Freitag, 1. März 1918
Ein Ei wird diese Woche noch ausgegeben, und zwar am morgigen Samstag.
Auf Warenmarken werden nächste Woche kochfertige Hausmachersuppe, Suppenmehl, Knochenbrühwürfel, Marmelade, Sauerkraut, Kaffee-Ersatz und Puddingpulver verkauft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der vaterländische Abend, der am Sonntag im Stadttheater veranstaltet wird, verspricht reiche Anregung. Der Vortrag über die deutsche Wirtschaftskraft im Vergleich zur wirtschaftlichen Lage der Ententestaaten ist für jedermann wertvoll. Ebenso verbürgen die musikalischen Darbietungen auf künstlerischem Gebiete mancherlei Genüsse.
Apfelschnitzel. In den kommenden Monaten, wo frisches Obst kaum mehr zu haben sein wird und die Gemüseknappheit fortdauert, bilden Apfelschnitzel ein sehr willkommenes Nahrungsmittel. Sie können in der verschiedensten Weise in Küche und Haushalt Verwendung finden. Man koche sie, schlage sie durch, um die unverbrauchbaren Bestandteile wie Schalen, Kerngehäuse abzusondern und verwende den so gewonnenen Apfelbrei nach Zusatz von Zucker oder Süßstoff als Kompott zum Mittag- oder Abendtisch, oder als Beigabe bei der Herstellung von Backwerk. Apfelschnitzel, die gegenüber dem Frischobst beim Trocknen sehr an Gewicht verloren haben, sind auch bei scheinbar etwas höherem Preis immer noch ein billiges Gericht, da sie beim Aufkochen sehr ergiebig sind und so einer gleichwertigen Menge Frischobst auch gleich stehen. Unsere Hausfrauen werden daher jetzt gerne auf ihren Vorrat an getrocknetem Obst zurückgreifen oder sich jede Gelegenheit zum Kauf von Dörrobst mit Freude zu nutze machen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Operettentheater. Wäre es nicht möglich, ein bis zwei Reihen im Operettentheater für Verwundete zu ermäßigten Preisen frei zu halten, damit diese auch mal während einiger froher Stunden ihre Schmerzen vergessen können? E.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Von der Polizei. In ein Pelzgeschäft am Belderberg drangen Diebe nach Zertrümmerung des Schaufensters ein und entwendeten für etwa 3600 Mark Pelze, die repariert werden sollten. – Aus der Anstalt St. Joseph an der Höhe wurden nachts zwei Treibriemen gestohlen. Die Diebe, etwa fünf bis sechs Mann, wurden verfolgt, entkamen jedoch in der Dunkelheit, nachdem sie mehrere Schüsse auf ihre Verfolger abgegeben hatten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 2. März 1918
Im Auslandsbund deutscher Frauen sprach Professor Kuno Meyer aus Berlin über Amerika. Der Vortragende, unser bester Kenner Irlands, hat sich bekanntlich zu Beginn des Krieges nach Amerika begeben, um dort für unsere Sache unter den Iren zu werben. Nach der Kriegserklärung der Vereinigten Staaten ist er zurückgekehrt. Seine Ausführungen über die Person Wilsons und über die Gründe, die Wilson veranlaßt haben, das widerstrebende amerikanische Volk in diesen Krieg zu hetzen, waren umso interessanter, als dem Redner infolge seiner Bekanntschaft mit zahlreichen führenden Persönlichkeiten der angelsächsischen Welt viele intime Einzelheiten zu Gebote standen. Wilsons Hauptgrund, nämlich ungehindert gegen Japan, nicht minder aber auch gegen England rüsten zu können, wird ja von allen Sachkennern zugegeben. Weniger bekannt dürfte sein, daß sich in dem amerikanischen Volke, insbesondere als Folge der unwürdigen Behandlung der Deutschamerikaner, schwere Zersetzungserscheinungen bemerkbar machten. Ale echter Autokrat (und das ist bekanntlich ein amerikanischer Präsident in höherem Maße als ein fürstliches Haupt Europas) griff Wilson unbedenklich zu dem Mittel, inneren Zwiespalt durch auswärtigen Krieg zu heilen. Der vollendete Vortrag erweckte in zahlreichen Zuhörern den Wunsch, der berühmte Redner möge sich auch einmal in einem öffentlichen Vortrage über die brennende und für uns so wichtige irische Frage äußern. Wie wir hören, besteht begründete Hoffnung, diesen Wunsch erfüllt zu sehen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern etwas besser beschickt als anfangs dieser Woche. An Gemüse war vorwiegend Krauskohl, Sprutengemüse und Rosenkohl vorhanden, vereinzelt auch Weißkohl, Wirsing und Spinat, Zwiebeln und Aepfel aber keine. Karotten, weiße Rüben, weiße und schwarze Rettiche, Möhren, Schwarzwurzeln, Kohlrabien, Knoblauch, Breitlauch, Petersilie, Chikoree zu 80 und 85 Pfg. das Pfund waren reichlich zu haben, ebenfalls Feldsalat. Der Verkauf war im allgemeinen recht flott, besonders in Gemüse.
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren die Zufuhren in fast allen Marktprodukten etwa größer als an dem letzten Hauptmarkttage. An Gemüse war trotzdem verhältnismäßig wenig vorhanden, Aepfel und Zwiebeln überhaupt nicht. Im Kleinzeug waren die Zufuhren dagegen ziemlich reichlich. Der Verkauf war auch hier durchweg sehr flott und der Markt schon früh wieder geräumt.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkte hatte wieder recht regen Zuspruch, besonders in Aepfeln, die leider wieder sehr früh ausverkauft waren. Der große Vorrat hierin, den die Stadtverwaltung sich gesichert hatte, ist bald erschöpft, weshalb die Aepfel nicht mehr in so großen Mengen auf den Markt kommen als bisher. In Gemüse und den übrigen Sachen waren die Zufuhren im allgemeinen wieder befriedigend, nur Fische waren gestern nicht zu haben. Verkauft wurden rote und gelbe Möhren, Erdkohlrabien, Karotten, weiße Rüben, Kohlrabien, Krauskohl, Weißkohl, Sellerie zu 75 Pfg., Aepfel zu 82 Pfg. und fremde Zwiebeln zu 50 Pfg. das Pfund.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bestrafte Räuber. In der Nacht zum 12. Januar waren zwei Burschen in eine alleinstehende Villa in Königswinter eingebrochen, hatte die dort wohnende hochbetagte Inhaberin im Bett überfallen, geknebelt und gefesselt, dann Geld, Wertgegenstände und Wäsche geraubt. Einer von ihnen, der vorbestraft ist, wurde deshalb zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt, der zweite zu acht Jahren Gefängnis.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Sonntag, 3. März 1918
Im Deutschen und österreichischen Alpenverein (Sektion Bonn) spricht Montag abend 8 Uhr (in der Lese) Generalsuperintendent Klingemann aus Koblenz über Kriegsschauplatz und Völkerscheide in den Alpen.
Bonner Wehrbund. Die Jugendkompanie des Bonner Wehrbundes tritt heute (Sonntag) 2½ Uhr in der Doetschstraße an zu einer Uebung und zur Besichtigung der Flugzeuge in Hangelar.
Die Strumpfflickerei, Stockenstraße 3, die von der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe eingerichtet worden ist, erfreut sich eines solchen Andrangs, daß im Monat März keine Strümpfe angenommen werden können. Die fertigen Strümpfe werden, wie bisher, Montags und Donnerstags von 9 bis 12 und von 3 bis 5 Uhr ausgegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Warnung vor Ankauf von Marmelade und Brotaufstrichmitteln. Die gesamten Bestände an Marmelade und sonstigen zuckerhaltigen Brotaufstrichmitteln sind rationiert und werden den Verbrauchern nur in den dazu bestellten Verkaufsstellen auf Lebensmittelkarten zugeführt. Alle Ware ist demnach dem freien Handel entzogen. Soweit trotzdem Brotaufstrichmittel von dem freien Handel etwa angeboten werden sollten, kann es sich nur um Ware handeln, die im Schleichhandel widerrechtlich erworben worden ist. Vor dem Ankauf wird daher auf das dringendste gewarnt. Es besteht ein Absatzverbot, und nicht nur der Verkauf, sondern auch der Ankauf wird strafrechtlich verfolgt.
Fußballsport. Nach längerer Pause findet Sonntag nachmittag auf dem Sportplatz an der Richard-Wagnerstraße ein Meisterschaftsspiel des Bonner Fußballvereins gegen Siegburger Turnverein statt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Sammelstelle des örtlichen Kriegsausschusses Stockenstraße 3 erfreut sich eines regen Zuspruchs. Seit ihrer Eröffnung sind ihr schon viele Abfallstoffe, die in dunklen staubigen Ecken und Kellern ungeahnte Ruhe genossen, zugeführt worden. Tausende Zentner vergessenen und wertvollen Krams sind jedoch noch aus der Nacht ans Licht zu fördern und der Sammelstelle zuzuführen. So will es das Gebot der Stunde. Keiner, der sein Vaterland liebt, darf sich der kleinen aber lohnenden Mühe entziehen, Nachschau zu halten, keiner soll die Unbequemlichkeit scheuen, die mit der Ueberbringung von Sachen zur Sammelstelle verbunden sind. Die noch nutzlos lagernden Abfallstoffe sollen umgeformt ihre Auferstehung feiern und dann zum Schutze und Wohle des deutschen Vaterlandes wirken. Unsere Mitbürger werden daher dringend gebeten, alle entbehrlichen Abfallstoffe der Sammelstelle Stockenstraße 3 bald zuzuführen. Es gibt Schätze sowohl im geldlichen als auch im idealen Sinne zu heben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Montag, 4. März 1918
Schulfrei. Auf Befehl des Kaisers hat der Kultusminister angeordnet, daß wegen des Friedensschlusses mit Rußland der Unterricht in den Schulen der Monarchie am heutigen Montag oder, wo die Durchführung in der Kürze der Zeit nicht möglich ist, am morgigen Dienstag ausfällt.
Im zweiten vaterländischen Vortragsabend im Stadttheater besprach gestern Handelskammersyndikus a. D. Ragoczy aus Berlin die wirtschaftliche Kraft Deutschlands im Vergleich zu der Englands und Frankreichs. Er nannte als eine der wichtigsten Errungenschaften dieses Krieges die Selbsterkenntnis, daß wir in den meisten Dingen unseren heutigen Feinden weit überlegen sind. Diese Selbsterkenntnis fehlte den Deutschen früher. Im Ausland schätzte man uns Deutsche wegen unserer Tüchtigkeit, man fürchtete unseren Wettbewerb, aber man liebte uns nicht. Das sind die Deutschen selbst schuld; denn wie kann das Ausland uns achten, wenn es sieht, daß wir selbst das Wesen anderer Völker höher stellen als unser eigenes? Das stolze Selbstbewußtsein, das uns vor dem Kriege gefehlt hat, muß uns hinfort dauern erfüllen. Der Redner zeigte an zahlreichen, in Lichtbildern vorgeführten graphischen Darstellungen die Ueberlegenheit Deutschlands über England und Frankreich auf vielen Gebieten, in der Bevölkerung, dem Volksvermögen, den Bodenschätzen der Landwirtschaft, dem Verkehrswesen; er zeigte ferner den ungeheuren Aufschwung der deutschen Industrie und des deutschen Handels, der England neidisch machte und zum Kriege führte, Die starke wirtschaftliche Kraft unseres Landes befähigt uns, auch in den ferneren Nöten dieses Krieges durchzuhalten bis zu siegreichen Ende. Am Schluß des mit großem Befall aufgenommenen Vortrages sangen die Besucher Deutschland über alles. [...] Kgl. Musikdirektor Sauer [...] hatte eine ganz besondere Ueberraschung: Er gab die Nachricht vom Frieden mit Rußland bekannt und brachte ein Hoch auf den Kaiser sowie Hindenburg und Ludendorff aus.
Wissenschaftliche Vorträge. Morgen abend, 6½ Uhr, spricht der vlämische Dichter Dr. René de Clercq über seine politischen Erlebnisse in Tat und Lied. Der rühmlichst bekannte Vlame steht im Vordergrund des Kampfes für ein freies Flandern. Zuerst, wie fast alle seine Landsleute, ein Gegner Deutschlands, ist er durch die allseitige Gerechtigkeit der deutschen Regierung in Belgien und das vlamenfeindliche Verhalten der belgischen Regierung in Le Havre zu einem ausgesprochen Deutschfreunde geworden, so daß er letzteren den Krieg ansagte mit den Worten:
Mit Gauklerkniffen komme uns keiner,
Herren von Havre, merkt es euch gut!
Wir sind Germanen, keine Lateiner,
Offene Herzen, ehrliches Blut!
Hab’ ich kein Recht, hab’ ich kein Land;
Hab’ ich kein Brot, ich hab’ keine Schand!
Flandern, Flandern, mit Herz und Hand
Steh’ fest für dein Recht ich,
Für dich fecht’ ich!
Von diesem hervorragenden Vorkämpfer Flanderns und seinem bedeutendsten lebenden Dichter eine Schilderung vlämischer Zeit und Kulturgeschichte zu erhalten, dürfte ein auserlesener, seltener Genuß sein.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Volksverein für das katholische Deutschland veranstaltete gestern abend im Bürgerverein eine große vaterländische Kundgebung, der die Bürger unserer Stadt so zahlreich zugeströmt waren, daß kein Stehplätzchen im Riesensaal mehr frei war. Mit herzlichen Worten wies Kaplan Rembold die stattliche Versammlung willkommen; er wies auf die großen Aufgaben des Volksvereins hin. Das gesunkene sittliche Bewusstsein zu heben, soziale Aufklärung in alle Schichten des Bürgertums zu tragen, das feste Zusammenhalten der Katholiken herbeizuführen, das sei nach dem glücklichen Frieden anzustreben. Reichstagsabgeordneter Pieper sprach fast zwei Stunden lang über den „Kampf zum Siege“; er rollte die deutsche Frage auf, die durch die Jahrhunderte gezogen; er erinnerte an unsere schmachvollste Zeit, da unser Elend und unsere Not keinen milden Sieger gefunden. An ein starkes Rußland nach dem Kriege würden unsere Kinder mit Schrecken gedacht haben; wie eine böse Wetterwolke würde es über unsere Nachkommen geschwebt haben. Dem hätte unser gutes Schwert vorgebeugt. Der hauptsächlichste Krieg werde im Westen um den Absatz unserer Waren und unserer Erzeugnisse geführt; darum müsse er auch dort zu einem guten Frieden gebracht werden. Redner mahnte zum Aushalten und Durchhalten; es gelte jetzt auch den Endkampf siegreich zu bestehen, nicht allein an der Front, sondern auch im Lande. Nicht durch Arbeitseinstellungen kämen wir zum guten Ende; die belebten nur die Ausdauer unserer Feinde. Die Streikbewegungen würden Deutschland zugrunde gerichtet haben; auf sie hätten unsere Feinde ihre ganze Hoffnung gesetzt. Die wollten nur das junge einige Deutschland zugrunde richten. Das habe schon Bismarck manch schlaflose Nacht gekostet. Das Volk müsse mit dem Heere aushalten und durchhalten, dann würde der Sieg unser sein. Unter jubelndem Beifall konnte der Redner hier den Abschluß des Friedens mit Rußland bekannt geben. Dechant und Oberpfarrer Böhmer mahnte zu Einigkeit und Treue; es gelte jetzt mehr wie vor Jahrhunderten, das Wort des Heilandes hoch zu halten: Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist. In dem schweren Kriege dürfe das Vertrauen auf Gott und auf den Kaiser durch nichts erschüttert werden. Das Vertrauen helfe uns durchhalten und siegen. Und zum Zeichen des höchsten Vertrauens forderte Redner das Kaiserhoch, das begeistert dreimal den weiten Saal durchbrauste. Ein würdiger Schluß der eindrucksvollen Veranstaltung.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Jugendfürsorge. Man schreibt uns: Eine der wichtigsten Aufgaben nach dem Kriege ist eine neue Reglung der Jugendfürsorge. Hat doch die Zügellosigkeit der heranwachsenden Jugend z. T. erschreckende Zustände gezeitigt. Die Zahl der jugendlichen Bestraften stieg von 51.520 im Jahre 1914 auf 116.141 im Jahre 1916 und 70.397 im ersten Halbjahr 1917. Wir sehen auch auf unseren Straßen manches widerliche Gebaren dreister halbwüchsiger Bübchen und Mädchen mit noch kurzen Kleidchen und langen Zöpfchen. Der Ortverein zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit verdient daher Dank, daß er Gelegenheit bietet, heute abend im Katholischen Vereinshause sich über diese so wichtige Frage zu äußern. Denn wie unsere Jugend wird, so wird unsere Zukunft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Dienstag, 5. März 1918
Bautätigkeit und Wohnungsmarkt im vierten Vierteljahr 1917 in Aachen, Koblenz und Köln. Je länger der Krieg und das durch ihn bedingte Bauverbot dauern, desto größer wird der Wohnungsmangel in den Großstädten. In einigen hat er sich bereits zu einer Wohnungsnot ausgewachsen. Wie wenig augenblicklich zur Abhilfe dieses Mangels geschehen kann, das lehren die vierteljährlich erscheinenden amtlichen Mitteilungen über Bautätigkeit und Wohnungswesen in den größeren Städten Deutschlands. Da wird für das vierte Vierteljahr 1917 berichtet aus: […]
Bonn: Am 1. Oktober 1917 waren 20.271 Wohnungen vorhanden. Neu gebaut wurden 4 Häuser, darunter 2 Wohnhäuser, beide mit nur je einer Wohnung. Beide Wohnhäuser haben mehr als 6 Wohnräume. […]
Daß ein solcher Wohnungszuwachs für größere Städte völlig ungenügend ist, braucht nicht erst nachgewiesen zu werden. Es ist deshalb notwendig, daß alle Vorbereitungen mit tunlichster Eile erledigt werden, damit die Bautätigkeit in erhöhtem Maße sofort wieder beginnen kann, sobald die Möglichkeit dazu gegeben ist. Denn wenn alle die vielen Kriegsgetrauten einen eigenen Hausstand gründen wollen, dann wird die Wohnungsnot furchtbar werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Obgleich die städtische Lebensmittelversorgung nach allen Richtungen hin gut ist und nur gelobt werden kann, muß ich doch auf eine Sache aufmerksam machen, unter der alle Hausfrauen und Köchinnen zu leiden haben. Man mag so früh auf den Markt kommen, wie man will, um frische Gemüse, Spinat, Schwarzwurzeln usw. zu kaufen, so heißt es von den Marktfrauen, die geschlossene Säcke oder Körbe bei sich haben: Alles ist verkauft. Könnte die löbliche Marktpolizei nicht veranlassen, daß auch im Kleinen verkauft wird? Dazu ist doch wohl der Markt da, daß man auch im Kleinen etwas haben kann. Ich möchte dringend bitten, die Marktpolizei darauf aufmerksam zu machen, daß bald Abhülfe geschafft wird, gerade jetzt, wo die frischen Gemüse kommen. Eine Hausfrau für viele.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Soldatenheim. Am vergangenen Sonntag hielt Herr Hauptmann Dieckmann im Soldatenheim einen interessanten Vortrag über „England, Frankreich und wir“. Redner ging vor allem auf die tiefsten Ursachen des jetzigen Krieges, den Haß Frankreichs und den Handelsneid Englands gegen das mächtig aufblühende Deutschland des Näheren ein. Die fesselnden Ausführungen fanden bei den zahlreich erschienenen Feldgrauen lebhaften Beifall. Gesangssoli und Instrumentalvorträge, prächtige Chöre des Soldatenheim-Quartetts, ernste und heitere Vorträge sowie die Aufführung der humoristischen Parodie „Der Taucher“ brachten reiche Abwechslung. Den Feldgrauen, die bei dem vorausgegangenen Preiskegeln Sieger blieben, wurden hübsche Preise überreicht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtische Handelsschulen für Mädchen. Mit Beginn des neuen Schuljahres werden am 15. April d. J. eine städtischen Handelsschule und eine höhere Handelsschule eröffnet. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Mittwoch, 6. März 1918
Mit der zunehmenden Verwilderung der Jugend beschäftigte sich Montag abend eine vom Ortsverein Bonn zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit einberufene Versammlung. Der Vorsitzende, Pastor D. Weber, erwähnte einleitend die ungeheuren Aufgaben, die der öffentlichen Jugendfürsorge jetzt und nach dem Kriege gestellt sind; wir haben in Preußen etwa eine Million Waisenkinder, 80.000 Fürsorgezöglinge, eine halbe Million Kinder in der Armenpflege und eine Million armer unehelicher Kinder. Sehr viel ist schon geschehen, ungeheuer viel aber noch zu leisten. Die erwerbstätige Jugend, die sich jetzt eine Tagesverdienstes bis zu 25 M. erfreuen kann, denkt nicht daran, daß nach dem Kriege ein gewaltiger Rückschlag kommen muß, und verschwendet das Geld in leichtsinniger Weise. Dagegen können vielleicht Sparzwang, Beaufsichtigung der Jugendlichen auch außerhalb der Arbeitsstätte durch die Arbeiterausschüsse, Aushändigung des Arbeitsverdienstes an die Eltern helfen. Seit Monaten wird in Bonn über das unerhörte, wilde allabendliche Treiben der Jugendlichen auf der Remigiusstraße geklagt, ohne daß sich in dieser Beziehung etwas dauernd gebessert hat. Diesem Treiben müsse endlich einmal ein Ende bereitet werden. Eine Anzahl Redner und Rednerinnen teilten ihre Beobachtungen über dieses Treiben mit. Kinder sowie halbwüchsige Burschen und Mädchen bewegen sich dort in der freiesten Weise, rempeln nicht nur Gleichaltrige, sondern auch Erwachsene flegelhaft an. Polizei ist nicht zu sehen. Schreitet ein Erwachsener gegen einen jugendlichen Rüpel ein, so nehmen sofort das junge Volk und leider auch zahlreiche Großjährige gegen ihn eine bedrohliche Haltung ein. Die gleiche unangebrachte Parteinahme für jugendliche Taugenichtse ist auch sonst allgemein zu beobachten. Erwähnt wurde ein Fall, daß ein Aufsichtsbeamter der Straßenbahn die Namen mehrerer junger „blinder Passagiere“ feststellen wollte; der Beamte wurde sofort von den Umstehenden beschimpft und bedroht. Es wurden verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Mißstände angereget: die Schulen sollten allgemein den Kinder verbieten, abends durch die Remigiusstraße zu gehen, die Behörden sollten Damen und Herren, die sich freiwillig dafür melden, mit gewissen polizeilichen Rechten ausstatten. Endlich wurde beschlossen, die Stadtverwaltung und Polizeibehörde noch einmal dringend zu bitten, den Zuständen in der Remigiusstraße dadurch ein Ende zu machen, daß Polizeibeamte abends regelmäßig die Straße begehen. Es wurde als die Pflicht jedes anständigen Bürgers bezeichnet, an seinem Teil für Zucht und Ordnung auf der Straße zu sorgen und alle dahin gerichteten Bestrebungen zu unterstützen. Auch an die Kirchengemeinden sollen Eingaben gerichtet werden, in geeigneter Weise gegen die Verwilderung der Jugend vorzugehen. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Donnerstag, 7. März 1918
Für ein freies Flandern warb Dienstag abend vor einer großen Zuhörerschaft Dr. René de Clercq, der im Kampfe für das Recht seines Volkes und gegen die vlamenfeindliche belgische Regierung auch in Deutschland bekannt gewordene bedeutende vlämische Dichter. In vlämischer Sprache, die den Zuhörern sofort die Stammesverwandtschaft der Vlamen mit den Deutschen bekundete, dankte er zunächst für die herzliche Aufnahme in Bonn, dabei an die nahen Beziehungen des Rheinlandes und auch Bonns zu Flandern erinnernd; sei doch Beethoven einer flandrischen Familie entsprossen. […] Der Dichter sagte schließlich: Das vlämische Volk wird seine Selbständigkeit wieder bekommen, und das haben wir Ihnen zu verdanken. Begeisterter Beifall ward ihm bei den vorgetragenen Dichtungen und am Schluß zu Teil. – Zu Beginn der Versammlung warb Professor Dr. Cremer für den Eintritt in die Deutsch-vlämische Gesellschaft, die, wie in vielen anderen rheinischen Städten, nun auch in Bonn eine Ortsgruppe erhalten solle. […]
Vereinslazarettzug K. 1. Bonn. Der Bonner Lazarettzug hat die Verwundeten von der 92. Fahrt nach Frankfurt a. M., Offenbach und Fulda gebracht. […] An Liebesgaben sind ganz besonders erwünscht Zigarren und Zigaretten, Kognak, Weiß- und Rotwein. Solche Sachen sind abzugeben Bahnhofstraße 40, woselbst Quittung erteilt wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Städt. Straßenbahnen. – Wenn auch die Fahrpreiserhöhung der städt. Straßenbahn berechtigt ist, so möchte ich doch hier die Herren Stadtverordneten im Namen vieler Kriegsbeschädigten bitten, diese, soweit sie durch ihre Verletzung am Gehen behindert und auf die Benutzung der Straßenbahnen angewiesen sind, von dem Aufschlag auszuschließen. Es ist keine unbillige Forderung, wenn entlassene Krieger, die amputiert, bein- oder fußverletzt sind, bitten, ihnen diese Vergünstigung zuteil werden zu lassen, im Gegenteil hat hier die Stadt Gelegenheit, den so oft in Worten ausgesprochenen Dank an Vaterlandsverteidigern in die Tat umzusetzen. Finanzielle Bedenken können bei dieser Maßnahme bei der geringen Anzahl solcher Kriegsbeschädigten nicht in Betracht kommen, und bringt doch andererseits den entlassenen Kriegern zweifellos eine willkommene Entlastung ihrer schon an und für sich gering bemessenen Rente. Ein Amputierter im Namen seiner kriegsbeschädigten Kameraden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Aus unserem Leserkreise sind Wünsche laut geworden, wir möchten wieder ein Abendblatt herausgeben. Leider sind diese Wünsche mit Rücksicht auf die Papierknappheit unerfüllbar. Die Beförderung der D. R.-Z. würde auch wegen der Verkehrsschwierigkeiten auf Hindernisse stoßen, wenn die Ausgabe am Abend geschähe.
Bringt auch Euer Silber zur Ankaufstelle. Es dürfte noch nicht allgemein bekannt sein, daß die hiesige Goldankaufstelle auch Silber (Münzen und Gegenstände) gegen Bezahlung entgegennimmt. Für ein Gramm Silber werden 13 Pfg. vergütet. Wer kein Silber abliefert unterstützt ebenfalls die Finanzkraft des Reiches und tut ein vaterländisches Werk.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Freitag, 8. März 1918
Im Verein Alt-Bonn sprach Mittwoch abend der Vorsitzende, Professor Dr. Knickenberg, über die „Neutralität“ des Kurfürsten Klemens August im siebenjährigen Kriege. Aehnlich wie heute Deutschland, stand damals das kleine Preußen Friedrichs des Großen einer Welt von Feinden gegenüber, und auch die Parallele zur „Neutralität“ eines Wilson läßt sich aus jener Zeit nachweisen. Kurfürst Klemens August, der außer dem Erzstift Köln die Stifte Paderborn, Münster, Osnabrück und Hildesheim, also ein umfangreiches Gebiet bis nahe an Preußen heran besaß, erklärte sich zwar neutral, warf aber seinen politischen Einfluß für den in die Waagschale, der ihm den größten finanziellen Nutzen bot. Das war Frankreich. […] Eigennutz und Müßiggang der Kurfürsten brachten den Staat an den Abgrund und trugen viel dazu bei, daß die französische Revolution am Rhein so kräftigen Widerhall fand. Prof. Knickenberg schloß mit dem Wunsche, daß auch Amerika wie damals Kurköln der Lohn für sein übles Verhalten nicht erspart werden möge. […]
Verloren gegangene Lebensmittelkarten werden, wie der Oberbürgermeister bekannt macht, von jetzt ab grundsätzlich nicht mehr ersetzt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Sommerzeit beginnt in diesem Jahre am 15. April, vormittags 2 Uhr, und endet am 16. September, vormittags 3 Uhr. Die öffentlichen Uhren sind am 15. April, vormittags 2 Uhr, auf 3 Uhr vorzustellen und am 16. September, vormittags 3 Uhr, auf 2 Uhr zurückzustellen. Die Sommerzeit wird wieder eingeführt, weil sie sich 1916 und 1917 vollauf bewährt hat.
Die Kriegsprimaner. Im Unterrichtsausschuß des Abgeordnetenhauses erklärte ein Regierungsvertreter zu einer Bittschrift um gleichartige Behandlung der Kriegsprimaner, daß hinter der Front Reifeprüfungen in wohlwollendster Weise vorgenommen werden, auch für diejenigen, die vor ihrem Eintritt ins Heer die Reife für Unterprima nicht erreicht hatten. Auch kann die Reifeprüfung noch vor den ersten Berufsprüfungen abgelegt werden. In diesem Fall werden die vorher zurückgelegten Semester angerechnet. Es sind schon über 10.000 Reifeprüfungen an der Front abgehalten worden.
Die Möven sind augenblicklich auf dem Rhein so zahlreich wie nie zuvor. Namentlich in der Nähe des Schänzchens, wo der Kanal des Schlachthofes in den Rhein mündet, tummeln sich die hübschen Tierchen zu Hunderten auf dem Wasser und halten Jagd auf die kleinen Weißfische.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Festgenommen wurde ein Soldat, der aus der Heilanstalt Grafenberg entsprungen war und sich in der hiesigen Gegend in der Kleidung eines Klosterbruders umhergetrieben hatte. Er lebt vom Betteln und Stehlen. – Ferner wurde ein Sergeant festgenommen, der in einem Gasthofe versucht hatte, einem Militärarzt das Gepäck zu entwenden. Da er sich seit 1. Februar von seinem Truppenteil unerlaubter Weise entfernt hat, wurde er der Militärbehörde übergeben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 9. März 1918
Fleisch. Am heutigen Samstag werden in den Metzgergeschäften Rind- und Kalbfleisch zu 2,20 M., Leberwurst zu 1,60 M. und Blutwurst zu 1,20 M. das Pfund verausgabt. Die für jede Person zur Verteilung kommende Menge Fleisch einschließlich Wurst beträgt bis auf weiteres 250 Gramm. Kinder unter 6 Jahren erhalten 125 Gramm.
Fett. Auf die Abschnitte Butter und Fett der Speisefettkarte werden in der kommenden Woche je 80 Gramm Margarine verausgabt. Der Preis für die Margarine beträgt 2 M. für das Pfund. […]
Gelbfleischige Erdkohlrabis. Für die Zeit vom 14. bis 19. März werden auf Warenkarte Nr. 8 10 Pfund gelbfleischige Erdkohlrabis in den städtischen Kartoffelverkaufsstellen auf dem Wochenmarkt, dem Friedrichplatz und der Moltkestraße 1, ausgegeben. […]
Kaffee-Ersatz darf bekanntlich noch bis zum 16. März frei abgegeben werden. Das Lebensmittelamt hat aber auch noch für die nächste Woche die Abgabe gegen Warenkarte beibehalten, um allen Einwohnern die zugeteilte Menge zu sichern. Daneben ist den Geschäften eine weitere Menge überwiesen worden, die dem Lebensmittelamt zur Verfügung stand. Von diesem Vorrat wird den Einwohnern eine größere Menge abgegeben, damit sie sich einen kleinen Bestand schaffen können. Nach dem 16. März tritt die Rationierung ein. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.“)
Gegen das Rauchen der Jugendlichen hat der Oberpräsident der Rheinprovinz eine Verordnung erlassen. Es heißt darin: Personen unter 16 Jahren ist es verboten, 1. Tabak, Tabakpfeifen, Zigarren, Zigaretten und Zigarettenpapier zu kaufen oder sich sonst entgeltlich zu verschaffen, 2. auf öffentlichen Wegen, Plätzen und Anlagen sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln und in öffentlichen Räumen zu rauchen. Es ist verboten, an Personen unter 16 Jahren die bezeichneten Gegenstände zu verkaufen oder im Gewerbetriebe abzugeben. Jeder, unter dessen Gewalt eine noch nicht 16 Jahre alte Person steht, die seiner Ansicht untergeben ist, und zu seiner Hausgenossenschaft gehört, ist verpflichtet, sie von einer Uebertretung des Verbots abzuhalten. Zuwiderhandlungen gegen diese Polizeiverordnung werden mit Geldstrafe bis zu 60 M., im Unvermögensfalle mit entsprechender Haft, bestraft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern etwas besser beschickt als anfangs dieser Woche. An Gemüse war vorwiegend Krauskohl vorhanden, vereinzelt auch Sprutengemüse, Wirsing, Rosenkohl und Spinat, Zwiebeln aber keine. Weiße Rüben, Rettiche, Karotten, Möhren, Knoblauch, Sellerie, Breitlauch, Schwarzwurzeln und Feldsalat waren wieder reichlich zu haben, ebenfalls Chikoree zu 65 Pfg. das Pfund, vereinzelt auch Kettensalat zu 30 Pfg. die Portion. Der Verkauf war im allgemeinen recht flott, besonders in Gemüse.
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren die Zufuhren in fast allen Marktprodukten bedeutend besser als am letzten Hauptmarkttage. An Gemüse war hauptsächlich Krauskohl vorhanden, Kleinzeug war wieder reichlich zu haben, Zwiebeln aber keine. Der Verkauf war auch hier sehr flott und der Markt schon früh wieder geräumt.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte wieder recht regen Zuspruch, besonders in Aepfeln und Gemüse. Die Zufuhren waren im allgemeinen wieder befriedigend, besonders in Gemüse und Kleinzeug. Fische waren gestern nicht zu haben. Verkauft wurden rote und gelbe Möhren, Erdkohlrabien, Karotten, weiße Rüben, Kohlrabien, Krauskohl, Weißkohl, Sellerie zu 75 Pfg., Aepfel zu 82 Pfg., fremde Zwiebeln zu 50 Pfg. und Chikoree zu 60 Pfg. das Pfund.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ein verwerflicher Unfug. Mehr noch als in anderen Jahren wird diesmal der traurige Unfug des Abreißens alles ersten Frühlingsgrüns, besonders der Kätzchen, beobachtet. Alt und Jung wetteifert dabei, in den noch günstigsten Fällen aus dem Wunsch, einen Schmuck für das Heim zu haben, oft aber auch zu krassen Erwerbszwecken oder gar aus einfacher Zerstörungswut. Der traurige Anblick der zerstörten und zerrissenen Sträucher schändet unsere heimatliche Flur. Besonders aber spielt in dieser Zeit auch der Schaden für unsere Volksernährung eine Rolle, der hierdurch hervorgerufen wird. Die Kätzchen, die jetzt noch in Knospen abgerissen werden, würden zu einer Zeit aufblühen, in der die Bienen ihren ersten Flug unternehmen. Sie finden in dieser Zeit als einzige Nahrung den Blütenstand der Weidenkätzchen. Er ist deshalb von weit größerer Bedeutung, als man meistens annimmt. Das gleiche gilt von den Baumblüten, Feld- und Wiesenblumen, worauf jetzt schon hingewiesen sei. K. W. B.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Theaterbesucher sind jetzt in allen Städten zahlreicher als in Friedenszeiten. Stundenlang warten sie schon vor der Theaterkasse. Die Leute sind ja jetzt gewohnt zu warten. Bei der ersten Carmenaufführung dieser Spielzeit in Köln haben sie sich schon um 1 Uhr in der Nacht hingestellt vor der Kasse, die andern Morgens um zehn Uhr geöffnet wurde. Eintrittskarten zu einer Opervorstellung sind nur noch unter großer Mühe erhältlich. Auch in Bonn. Die Theaterleitung in Aachen nützt diese Hochkonjunktur für die städtische Kriegsfürsorge aus: für jeden Platz werden Zuschläge erhoben von fünf bis dreißig Pfennig. Die Einrichtung sollte auch anderwärts nachgeahmt werden. Auch unserer städtischen Kriegsfürsorge könnte eine derartige „Nebeneinnahme“ nicht schaden. Oder läßt sich das hier nicht durchführen? Allerdings ist der Schluß der diesjährigen Spielzeit nahe. Der Versuch könnte aber doch auch hier gemacht werden.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 10. März 1918
Theaterbauverein. Während gemäß Beschluß der Mitgliederversammlungen für 1916 und 1917 keine Beiträge erhoben worden sind, hat die diesjährige Mitgliederversammlung einen dementsprechenden Beschluß nicht gefaßt, weil sie den Zeitpunkt für gekommen hielt, um die Werbetätigkeit wieder aufzunehmen, wenn auch an den Theaterneubau in der nächsten Zeit nicht gedacht werden kann. Der Vereinsrat hat sich in einer am Dienstag stattgehabten Sitzung dieser Auffassung einstimmig angeschlossen, da er der Ueberzeugung ist, daß trotz der veränderten Verhältnisse ein neues Theater unbedingt erforderlich ist und nicht als Luxus, sondern als werbende Einrichtung zu betrachten ist, besonders in Hinsicht auf den nach dem Kriege zweifellos eintretenden Wechsel des Wohnsitzes vieler Industrieller und anderer wohlhabender Leute. Der Vereinsrat hält auch deshalb den Zeitpunkt zum Wiederbeginn der Werbetätigkeit und der Einziehung von Beiträgen für gekommen, weil, nach dem regen Theaterbesuch zu urteilen, das Interesse für das Theater in weitere Kreise gedrungen und jetzt besonders lebhaft ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Kommunionschuhe. Das Erzbischöfliche Generalvikariat ersucht mit Rücksicht auf den Schuhmangel die Pfarrer und Rektoren, den Kindern und den Eltern mitzuteilen, daß es den Erstkommunikanten nicht verwehrt ist, mit ihren gewöhnlichen Schuhen, auch in Schuhe mit Holzsohlen, bei der ersten hl. Kommunion zu erscheinen.
Das Kartoffeln-Hamstern hat neuerdings wieder eine starke Zunahme erfahren. Namentlich die Kreise Düren und Euskirchen werden neben dem Mayfeld und der Gegend der Eifel vom Rhein und Aachen-Stolberg aus aufgesucht, da in vielen städtischen Familien die eingekellerten Kartoffeln stark zur Neige gegangen sind und von den Kartoffelämtern kein Ersatz für Erdäpfel geliefert werden kann. An dieser Kartoffeljagd sind ebenso wie beim Hamstern von Speck, Butter und Eiern, Händler und Schmuggler stark beteiligt. Jetzt wird schon wieder in Köln und Aachen der Zentner Kartoffeln mit 25 M. und mehr unter der Hand verkauft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Montag, 11. März 1918
Arndt-Eiche in Eisen. Dem geschäftsführenden Ausschuß ist es mit Unterstützung des Rheinischen Heimat-Front-Theaters gelungen, zu einem am Freitag, 22. März 1918 in den Festsälen des Bonner Bürger-Vereins zu Gunsten der Arndt-Eiche stattfindendem Liederabend die Mitwirkung von Frl. Angele Vidron vom Opernhaus Köln und des Herrn Adolf Bachem, z. Zt. Leutnants beim stellv. Gen.-Kom. in Koblenz, zu erlangen. Die Bonner Bürgerschaft wird so die Gelegenheit haben, durch Entnahme von Karten und den Besuch des Liederabends sich selbst einen hohen künstlerischen Genuß zu verschaffen, wie auch die edlen Ziele der Arndt-Eiche zu fördern. Wir zweifeln nicht, daß unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger diese Veranstaltung unserer Arndt-Eiche ebenso freudig und tatkräftig unterstützen werden, wie das die Kölner zugunsten ihres „Kölschen Boors“ zu tun pflegen!
Mordversuch aus Eifersucht. Ein in der hiesigen Klinik untergebrachter geschlechtskranker Soldat schlich sich Samstag abend in die in der Sandkaule gelegene Wohnung seiner von ihm geschiedenen Frau und versteckte sich unter dem Bett. Als die Frau mit einem anderen Soldaten heimgekehrt war, kam er aus seinem Versteck hervor, gab auf die beiden einen Revolverschuß ab und verletzte seinen Nebenbuhler an der rechten Hand. Ein zweiter Schuß, den er abgeben wollte, ging nicht los. Inzwischen hatte auch der angegriffene Soldat einen Revolver schußbereit gemacht, ferner eilten Hausbewohner herbei, so daß der Ehemann vorzog, das Haus zu verlassen und zur Klinik zu gehen. Hier wurde er von der Kriminalpolizei festgenommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Entgleist. In der Nähe der Ellerstraße entgleiste gestern nachmittag der Triebwagen eines Zuges der Rheinuferbahn dadurch, daß Knaben ein Stück Eisen in die Weiche eingeklemmt hatten. Der Verkehr erlitt dadurch eine empfindliche Störung. Die jugendlichen Taugenichtse, drei Knaben, wurden ermittelt und zur Anzeige gebracht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dienstag, 12. März 1918
Schuhausbesserungsarbeiten werden von jetzt ab im städtischen Bekleidungsamt auch unmittelbar angenommen, sie können aber auch weiterhin zu den Schuhgeschäften gebracht werden und von diesem dem Bekleidungsamt zugeführt werden.
Die heutige Jugend. Bei einem hiesigen Bäckermeister war in letzter Zeit vielfach in Abwesenheit der Familie gestohlen worden. Um den Dieb zu erwischen, schloß sich Sonntag nachmittag ein Wächter in die Wohnung des Bäckermeisters ein, während der Bäckermeister und seine Familie das Haus verließen. Kaum war die Familie fort, als drei Jungen aus dem selben Hause, Knirpse von fünf, neun und elf Jahren, erschienen, aber fortzulaufen versuchten, als sie den Wächter bemerkten. Der älteste Junge wurde festgehalten. Er ergriff kurzentschlossen ein Stocheisen und schlug damit dem Wächter eine klaffende Wunde ins Gesicht. Dem herbeigerufenen Kriminalbeamten gestanden die Kinder, seit mehreren Wochen schon regelmäßig bei dem Bäckermeister gestohlen zu haben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
In der Deutschen Vaterlandspartei sprach am Sonntag Professor Dr. Kraeger aus Düsseldorf über Deutschlands Heer und deutsche Heimat. Der Redner wußte seine Zuhörer durch seine treffliche Darstellungsgabe und seinen warmen vaterländischen Herzenston zu fesseln. Er würdigte die Kraft unserer militärischen Organisation und den sittlichen Ernst des überwiegenden Teiles unseres deutschen Volkes, um als Kernpunkt seiner Ausführungen unsere Friedensziele zu behandeln. Er führte hierzu u. a. aus:
Hindenburg und Ludendorff haben bislang die Pläne unserer Feinde zusammenbrechen lassen wie ein Kartenhaus Bethmann Hollwegs, sie entscheiden auch in der Zukunft über unser Schicksal, sie müssen auch bei den Friedensverhandlungen mitreden. Wir wollen einen Frieden, der unserer glänzenden militärischen Lage entspricht, der uns die Schulden nimmt und sie denjenigen auflegt, die uns überfallen haben, einen Frieden vom Stamme Hindenburg und Ludendorff. Vielleicht hat unsere Diplomatie bei dem Friedensschluß im Osten nach dem Grundsatz gehandelt, daß erst den letzten die Hunde beißen sollen: denn es wäre schrecklich, wenn wir das Glück der militärischen Lage von der Diplomatie nicht ausgenutzt sähen und wir als Sieger nach dem Frieden doch als die Besiegten daständen. Wir brauchen neues Land, das uns Brot gibt, neue Grenzen, die uns besser schützen als die alten in Ost und West. In Belgien liegt die Gewähr für unsere Zukunft. Im Besitz dieses Landes können wir England so in Schach halten, daß die Freiheit der Meere nicht missbraucht wird, sondern für uns gewahrt bleibt. Es wird sich irgendeine Form für Belgien finden lassen, wenn wir denn dem Naturrecht des Eroberers, das wohl für andere Völker, aber nicht für Deutschland gelten soll nicht folgen. Ohne Belgien wäre uns ein noch so großer afrikanischer Besitz, den uns die Feinde großmütig überlassen würden, nichts nütze: denn England hätte dann immer wieder die Macht, unseren Kolonien dasselbe Schicksal wie 1914 zu bereiten. Ohne Belgien wären unsere Kolonien nur Scheinbesitz. Behalten wir Belgien in irgend einer Form, die zu bestimmen wir vertrauensvoll unserer Obersten Heeresleitung überlassen, dann fällt uns mit Belgien alles andere, was wir zu unserer Sicherheit gebrauchen, von selbst in den Schoß.
Zu Ehren unserer teuren Toten, die für des Vaterlandes Ehre gefallen sind, erhob sich auf Anregung des Redners die Versammlung von den Sitzen. Geheimrat Litzmann, der den Vortragenden Begrüßt und ihm gedankt hatte, machte zum Schluß Angaben über weitere Veranstaltungen der Vaterlandspartei.
Ruski. Ein Leser schreibt uns: Sie brachten am Samstag eine Notiz aus einem Gefangenenlager in der Nähe von Köln, daß die dort untergebrachten Russen bei der Nachricht von dem Friedensschluß zwischen dem Vierbund und Rußland ihrer Freude lauten Ausdruck gegeben hätten. Ich selbst war Zeuge einer ähnlichen Szene an der hiesigen Rheinbrücke. Zwei Russen, die jeder ein Hundefuhrwerk führten, begegneten sich auch der Brückenstraße und schon von weitem schwenkte der eine seine Mütze und sang: „In der Heimat, in der Heimat, da gibt’s ein Wiedersehen!“ Sie reichten einander die Hand und einer der Ruskis zog eine Zigarettenschachtel aus der Tasche und bot seinem Landsmann eine Zigarette an. Die Hunde der Beiden schienen jedoch die Freude ihrer Führer nicht zu teilen: sie fuhren wütend aufeinander los und bellten derart, daß es den Russen nicht möglich war, sich zu verständigen. Schließlich wurde dies dem einen doch zu bunt, er schlug mit der Mütze nach seinem Hund und rief in schönstem, Plattbönnsch: „Hälst du wohl ding Muhl, du Schweinhond.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Über Wahrsager, Weltverbesserer, Nerven- und Geisteskrankheiten im Kriege hielt Herr Prof. Dr. A. H. Hübner einen Vortrag, der als Heft 26 der Deutschen Kriegsschriften bei A. Marcus und E. Webers Verlag, Bonn (Dr. jur. Albert Ahn) erschienen ist. (Preis M. 1,50) Mit seinen interessanten, allgemein verständlichen Ausführungen verfolgt der Verfasser, dem wir bereits ein ausgezeichnetes Handbuch der forensischen Psychiatrie verdanken, einen dreifachen Zweck: Bezüglich des Aberglaubens zeigt er, daß ebenso wie die Religiosität auch der Glaube an geheimnisvolle Kräfte verschiedenster Art im Kriege zugenommen hat. Er weist darauf hin, daß diejenigen, welche den Aberglauben zu Erwerbszwecken ausbeuten, zum mindesten sozial anrüchige Existenzen sind. Ein anderer Zweck des Aufsatzes geht dahin, das Publikum vor kritikloser Parteinahme für manche Weltverbesserer und Phantasten und vor dem Auftreten bestimmter Hochstapler zu warnen, die sich jetzt gleichfalls unangenehmer bemerkbar machen als zu Friedenszeiten. Bezüglich der Geistes- und Nervenkrankheiten, welche der Krieg hervorruft, wird dargetan, daß das Leben im Felde zwar vorübergehende Schäden am Nervensystem nicht selten verursacht, daß jedoch die Zahl der infolge von Kriegsbeschädigungen dauernder Anstaltspflege bedürftigen Geisteskranken voraussichtlich nur gering sein wird. Zum Schluß weist Hübner darauf hin, daß viele Kranke gar nicht geheilt werden wollen, sondern es vorziehen, ihren Lebensunterhalt als Bettler, Ansichtskartenverkäufer und Orgelspieler sowie durch Erregung von Mitleid zu erwerben. Durch die im hohen Maße zur Aufklärung geeignete Schrift wird das Publikum vor unbegründetem Wohlwollen und Mitleid vor dieser Art Bettlertum gewarnt. Aufklärung in diesem Sinne ist aber zum Segen der Kranken, der wieder arbeiten lernen soll, und zum Segen des Volkes, damit die ohnehin schon große Zahl der Almosenempfänger verringert wird, dringend erforderlich.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Mittwoch, 13. März 1918
Flieger-Alarm.
Auf Anordnung des Garnisonkommandos wurden gestern mittag Alarmsignale (durch Sirenen, Fabrikpfeifen, Kirchenglocken und Hornisten) gegeben, weil „Luftgefahr“ gemeldet worden war. Der Alarm wurde nach etwa einer halben Stunde wieder aufgehoben nach dem Eingang der Meldung, daß „Luftgefahr vorüber“ sei. Glücklicherweise sind die feindlichen Flieger nicht bis Bonn gekommen. Anscheinend hat die Bevölkerung den Alarm für einen Probealarm gehalten. So konnte z. B. beobachtet werden, daß Kinder in Scharen den Hornisten nachliefen. Es wird daher bei dieser Gelegenheit noch einmal nachdrücklichst darauf hingewiesen, daß die Möglichkeit einer Heimsuchung durch feindliche Flieger auch in Bonn immerhin besteht. Es wäre bedauerlich, wenn die Einwohnerschaft erst durch Schaden klug gemacht und zur Befolgung der des öfteren gegebenen Verhaltensmaßregeln veranlaßt würde.
Ferner wird uns geschrieben:
Gestern mittag um 12.35 Uhr mußte zum ersten Mal in Bonn Fliegeralarm für den Ernstfall erfolgen. Es wurden feindliche Flieger gemeldet, und die Bevölkerung mußte gemahnt werden. Aus diesem Grunde traten die Alarmvorrichtungen, Sirene, Kirchenglocken, Trompeter, Signale in Tätigkeit. Trotzdem nur dauernd Mitteilungen über die letzten Fliegerangriffe, z. B. in Mainz, in den Zeitungen verbreitet worden sind und daraus hervorgeht, daß Todesfälle in erster Linie darauf zurückzuführen sind, daß die Bevölkerung nicht rechtzeitig Deckung suchte, kümmerte sich hier in Bonn kaum ein Mensch um den Alarm. Diese Nachlässigkeit muß aufs Schärfste getadelt werden, und es sei besonders darauf hingewiesen, daß diejenigen, die nicht den Vorschriften über entsprechende Deckung bei Fliegerangriffen nachkommen, sich sogar strafbar machen. Wenn die Flieger erst über dem Stadtbilde sind, so ist es zum Deckungsuchen natürlich zu spät, und wenn die ersten Bomben einfallen, so verlieren die meisten Menschen vollends den Kopf und wissen nicht einmal die einfachsten Maßnahmen für ihren Schutz zu finden. Das hat sich in anderen Städten wiederholt gezeigt. Warum sollen wir hier in Bonn auch noch wieder erst mit den trüben Erfahrungen beginnen, die in anderen Städten gemacht sind? Die Bevölkerung wird daher noch einmal eingehend gemahnt. Sobald die Sirene ertönt, müssen die Straßen leer werden, und jeder muß in irgend einem Hause Schutz suchen. Die Straßenbahnen halten an, die Fahrgäste haben auszusteigen, die Fuhrwerke haben ebenfalls stillzuhalten und sind, soweit angängig, ebenfalls unter Deckung zu bringen. Vor allen Dingen muß es aber aufs Schärfste getadelt werden, daß sich Schüler ohne Rücksicht auf die Alarmsignale in keiner Weise darum kümmern, wie sie in Deckung gelangen können. Es gibt keinen Probe-Alarm mehr. Jeder Alarm, der jetzt erfolgt, bedeutet tatsächliche Fliegergefahr, und zwar dauert die Fliegergefahr so lange, wie die Sirene ertönt. Erst mit dem Abstellen der Sirene ist die Gefahr vorüber, und die Bevölkerung kann wieder in gewohnter Weise ihrer Wege gehen.
Glücklicherweise sind die angemeldeten feindlichen Flieger nicht bis Bonn gekommen, so da der Alarm kurz vor 1 Uhr, nach etwa 20 Minuten Dauer durch Abstellen der Sirene aufgehoben werden konnte. [...]
Kriegsanleihe und Arndt-Eiche.
Im Osten, wo mit ungeheurer Uebermacht Rußland seine Millionenheere nach Deutschlands und Oesterreichs Hautstädte siegreich zu führen wähnte, ist nach dem Zusammenbruch der feindlichen Macht die Sonne des Friedens aufgegangen, die mit ihren goldenen Strahlen jene Gefilde wiederbeleben und erwärmen wird, die in Blut und Zerstörung erstarrt waren! Im Osten ist der feindliche Ring zersprengt, der die Mittelmächte lähmend und erdrückend umschließen sollte, und friedlichem Schaffen und arbeitsfreudiger Tätigkeit ist der Weg wieder gebahnt! Wie sollen wir hierfür unseren Dank bekunden? Wiederum ruft das Vaterland! Es heischt von uns die Mittel, um den Frieden, den die Westmächte durch Verständigung mit uns nicht schließen wollen, durch siegreichen Endkampf zu erzwingen! Wer möchte da abseits stehen, wer nicht das Letzte dem Vaterland geben, wo der Lorbeer dem Sieger winkt? Im Osten Frieden! Im Westen der Sieg!
Gold und Geld dem Vaterland!
Doch wie viele, die freiwillig und freudig zum Schutz der Heimat gen Osten zogen, deckt der kühle Rasen; nimmer schauen sie die Segnungen des Friedens, den sie mit ihrem Herzblut erkämpft. Auch Bonner Krieger sinds gewesen! Danken wir es ihnen, indem wir ihrer Witwen und Waisen gedenken!
Mitbürger, verhärtet Eure Herzen nicht! Ist Euch der Friede nicht eine Gabe wert für die Arndt-Eiche, für die Witwen und Waisen der Bonner Krieger?
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Kriegsanleihe als Zahlungsmittel. Der Herr Reichskanzler (Reichsschatzamt) hat sich im Einvernehmen mit dem Herrn Kriegsminister damit einverstanden erklärt, daß nach der Demobilmachung beim Verkauf entbehrlicher Bestände der Heeresverwaltung, insbesondere von Pferden, Kriegsanleihe, und zwar zum Ausgabewert, in Zahlung genommen wird, so daß, wenn sich der Wert der Kriegsanleihe innerhalb des Kaufpreises hält, Herauszahlungen in barem Gelde nicht erforderlich sind.
Verkaufe keiner Kriegsanleihen an Privatpersonen, die bei dem Handel immer eigene Vorteile zum Schaden des Verkäufers suchen und finden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Hausfrauen Bonns werden auf die Anzeige der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe in der vorliegenden Nummer aufmerksam gemacht. Die dort angezeigten Einrichtungen: Strumpf- und Wäscheflickerei, Kleiderberatung und Schuhkurse, verdienen die Beachtung aller Kreise, denn sie bezwecken beste Erhaltung, Ausnutzung und Streckung aller vorhandenen Bekleidungsvorräte. Jede erwünschte Auskunft wird zu den angegebenen Zeiten von den betreffenden Stellen gerne erteilt. Bemerkt sei noch, daß von heute ab Strümpfe wieder zum Flicken abgegeben werden können.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Donnerstag, 14. März 1918
Beschlagnahme der Menschenhaare. Am 15. März tritt eine Bekanntmachung über Beschlagnahme und Meldepflicht von gesammelten rohen Menschenhaaren in Kraft. Durch sie werden alle gesammelten rohen Frauenhaare sowie Chinesenhaare beschlagnahmt. Ausgenommen von Beschlagnahme sind nur die von einer Frau gesammelten eigenen Haare, die sich im Besitz dieser Frau befinden. Der Wortlaut der Bekanntmachung ist bei den Landratsämtern, Bürgermeistereiämtern und Polizeibehörden einzusehen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Ueber den Fliegerwarnruf in Bonn sind uns aus der Bürgerschaft verschiedene Zuschriften zugegangen, in welchen darüber Klage darüber geführt wird, daß in verschiedenen Stadtteilen das Ertönen der Sirenen, das Glockengeläute und das Blasen der Hornisten nicht gehört worden sei. In der Gegend der Rheinwerft und im südlichen Stadtteil wußten viele Bürger überhaupt nichts von dem Warnruf. In Rücksicht auf die Wichtigkeit eines möglichst im ganzen Stadtgebiet und in den Außenorten Bonns deutlich hörbaren Warnzeichens sei daher die zuständige Stelle gebeten, Warnrufeinrichtungen nach dem Vorbild anderer Städte zu schaffen. Vor allem möge das Geläute des Münsters und die Glocken sämtlicher übrigen Kirchen Bonner Kirchen genutzt werden. Ferner sei vorgeschlagen, nach dem Vorbild von Trier mehrere kräftige Sirenen ertönen zu lassen, die absichtlich in schreiendem Mißklang sich weithin bemerkbar machen und in der Tonhöhe fortgesetzt auf- und absteigen, daß das Getute den Hörern tatsächlich durch Mark und Bein geht. Die Anschaffung solcher Sirenen, die auch unabhängig vom Betriebsschluß der Fabriken genutzt werden können, würde sich ebenfalls verlohnen, um die Warnungseinrichtung völlig tauglich zu machen. Die Behauptung in einer Zuschrift, daß die feindlichen Flieger in einer außerordentlichen Höhe über Bonn in der Richtung nach Köln geflogen seien, und zwar in der Zeit, wo die Warnrufe ertönten, wird durch den amtlichen Bericht widerlegt, den das WTB. aus Koblenz verbreitet hat.
Schulferien und Werbearbeit. Nach einer Bestimmung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz wird der Unterricht an den höheren Schulen der Provinz nach den Osterferien nicht am 18. April, sondern schon am 10. April enden, um die Werbearbeit für die achte Kriegsanleihe zu fördern. Die Pfingst- und Herbstferien werden dagegen um vier Tage verlängert, und zwar wird Pfingsten der Unterricht am 15. Mai geschlossen und am 31. Mai wieder aufgenommen, während die Herbstferien nicht am 6. August, sondern schon am 2. August beginnen.
Es muß doch Frühling werden . ... Gestern nachmittag konnte man hier schon die ersten weißen Damenstrohhüte beobachten; schwarze Strohhüte wurden bereits im Februar getragen. Da gestern auch schon einige Selterwasserbuden den Verkauf aufgenommen haben, kann man annehmen, daß der Frühling schon tatsächlich seinen Einzug gehalten hat, trotzdem der Kalender den Frühlingsanfang erst für den 20. März ankündigt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Flieger-Alarm. [...]
(Die Bürgerschaft wird sich wohl die [...] Mahnworte der Stadtverwaltung zu Herzen nehmen. Es kann ihr dies auch nicht dringend genug geraten werden. Es sei uns aber gestattet, im Anschluß daran im Namen einer sehr großen Anzahl Bonner Bürger eine sehr ernste Bitte an die Stadtverwaltung zu richten, nämlich: in Zukunft für eine bessere Alarmierung zu sorgen.
Das Kinderflötchen am Mühlheimerplatz ist bei verschlossenem Fenster in einer Entfernung von 200 Metern nicht mehr zu hören. Die Warnung der Hornisten ist wie die Fabriksirenen auch eine örtlich sehr beschränkte. Das Gleiche gilt von den Kirchenglocken, wozu noch der Umstand kommt, daß Glockengeläute zu gewissen Tagesstunden kaum als Alarm aufgefaßt wird. Jeder Teil der Alarmierung ist also mangelhaft.
Man entschließe sich doch, im Hinblick auf den furchtbaren Ernst der Sache zur Anlage einer großen Sirene, - aber recht bald. Uns sind Sirenen bekannt, die über eine Wegstunde im Umkreise deutlich zu hören sind, auch noch bei geschlossenen Fenstern. Trier besitzt eine tadellos arbeitende Einrichtung. Man folge seinem Beispiel. Diese Stadt kann vielleicht in dieser Angelegenheit noch insofern vorbildlich sein, als sie Alarmsignale auch nachts vorgesehen hat. Es geschieht dies in der Hauptsache mit Rücksicht auf die Personen, welche fast dicht unter dem Dache schlafen, da das Aufsuchen tiefer gelegener Räume auf jeden Fall zu empfehlen ist. Auf jeden Fall kann die Stadtverwaltung des Dankes der Bürgerschaft gewiß sein, wenn sie schleunigst für die erforderliche Einrichtung sorgt. Die Redaktion.)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Freitag, 15. März 1918
Wissenschaftliche Vorträge. Heute abend findet im Bonner Bürger-Verein der letzte Vortrag statt über „Ehe und Vererbung“. Der Redner, Pater Muckermann, ist als Biologe rühmlichst bekannt und versteht es, die schwierige Frage mit ebenso viel Gründlichkeit wie Zurückhaltung zu besprechen. Er will u. a. den verhängnisvollen Irrtum bekämpfen, daß die Eigenschaften unserer Nachkommen Zufallsprodukte sind, und zeigen, daß sie nach bestimmten Vererbungs-, also Naturgesetzen erworben werden, durch deren Befolgung oder Uebertretung die Eltern die geistigen und körperlichen Eigenschaften der Kinder zu deren Vorteil oder Nachteil beeinflussen. Die neue Forderung, der Mensch soll sich nicht bloß fortpflanzen, sondern hinauf, ist in den Naturgesetzen und im Willen Gottes begründet. Der Vortrag ist für jung und alt von größter Bedeutung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zur Beschlagnahme von Kutschwaren-Bereifungen und gesammelten rohen Menschenhaaren. Am 14. März ist eine Bekanntmachung, betreffend Bestandserhebung, Beschlagnahme und Höchstpreise von Kutschwarenbereifungen in Kraft getreten.[...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Vermehrung des Kartoffelanbaus werden für mittleren und kleineren Besitz staatliche Beihilfen in der Höhe von 3,50 M. für den Zentner Pflanzkartoffeln gewährt. Die rheinischen Landwirtschaftskammer fordert im Interesse der künftigen Sicherstellung der Volksernährung die Landwirte dringend auf, mit allen Mitteln und insbesondere unter Ausnutzung der staatlichen Beihilfe die Anbaufläche der Kartoffeln in diesem Jahre nach Möglichkeit zu steigern. Es kann damit gerechnet werden, daß der Kartoffelpreis für die kommende Ernte ein angemessener sein wird. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 16. März 1918
Besondere Zuteilung von K.-A.-Seife. Der Ueberwachungsausschuß der Seifenindustrie beabsichtigt, um die Verbraucher für den Ausfall an Seifenpulver zu entschädigen, einmalig, und zwar im Monat April, eine Zusatzmenge von 50 Gramm K.-A.-Seife [Kriegsausschuß-Einheitsseife] für die Person zur Verteilung zu bringen. Die Ausgabe soll alsdann gegen Vorlage des Mittelstückes der gültigen Reichsseifenkarte geschehen, wobei auf dieses Stück durch Stempel oder handschriftlich der Vermerk gesetzt wird: „50 Gramm Feinseife April 1918.“ Die zusätzliche Menge K.-A.-Seife kann der Händler von den bisherigen Bezugsquellen erhalten. Die Einreichung der Empfangsbestätigungen ist dabei ausnahmsweise nicht nötig. Das Nähere über die Abgabe der erhöhten Feinseifenmenge an die Bevölkerung wird demnächst bekanntgegeben.
Abfallstoffe. Beim allgemeinen Hausputz, der in dieser Zeit vorgenommen zu werden pflegt, finden sich viele nutzlos und als Staubfänger herumliegende Abfallstoffe vor. Es kann nicht eindringlich genug darauf hingewiesen werden, daß diese Abfallstoffe, gleich welcher Art, der Sammelstelle des örtlichen Kriegsausschusses, Stockenstraße 3, verkauft werden sollten. Die Abfälle werden der Kriegsindustrie zugeführt und von ihr wieder nutzbar gemacht. Bei dem Mangel an Rohstoffen ist dies von hoher Bedeutung. Die Ablieferung von Kanin-, Hasen- und Katzenfellen, Korken, Korkabfällen, Stoffabfällen und Resten, Gummiabfällen, Hartgummi, Zelluloid, Frauenhaar, Papier, Weißblech-Konservendosen, Glühlampensockel usw. ist dringend geboten. Wer die Abfallstoffe aus der dunklen Ecke seiner Behausung hervorholt und der Sammelstelle überbringt, dient nicht nur sich selbst, sondern in hervorragender Weise auch dem Vaterland. Daher darf die Mahnung zur Ablieferung dieser für den Haushalt wertlosen Sachen nicht ungehört verhallen.
Wegen geheimer Schlachtungen und Abgabe des Fleisches ohne Fleischkarte hatte sich gestern ein hiesiger Schweine-, Gemüse- und Obstgroßhändler, derzeit Offizierstellvertreter in einem hiesigen Truppenteil, vor der Strafkammer zu verantworten. Er soll Ende 1916 und Anfang 1917 auf seinem Grundstück in größerem Umfange Schweine und auch Rindvieh geschlachtet haben. Der Angeklagte gab zu, drei Schweine verbotenerweise geschlachtet zu haben. Der Staatsanwalt und der Gerichtshof kamen aber durch die Beweisaufnahme trotz der sehr zurückhaltenden Zeugenaussagen zu der Ueberzeugung, daß doch in weit umfangreicherer Weise verbotene Schlachtungen vorgenommen worden sind. Das Urteil lautete, dem Antrage des Staatsanwaltes entsprechend, auf 4000 M. Geldstrafe. In der Begründung wurde besonders hervorgehoben, daß der Angeklagte sich schwer gegen die Allgemeinheit versündigt habe.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Ein halbes Pfund Weizenmehl wird nächste Woche von Dienstag ab auf Warenmarke 16 in den Bäckereien verkauft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Verbesserung der Alarmvorrichtungen bei Fliegergefahr wurde gestern in einer geheimen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung beschlossen.
Bonner Wehrbund. Die Jugendkompagnie tritt am Sonntag, den 17. ds. Mts., um 2¾ Uhr an der Karlschule an zu einer Geländeübung an, um 5 Uhr Vortrag des Herrn Geheimrat Prof. Dr. Brinkmann über „Rumänien“.
Städtisches Bekleidungsamt. Die Verkaufsstelle für getragene Kleider und Wäschestücke wird am Montag, den 18. März ds. Js., im städtischen Bekleidungsamte Gangolfstraße Nr. 2, Eingang Martinstraße, wieder eröffnet. Der Verkauf findet nur gegen Einlaßkarten werktäglich vormittags von 9 bis 12 Uhr und nachmittags von 3 bis 6 Uhr statt. Die Ausgabe der Einlaßkarten beginnt am 18. März 1918. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Sonntag, 17. März 1918
Keine Beschlagnahme der im Privatbesitz befindlichen Männeroberbekleidung. Das mehrfach verbreitete Gerücht, die Reichsbekleidungsstelle beabsichtige eine allgemeine Beschlagnahme der im Privatbesitz befindlichen Männeroberbekleidung, bestätigt sich nicht. Eine Beschlagnahme ist nicht in Aussicht genommen, vielmehr nur eine zusammenfassende, gleichmäßig über das ganze Reich sich erstreckende Organisation der freiwilligen Abgabe und Sammlung von getragenen Kleidungsstücken.
Die Diebe, die in der Nacht zum Donnerstag ein Weiß- und Wollwarengeschäft in der Bonngasse heimgesucht haben, sind gestern morgen in Köln festgenommen worden. Es sind zwei Männer aus Bonn, ein Kölner und ein fahnenflüchtiger Soldat. Für etwa 11.000 M. Waren wurden noch bei ihnen gefunden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Fußballsport. Zum erstenmal trifft am Sonntag nachmittag der Bonner Fußballverein mit dem Verein für Bewegungsspiele Köln auf seinem Sportplatz an der Richard-Wagnerstraße zusammen. Die Spielstärke des neuen hier unbekannten Gegners kennen zu lernen, dürfte manchen Sportfreund dem Spiele zuführen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Wohnungsnot! 2-3-Zimmerwohnung an einzelnen Herren oder Dame (älteres Ehepaar) zu vermieten. Solche und ähnliche Inserate findet man täglich in den hiesigen Blättern. Aber auch nur solche, d.h. soweit kleinere Wohnungen in Betracht kommen. Hat jemand Kinder, denn um diese dreht es sich doch, so fällt es ihm wahrhaft schwer, ja es ist fast unmöglich, eine Wohnung zu bekommen. Leider ist man beim Eintreffen von Kindersegen nicht der Sorgen um ein Heim dauernd enthoben. Wollten die Vermieter ihre leerstehende 4-, 5-, 6-Zimmerwohnung in zwei Wohnungen teilen, der Klein-Wohnungsnot wäre erheblich gesteuert. Unsere Feldgrauen draußen, es sind viele Familienväter dabei, sagen auch nicht, wir sterben gerne, aber nur für einzelne Damen oder Herren. Besagte Vermieter sind sehr wahrscheinlich gleich „erwachsen“ zur Welt gekommen. Auch einer von denen, die früher im Feld und jetzt daheim!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Was kann Deutschland für Irland tun? Diese Frage wird Professor Kuno Meyer aus Berlin, der beste Kenner Irlands, in einem Vortrage am 25. März, abends 8 Uhr, im Bonner Bürgerverein (Karten bei Fr. Cohen und J. F. Carthaus) behandeln. Die Knechtung des Inselvolks ist eine der schlimmsten Seiten in der blutgetränkten Geschichte englischer Machtgier. Weite Kreise unseres Volkes haben es nicht verstanden, warum unsere Regierung England nicht nachdrücklich auf Irland verweist, wenn es mit heuchlerischen Worten vorgibt, die kleinen Völker vor deutscher Bedrückung zu schützen. Endlich scheint sich auch hier ein Wandel vorzubereiten. Der Reichskanzler hat zum ersten Male seit Kriegsbeginn im Reichstage die irische Frage erwähnt. Nimmt man dazu die Nachrichten von der wachsenden Aufstandsbewegung in Irland und die Versammlung englischer, gegen die Iren bestimmter Truppen in Liverpool, so wird man mutmaßlich in nächster Zeit mehr aus Irland hören, als den Engländern lieb ist. Unter diesen Umständen darf man mit Spannung den Mitteilungen entgegensehen, die Professor Kuno zu machen hat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Montag, 18. März 1918
Bismarckfeier. Wie wir erfahren, gedenkt die Ortsgruppe Bonn und Umgebung der Deutschen Vaterlandspartei den Geburtstag Bismarcks mit einer besonderen Feier am Osterdienstag, 2. April, abends 8 Uhr im großen Saale der Lese zu begehen. Herr Professor Friedrich von der Handelshochschule in Köln wird die Festrede halten.
„Das wahre Gesicht der Vaterlandspartei“. Unter diesem Titel ist, wie wir schon anzeigten, aus der Feder des Herrn Kaplan Schopen in Godesberg eine Schrift erschienen, die den Zweck hat, nähere Aufklärung zu schaffen über das, was die Deutsche Vaterlandspartei ist und will.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zur Bekämpfung der Scher- und Bartflechten. Um der Verbreitung dieser ansteckenden Hautleiden vorzubeugen, sind im Einvernehmen mit dem städtischen Gesundheitsamt von Herrn Prof. Dr. Hoffmann im Hörsaal der Universitäts-Hautklinik aufklärende Vorträge für die Bonner Lehrerschaft und für die Friseure abgehalten worden. Zur Verhütung dieser ansteckenden Hautkrankheit ist peinlichste Sauberkeit in den Friseurstuben sowie die Abweisung aller kranken oder krankheitsverdächtigen Personen, ferner Gebrauch von eigenen Rasiergerätschaften und Mitbringen eigener sauberer Wäsche dringend angeraten. Auch im Umgang mit hautkranken Tieren ist Vorsicht geboten, da Rinder, Pferde, Hunde und Katzen auch an diesen Flechten leiden und sie auf Menschen übertragen können.
Eine Einschränkung der Versendung von Oster- und Pfingstkarten. Die durch Erlaß vom Kriegsminister zurzeit angeordnete Einschränkung der Versendung von Neujahrsglückwünschen findet auch auf den Versand von Oster- und Pfingstkarten zwischen der Heimat und den Angehörigen des Heeres Anwendung.
Der gestrige schöne Sonntag hatte alles, was nur abkommen konnte, hinaus in Gottes freie Natur gelockt. Ordentlich warm wurde es in den Nachmittagsstunden: stieg doch das Thermometer auf 20 Grad Celsius. Unsere Vorortbahnen waren schon gleich am Mittag dicht besetzt von Ausflüglern, die den Sieben Bergen und den rheinaufwärts gelegenen Ortschaften zustrebten. Auch der Kreuzberg und der Venusberg hatten starken Besuch aufzuweisen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Heizstoffversorgung. Die Ausgabe von neuen Kohlenkarten findet bei der Ortskohlenstelle, Münsterplatz 20, in den Geschäftsstunden von 8.30 vorm. bis 12.30 und von 3.30 bis 4 Uhr nachm. wie folgt statt: Für Haushaltungen, deren Familiennamen beginnen mit den Buchstaben A-F einschl. am Donnerstag den 21. und Freitag den 22. März, G-K einschl. am Samstag den 23. und Montag den 25. März, L-R einschl. am Dienstag den 26. und Mittwoch den 27. März, S-Z am Donnerstag den 28. und Samstag den 30. März. Der Umschlag der Lebensmittelkarte ist vorzulegen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Dienstag, 19. März 1918
Bezugsscheine auf Schuhwaren. Die Reichsbekleidungsstelle hat die Bezugsscheinausfertigungsstellen angewiesen, von jetzt ab Bezugsscheine auf Schuhwaren nur in dringendsten Notfällen (z. B. bei vollständigem Verlust des sämtlichen Schuhwerks, nicht aber bei Konfirmation, Todesfall u. dergl.) auszufertigen, da vom 1. April 1918 ab durch die dann zuständige Reichsstelle für Schuhversorgung eine Neuregelung des Bezugsverfahrens für Schuhwaren erfolgt, wodurch Schuhwaren in weitem Umfange, insbesondere sog. Ersatz- und Kriegsschuhwerk, bezugsscheinfrei werden wollen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Rheinuferbahn hat vom 15. ds. Mts. ab ihre Fahrpreise erhöht. Jetzt kostet eine Fahrt dritter Klasse von Bonn nach Köln 1,10 Mark, bisher 0,90 Mark. […] Für einzelne Stationen und Haltestellen sind die Fahrpreise beibehalten worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Wohnungsnot. Im Anschluß an den Sprechsaal-Artikel […] zur Wohnungsnot erlaube ich mir auch etwas Kritik zu üben. Ich bin eine alte Frau und auf der Suche nach einer Wohnung von 2 bis 3 Zimmern. Als ich mich auf ein Angebot von 2 Zimmern an Herr oder Dame bemühte, mußte ich die Erfahrung machen, daß ich, wie so oft, vergebens gegangen war. Denn den Preis konnte ich natürlich nicht bezahlen, welcher mir da gefordert wurde. Die 2 Zimmer sollten 60 Mark kosten, was doch etwas viel ist nach meiner Meinung. Was muß da eine deutsche Frau für ein Einkommen haben, wenn sie bei 60 Mark Miete aus essen gehen muß, denn Kochen war natürlich nicht gestattet. Ich bin eine Frau, welche zwei Söhne für das Vaterland hergegeben hat. Könnte man da nicht etwas mehr Engegenkommen finden? Frau Wwe. V.
Kinder- und Wohnungsnot. Weil ich Hausbesitzer bin, der 13 Kinder im Haus wohnen hat, darf ich bei der Wohnungsfrage ein Wort mitsprechen. Stellt man die Frage, warum viele Hausbesitzer sich weigern, Kinder ins Haus zu nehmen, so ist zu antworten, daß Kinder – namentlich wenn sie ohne Aufsicht sind – sehr viel im Haus verderben. Und wer kommt für die Schäden auf? Vielfach kommt auch die Miete schlecht ein, wogegen der Vermieter pünktlich seine Zinsen zu zahlen hat und die gesteigerten Lasten tragen muß. Es empfähle sich, daß die Stadt Bonn Häuser mietete oder kaufte, um der ärgsten Wohnungsnot zu steuern. Man würde dann die Hausbewohner etwas mehr mit der unberechtigten oder einseitigen Beurteilung ihres Verhaltens verschonen. Ein Hausbesitzer im Sinne vieler.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Katholischer Meisterverein. Am Mittwoch den 20. März, abends 8.30 Uhr, findet im Gesellenhause, Cölnstraße 17/19, die monatliche Mitglieder-Versammlung statt. In derselben spricht Herr Parteisekretär P. Hensen über „Zukunftsaufgaben“. Das nicht parteipolitisch gehaltene Thema wird zugleich Anlaß geben zur Annahme der vom Verband kath. Meistervereine der Regierung übersandten Resolution, in der der Einführung des gleichen Wahlrechts zugestimmt, aber zugleich die nötigen Sicherungen für die dem katholischen Volksteil besonders teuren Güter, Kirche und Schule, gefordert werden. Aus diesem Grunde ist eine besonders starke Beteiligung der Mitglieder erwünscht. Zudem wird sich bei dieser Gelegenheit der Präses von den Mitgliedern verabschieden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Mittwoch, 20. März 1918
Das Verdienstkreuz für Kriegshilfe erhielt Bankier Louis David wegen seiner erfolgreichen Bemühungen um das Zustandekommen der Kriegsanleihe.
Das Verdienstkreuz für Kriegshilfe wurde Rechtsanwalt Felix Joseph Klein in Bonn für seine schriftstellerische Tätigkeit zugunsten der Kriegsanleihen verliehen.
Eine Studentenbücherei wollen, wie schon berichtet, die Stadt Bonn und die rheinische Provinzialverwaltung gemeinsam der Bonner Universität zu ihrem hundertjährigen Jubiläum stiften. Die Bücherei soll die Allgemeinbildung fördern, aber auch anregenden Lesestoff bieten, vor allem die zeitgenössische schöne Literatur in Poesie und Prosa sowie die Broschürenliteratur, die Zeitschriften und die Tagespresse des In- und Auslandes berücksichtigen. Sie ist als völlig unabhängiges Institut gedacht, das die Universitätsbibliothek ergänzen, seine Schätze den Lesenden aber in größerer Freiheit und Behaglichkeit als sie darbieten soll. Die Studentenbücherei soll in dem geplanten Neubau der Universitätsbibliothek an der Poppelsdorfer Allee und bis zur Fertigstellung des Neubaues in anderen Räumen untergebracht werden. […]
Die Not der Schuhausbesserungen. Neben der Versorgung der Bevölkerung mit neuem Schuhwerk ist auch die Ausbesserung von getragenem Schuhwerk außerordentlich schwierig geworden, so daß täglich Klagen laut werden, es sei nicht möglich, von den Schuhmachern die Fertigstellung von Ausbesserungsarbeiten zu verlangen. Die Erscheinung beruht zum großen Teil darauf, daß das Schuhmacherhandwerk sich mit dem Verarbeiten von Ersatzsohlen noch immer nicht befreunden kann und in der Bevölkerung ein gewisses Vorurteil gegen die Ersatzsohle besteht. In erster Linie kommt es bei der Verwendung der Ersatzsohlen auf ein zweckmäßiges Verarbeiten an, und da hierüber die meisten Schuhmacher nicht Bescheid wissen, ist auf Anregung des Kölner Regierungspräsidenten ein Anlernkursus für Schuhmacher eingerichtet, in dem die Verwendung von Ersatzsohlen und –Absätzen gelehrt wird. Der Kursus findet in Köln in der Gewerbe-Förderungsanstalt unter Leitung des Geheimrates Ramberg statt, alle im Regierungsbezirk Köln wohnenden Schuhmachermeister, selbständigen Schuhmacher und älteren Gesellen können daran teilnehmen. Bisher haben von dem Verein selbständiger Schuhmacher für Bonn und Umgebung zwei Mitglieder, die Herren Hch. Bartel, Kölnstr. 15, und Georg Effertz, Breite Str. 11, an einem sechstägigen Kursus teilgenommen. Im Interesse der Allgemeinheit ist es jedoch unbedingt erforderlich, daß möglichst viele Schuhmacher von dieser Einrichtung in ausgiebigster Weise Gebrauch machen. Die Kosten der Teilnahme trägt die Stadt Bonn. Die Bestimmungen über die Teilnahme sind auf dem städtischen Bekleidungsamte Gangolfstr. 2, wo auch die Anmeldungen entgegengenommen werden, zu haben. Um die Schuhmacher und weiteren Kreise der Bevölkerung mit der erprobten Verarbeitung von Ersatzsohlen bekannt zu machen, wird der Verein selbständiger Schuhmacher für Bonn und Umgebung demnächst eine Versammlung abhalten, in ihr werden die genannten Kursusteilnehmer ihre Erfahrungen vortragen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein Werbeausschuß zur Aufklärung über die Bedeutung der achten Kriegsanleihe trat gestern mittag auf Einladung der städtischen Verwaltung im Rathaus zu einer Besprechung zusammen. Als Vertreter der Verwaltung war Beigeordneter Bottler erschienen. Ferner waren Stadtverordnete sowie Obmänner und Vertrauensleute aus den verschiedenen Bezirken der Innenstadt und der Außenorte zugegen. Unsere Lehranstalten waren gleichfalls vertreten. Auch ein Presseausschuß nahm an den Verhandlungen teil. Beigeordneter Bottler entwickelte in eingehender Darstellung ein Bild der Werbearbeit, wobei er feststellen konnte, daß gelegentlich der 7. Kriegsanleihe dank der Werbearbeit der Bonner Presse, der Schulen und der Werbetätigkeit von Haus zu Haus in Bonn ein Zeichnungsergebnis erzielt wurde, mit welchem wir nach der Kopfzahl mit an erster Stelle der Zeichnungsergebnisse unserer Rheinprovinz standen.
Es ist natürlich der Wunsch, daß Bonn auch bei der achten Kriegsanleihe wieder so erfolgreich abschneiden, daß auch hierbei wiederum der vaterländische Sinn unserer Bürgerschaft sich äußert und die Endentscheidung im Westen wie überall im Vaterlande so auch in Bonn von einem vollen Sieg unserer Finanzkraft begleitet wird.
Man darf daher erwarten, daß die Bürger, die sich in den vaterländischen Ehrendienst dieser Aufklärungs- und Werbearbeit stellen, allerwärts mit jener Freundlichkeit aufgenommen werden, die der großen Aufgabe entspricht, zu deren glücklichen Lösung sie mit opferwilliger Bereitwilligkeit ihre Zeit und Kraft einsetzen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ueber die Versorgung der Bonner Bevölkerung mit Brennstoffen für den kommenden Winter ist den Stadtverordneten eine Vorlage zugegangen, in der empfohlen wird, einen Kohlenvorrat von etwa 5000 Tonnen zu schaffen. Ferner soll ein Vertrag über die Aufstapelung eines Brikettvorrates mit dem Brikettkontor vereinbart werden. Ein noch von diesem Winter vorhandener Vorrat von 18.500 Zentnern Briketts, soll erworben, auch soll wieder ein Reservebestand an Rohbraunkohlen angesammelt werden. Ferner ist geplant, eine größere Menge Holz zu kaufen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Donnerstag, 21. März 1918
Der Dank der Vaterländischen Vereinigungen an die Bonner Bürgerschaft.
Bonner Weihnachtsgaben für die rheinischen Truppen. Von den Vaterländischen Vereinigungen in Bonn sind im ganzen 16.450 Pakete im Durchschnittswerte von je 5 Mark im Dezember 1917 an die rheinischen Truppenteile versandt worden. Nicht leicht war es diesmal, außer dem stets willkommenen Tabak und den Zigarren, die dank der liebenswürdigen Vermittlung eines unserer Mitbürger gut und wohlfeil aus Holland bezogen werden konnten, noch andere den Soldaten im Felde angenehme und nützliche Gegenstände preiswert einzukaufen. Wochenlanger Arbeit bedurfte es dann, um die große Zahl der Pakete fertig zu machen. Diese Arbeitstage waren Ehrentage für den Freiwilligen Hilfsausschuß. Die ihm dankenswerterweise zur Verfügung gestellten weiten Räume in der Dresdener Bank glichen viele Wochen hindurch einem großen Warenlager, in dem einige Dutzend fleißiger Frauenhände von früh bis abends bemüht waren, die gewaltigen Vorräte einzuteilen und in die kleinen Weihnachtspakete zu verpacken. Persönliche herzliche Wünsche wurden von opferfreudigen Spenderinnen beigefügt, so daß alle Weihnachtspakete außer ihrem praktischen Inhalt etwas von dem Leben, von der Hoffnung und von dem Dank aus der Heimat ins Feld mit sich brachten. Sorgfältig ist bei der Versendung beachtet worden, daß auch die sogenannten Alleinstehenden und Vergessenen diesmal ihr Weihnachtspaket erhalten haben. In mehr als 5000 Dankschreiben und Feldpostkarten, die von allen Fronten im Westen und im Osten sowie aus Mazedonien eingelaufen sind, haben die Empfänger zum Ausdruck gebracht, welche Freude ihnen die Weihnachtssendungen aus der Heimat gemacht haben. Die Gesamtkosten, die für diesen Teil des vierten Kriegsweihnachtens aufgewendet worden sind, betragen rund 82.400 M. Außer dem Betrag von 45.000 M. der Stadt Bonn waren freiwillige Spenden in Höhe von 8800 Mark eingegangen, der Rest von 28.900 M. konnte aus den Erträgen der Bonner Volksspende gedeckt werden. Somit war unmittelbar oder mittelbar die Bonner Bürgerschaft die Geberin. […]
Unsere Uboote und ihre Wirkung auf England. Ueber diesen Gegenstand hielt Kapitänleutnant von Bebber Dienstag abend im Bonner Bürgerverein einen sehr fesselnden Lichtbildervortrag. […] Wirkt unser Ubootkrieg in der bisherigen Weise weiter, und es ist kein Grund vorhanden, daran zu zweifeln, so wird England in kurzer Zeit den größten Teil seiner Fabriken, auch seiner Kriegsindustrie, aus Mangel an Rohstoffen stillegen müssen. Für uns gilt es, Ruhe und Vertrauen zu bewahren; der Sieg über England und damit der glorreiche deutsche Frieden sind uns sicher. – Die Zuhörer dankten mit lebhaftem Beifall für die lehrreichen und überzeugenden Ausführungen.
Ein Ei wird diese Woche noch an jeden Einwohner abgegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Was ich beim Städtischen Verkauf erlauschte. Aus unserm Leserkreise wird uns geschrieben: Gestern früh war ich auf dem Markt und mußte mich auch beim städtischen Verkauf anstellen, um für meine sieben hungrigen Mäuler etwas in die Markttasche zu bekommen. Dabei hatte ich Gelegenheit, die Unterhaltung mehrerer Frauen über den russischen Frieden mit anzuhören. Die meisten von ihnen hatten offenbar die Mitteilung, daß der Friede ratifiziert sei, nicht recht spitz bekommen. Es war mir klar, daß die Zeitungen das schwere Wort „ratifiziert“ nicht umgehen konnten, weil es eben zum Sprachschatz unserer Herren Diplomaten und Völkerrechtsgelehrten gehört und sein Sinn nicht gut verdeutscht werden kann. Aber wenn man dieses Gespräch der mich umgebenden Frauen angehört hatte, mußte man eigentlich Anhänger jener Bewegung werden, die auch für Politik und Wissenschaft die rein deutsche Ausdrucksweise verlangt. Die Frauen wagten kaum, das etwas zungenbrecherische Wort „ratifiziert“ und „Ratifikation“ auszusprechen. Eine von ihnen erzählte treuherzig: „Me hann ze Huus e Fräulein wonne, dat kann französch; die hät em Lexikon nohgesehn; ävve me wesse immer noch net, wat et heesch.“ Eine andere Frau vertrat die Auffassung: „Ja, su es et immer, wenn die huh Hääre gett ze veheimlige hann, dann bruche sie su’n fremde Ausdröck.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Arndt-Eiche in Eisen. Für den am Donnerstag Abend 7 Uhr im Bonner Bürgerverein stattfindenden Liederabend zu Gunsten der Arndt-Eiche in Eisen sind noch Karten zu 3,30 Mark, 2,20 Mark und 1,10 Mark in der Musikalienhandlung Sulzbach zu haben. Die vaterländischen Vereinigungen Bonn empfehlen den Besuch des Liederabends besonders im Hinblick auf den vaterländischen Charakter dieser Wohltätigkeitsveranstaltung.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Freitag, 22. März 1918
Fleisch. Am Samstag werden in den Metzgergeschäften Rindfleisch zu 2,20 M., Leberwurst zu 1,60 M. und Blutwurst zu 1,20 M. das Pfund verausgabt. Für jede Person werden 200 Gramm, an Kinder unter 6 Jahren 100 Gramm Fleisch einschließlich Wurst verteilt.
Fett. Auf den Abschnitt Butter der Speisefettkarte werden in der kommenden Woche 60 Gramm Butter ausgegeben. Der Preis für die Butter beträgt 4,15 M. für das Pfund.
Kartoffeln. Landwirte und Gärtner, baut mehr Kartoffeln an. Ein reichlicher Anbau von Kartoffeln kann und muß uns unabhängig machen von den gefährlichen Ernteschwankungen und dem deutschen Volke das Durchhalten bis zum siegreichen Ende des Krieges ermöglichen. Die Besitzer von mittleren und kleineren Grundstücken, die für die Allgemeinheit Kartoffeln abliefern, erhalten, wenn sie in diesem Jahre nachweislich eine größere Fläche als bisher mit Kartoffeln anbauen, aus der Staatskasse eine Beihilfe von 3,50 M. für jeden zur ordnungsmäßigen Bepflanzung der Mehrfläche erwendeten Zentner Saatkartoffeln. Nähere Auskunft wird im städtischen Lebensmittelamt, Zimmer 12, erteilt. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.“)
Zeichnungen auf die 8. Kriegsanleihe. Die städtische Sparkasse Bonn zeichnete auf die achte Kriegsanleihe 7½ Millionen Mark gegen 6,3 Millionen Mark bei der siebten Kriegsanleihe, zusammen bei allen Kriegsanleihen 51 Millionen Mark.
Geschäftsfreier Sonntag. Am Sonntag dürfen die Ladengeschäfte bis 7 Uhr abends offen gehalten werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Billige Schuhe. Der Katholische Frauenbund, Zweigverein Bonn, hat neuerdings eine äußerst zeitgemäße Einrichtung getroffen. Er veranstaltet Kurse, in denen die Frauen unterwiesen werden, selbst Schnürschuhe mit Holzsohlen anzufertigen, die namentlich für unsere Kleinen sehr praktisch und dauerhaft sind. Die Schäfte sind aus Tuch-, Drillich-, Segeltuchresten hergestellt und mit Lederabfällen besetzt. Der Preis stellt sich für ein Paar Schuhe auf 4 bis 5 Mark. Ein Kursus, an dem 18 Frauen teilnahmen, hat bereits in Poppelsdorf stattgefunden. Zwei weitere, die gleich nach Weißen Sonntag beginnen sollen, sind für Poppelsdorf und für die Marienpfarre vorgesehen. Die Teilnahme an einem Lehrgang, der 3 bis 4 Abende in Anspruch nimmt, kostet für Mitglieder des Kath. Frauenbundes 2 Mark, für Nichtmitglieder 2,50 Mark. Anfragen und Anmeldungen bittet man zu richten an die Geschäftsstelle des K. F. D., Martinstraße 3.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 23. März 1918
Kriegsblindenhunde. Bei der Bonner Sanitätshund-Meldestelle sind seit einigen Tagen die ersten Kriegsblinden eingetroffen, um mit Führerhunden ausgebildet zu werden. Die Uebungen bringen es mit sich, daß diese Herren auch belebtere Straßen und Plätze begehen müssen. Hierbei ist unliebsam festgestellt worden, daß ein großer Teil des Publikums nicht einmal die sonst übliche Rücksicht beim Straßenverkehr nimmt. Statt den Kriegsblinden mit den Hunden möglichst auszuweichen, versperren Vorübergehende durch Stehenbleiben den ganzen Schrittweg, Kinder und Erwachsene sind sogar nachgegangen. Hierbei wurden Mitleidsbezeugungen den Blinden gegenüber laut, die, so gut diese auch gemeint sein konnten, doch unangenehm empfunden wurden. Es ergeht daher an alle Bürger, ob groß oder klein, die dringende Bitte, von den Vorgängen möglichst wenig Notiz zu nehmen. Hiermit wird den betreffenden Herren am meisten gedient.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Stadtverordneten-Sitzung vom Freitag, den 22. März. […] Die Brennstoffversorgung der Bürgerschaft für den kommenden Winter wurde gestern schon von der Versammlung in vorsorgender Weise in die Wege geleitet. Die Stadt wird 5000 Tonnen Steinkohlen ansammeln, weiter wie im letzten Winter durch Abmachung mit dem Brikett-Kontor große Brikettvorräte aufstapeln, einen Reservebestand von 18.500 Zentnern Briketts, der auf dem Gaswerk lagert, erwerben und auch Rohbraunkohlen auf Lager legen. Für diese Maßregeln wurden 283.000 Mark angefordert und bewilligt. Ferner wird die Stadt auch große Holzvorräte ankaufen und an die Bürgerschaft liefern. Eine Bekanntmachung wird die Bürger demnächst auffordern, ihren Bedarf an Holz anzumelden. Auf Anfragen und Wünsche der Stadtv. Blömers, Kau, Schmitz und Gudden, die sich auf Anhäufung von Vorräten an Hausbrand, auf Preisermäßigung für A-Karten-Inhaber und auf „ein Augezudrücken“ beim Hereinkommen von Brand durch Private bezogen, erwiderte Beigeordneter Bottler, daß hier die Rationierung der Kohle durch das Reich, die der Stadt nur 4000 Tonnen monatlich zuweise, im Wege stehe. Dem Hereinkommen von Kohlen durch Private würden keine Schwierigkeiten gemacht, im Gegenteil, freue die Stadt sich über jeden Zentner Brand, der so hereinkomme. Nähere Angaben würde er im Kohlenausschuß machen, da sie sich nicht für die Oeffentlichkeit eigneten. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Strafkammer. Ein russisch-polnischer Arbeiter, der sich auf Gut Heiderhof an einem Lebensmitteldiebstahl beteiltigt hatte, wurde zu einem Jahre Gefängnis verurteilt. – Einem Kaufmann aus Bonn waren in der Neujahrsnacht von zwei Zechgenossen 3700 M. entwendet worden. 2000 M. erhielt er wieder zurück. Es stellte sich im Laufe der Untersuchung heraus, daß der Kaufmann seinen Zechgenossen Treibriemen gestohlen hatte. Er ist außerdem wegen Betruges, Unterschlagung, Urkundenfälschung vorbestraft. Das Urteil lautete gegen ihn auf fünf Jahre Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust, zwei der Diebe wurden zu zwei bezw. einem Jahre Gefängnis verurteilt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Unsere Stadtverordneten […] Unsere Brennstoffversorgung im nächsten Winter wird, wie auch jetzt hauptsächlich von der Beförderungsfrage abhängen, die aber leider, nach Ansicht des Beigeordneten Bottler, auch im nächsten Jahre voraussichtlich nicht besser sein wird. […] Unsere Brennstoffversorgung im nächsten Winter wird also wieder einmal sehr problematisch. Hoffen wir, daß wir auch im nächsten Winter von größerer Kälte verschont bleiben. Nur der diesjährige milde Winter hat, wie Stadtverordneter Kalt verriet, eine geregelte Versorgung ermöglicht.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 24. März 1918
Grand Hotel Royal, Aktiengesellschaft in Bonn. Die gestrige Hauptversammlung des noch mit dem französischen Namen belasteten Königshof-Unternehmens war von sechs Aktionären besucht, die 524 Aktien mit 944 Stimmen (die Stadt Bonn hat für ihre 210 Aktien bekanntlich dreifaches Stimmrecht) vertraten. Zum Abschluß für 1917 bemerkte Beigeordneter Bottler als Vorsitzender des Aufsichtsrats, das Geschäftsjahr 1917 sei das günstigste gewesen, das das Unternehmen bisher gehabt habe; das gute Ergebnis sei auf den im vorigen Jahr stärkeren inländischen Reiseverkehr und den guten Ruf des Königshofes, der zum guten Teil der Tätigkeit des Direktors König verdankt werde, zurückzuführen. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Studentenmützen für Schülerinnen. Seit langer Zeit schon sind in anderen Städten, besonders in Essen, Dortmund, Düsseldorf, für Schülerinnen höherer Schulen Studentenmützen eingeführt. Da gute solide Hüte zurzeit sehr teuer und schwer zu beschaffen sind, würde es sich sehr empfehlen, den vorgenannten Städten in ihrer Neuerung zu folgen, besonders da die Mütze bestimmt einfacher und billiger ist als der Hut.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern etwas besser beschickt als anfangs der Woche. An Gemüse war hauptsächlich Spinat, Krauskohl und Sprutengemüse vorhanden, vereinzelt auch noch etwas Rosenkohl, Weißkohl und Wirsing. An Kleinzeug waren vorwiegend Karotten, Möhren, Sellerie, Breitlauch, Petersilie, Feldsalat, Kettensalat und Schwarzwurzeln zu haben, hier und da auch weiße Rüben, Rettiche, Kohlrabien, Meerrettich, Knoblauch und Sauerampfer. Der Verkauf war im allgemeinen wieder recht flott, besonders in Gemüse.
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren in fast allen Marktprodukten die Zufuhren wieder etwas besser als am letzten Hauptmarkttage. Hauptsächlich waren Gemüse-Pflanzen vorhanden, an Gemüse selbst etwas Krauskohl, Spinat, Rosenkohl, Sprutengemüse und vereinzelt auch Wirsing und Weißkohl. Kleinzeug war ziemlich reichlich zu haben. Der Verkauf war auch hier durchweg sehr flott und der Markt schon früh wieder geräumt.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich wieder eines recht regen Zuspruchs, besonders in Gemüse und Zwiebeln. Die Zufuhren waren im allgemeinen wieder befriedigend, besonders in Gemüse. Fische und Aepfel waren leider gestern nicht zu haben. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Montag, 25. März 1918
Feindlicher Fliegerangriff. Vergangene Nacht versuchten feindliche Flieger, den Stadtteil von Köln anzugreifen. Es wurden acht Bomben abgeworfen. Durch das Abwehrfeuer und die Verdunkelung gelang es, die Flieger von der inneren Stadt abzuwehren. Getroffen wurde lediglich ein in einem unbewohnten äußeren Stadtteil liegender Holzstapel, der in Brand geriet. Das Feuer wurde sofort gelöscht. Verletzt wurde niemand. Auch in Bonn wurde eine Bombe abgeworfen. Sie fiel auf freies Feld, ohne Schaden anzurichten. […]
Trotz des feindlichen Misserfolges möge dieser Angriff eine Warnung für die Bevölkerung sein, in Zukunft die vorgeschriebenen Schutzmaßregeln genau zu beachten.
Siegesfahnen und schulfrei. Der Kaiser hat befohlen, daß am heutigen 25. März anläßlich des Sieges in der Schlacht bei Monchy – Cambrai – St. Quentin – La Fere zu flaggen und Viktoria zu schießen ist. Ferner hat der Kaiser befohlen, daß am heutigen 25. März der Unterricht in den Schulen der Monarchie ausfallen soll. Falls Anordnungen für den 25. März nicht möglich sind, soll der 26. März schulfrei sein.
Deutsche Vaterlandspartei. In der gestrigen Versammlung der Ortsgruppe Bonn und Umgebung der Deutschen Vaterlandspartei gedachte Oberlehrer Grube aus Godesberg der neuen herrlichen Erfolge unseres Heeres in Frankreich, forderte die Mitglieder der Vaterlandspartei auf, nach Möglichkeit für die achte Kriegsanleihe zu zeichnen und zu werben und brachte ein begeistert aufgenommenes Hoch auf unser Heer, seine Feldherren und den Kaiser aus. Geh. Konsistorialrat Dr. Rocholl sprach dann über Weltfriedensbund, Völkerschiedsgericht und Abrüstung. […] Die Geschichte zeigt, daß die drei Ideale noch nie verwirklicht werden konnten. […] Wenn aber Deutschland und seine Verbündeten in diesem Kriege die Oberhand behalten, dann wird es ein starkes Gegengewicht gegen alle streitsüchtigen Völker bilden, und auch unsere jetzigen Feinde werden dann infolge der Macht Deutschlands auf Jahrhunderte das Glück des Friedens genießen können. Kein anderes Land in Europa kann das Recht besser beschützen als Deutschland unter dem Regiment und Schwert eines Hohenzollernkaisers. So wollen wir einen siegreichen deutschen Frieden in erster Linie zum Heil unseres deutschen Vaterlandes, sodann zur Wohlfahrt aller mit uns verkehrenden Völker, einen Frieden zur starken und unzerstörbaren Sicherung der militärischen, politischen und wirtschaftlichen Machtstellung unseres deutschen Volkes und zur Handhabung des Rechtes. – Die Zuhörer bekundeten ihre Zustimmung durch lebhaften Beifall.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Eindruck des Sieges in Bonn. Seit den Augusttagen 1914, seit den schweren Schlägen, die unser Hindenburg in Ostpreußen den Russen erteilte, haben wir in Bonn bis zum gestrigen Tage keine solche gewaltige Aeußerung vaterländischer Begeisterung erlebt. Die Meldungen über die wachsenden Erfolge über Englands Heer, das trotz der Unterstützung der Franzosen und Amerikaner bis in die dritte Linie hinein geschlagen ist, haben einen Sturm der Begeisterung bei unserer Bevölkerung ausgelöst. Jeder einzelne von uns weiß heute, daß England unser Todfeind ist, und wer es noch nicht wüßte, dem können die englischen Zeitungsstimmen, die unmittelbar vor Eröffnung unserer Angriffsschlacht erschienen, darüber die letzte Aufklärung geben. Deutschland sollte zu einem Kleinstaate des Festlandes herabgedrückt werden. Die Siegesnachrichten von den Schlachtfeldern Nordfrankreichs bekunden nun aber, daß John Bull sich bitter getäuscht hat. Sieg auf Sieg heftet sich an die glorreichen deutschen Fahnen. Unsere Artillerie hat gemeinsam mit unsern sturmerprobten Truppen die nach englischer Auffassung unerschütterliche Front der Feinde durchbrochen.
Und noch mehr steigerte sich die Befriedigung bei unserer Bevölkerung, als sie unseren Sonderausgaben am Sonntag nachmittag entnehmen konnte, daß es der deutschen Waffentechnik gelungen ist, ein Geschütz zu bauen, das auf eine Entfernung von 120 Kilometern 240 Millimeter-Geschosse mit erfolgreicher Wirkung in die Festung Paris hineinschleudert.
Die Vorgänge, die sich beim Eintreffen der Siegesmeldungen im Laufe des gestrigen Nachmittags bis zum späten Abend vor unserer Geschäftsstelle abspielten, werden für jeden Beteiligten eine unverlöschliche Erinnerung bleiben. Unsere Schulkinder sollen die Niederlage der bösen Engländer durch einen schulfreien Tag begehen und unsere Häuser sollen allgemein Flaggenschmuck tragen. So will es unser Kaiser, der auch angeordnet hat, daß Viktoria geschossen wird. Und daß der Kaiser unseren Hindenburg durch eine Auszeichnung ehrte, wie sie vor ihm nur Marschall Blücher nach der Schlacht von Belle Alliance zuteil wurde, wird bei Groß und Klein eine wahre Herzensfreude auslösen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dienstag, 26. März 1918
Die Eisenbahn warnt wieder vor unnötigem Reiseverkehr zu Ostern, da Lokomotiven und Wagen für Heereszwecke und für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung dringend gebraucht werden. Alle nicht unbedingt nötigen Reisen müssen unterbleiben.
Beschlagnahme, Enteignung und Meldepflicht. Am 26. März 1918 ist eine Bekanntmachung in Kraft getreten, durch welche die Beschlagnahme, Enteignung und Meldepflicht von Einrichtungsgegenständen aus Kupfer, Kupferlegierungen, Nickel, Nickellegierungen, Aluminium und Zinn verfügt wird. Die Beschlagnahme und Enteignung erstreckt sich auf bewegliche und eingebaute Gegenstände aller Art in Häusern, Wohn- und Geschäftsräumen, an Beförderungsmitteln u. dergl., die Beschlagnahme auch auf alle übrigen gebrauchten und ungebrauchten Zinngegenstände ohne Rücksicht auf Beschaffenheit und tatsächliche Verwendung, einschließlich Ziergegenständen aller Art, Kunstgegenständen, Schau- und Sammelstücken. Stücke, für welchen durch einen von der Landeszentralbehörde anerkannten Sachverständigen ein besonderer wissenschaftlicher, künstlerischer oder kunstgewerblicher Wert festgestellt wird, können auf Antrag von der Enteignung befreit werden. Der Wortlaut der Bekanntmachung ist bei den Landratsämtern, Bürgermeisterämtern, Polizeibehörden und den kommunalen Metallsammelstellen einzusehen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
An der Strafkammer hatte sich gestern die Ehefrau des Fabrikarbeiters Hub. Be. von hier wegen umfangreicher Betrügereien zu verantworten. Mitangeklagt war ihre 18 Jahre alte Tochter, die Ehefrau Wilh. Th., sowie der bei der Familie Hub. Be. wohnende Hausierer Wilh. Ba. In kaum glaublicher Weise hatte es die Erstangeklagte verstanden, eine große Anzahl Geschäftsleute um ganz erhebliche Geldbeträge zu beschwinden. So wurde ein Geschäftsmann um 4000 Mk., ein anderer um 2248 Mk., ein dritter um 1550 Mk. geprellt. Mehrere kleine Handwerker verloren ebenfalls Beträge von einigen hundert Mark. Die Angeklagte ging bei ihren Betrügereien recht raffiniert zu Werke. In einem hiesigen Lebensmittelgeschäft gab sie sich als Arbeitsfrau eines Fräulein Johanna aus der Schedestraße aus. Anfangs bezahlte sie die entnommenen Waren, aber schon nach einigen Tagen ließ sie anschreiben. Kurz darauf pumpte sie für das sehr reiche Fräulein Johanna, das von ihren Eltern knapp mit Taschengeld bedacht werde, bares Geld, und zwar innerhalb zweier Monate 1550 Mark. Den Namen der Herrschaften durfte die Angeklagte unter keinen Umständen nennen; wenn das Fräulein Johanna demnächst volljährig werde, würde alles auf Heller und Pfennig zurückgezahlt. Auch die mitangeklagte Tochter hatte verschiedentlich Sachen auf den Namen des nicht existierenden Fräuleins Johanna abgeholt. In anderen Fällen spielte eine schwer reiche Erbtante in Ems eine große Rolle. Um die Geprellten sicher zu machen, schrieb die Hochstaplerin im Namen dieser Erbtante Karten und Briefe an ihre Opfer, die meist mit einem Pumpversuch und mit einem Loblied auf die arme, brave Nichte in Bonn schlossen. An zwei der Betrogenen schickte die Tante in Ems sogar als Sicherheit die Schlüssel zu ihrem Geldschrank. Drohte jemand mit Anzeige, um zu seinem Geld zu kommen, dann trat der Angeklagte Wilh. Ba., ein kleiner verwachsener Mensch, in Tätigkeit, vor dem die Schwindlerin ihre Opfer bange zu machen versuchte, denn der könne reden wie ein Advokat. [...] Das Gericht erkannte gegen die gemeingefährliche Betrügerin, die bereits neunmal vorbestraft ist, auf eine Gefängnisstrafe von 5 Jahren; der Staatsanwalt hatte 5 Jahre Zuchthaus beantragt. Ihre Tochter erhielt 1 Monat Gefängnis und der Angeklagte Ba. 9 Monate Gefängnis.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Worauf es im Kriege ankommt. Die große Prüfung für unser Volk ist dieser Krieg, es geht um nichts mehr und nichts weniger als darum, ob wir fürderhin unseren Platz an der Sonne, auf den wir uns durch rastlose Tätigkeit auf kulturellem und geistigen Gebiet ein Anrecht erworben haben, behaupten sollen, oder ob wir dieses Anrecht verwirkt haben, weil wir bei der großen Prüfung, die wir jetzt zu bestehen haben, zu leicht befunden worden sind. Ueber jedes Volk bricht einmal eine solche Prüfung herein, die für es die Schicksalsstunde ist. Bestehen wir die Prüfung, dann öffnen sich für uns die Tore zu neuem Aufstieg, zu neuem Glück; bestehen wir diese Prüfung nicht, fallen wir zurück in Not und Elend, haben wir die Zukunft unseres Volkes, das Glück unserer Nachkommen vernichtet. Wahrlich nicht leicht ist die uns auferlegte Prüfung und nicht kurz. Aber wir haben bis jetzt alles glücklich überstanden, so werden wir auch das Letzte noch überwinden. Schon winkt uns das Ziel. Aber noch einmal alles getan und Kriegsanleihe gezeichnet.
Kommunionskerzen. Auf mehrfachen Wunsch hin teilen wir nochmals mit, daß ein kirchlicher Erlaß bestimmt, bei der Feier der ersten hl. Kommunion kleine Kerzen zu verwenden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Mittwoch, 27. März 1918
Vom städtischen Lebensmittelamt. Die Kartenausgabestelle, die jetzt unmittelbar mit dem Lebensmittelamt Am Hof verbunden ist, wird gleich nach Ostern verlegt werden und zwar in das Gebäude des städtischen Bekleidungsamtes an der Gangolfstraße. Dadurch wird das Ausstellen der Lebensmittelkarten und der Bezugsscheine zentralisiert, die Entnahme der Karten durch die Bevölkerung erleichtert, und die Verwaltung hat noch den Vorteil, daß sie Personal sparen kann.
Die Kartoffelversorgung in Bonn ist für die nächsten Wochen gesichert. Trotzdem müssen alle, die über Ländereien verfügen, den Kartoffelanbau aufs äußerste fördern. Eine Verordnung, daß Personen, die in der Lage sind, Kartoffeln anzubauen, nicht aus städtischen Lägern beliefert werden dürfen, ist bereits erlassen worden. Die Kartoffel erweist sich immer mehr als die Grundlage unserer gesamten Kriegsernährung, ihren Anbau mit allen Mitteln zu fördern ist daher vaterländische Pflicht jedes Bauern.
[...]
Die ersten städtischen Möbel werden in den nächsten Tagen im Bekleidungsamt ausgestellt werden. Es handelt sich um Küche und Schlafzimmer, die verhältnismäßig wohlfeil an die Bevölkerung, namentlich an Neuvermählte, abgegeben werden können. Das Nähere darüber wird noch bekannt gemacht.
Eine zeitgemäße Warnung. Immer erschreckender zeigt sich, wie verhängnisvoll der lange Krieg auf unsere Jugend einwirkt. Die Verbrechen der Jugendlichen, vor allem die Einbruchsverbrechen, nehmen in einem Umfange zu, der uns noch vor kurzer Zeit unmöglich erschienen wäre. Die Gefängnisse sind voll mit jugendlichen Gefangenen, die Fürsorge-Erziehungsanstalten sind auf längere Zeit hinaus belegt und die bedingte Begnadigung beginnt völlig zu versagen. Da gilt es für jedermann, der nur irgendwie helfen kann, zuzugreifen und das seinige zur Rettung der Jugend zu tun. Höchst auffallend und unerfreulich ist es auch, daß immer mehr Feldgrauen – Genesende, Urlauber und Fahnenflüchtige – sich der jugendlichen Diebe zu verbrecherischen Zwecken bedienen. Leider wird es den Jugendlichen nur allzu leicht gemacht, das gestohlene Gut schnell in Geld umzusetzen. An diesem Punkte könnte die Bekämpfung des jugendlichen Verbrechertums mit einiger Aussicht auf Erfolg einsetzen. Es ist ein frevelhafter Leichtsinn, heute jugendlichen Personen irgend etwas abzukaufen, von ihnen einzutauschen oder als Geschenk zu nehmen, wenn der redliche Erwerb nicht außer jedem Zweifel steht. Jeder, der in eine solche Lage kommt, sollte es sich warnend vorhalten, daß er sich durch derartige Geschäfte dem dringenden Verdacht der Hehlerei aussetzt, ganz besonders, wenn es sich um Sachen handelt, die heute dem freien Verkehr entzogen sind. Die bloße Versicherung der Jugendlichen, daß es sich um „reelle Ware“ handele oder daß die Ware „durch einen Feldgrauen über die Grenze“ gebracht sei, beseitigt nicht nur nicht den Verdacht der Hehlerei, sondern verstärkt ihn nur. Die Gerichte sind mit vollem Recht in diesen Fällen geneigt, ohne weiteren dem Erwerber den guten Glauben zu versagen und ihn – der Not der Zeit entsprechend – streng als Hehler zu bestrafen. Hehlerei wird aber stets mit Zuchthaus oder Gefängnis, nicht mit Geldstrafe, bestraft. Möge jeder, den es angeht, diese Warnung beherzigen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Soldatenheim. Am Palmsonntag war das Soldatenheim trotz des zu Spaziergängen lockenden Frühlingswetters mit Feldgrauen dicht gefüllt, denn es galt, den Abschied des Begründers und des 1. Vorsitzenden des Soldatenheims, des hochw. Herrn Pastor Rütters, bisher Kaplan an der hiesigen Stiftskirche und Gesellenvereinspräses, zu feiern. Der 2. Vorsitzende des Soldatenheims feierte die Verdienste des Scheidenden um das Soldatenheim und überreichte zum äußeren Zeichen der Dankbarkeit ein prächtiges Bild. Herr Pastor Rütters, der zu Anfang der Veranstaltung den Tagesbericht unserer Obersten Heeresleitung vom 24. März bekannt gab und damit bei den Feldgrauen und anderen Anwesenden Begeisterung und Verwunderung auslöste, dankte sichtlich ergriffen für die ihm gewordene Ehre und bat die Anwesenden, auch fürderhin treue Freunde, Förderer und Besucher des ihm liebgewordenen Soldatenheims bleiben zu wollen.
Beraubung von Gütern. Die täglich zunehmenden Entwendungen und Beraubungen von Nach- und Abschub-Gütern haben einen derartigen Umfang angenommen, daß hiergegen mit allen verfügbaren Mitteln eingeschritten werden mußte. Es ist daher notwendig geworden, militärisch organisierten Ueberwachungsdienst einzurichten, der die Aufgaben hat, Nach- und Abschubgüter, sowie die militärischen Lagerstellen vor strafbaren Eingriffen im Heimatgebiet zu schützen. Die rechtlich denkende Bevölkerung wird zur Mitwirkung bei Abstellung der das gesamte Rechtsgefühl verletzenden Beraubungen von Bahn- und Postsendungen gebeten. Jeder Einwohner der Stadt Bonn erweist dem Vaterlande einen Dienst, dessen Dank ihm gewiß ist, wenn er Fälle von Beraubungen usw., die ihm zur Kenntnis gelangen, sofort telefonisch, schriftlich oder mündlich der Nach- und Abschubüberwachungsstelle Bonn, Vivatsgasse 6, mitteilt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bönn’sches Russisch. Man schreibt uns: Geh ich da gestern am Martinsbrunnen vorbei, als ein Russe, einen Handwagen schiebend, neben einem Jungen daherkommt. Im Dahineilen vernehme ich, wie der Kriegsgefangene zu dem Jungen laut sagt; „Halt ens fest, ich will jet lässe.“ Damit verließ der biedere Steppenbewohner sein Gefährt und begab sich zu der Auslage der Deutschen Reichszeitung, wo eben der neueste Tagesbericht aushing. Hieraus kann man ersehen, daß die Russen allmählich unsere Freund werden, und daß die Sprachforscher Recht haben, wenn sie behaupten, die Sprachen änderten sich fortwährend. Ein solches Russisch hat man bisher sicher noch nicht gehört.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Zur Frage der Kinderarbeit. Vielfach übertreten werden noch immer die Bestimmungen der Gewerbeordnung, welche die Beschäftigung von Kindern in Bewerbe- und Fabrikbetrieben regeln. Wer Kinder beschäftigt und sich vor Strafe schützen will, sei deshalb daran erinnert, daß nach der Gewerbeordnung Kinder unter 13 Jahren in Fabriken überhaupt nicht und solche zwischen 13 und 14 Jahren nicht länger als sechs Stunden täglich beschäftigt werden dürfen. Nun werden zu Ostern wieder viele Kinder vorzeitig auch der Volksschule entlassen, die zur Unterstützung ihrer Eltern vom weiteren Schulbesuch befreit sind. Wer aber nun glaubt, daß auf diese schulfreien Kinder die Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht zuträfen, der irrt. Ein solcher Irrtum schützt jedoch nicht vor Strafe, wie so mancher Arbeitgeber schon erfahren mußte. Eine Ausnahmeverfügung hinsichtlich der Beschäftigung von Kindern im schulpflichtigen Alter ist bisher nicht ergangen und so bestehen die Bestimmungen der Gewerbeordnung, über welche die Gewerbeinspektion pflichtgemäß sorgfältig wachen, nach wie vor zu recht. Man hüte sich also vor der Uebrtretung dieser Bestimmungen.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 28. März 1918
Die Personenschiffahrt auf dem Rhein einzustellen, ist, wie der Kölner Oberbürgermeister in der letzten Kölner Stadtverordnetenversammlung bestätigte, von zuständigen Stellen in Aussicht genommen. Oberbürgermeister Adenauer erhob gegen diesen Plan scharfen Einspruch, dem sich die Redner der Stadtverordnetenversammlung anschlossen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Kaiserschlacht.
Friede mit Rußland – herrlicher Tag –
Gebarst diesen neuen Hindenburgschlag.
Den Ostfeind vernichtet, den Rücken frei.
„Mit Gott! – schlage Deutschland die Westfront entzwei.“
Du botest so oft in dem Völkerbrand
Als Sieger den Feinden die Friedenshand;
Sie haben Dich immer verhöhnt und verlacht. –
Und nun tobt im Westen: „Die Kaiserschlacht.“
Gewaltiges Ringen, Titanenkampf –
Gaswolken, gemischt mit Pulverdampf!
Flatternde Minen, zerberstend Geschoß –
Handhebender Tommy, fliehender Troß.
Und kann es denn wirklich möglich sein?
„Von Chauny schießt man nach Paris hinein!“ - -
Zäh’ Dich verteidigend grimmiger Feind,
Dich schlagen die deutschen Stämme vereint;
Sie bringen Dir, England, Dein Gottesgericht.
Du hast es gewollt; zu lügen hilft nicht.
Wahrscheinlich hast Du Dir anders gedacht
Den Anfang vom Ende – „die Kaiserschlacht“.
Gott-Vater der Deutschen, Du Schöpfer der Erd’
Führ’ auch im Westen Paul Hindenburgs Schwert.
Segne, Gerechter, das treudeutsche Heer
Zu Luft, zu Lande, im schäumenden Meer.
Höre, Allgüt’ger, das deutsche Gebet,
Erhöre die Mutter, die zu Dir fleht;
Erhöre das Volk, das heißbetend wacht.
„Führ’ uns zum Sieg in der Kaiserschlacht.“
Kunz-Ader, Godesberg
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Deutsche Vaterlandspartei. In der Versammlung am Sonntag sprach Geh. Konsistorialrat Dr. Rocholl über Weltfriedensbund, Völkerschiedsgericht und Abrüstung. Diese drei Ideale, für die unsere Feinde zu kämpfen behaupten, werden auch von vielen Deutschen als erstrebenswerte Kriegsziele betrachtet. Auch der Papst hat ja in seiner Friedensnote diese drei Ideale als Kriegsziele hingestellt. Während aber unsere Feinde dem Papste keine Antwort zu geben wußten, haben sich die deutsche und die österreichisch-ungarische Regierung beeilt, ihm in ehrfurchtsvollen Worten beizupflichten. Die Geschichte zeigt, daß die drei Ideale noch nie verwirklicht werden konnten. Eine allgemeine Abrüstung kann den Krieg nicht verhindern, denn die großen Heere entstehen aus der inneren Notwendigkeit, nicht aus Willkür. Deutschland vor allem kann infolge seiner geographischen Lage die allgemeine Wehrpflicht nicht aufgeben oder verringern. Es wird und kann also keinen ewigen Frieden geben. Wohl soll der Friedenssinn zu gegenseitiger Verständigung geweckt, sollen alle Mittel versucht werden, um die Gegensätze zwischen den Völkern auszugleichen, gelingt das aber nicht, dann muß zur Rettung des Vaterlandes das Volk in Massen mobil gemacht werden. Wenn aber Deutschland und seine Verbündeten in diesem Kriege die Oberhand behalten, dann wird es ein starkes Gegengewicht gegen alle streitsüchtigen Völker bilden, und auch unsere jetzigen Feinde werden dann infolge der Macht Deutschlands auf Jahrhunderte das Glück des Friedens genießen können.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Freitag, 29. März 1918
Der Vorsitzende des Gesamtverbandes der Evangelischen Arbeitervereine Deutschlands, Pastor D. Weber in Bonn, hat folgenden Aufruf an seine Kameraden erlassen: „Der Unterzeichnete bittet alle Kameraden dringend und herzlich, doch unter allen Umständen Kriegsanleihe zu zeichnen. Wir sind es Hindenburg und Ludendorff, die wieder so herrliche Taten für uns getan, wir sind dem Kaiser und dem Reich, wir sind es unserem geliebten Vaterlande schuldig. Darum auf zur Tat! Keiner bleibe zurück! Mit kameradschaftlichem Gruß D. Weber.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Deutsche Worte, Deutsche Gedanken sind die Träger der Werbearbeit des Vereins Deutscher Zeitungs-Verleger zur 8. Kriegsanleihe. Zu rasch ziehen die Ereignisse unserer bewegten Zeit an uns vorbei; zu wenig kommt der Mensch zur Sammlung. Das sollen die „Deutschen Worte“ und deutsche Gedanken uns zum Nachdenken anregen, unsere Anschauung vertiefen und uns auf den richtigen Weg führen. Diese Aufgabe hat sich die deutsche Presse gestellt, um das Verständnis zu wecken für die Forderungen der neuen eisernen Zeit.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 30. März 1918
Das Gedicht „Die Kaiserschlacht“, das wir am Donnerstag veröffentlichten, ist von Heinz Ador – Godesberg verfasst. Der Dichter hat seinen Namen mit berühmter Undeutlichkeit geschrieben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das deutsche Erzübel ist die Uneinigkeit. Jeder, der die Geschichte verfolgt, wird immer wieder erkennen, daß nur Uneinigkeit der Deutschen Schuld an dem großen Unglück war, das im Laufe der Jahrhunderte im 30jährigen Krieg und später über Deutschland hereingebrochen ist, das deutsche Volk wirtschaftlich ins Hintertreffen brachte und zu einem verarmten, von seinen Nachbarn ausgebeuteten Volk machte. Erst als das deutsche Volk aus den trüben Erfahrungen endlich seine Lehre zog und seine aus der Not heraus geborene Einigkeit sich erkämpfte, begann wirtschaftlicher Aufschwung, kam Deutschland zu Ansehen und Wohlstand. „Noch nie ward Deutschland überwunden, wenn es einig war“ sagte unser Kaiser mit Recht. Nur dadurch, daß das deutsche Volk in diesem furchtbaren Kampf um seine Existenz einig war, daß Heer und Volk eins sind, konnte es die großen militärischen Erfolge erringen, konnte es wirtschaftlich und finanziell durchhalten. Schwer würde es sich am deutschen Volke rächen, wenn es jetzt bei der 8. und vielleicht letzten Geldschlacht in das alte Erbübel der Uneinigkeit zurückfallen und nicht ohne Unterschied des Standes und der Partei nach besten Kräften Kriegsanleihe zeichnete.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Sonntag, 31. März 1918
Einstellung des privaten Paket- und Frachtgutverkehrs nach der Westfront. Amtlich wird mitgeteilt: Aus Anlaß der Kampfhandlungen muß der private Paket- und Frachtgutverkehr von der Heimat zur Westfront bis auf weiteres eingestellt werden; dasselbe gilt für den Versand von Päckchen. Privatsendungen von Paketen und Gütern können einstweilen zur Beförderung nach der Westfront nicht angenommen werden.
Das Rheinische Heimatfronttheater des 8. Armeekorps bittet uns mitzuteilen, daß eingetretener Hindernisse halber in Bonn nur zwei Vorstellungen, und zwar am 2. und 6. April stattfinden können. Ferner machen wir nochmals darauf aufmerksam, daß die gewerblichen Betriebe, worunter auch Angestellte der Behörden und hiesiger Geschäfte zu verstehen sind, die Karten im Vorverkauf zur Hälfte des Preises erhalten. Siehe heutige Anzeige.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Wegen Raummangels mußten wir eine Anzahl sog. „Hinweise“ auf Konzerte, Vorträge usw. ausfallen lassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Auch sie
Von Felix Joseph Klein, Bonn.
Wohlmöglich noch mehr als der für ihre Vorgängerinnen will der Werbeberuf für die 8. Kriegsanleihe nicht nur die „oberen Zehntausend“, sondern auch den letzten Mann, die letzte Frau erreichen. Er weiß, daß er gerade auch bei diesen „kleinen Leuten“ oft genug Prachtgesinnung und – doch noch einen Spargroschen antrifft. Der – als Grenze des Könnens – ist ihm ebenso willkommen wie der gepanzerte Geldschrank des Reichen. Heran auch sie, die schüchtern meinen, von solchen „Geldgeschäften“ nichts zu verstehen, heran mit den blauen, grünen, grauen Büchelchen, die ihr Treuherzigen nur von Zeit zu Zeit aus sicherem Verschluß nahmt, um der Spareinlage neuen Betrag zuzufügen, wo ihr nicht so töricht sein wolltet, das Geld zinslos in Kasten und Strümpfe zu strecken! Gewiß, bei mancher Sparkasse war euer Geld gut aufgehoben. Wo aber könnte es jetzt besser untergebracht sein, als bei der Kasse des großen Vaterlandes, dem ihr es leihet, wo besser, wo sicherer? Nichts anderes werden sie euch sagen, denen ihr bisher vertrauensvoll euer Geld belassen, im Gegenteil werden sie euch gerne den einfachen Weg zeigen, wie es an das Ziel unserer Tage gelangt. Jeder erfahrene deutsche Mann ist euch Wegweiser; nichts ist einfacher als Zeichnung, die zur Pflichterfüllung wird. Ihr könnt, mag die Nullenzahl auch viel kleiner sein, auf dem selben Schein zeichnen wie der Reiche. Euren Verhältnissen und eurem Geschmacke wird es oft entsprechen, die Kriegsanleihe durch den Abschluß einer Kriegsanleiheversicherung zu zeichnen, über den ihr gern an der Beratungsstelle Aufschluß erhaltet. Die ganz kleinen „Kapitalisten“ unter euch mögen zu den Anteilscheinen der städtischen Sparkasse greifen, um auch mitzuhelfen. Ihr Arbeitgeber, ihr Herrschaften, versperrt den uneigennützigen Boten des Vaterlandes nicht den Weg zu der Arbeitsstätte eurer Angestellten, eurer Dienstmädchen! Die Kriegsanleihe muß ein Riesenbau werden; gut, wenn ihr große Bausteine zu ihm geliefert; auch kleine sind nötig, lasset sie jene legen, hindert sie nicht nur nicht, helfet ihnen, zu erkennen, wohin ihr Stein gehört, wie groß er sein kann! Auch aus der letzten Dachstube soll die Siegesfahne bei Friedenseinkehr von Händen getan werden, die jetzt dem Vaterlande alles, uns wäre es noch so wenig, leihen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)