. Ich bin so beschäftigt, daß ich nur mit der Bank mich einlassen kann – wenn der Werber belehrt, daß durch die Zeichnung bei ihm der Gang zur Bank noch erspart wird.
   5. Ich muß meinen Neffen und Nichten die Freude der Zeichnung machen – wenn der Werber mit rauher Hand auf den Stammbaum weisen kann, der den Angesprochenen als einen geschwisterlosen hoffnungsvollen Sproß der Familie zeigt.
   6. Ich kann noch nicht übersehen, wie viel zu zeichnen ich in der Lage bin – wenn der Werber belehren kann, daß man mehrfach zeichnen und sich dadurch die Uebersicht erleichtern darf.
   Gleich ein halbes Dutzend --- fauler Entschuldigungen, ein Gros wäre leicht voll zu machen. Ein Ausweg bleibt dir, wenn dich der Werber erwischt. Erblasse nicht, erröte nicht, stottere nicht, --- raffe dich auf, ehrlich zu sagen: Ich will nicht zeichnen. Es ist ja nicht nötig, daß du dabei grob wirst, weil der unglückliche Werber dich --- zu hoch eingeschätzt hat. fik.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Zur Eierversorgung. Wie der preußische Staatskommissar für Volksernährung bekannt macht, dürfen Geflügelhalter, die ihre Ablieferungsschuldigkeit an Eiern für das Wirtschaftsjahr 1918 erfüllt haben, Ueberschußeier unmittelbar an Verbraucher zum Kleinhandelshöchstpreis frei absetzen. Diese Ueberschußeier sind bei Ablieferung an die Sammelstellen oder Aufkäufer mit einem Zuschlag von je 10 Pfg. zu vergüten.

Städt. Volksunterhaltungsabend. Im Saale des Bonner Bürgervereins gab gestern Herr Landgerichtsrat E. Bücheler seinen ersten dieswinterlichen Volksunterhaltungsabend, der sehr gut besucht war. Der Anfang war erfreulich. Der Konzertveranstalter hatte mit seinem kleinen gemischten Chor und den fünf Instrumentalsolisten für die Zwecke seiner Konzerte eine gute Wahl getroffen. Die Sängerinnen und die Sänger sangen, wenn sich auch einige musikalische Leistungen musikalisch nicht einwandfrei erwiesen, eine Reihe interessanter Lieder von Mendelsohn und Kahn mit Geist und Geschmack. Der Beifall der Zuhörer nach den Liedern war lebhaft. Den Höhepunkt der Erfolge erzielte das Mozartsche Quintett für zwei Violinen, Viola, Klarinette und Cello, das für das angesetzte und wieder abgesetzte Septett von Beethoven gespielt wurde. Den Ausführenden ist es gelungen, alles was in der Komposition lebt und webt, der Grundidee unterzuordnen und dem anmutigen Werke eine wirkungsvolle Aufführung zu sichern.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Krieg gegen den Griesgram. Wir feierten einmal Fastnacht. Sie, von der wir schon mancher Jugend nur noch erzählen können, machte nicht nur das Narrenkleid aus, das auch heute noch, dem Geist der Zeit zum Hohn, oft genug getragen wird. Zu ihr gehörte ein rheinisches Herz, das auch innerlich keinen Griesgram kannte. Kampf gegen den Griesgram war die Parole, und denkt ihr noch an die Jagd auf die Griesgrämigen? Erinnert ihr euch noch, wie geschickt sie aus der Menge heraus ausfindig gemacht und unter dem sicheren Geleit der Bonner Stadtsoldaten in das Wachlokal unter der Treppe unseres Rathauses gebracht wurden? Dort mochten sie ihren Obolus für die Armen erlegen und erleichtert von dannen gehen.
   
Das war noch ein harmloser Griesgram. Man freute sich, je mehr seiner verdächtig erschienen. Heute sind es gefährliche Menschen, die zu aller Not und allem Leid uns noch die hässlichste Plage ihres Griesgrams bringen wollen, die da geflissentlich diese Krankheit auf ihre Mitmenschen übertragen. Wer solchen Griesgram zur Strecke bringt, den Seucheverbreiter bestimmt, nicht einmal ein Opfer für die Armen auf sich zu nehmen, sondern dem Vaterland und – sich zuliebe, nur Kriegsanleihe zu zeichnen, der hat wirklich etwas Verdienstliches getan.
Felix Joseph Klein (Bonn).

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

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