Montag, 1. Mai 1916
Wegen der Einnahme von Kut el Amara durch die Türken ist heute auch in den Bonner Schulen der Unterricht ausgefallen. Die öffentlichen Gebäude tragen Fahnenschmuck.
Von einem Güterzuge überfahren und getötet wurden vorige Nacht auf dem Personenbahnhof zwei Soldaten, ein Unteroffizier und ein Wachtposten. Der Unteroffizier war mit einem Zuge angekommen und sollte von dem Posten zu der Roten-Kreuz-Baracke geführt werden. Beim Ueberschreiten der Geleise wurden beide von einem Güterzuge erfaßt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Weißer Sonntag, der Tag der ersten heiligen Kommunion. Nach langer Wintersnot klangen vor acht Tagen die Osterglocken durch das frühlingsduftende Land. Gestern jubilierten wieder die Glocken von den Türmen über Stadt und Land, flatterten Fahnen aus den Fenstern, waren Häuser und Türen mit Blumen und Kränzen geschmückt. Seit Jahren ist der weiße Sonntag zum bedeutungsvollsten Tage für die heranwachsende katholische Jugend, zum Tag der ersten heiligen Kommunion geworden. Deshalb das festliche Geläute und der frohe, sinnige Schmuck der Häuser.
Früh schon riefen gestern die Glocken ernst und feierlich zur hehren, kirchlichen Feier; von allen Türmen der Stadt klang es und von draußen aus dem Lande rief es und noch waren die Töne nicht verklungen, da öffneten sich die Türen und geleitet von Vater und Mutter und den Geschwistern traten die Kleinen, die zum ersten Male zum Tisch des Herrn sollten, den Gang zur Kirche an. Schwarz die Buben, weiß die Mädchen, alle geschmückt mit den Zeichen der Unschuld und Reinheit, mit Kränzchen und Sträußchen; in den Händen die Kerze als Opfergabe für die Kirche und das schlichte Gebetbuch. So zogen sie zum Gotteshause, das mit weit geöffneten Pforten sie empfing. Und drinnen brausten die vollen Orgeltöne, rollten Weihrauchwolken durch die hohen Hallen, klangen feierliche Gesänge und fromme Gebete stiegen auf. Mit hoher Befriedigung sieht der Pfarrer seine kindliche Schar in ernster Ergriffenheit zum ersten Male sich dem Tische des Herrn nahen. Reinheit und Unschuld und heißes Verlangen auf den jugendlichen Gesichten sagen ihm, daß die Mühen der Vorbereitung nicht umsonst gewesen, daß sein Werk würdige Mitglieder der katholischen Gemeinde zuführen wird. Niemals klang das Gotteslob inbrünstiger im mächtigen Liede und die Danksagung wahrhaftiger, wie zur Feier der ersten heiligen Kommunion. Unvergeßliche Eindrücke begleiten von dieser heiligen Feier den jungen Katholiken bis in seine fernsten Tage.
Die Zeiten sind ernst, und schlecht angebracht sind üppige weltliche Feiern; doch keine Familie, auch in dieser Kriegsnot, die nicht ein klein wenig den Kindern ein festlich Heim bot. Das gehört zum Tage. Den meisten der Erstkommunikanten steht der Vater im Felde, viele hat der Krieg zu Waisen gemacht. Da springt christliche, hilfreiche Liebe ein und verhilft auch den Aermsten zu einem Licht- und Freudentag. Die Pfarrer wußten schon, selchen geholfen werden mußte, im Verein mit edelmütigen Menschen sorgten sie auch, daß diese nicht zurückzustehen brauchten vor den glücklichern Andern. Vielen mußte daheim der Tisch gedeckt werden, vielen der festliche Anzug von Kopf bis zu den Füßen beschafft werden.
Mit den Kleinen und den Eltern feierte gestern die Natur; ein herrlicher, blütenduftender Frühlingstag, goldigster Sonnenschein woben um Stadt und Land ein Festgewand. Hoffnung auf allen Enden.
Aus der Zahl der Erstkommunikanten, die die einzelnen Pfarreien aufweisen, lassen sich interessante Schlüsse auf die Wohndichte unserer Stadt ziehen. Abgesehen von der Elisabethkirche, deren Pfarrbezirk noch der Ausbauung harrt, zeigen die Zahlen, daß die alte Geschäftsstadt mit Münster- und Remigiuspfarre die wenigsten Bewohner haben, während die Stiftspfarre, die die alte Wohnstadt und die Marienpfarre gar, die die neue Wohnstadt umfaßt, dreifach und vierfach so hoch mit Bevölkerung belegt sind.
Der Wonnemonat Mai hat seinen Einzug gehalten und zwar – laut behördlicher Anordnung – eine Stunde früher als in den Vorjahren. Während die öffentlichen Uhren gestern abend punkt 11 Uhr um eine Stunde vorgerückt wurden, zogen die Familienväter es vor, diese Versetzung schon früher vorzunehmen, um zu verhüten, daß man erst nach Mitternacht zur Ruhe kommen würde. Und doch sind ihrer nicht wenige gewesen, die in vergangener Nacht eine Stunde Schlaf eingebüßt haben, denn man wollte bei dem historischen Moment der Uhrenvorrückung dabei gewesen sein. Vor dem Bahnhofsgebäude hatte sich kurz vor 11 Uhr eine große Menschenmenge eingefunden, und als der Zeiger der Uhr, von unsichtbarer Hand gestellt Schlag 11 Uhr auf 12 vorrückte, wurde dies mit kräftigem Hurra begrüßt. Auch in den verschiedensten Gastwirtschaften wurde der vorzeitige Wirtschaftsschluß mit Humor aufgenommen, und vielfach hörte man schon kurz nach 11 Uhr mitteleuropäischer Zeit den alten trauten Sang „Der Mai ist gekommen“. Und heute früh geht alles seinen gewohnten Gang!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das neue Studentinnenheim wurde in vergangener Woche durch den Herrn Weihbischof Dr. Lansberg kirchlich eingeweiht. Zahlreiche geladene Gäste und Studentinnen nahmen an der Feier teil, bei welcher der Bischof eine längere Ansprache an die Versammelten richtete. Zweifellos wird das Heim durch seine herrliche Lage (Baumschulenallee) und seine vornehm gediegene Einrichtung bald große Anziehungskraft auf die studierende Frauenwelt der rheinischen Alma Mater ausüben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 2. Mai 1916
Deutsch-Evangelischer Frauenbund. Die Ortsgruppe Bonn des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes hat gestern nachmittag ihre 14. Hauptversammlung abgehalten. Die Vorsitzende, Frau Schumm-Walter, eröffnete die Versammlung mit dem Wahlspruch des Bundes: Mit Gott für Deutschlands Recht und unseres Volkes Wohlfahrt. Sie wies auf die mannigfachen Gebiete der Kriegsliebestätigkeit hin, an denen der Bund mitgeholfen habe, und betonte, daß neben dieser unmittelbaren Fürsorgetätigkeit noch die mittelbare der Frauenbewegungsarbeit gehen müsse; wenn schon jetzt mehr selbständig denkende Frauen gewesen wären, wären so manche Torheit im Haushalt und die neue Frauenmode nicht möglich gewesen. Frau Schumm gedachte mit herzlichen Worten der verstorbenen Mitglieder sowie derjenigen, die ihre Lieben dem Vaterlande haben opfern müssen. Nach dem Geschäftsbericht, der von Frl. Reinbrecht erstattet wurde, beträgt die Mitgliederzahl 268. (...)
Es folgten dann die Berichte aus den verschiedenen Kriegsarbeitsgebieten, an denen die Ortsgruppe beteiligt ist. Frl. Weegmann berichtete über die Blindenfürsorge, die sich in erster Linie auf die erblindeten Soldaten erstreckt hat. Im Laufe der Zeit sind die blinden Soldaten immer eifriger daran gegangen, die Blindenschrift zu erlernen. 14 haben sie im verflossenen Jahre erlernt. Es wird auch Unterricht im Maschinenschreiben erteilt. Die weitaus meisten Krieger haben wieder neuen Lebensmut geschöpft und erlernen mit gutem Erfolg eine nutzbringende Tätigkeit. (...) Ueber das Nachmittagsheim für Verwundete, Koblenzer Straße 90, berichtete Frau Seel u. a., daß das Heim seit seiner Eröffnung am 15. August v. J. von über 18.000 Verwundeten besucht worden sei. Viele seien monatelang täglich im Heim erschienen, bisher sei nicht der geringste Mißton vorgekommen. Den Besuchern des Heims wird abwechslungsreiche Unterhaltung ernster und heiterer Art geboten. Frl. Reinbrecht teilte über die Tätigkeit des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe eine Reihe von Einzelheiten mit. Es sind elf Kriegskochlehrgänge mit 250 Teilnehmerinnen und zwei diätische Kochlehrgänge veranstaltet worden. Eine Kriegskochkunstausstellung, die von rund 1200 Personen besucht worden ist, soll in diesem Jahre wiederholt werden. Vom 4. Sept. v. J. bis 31. März hat der der Ausschuß 1305 Zentner Marmelade für 49.193 M. verkauft, zunächst in dem städtischen Laden an der Sternstraße, dann in den Universitätsräumen Am Hof, wo auch die Beratungsstelle untergebracht werden konnte. Das Grundkapital für die umfangreiche geschäftliche Tätigkeit des Ausschusses waren 2000 M., die die Stadt hergeliehen hatte. Alle Arbeiten werden ehrenamtlich geleistet, die Räume in der Universität werden dem Ausschuß auch kostenlos zur Verfügung gestellt, infolgedessen können die Lebensmittel vom Ausschuß zu verhältnismäßig billigen Preisen abgegeben werden. Zehn bis zwölf Damen des Ausschusses arbeiten, gleichfalls ehrenamtlich, täglich bei dem städtischen Kartoffelverkauf mit. Die Stadtverwaltung wehrte sich anfangs gegen die Mitarbeit von Vertreterinnen des Ausschusses in dem zuständigen städtischen Ausschuß, zuerst zu den Vorarbeiten für die Vereinfachung der Wirtshauskost und dann bei den verschiedenen Gelegenheiten wurden auch Frauen zu Rate gezogen, jetzt gehören Mitglieder des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe auch der städtischen Preisprüfungsstelle an. Auf eine Eingabe an das Kriegsministerium hat der Ausschuß die Antwort erhalten, für eine würdigere Frauenmode im kommenden Herbst und Winter seien die nötigen Maßnahmen getroffen worden. Frau Schumm verlas ein Schreiben von Frau Geheimrat Krüger, die eine Beratungsstelle für Frauenkleidung anregt. Pastor D. Weber dankte den Damen des Ausschusses für ihre aufopfernde ehrenamtliche Arbeit, mit der sie die amtliche Tätigkeit in sehr erfreulicher Weise ergänzt hätten. Der Redner übte scharfe Kritik an den behördlichen Maßnahmen für die Lebensmittelversorgung, eine Besserung sei nur von einer durchgreifenden militärischen Regelung der Lebensmittelfrage zu erwarten. Frl. Reinbecht teilte noch mit, es sei beabsichtigt, eine Schulspeisung für unterernährte Kinde reinzurichten, und zwar sollten 50 Kinder in Suppenküchen und 50 Kinde in Familien gespeist werden. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Städtische r Speckverkauf. Wir weisen nochmals darauf hin, daß die Karten –Ausgabe für den Speckverkauf bei der städtischen Verkaufsstelle in der Maxstraße stattfindet Dienstags und Freitags nachmittags von 3 – 5 Uhr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 1. Mai. Das übliche Maiansingen auf dem Godesberg, das alljährlich unter großer Teilnahme der Bonner Studentenschaft und der hiesigen Gesangvereine begangen wurde, ist in diesem Jahre vom Männer-Gesangverein Cäcilia durch den Gesang von Vaterlandsliedern in würdiger Weise veranstaltet worden. Im vergangenen Jahre war das Maiansingen zu erstenmal ausgefallen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Zum Butterverkauf von der Stadt. Im Namen vieler Frauen erlaube ich mir hiermit die höfliche Anfrage, warum Ihre Zeitung die Verordnungen über Lebensmittelverkauf, hauptsächlich Butter etc., erst Mittwochs bringt. Die meisten Ihrer Abonnenten erhalten die Ausgabe erst gegen 11 Uhr morgens gebracht. Dann ist der Kampf für einen Teil der Brotbücher schon geschlagen, ehe man die Bestimmungen weiß. P. Sch.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die städtische Rheinbadeanstalt ist von Dienstag den 2. Mai d. J. ab zur Benutzung für warme Wannenbäder geöffnet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 3. Mai 1916
Auf dem Felde der Ehre fiel am 10. März als Hauptmann in einem Infanterie-Regiment der herzoglich sächsische Hofbaurat Rudolf Zahn, der Erbauer des reizvollen Klubhauses auf dem Städtischen Sportplatz. Aus dem seinerzeit vom Bonner Eisklub veranstalteten Wettbewerb hatte Herr Baurat Zahn unter einer großen Anzahl Bewerbern den ersten Preis erhalten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Keine Eierkarten. In den letzten Tagen war das Gerücht verbreitet, die Einführung von Eierkarten stehe bevor. Es kann mit Bestimmtheit versichert werden, daß das nicht der Fall ist und auch die Absicht nicht besteht.
Nahrungsmittelpreise in Bonn. In der jüngsten Zeit sind uns wiederholt Mitteilungen zugegangen, daß in Bonn von einzelnen Geschäften bei der Preisfestsetzung ganz merkwürdig verfahren werde. Da die Meldungen jedoch vielfach anonym erfolgen oder nicht genügend verbürgt sind, so müssen alle diese Einsendungen natürlich in den Papierkorb wandern. So läßt sich beispielsweise die an sich bemerkenswerte Nachricht nicht näher verfolgen, wonach ein hiesiger Metzgermeister, der Kalbfleisch zum Preise von drei Mark das Pfund von der Stadtverwaltung übermittelt erhielt, für 6 Mark das Pfund weiterverkauft haben soll. Derartige Angaben müssen uns mit genauen Daten übermittelt werden, um event. solchen Preistreibereien nachdrücklichst entgegentreten zu können. Völlig verbürgt ist dagegen der Fall, wonach Haferkakao einer bestimmten Fabrik bei hiesigen Drogisten zum Preise von 1,50 bis zu 2,00 Mark angeboten wird. Es handelt sich hierbei, wie ausdrücklich festgestellt sei, um ein und dasselbe Fabrikat.
Das städtische Lyzeum hat sich in der kurzen Zeit seines Bestehens rasch aufwärts entwickelt. Die Anstalt zählt mit der Studienanstalt zu Beginn des neuen Schuljahres nahezu 600 Schülerinnen. Der Schulbetrieb wird in normaler Weise fortgeführt. Allerdings sind gegenwärtig verhältnismäßig weit mehr weibliche Lehrkräfte an der Anstalt tätig, als dies in Friedenszeiten gemäß den Bestimmungen der Fall sein würde.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Butterversorgung durch die Gemeinde Godesberg läßt sehr zu wünschen übrig. Seit dem 22. April hat keine Butterverteilung mehr stattgefunden, in der Woche vorher war sie ganz ausgefallen. Wer eine Butterkarte, die auf 100 Gramm Butter für die Woche einen Anspruch gibt, benutzt, darf bei hoher Strafe sich anderweitig Butter nicht beschaffen. Diese Strafandrohung wäre doch nur dann sachlich berechtigt, wenn die Gemeinde in der Lage wäre, die dem Bürger zugemessene Buttermenge auch zu liefern. Daß der jetzige Zustand nicht haltbar ist, liegt auf der Hand. Man hat aber noch nichts davon gehört, daß der so zahlreiche Gemeinderat sich mit der Angelegenheit beschäftigt habe. St.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Des Kellners Rache. Außerordentliches Kriegsgericht in Köln. Ein vereideter Landmesser ist Eigentümer eines Hauses in Bonn, in dem eine gutgehende Wirtschaft betrieben wird. Nach Ausbruch des Krieges mußte der Landmesser den Wirtschaftsbetrieb selbst in die Hand nehmen. In der Zeit, da noch das Schnapsverbot des Gouverneurs und des Kommandierenden Generals in Kraft war, soll nun in jener Wirtschaft einem Stammgast allabendlich sein gewohnter Schnaps verabreicht worden sein, auch zu verbotener Zeit, allerdings unter Beifügung von Zutaten, als ob es sich um ein anderes Getränk handele. Als dann ein Kellner, der entlassen werden mußte, die Sache zur Anzeige brachte, schilderte er auch in der Verhandlung vor dem Außerordentlichen Kriegsgericht den Sachverhalt in der vorgeschriebenen Weise, während der Stammgast, ein Rentner, zeugeneidlich in Abrede stellte, zu verbotener Zeit und unter den von dem Kellner angegebenen Spiegelfechtereien Schnaps bekommen zu haben. Der Kellner Ja..... benannte zwar für die Bestätigung seiner Angaben noch weitere Zeugen, der Gerichtshof gelangte aber zu einem Freispruch des beschuldigten Landmessers wegen Mangel an Beweisen, da die Aussage des Kellners zur Verurteilung nicht ausreiche.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 4. Mai 1916
Zuckerkarten werden in Bonn nächsten Sonntag ausgegeben werden.
Die Rheinterrasse des Kaffeehauses Königshof ist wieder täglich bis Mitternacht geöffnet. Die verstärkte Hauskapelle sorgt für musikalische Unterhaltung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Fleischversorgung der Stadt Bonn. Aus dem Kreise des Arbeits-Ausschusses für die Lebensmittelversorgung der Stadt Bonn wird bekannt, daß die Stadt Bonn durch den Rheinischen Viehandels-Verband so ungenügend mit Schlachtvieh versorgt werde, daß großer Fleischmangel eingetreten sei.
Ferner wird uns städtischerseits zur Frage der Fleischversorgung geschrieben: Beim Fleischverbrauch war vorübergehend eine Knappheit eingetreten. Wenn die neu getroffene Regelung der Verteilung des Schlachtviehs an die Metzgergeschäfte durchgeführt sein wird und die Händler und Viehbesitzer sich an die Bestimmungen gewöhnt haben, werden auch hier geregelte Zustände eintreten. Es handelt sich nur um eine kurze Uebergangszeit und kann jeder wieder, wenn auch nicht mehr in der gleichen Menge wie früher, seinen Fleischbedarf regelmäßig einkaufen.
Nahrungsmittelpreise in Bonn. Einige Drogisten, die an den verschiedenartigen Preisen für Haferkakao nicht beteiligt sind, bitten uns um die Feststellung, daß das Fabrikat, das früher zu 1,20 Mark verkauft wurde, jetzt nach der Vorschrift der Fabrik von den Drogisten zu 1,50 Mark zu verkaufen ist. Da unsere Notiz offenbar von mancher Seite mißverständlich aufgefaßt worden ist, sei ausdrücklich festgestellt, daß mehrere hiesige Drogisten den von der Fabrik festgsetzten Preis von 1,50 Mark überschritten haben, indem sie 1,70 Mark, 1,75 Mark, 1,80 Mark und 2,00 Mark verlangten, und zwar nicht zu verschiedenen Zeiten, sondern an einem Tage. Dem Verlangen der nicht beteiligten Drogisten, die an der merkwürdigen Preisskala beteiligten Drogisten öffentlich namhaft zu machen, kommen wir zunächst nicht nach, da wir annehmen, daß die öffentliche Feststellung, einen von der Fabrik festgesetzten Preis in der genannten Weise überschritten zu haben, sie wohl veranlassen wird, zu dem Preise von 1,50 Mark zurückzukehren. Daß in einem Falle einer der Drogisten einer Dame, die über den hohen Preis des Haferkakaos etwas erstaunt war, erklärte: „Ich lege gar keinen Wert darauf, daß Sie mir den Kakao abkaufen“, gehört in das sattsam bekannte Kapitel der unhöflichen Bedienung gewisser Verkäufer, denen während des Krieges und seinen Nöten der Kamm etwas geschwollen ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 3. Mai. Wir brachten kürzlich eine Mitteilung über einen nächtlichen Diebstahl bei einem begüterten hiesigen Bürger, dem trotz des Vorhandenseins eines wachsamen Hofhundes die Kriegsvorräte gestohlen und heimlich auf einer Karre fortgeschafft wurden. Das Bürgermeisteramt Godesberg gibt uns nunmehr zur Klarstellung bekannt, daß bei einem Rentner vor etwa zwei Monaten einige Pfund Butter, einige Pfund Mehl und mehrere Glas selbsteingemachter Marmelade gestohlen worden sind. Es handele sich hierbei um einen Hausdiebstahl. Ein weiterer Diebstahl habe bei diesem Rentner nicht stattgefunden. In derselben Angelegenheit lesen wir ferner folgendes in der Godesberger Volksztg.: In einem Bonner Blatt wurde jüngst von einem großen Einbruchdiebstahl berichtet, der hier verübt worden sei. Viele Zentner von Lebensmitteln sollten einem hiesigen Rentner gestohlen worden sein. Wie wir von zuständiger Seite erfahren, sind tatsächlich nur verschiedene Stücke Fleisch, einige Kübel Fett und mehrere Dosen Marinaden vor kurzem aus einer herrschaftlichen Wohnung mittels Einbruchs gestohlen worden.
(Unser Gewährsmann erklärt uns, es handle sich bei dem Diebstahl u. al. Um zehn Zentner Speck, drei Faß Rüböl und drei Sack Mehl. Der Speck habe sich im Kühlraum des Gemeindeschlachthauses befunden und sei von da in die Privatwohnung des Eigentümers verbracht worden, als der Kühlraum für eine größere Konservensendung freigemacht werden mußte. In der Nacht auf diesen Vorgang sei der Diebstahl erfolgt. Die Diebe seien bekannt. Red.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Städtische Eier. Nach den städtischen Bestimmungen dürfen den Einwohnern, welche mehr als 3000 Mk. Einkommen haben, keine Eier von der städtischen Verkaufsstelle verkauft werden. Es ist dies bei dieser ungeheueren Teuerung, da die Eier in den Geschäften zu dem Preis von 25 – 26 Pfg. das Stück verkauft werden, eine Härte gegenüber den pensionierten Beamten ohne Vermögen mit einem Einkommen von 3001 – 3500 Mk. Besonders betrifft diese Maßregel die Altpensionäre, die doch fast alle im Alter von 70 – 80 Jahren sind.
Da man kein Fleisch kaufen kann, weil es zu teuer und weil kein Fleisch vorhanden ist, so bieten die erforderlichen Eier den Ersatz für das fehlende Fleisch.
Die städtische Verwaltung wird gebeten, bewilligen zu wollen, daß den vorerwähnten Einwohnern ebenfalls erlaubt wird, die Eier bei der städtischen Verkaufsstelle kaufen zu dürfen. M.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Bezug von Pferdedünger. Die Ersatz-Eskadron des Husaren-Regiments Nr. 7 gibt vom 1. Mai ab an Landwirte und Gemüsezucht treibende Leute Pferdedünger ab, soweit der Vorrat reicht. Eine Fuhre kostet 8 Mark. Um Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten bei der Verteilung vorzubeugen, ist durch den zuständigen Polizei-Kommissar die Notwendigkeit zur Beschaffung des Düngers schriftlich zu bestätigen. Diese Bescheinigung ist bei der Abnahme des Düngers bei der Eskadron abzugeben. Eine Anfuhr von Dünger durch die Eskadron kann nicht erfolgen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 5. Mai 1916
Militärische Jugendübungen der Fortbildungsschüler. Der Schulvorstand der städtischen Fortbildungsschule hat beschlossen: Vom 1. April 1916 ab werden mit Rücksicht auf die Kriegsverhältnisse bis auf weiteres für alle Fortbildungsschüler der Stadt Bonn vom Tage des Eintritts in das 16. Lebensjahr ab militärische Jugendübungen am Sonntag nachmittag mit mindestens zwei Stunden durchschnittlich wöchentlich als Pflichtunterricht dem jetzigen Pflichtunterricht hinzugefügt. Zur Teilnahme an allen diesen Uebungen sind auch diejenigen Schüler verpflichtet, die von dem werktätigen Unterricht beurlaubt sind. Für solche Schüler, deren werktätiger Pflichtunterricht gekürzt werden muß, kann durch Beschluß des Schulvorstandes die zweistündige sonntägige Uebung um die ausfallende werktägige Unterrichtsstundenzahl ausgedehnt werden. Statt der zweistündigen Uebung an jedem Sonntage können vom Direktor der Fortbildungsschulen in 14tägigen Abstand Ganz-Nachmittag-Uebungen angesetzt werden. Die Schüler sind alsdann verpflichtet, von Beginn bis Schluß an diesen teilzunehmen. Die Zeit für das Hingehen zum Sammelplatz vor der Uebung und das Zurückgehen nach Hause nach der Uebung ist in den Uebungsstunden nicht eingeschlossen. Beurlaubung von den militärischen Jugendübungen sind ebenso wie beim übrigen Unterricht, so rechtzeitig vorher beim Direktor zu beantragen, daß dieser eine Entscheidung treffen kann. Für Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit der Teilnahme, für Fernbleiben wegen Krankheit oder Beurlaubung, sowie in bezug auf Betragen vor, bei und nach den Uebungen gegen Führer und andere Teilnehmer an den Uebungen gelten dieselben Bestimmungen und sind in Uebertretungsfällen dieselben Strafen anwendbar, die in Orts-Statut und Schulordnung für andere Uebertretungen festgesetzt sind.
Der Beschluß des Schulvorstandes ist vom Regierungspräsidenten genehmigt worden. Die Uebungen werden in den nächsten Tagen beginnen. Der Oberbürgermeister ersucht die Arbeitgeber, dafür zu sorgen, daß ihre Lehrlinge, die zur Teilnahme an den Uebungen verpflichtet sind, an diesen regelmäßig und pünktlich teilnehmen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Mechanische Jute-Spinnerei und Weberei in Bonn hielt gestern in Frankfurt am Main ihre Hauptversammlung. Nach dem Bericht des Vorstandes konnte der Fabrikbetrieb wegen Mangels an Rohstoffen nur einige Monate lang und dazu nur in geringem Umfange aufrechterhalten werden. Die Gesellschaft hofft, den Betrieb in der nächsten Zeit wieder teilweise in Gang setzen zu können. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 4. Mai. Wir erhalten folgende Zuschrift:
An die Redaktion des General-Anzeigers, Bonn.
Die verehrliche Redaktion bitte ich ergebenst, unter den Nachrichten von Godesberg folgende Erklärung aufzunehmen.:
„In Godesberg geht das Gerücht, daß bei Herrn Prof. Wendelstadt auf der Victorshöhe große Mengen Lebensmittel gestohlen worden seien. Das Gerücht ist durch eine von mir erfundene Geschichte , die ich als Aprilscherz am Biertisch erzählt habe, entstanden. Ich konnte nicht annehmen, daß meine in jeder Beziehung unwahrscheinliche Erzählung von einem Zuhörer ernst genommen wurde. Die von mir angegebenen Zahlen (es sollten 30 Zentner auf einer Handkarre weggeschafft worden sein, waren so übertrieben, daß ein einfaches Nachdenken die Geschichte als Witz erkennen lassen mußte. Die Tatsache, daß im Hause des Herrn Wendelstadt ein geringfügiger Diebstahlt vorgekommen war, bei dem nachgewiesenermaßen nur einige Pfund Lebensmittel entwendet wurden, war den Anwesenden bekannt und sie war die Veranlassung zu dem Gespräche, welches zu der scherzhaften Uebertreibung führte.
Ich muß diesen Scherz heute umsomehr bedauern, als ich den genannten Herrn in den ganz unbegründeten Verdacht des „Hamsterns“ gebracht habe, und gebe daher diese Erklärung ab, um die vollkommen unwahren Gerüchte aus der Welt zu schaffen.
Ing. Frz. Bauersachs.“ (Beamter der Gemeinde Godesberg)
In derselben Sache haben wir gestern eine Erklärung unseres Gewährsmannes gebracht, wonach es sich bei dem Diebstahl u. a. um 10 Zentner Speck, 3 Faß Rüböl und 3 Sack Mehl handle. Der Speck habe sich im Kühlraum des Gemeinde-Schlachthauses befunden und sei von da in die Wohnung des Eigentümers gebracht worden. In der Nacht auf diesen Vorgang sei der Diebstahl erfolgt. Die Diebe seien bekannt. Auf Grund des $ 11 des Preßgesetzes ersucht uns das Bürgermeisteramt Godesberg „mitzuteilen, daß diese Angaben aus der Luft gegriffen sind.“
(Unser Gewährsmann erklärt uns in der Angelegenheit auf unsere nochmalige gestrige Anfrage, Ingenieur Bauersachs habe ihm vor etwa 14 Tagen bei gelegentlicher Besprechung des Gerüchts aufs entschiedenste und glaubwürdigste erklärt, daß der Diebstahl in dem von uns angegebenen Umfange stattgefunden habe. Da Herr B. hinzufügte, daß er die unserem Gewährsmann übermittelten Angaben am Morgen nach dem Diebstahl von einem Polizeibeamten erfahren habe und daß er, B. auch genau wisse, wer der Dieb sei, so lag für unsern Gewährsmann keinerlei Grund vor, an einen Scherz zu glauben, zumal Herr B. als Gemeindebeamter tätig ist und ihm bekannt war, daß unser Gewährsmann ständiger Mitarbeiter unseres Blattes ist. Red.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Städtische Eier. Unter diesem Stichwort wurde gestern im Sprechsaal Klage darüber geführt, daß Einwohner, die mehr als 3000 Mark Einkommen haben, von der städtischen Verkaufsstelle keine Eier erhalten. Insbesondere treffe die pensionierten Beamten mit einem Einkommen von 3001 – 3050 Mark diese Maßnahme hart, namentlich aber würden die Altpensionäre, die doch fast alle im Alter von 70 – 80 Jahren ständen, ganz besonders empfindlich betroffen. Da bin ich doch anderer Meinung. Nach menschlichem Ermessen haben Altpensionäre, die im Alter von 70 – 80 Jahren stehen, kaum noch für eine Familie zu sorgen. Sie allein sind es also, die ihre Pension zu verzehren haben. Was macht aber ein Angestellter mit 3000 Mark Gehalt, der für eine Frau und mehrere Kinder zu sorgen hat? Wie soll dann dieser auskommen, der von morgens bis abends beschäftigt ist und niemals in die Lage kommt, 3000 Mark Pension zu beziehen. Wenn schon eine Aenderung eintreten soll, dann müssen zuerst die Familienväter berücksichtigt werden. Vielleicht läßt sich die Stadt herbei, die Gehaltsgrenze von 3000 Mark auf 5000 Mark festzusetzen, wie dies auch bereits die Stadt Köln getan hat. M.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Einführung von Zuckerkarten. Für die Stadt Bonn wird nunmehr auch die Zuckerkarte eingeführt. Die Ausgabe soll am Sonntag, den 7. Mai ds. Js., in verschiedenen Lokalen, die noch bekannt gemacht werden, erfolgen. Die Verbrauchsmenge ist festgesetzt worden auf 750 Gramm (1 ½ Pfund) für jeden Kopf. Wer also eine Zuckerkarte haben will, der begebe sich am Sonntag, den 7. Mai, in die bezeichnete Ausgabestelle und lege dort sein Brotbuch vor, denn nur gegen Vorzeigung des Brotbuches werden Zuckerkarten verabfolgt. Wer die Zuckerkarte am 7. Mai nicht abholt, kann erst eine am 15. Mai erhalten und kann auch von diesem Zeitpunkt ab erst seinen Bedarf an Zucker einkaufen. Die Zuckerkarte sieht 3 Abschnitte vor. Für jede Person kann in der Zeit vom 1. bis 10. Mai ½ Pfund Zucker in den Geschäften entnommen werden, dann wieder das zweite halbe Pfund in der Zeit vom 11. bis 20. Mai und das dritte halbe Pfund in der Zeit vom 21. bis 31. Mai. Der Abschnitt der Zuckerkarte, auf dem der Brotbuchbezirk und Nummer aufgedruckt sind, ist gut aufzubewahren, denn nur gegen Verabfolgung dieses Abschnittes wird für den nächsten Monat eine neue Zuckerkarte ausgegeben. Die Verabfolgung neuer Karten geschieht in den Geschäften, die noch bekannt gemacht werden. Wenn jemand die Menge Zucker, die ihm nach der Zuckerkarte zusteht, nicht ganz für seinen Haushalt verbraucht, so muß er die Karte vernichten. Er darf sie nicht etwa dem Geschäft abgeben, damit Mißbrauch damit getrieben werden kann. Nur bei strenger Befolgung der Vorschriften wird es möglich sein, der Bürgerschaft zum Einmachen eine größere Menge Zucker besonders zuweisen zu können.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 6. Mai 1916
Der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen begeht am heutigen 6. Mai seinen 35. Geburtstag. Die öffentlichen Gebäude ziehen die Fahnen auf, auch viele Privathäuser in Bonn pflegen am Geburtstage des Kronprinzen Fahnenschmuck zu tragen, denn der Kronprinz ist der Bonner Bürgerschaft von seiner Studentenzeit her noch in guter Erinnerung und einzelne Bekanntschaften mit Bonner Familien, die aus jener Zeit stammen, werden von ihm auch jetzt im Kriege weiter gepflegt.
Ein hiesiger Metzgermeister hatte sich gestern wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetzt vor der Strafkammer zu verantworten, weil Leberwurst, die von ihm vor mehreren Monaten zu 60 Pfg. das Pfund an einen auswärtigen Metzger geliefert worden war, einen Mehlzusatz von 2 ½ v. H. enthalten hatte. Dem angeklagte Metzgermeister konnte nicht nachgewiesen weden, daß mit seinem Wissen und Willen das Mehl zugesetzt worden ist, da die Sache als Uebertretung inzwischen verjährt ist. Das Verfahren wurde daher eingestellt. (Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg. Die Godesberger Fleischerinnung hat beschlossen, wegen Mangels an Fleischwaren und wegen der großen Hitze die Geschäfte von mittags 12 bis nachmittags 5 Uhr geschlossen zu halten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Rheinland und Nachbargebiete“)
Nahrungsmittelpreise in Bonn. Im Interesse der weniger begüterten Bürgerschaft können wir feststellen, daß unsere Notiz über die verschiedenen Preise für Haferkakao den Erfolg hatte, daß einer der Drogisten, der für das in Frage stehende Fabrikat den Käufern für das Paket 2 Mk. abverlangte, inzwischen zu dem allgemeinen Preis von 1,50 M. zurückgekehrt ist.
Sieben Söhne bei der Fahne. Dieser Tage ist der siebente Sohn des Herrn Franz Hombach, Bonnertalweg, zum Heeresdienst eingezogen worden; vier davon sind seit August 1914 und zwei seit einem Jahr im Feld. Alle sechs Brüder sind noch gesund und munter, trotzdem sie die heißesten Kämpfe mitgemacht haben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 6. Mai. Eine Anzahl angesehener hiesiger Bürger hat an den Oberpräsidenten eine Eingabe gerichtet wegen besserer Versorgung mit Butter durch die hiesige Gemeinde auf Grund der Butterkarte. Es wird namentlich Beschwerde darüber geführt, daß in dem größtenteils von älteren und vielfach leidenden Personen bewohnten Kurort die den Einwohnern zugemessene Buttermenge von 100 Gramm wöchentlich nicht regelmäßig, sondern nur mit häufigen Unterbrechungen, zum Beispiel öfter nur alle zwei Wochen, zugeteilt wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Meldung zur Stammrolle. Alle im Stabskreise Bonn sich aufhaltenden Wehrpflichtigen, die in der Zeit vom 1. Januar 1899 bis 25. Mai 1899 geboren sind, und sich hier noch nicht zur Landsturmrolle angemeldet haben, werden aufgefordert, sich bis spätestens den 15. ds. Mts. im Militärbureau, Rathausgasse 26, Zimmer 1, zu melden.
Städt. Eierverkauf. Von jetzt ab werden bis auf weiteres bei den städtischen Verkaufsstellen gegen Vorlage der Brotbücher, die außer dem Nummerstempel auf der ersten Innenseite noch das farbige Stadtsiegel tragen, 3 Stück Eier für jede Person und Woche abgegeben.(...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 7. Mai 1916
Kommerzienrat Friedrich Soennecken in Bonn hat den Betrag zur Unterstützung der Familien der im Felde stehenden Angestellten und Arbeiter der Firma F. Soennecken von 50.000 auf 100.000 Mark erhöht.
Städtisches Lyzeum mit Studienanstalt. Der Unterrichtsminister hat durch Erlaß vom 28. April 1916 das hiesige städtische Lyzeum mit realgymnasialer Studienanstalt als vollberechtigte Anstalt anerkannt und sämtliche Prüflinge, die der ersten Reifeprüfung an der Anstalt unterzogen wurden, für bestanden erklärt. Es haben demnach an der Anstalt zwölf Schülerinnen die gymnasiale und neun Schülerinnen die realgymnasiale Reifeprüfung bestanden. In Zukunft wird die Studienanstalt nur mehr realgymnasiale Klassen aufweisen.
Der Bonner Männergesangverein Apollo veranstaltet am heutigen Sonntag zusammen mit der Bonner Infanterie-Kapelle zur Feier des Geburtstages des Kronprinzen ein vaterländisches Konzert. Es werden mehrere neue Chöre vorgetragen, u. a. wird auch der packende Chor „Deutschland soll leben und wenn wir sterben müssen“ gesungen werden. Dieser Chor ist von einem einfachen Kesselschmied, Heinrich Lersch, gedichtet und von Musikdirektor M. Neumann in Musik gesetzt worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die diesjährige Spargelernte scheint am Vorgebirge recht ergiebig zu werden. Nach dem schönen Regen, der in den letzten Tagen so sanft und erquickend über unsere Fluren niederging, sprießt der Spargel zusehends. Die Züchter sind jetzt schon zu Anfang der Erntetage gezwungen, sowohl morgens als auch abends zu stechen. Dadurch bleibt der Spargel stets rein, weiß und zart, und darin beruht der Vorzug, den der „Spargel vom Vorgebirge“ auf dem Markt findet. Wiewohl der Spargel noch ziemlich hoch im Preise steht, finden sich doch schon an schönen Nachmittagen Liebhaber dieses feinen Gerichtes am Vorgebirge ein – fast mehr Fremde finden sich ein, als zur Zeit der Baumblüte. Reichliche Spargelportionen werden da geboten, aber leider fehlt fast überall der kostbare Schinken. Dieser wird durch Pfannkuchen ersetzt.
Gemüse-Höchstpreise. In den nächsten Tagen soll die Festsetzung von Höchstpreisen für Gemüse bevorstehen. Hoffentlich bewegen sie sich in solchen Grenzen, daß es der Bevölkerung möglich ist, in Ermangelung anderer Nahrungsmittel reichlich Gemüse zu erhalten. Kriegspreise dürfen nicht als Unterlage bei der Festsetzung der neuen Höchstpreise dienen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Arndt-Eiche in Eisen. Seit dem letzten Bericht ist die Gesamteinnahme auf rund 61.000 Mark gestiegen. Die Kriegsnagelung nahmen u. a. vor der „Bonner Radfahrer-Verein 1883“, die Bonner Burschenschaft Frankonia und der Evangel. Bürger-Verein Am 4. Mai erschien der Flottenbund Deutscher Frauen Ortsgruppe Bonn; nach einer Ansprache der Vorsitzenden, fand die Nagelung des gestifteten Adlerschildes an der Krone des Denkmals statt. Für die nächste Zeit ist die festliche Nagelung seitens der Gesangsvereine Bonner Liedertafel und Bonner Liederkranz in Aussicht genommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 8. Mai 1916
In der Stadthalle fand gestern nachmittag ein Konzert der Kapelle des Bonner Ersatz-Bataillons der 160er statt, wobei der Bonner Männergesangverein Apollo mitwirkte. Unter der Leitung von Musikdirektor Wilhelm Dahm aus Brühl sang der Chor des Apollo kraftvoll und mit begeistertem Schwung die vaterländischen Männerchöre Deutscher Spruch, An das Vaterland, Schlachtgesang der Germanen und Soldatenabschied, von denen vor allem die Neumannschen Kompositionen Deutscher Spruch und das gefühlvolle Chorlied Soldatenabschied von großer Wirkung waren. Auch die volkstümlichen Chöre, Die Wanderschaft von Zöllner, Schäffers Post im Walde und Kückens frisch und flott vertontes Kinderlied Der kleine Rekrut, wurden mit großem Beifall aufgenommen, den die wackere Sängerschar des Apollo vollauf verdiente. Das Konzert war sehr zahlreich besucht.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Keinen Tropfen im Becher mehr! Die Bierknappheit macht sich auch hier in Bonn recht bemerkbar. In vielen Wirtschaften wird bis 11 Uhr morgens und nachmittags von 2 bis 5 oder 6 Uhr überhaupt kein Bier ausgeschänkt. Trotz dieser Einschränkung kann vielfach nicht vermieden werden, daß einzelne Biersorten ausgehen oder daß lange vor Toresschluß überhaupt kein Tropfen mehr zu haben ist. Am gestrigen Sonntag ging in einem unserer größten und starkbesuchtesten Gartenlokale schon gegen 9 Uhr abends das Bier gänzlich aus und die nach vielen Hunderten zählenden Besucher verliefen sich schon nach kurzer Zeit, um in anderen Lokalen ihr Glück zu versuchen.
Butter oder holländisches Speisefett? Herr Beig. Piehl teilt uns auf unsere Anfrage folgendes mit: Die Preisprüfungsstelle Bonn-Stadt und das städtische Einkaufsamt haben sogleich bei den ersten Verkäufen von holländischem Speisefett durch hiesige Geschäfte dieser Ware ihre volle Aufmerksamkeit gewidmet. Der Verkaufspreis von 4,50 Mark für 1 Pfund erscheint hoch, ist jedoch nach Prüfung nur mit einem verkehrsüblichen, jedenfalls mit keinem übermäßig hohen Verdienst belegt. Für Speisefette bestehen keine Höchstpreise, es kann sich daher nur darum handeln, ob Wucherpreise vorliegen. Das war nach den bisherigen Feststellungen nicht der Fall. Bei der großen Knappheit an Butter und Speisefetten ist jedes Heranschaffen solcher Waren durch die hiesigen Gewerbetreibenden nur lebhaft zu begrüßen. Heute ist ein derartiger Einkauf oft mit großen Schwierigkeiten und Risiken verbunden. Das muß der Käufer auch bedenken. Andererseits ist es vaterländische Pflicht jedes Bürgers, alle Mißstände im Gewerbebetriebe den behördlichen Stellen zur Anzeige zu bringen. Alle müssen daran mitarbeiten, die Giftpflanze des Lebensmittelwuchers und einen unangemessene Behandlung der kaufenden Bevölkerung aus heftigste zu bekämpfen. Nur dann wird das schwierige Gebiet der Kriegsversorgung mit verständnisvollem Pflichtbewußtsein von allen hinter der Front ertragen werden können.
(Da in der Bürgerschaft vielfach behauptet wird, daß hier inländische Butter, für die der Höchstpreis 2,55 Mark beträgt, als holländisches Speisefett zu 4,50 Mark verkauft werden, so empfiehlt es sich, der obigen Aufforderung des Herrn Beig. Piehl entsprechend, der Behörde nachweisbare Fälle dieser Art mitzuteilen. Red.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hilfsstelle zur Ermittlung von deutschen Kriegsgefangenen. Die nächste Aussprache von Angehörigen Gefangener und Vermißter findet Montag abend 8 Uhr im Kronprinzenhof, Bahnhofstraße, statt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 9. Mai 1916
Bahnwärterinnen und Schaffnerinnen wird nun auch die Staatsbahnverwaltung einstellen. Der Eisenbahnminister v. Breitenbach weist in einem Erlaß auf den Mangel an männlichen Kräften hin und empfiehlt, geeignete Frauen auch im Bahnwärter- und Weichenstellerdienst zu beschäftigen, wo es sich um Strecken mit einfachen Verhältnissen handelt, so daß die Sicherheit des Betriebes nicht gefährdet ist. Es sollen nur durchaus zuverlässige und körperlich gut geeignete Frauen zur Ausbildung herangezogen werden, die nach ihrer Persönlichkeit die volle Gewähr für eine gewissenhafte Wahrnehmung des Bahnwärter- und Weichenstellerdienstes bieten. Die sonst vorgeschriebene einmonatige Beschäftigung im Bahnbewachungs-, Signal- und Weichenstellerdienst darf für die Frauen erforderlichenfalls angemessen verlängert werden. Vor Heranziehung zur selbständigen Wahrnehmung des Dienstes haben die Frauen eine Prüfung abzulegen. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Robert Kothe-Abend. Robert Kothe wird am Samstag im Bonner Bürgerverein eine Auslese seiner schönsten Lieder zur Laute singen. Bei dem diesmaligen Abend des Münchener Künstlers kommt zum ersten Male eine Neuheit zum Vortrag, die in dem vergangenen Jahre in Berlin, München, Breslau und anderen Städten großen Beifall gefunden hat, Es sind das die Lieder für Vorsänger mit Laute und einem kleinen Frauenchor.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Freie Vaterländische Vereinigung. In der letzten, leider schwach besuchten Versammlung der Freien Vaterländischen Vereinigung hielt Herr Oberlehrer Grube aus Godesberg einen bedeutungsvollen und zeitgemäßen Vortrag über die Verhältnisse in den sog. Baltischen Provinzen, die uns geschichtlich, sprachlich und kulturelle so nahe stehen und als Deutschrußland uns bekannt und liebes Nachbarland geworden und geblieben sind. Nachdem der Reichskanzler in seiner letzten großen Rede vom 5. April herzerfrischende Ausblicke in die Neugestaltung des deutschen Macht- und Kulturgebietes geöffnet hat, darf auch im vollsten Vertrauen auf unsere starke und umsichtige Reichsregierung über das neue deutsche Kultur- und Kolonialgebiet im Osten gesprochen werden, das dem deutschen Reiche und Volke alte und große vaterländische Gebiete als Erwerb und Besitz der alten deutschen Hanse wiederbringen und die Ostsee mehr als bisher zu einem deutschen Meer und Handelsgebiet gestalten wird. Aus gründlichen Quellen gab der Redner anschauliche Schilderungen der nationalen, kirchlichen und Schulverhältnisse, der landwirtschaftlichen und sozialen Lage jener Lande, wo ein Siedlungsgebiet für zwei Millionen unterdrückter, beraubter und nach Sibirien verschleppter Stammesgenossen nach dem Frieden sich öffnen wird. Kurland allein, so groß wie Belgien, ganz Agrarstaat, kann mit Litauen Millionen von Ansiedlern aufnehmen und ernähren. Auch die voraussichtliche Zukunft Polens wurde nach verschiedenen Vorschlägen behandelt und die treue, gemeinsame Blut- und Friedensarbeit mit unseren österreichischen Bundesgenossen dabei besonders hervorgehoben. In der nächsten Sitzung soll die wichtige und bedeutsame Frage der baltischen Provinzen weiter besprochen werden.
Flurschäden werden jetzt vielfach dadurch angerichtet, daß Leute, besonders auch Kinder, auf Wiesen und Feldern Blumen suchen. Es wird dadurch nicht nur eine in der heutigen Zeit doppelt unwirtschaftliche Sünde begangen, sondern auch eine strafbare Handlung. Eltern, Schulen und Spaziergänger sollten genau darauf achten und gegebenenfalls die Kinder auf das Strafbare ihrer Handlungen aufmerksam machen und zur Anzeige bringen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 10. Mai 1916
Städtischer Kartoffelverkauf. Nach der heutigen Bekanntmachung ist der Preis für die Kartoffeln, die bei den städtischen Verkaufsstellen abgegeben werden, für alle diejenigen Hausstände, deren Brotbuch außer dem Nummerstempel noch das farbige Stadtsiegel trägt, von 7 M. auf 6 M. für den Zentner bzw. im Kleinverkauf von 7 auf 6 Pfg. das Pfund herabgesetzt worden. Die Bürgerschaft wird die Preisminderung um so mehr mit großer Freude aufnehmen, als auch die Einkommensgrenze für diejenigen, welche Lebensmittel zum festgesetzten erniedrigten Preis beziehen können, nach dem Verhältnis der Kinderzahl bis zu 6000 Mark steuerpflichtiges Einkommen erweitert worden ist. Für den Stadtsäckel macht sich, so wird uns beschrieben, diese Neuregelung allerdings doppelt empfindlich bemerkbar, da einmal die Selbstkosten der Kartoffeln weit mehr betragen, andererseits aber auch jetzt bedeutend mehr Familien die Kartoffeln zum ermäßigten Preis beziehen können. Es kann somit behauptet werden, daß eine Teuerung für Kartoffeln nicht besteht. Der Preis ist vielmehr als normal zu bezeichnen und dem in sonstigen Jahren zu dieser Jahreszeit für Kartoffeln gezahlten Preise vollkommen gleich. Zu der Preisherabsetzung hat man sich jedoch entschlossen, um bei den sonstigen hohen Lebensmittelpreisen der minderbemittelten Bevölkerung wenigstens das wichtigste Ernährungsmittel nicht zu verteuern. Dabei ist nicht zu unterschätzen, daß jeder seinen ganzen Bedarf an Kartoffeln bis 7. Juli jetzt auf einmal entnehmen kann, so daß er bis zur neuen Ernte eingedeckt und der Sorge, es könne Kartoffelnot entstehen vollständig enthoben ist.
Bonner Lichtspiele. Rita Sacchetto, die bekannte Tänzerin und Mimikerin, erscheint diese Woche wieder auf der weißen Wand in den Bonner Lichtspielen, sie ist die Hauptdarstellerin in dem vieraktigen Schauspiel „Prinzessin Herzeleid“. Außerdem werden die Dramen „Wenn Mütter lieben“ und „Der Letzte seines Geschlechts“ sowie mehrere kleine Filme aufgeführt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zum Militärdienst ist dieser Tage der sechste Sohn von Frau Witwe Eupen in der Josephstraße eingetreten. Er hat den Namen Wilhelm II und ist auf den Namen des Kaisers getauft. Sein ältester Bruder heißt ebenfalls Wilhelm.
Holländische Gemüsehändler durchziehen jetzt das Land und bieten ihre Massengemüse wie Kohl, Möhren, Zwiebeln, Gurken usw. zu erstaunlich hohen Preisen den vom letzten Winter verwöhnten Präserven- und Konservenfabriken, Stadtverwaltungen, Militärbehörden an. Sie üben sogar vielerorts auf den Großhändler einen Druck aus, mit der Angabe, sonst an England oder Frankreich zu verkaufen, wenn sie nicht gleich zugriffen. Wir möchten vor übereilten Abschlüssen sehr warnen, denn diese führen nur zu Preistreibereien und entmutigten die hiesigen Gemüsezüchter in ihrem Streben, den hiesigen Markt mit Gemüse ausreichend zu versorgen.
Für den Heldenfriedhof in Laon werden noch 200 bis 300 Geranien benötigt. Gartenbesitzer werden gebeten, ihre Adresse in der Rote Kreuz-Baracke an der Quantiustrasse abzugeben, wo der beauftragte Soldat bis Donnerstag anwesend ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Butter-(Margarine-)Verkauf. Die Butter-(Margarine-)Karte berechtigt den Inhaber in dieser Woche zum Bezug von ein Fünftel Pfund Butter oder Margarine für jede Person seines Hausstandes. Nach dem auf der ersten Innenseite der Brotbücher aufgedruckten Nummerstempel darf Butter oder Margarine nur abgegeben werden: am Mittwoch an Nr. 3. am Donnerstag an Nr. 4, am Freitag an Nr. 1, am Samstag an Nr. 2 und soweit noch Vorrat vorhanden ist, an alle Brotbuchinhaber.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 11. Mai 1916
Zum Besten des Nachmittagsheims für Verwundete (Koblenzer Straße) wird nächsten Dienstag im Stadttheater ein Tanz- und Musikabend stattfinden. Man wird bei dieser Gelegenheit eine junge Tanzkünstlerin, Frl. Wippermann aus Marburg, kennen lernen, über deren eigenartige und ausdrucksvolle Tanzkunst viel Gutes berichtet wird. Frl. Wippermann, die nach Musikstücken von Chopin, Schumann, Schubert und Brahms tanzt, wird von der Bonner Klavierkünstlerin, Frl. Rosenstrauch, begleitet werden. Neben den Tanzschöpfungen Frl Wippermanns bringt das Programm Vorträge für Geige und Klavier, die von der bekannten Kölner Geigenkünstlerin Frl. Friedrichs und Herrn Mense gespielt werden. Bei dem guten Zweck des Abends, der dem Nachmittagsheim für unsere Verwundeten neue Mittel zuführen soll, und bei den vielversprechenden künstlerischen Genüssen wird es geraten sein, sich möglichst bald Plätze zu sichern.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein Fahrraddieb wurde von der Kriminalpolizei festgenommen. Er stammt aus Beuel und war zurzeit in Siegburg in Arbeit. Zu seiner Entschuldigung konnte er nur angeben, ihm sei auch vor einigen Tagen das Fahrrad gestohlen worden. Die Zahl der Fahrraddiebstähle nimmt ganz außergewöhnlich zu. An einem Tage wurden bei der Kriminalpolizei fünf solcher Dienstähle angemeldet. Die Besitzer von Fahrrädern würden gut daran tun, wenn sie ihre Fahrräder nicht frei auf der Straße hinstellten, sondern sie jedes Mal durch ein Vorhängeschloß sicherten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Am letzten Sonntag vollzog sich wiederum eine wahre Völkerwanderung von Touristen in die benachbarten Berge und waren es wiederum Siebengebirge, Rolandseck und Godesberg, welche den Löwenanteil davontrugen. Die Rheindampfer waren so überfüllt, daß es geradezu beängstigend war, trotz der Zwischenfahrten, welche die Direktion eingelegt hatte. Die Wirte auf den Rheindampfern machten glänzende Geschäfte, ebenso wie die auf den Ausflugsorten der Umgebung.
Billige Lebensmittel. Man schreibt uns aus Königswinter, 9. Mai: Die hiesige Stadtverwaltung hat für die hiesigen Bürger 20 Zentner amerikanischen Speck beschafft, der gestern in verschiedenen Geschäften zum Verkauf gelangte. Da derselbe zum billigen Preise von 2,20 Mark pro Pfund verkauft wurde, war der Vorrat in kurzer Zeit vergriffen. Weiter hat die Stadt 2000 Pfund Spargel angekauft, wovon heute 700 Pfund zu 35 bzw. 43 Pfg. das Pfund in der hiesigen Haushaltungsschule zum Verkauf kamen. Das vom Kommunalverband in der vorigen Woche bezogene Rind-, Kalb- und Schweinefleisch wurde zum Preise von 2,20 Mark verkauft, sodaß von teuren Lebensmittelpreisen der von der Stadt beschafften Waren keine Rede sein kann.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 12. Mai 1916
Goldankaufstelle Bonn. Der zur Verstärkung des Goldschatzes der Reichsbank von den hiesigen Vaterländischen Vereinigungen eingerichtete Ankauf von Goldsachen brachte bis jetzt Gold im Werte von rund 25.000 M. Die Veräußerer goldener Uhrketten werden als Gedenkstück eine eiserne Uhrkette mit Anhänger gegen Ersatz des Selbstkostenpreises erhalten, während für die Ablieferung sonstiger Goldsachen im Werte von mindestens 5 Mark eine Plakette gegeben werden soll. Die Herstellung beider Erinnerungszeichen wird möglichst beschleunigt. Da die Kleineisenindustrie indes stark für Kriegszwecke in Anspruch genommen ist, läßt sich zurzeit nicht übersehen, wann mit der Ausgabe der Erinnerungszeichen begonnen werden kann. Jeder Veräußerer von Goldsachen wird jedoch nach Eingang der Erinnerungszeichen schriftlichen Bescheid erhalten.
Nährhefe als Ersatz für Fleisch. Die Stadt Köln ist dazu übergegangen, Nährhefe in größeren Mengen zu erwerben und für 80 Pfg. das halbe Pfund an die Einwohner abzugeben. Die Nährhefe soll ihres hohen Eiweißgehaltes wegen ein vorzügliches Kräftigungsmittel und ihres fleischähnlichen Geschmacks wegen in allen Speisen zu verwerten sein, die sonst mit Fleisch zubereitet worden sind. Schon kleinere Nährhefebeigaben sollen die Schmackhaftigkeit der Speisen erhöhen und Nährkraft abgeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Höchstpreise für Rind- und Kalbfleisch. Wie der Oberbürgermeister in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt macht, darf bis auf weiteres Fleisch nur zu folgenden Höchstpreisen verkauft werden: Rindfleisch mit Knochen das Pfund zu 3,50 Mark, ohne Knochen zu 3,90 Mark; Kalbfleisch mit Knochen das Pfund zu 2,30 Mark, ohne Knochen zu 2,70 Mark. Knochen müssen zu 60 Pfg. das Pfund abgegeben werden. Die Verbraucher werden ersucht, etwaige Verstöße zur Anzeige zu bringen.
Die Morgensuppe. Der „Kriegsausschuß für Kaffee, Tee usw.“ teilt folgendes mit: „Wir Deutschen sind durch die teilweise Verhinderung der Zufuhr aus dem Auslande zu zahlreichen Erfindungen und Verbesserungen von dauerndem Werte veranlaßt worden. Jetzt handelt es sich um die Wiedereinsetzung einer früher allgemeinen Gepflogenheit in ihr Recht. Kaffee und Tee sind heute knapp in Deutschland. Das ist der richtige Zeitpunkt, um sich der guten alten Morgensuppe zu erinnern, die bei unseren Vorfahren nie fehlen durfte. Im wesentlichen aus Weizen- oder Roggenmehl hergestellt, bot sie dem Körper die Sättigung und Kräftigung, nach der er früh verlangt, und der Wohlgeschmack ließ nicht zu wünschen übrig. Jetzt wird von den ersten Sachverständigen dringend empfohlen, der Morgensuppe wieder ihren Ehrenplatz im deutschen Hause einzuräumen. [...]
In der allernächsten Zeit werden von Reichs wegen besondere Maßnahmen getroffen werden, um den größten in Frage kommenden Betrieben Deutschlands die Herstellung eines billigen und guten Morgensuppenstoffes mit etwas Fettzusatz zu ermöglichen. Man darf sicherlich erwarten, daß die weitesten Kreise unseres Volkes von dieser Gelegenheit Gebrauch machen werden. „Wer suppt, lebt lange!“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Salatzubereitung. Ein Rezept für die gegenwärtige Salatzeit sei hier mitgeteilt: Man nimmt von 1-2 hart gekochten Eiern das Gelbe, tut es zum Anmachen in eine Schüssel, gibt Salz und Pfeffer dazu, sowie 5 Löffel Essig, mengt dieses gut durcheinander, so daß das Eigelb fein verrührt ist, gibt dann Borasch und etwas mehr Schnittlauch dazu, sowie 3-4 Eßlöffel voll Wasser. Mengt dies wieder gut durcheinander, und läßt es ca. 5 Minuten stehen. Dann gibt man den Salat hinzu und wird überrascht sein, welch vorzüglichen Geschmack dieser hat. Das übrig bleibende Eiweiß kann man eventuell, fein zerhackt, noch unter den Salat mengen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 13. Mai 1916
Eine Bestandsaufnahme von Fleisch und Fleischwaren, die sich im Groß- und Kleinhandel befinden, ist vom Vorsitzenden der Preisprüfungsstelle Bonn-Stadt für den übermorgigen 15. angeordnet worden. Ferner wird angeordnet, daß am 15. jedes Monats anzuzeigen ist, welche Mengen an Fleisch und Fleischwaren im vorhergehenden Monat von auswärts bezogen, welche an Wiederverkäufer und welche an Verbraucher abgegeben worden sind. Wir verweisen auf die Bekanntmachung in dieser Zeitung.
Die Hausschlachtungen sind, wie der Oberbürgermeister in dieser Zeitung bekannt macht, auch im Stadtkreise Bonn bis 1. Juli verboten. Es kann jedoch bestimmt damit gerechnet werden, daß im kommenden Herbst und Winter die Hausschlachtungen wieder gestattet werden.
Der Bonner Wehrbund veranstaltete am vergangenen Sonntag die letzte Uebung in der Zusammensetzung, in der er bisher bestanden hat. Vom kommenden Sonntag an beteiligt sich die Fortbildungsschule an den Uebungen, und damit tritt Bonn in die Reihe der Städte ein, in denen fast die gesamte männliche Jugend, die bei der militärischen Vorbereitung in Frage kommt, sich an den dafür angesetzten Uebungen im vaterländischen Interesse beteiligt. – Die letzte Führersitzung beschäftigte sich mit den Vorbereitungen zu der neuen in Aussicht stehenden Arbeit und beschloß ferner, im Juli einen Wettkampf abzuhalten. Die kriegsministeriellen Richtlinien sagen in dieser Beziehung: Durch Abhalten von Wettkämpfen auf allen Gebieten des angewandten Turnens ist Lust und Liebe zur Sache, gesunder Ehrgeiz, frischer Mut, entschlossenes Handeln, Gemeinschaftsbewusstsein, Unterwerfung unter die Anordnung des Parteiführers zu wecken und zu erziehen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Butterversorgung in Bonn. Aufgrund verschiedener Beschwerden aus der Bonner Bürgerschaft haben wir uns an die Stadtverwaltung mit Bitte um Auskunft gewandt und folgende Aufklärung erhalten:
Das städtische Einkaufsamt ist fortgesetzt bemüht, alle Unzuträglichkeiten, die sich bei der Butterverteilung ergeben haben, nach Möglichkeit abzustellen. Es lassen sich jedoch nicht alle Wünsche erfüllen, vornehmlich aus dem Grunde, weil der Stadt nur 50 Zentner Butter in jeder Woche zur Verfügung stehen, dies macht auf den Kopf nur 33 ¼ Gramm. Den anderen Teil der Butter und Margarine beschaffen die Geschäfte selbst, sonst wäre es überhaupt nicht möglich, eine Buttermenge von wöchentlich 100 Gramm auf den Kopf der Bevölkerung verteilen zu können. Hierdurch steht Mittwochs oft nur die von der Stadt den Geschäftsleuten überwiesene Buttermenge zur Abgabe an die Käufer bereit. Die weiteren Mengen treffen bei den Geschäftsleuten erst im Laufe der anderen Tage ein.
Alle wohlgemeinten Ratschläge, man möge die Butter auf Bezirke verteilen, lassen sich nur dann durchführen, wenn der Stadt Bonn die ganze Menge Butter von vornherein zur Verteilung an die Geschäfte zur Verfügung steht.
Zur Durchführung dieses Verfahrens müßte sämtliche Butter bei den Geschäften beschlagnahmt und dann neu verteilt werden. Würde man aber zu der Beschlagnahme übergehen, so verlieren die Geschäftsleute das Interesse, Butter heranzuschaffen und dadurch würde die Butterversorgung noch erheblich verschlechtert werden.
Ein zweiter Kriegs-Lehrgang für die Verwertung von Frühgemüse im Haushalt findet in der Zeit vom 15. bis 17. Mai d. J. an der Königlichen Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau zu Geisenheim am Rhein statt. Männer und Frauen können unentgeltlich daran teilnehmen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Bonner Lazarettzug K. 1 ist von seiner 33. Fahrt zurückgekehrt und hat seine Verwundeten in Bonn, Andernach und Coblenz ausgeladen. An Liebensgaben sind erwünscht: Zigarren, Zigaretten, Fruchtsäfte, Rot- und Weißwein, Chocolade, Marmelade in Blecheimern. Dies alles ist abzugeben Bahnhofstraße 40. [...]
Verschärftes Schnapsverbot. Der Regierungspräsident hat die Anordnung betreffend den Ausschank und Verkauf von Branntwein und Spiritus durch einen Nachtrag vom 4. Mai d. Js. mit Gültigkeit vom 7. Mai ab erweitert und zwar wie folgt: Der Verkauf von Branntwein in versiegelten oder verkapselten Flaschen und Krügen darf nur noch in der Zeit stattfinden, in welcher der Ausschank zugelassen ist. Ferner müssen Branntwein und die diesen gleichgestellten Getränke sowie die dazu gehörigen Trinkgefäße während der für den Ausschank verbotenen Zeit aus den Schankräumen entfernt werden, dürfen auch nicht in der Wohnung einschließlich Küche und deren Nebenräumen sowie Hausflur aufbewahrt werden. Ausgenommen sind nur versiegelte oder verkapselte Flaschen oder Krüge. Vorhandene Branntweinleitungen (Zapfhähne) müssen abgestellt sein. Des weiteren ist bestimmt, daß die unter Verordnung stehenden Getränke nur dann verkauft werden dürfen, wenn sie in ihrer Zusammensetzung den für die einzelnen Sorten üblichen Alkoholgehalt nicht überschreiten.
Warnung. Wir sehen uns veranlaßt, noch mal darauf hinzuweisen, doch keine Jammer- und Klagebriefe an Kriegsgefangene zu senden. Diese werden vom Feinde und Verdrehung und Auslassungen zu Berichten über die angebliche Notlage Deutschlands ausgenutzt und sollen so die gesunkenen Hoffnungen neu beleben. So hat die „Liberté“ kürzlich eine Reihe von Briefen veröffentlicht, in denen über die Teuerung und angebliche Lebensmittelknappheit in Deutschland geklagt wird. Man bedenke also beim Schreiben solcher Briefe, ob dieselben vom Feinde nicht ausgenutzt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 14. Mai 1916
Ein Ehrentag der Bonner 160er ist auch der 14. Mai. Das Bonner 2. Bataillon der 160er erhielt am 14. Mai 1915 den Auftrag, die etwa in 200 Meter Entfernung vor der Front im Ailly-Walde liegenden feindlichen Gräben zu stürmen. Es hatte wiederum eine Staffelung der Kompagnien in den Gräben vorgenommen. Infolge des starken Maschinengewehrfeuers mißlang zunächst der Frontalangriff, er konnte erst nach weiterer Artillerievorbereitung und gelungenem Kampfe in dem Verbindungsgraben siegreich vorgetragen werden. Gegen 2 Uhr nachmittags gelang es dem Bataillon, die Gräben zu nehmen. Es wurde sofort an die Einrichtung der eroberten Gräben zur Verteidigung sowie an den Abtransport der gemachten Beute gegangen. Ein Offizier und fünf Mann erhielten das Eiserne Kreuz zweiter Klasse.
Einfuhr von Zigarettenrohtabak. Wer aus dem Ausland Zigarettenrohtabak einführt, ist nach der Bundesratsverordnung vom 26. April d. J. verpflichtet, den Eingang des Zigarettenrohtabaks im Inland der Zigarettentabak-Einkaufsgesellschaft m. b. H. in Berlin unter Angabe der Menge, der Arten, des im einzelnen bezahlten Einkaufspreises und des Aufbewahrungsortes unverzüglich anzuzeigen. Dabei ist tunlichst ein von der Zigaretten-Einkaufsgesellschaft m. b. H. vorzuschreibendes Formular zu benutzen. Die näheren Vorschriften können im Geschäftszimmer der Preisprüfungsstelle Bonn-Stadt, Rathausgasse 10/12, Zimmer 19, eingesehen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Pflegt die Kartoffel! Es wird immer wieder darauf aufmerksam gemacht, daß die Pflege der eingekellerten Kartoffeln auch für die städtische Bevölkerung von großer Bedeutung ist. Die Kartoffeln müssen kühl und dunkel gelagert werden. Wenn sie auswachsen, sind sie sofort zu entkeimen, weil gerade die Keime ihnen sehr viele Nährstoffe entziehen. Da diese Keime sehr giftig sind, dürfen sie nicht unter die zur Viehfütterung bestimmten Küchenabfälle gemischt werden.
Hinter den Kulissen der Ersatzstoff-Industrie. Der Krieg hat die deutsche Industrie veranlaßt, eine Menge von Lebensmittelersatzstoffen zu finden, die für die knapper gewordenen, bisher verwendeten Dinge eintreten. Daß sich daneben auch Auswüchse zeigen und daß Fabrikate auf den Markt kommen, die mehr oder weniger Fälschungen nahe stehen, liegt nun einmal im Lauf der Dinge. Im neuesten Heft der Chemiker-Zeitung führt Dipl.-Ing. Markus eine Reihe von Beispielen an, in denen der eigentliche Gehalt der Ersatzstoffe in einem tragisch-komischen Gegensatz zu ihren angepriesenen Eigenschaften steht. Da ergab z. B. die Untersuchung eines appetitlich aussehenden, schön gelben „Butterersatzes“ folgende Bestandteile: Wasser 63,0 Proz., Butterfett 17,1 Proz., Salz 2,5 Proz., Kartoffelmehl 13,6 Prz. Und ein Pfund dieser Ware soll 1,40 Mk. kosten. Faßseife, die in großen Mengen angeboten wird, enthielt einen Fettsäuregehalt von nur 4-5 Proz., sodaß diese Ware, wenn der Zentner 40 Mark kostete, nur einen Wert von etwa 8 Mk. pro Zentner besitzt. Der Lederersatz „Erreicht“ erwies sich als eine feste, gegen Wasser ziemlich widerstandsfähige Platte aus imprägnierter, unter hohem Druck gewalzter Pappe und kostet das Kilogramm nur 5 Mk. Ein Schlagsahneersatz, von dem ein Pfund 18 Mk. kostet, wird in Düten verkauft, die 25 Gramm in Pulverform enthalten und mit Zucker und Wasser einen Liter bester Schlagsahne ergeben sollen. Das Erzeugnis bestand aus Puderzucker, der mit getrocknetem Hühnereiweiß gemischt und mit Vanillin parfümiert ist. Der Eierersatz „Hühnchen“ ist ein gelbes Pulver, das einfach aus gefärbten Maismehl besteht und bei einem Preise von 20 Pfg. das Paket 1 ¾ Pfg. wirklichen Wert hat. Bei einem „Salatölersatz“ ergab sich, daß er aus 98,5 Proz. Wasser und 1,5 Proz. festen Stoffen besteht, welche letztere einige gelantinierende Substanzen darstellen. Solche Proben, denen noch andere höchst eigenartige und verdammenswürdige „Rezepte“ beigefügt sind, besagen natürlich nichts gegen Ersatzmittel-Industrie, die viele brauchbare und preiswerte Waren liefert, sondern sie brandmarken nur gewisse Schäden, die eine schamlose Ausbeutung des Publikums darstellen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Gesellschaft für Literatur und Kunst veranstaltet am kommenden Freitag, 19. Mai, abends 7½ Uhr, einen Liederabend. Frau Lorle Meißner singt Lieder von Reger, Brahms, Hugo Wolff und nordische Balladen. Alles nähere ist aus der Anzeige im Samstagmorgenblatt zu ersehen.
Verkauf von Futtermitteln. Die Stadt Bonn hat für die im Stadtkreise Bonn wohnenden Pferde- und Viehhalter Futtermittel, deren Art und Preis im Anzeigenteil näher bekannt gegeben werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 15. Mai 1916
Die städtischen Fortbildungsschulen rückten gestern zum erstenmal zu ihren Jugendwehr-Uebungen aus. An 900 Schüler versammelten sich gegen 3 Uhr auf dem Schulhofe. Die früher vorbereitete Einordnung in Züge war bald erledigt, und so zog die große Schar unter dem Klang der Trommeln und Pfeifen zum Sportsplatz an der Kölnstraße. Dort kamen noch die Abteilungen des Wehrbundes, bestehend aus einem Zug des Kgl. Gymnasiums und der Städtischen Realschule, sowie älteren, nicht mehr fortbildungspflichtigen Jünglingen, hinzu, so daß fast die ganze Bonner Jungmannschaft vertreten war. Unter Leitung von Lehrern der Fortbildungsschule und bewährten Führern des Wehrbundes entwickelte sich ein frisches, turnerisches Treiben auf dem weiten Platze. Die Uebungen, welche für die Schüler vom Eintritt in das 16. Lebensjahr an Pflichtübungen sind, bezwecken eine allgemeine körperliche Kräftigung und Ausbildung als Vorbereitung auf den eigentlichen späteren Militärdienst. Die Bedeutung des von Grund auf ausgebildeten tüchtigen Soldaten führt dieser Krieg täglich vor Augen, und so ist die von der Leitung der Fortbildungsschulen eingeführte Pflicht zu einer allgemeinen geregelten Körperpflege für die gesamte werktätige Bonner Jugend nur zu begrüßen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Feriensonderzüge. In diesem Sommer verspricht der innerdeutsche Reiseverkehr, wie schon jetzt der Besuch vieler Badeorte zeigt, sich sehr günstig zu entwickeln. Daher besteht bei den vielen maßgebenden Verkehrsstellen die Absicht, auch im bevorstehenden zweiten Kriegssommer Feriensonderzüge zu ermäßigten Preisen einzusetzen.
Um den Bargeldverkehr auf das kleinste Maß einzuschränken, ist jedermann die Errichtung eines Scheckkontos zu empfehlen. Die Kreis-Sparkasse Bonn und deren Zweigstelle in Godesberg eröffnet jedem ein provisionsfreies Scheckkonto. Die Mindest-Einlage beträgt 20 Mark. Das Gesamtguthaben wird mit 3 Prozent verzinst. Unbedingtes Stillschweigen, auch den Behörden gegenüber, wird streng gewahrt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Für den Verfolg der Kämpfe um Verdun bieten wir unseren Lesern eine „Sonderkarte von Verdun und Umgebung“ an. Die im Maßstabe 1:100.000 bearbeitete Karte ist recht klar gehalten, unterscheidet die Höhe und bringt alle die zahlreichen kartographischen Einzelheiten, die im Heeresbericht und den Briefen der Kriegsberichterstatter und wohl auch der Kämpfer vor Verdun Erwähnung finden. Der Wald ist grün, die Befestigungen rot dargestellt. Die Karte ist zum Preise von 40 Pfg. in unserer Expedition Sürst 1, sowie in der Rhenania-Druckerei Gangolfstr. 9, vorrätig.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 16. Mai 1916
Arndt-Eiche in Eisen. In der verflossenen Woche stieg die Gesamteinnahme auf über 62.000 Mark. Am Mittwoch, 10. Mai, erschienen die Schüler und Schülerinnen der Israelitischen Religionsschule Bonn und Umgegend unter Führung der Herren Rabbiner Dr. Cohn und Religionslehrer Baum. Es wurden vaterländische Lieder gesungen und Gedichte aufgesagt; Herr Rabbiner Dr. Cohn hielt eine Ansprache und schloß mit einem Kaiserhoch, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten.
Außer verschiedenen Bonner Firmen, welche teilweise erhebliche Beträge für die Zwecke der Arndt-Eiche stifteten, haben ferner noch die Nagelung vorgenommen der Skatklub Runder Tisch, Kaiserhalle, welcher eine Adlerfeder nagelte, sowie das chemische Institut Saal III.
In Aussicht genommen ist die Kriegsnagelung ferner von dem Uhrmacherverein Bonn und dem Rabatt-Sparverein Bonn, ebenso von dem Verein für National-Stenographie und der Vereinigung Alter Burschenschafter.
Sonntag, 14. Mai, nachm. 5 Uhr, hat der Männergesangverein Bonner Liederkranz genagelt, und am Sonntag, 21. Mai, nachm. 6 Uhr, wird die Bonner Liedertafel zur feierlichen Kriegsnagelung an der Arndt-Eiche erscheinen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Holländisches Speisefett wurde in der jüngsten Zeit in Bonn abgesetzt, das zunächst zum Preise von 4,50 Mark verkauft wurde, dessen Preis aber allmählich bis zu 4 Mk. sank. Wie wir nach einer amtlichen Auskunft mitteilten, war der Gewinn der Bonner Händler an dem Verkauf verhältnismäßig gering. Die Zentral-Einkaufs-Gesellschaft in Berlin hat nun veranlaßt, daß dieses „holländische Speisefett“ in Bonn beschlagnahmt wurde, da es sich tatsächlich um holländische Süßrahmbutter handelte, für die der Höchstpreis für Auslandsbutter in Höhe von 3,10 Mark vorgeschrieben ist, zu dem jedoch angeblich nicht einmal der Einkauf in Holland erzielt werden konnte, von den sonstigen Risiken zu schweigen. Vorteil hat die Bonner Bürgerschaft von dieser Beschlagnahme nicht, da die Verbraucher, die bisher das „holländische Speisefett“ kauften, nunmehr die jeweils vorhandenen Vorräte an ausländischer und einheimischer Butter und Margarine aufzehren.
Beratung für zeitgemäße Kleidung. Viele Frauen haben in unserer Zeit den Willen, sich so zu kleiden, daß es mit dem vaterländischen Gefühl und einer gewissen Sparsamkeit und Einfachheit übereinstimmt, aber es fehlt ihnen der gute sachverständige Rat. Nach Rücksprache mit dem „Verein für Verbesserung der Frauenkleidung“ und der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe soll versucht werden, eine Beratungsstelle zweimal wöchentlich in bequem gelegenem Lokal zu eröffnen. Rat erteilt eine Dame von gutem Geschmack und sozial gebildet, sowie eine geschickte, anerkannte Damenschneiderin. Der Rat wird mit 30 Pfg. bezahlt. Es wird Rat erteilt für Form und Farbe der Kleidung, für Anwendung und Wiederinstandsetzung getragener Kleidung, in Blusenschnitten und Besatzartikeln, in Kleidung für schwierige Figuren etc. Die Pariser Mode wird ausgeschaltet und die Wiener herangezogen. Hausschneiderinnen werden tunlichst empfohlen. Die Praxis muß ergeben, ob ein Bedürfnis für solche Beratung vorliegt. In der Hauptsache soll sie bescheidenen sparsamen Frauen dienen, aber auch allen, die sonst Rat wünschen.
Die Ueberführung der Leiche des im Lazarett „Barmherz. Brüder“ verstorbenen Vize-Feldwebels Freytag zur Bahn und zur Weiterbeförderung in seine Heimat Holstein fand gestern mittag ½ 2 Uhr statt vom Bonner Talweg aus. Am Morgen hatte im Lazarett unter Beteiligung von Offizieren und verwundeten Soldaten eine kleine Trauerfeier stattgefunden, in der Lazarett-Geistlicher Schäfer in einer biblischen Ansprache Worte des Trostes und der Kraft sprach, sonderlich für die anwesende trauernde Mutter, die aus der Ferne ans Sterbebett des viel leidenden Sohnes geeilt war, der als Kriegsfreiwilliger mit in den Kampf gezogen war und sich wiederholt ausgezeichnet hatte. Eine Anzahl Offiziere, eine große Schar Kameraden und das Begleitkommando der 160er mit Kapelle gaben das letzte Geleit dem gestorbenen Helden und Ritter des „Eisernen Kreuzes“, dem der Geistliche an der Bahre den Vers nachrief:
So fahr denn wohl! Dein Kampf ist aus,
Es öffnet sich für Dich das große Vaterhaus
Das Christus uns erworben!
Ein Ende hat Dein Leben dieser Zeit,
Doch selig bis Du in der Ewigkeit.
Du lebest doch – wiewohl Du bist gestorben,
Fahr wohl! – Fahr wohl!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Kriegsausschuß für Konsumenteninteressen besprach die Nahrungsmittelorganistion in Bonn in seiner Sitzung am Sonntag abend. Eine Anzahl Wünsche, die sich zu Anträgen an die Stadtverwaltung verdichteten, wurden laut. Die Anträge beziehen sich auf die Errichtung einer städtischen Schweinemästerei, auf die Wurstbereitung in Eigenbetrieb der Stadt, auf die schärfere Kontrolle des Butterverkaufs, die besondere Berücksichtigung von Kranken, Wöchnerinnen, Säuglingen und kleinen Kindern bei der Milchrationierung, auf eine Verordnung im Sinne des Münchener Vorbildes gegen das Hamstern durch Festsetzung von Höchstmengen, über die hinaus kein Haushalt Vorräte wichtiger Lebensmittel haben dürfe, auf die Beschaffung ausreichender Mengen Gemüse und Obst unter Festsetzung erträglicher Höchstpreise, auf die Verpflichtung der Händler, keine Ware absichtlich verderben zu lassen, die Bereitstellung von Zuckermengen für die Einmachzeit und auf Maßnahmen, die der Massenverpflegung dienen sollen. Ferner will man an die Stadtverwaltung herantreten, um die Milchpreise des Gemeinnützigen Milchausschanks herabzusetzen und beim Bundesrat Erleichterungen für Hausschlachtungen für die kleinen privaten Aufzüchter zu erwirken suchen. Es wurde bekannt gegeben, daß die Regierung die Ziegenzucht in besonderem Maße fördern will und dieserhalb demnächst in Bonn eine Ziegenzucht-Ausstellung stattfindet. Aus der Erklärung § ging hervor, daß regelmäßig 2007 Personen städtischen Speck für 5000 Familien beziehen. Nicht allgemein bekannt dürfte die Feststellung gewesen sein, daß einzelne Personen mit bis zu 30 Brotbüchern an die Verkaufsstellen gehen und sich dafür von den Brotbuchinhabern bezahlen lassen, also ein Gewerbe daraus machen, durch welches die Gesamtheit der Verbraucher natürlich geschädigt wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 17. Mai 1916
Eine städtische Schweinemästerei wird auf dem Dottenhof eingerichtet. Es werden dort zurzeit die Stallungen für 200 Schweine gebaut, die Ställe werden so bald wie möglich mit Ferkeln besetzt werden.
Für entbehrliche Luxuswaren wie Mieder (Korsette, Leibchen usw.) aus Geweben von Baumwolle, auch gemischt mit anderen pflanzlichen Spinnstoffen, ferner für Austern, Hummern und dergl. ist am 12. Mai 1915 auf Grund der Bundesratsverordnung über das Verbot der Einfuhr entbehrlicher Gegenstände vom 25. Februar 1916 bis auf weiteres die Einfuhr verboten worden.
In den Bonner Lichtspielen wird diese Woche ein eigenartiger Film aufgeführt, das fünfaktige Schauspiel „Das jüngste Gericht“. Der Film gibt die phantastische Darstellung eines durch den Zusammenstoß unserer Erde mit einem anderen Weltkörper herbeigeführten Weltunterganges. Aus dem Spielplan ist ferner das Lustspiel „Guido und seine Kinder“ mit dem Berliner Humoristen Guido Thielscher in der Hauptrolle bemerkenswert.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Um Bewilligung der Kriegskinderspende der Frau Kronprinzessin sind aus Bonn allein über 300 Anträge eingelaufen. Es kommen aber nur solche Frauen in Betracht, die durch besondere Umstände in außerordentliche Notlage geraten sind, wenn der Ehemann sich zur Zeit der Geburt im Heeresdienste befunden hat, das Kind nach Beginn der Sammlung, also nach dem 19. September 1915 geboren ist, der Ehemann nicht über 20 Mk. Löhnung monatlich bezieht, die Mutter außer Kriegsunterstützung und Wochenhilfe keine anderen Einnahmen oder sonstige Vorteile hat, die Gesuche innerhalb drei Monaten nach der Geburt eingereicht sind. Als besonders bedürftig können Frauen nicht angesehen werden, die sich infolge der unvermeidlichen Lebensmittelteuerung allerlei Beschränkungen auferlegen müssen, die aber freie Wohnung, Mietsnachlaß, freie Feuerung, freie Lebensmittel, freien Garten, freies Ackerland haben oder andere Vorteile genießen.
Festgenommen wurden zwei achtzehnjährige Burschen wegen Verübung einer Reihe von Einbruchsdiebstählen. U. a. haben sie bei einem Rechtsanwalt in der Meckenheimerstraße einen Einbruch verübt, ferner stehen sie im Verdacht, in ein Milchhäuschen eingebrochen zu sein sowie einen Sammelkasten für das Rote Kreuz, der an der Ecke der Fürsten- und Remigiusstraße stand, erbrochen zu haben. Der leere Kasten wurde später im Hofgarten gefunden. Die jungen Burschen waren längere Zeit ohne Arbeit und hatten sich nachts umhergetrieben.
Nach dem Genuß von Pferdefleisch, das sie in gehacktem oder gebratenem Zustande gegessen hatten, ist eine größere Anzahl Personen an Durchfall und Erbrechen erkrankt. Bei einem Pferdemetzger wurde ein größerer Teil Fleisch und daraus hergestelltes Gehacktes beschlagnahmt und dem Hygienischen Institut zur Untersuchung übergeben. Ein Fall scheint ziemlich bedenklich zu sein. Der Erkrankte wurde ins Johannis-Hospital verbracht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegsgefangene. Landwirte der Stadt Bonn, die noch Kriegsgefangene zur Hilfeleistung wünschen, wollen sich an das Geschäftszimmer für Handel und Gewerbe hier, Rathausgasse 10/12, Zimmer 19, wenden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 18. Mai 1916
Nach dem Genuß von Pferdefleisch erkrankten dieser Tage etwa 20 Personen leicht. Alle Erkrankte waren nach kurzer Zeit wieder wohlauf. Eine Untersuchung über die Beschaffenheit des Fleisches ist eingeleitet worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg, 17. Mai. Der Evangelische Kirchenchor und Oratorienchor Godesberg führten unter Hunscheidts Leitung gestern abend im evangelischen Gemeindehause (Kronprinzenstraße) das herrliche Oratorienwerk „Die Schöpfung“ von Jos. Haydn auf. (...) Der Besuch der Veranstaltung entsprach den gehegten Erwartungen und füllte den großen Konzertsaal nebst seinen Nebenräumen. Auch Bonn zeigte einen starken Zuspruch. Die ganze Aufführung hatte bis ins einzelne einen glänzenden Verlauf und brachte den Chören und Solisten reiche Beifallskundgebungen. Der finanzielle Ueberschuß wird der hiesigen Kriegshilfe zugewandt werden. Zur tags vorher abgehaltenen vollständigen Hauptprobe war den Verwundeten und Frauen, deren Männer im Felde stehen, ein unentgeltlicher Zutritt gestattet worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Rheinland und Nachbargebiete“)
Die Köln-Düsseldorfer Rhein-Dampfschiffahrt nimmt am 20. d. M. den erweiterten Sommerdienst auf. Täglich fahren fünf Schiffe zu Berg und zu Tal. Morgens 8 Uhr fährt ein Personen-Güter-Boot von hier ab rheinaufwärts bis Bingen und weiter bis Mannheim. Um 8.45 Uhr fährt ein Boot (Schnellfahrt) von hier bis Mainz, mittags 12.05 Uhr bis Boppard, nachmittags 2.35 Uhr bis Linz und 5.30 bis Koblenz. Die vier letztgenannten Fahrten werden schon am Freitag aufgenommen. Morgens 9.20 Uhr fährt ein Personen-Güterboot von hier bis Düsseldorf und weiter bis Rotterdam. Um 11.55 Uhr fährt ein Personenschiff von hier bis Köln. Die Schiffe nachmittags 5.20 (Schnellfahrt), 7.35 und 8.35 Uhr von hier fahren ebenfalls bis Köln.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtischer Fischverkauf. Am Freitag den 19. Mai werden bei der städtischen Verkaufsstelle in der Maxstraße getrocknete Klippfische verkauft. Preis für das Pfund 90 Pfg. Das Brotbuch ist vorzulegen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 19. Mai 1916
Anlage von Gasleitungen. Da Spiritus für Leucht- und Kochzwecke nicht mehr abgegeben wird, ist es für jeden, der noch kein Gas hat, empfehlenswert, den Gasanschluß so frühzeitig wie möglich beim Gaswerk zu beantragen; denn bei der beschränkten Zahl von Arbeitskräften ist es nötig, diese Arbeiten zur Herstellung der Gasanschlüsse über die ganze Sommerszeit zu verteilen. Das Gaslicht ist das billigste Licht, das Kochen auf Gas ist reinlich, einfach und sparsam.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Einführung der Fleischkarte in Bonn. Auch die Stadt Bonn führt zur Durchführung der Fleischversorgung der Bürgerschaft die Fleischkarte ein. Die Ausgabe findet in derselben Weise statt, wie diejenige der Zuckerkarten, und zwar am Sonntag, 21. d. M., vormittags von 8 ½ - 12 ½ und nachmittags von 3 – 6 Uhr. Die Ausgabestellen sind dieselben wie bei der Ausgabe der Zuckerkarten nur mit Ausnahme des Katholischen Vereinshauses, dessen Saal nicht zur Verfügung steht. Für die hier in Frage kommenden Bezirke erfolgt die Ausgabe der Karten im Gasthofe von Herrn Leo Heister, Sandkaule 15. In der heutigen Bekanntmachung sind die Ausgabestellen genau bezeichnet. Wer also eine Fleischkarte haben will, der gehe mit seinem Brotbuch rechtzeitig in die für seinen Brotbuchbezirk bestimmte Ausgabestelle. Erwünscht wäre es der städtischen Verwaltung und es liegt auch in eigenstem Interesse der Brotbuchinhaber, daß sie nicht alle am Vormittage, sondern auch am Nachmittag kommen. Die Ausgabe findet des Sonntags statt, da nur dann der Stadt Bonn für diesen Zweck genügendes Beamtenpersonal zur Verfügung steht. Es ist bis jetzt bei derartigen Gelegenheiten die Erfahrung gemacht worden, daß vormittags zeitweilig großer Andrang herrschte, während nachmittags fast alle Ausgabestellen leer waren.
Wer am Sonntag seine Fleischkarte nicht abholt, kann sie erst vom 25. Mai d. J. ab beim städtischen Mehlamte erhalten.
Bei der Fleischversorgung der Bürgerschaft tritt in der Stadt Bonn zum ersten Male eine Regelung ein, die einmal den unliebsamen Andrang vor den Geschäften verhindern soll und das anderemal es auch ermöglichen soll, daß die vorhandenen Fleischvorräte so verteilt werden, daß möglichst Jeder ohne Unterschied ob arm oder reich die für ihn festgesetzte Fleischmenge erhalten kann.
Die Fleischkarte sieht wie die Zuckerkarte 3 Abschnitte vor. Für jeden Kopf der Bevölkerung beträgt die wöchentliche Verbrauchsmenge an Fleisch oder Fleischwaren 250 Gramm, dieses macht auf 10 Tage umgerechnet eine Verbrauchsmenge von 360 Gramm aus. Zum erstenmal werden die Fleischkarten für das letzte Drittel des Monats Mai (22. – 31. Mai) und für den ganzen Monat Juni ausgegeben. Die Fleischkarten sind wiederum in kleine Abschnitte eingeteilt, damit die ganze zustehende Menge nicht auf einmal entnommen werden muß. Sie sehen je 2 Karten für ein Gewicht von 100 Gramm, 50 Gramm und 30 Gramm vor.
Die Kontrolle des Fleischverbrauchs erstreckt sich nicht nur auf Metzgereien und Fleischwarengeschäfte, sondern auch auf Gast- und Speisewirtschaften, Fremdenheime, Volksküchen und Kantinen. Ohne Fleischkarte darf also vom 22. ds. Mts. ab auch in den bezeichneten Betrieben an niemand mehr Fleisch oder Fleischwaren ohne Karte abgegeben werden. Als Fleisch gilt das Fleisch von Rindern, Kälbern, Schafen, Schweinen und Ziegen, auch Wild; als Fleischwaren gelten Fleischkonserven, Räucherwaren, von Fleisch, Würste aller Art, sowie Speck.
Alle Hausstände, die im Besitze einer Fleischkarte sind, müssen sich nun an ein Metzgergeschäft wenden und sich dort als Kunden anmelden. Sie werden dann in eine Kundenliste eingetragen und müssen die Menge angeben, die sie an Fleisch abzunehmen gedenken. Die Inhaber der Metzgereien kennzeichnen durch Aufdruck ihres Firmenstempels auf die Stammkarte, daß sie die Betreffenden als Kunden angenommen haben. Der Inhaber der Fleischkarten ist dann gehalten, einen Monat lang seinen Fleischbedarf bei dem Metzgergeschäft, bei dem er als Kunde angemeldet ist, zu decken. Die Fleischkonserven und Fleischdauerwaren dürfen außerdem noch, aber auch nur gegen Fleischkarte, in anderen Geschäften gekauft werden.
Wenn die vorgesehene Fleischverbrauchsmenge auch wenig ist, so muß der Bürger sich auch hier der gebotenen Einschränkung willig fügen. Gilt doch ebensogut an der Front wie auch hinter der Front der Ausspruch: „Wir müssen durchhalten.“ Wir können uns der zuversichtlichen Hoffnung hingeben, daß auch wieder bessere Zeiten kommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 18. Mai. Einen erfreulichen Aufschwung nimmt die hiesige Jugendwehr unter der Leitung des Herrn Oberlehrer Endemann. Bei der Uebernahme der Wehr durch Herrn Endemann im verflossenen Sommer schmolz die anfängliche Zahl von 60, als die Anforderungen wuchsen, sogar auf 28 herab. Trotzdem verlor der Führer den Mut nicht. Die Kompagnie wuchs und zählt heute bereits 80 junge Teilnehmer. Die Gemeinde Godesberg unterstützte diese patriotische Strömung mit einer Beihilfe von 500 Mark zur Uniformierung der Jugendwehr. Unter Hinzurechnung der 190 Mann starken Jugendwehr des Pädagogiums zählt nunmehr die Gesamtjugendwehr Godesbergs 270 Mann und ist mithin eine Kompagnie in voller Kriegsstärke. Die aufopferungsfreudigen Leistungen ihres Kompagnieführers Endemann würdigte Herr Kaplan Schopen, der sich immer aufs wärmste für die gute Sache gemüht hat, am verflossenen Mittwoch in einer markanten Ansprache an die versammelte Jugendwehr, die das Gelöbnis einer weiteren treuen Pflichterfüllung mit einem Hoch auf ihren Führer besiegelte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Arndt-Eiche in Eisen. Ernst Moritz Arndt wendet sich in einem Aufrufe an seine lieben Mitbürger und betont darin: Heute sind 5 Monate verflossen, seit auf dem Münsterplatz die Arndt-Eiche in Eisen errichtet worden ist. Stadtverwaltung und Stadtvertretung, unsere Feldgrauen von jeder Waffe und Rang, Universität und Handwerk, Handelskammer und Industrie, höhere Schulen und Volksschulen, die Bürgerschaft in vielen Vereinen und Gesellschaften, alle haben einmütig ihre Gaben gespendet, um das Bonner Kriegswahrzeichen zu schmücken und die Not der Witwen und Waisen von Bonner Kriegern lindern zu helfen. Ueber 62.000 Mark sind in diesen 5 Monaten eingegangen, und herzlicher Danke sei allen ausgesprochen, die ihre Spende dargebracht haben. Eine schöne eiserne Zier umfaßt bereits die Eiche, doch noch manche Stellen harren der Umkleidung und der Stifter. Wohlauf, Ihr Bonner Bürger, die Ihr bisher noch nicht Euren Namen an der Arndt-Eiche verewigt habt, und Ihr Studenten, die Ihr in diesem Semester zur Alma Mater gezogen, kommt und bringt Eure Gabe dar! Im Blumenschmuck und Sonnenschein liegt Rheinlands Flur und unsere schöne Stadt Bonn mit ihrer herrlichen Umgebung da, geschützt und geschirmt durch den eisernen Wall unserer Krieger. Für sie und ihre Hinterbliebenen dankbar und reichlich zu spenden, ist Ehrensache und heilige Pflicht. Nunmehr ist es an den Bürgern, ihrerseits eifrig dem Aufrufe Folge zu leisten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 20. Mai 1916
Weil er Brotkorn an die Hühner verfüttert hatte, verurteilte die Strafkammer gestern einen Landwirt von Haus Alfter in Röttgen zu 500 M. Geldstrafe. Der Landwirt behauptete zwar, es handle sich bei der Frucht um Körner, die nach dem Dreschen unter der Dreschmaschine zusammengekehrt worden seien, und diese Behauptung wurde auch durch einen Zeugen wahrscheinlich gemacht, das Gericht war aber der Meinung, in der jetzigen Zeit müsse der Landwirt mit allem Brotgetreide sorgsam umgehen, der Angeklagte hätte verhüten müssen, daß beim Dreschen so große Mengen Brotfrucht für die Volksernährung verloren gingen, wie es geschehen sei, da er viele Monate lang damit habe seine Hühner füttern können. Derselbe Landwirt erhielt weitere 50 Mark Geldstrafe, weil er reines Weizenmehl, nach seiner Behauptung ausländisches, zu Brot verbacken hatte.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Weibliche Kellner gibt es jetzt auch auf den Schiffen der Köln-Düsseldorfer Dampfschiffahrtsgesellschaft.
Wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz standen gestern die Eheleute Metzgermeister Karl Zenz aus Godesberg vor der hiesigen Strafkammer. Sie wurden auf Grund der Ermittlungen und der Zeugenvernehmung völlig freigesprochen. Es ist dies für den Angeklagten umso erfreulicher, als gerade in diesen schweren Zeiten erwiesene Vergehen solcher Art hart geahndet werden.
Mit einem Stock hatte ein Arbeiter von hier abends an der Ecke der Kölnstraße und Maargasse einen an ihm vorbeigehenden Schreiner erheblich mißhandelt. Er behauptete vor der Strafkammer gestern, er sei von dem Schreiner angestoßen worden. Der Schreiner gab an, es sei möglich, daß er ohne es zu wollen, den Angeklagten berührt habe. Er habe gar keine Veranlassung gehabt, ihn zu stoßen. Das Urteil lautete auf zwei Wochen Gefängnis.
Um in das Heer eintreten zu können, hatte sich ein mit Zuchthaus bestrafter und aus dem Heere ausgestoßener Mensch unter Angabe eines falschen Namens zum Militär angemeldet. Er hatte dadurch bewirkt, daß die Listen unrichtig geführt wurden. Die Strafkammer verurteilte den Angeklagten, der vom persönlichen Erscheinen entbunden war, zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat, die durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt erklärt wurde. Es wurden in Betracht gezogen einerseits die Vorstrafen des Angeklagten, andererseits, daß er sich bei Begehung der Tat von einem anerkennenswerten Beweggrund habe leiten lassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Fleischnot und Fleischpreise.
Der Fleischmangel herrscht nicht nur hier in Bonn, auch aus anderen Städten wird darüber geklagt. Und die Höchstpreise, die hier festgesetzt worden sind, ergeben sich, wie uns von eingeweihter Seite mitgeteilt worden ist, aus dem Durchschnitt der Preise, die für das vom Viehhandelsverband überwiesene und für das aus Dänemark bezogene Vieh bezahlt werden müssen. Aus Dänemark muß weit mehr Vieh bezogen werden, als der Verband überweisen kann. Daraus erklären sich die hiesigen Höchstpreise. Anderswo scheinen die Verwaltungen glücklicher gewesen zu sein. Was in Nachbargemeinden gezahlt wird, soll nicht einmal wiederholt werden. Aus Attenborn in Westfalen wird geschrieben, dem Bürgermeister sei es gelungen, Vorräte an Lebensmitteln für die Bürgerschaft bis tief in den Winter hinein anzusammeln, „die keineswegs zu den jetzigen hohen Preisen abgegeben zu werden brauchen“; die Lagerung sei eine derartige, daß ein Verderb ausgeschlossen sei. Das jetzt so beneidenswerte Städtchen erfreut sich im allgemeinen wohl nicht des „Wohlstandes“, der nach der Auffassung Maßgebender hier in Bonn noch herrschen soll. Für viele sind die jetzigen Preise aber mehr wie drückend; ungezählte sind überhaupt nicht mehr in der Lage, Fleisch kaufen zu können, dazu reichen die Mittel nicht, die in der jetzigen Zeit nicht reichlicher, sondern vielfach sogar geringer geworden sind. Der große Fleischmangel in Bonn ist vielen nicht ganz verständlich. Entweder, heißt es, ist vieles gehamstert worden oder es wird vieles verheimlicht, was vielleicht anderswo hin verschickt wird. Die tollsten Andeutungen werden gemacht und leider auch geglaubt, die man nicht widerlegen, an deren Wahrheit man sich aber auch nicht überzeugen kann. Eine gründliche und umfassende Bestandsaufnahme wäre wohl auch hier angebracht, nicht nur in den Geschäften, die Lebensmittel verkaufen, oder in den Metzgereien, die, nach den Erfahrungen in anderen Städten, auch hier dem schlimmsten Verdacht ausgesetzt sind, sondern auch bei den Privaten, die, wie geglaubt wird, mächtig eingehamstert haben sollen. Gewisse und gründliche Bestandsaufnahme, deren Ergebnis selbstverständlich veröffentlicht werden müßte, würde auch hier sehr bald allen bösen Gerüchten ein Ende machen. Aber die Verwaltung sollte sich im allgemeinen Interesse dieser doch keineswegs unberechtigten Forderung auch nicht länger widersetzen. Was in Köln und anderen großen Städten möglich war, wird doch auch hier durchführbar sein, sollte man meinen.
Die Stadtverwaltung hat inzwischen, wie aus den öffentlichen Bekanntmachungen zu ersehen, auch hier die Fleischkarte eingeführt, die, wie sie in einer besonderen Zuschrift an die Presse auseinandersetzt, die Fleischversorgung regeln soll. Vorgesehen ist eine gleiche Fleischmenge für jeden Kopf der Bevölkerung, gleichviel ob arm, ob reich. Die wöchentlich jedem zustehende Verbrauchsmenge ist auf 250 Gramm festgesetzt, das macht, auf 10 Tage umgerechnet, eine Verbrauchsmenge von 360 Gr. (oder 36 Gramm für den Tag) aus. Das ist verzweifelt wenig, und die Hoffnung, die am Schlusse auf bessere Zeiten ausgesprochen wird, ein verdammt magerer Trost, besonders, wenn man hört, daß im benachbarten Köln die Verbrauchsmenge gerade doppelt so groß ist. Warum den[n] nicht auch hier, in Köln ist es hoch, so hört man vielfach murren. Wir sind ja überzeugt, daß die Stadtverwaltung und mit ihr alle Beteiligten ihre Pflicht erfüllt haben. Aber es ist schwer, jedem begreiflich zu machen, was durch die Einführung der Fleischkarte nunmehr gewonnen wird. Der Andrang vor den Geschäften wird nun wohl vermieden werden. [...]
Warten wir ab, wie sich diese Einrichtung bewähren wird.
Gut aber wäre es, wenn die Stadtverwaltung auch jetzt noch eine allgemeine Bestandsaufnahme anordnete, deren gewissenhafte Durchführung viele Unzufriedenheit ausräumen würde. So lange nicht behördlich festgestellt ist, daß hier keiner in Wohlleben schwelgt, während die Menge darbt, so lange wird das Murren nicht enden: auf der Coblenzerstraße und in anderen Quartieren der Besitzenden herrsche kein Mangel, dort könne noch jeder sich an Fleisch sättigen, was den anderen unmöglich sei. Wir wollen ja gerne glauben, daß es sich nur um böswillige Ausstreuungen handelt. Aber gut wäre es, wie gesagt, wenn es öffentlich festgestellt würde.
Ein trauriges Schauspiel
bot sich unseren Hausfrauen heute vormittag in der Sternstraße. Vor dem ehemaligen städtischen Verkaufslokal stand eine Karre hochbeladen mit Zwiebeln, die anscheinend für den üblichen Gebrauch nicht zu verwenden waren; sie waren zum großen Teil stark ausgeschlagen. Wie verlautet sollen mehrere Karren Zwiebeln dort verladen und unverdaut in ein besseres Jenseits befördert worden sein.
Bei dem hohen Preis, den heutzutage die Zwiebeln aufweisen, wäre ein fahrlässiges Verderben dieses volkstümlichen Genußmittels sehr zu bedauern. Wir werden auf die Angelegenheit noch zurückkommen.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 21. Mai 1916
Die Großherzogin von Sachsen ist gestern nachmittag in ihrem Hofzuge in Bonn angekommen. Sie begab sich mit ihrem Gefolge nach dem Königshof, verweilte dort einige Stunden und reiste gestern abend 8 Uhr weiter.
Keine Kleiderkarten. Der Handelskammer zu Koblenz hat die Reichbekleidungsstelle auf Anfrage mitgeteilt, daß nicht beabsichtigt ist, Kleiderkarten, d. h. Bezugsbescheinigungen ohne Berücksichtigung des Bedarfs, auszugeben.
Schiffsverkehr aus dem Rhein. Die Köln-Düsseldorfer Dampfer haben am gestrigen 20. Mai ihren vollen Sommerbetrieb wieder aufgenommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Arndt-Eiche in Eisen. Eine überaus hochherzige Spende wurde gestern unserem Kriegsmal und seinem hehren Zweck, der Fürsorge für Witwen und Waisen von Bonner Kriegern zuteil, indem eine Dame, die ihren Namen nicht genannt haben will, die Summer von fünftausend Mark schenkte. Herzlicher Dank sei der Spenderin auch an dieser Stelle für ihre so überaus große Gabe ausgesprochen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bonner Kriegs-Gedenk-Sammlung. Die Bonner Vaterländischen Vereinigungen beabsichtigen in unserer Heimatstadt eine Stätte zu errichten, die dem Gedenken an den großen Krieg gegen unser Vaterland und seinen Rückwirkungen auf die Bevölkerung daheim gewidmet ist. An alle unsere Mitbürger ergeht der Ruf zur Mitarbeit. Es ist geplant, – etwa in Verbindung mit anderen Sehenswürdigkeiten – eine Sammlung in gesonderten Räumen zu schaffen, die unsern Nachkommen ein deutliches Bild der schweren Zeit der Kriegsjahre vor Augen führen soll. Alles, Großes und Kleines, was diesem Gedenken dienen kann, soll der Sammelstelle überlassen werden, und zwar sowohl Gegenstände, die Bezug haben auf die tapferen Söhne der Stadt draußen an den Fronten oder auf See, als auch Erinnerungsstücke der Kriegszeit in der Heimat. Es sind u. a. erwünscht: Bilder von Ereignissen, besonders aus der ersten Zeit des Weltkrieges, auch von Bonnern an der Front oder von zeitweiligen Vereinigungen für die Zwecke des Krieges, wie z B. der Wollsammler, der Pfadfinder u. s. f.; Feldbriefe, in Original oder Abschriften; Zeichnungen aus dem Feld; Tagebücher; seltenere Drucke mit bezüglichen Aufsätzen über Dinge, an denen unsere Bonner beteiligt waren, oder die von solchen verfaßt sind; Schilderungen von Ereignissen daheim und draußen, z. B. wie unsere Helden, deren Bilder nicht fehlen sollen, sich ihre Ehrenzeichen verdienten; auch Zeichnungen, Briefe, Scherze von Kindern zum Gedächtnis dessen, wie der große Krieg sich in der Seele der Jugend widerspiegelt; selbstredend Beiträge für das große Gebiet der Kriegswohlfahrtspflege in der Stadt, kurz Erinnerungsstücke im weitesten Umfang. Die Namen der Stifter oder der Verfertiger der Stücke sollen genannt werden, und sowohl eine dauernde Ausstellung ist in Aussicht genommen, als auch die Ausstellung wechselnder Reihen. Da sich der Umfang der eingehenden Sachen naturgemäß noch nicht übersehen läßt, so ist vorläufig unter Leitung des Herrn Professor Dr. Knickenberg eine Sammelstelle im städtischen Lyzeum in der Loestraße eingerichtet. Hier werden die Gegenstände schon jetzt, soweit möglich, zur gelegentlichen Besichtigung öffentlich aufgestellt werden; endgültige Entschlüsse müssen bis zum Ende des Krieges aufgespart bleiben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 22. Mai 1916
Der Verband der deutschen Buchdrucker, die älteste und weitaus größte gewerkschaftliche Organisation der deutschen Buchdruckergehilfen, bestand am 20. Mai fünfzig Jahre. Der Verband zählte beim Beginn des Krieges gegen 71.000 Mitglieder, von denen zurzeit nahezu 43.000 im Kriegsdienste sich befinden und auch schon über 3500 auf dem Felde der Ehre gefallen sind. (...) Wie fast in allen Druckorten Deutschlands, so versammelten sich auch in Bonn gestern die Buchdruckergehilfen, um das Jubiläum ihres Verbandes in einer der Kriegszeit entsprechenden einfachen Weise zu feiern. Auch auf den Bonner Ortsverein hat der Krieg stark eingewirkt; von seinen rund 160 Mitgliedern stehen etwa 100 im Heeresdienst, sieben sind für das Vaterland gestorben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Ausflugsverkehr war am gestrigen Sonntag so stark, daß man lebhaft an Pfingsten erinnert wurde. Das Schiff, das nachmittags um 2.35 Uhr von hier rheinaufwärts fuhr, war derart besetzt, daß Hunderte und Aberhunderte sich mit einem Stehplatz begnügen mußten. Auch die Staatsbahn und unsere Vorortbahnen waren in den Nachmittags- und Abendstunden dicht besetzt. Den größten Ausflugsverkehr hatte natürlich Königswinter aufzuweisen. Von dort aus zogen die Ausflügler in hellen Scharen ins Siebengebirge. Die rechts- und linksrheinischen Gasthöfe hatten gestern einen guten Einnahmetag. Am Abend herrschte an den Landebrücken und auf den Bahnhöfen das an solch herrlichen Tagen übliche starke Gedränge und manche Ausflügler mußten sich mit Geduld wappnen, ehe es ihnen gelang, eine Fahrgelegenheit zur Heimreise zu erwischen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 22. Mai. Das „Eiserne Kreuz von Godesberg“, das seit Beginn des Winters im Rathause untergebracht war, ist gestern wieder an der Dampfschiffstation in den Rheinanlagen zur Nagelung aufgestellt worden. Aus diesem Anlaß brachte der Männergesangverein Cäcilia gestern nachmittag am neuen Standorte mehrere Lieder zum Vortrag. Fortan sollen dem Eisernen Kreuz noch Plaketten angefügt werden mit den eingravierten Namen solcher Spender, die einen Mindestbeitrag von 50 Mark der guten Sache opfern.
Godesberg, 22. Mai. Die hiesige Goldankaufstelle hat für die zur Stärkung des Goldschatzes der Reichsbank überbrachten Gold- und Schmucksachen bisher 9300 Mark ausgezahlt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Dienstag, 23. Mai 1916
Arndt-Eiche in Eisen. Eine große Menschenmenge hatte sich Sonntag nachmittag bei herrlichstem Frühlingswetter an der Arndt-Eiche eingefunden, als um 5 Uhr vom Kaiserplatz her unter den Klängen der Bonner Landsturm-Kapelle der Festzug der Bonner Liedertafel sich nahte, um dem Andenken ihrer gefallenen Sänger ein Schild zu nageln. Abwechselnd mit den prächtigen Weisen der Kapelle unter Leitung ihres Kapellmeisters John sang die Bonner Liedertafel aus ihrem reichen Liederschatz eine Reihe von ausgewählten ernsten und fröhlichen Liedern voll frischer Kampfeslust und glühender Vaterlandsliebe. Stark gelichtet sind zwar die Reihen unserer Liedertäfler; die meisten ihrer Sänger haben die Leier mit dem Schwerte vertauscht und schützen draußen im Feindesland Herd und Heimat, aber es war doch noch ein stattlicher Chor, der unter Meister Werths Leitung sein prächtiges Stimmenmaterial und seine ausgezeichnete Schulung zur Geltung brachte. Namentlich die Tenöre waren stark vertreten und von herzgewinnender Frische. Die Ansprache des Vorsitzenden, Herrn Bankdirektor Weber, baute sich auf dem Wahlspruch der Bonner Liedertafel auf: „Dem Wahren, Guten und Schönen soll unser Lied ertönen!“ Das Wahre wird und muß sich Bahn brechen, das Gute führen wir aus, indem wir den Witwen und Waisen unserer gefallenen Krieger ein Opfer bringen, und das Schöne erhoffen wir von der Zuversicht: einen vollständigen Sieg unserer deutschen Waffen, einen nicht allzu fernen dauernden Frieden und ein starkes, ungeschwächtes, herrliches Deutschland. Diesem galt auch das am Schlusse der Ansprache ausgebrachte Hoch.
Das genagelte Schild enthält die Inschrift:
„Die Bonner Liedertafel
Ihren Helden zur Ehr,
Den Armen zur Hilfe.“
Es trägt den Namen ihrer gefallenen Mitglieder. Um 7 Uhr war die eindrucksvolle Feier beendigt, und im feierlichen Zuge ging es zur Beethovenhalle, wo im schattigen Garten beim kühlen Bier noch so manches Lied verklungen ist.
In der Missionskonferenz der Synode Bonn sprach gestern nachmittag (im evangelischen Gemeindehaus) Herr Pfarrer Simon aus Barmen über „Das grundlegende Problem der Mohammedaner-Mission“. Der Redner betonte, daß die Mohammedanermission nach dem Kriege ein schwieriges Gebiet sein werde. Ein Verzicht auf diese Mission sei ausgeschlossen, alles Unchristliche und Unmissionarische, womit der Islam politisch, kulturell oder kaufmännisch zu drücken versucht werde, sei natürlich auszuschalten. Die Hauptsache aber sei, die Mohammedaner von ihren vielen irrigen Auffassungen über Christus und das Christentum zu befreien, ihnen den christlichen Gottesbegriff in seiner wirklichen Form näher zu bringen und so die geistige Auseinandersetzung zwischen Christentum und Islam vorzubereiten. An der Aussprache beteiligten sich u. a. die Herren Professor Becker, der auf das durch den Krieg geschärfte Selbstbewusstsein vor allem der türkischen Mohammedaner hinwies und die Missionstätigkeit in der Türkei als sehr schwierig bezeichnete, Professor Clemen, der die Veränderungen des Islams und seine Mannigfaltigkeit hervorhob, und Pfarrer Kremers, der vor allem auf die werbende Kraft der christlichen Liebestätigkeit aufmerksam machte. Nach einem Schlusswort des Hauptredners schloß der Vorsitzende, Herr Pfarrer Lorenz, die Konferenz mit guten Wünschen für ihren Erfolg.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Einheitsspeisekarte. Ueber die Einheitsspeisekarte, die voraussichtlich am 1. Juni in allen deutschen Gastwirtschaften zur Einführung gelangen wird, scheint in den Kreisen der Gastgeber selbst noch Unklarheit zu herrschen. Es mag deshalb darauf hingewiesen werden, daß nach den bisher getroffenen Abmachungen die Beschränkung der Speisekarte auf zwei Suppen, zwei Fleisch- und zwei Fischgerichte sich nur auf die Hauptspeisen bezieht. Neben diesen kann die Speisekarte kalte Vorspeisen, wie geräucherten Lachs, Oelsardinen und ähnliches, ferner Eierspeisen, Salate und Kompotte in beliebig großer, beliebig reichhaltiger Auswahl enthalten. Ebenso ist der Nachtisch, die Süßspeisen, nicht auf zwei Gerichte beschränkt. Es wird nun Sache der Gastwirte sein, ihre Kochkünste so weit zu entwickeln, daß die Speisekarten neben den Hauptgerichten immer noch eine genügende Auswahl an essbaren und sättigenden Speisen enthält. Denn andernfalls würde die Nachfrage nach den zwei Fisch- und Fleischgerichten, die erlaubt sind, eine so große sein, daß der Wirt angesichts der eingeschränkten Fleischverteilung, den an ihn gestellten Anforderungen nicht genügen könnte. Uebrigens ist auch für belegte Brote und andere kalten Platten eine unbeschränkte Auswahl möglich, das heißt, soweit man bei den heutigen Verhältnissen von „unbeschränkt“ reden kann.
Der Westerwaldklub führte seine Mitglieder am Sonntage in stattlicher Anzahl zu einer genussreichen Wanderung nach Honnef. Durch dichte, lauschige Waldpfade, die im Schmucke ihres jungen Grüns besonders lockten, wanderte man durchs Mucher Wiesental zum Huimerich, wo eine schöne Aussicht die Mühen des Aufstiegs reichlich lohnte. Nun gings zum schön gelegenen Rastplatze inmitten junger Tannen in ein echtes, rechtes Maiblumengebiet. Dem beschaulich Rastenden bot sich hier Gelegenheit, in Ruhe all’ die Schönheit zu genießen, die ein so leuchtender Maientag über unsere rheinischen Berge ausgießt, während ein Teil der Gesellschaft am nahen Waldrande fleißig Maiglöckchen sammelte. Stille Waldpfade führte alle hochbefriedigt und der trefflichen Führung dankbar nach Honnef zurück.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kinderspeisung. Die Hauswirtschaftliche Kriegshilfe hat eine Kinderspeisung eingerichtet, die wohl eine der erfreulichsten Früchte ihrer Wirksamkeit ist. Im Speisehaus wie im Kloster in der Maargasse werden täglich im ganzen etwa 100 Kinder mit gutem nahrhaften Essen versehen. Die Gaben für dieses schöne Unternehmen sind in geradezu staunenswerter Weise von barmherzigen Stiftern gegeben worden, und eine Reihe von Damen ist tätig, um die Kinder zu beaufsichtigen und ihnen das Essen zu reichen. Mit großer Freude wurde diese Zuwendung von den Volksschulen und den Schulschwestern begrüßt, welche nur zu wohl wissen, wie sehr den kleinen blassen Jungen und Mädchen ein Teller Suppe nottut. Es ist eine Freude, zu sehen, wie es ihnen schmeckt und wie gerne sie kommen. Die Reinlichkeit und Verträglichkeit, welche hier herrschen muß, ist daneben eine gute Erziehung, die freudig zu begrüßen ist. Möchte das warmherzige Wohlwollen an dieser Kinderspeisung wachbleiben und es gelingen, durch die bessere Gesundheit den Kindern und auch den Vätern im Felde eine Freude zu bereiten.
Das Soldatenheim im Gesellenhause war auch am vergangenen Sonntag wieder der Anziehungspunkt für eine sehr große Anzahl von Soldaten, die sich zuerst mit Lesen und Schreiben beschäftigten, sodann den unterhaltenden Darbietungen im großen Saale beiwohnten. Den Hauptteil der Unterhaltungen bestritt diesmal der Kirchenchor von St. Marien in Bonn. Der Präses des Vereins gab zunächst einen Ueberblick über die gegenwärtige Lage, pries die Tapferkeit unseres Heeres und brachte ein Hoch auf unsere Soldaten aus. Sodann wartete der Kirchenchor mit einer Reihe von Chören auf, deren äußerst gefällige und dankbare Aufnahme bewies, daß der Chor unter der trefflichen Leitung seines Dirigenten, den Herrn H. Arentz, das Beste dargeboten hatte. Herr Wilhelm Engels unterhielt die Anwesenden aufs vorteilhafteste durch mehrere Baritonsolis, deren Wiedergabe ihm vorzüglich gelang. Als jugendliche Solisten verrieten die Knaben Rademacher, Schiffers und Witzkirchen eine seltene Begabung und gute Schulung. Das Lustspiel „Die Flitterwochen“, um dessen wohlgelungene Aufführung sich Frl. M. Gierlich und die Herren Jakob Brodesser, Roitzheim, Moß und Joh. Weber jr. Sehr verdient machten, brachte eine angenehme Abwechselung und bildete den Schluß der Darbietungen, die allen wohl gefielen und in dem Vorsatz festigten, treue Besucher des Soldatenheims zu bleiben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 24. Mai 1916
Beratung für zeitgemäße Kleidung. Man schreibt uns: Viele Frauen haben in unserer ernsten Zeit den Willen, sich so zu kleiden, daß es mit dem vaterländischen Gefühl und einer gewissen Sparsamkeit und Einfachheit übereinstimmt, aber es fehlt ihnen der gute und verständige Rat. Nach Rücksprache mit dem Verein für Verbesserung der Frauenkleidung und der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe soll versucht werden, eine Beratungsstelle zweimal wöchentlich in einem bequem gelegenen Raum zu eröffnen, der am Martinsplatz 6 von Hrn. J. Reeb in freundlicher Weise zur Verfügung gestellt wird. Ratschläge erteilen dort eine Dame von gutem Geschmack und sozialer Bildung, sowie eine geschickte, anerkannte Damenschneiderin. Der Rat wird mit 30 Pfg. bezahlt. Es wird Rat erteilt für Form und Farbe der Kleidung, für Anwendung und Wiederinstandsetzung getragener Kleidung, in Blusenschnitten und Besatzartikeln, in Kleidung für schwierige Figuren usw. Die Pariser Mode wird ausgeschaltet und die Wiener herangezogen. Hausschneiderinnen werden tunlichst empfohlen. Die Praxis muß ergeben, ob ein Bedürfnis für solche Beratung vorliegt. In der Hauptsache soll sie bescheidenen, sparsamen Hausfrauen dienen, aber auch allen, die sonst Rat wünschen. Die erste Beratung findet am Samstag von 9 bis 12 Uhr statt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Nachrichtendienst für Ernährungsfragen übermittelt uns durch das WTB folgende Darstellung:
Mittelstandsküchen, Volksküchen und Gulaschkanonen.
Die Notwendigkeit, die vorhandenen Lebensmittel gleichmäßig einzuteilen und zu verteilen, hat zu der Erkenntnis geführt, daß diese Einteilung praktischer und erfolgreicher ist, wenn sie in Form von fertigen Speisen und nicht von unbereiteten Nahrungsmitteln erfolgt.
Die Ersparnis, die durch gemeinsame Küchenführung erfolgt, ist doppelt: Bessere Verwertung der Nahrungsstoffe und Ausnützung der Nahrungsstoffmengen, andererseits Ersparnis und Freiwerden von Arbeitskräften, die bisher gebunden waren, für andere Zwecke.
Ein Pionier der gemeinsamen Speisung war die Gulaschkanone. Ihr Erfolg war so groß, daß sie den Ansprüchen bald nicht mehr genügen konnte. An ihre Stelle trat der Vorschlag und in zunehmendem Unfange die Einrichtung von Volks- und Mittelstandsküchen, in denen nicht nur Speisen zum sofortigen Verzehr, sondern auch zum Verbrauch im Haushalt verabreicht werden.
Die ernährungspolitischen und ökonomischen Vorteile, die das Bestehen der Gemeinschaftsküchen ermöglicht, machen ihre Einführung in allen Städten wünschenswert. Die Gemeinden müssen an die Lösung dieser dringenden Aufgabe herangehen und sie entweder mit den bestehenden Wohlfahrtsvereinen oder selbständig in die Hand nehmen. Es kommt alles darauf an, praktische Ernährungspolitik zu betreiben. Sie allein verheißt den Erfolg, den die Kriegswirtschaft, ihre Verhältnisse und Einflüsse erforderlich machen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Für erblindete Krieger wurden der Stadt Bonn von einem in Newyork wohnenden Herrn Kaufmann Ferdinand Kaiser, Sohn der Herrn Stadtverordneten Kaiser, 3000 Mark überwiesen, die er bei den in Newyork lebenden Deutschen gesammelt hat. Außerdem hat er weitere 3000 Mark eingezahlt, die einer bestehenden allgemeinen Stiftung für Kriegsblinde überwiesen werden sollen.
Kriegsbeschädigtenfürsorge. Der in Düsseldorf verstorbene Amtsanwalt Ernst Donner hat der Stadt Bonn 1000 Mk. vermacht zur Unterstützung von geborenen Bonner Kriegsbeschädigten.
Der Fortbildungsanstalt wurde von der Bonner Fahnenfabrik eine künstlerisch handgestickte Fahne geschenkt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Der rheinisch-westfälische Gauverband für Deutsche Frauenkleidung und Frauenkultur und dessen angeschlossenen Vereine in Aachen, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Elberfeld, Barmen, Essen, Hagen, Köln, Witten fordert die Frauen Rheinlands und Westfalens auf, sich seinen Bestrebungen anzuschließen. Es handelt sich um eine Gemeinschaft von Frauen, die schon seit längeren Jahren solche Modeerscheinungen bekämpft, die sich mit der Vernunft und dem körperlichen Wohlbefinden der Frauen nicht vereinbaren lassen. Es gilt nicht der Mode an sich und einem gemäßigten Wechsel der Mode entgegenzuarbeiten, sondern die Frau soll mehr als bisher Einfluß auf die Gestaltung der Mode gewinnen. Wenn die große Masse der Frauen in Zukunft gemeinsam unpassende Modeerscheinungen ablehnt, wird die Modeindustrie dem Rechnung tragen und mit der Zeit nur mehr das auf den Markt bringen, was für die deutsche Frau geeignet ist.
Seit Jahrzehnten ist die Frau der Spielball der Modeindustrie. Nur durch ein geschlossenes und gemeinsames Vorgehen kann erreicht werden, daß die Mode das werden, was sie sein sollte: Die Kunst die Frau geschmackvoll und passend zu kleiden.
Zuschriften wolle man richten an den Gauverband, Köln, Rheingasse 8.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 25. Mai 1916
Zucker – Speck – Schmalz. Neue Zuckerkarten für den Monat Juni werden vom 27. Mai bis 8. Juni in einer Anzahl Geschäfte ausgegeben, die in einer Bekanntmachung in dieser Zeitung genannt werden. Hausstände, die außer ihrer regelmäßigen Zuckermenge noch besonderen Einmachzucker haben wollen, müssen das auch besonderen Meldescheinen bei städtischen Lebensmittelamt beantragen.
Der städtische Speckverkauf und der städtische Schmalzverkauf werden durch zwei Bekanntmachungen in dieser Zeitung neu geregelt.
Eine Reichsbuchwoche, die vom 28. Mai bis 3. Juni veranstaltet wird, soll dem Roten Kreuz wieder in größerem Maße Lesestoff für unsere Truppen zuführen. Die Sammlung ist so gedacht, daß in der Woche vom 28. Mai bis 3. Juni Bücher für unsere Truppen in den durch ausgehängte Werbeblätter kenntlich gemachten Annahmestellen abgeliefert werden. [...] Wer seine Gabe nicht aus dem häuslichen Büchervorrat entnehmen kann, kaufe ein Buch beim Buchhändler, der die Auswahl mit seinem Rat gerne erleichtern wird. Wer nur wenig Geld ausgeben will, bedenke, daß schon für den geringen Preis von 20 Pfg. etwas Geeignetes zu haben ist. Geeignet sind namentlich unterhaltende Bücher, Romane, Novellen, Almanachs, auch Lesebücher, ferner Zeitschriften allgemeinen Inhalts, besonders illustrierte Familienzeitschriften in ganzen Bänden oder einzelnen Heften; Gedichte und Dramen, Ausgaben der deutschen Klassiker; volkstümlich belehrende Schriften; religiöse Schriften, die für einen Krieger passen. Ungeeignet sind: schlüpfrige und unsittliche Schriften, auch sog. Schundliteratur wie die bekannten Zehnpfennighefte und schlechte Detektivromane; Streitschriften; Jugendschriften, die für ein kindliches Alter oder für Mädchen bestimmt sind (Bücher für große Knaben sind meist gut zu verwenden); rein wissenschaftliche und gelehrte Bücher. Schriften über den Krieg mögen die Soldaten in den Schützengräben in der Regel nicht lesen; sie verlangen besonders Unterhaltungsschriften, vor allem humoristische, die sie von der oft grauenhaften Wirklichkeit des Stellungskampfes ablenken, ihr Gemüt erheitern und ihre Nerven beruhigen. Allzu große und schwere Bücher sind nicht erwünscht, gebundene Bücher sind den ungebundenen vorzuziehen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Einmachen ohne Zucker. In der pharmazeutischen Zeitung befaßt sich Fr. G. Sauer. Die Ausführungen sind geeignet, die Bedenken, die sich für das Einmachen an den Zuckermangel knüpfen, zu beseitigen. Der Verfasser führt aus: Das Einkochen von Früchten ohne Zucker ist nicht nur möglich, sondern bringt sogar noch mancherlei Vorteile, denn zunächst vergrößert der Zucker die Einkochmenge, also auch den Bedarf an Gläsern, dann aber sollen die Früchte ihre natürliche Form, ihre ursprüngliche Farbe und ihren Duft und Geschmack besser behalten als die mit Zucker eingekochten. Auch zum Einkochen der Früchte ohne Zucker kann man sich der üblichen Konservengläser, soweit die Gummiringe noch brauchbar sind, bedienen. Für kleinere Früchte sind auch Flaschen, die durch Korken verschlossen werden, benutzbar. Zwecks gründlicher Reinigung werden Gläser, Flaschen und Korke in Wasser mit 1 Prozent Salzsäure geweicht. Ebenso sollen sämtliche Früchte einige Minuten in solchem säurehaltigen Wasser liegen, denn hierdurch werden die in den Schalen haftenden Bakterien zerstört. In die Gefäße wird zunächst zwei Zentimeter hoch gut abgekochtes erkaltetes Wasser gegeben und nun die rohen Früchte recht fest eingeschichtet. Die offenen Gläser werden in einen Kessel mit wenig kaltem Wasser gesetzt und diese langsam auf 70 Grad Celsius erwärmt. Dann werden die Gefäße vollständig geschlossen und nun etwa eine Stunde im Wasser von 65 Grad Celsius erhitzt. Vor der Verwendung gießt man den Fruchtsaft ab, löst darin den Zucker unter Erwärmung und legt in den kalten Zuckersaft die Früchte, die nach dem Erkalten gleichmäßig süß schmecken. Will man statt des Zuckers Sacharin verwenden, so muß man bedenken, daß das Sacharin ein Erwärmen nicht verträgt, da es sich dabei zersetzt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Arndt-Eiche in Eisen. Für die Arndt-Eiche und ihre Fürsorgebestrebungen hat der Verein Alt-Bonn die Reproduktion zweier einzigartiger Stücke aus seinen Arndtschätzen gestiftet, die als Ansichtskarten verkauft werden sollen. Das erste ist eine Federzeichnung von von Bernhard Afinger, dem Schöpfer unseres Arndt-Denkmals auf dem Alten Zoll und mancher Denkmäler auf dem Alten Friedhof, so auch des Christusbrunnen daselbst. Die interessante Zeichnung aus dem Jahre 1855 ist dadurch besonders wertvoll, daß sie uns Arndt zeigt, wie er auf der Straße sich bewegte, ein Barett auf dem Kopfe, den Hemdkragen locker um den Hals, niedrige, mit Band zusammengehaltene Schuhe und unter dem Arm einen Regenschirm mit kräftiger Krücke und Stock, offenbar eine Zeichnung nach dem Leben. Man sieht ihm den 85-Jährigen nicht an. Das Bild befindet sich seit Kurzem im Besitz von Alt-Bonn und ist bisher noch nicht veröffentlicht.
Die zweite Karte zeigt ein Albumblatt, das der alte Vaterlandsfreund für ein Mitglied der Familie Afinger „Mitte des Heumonds 1855“ geschrieben hat:
„Wer nicht zu handeln, nicht zu säen wagt,
Von dem wird endlich Welt und Glück verklagt.“
Auch auf diesem Blatte lassen die klaren, schönen Schriftzüge, besonders die Unterschrift, nicht erkennen, daß sie in hohem Greisenalter geschrieben sind. Es ist zu hoffen, daß die Karten im Interesse der guten Sache viele Käufer finden.
Die Karten hängen im Schaufenster unserer Geschäftsstelle zur Ansicht aus und sind zu 10 Pfg. das Stück an der Arndt-Eiche zu haben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 26. Mai 1916
Büchersendungen an unsere Gefangenen in Rußland. Nach den Bestimmungen der russischen Regierung ist die Zusendung folgender Bücher an Kriegsgefangene verboten: 1. gebundene Bücher; 2. nach 1913 erschienene Bücher; 3. gebrauchte Bücher; 4. Bücher, die irgendwelche handschriftliche Notizen, Bemerkungen und auch Bleistiftstriche enthalten; 5. Bücher, die neuere Geschichte, Politik, militärische Wissenschaft oder die Geographie Rußlands oder angrenzender Gebiete behandeln; 6. Bücher, die über Rußland oder einen seiner Verbündeten in ungünstiger Weise sich äußern oder Bemerkungen solcher Art enthalten; 7. Bücher, die auf den jetzigen Krieg irgendwelchen Bezug enthalten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Künstliche Beeinflussung der Lage am Lebensmittelmarkt. Der Lebensmittelmarkt wird künstlich beeinflußt, d. h. verteuert
1. durch Zurückhaltung und Aufspeichern von Lebensmitteln;
2. durch den Ketten- und Schieberhandel;
3. durch wucherische Preisforderungen
Aufgabe der Behörden und der Oeffentlichkeit ist es:
a. Die Wege dieser Entwicklung und Beeinflussung aufzudecken und
b. Fälle, die gegen das Gesetz verstoßen zur Kenntnis der Behörden zu bringen.
In dieser Pflicht für die Oeffentlichkeit fällt der Oeffentlichkeit die Aufgabe zu, mitzuwirken, wobei, um zum Ziel zu kommen, jeder Unterschied zwischen den Urhebern der zur Beurteilung stehenden Fälle ausgeschlossen sein muß. Ob ein Landwirt eine Gans für 120 Mark verkauft oder Landwirte Eß-Kartoffeln zu Saatkartoffelpreisen geliefert haben, oder Handelsfirmen Ware zu steigenden Preisen zurückhalten und dem Kettenhandel Vorschub leisten, bleibt gleich verurteilenswert, gleich anzeigepflichtig, gleich straffällig.
Fälle, die Anlaß zum Einschreiten der Behörden geben können, müssen einwandfrei feststehen, ebenso wie die Fälle, die Material zur Beurteilung und Abänderung bestehender und als falsch anzusehender Versorgungswege und Preisgestaltungen abgeben sollen.
Mit unbestimmten Angaben läßt sich nichts anfangen. Bestimmt bezeichnete Fälle aber werden untersucht. Ihre Urheber verfallen dem Gesetz, ganz gleich, ob es sich um Landwirte. Händler oder Verbraucher handelt. Ihr Material aber dient als Unterlage für behördliches Urteil und behördliche Maßnahmen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Jugend-Abteilung des K.-K.-B. Man schreibt uns: Schon zum zweiten Mal in diesem furchtbaren Völkerringen stehen wir an der Wende eines Vereinsjahres und noch immer steht das deutsche Volk in siegesfroher Stimmung in furchtbarem Kampf mit seinen rachesüchtigen Gegnern. Doch in Zuversicht auf unser tapferes Heer ließ sich auch die Abteilung in ihren Bestrebungen nicht ermüden, sondern sich in einer den Verhältnissen entsprechenden Weise in der Fürsorge der kaufmännischen Jugend betätigen. Ihr erstes Bestreben erblickt die Leitung darin, sich den gestellten Aufgaben: „Pflege und Förderung eines tiefreligiösen Geistes, allgemeine und sachwissenschaftliche Bildung sowie edle Geselligkeit und reine Freude unter den Mitgliedern zu fördern.“ Fiel auch schon einmal ein Samenkorn auf einen nicht ganz fruchtbaren Boden, so war die Abteilung immer bestrebt, dasselbe durch besonders sorgfältige Pflege dennoch zur guten Entfaltung zu bringen. Macht sich auch hin und wieder das Fehlen eines väterlichen Einflusses bemerkbar, so hat die Leitung hierdurch erkannt, daß ihr ein weiteres Gebiet eröffnet ist, darin bestehend, einen, wenn auch anscheinend unbedeutenden Ersatz zu bieten. In dem felsenfesten Vertrauen auf den endgültigen Sieg der deutschen Waffen und im dankbaren Gedenken unserer Väter und Brüder, soll die Jugendarbeit weiter geführt werden, zum Nutzen des deutschen Kaufmannstandes und zum Frommen unseres geliebten Vaterlandes. Schulentlassene, junge Kaufleute, welche der Jugend-Abteilung beitreten wollen, werden gebeten, sich beim Vorsitzenden, Herrn P. May, Heerstraße 10, oder beim Schriftführer, Herrn J. Senff, Hohenzollernstraße 2, zu melden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 27. Mai 1916
Die Stadtverordneten beschäftigten sich gestern in ihrer öffentlichen Sitzung, die fast 3½ Stunden dauerte, vor allem mit der Lebensmittelversorgung der Stadtbevölkerung. Oberbürgermeister Spiritus legte in einem ausführlichen Vortrage die bisherigen Maßnahmen der städtischen Verwaltung auf diesem Gebiete dar, wobei er u. a. bemerkte, daß die Aufwendungen der Stadt für Lebensmittel bisher 7 ½ Millionen Mark und die täglichen Einnahmen bei den städtischen Verkaufsstellen zurzeit rund 60.000 Mark betragen. Der Oberbürgermeister kam auch auf die Frage der Gemeinschaftsspeisung zu sprechen und betonte die Notwendigkeit, sie zum Herbst auch in Bonn einzuführen. Die Frage, ob sie in der Form der sog. Gulaschkanonen oder von stehenden Küchen Eingang finden solle, müsse aber erst gründlich nach den Erfahrungen anderer Städte geprüft werden. Für die Gemeinschaftsspeisung haben, wie der Oberbürgermeister mitteilen konnte, die Firma Gebr. Sinn 500 M. und der Vaterstädtische Frauenverein 2000 M. bereits gespendet. Es wurde ein Ausschuß gewählt, der die Gemeinschaftsspeisung vorbereiten und später durchführen soll. Wir verweisen auf den ausführlichen Bericht.
Bonn im Blütenschmuck. Nachdem wir uns in unserer Gartenstadt Bonn an der Blütenkerzenpracht der Kastanien in der Poppelsdorfer Allee erfreut haben und nachdem auch die üppig blühenden Glycinen ihr vornehmes Blütengewand abgelegt haben, strahlen jetzt die Rhododendren an verschiedenen Stellen der Stadt in berückender Schönheit. Blumenfreunde und Liebhaber von Rhododendren seien auf die zwei im Garten des Hauses Soennecken blühende Riesenexemplare hierdurch besonders aufmerksam gemacht.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Abgabe von Getreide usw. Der Vorsitzende des Kreis-Ausschusses des Landkreises Bonn macht bekannt, daß sämtliche abgabepflichtigen Brotgetreide-, Gerste- und Hafermengen innerhalb von 14 Tagen an die Kommissäre des Landkreises Bonn abzuliefern sind. Erwünscht ist auch ferner, daß die ersparten Hafermengen abgegeben werden. Falls das zur Abgabe verpflichtete Getreide innerhalb der festgesetzten Frist nicht abgeliefert wird, soll zur Enteignung geschritten werden.
Neue Kartoffelbestandsaufnahme. Auf Anordnung des Reichskanzlers findet am 29. Mai eine neue Erhebung der Vorräte von Kartoffeln statt. Dieselbe ist auf Kartoffeln – nicht auf Kartoffelprodukte – und nur auf die Vorräte beim Erzeuger beschränkt.
Höchstpreise für Fleisch. Für den Landkreis Bonn ist der Höchstpreis für Rind- und Kalbfleisch auf M. 2,20 festgesetzt. Knochen kosten 60 Pfg. das Pfund. Der festgesetzte Höchstpreis gilt für Inlandfleisch. (Der Unterschied der betr. Preise in Stadt- und Landkreis Bonn ist darauf zurückzuführen, daß im Stadtkreis Auslandsvieh verkauft wird, im Landkreis dagegen Inlandsvieh, das natürlich billiger ist. Red.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine reiche Waldbeerernte wird aus allen Waldgegenden Westdeutschlands angekündigt. Die Heidelbeerstöcke hängen sehr voll und zeigen nirgends den geringsten Frostschaden, und da die noch vorhandene Bodenfeuchtigkeit auch nicht befürchten läßt, daß die Beeren im Wachstum zurückbleiben, so ist bestimmt auf eine recht erträgliche Ernte zu rechnen. Auch die Maulbeeren werden aller Voraussicht nach gut und reichlich gedeihen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 28. Mai 1916
Staatliche Förderung der Schweinemästung. Das Preußische Landesfuttermittelamt teilt mit, daß es ausländischen Mais und vielleicht auch Fischmehl für eine neue Mastperiode zur Verfügung stellen wird. Die Schweine müssen bis zum 30. September abgeliefert sein, und zwar hat der Mäster für je 20 Zentner Mais am Verladeort 940 Pfund, am Empfangsort 840 Pfund Lebengewicht an Schweinen abzuliefern. Das Preußischen Landesfuttermittelamt nimmt sofort Vertragsanmeldungen entgegen.
Die Schweinezucht kann auch im Rahmen von Kleintierzucht gepflegt werden. In manchem Haus, Hof oder Garten wird es möglich sein, Verschläge für Schweineställe aufzustellen. Nur durch Fütterung im eigenen Haushalt können alle Küchenabfälle und Reste, die jetzt zum Teil verderben und daher nicht ihrem Werte entsprechende Verwendung finden, voll ausgenutzt werden. Da jetzt eingestellte Jungschweine erst im kommenden Winter schlachtreif sein können, ist nicht zu befürchten, daß das Hausschlachtverbot Aufzucht und Mästung der von den kleinen Schweinhaltern aufgezogenen Tiere unterbindet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Butterbeschränkung in den Gastwirtschaften. Da einzelne Gemeinden die Butterlieferung an Gastwirtschaften nur auf die Hälfte ihres früheren Bedarfs herabgesetzt haben, hat der Reichskanzler die Zentral-Einkaufsgesellschaft angewiesen, Butter nur noch an solche Gemeinden und Gemeindeverbände abzugeben, in denen der Butterverbrauch der Gast-, Schank- und Speisewirtschaften, der Vereins- und Erfrischungsräume sowie der Bäckereien und Konditoreien auf 1/3 des Durchschnittsverbrauchs im Jahr 1915 beschränkt worden ist. Bei der Durchführung der Beschränkung des Butterverbrauchs soll darauf geachtet werden, daß nicht nur der Bezug der unter Ueberwachung der Gemeinden und Gemeindeverbände ausgegebenen Butter auf 1/3 beschränkt wird, sondern auch der tatsächliche Butterverbrauch. Es fallen also auch die Butterbezüge derartiger Betriebe von außerhalb, insbesondere im Postverkehr, unter die Beschränkung. Erforderlichenfalls können die Gemeinden aufgrund der Verordnung über die Vorsorgeregelung vom 4. November 1915 den Eintritt in vertragliche Bezugsberechtigungen solcher Betriebe für sich beanspruchen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wallfahrt der katholischen Männer und Jünglinge auf den Kreuzberg. Wir verweisen auch an dieser Stelle auf die Sonntag 3 Uhr stattfindende Veranstaltung […]. Die Beteiligung ist Ehrenpflicht für jeden katholischen Jüngling und Mann, Pflicht insbesondere unseren tapferen Kriegern gegenüber. Sie haben ein Anrecht darauf, daß wir mit der Waffe des Gebets ihnen zur Hülfe kommen. Wer wollte sich dem Vorwurf aussetzen, nicht alles getan zu haben, um an der Dankesschuld abzuzahlen, die wir unseren Kriegern schulden! Daher katholische Männer und Jünglinge nehmt alle teil, damit es eine gewaltige Kundgebung katholischen Glaubens wird.
Zur Seifenersparnis schreibt eine praktische Hausfrau: Nicht jedem ist bekannt, daß man sich mit einer gekochten Kartoffel sehr gut die Hände, anstatt mit Seife, waschen kann. Kartoffelwasser reinigt vorzüglich alle Arten von Geschirren, auch bunte Schürzen, durch diese Brühe gezogen, werden wie leicht gestärkt und halten daher viel länger rein. Silbersachen, in Kartoffelwasser gewaschen, werden ohne jede weitere Anwendung eines Putzmittels wunderschön glänzend. Reiben mit einem wollenen Tuch ist erforderlich.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 29. Mai 1916
Der Anbau von Sonnenblumen und Mohn. Der Kriegsausschuß für Oele und Fette macht darauf aufmerksam, daß die Aussaatzeit für Sonnenblumen und Mohn bereits verstrichen ist. Weitere Bestellungen auf Saatgut sind deshalb zwecklos. Dank dem lebhaften Widerhall, den der Aufruf des Kriegsausschusses im ganzen deutschen Volke gefunden hat, sind die Bestellungen von Saatgut aus allen deutschen Gauen so zahlreich eingelaufen, daß bereits zu Beginn dieses Monats über das gesamte Sonnenblumensaatgut verfügt worden war. Die Ablieferung der Sonnenblumenernte regelt sich in einfacher und zweckmäßiger Weise wie folgt: Jede Station aller deutschen Eisenbahnverwaltungen nimmt Sonnenblumensamen gegen ein Entgelt von 40 Pfg. für das Kilogramm entgegen. Möge dem aufgewandten Eifer im Herbst durch eine reiche Ernte ein schöner Erfolg beschieden sein.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Massenspeisung. Man schreibt uns: Gegen die Einführung der Massenspeisung erheben sich mancherlei Vorurteile. Die Vorteile der Massenspeisung sind so bedeutende, daß ihre Einführung, wie auch in einem Erlaß des Preußischen Ministeriums des Inneren betont wird, weiteste Verbreitung, besonders durch die Gemeinden, finden sollte. Der für Massenspeisung notwendige zentralisierte Einkauf gestaltet sich billiger und leichter. Er ist frei von dem Warten und Stehen vor den Läden, wird nur von Wenigen für Viele ausgeübt und erübrigt daher Kräfte für andere Verwendung. Er wirkt also kräftesparend und verbilligend. Die Ausnutzung der Nahrungsstoffe für die Ernährung ist bei der Herstellung im Großen viel ergiebiger, als bei der Einzelherstellung. Es kann gehaltreicher gekocht werden. Die Ernährungsweise wird besser, Unterernährung wird sicherer verhindert als in manchen Einzelhaushalten, in denen hierfür Anpassungsfähigkeit der Frau an bestehende Verhältnisse, weitgehende Kochkenntnisse und schließlich auch die geldlichen Vorbedingungen und die für das Kochen zur Verfügung stehende Zeit mitsprechend bleiben. Durch Massenspeisung allein ist es möglich, besonders den Minderbemittelten und den Aermeren die Wohltat behördlicher Unterstützung zuteil werden zu lassen. In dieser Möglichkeit, - vor dem Kriege diente die Massenspeisung fast ausschließlich diesem Zweck – liegt auch in der Hauptsache das Vorurteil, das gegen ihre allgemeine Einführung geltend gemacht wird. Es fällt unter dem Zwang der Verhältnisse weg, denn die Notwendigkeit der sparsamen Verwendung von Nahrungsstoffen und der ökonomischen Einteilung und Verwendung der Arbeitskräfte ist so dringend, daß ihr gegenüber Bedenken solcher Art fallen müssen. Kleinlich wirkt demgegenüber das Hervorkehren eines Vorurteils, kleinlich die Annahme, das Familienleben könne leiden, und kleinlich das versteckte Gefühlsmoment gegen diese Einrichtung.
Ein großes Schaufenster wurde gestern abend an einem Herrenbekleidungsgeschäft Ecke Wenzelgasse und Brückstraße zertrümmert. Die Auslage mußte vollständig ausgeräumt werden. Der Vorfall hatte eine große Menschenmenge zur Folge.
Sonderzüge für Obst und Gemüse. Um eine schnelle und sichere Obst- und Gemüsebeförderung zu erzielen, sind auch in diesem Jahre mehrere Sonderzüge vorgesehen, die nur für diese Art der Beförderung bestimmt sind. Die Obstzüge, die eine besonders schnelle Fahrgeschwindigkeit besitzen, verkehren sowohl auf der linken als auch auf der rechten Rheinseite.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Montag, 30. Mai 1916
Das Turnen der Alten im Rheinland. An der Zuverlässigkeit und Regsamkeit der Altersturner ist der Krieg natürlich nicht spurlos vorübergegangen. Vielmehr haben die im Dienste der deutschen Turnsache ergrauten alten Getreuen zusammenrücken müssen, um an Stelle der im Felde stehenden Turnerkrieger in der Leitung der Geschäfte und in der Vorturnerschaft zu arbeiten. Auf diese Weise ist es möglich geworden, den Uebungsbetrieb für die Jungmannen sowie für die Frauen und Mädchen aufrecht zu erhalten. Durch die Treue der Alten wird die Friedensarbeit der jetzt draußen in Feindesland kämpfenden Turnwarte und Vorturner belohnt. Aber auch in ihren Altersriegen wird unermüdlich weiter geschafft und vorgebaut für die kommenden Friedensjahre. Am Sonntag hatten die Leiter der Altersriegen der rheinischen Turnvereine eine Zusammenkunft in Bonn. Es nahmen 32 Herren hieran teil, die in gemeinsamer Uebung unter Leitung des Ehrenkreisvertreters Schroeter (Berg.-Neukirchen) und der Kreisturnwarte Schroeder (Bonn) und Ring (Essen) reiche Anregung für ihre Abteilungen fanden. Nachmittags wurde eine zweistündige Wanderung in das Siebengebirge unternommen. In einer nachfolgenden Sitzung wurde beschlossen, in diesem Jahre einen Zwölfkampf der Altersturner zum Austrag zu bringen. Also auch in dieser Beziehung wird an eine Ueberlieferung der Deutschen Turnerschaft festgehalten., die sich in Friedenszeiten zumeist auf dem Betätigungsgebiete der „jungen Leute unter 40 Jahren“ und der Jungmannen bewegte.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Allgemeine Ortskrankenkasse Bonn hielt am Sonntag vormittag eine Ausschuß-Sitzung ab, in der der Vorstand den Geschäftsbericht für 1915 vorlegte. Was die finanzielle Seite angehe, könne die Lage der Kasse als günstig bezeichnet werden. (...) Die Zahl der Arbeitgeber betrug 5632 (i. V. 5960), die durchschnittliche Mitgliederzahl 16.614 (i. V. 19.411). Es waren 117 Sterbefälle zu verzeichnen, darunter 21 von Kriegsteilnehmern, für die 1676 Mk. Sterbegeld gezahlt wurden. Das Vermögen der Kasse betrug am Schlusse des Jahres 1915 634.405 Mk. gegen 497.959 Mk. Ende 1914. (...) Der Ausschuß gab auf Anregung des Vorsitzenden Herrn Kalt, dem Vorstand anheim, für die in Bonn geplante Gemeinschaftsspeisung bis zu 4000 Mk. zu bewilligen. Der Geschäftsführer der Kasse, Herr Eickhoff, betonte, daß gesetzliche Bedenken nicht beständen, weil die Krankenkasse für die Zwecke allgemeiner Krankheitsverhütung Gelder bewilligen dürfe. (...)
Der Vorstand hat in der auf die Ausschuß-Sitzung folgenden Vorstandssitzung bereits 4000 Mk. für die Gemeinschaftsspeisung in Bonn bewilligt.
Beim Aufspringen auf die Straßenbahn stürzte gestern abend auf der Brückenstraße ein älterer Mann so heftig gegen das Trittbrett, daß ihm eine Kniescheibe zersplittert wurde. Sanitätsmannschaften brachten den Verletzten auf einer Tragbahre zur Klinik.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Männer-Wallfahrt zum Kreuzberg, welche am Sonntag nachmittag um 3 Uhr von der Münsterkirche ausging, wies eine für die Kriegszeit sehr zahlreiche Beteiligung auf. Auf dem Kreuzberger hielt Pater Dositheus eine ergreifende Predigt über Glaube und Krieg. Darauf wurde von Pater Remigius das Friedensgebet gebetet und von der Freitreppe der heiligen Stiege aus der sakramentale Segen erteilt. Die Teilnehmer sangen den umbrosianischen Lobgesang, worauf die Prozession wieder zum Münster zurückzog. Dort wurde gegen 6 Uhr der Schlußsegen erteilt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 31. Mai 1916
Ein erweiterter Geschäftsverkehr ist am nächsten Sonntag, dem Sonntag vor Pfingsten, gestattet. Die Ladengeschäfte dürfen bis abends 7 Uhr offen gehalten werden.
Reichs-Familien-Unterstützung. Die Auszahlung der Reichs-Familien-Unterstützung an die Angehörigen der einberufenen Mannschaften, welche bisher an die Inhaber der Ausweiskarten Nr. 1 bis 4000 im Universitäts-Gebäude Am Hof geschah, erfolgt vom 2. Juni ab an diese Karteninhaber in der Geschäftsstelle der städtischen Armen-Verwaltung, Franziskanerstraße 8a. Auf die im Anzeigenteile enthaltene Bekanntmachung wird besonders hingewiesen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Schützengräben und bombensichere Unterstände sind vom Rekrutendepot des 1. Ersatzbatl. Inf.-Regt. 160 Bonn unterhalb der neuen Artilleriekaserne an der Rheindorferstraße angelegt worden. Die Besichtigung dieser Feldstellungen ist am morgigen Christi Himmelfahrtstag nachmittags von 2 bis 7 Uhr gestattet. Den Besuchern werden die Anlagen durch einen sachverständigen Führer erklärt. Der Zutritt ist Erwachsenen für einen Eintrittspreis von 30 Pfg., Kindern für 10 Pfennig gestattet. Die Einnahmen werden der Kriegswohltätigkeit zugeführt.
Zum Himmelfahrtsfeste. Der Himmelfahrtstag ist ein echtes und wahres Fest, das so mitten hinein ins Blühen und Duften der Naturwelt fällt. Es bildet den Vorboten des Pfingstfestes von dem uns nur noch zehn Tage trennen und das auch in diesem Jahre ein wirklich liebliches Fest zu werden verspricht. Der Himmelfahrtstag war für die Jünger ein Tag des Abschieds, er brachte ihnen aber auch die freudige Gewißheit, daß alles erfüllt wurde, was verheißen war. Christi Himmelfahrt wird zum Symbol jener heiligen Zuversicht, daß auch dem irrenden, suchenden Menschen ein letztes und schönstes Auf und Empor beschieden sein wird. Wenn wir am Tage der Himmelfahrt hinauspilgern in die feierlich strahlende, friedvoll und himmelsverklärend erscheinende Herrlichkeit da draußen in der Natur oder zum Gotteshause eilen, dann wird uns alles Ungemach, das wir zu tragen haben, leichter erscheinen. So wollen wir es auch diesmal halten. Wir wollen alle Lasten und Mühen geduldig tragen bis zum siegreichen Ende!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Viehbestandserhebung. Nach einer Verordnung, die im Anzeigenteil veröffentlicht ist, hat am 2. Juni ds. Js., sodann am 1. September, 1. Dezember und 1. Mai jedes Jahres jeder Besitzer oder Verwalter eines Gehöftes oder Anwesens, einer Stallung, Weide oder Koppel bei dem Vorsteher des Gemeinde- oder Gutsbezirks, in dem sich die Räumlichkeiten befinden, die Zahl der in diesen Räumlichkeiten in der dem Aufnahmetage vorhergehenden Nacht vorhandenen Rinder, Schafe und Schweine anzuzeigen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)