Freitag, 1. Juni 1917
Uboot-Spende. Am heutigen 1. Juni begeht das deutsche Volk mit seiner Flotte den Jahrestag unseres Seesieges am Skagerrak, wo die angeblich unüberwindliche englische Flotte zum erstenmal erfuhr, daß deutsche Seetüchtigkeit der englischen überlegen ist. Seit diesem glorreichen Tage ruht sie versteckt in ihren Schlupfwinkeln, sie wagt sich nicht mehr auf das offene Meer, das allen Menschen und Völkern in Zukunft freie Bahn geben soll zu friedlichem Handel und Verkehr. Unsere neue deutsche Seetechnik, die sich in unseren Ubooten verkörpert, zwingt die englische Flotte zu ruhmloser Untätigkeit; im Monat April allein versenkten unsere herrlichen Uboote 1.091.000 Tonnen Schiffsraum! Heute ist aber auch der Ehrentag unserer Uboot-Helden, heute will Alldeutschland zeigen, wie es seiner Söhne auf den Ubooten gedenkt und wie es ihnen in der Uboot-Spende dankt. Da wird niemand zurückbleiben wollen, jeder wird seine Gabe darbieten, damit unsere Uboot-Besatzungen wissen, daß das Herz des deutschen Volkes immer und immer bei ihnen ist.
Der Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose hat gestern Nachmittag unter dem Vorsitz des Geheimrats Doutrelepont seine Hauptversammlung abgehalten. Wie der Schriftführer, Beigeordneter Dr. v. Gartzen, berichtete, war die Vereinstätigkeit im letzten Jahre beschränkt.
[...] Beigeordneter Dr. v. Gartzen teilte mit, das die städtische Tageserholungsstätte bei Grau-Rheindorf auch im letzten Jahre nervenkranke Krieger aufgenommen habe. Die Absicht, im laufenden Jahre die Erholungsstätte wieder zu eröffnen, sei mit Rücksicht auf die Interessen der Heeresverwaltung und wegen der Ernährungsschwierigkeiten aufgegeben worden. Im vorigen Sommer habe über 700 erholungsbedürftigen Kindern aus Bonn ein Landaufenthalt verschafft werden können, ob man in diesem Sommer ebenso viele Kinder aufs Land schicken könne, sei noch nicht sicher. Ferner wurde mitgeteilt, daß die Abteilung für weibliche Lungenkranke im städtischen Pflegehause aus der Baracke in das feste Gartengebäude verlegt worden ist, daß dort nun zwei geräumige Zimmer mit je fünf Betten und große Liegehallen auf der Südseite des Gebäudes zur Verfügung stehen.
Gerüchte über die Verkürzung der Brotration ab 15. Juni sind, wie wir an maßgebender Stelle hören, frei erfunden und entbehren jeder Grundlage. Die Brotration wird nach wie vor auch weiterhin in festgesetzten Mengen geliefert werden. Das Kriegsernährungsamt wäre dankbar, wenn ihm die Verbreiter derartiger Nachrichten namhaft gemacht würden, damit gegen sie vorgegangen werden kann.
In „Groß-Bonn“ am Markt tritt von heute ab die Hellseherin Afra auf. Auch andere neue Varietékräfte sind für die erste Junihälfte wieder verpflichtet worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Vortrag Dr. Traub – Dortmund. Im Auftrag des Unabhängigen Ausschusses für einen deutschen Frieden (Ortgruppe Bonn-Godesberg) sprach Herr Dr. Traub aus Dortmund gestern im großen Saale des Bonner Bürgervereins über das Thema: Unser Wille zum Sieg. Eine nach Hunderten zählende Zuhörerschaft folgte mit großem Interesse den eindringlichen, warmen Ausführungen des Redners, die sich nach dem Gedankengang eines Wortes des Kirchenvaters Augustin gliederten: Im Notwendigen – Einheit, im Zweifelhaften – Freiheit, in Allem – Liebe.
De notwendige einheitliche Grundstimmung in unserer Zeit soll das unerschütterliche Vertrauen auf die Worte Hindenburgs und unseren endgültigen Sieg sein, und eine bewußte Ablehnung gegen alle Flaumacherei. Dabei sollen wir uns vor Augen halten, daß ein Verständigungsfriede, bei dem es weder Sieger noch Besiegte gibt, nur der Ausgangspunkt weiterer Kriege sein würde. Unsere politische Kraft müßte sich einheitlich auf eine Wirkung nach außen hin konzentrieren, statt sich, wie es leider geschehen ist, in Verfassungs- und Wahlangelegenheiten, Parteiinteressen und Privatphilosophie zu verzehren. Interessant war es, in diesem Zusammenhang zu erfahren, daß England nur ungefähr der Hälfte seiner Arbeiter das Wahlrecht zuerkennt, und auch in Amerika und Frankreich das demokratische Prinzip von den Führenden wohl theoretisch, jedoch nicht praktisch vertreten wird. Einigkeit sollte auch herrschen in der Beurteilung der Kriegsziele auf ethischem Gebiet. Sie heißen: Sieg der deutschen Arbeit, materieller und intellektueller Art, über den englischen Kapitalismus und das Recht, unser deutsches, geschichtlich nachweisbares Erbe anzutreten.
Der zweite Teil. Im Zweifelhaften – Freiheit, behandelt die vielumstrittene Frage der praktischen Kriegsziele, klärte die Begriffe Annexionen und berechtigte Gebietserweiterung, stellte als wünschenswert den Besitz des nordfranzösischen Kohle- und Erzgebietes, Belgiens, Polens und der Ostsseeprovinzen hin und berührte ferner die Zukunftsmöglichkeiten unserer afrikanischen Kolonien. In Sinne des Kirchevaters empfahl der Redner Duldung und Ruhe in der Diskussion über alle diese Angelegenheiten. In allem aber möge sich die Liebe zum deutschen Vaterlande dartun, die wie ein frischer Brunnen durch die Oede der täglichen Sorgen und Kümmernisse rauschen möchte. Das gewaltige Heer der still Duldenden, Arbeitenden und Schweigenden bildet eine starke sittliche Kraft, eine unzerstörbare Mauer, gegen welche die unzufriedenen Schreier, die Streikenden und Selbstsüchtigen vergeblich anrennen.
Dieser Wille zu einem ehrenvollen Sieg wird Deutschland in nicht ferner Zukunft einem Frieden entgegenführen, dessen wir uns vor künftigen Generationen nicht zu schämen brauchen. – Der Redner erntete oft rege Zustimmung und am Ende lebhaften Dank. Ein Telegramm an S. M. den Kaiser und an den Reichskanzler gaben lebhaftes Zeugnis von der freudigen Siegeszuversicht der Versammlung. In beiden Telegrammen wird das Vertrauen auf einen ehrenvollen und dauernden Sicherungsfrieden ausgesprochen. Die Stellung des Unabhängigen Ausschusses zum Kanzler hat sich gewendet, wie aus dem Wortlaut des Telegramms an den Reichskanzler zu ersehen ist:
Eurer Exzellenz spricht eine von vielen Hunderten besuchte Versammlung von Mitgliedern und Freunden des Unabhängigen Ausschusses für einen deutschen Frieden in Bonn nach einem Vortrag des Abgeordneten Dr. Traub den ehrerbietigsten Dank für das in der Reichsstagssitzung vom 15. Mai d. J. abgelegte Bekenntnis zu einem starken und ehrenvollen deutschen Frieden aus. Sie hegt demnach die felsenfeste Ueberzeugung, daß die Reichsregierung in voller Uebereinstimmung mit der Obersten Heeresleitung nur einen Frieden schließen wird, der eine Mehrung deutscher Macht in Ost und West und Uebersee bringt und der die Bürgschaft für eine gesunde und glückliche militärische und wirtschaftliche Weiterentwicklung Deutschlands enthält.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vergnügungsfahrten sollte man in der jetzigen schweren Kriegszeit, wenn nicht ganz unterlassen, so doch auf das alleräußerste einschränken. Dahingehende Ermahnungen der Behörden und Verwaltungen vor Pfingsten haben, wie der allenthalben beobachtete starke Pfingstverkehr zeigte, keine besonders warme Aufnahme in der Bevölkerung gefunden. Das ist bedauerlich. Die Eisenbahnverwaltung erließ ihre Mahnung mit Rücksicht auf die außerordentliche Kohlenknappheit, sowie das Bedürfnis des Heeres und der Zivilversorgung. Es darf erwartet werden, daß für die weitere Dauer des Sommers die Vergnügungsfahrten mehr eingeschränkt werden, damit nicht unangenehme Zwangsmaßnahmen Platz greifen können. Es dürfte für die Bewohner unserer Gegen unschwer sein, auch ohne Benutzung von Verkehrsmitteln eine gesunde Erholung zu finden. Für sie dürfte daher auch wohl der bloße Hinweis auf die richtige Sachlage genügen, um sie zu veranlassen, der erwähnten Mahnung Folge zu leisten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 2. Juni 1917
U-Boot-Spende 1917
Durch Sturm und Wetter, Kampf und Tod,
Führt ihr zum Sieg das stolze Boot!
Zu lindern Tränen, Sorg’ und Leid,
Sind dankbar wir daheim bereit.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Milchpreis.
Am 20. Dezember v. J. hatte die Landesfettstelle in Berlin eine Bekanntmachung erlassen, wonach der am 15. Dezember gezahlte Milchpreis sowohl bei dem Erzeuger wie beim Händler als Höchstpreis zu gelten habe. Diese Verordnung war erlassen worden, um endlich der teilweise unberechtigten Preistreiberei auf dem Milchmarkt entgegenzutreten; war doch der Preis, der zwischen 40 und 50 Pfennigen für das Liter schwankte, derart hoch, daß die Ernährung der Säuglinge in Frage gestellt war. Namentlich die vielen Kriegerfrauen mit ihren mäßigen Bezügen und die große Zahl der Festbesoldeten war nicht mehr in der Lage, den hohen Preis zu zahlen. Diese Zustände waren um so verhängnisvoller, weil neben den Arbeiterfamilien gerade in jenen Kreisen die meisten Kinder in dem als bezugsberechtigt anerkannten Alter stehen, und man daher befürchten mußte, daß die Säuglinglingssterblichkeit in erheblichem Umfange zunehmen würde. Die Verordnung hatte zur Folge, daß wenigstens den Winter über ein im Verhältnis zu anderen Nahrungsmitteln erträglicher Preis für Milch bestehen blieb.
In den letzten Tagen ist nun die erwähnte Verordnung der Landesfettstelle wieder aufgehoben worden; damit ist der Preistreiberei wieder Tür und Tor geöffnet. Als Grund für diesen Schritt war ausschlaggebend die Voraussetzung, daß mit der nunmehr reichlichen Zufuhr von Milch in die großen Verbrauchszentren der Milchpreis sinken würde. Gewiß, die Absicht war löblich, aber der Zweck der Maßnahme war vollständig verfehlt; denn bereits heute ist eine nicht unerhebliche Erhöhung des Milchpreises eingetreten. Die Händler begründen die Erhöhung damit, daß seitens der milchliefernden Landwirtschaft entsprechende Preisaufschläge gefordert würden, wobei sie ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß damit die Preisgrenze nach oben noch nicht abgeschlossen sei. […]
Bauarbeiten jeglicher Art dürfen laut einer Verordnung des Stellvertretenen Generalkommandos des 8. Armeekorps vom 15. Juni d. J. ab nur mehr mit Genehmigung der zuständigen Kriegsamtsstelle begonnen und fortgeführt werden. Zur Anmeldung ist der Bauherr, und, wenn dieser verhindert ist, die den Bau ausführende Firma verpflichtet. Näheres über Ausnahmen usw. ist aus der Verordnung ersichtlich, die in der gestrigen Nummer unseres Blattes veröffentlicht wurde.
Eifelverein. Die hiesige Ortsgruppe des Eifelvereins gibt bekannt, daß die Wanderungen, soweit zu ihrer Ausführung die Staatsbahn benutzt werden muß, vorläufig ausfallen. Ersatzwanderungen werden im Einzelfalle bekanntgegeben werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
Fleisch.
Am Sonnabend wird auf die Zusatz-Fleischkarte Rindfleisch, sowie Blut- und Leberwurst zu den bekannten Preisen verkauft. Beim Einkauf der Wurst ist für je 200 Gramm auch eine Warenkarte Nr. 71 abzugeben. Auf jede Reichsfleischkarte wird am Mittwoch nächster Woche Fleisch und Fleischwurst abgegeben; an diesem Tage auch Fleisch und Wurst auf die Zusatz-Karten für die Schwer- und Schwerstarbeiter.
Kartoffeln.
In der Kartoffelversorgung tritt in der kommenden Woche eine Aenderung nicht ein. Die mangelnde Zufuhr an Kartoffeln verlangt jedoch, daß mit den Vorräten sehr sparsam umgegangen wird. Zudem sind die Kartoffeln in der jetzigen Zeit sehr empfindlich und müssen pfleglich behandelt werden. Sie sind, was nochmals betont sei, am Tage vor dem Kochen zu schälen und ins Wasser zu legen, damit schwarze Flecken und sonstige unreine Bestandteile nach Möglichkeit ausziehen.
Kolonialwaren.
In der kommenden Woche gelangen zur Ausgabe auf die Warenkarte Nr. 65 kochfert. Kartoffelsuppe ein Fünftel Pfund, Nr. 66 Grießmehl ein Fünftel Pfund, Nr. 67 Teigwaren ein Viertel Pfund, Nr. 68 Dörrmischgemüse ein Zehntel Pfund, Nr. 69 Marmelade ein Viertel Pfund, außerdem unter Anrechnung auf die Fett- und Warenkarte Nr. 70 Margarine 30 Gramm, ferner für Schwer- und Schwerstarbeiter auf die Warenzusatzkarte Nr. 33 Haferflocken ein halbes Pfund, Nr. 34 Graupen ein halbes Pfund.
In der letzten Zeit wurden öfters Klagen darüber laut, daß die kochfertigen Suppen zuviel Salz enthalten. Sie werden daher in Zukunft ohne Salzzusatz hergestellt, und es bleibt den Hausfrauen überlassen, die Suppen nach eigenem Gutdünken zu salzen. Das Lebensmittelamt bittet die Hausfrauen in den Fällen, wo sich trotzdem in Zukunft noch ein zu starker Salzzusatz bemerkbar machen wird, um Mitteilung unter Angabe der Geschäfte, in denen die Suppen entnommen worden sind. [...]
Milchversorgung.
Um an warmen Tagen das Sauerwerden der Milch zu verhüten, muß sie nicht nur vom Milcherzeuger und vom Milchhändler, sondern auch im Haushalt sachgemäß behandelt werden. Sie ist sofort abzukochen und an einem kühlen Ort aufzubewahren. Das Abkochen muß auf lebhaftem Feuer erfolgen; ein einmaliges, kurzes Aufwallen, wobei Ueberkochen zu vermeiden ist, genügt vollständig. Auf keinen Fall darf die Milch längere Zeit in der warmen Küche oder auf dem Feuer stehen bleiben. Der größte Wert ist auf peinliche Sauberkeit zu legen. Die beste Milch muß sauer werden, wenn der Topf unsauber ist. Da der Genuß von saurer Milch bei Säuglingen und kleinen Kindern Verdauungsstörungen hervorruft, wird dringend empfohlen, für Säuglinge und Kinder bis zu 18 Monaten die städtische Säuglingsmilch zu beziehen. [...]
Gemüseversorgung.
Der Gemüsemarkt ist in letzter Zeit ausreichend beschickt worden. Die für Gemüse und Obst unter Mitwirkung von Fachleuten festgesetzten Höchstpreise können nur dann den beabsichtigten Zweck erfüllen, wenn sämtliche Hausfrauen an ihrer Durchführung mitarbeiten und jede Ueberschreitung dem Lebensmittelamt mitteilen. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Verrohung der Jugend. Unter dieser Ueberschrift gehört mit Recht auch eine Unsitte, die sich gegenwärtig wieder in verschiedenen Straßen der Altstadt breit macht, nämlich das Schlagballspiel. Burschen im Alter von 10 bis 16 Jahren haben es sich zur Gewohnheit gemacht, in den Mittagsstunden und abends bis in die Nacht hinein, besondern in den engen Straßen wie Maargasse und Kesselgasse, ihr meist mit lautem Geschrei verbundenes wüstes Spiel zu treiben, das nicht nur die Fensterscheiben der anliegenden Häuser, sondern auch vorübergehende Menschen in Gefahr bringt. Der Ball ist meist fest und schwer und der Knüppel, der zum Schlagen dient, würde einem wilden Wegelagerer alle Ehre machen. Derartige Spiele an solchen menschenbelebten Stellen sind polizeilich verboten, da sie gegen die öffentliche Sicherheit verstoßen. Und es wäre dringend geboten, wenn einmal die mit der Bewachung der öffentlichen Ordnung betraute Behörde einige exemplarische Beispiele von Bestrafungen aufstellte. Ermahnungen und Zurechtweisungen älterer Anwohner finden bei diesen rohen Burschen nur Hohngelächter und Spott. Wenn getobt werden muß, so verweise man diese gefühlslosen Gesellen auf die für solche Spiele eingerichteten Plätze. Wenn sie dann bis in die Nacht hinein nicht zu Hause sind, wissen die unbesorgten Eltern wenigstens, wo sich die unerzogenen Pfleglinge, besser gesagt Flegel, herumtreiben. Dann stören sie auch andere Menschen, die nach schwerer Arbeit Erholung suchen, in ihrem wohlverdienten Schlaf nicht. Athanasius
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Sonntag, 3. Juni 1917
Zehn Riesenkaninchen und mehrere Wäschestücke im Gesamtwerte von 350 Mark sind in der Nacht zum gestrigen Samstag aus einem Grundstück an der Römerstraße gestohlen worden. Dieselben Täter haben vorher versucht, an der Eifelstraße einzubrechen, sie sind aber dort gestört worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Fußballsport! Sonntag nachmittag findet auf dem Sportplatz an der Richard Wagnerstraße ein interessantes Wettspiel statt. Die erste Mannschaft des Sportvereins Andernach wird der zweiten Mannschaft des Bonner Fußball-Vereins gegenübertreten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
U-Boot-Spende. Am heutigen 1. Juni [sic!] begeht das deutsche Volk mit seiner Flotte den Jahrestag unseres Seesieges am Skagerrak, wo die angeblich unüberwindliche englische Flotte zum ersten Male erfuhr, daß deutsche Seetüchtigkeit der englischen überlegen ist. Seit diesem glorreichen Tage ruht sie versteckt in ihren Schlupfwinkeln, sie wagt sich nicht mehr auf das offene Meer, das allen Menschen und Völkern in Zukunft freie Bahn geben soll zu friedlichem Handel und Verkehr. Unsere neue Seetechnik, die sich in unseren U-Booten verkörpert, zwingt die englische Flotte zu ruhmloser Untätigkeit, im Monat April allein versenkten unsere herrlichen U-Boote 1091.000 Tonnen Schiffsraum! Heute aber ist auch der Ehrentag unserer U-Boot-Helden, heute will Alldeutschland zeigen, wie es seiner Söhne auf den U-Booten gedenkt, und wie es ihnen in der U-Boot-Spende dankt. Es wird niemand zurückbleiben wollen, jeder wird an den öffentlichen Zahlstellen seine Gabe darbieten, damit unsere U-Boot-Besatzungen wissen, daß das Herz des deutschen Volkes immer und immer bei ihnen ist.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 4. Juni 1917
Schuhmode und wirtschaftliche Lage. Die Reichsbekleidungsstelle schreibt in ihren „Mitteilungen“: Die herrschende Knappheit an Schuhwaren gebietet uns, hierin, wie in allem was unsere Kleidung betrifft, möglichste Sparsamkeit. In krassem Gegensatz dazu steht die neue Schuhmode, die Leder zu Schuhen mit hohen Schäften verwendet. Eine solche Mode ist gänzlich unvereinbar mit den wirtschaftlichen Kriegszielen. Von der Einsicht der beteiligten Geschäftskreise darf man wohl erwarten, daß sie sich den gegebenen Verhältnissen anpassen und danach ihre Maßnahmen treffen werden. – Im Anschluß hieran sei das Tragen von Holzschuhen empfohlen, die sich schon vielfach trefflich bewährt haben. Der Holzschuh hat vor dem Lederschuh die größere Haltbarkeit voraus und bietet auch in gesundheitlicher Hinsicht mancherlei Vorteile. Der Fuß kann sich in Freiheit ausdehnen und wird nicht eingepreßt, wie es beim Lederschuh oftmals der Fall ist. Daher hat er keine der üblichen Krankheitserscheinungen, wie Verkrümmung der Zehen, Bildung von Hühneraugen und dergl. zur Folge. Man kann nur wünschen, daß der Holzschuh sowohl aus wirtschaftlichen wie gesundheitlichen Gründen größere Verbreitung finden möge, als bisher.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Vorträge. Im großen Saale der Lese versammelte am Samstag abend der Dichter Heinrich Lersch eine große Schar von Verehrern und Verehrerinnen um sich, die gerne dem Vortrage eigener Poesien des rasch berühmt gewordenen Kesselschmiedes vom Niederrhein lauschten. Trotz des ungelenken Vortrages übten die stark und unmittelbar empfundenen Gedichte von Arbeit und Liebe, von Sonntag und Werktag eine tiefe Wirkung aus. Man fühlte bei Stücken wie „Ein Narr erzählt in der Nacht“ oder „Was schafft Dir Deinen Schmerz“, daß Urgefühle heiß aus der Phantasie herausströmten, und bei den herb-realistischen Schilderungen des freudlosen Daseins von Arbeitern und Fabrikmädchen, daß hier ein Sohn des Volkes zum Volke redete. War der erste Teil des Vortragsabends aus der Gedichtsammlung „Abglanz der Lebens“ entnommen, die meist soziale Massengefühle zu poetischen Bildern formt, so kam im zweiten Teil der Sänger des Weltkrieges zu Worte. Aus dem Buche „Herz, aufglühe Dein Blut“, das sich den Kleistpreis errang, las der Dichter die schönsten Stücke, packende Visionen aus der Champagneschlacht, in eigenartiger, bildhafter Tonmalerei, die grausigen Artilleriekämpfe, das heldenhafte Sterben, die Totenklage um die gefallenen Kameraden mit einer unmittelbaren Eindringlichkeit schildernd, der sich kaum etwas anderes aus der Kriegspoesie unserer Tage an die Seite stellen läßt. Besonders starken Beifall erhielten einige der letzten Stücke, das Gedicht vom Eisernen Hauptmann, das die schweren Kämpfe der Kölner 65er bei Ripont besingt, und das wie eine Fanfare klingende: „Matrosen, U-Bootleute, macht frei das deutsche Meer!“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kaninchen-, Katzen- und Hasenfelle. Am 1. Juni ist eine Bekanntmachung in Kraft getreten, durch welche alle rohen und eingearbeiteten Felle von zahmen und wilden Kaninchen, sowie von Hasen und Hauskatzen jeder Herkunft und in jedem Zustande beschlagnahmt werden, soweit nicht ihre Zurichtung zu Pelzwerk (Rauchware) erfolgt ist oder ihre Verarbeitung in Zurichtereien, Färbereien oder Haarschneidereien bereits begonnen hat. Trotz der Beschlagnahme bleibt jedoch die Veräußerung und Lieferung der Felle in bestimmter Weise erlaubt. So darf der Besitzer eines Tieres, der Mitglied eines Kaninchenzucht-Vereins ist, das Fell binnen drei Wochen nach dem Abziehen an die Vereins-Sammelstelle und der Besitzer eines Tieres, der nicht Mitglied eines Kaninchenzucht-Vereines ist, das Fell binnen drei Wochen an einen beliebigen Händler veräußern. Den Händlern und Vereins-Sammelstellen sind bestimmte Wege für die Weiterveräußerung vorgeschrieben. Alle Vorräte an beschlagnahmten Fellen werden schließlich bei der Kriegsfell-Aktiengesellschaft in Leipzig vereinigt, die Felle, soweit sie für die Zwecke der Heeres- oder Marine-Verwaltung in Anspruch genommen werden, an die Kriegsleder-Aktiengesellschaft weitergeliefert und den übrigen Teil der Rauchwaren-Industrie und den Haarschneidereien zugeführt. Felle, deren vorschriftsmäßige Veräußerung unterlassen worden ist, sind, sofern ihr Vorrat eine bestimmte Höhe übersteigt, an das Leder-Zuweisungsamt der Kriegs-Rohstoff-Abteilung zu melden. Außerdem ist die Erlaubnis zur Verfügung über die beschlagnahmten Felle durch Händler, Vereins-Sammelstelle oder die besonders zugelassenen Großhändler von der Beobachtung einer Reihe von Vorschriften, insbesondere der Führung von Büchern und Listen abhängig gemacht. Gleichzeitig ist eine Bekanntmachung in Kraft getreten, durch die für rohe Kaninchen-, Hasen- und Katzenfelle Höchstpreise festgesetzt werden. [...]
Holzkohlen. Am 1. Juni 1917 ist eine Bekanntmachung in Kraft getreten, durch welche eine Bestandserhebung Holzverkohlungserzeugnissen und einigen anderen Chemikalien angeordnet wird. Die in der Bekanntmachung näher bezeichneten einzelnen Erzeugnisse sind, soweit der Vorrat eine bestimmte Menge überschreitet, bis zu 10. Juni an die Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Königlich Preußischen Kriegsministeriums auf dort anzufordernden amtlichen Meldescheinen zu melden. Die Meldepflichtigen haben auch über die gemeldeten Gegenstände ein Lagerbuch zu führen. Der Wortlaut der Bekanntmachung ist an den öffentlichen Anschlagstellen und in den amtlichen Zeitungen einzusehen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 5. Juni 1917
Der Film im Dienste der öffentlichen Gesundheitspflege. Eine Berliner Filmgesellschaft hat mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten einen größeren Film „Es werde Licht“ herausgebracht, der heute und die nächsten Tage im hiesigen Metropol-Theater vorgeführt werden wird. Der Film, der ein Familienschicksal erschütternd behandelt, soll über die Gefahren der Geschlechtskrankheiten aufklären und erfüllt diesen Zweck, nach den uns vorliegenden Pressestimmen und Gutachten hervorragender medizinischer Sachverständiger zu urteilen, in vollkommener Weise. U. a. schreibt Professor Schloßmann in Düsseldorf, der bekannte Kinderarzt: „Der Film behandelt das schwierige Thema der Syphilis und ihrer Folgen in einer durchaus dezenten, aber doch bildenden und warnenden Form. Ich kann nur empfehlen, daß durch eine öffentliche Vorführung dieses Films zahlreiche Menschen gewarnt und zugleich belehrt werden. Ich halte es für ausgeschlossen, daß jemand an der Vorführung dieses Films irgend welchen Anstoß nehmen könnte.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Unterstützung der Kriegerfrauen. Von den Großgrundbesitzern sind zum Reinigen der Zuckerrüben verschiedentlich einzelne Parzellen den Kriegerfrauen im Akkordlohn übergeben worden. Der Lohn ist gegen früher um ein Bedeutendes höher und dabei wird den betr. Arbeiterinnen noch das sogen. Knollengemüse überlassen. Beim Einzeln der Rüben müssen ja immer größere Mengen Rübenpflänzchen ausgestoßen werden. Diese werden ohne weiteren Zeitverlust gesammelt und bilden einen guten Nebenverdienst der Arbeiterinnen, die dies Gemüse zentnerweise zum Markte schaffen.
Die Heuernte hat vereinzelt bereits begonnen und auf den bekannten Schobern lagert schon das würzig-duftende Viehfutter zum weiteren Trocknen. Es ist nicht der russische Klee, der der Sense bereits zum Opfer gefallen ist. Das Futter, besonders der Klee, fällt in den einzelnen Gegenden verschieden aus. Hier und dort steht er etwas dünn, man erhofft aber beim zweiten Schnitt einen besseren Ertrag.
Eine Ausführungsanweisung zur Verordnung über die Beschlagnahme wiederholte Bestandserhebung und Enteignung von Destilationsapparaten aus Kupfer und Kupferlegierungen sowie die Ablieferung von anderen Brennereigeräten aus Kupfer und Kupferlegierungen (Messing, Rotguß, Bronze), ist im Anzeigenteil unserer heutigen Nummer zum Abdruck gelangt. Die Verordnung ist am 15. Mai 1917 für den Kommunalverband Bonn-Stadt in Kraft getreten.
Malzkaffee der Stadt. Aus Hausfrauenkreisen wird uns mitgeteilt, daß Abschnitt 53 und 54 den Haushaltungen vielfach versehentlich von den Geschäften irrtümlich abgeschnitten wurde. Da der fällige Malzkaffee nicht eingetroffen war, trennten viele Geschäftsleute die Malzkaffeekarten mit den anderen Lebensmittelmarken ab. Inzwischen ist der Malzkaffee der Stadt bei den Verkäufern angeliefert worden, kann den Hausfrauen aber nicht behändigt werden, weil die Marken in Verlust geraten sind. Vielleicht könnte die Behörde einen Ausweg finden, der es den Hausfrauen ermöglichte, den ihnen zustehenden Malzkaffee noch zu erlangen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Milchpreise.
Anlehnend an den Artikel in der Samstagsnummer läßt sich über diese Frage noch vieles reden.
Ist denn die Zeit noch nicht ernst genug, um zur Besinnung zu kommen? Was die Milch für unser Volk ist, wird wohl wenig bedacht. Woher denn die große Sterblichkeit bei den Säuglingen? Einesteils, weil die nährende Mutter nicht mehr so kräftig ist, zweitens, weil die durch die großen Schlachtungen hervorgerufene Knappheit der Kuhmilch eine genügende Nachhilfe nicht mehr zuläßt. Anstatt nun diese Nachteile durch günstige Höchstpreise in etwa zu beheben, sind dem Wucher durch Aufhebung der Höchstpreise Tür und Tor geöffnet.
Rechnen wir doch einmal aus. Ein Kind bis zu zwei Jahren erfordert pro Tag mindestens ein Liter Milch. Pro Liter zu 50 Pfg. gerechnet, macht monatlich 15 M., wobei noch zu berücksichtigen ist, daß die Preise voraussichtlich höher werden. Also 15 M. allein für die Milch ohne Haferschleim und was sonst noch alles erforderlich ist. Wie will da eine Mutter bei den geringen Zuschüssen ehrlich durchkommen?
Ich habe täglich Gelegenheit, den noch einigermaßen stattlichen Viehbestand auf den Weiden zu bewundern. Das Grünfutter ist in diesem Jahre dank der abwechselnden Witterung recht saftig und auch gewiß nicht dürftig, was natürlich eine gute Milchabgabe der Kühe zur Folge hat. Daran kann also der Grund nicht liegen.
Die Milchkühe sind der Quell des neuaufblühenden Deutschtums. Der Staat, bezw. die Stadt muß dafür sorgen, daß der Milchpreis in bestimmten und zwar engen Grenzen gehalten wird. Jedes deutsche Kind hat Anspruch auf seine Milch, soweit sie vorhanden ist. Durch zu hohe Preise, und die jetzigen sind entschieden zu hoch, würde die Milch ein Genußmittel der Reichen, obwohl sie ein Nahrungsmittel des Volkes sein soll.
Sind unsere Kinder Artikel, mit denen sich handeln läßt? Wir hoffen Großes für die kommenden Jahrzehnte, doch den Grundstein dazu müssen wir legen. Wollen wir den gesunden Geist im Volke erhalten, so müssen wir ihn bilden; er wird nicht geboren. Bilden kann sich aber nur etwas, was kraftvoll ist.
Unsere Stadt Bonn hat vor allen Rheinstädten den guten Ruf der besten Lebensmittelversorgung ihrer Bürger. Hoffentlich läßt sie sich auch in der Regelung der Milchpreise die erste Stelle nicht nehmen. T. Schmidt, Kaufmann, Bonn, Wachsbleiche 12.
Höchstpreise für Milch. Kaum ist der Höchstpreis für Milch aufgehoben, so ist hier in Schwarz-Rheindorf ein Gutsbesitzer trotz des Grünfutterüberschusses als erster mit dem Milchpreis von 40 Pfg. auf 50 Pfg. aufgeschlagen. Man sagte vor einiger Zeit, der Bauer würde auch ohne Höchstpreise nicht mehr fordern. Also da haben wir das Elend schon. Ein Rheindorfer.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Beschwerden landwirtschaftlicher Betriebe (Schmieden, Reparaturwerkstätten, Dampfpflüge usw.) über mangelhafte Belieferung mit Kohlen sind nicht beim Kriegswirtschaftsamt, sondern bei der Kriegswirtschaftsstelle, Bonn, Rathausgasse 10/12, Zimmer 19, anzubringen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 6. Juni 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
Am übermorgigen Freitag wird das städtische Bekleidungsamt nach dem Hause Gangolfstraße 2 (früher Kunsthaus Zirkel) verlegt. Es geschieht das, um für die Bezugsscheinausgabe mehr Platz zu haben und gleichzeitig mit der Bezugsscheinausgabe den Verkauf von alten Kleidern, Wäsche und Schuhwaren zu verbinden. Die Stadt richtet also gewissermaßen ein städtisches Warenhaus ein. In diesem Warenhause sind auch die umfangreichen Werkstätten für das Instandsetzen der alten Kleider, der Schuhe und der Wäsche untergebracht, dagegen bleibt die Annahmestelle für alte Kleidungsstücke und Schuhwaren im Hause Stockenstraße 3. Es wird bei dieser Gelegenheit besonders die bessergestellte Bürgerschaft noch einmal dringend gebeten, alle alten Sachen herzugeben, die doch nur überflüssig im Haushalt herumhängen. Die Sachen brauchen nicht umsonst abgeliefert zu werden, das Bekleidungsamt zahlt gern angemessene und den heutigen Verhältnissen entsprechend sogar hohe Preise dafür. […]
Frühkartoffeln aus Holland können bereits Ende dieses Monats erwartet werden. Die Grenze wird voraussichtlich schon am 10. Juni geöffnet, und zwar sind zunächst für die ganze Rheinprovinz etwa eine Million Zentner Frühkartoffeln zur Ausfuhr bestimmt worden. Sobald Bonn die angeforderten Mengen davon erhält, wird voraussichtlich die Kartoffelversorgung auch besser werden; die Ernährungsschwierigkeiten, die schon durch die bessere Gemüseversorgung geringer geworden sind, werden damit dann hoffentlich weiter zurückgehen.
Kartoffelversorgung. Aengstliche Gemüter drängten sich gestern und vorgestern um die Kartoffelverkaufsstellen in der Besorgnis, sie könnten die ihnen zugewiesenen Mengen Kartoffeln nicht erhalten. Zur Beruhigung wird von zuständiger Seite mitgeteilt, daß jeder die ihm zustehende Menge erhält, da genügende Vorräte vorhanden sind. Wer einen Teil der Kartoffeln hat, hole den Rest Ende dieser Woche, da die Verkaufsstellen täglich beliefert werden. […]
Eine neue städtische Gemüse- und Obstverkaufsstelle ist im Hause Moltkestraße [heute Weberstraße]1 (Ecke Bonner Talweg) eröffnet worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Milchfrage in Bonn.
Die Milchversorgung beschäftigt z. Zt. wieder lebhaft die Gemüter, nicht weil die Zufuhr eine sehr sparsame ist, sondern nunmehr, weil die Preise in den letzten Tagen fast durchweg in die Höhe gegangen sind. Die Sachlage ist folgende: Im Januar d. J. wurden Höchstpreise für die Milchlieferung in der Weise festgesetzt, daß die Milchbauern vom 24. Januar ab keinen höheren Preis nehmen durften, als dies beim Inkrafttreten der Höchstpreisverordnung der Fall war. Nun hatte sich diese scharfe Verordnung immer mehr zum Nachteil der Milcherzeuger gewendet und es war ein starkes Absinken der Milchergiebigkeit eingetreten. Man nimmt an, daß eine Stadt im allgemeinen mit Milch gut versehen ist, wenn auf den Kopf der Einwohner zwei Zehntel Liter Milch durchschnittlich täglich eingeführt werden. Das würde für Bonn rund 16.000 Liter ausmachen, und wirft man die vielen Krankenanstalten noch ins Gewicht, so könnte man bei uns eine normale Versorgung von rund 17.000 Liter täglich annehmen. Zu Friedenszeiten wurden nach Bonn etwa 25.000 Liter täglich geliefert. Unsere Stadt war demnach zu Friedenszeiten in gewissem Sinne bereits überbeliefert. Das muß erwähnt werden, weil es in den Industriebezirken zu Friedenszeiten sehr viele Städte gab, die durchaus nicht einmal die 0,2 Liter durchschnittlich erreichten.
Während des Krieges ist die Milchzufuhr nach Bonn nun dauernd gesunken. Sie betrug im Dezember 1916 nur noch rund 10.000 Liter und war im April d. J. bereits auf 8.000 Liter täglich gesunken. Die Folge davon war, daß eine ganze Zeit lang die Vorzugsberechtigten nicht mehr im vollem Umfange versorgt werden konnten, d. h. die Kinder von 6 bis 14 Jahren und die Kranken, denn für die Versorgung der Versorgungsberechtigten und der Vorzugsberechtigten werden in Bonn mindestens 13.000 Liter täglich gebraucht. Da dieser schwere Rückgang auch an anderen Orten bemerkbar wurde, so hat die Landesfettstelle bestimmt, daß die Höchstpreise überall aufgehoben wurden. Dadurch ist allerdings der Preistreiberei der Weg offen gemacht; aber es wird seitens des Lebensmittelamtes mit scharfen Maßnahmen gegen übermäßige Forderungen eingeschritten werden. Man möge bedenken, daß durch das Festhalten der Preise vom Januar bis jetzt auf der alten Höhe eine gewisse Spannung eingetreten war, die sich nun in einer Aufwärtsbewegung der Milchpreise Luft macht. Anderseits leiden tatsächlich die Milchwirtschaften unter sehr hohen Erzeugerkosten. Wiederholt ist dieses bereits erwähnt worden. Es ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß für Milchvieh keine Höchstpreise bestehen, während sie für Schlachtvieh festgesetzt sind. Das bedingt für den Abmelkwirten, der eine Milchkuh zum Preise von etwa 1800 Mark einkaufen muß, und als Schlachtvieh zum Preise von etwa 1000 bis 1100 Mark verkaufen muß, einen Schaden von rund 7- bis 8000 Mark, den er naturgemäß auf die Milchpreise umlegen muß.
Die Milchzufuhr im Monat Mai ist erfreulicher Weise eine erheblich bessere geworden. Sie gestattet jetzt, sämtliche Versorgungsberechtigte und Vorzugsberechtigte mit Milch zu versorgen.
Die Ernährung der Kinder bis zum 2. Lebensjahre und die Grundsätze für die Ernährung hoffender und stillender Frauen wird bald neu geregelt werden. Vor allem ist beabsichtigt, den Säuglingen besondere Lebensmittelkarten zum Bezuge von Kindermehl, Keks, Zwieback und Milch zuzuführen, daneben sollen auch Haferflocken und Weizengrieß verabfolgt werden. Anderseits steht der Lebensmittelausschuß nicht auf dem Standpunkt, durch diese besondere Versorgung eine erhebliche Einschränkung der dem Säugling als neuem Staatsbürger an und für sich schon zustehenden Rationierung eintreten zu lassen, weil er von dem an sich sehr berechtigten Grundsatze ausgeht, daß diese Rationierung des Säuglings eine gute stille Beihilfe für seine Mutter bedeutet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Militärkonzert. Die Kapelle des in der neuen Artilleriekaserne untergebrachten Infanterie-Regimentes wird heute abend von 6 – 7 Uhr am Rheine gegenüber dem Kollegium Albertinum und am Mittwoch von 12 – 1 Uhr mittags auf dem Kaiserplatz je ein Abschiedskonzert veranstalten.
Jugendliche Taugenichtse. Zwei 16- und 17-jährige Burschen aus Bonn waren vor etwa acht Tagen mit 600 Mark, die der eine seinen Eltern gestohlen hatte, durchgebrannt, hatten das Geld in Köln, Frankfurt und Mainz schnell durchgebracht und waren dann wieder nach Bonn gekommen. Sie erbrachen die Lehrwerkstätte des einen und stahlen einen Mantel, Handwerkszeug usw., ferner schlugen sie nachts in der Wenzelgasse ein Schaufenster ein und nahmen fünf Browning- und eine Mauserpistole sowie einen Revolver mit dem dazu gehörigen Schießbedarf im Gesamtwerte von 350 Mark heraus. Einer der beiden Diebe ist festgenommen worden, der zweite konnte noch nicht erwischt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 7. Juni 1917
Wegen des katholischen Feiertages Fronleichnam erschien an diesem Tag nur die Bonner Zeitung.
Sanitätsrat Dr. Klodt †. Der Krieg hat wieder ein Opfer aus der Mitte der Bonner Aerzteschaft gefordert: Sanitätsrat Dr. Klodt, der seit Kriegsbeginn als vertraglich verpflichteter Arzt in hiesigen Lazaretten sowie in der Seuchenstation ausgedehnt und aufopfernd tätig gewesen ist, ist gestern morgen einem tückischen infektiösen Leiden nach längerem Krankenlager erlegen. Er stand im 52. Lebensjahre. […] Dr. Klodt war ein gewissenhafter und tüchtiger Arzt, der sich für seine Kranken aufgeopfert und überaus segensreich gewirkt hat, und seinen Kollegen war er ein lieber Freund. Sein Verlust ist gerade in dieser Kriegszeit doppelt zu beklagen. Der Verstorbene war auch ein begeisterter Freund der Kunst, vor allem der Musik und des Gesanges. Er war seit vielen Jahren Vorsitzender des Männergesangsvereins Concordia sowie aktiver Sänger und Vorstandsmitglied des Städtischen Gesangvereins. Auch die liberale Partei verliert in Sanitätsrat Dr. Klodt ein treues und eifriges Mitglied.
Uboot-Spende. Die Dankeswoche zugunsten der Uboot-Spende des ganzen deutschen Volkes dauert bis zum morgigen 8. Juni.
Zierrasen in Hausgärten. Jetzt, wo es der Ernst der Zeit fordert, mit dem Unscheinbarsten haushälterisch umzugehen, sei darauf aufmerksam gemacht, daß auch die als Zierrasen vorhandenen zahlreichen Flächen einen Nutzen bringen können, indem das Gras nicht so oft geschnitten wird, so daß es höher wachsen kann, wodurch es zur Viehfütterung brauchbar wird. Hingewiesen sei hierbei auf unsere schönen Rasenflächen im Hofgarten und an der Poppelsdorfer Allee, die schon seit Kriegsbeginn diesen Zwecken dienstbar gemacht worden sind. Die Gartenbesitzer von Bonn werden daher gebeten, diesen Vorschlag im volkswirtschaftlichen Interesse in Erwägung zu ziehen und, wenn sie ihn erfüllen wollen, der Kriegswirtschaftsstelle in Bonn, Rathausgasse 10/12, Zimmer 19 alsbald Mitteilung zu machen. Abnehmer sind genug vorhanden, diese würden das Gras zu gegebener Zeit, wenn dies gewünscht wird, selbst schneiden und abholen. Besonders die gerade in heutiger Zeit so wichtige Ziegenzucht würde durch das Entgegenkommen der Gartenbesitzer gefördert werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Freitag, 8. Mai 1917
Der Fliegerleutnant Schäfer, der vor kurzem, wie wir berichtet haben, von der Westfront nach Bonn geflogen war, um hier an der Trauerfeier des Städtischen Gymnasiums für den gefallenen Professor Uhde, seinen Oheim, teilzunehmen, ist nach seinem 30. Luftsiege Mittwoch an der Spitze seiner Jagdstaffel gefallen. Er war erst 25 Jahre alt. Die Leiche wird in Krefeld, der Heimat Schäfers, beigesetzt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Fronleichnamsprozession konnte sich gestern bei herrlichstem Wetter in der schönsten Weise entfalten. In der Nacht war einiger Regen gefallen, kühl strich ein Lufthauch durch die Straßen, so war die sommerliche Schwüle einigermaßen gemildert. Schon früh schmückten sich die Straßen mit Fahnen und frischem Grün; die vier Hauptaltäre waren errichtet und sinnig geschmückt; altem Brauche folgend, hatten viele Bürger ihre Fenster in kleine Altäre verwandelt. Um acht Uhr zogen die einzelnen Pfarren, Schulen und Vereine zu den Sammelstellen und reihten sich dann in den Kern der Prozession, der um ½9 Uhr vom Münster auszog, ein. Unter feierlichem Glockengeläute bildete sich die Prozession, unter Jubelgesängen zog sie durch die festlichen Straßen zum ersten Segen am Altar in der Sternstraße, zum zweiten am Altar Ecke Wenzelgasse, zum dritten Segen am Altar auf der Hundsgasse und zum Schlußsegen auf dem Münsterplatz. Ungemein stark war wiederum die Zahl der Teilnehmer. Die Schulen mit unserem Nachwuchs, Volksschulen, Gymnasien, höheren Mädchenschulen, wollten fast kein Ende nehmen. Wie immer waren die Mädchen festlich geputzt, in weißen Kleidern, Kränze auf den Häuptern, Blumenkörbchen, Blumensträuße in den Händen, Blumen in großen Büscheln und in Kränzen mit sich führend. Straßen lang sah man nichts als Blumen. Und die Kinder sangen liebliche Weisen. Ergreifend war besonders der herrliche Gesang des Lehrerinnen-Seminars der Heyermannschen Schule. Endlos fast zogen auch die kirchlichen Frauen- und Jungfrauen-Vereine, die Kongregationen in der Prozession; wahre Andacht äußerte sich hier in inbrünstigem Gebet und frommen Liedern. Seltsam feierliche Bilder brachten dann die theologischen Zöglinge und die Studierenden der Universität in die Prozession, gemessen schritten Studentinnen und Studenten, diese in vollem Wichs mit wehenden Fahnen, blitzenden Schlägern, klirrenden Sporen, daher. Daß sie die Waffen nicht zum Schein führten, zeigte das Kreuz aus Eisen, das manche jugendliche Brust zierte. Ergreifende Bilder trugen die Verwundeten Soldaten in die Prozession; zahlreich war die Garnison vertreten. Es ist die dritte Kriegsfronleichnam. Das zeigte auch die allgemeine Zusammensetzung der Prozession: Kinder, heranwachsende Mädchen und Frauen in der überwiegenden Mehrheit: alte Herren in Innungen, im kath. kaufmännischen Verein, in Kongregationen; etwas jugendlicher Nachwuchs vor den gesetzten Bürgern. Die Blüte der Männer fehlte. Sie dient dem Vaterlande draußen im Felde. Wunderschöne Bilder zeigte der Umzug dem Auge, so namentlich auf dem Markte, der Sternstraße und der Wenzelgasse und besonders beim Schlußsegen auf dem Münsterplatz. Ergreifend aber wirkte auf das religiöse Gefühl das öffentliche, feierliche Bekenntnis katholischen Glaubens in den Straßen und auf den Plätzen. All der Glanz und die Würde der gottesdienstlichen Handlungen war hinausgetragen unter Gottes freiem Himmel. Unmittelbar zu Gott empor klangen Gebet und Gesang, wellten Weihrauchwolken, führten die Musikweisen, hoben die Priester das Allerheiligste segnend über den auf den Knien liegenden Gläubigen.
Abschied von den Glocken der Stiftskirche. Am nächsten Dienstag wird mit dem Ausbau der sechs größten Glocken in der Stiftskirche begonnen, eine Arbeit, die etwa eine Woche in Anspruch nehmen wird. Vorher sollen am Sonntag, den 10. Juni, abends von 7 bis 8 Uhr, zum Abschiede nochmals alle Glocken in feierlicher Weise geläutet werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Felddiebstähle haben in letzter Zeit in einem solchen Umfange zugenommen, daß hierin eine Schädigung der Allgemeinheit zu erblicken ist. Im Einvernehmen mit dem hiesigen Garnisonkommando sollen daher sowohl am Tage wie bei Nacht die Polizeiorgane bei Ausübung des Feldschutzes durch Militärwachen (Infanterie- und berittene Kavalleriemannschaften) unterstützt werden; auch werden den Feldhütern bei ihren nächtlichen Dienstgängen Polizeihunde beigegeben. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 9. Mai 1917
Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.
Kartoffeln. Die Kartoffelkarten für die kommende Woche behalten ihre Gültigkeit bis zum 17. Juni. Diejenigen Einwohner, die in der abgelaufenen Woche keine Kartoffeln erhalten haben, können sie in der kommenden Woche noch in Empfang nehmen. Alte Kartoffeln werden auch nach dem 18. Juni noch ausgegeben. Frühkartoffeln treffen voraussichtlich Ende Juni ein. Den Bürgern, welche die Kartoffeln für die kommende Woche bereits abgeholt haben, wird ein sparsamer Verbrauch empfohlen, da eine Zusatzlieferung ausgeschlossen ist. […]
Mit aller Entschiedenheit muß dem Gerüchte entgegengetreten werden, als würden von der nächsten Woche ab keine Kartoffeln mehr abgegeben. Hierzu liegt auch nicht der entfernteste Anlaß vor. Die Bevölkerung möge wie bisher der Verwaltung Vertrauen schenken und nicht auf solch lose Schwätzereien hören, die nur auf Klatschsucht zurückzuführen sind.
Fleisch. Fleisch auf die Zusatzkarten (Brotersatz) und auf die Reichsfleischkarte wird in gleicher Weise wie bisher und zu den bisherigen Preisen abgegeben. An Samstagen ist, was nochmals ernstlich betont sei, der Verkauf von Fleisch auf die Reichsfleischkarte nicht gestattet. Bei Uebertretungen tritt schwere Strafe und Schließung des Geschäftes ein. […]
Knochensammlung. Die Haushaltungen, Gastwirtschaften, Anstalten usw., geben die anfallenden Knochen noch nicht in ausreichender Weise in die Metzgergeschäfte zurück. […] Wenn die Ablieferung der Knochen nicht bald den gehegten Erwartungen entsprechen sollte, so wird der Bezug des Fleisches von der Rückgabe der Knochen abhängig gemacht. […]
Lebensmittelkarten-Abschnitte. Kalgen aus der Bevölkerung lassen darauf schließen, daß in den Geschäften beim Einkauf von Waren immer noch mehr Lebensmittelkarten-Abschnitte einbehalten werden, als die abgegebene Warenmenge ausmacht. Das Lebensmittelamt erinnert daher die Geschäftsinhaber nochmals an die Pflicht, ihre Angestellten anzuweisen, das Abschneiden der einzelnen Lebensmittelkarten-Abschnitte mit der größten Sorgfalt vorzunehmen und insbesondere darauf zu achten, daß auch bei den Warenkarten die richtigen Abschnitte abgetrennt werden. […]
Bekleidungsamt. Die Geschäftsstunden des Bekleidungsamtes, das sich seit gestern im Hause Gangolfstraße 2 (früher Zirkel) befindet, sind nicht geändert worden.
Einige Schuhwarenhändler halten sich immer noch nicht bei Verkäufen an die auf den Bezugsscheinen angeführte Warengattung. So verkaufen sie gegen einen Bezugsschein, der auf Filzpantoffel lautet, Lederpantoffel, Turnschuhe, Sandalen oder gar Lackschuhe. Es wird deshalb erneut mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, daß ein solches Verfahren strafbar ist. Das Bekleidungsamt wird die Uebertretungen unnachsichtig zur Bestrafung bringen.
Die letzte Uebung des Bonner Wehrbundes fand unter der Leitung von Herrn Geheimrat Brinkmann statt. Die rote Abteilung besetzte Vilich-Müldorf. Blau griff von Bechlinghoven-Hangelar her an. […] Zeitweise unbeschäftigte Gruppen suchten sich im Entfernungsschätzen zu vervollkommnen als Vorübung für die demnächst in Köln stattfindenden Wettkämpfe. Zum Schluß ging’s zum Flugplatz Hangelar, wo ein Offizier die Jungmannen in liebenswürdigster Weise durch die Halle führte und ihnen die verschiedenen Typen der vorhandenen Flugzeuge erklärte. Besonderer Dank gebührt auch den vier Fliegern, die die mündlichen Ausführungen durch einen Aufstieg praktisch zeigten. Als einer nach dem andern in sanftem Gleitflug gelandet war, zog der Bonner Wehrbund hoch befriedigt von dem schönen Nachmittag teils zur Bahn, teils gings zu Fuß der Vaterstadt zu.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Stadtverordneten traten gestern nachmittag unter dem Vorsitze des Herrn Oberbürgermeisters Spiritus zu kurzer Sitzung zusammen. […] Als Zuschuß für Volksunterhaltungsabende wurden dem Veranstalter Landgerichtsrat Büchler statt der geforderten 1500 Mark 1000 Mark zugesprochen und das Stadttheater frei mit Licht und Heizung zur Verfügung gestellt. – Ueber den Stand der Kriegsausgaben und vorübergehende Darlehen der Stadt gab Beigeordneter Bottler eine Uebersicht. Demnach haben die Ausgaben sich wesentlich erhöht. Aus der Einquartierung erwachsen der Stadt keine dauernden Lasten; auch die stark gestiegene Famlien-Unterstützung werde keine dauernden Lasten hinterlassen, da das Reich hier die Ausgaben ersetze. 3.700.000 Mark habe das Reich der Stadt noch zurückzuerstatten. Die städtischen Unterstützungen sind auf 4.930.000 Mark gestiegen; die Steigerung ist in der Hauptsache auf Mietbeihilfe und Zuschüsse zur Reichsunterstützung zurückzuführen. Der Staat ersetzt hier 60 Prozent, so daß bis jetzt 2.117.000 Mk. dauernde Lasten für die Stadt verbleiben. Die Auslagen erhöhen sich alle viertel Jahr um 3 – 400.000 Mark. Das Lebensmittelamt hat wirtschaftlicher gearbeitet; ungedeckt sind bei ihm noch 549.00 Mark. Ohne die erhöhten Teuerungszulagen der städtischen Angestellten noch zu berücksichtigen, haben diese Zulagen bis jetzt 769.000 Mark beansprucht; sehr bald werden sie 1½ Million erreicht haben. An vorübergehenden Darlehen sind bis jetzt 9.597.000 Mark aufgenommen. Die Versammlung nahm Kenntnis von dem Bericht. […]
Außerhalb der Tagesordnung wurde eine Anfrage des Stadtv. Schmitz über die Erweiterung des Kanalnetzes angesichts der Wasserschäden der letzten Zeit besprochen. Beigeordneter Baurat Piehl hob die großen unüberwindlichen Schwierigkeiten hervor, die der Ausführung des Beschlusses vom Jahre 1914 über die Erweiterung und den Ausbau des Kanalnetzes entgegenständen. Das städtische Bauamt habe keine Leute, er selbst könne die Bauleitung nicht übernehmen, keine Baufirma werde sich zur Ausführung der Arbeiten finden und das Generalkommando werde die Arbeiten einfach verbieten. So notwendig zweifellos eine beschleunigte Ausführung wäre, so sei es jetzt im Kriege unmöglich, an die Arbeiten heran zu gehen. Stadtv. Schmitz verkennt die Schwierigkeiten nicht, die der Arbeit entgegenstehen; es müsse aber etwas geschehen, um solche Schäden zu vermeiden, wenn es 10 Minuten stark regne. Wenn schon die Regenablaßkanäle gebaut würden, so wäre dies schon eine starke Entlastung des Kanalnetzes. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Neues Operettentheater. Man schreibt uns: Stürmische Heiterkeit löste in den letzten Tagen allabendlich die urkomische Gesangsposse „Die Königin der Lüfte“ bei den Theaterbesuchern aus, so daß das erheiternde Werk noch bis Ende dieser Woche auf dem Spielplan verbleibt. In Vorbereitung befindet sich die Johann Strauß’sche Operette „Die Fledermaus“, das schönste Werk dieses altberühmten Operettenkomponisten. Man darf die „Fledermaus“ getrost als eine Perle unter all den alten und neuen Operetten bezeichnen, ausgefüllt mit einer herrlichen Musik in Verbindung mit einer ergötzlichen Handlung bereitet sie den Hörern stets einen genußreichen Abend.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 10. Juni 1917
Kriegsgefangene. Die Korrespondenz der rheinischen Landwirtschaftskammer schreibt: Gegenüber zahlreichen Kriegsgefangenen, die schon seit Jahr und Tag in unseren Betrieben beschäftigt sind und uns zum großen Teil eine kaum entbehrliche, wertvolle Arbeitshilfe bieten, haben wir vielfach die Empfindung verloren, daß sie unsere Feinde sind, zumal manche von ihnen sich anscheinend ganz in ihre Lage gefunden haben und ihren Arbeitgebern willig und vertrauensvoll entgegenkommen. Aber wir sollten doch keinen Augenblick vergessen, daß diese Kriegsgefangenen fortgesetzt unter dem Einflusse ihrer Heimat stehen, und daß man von dort aus unablässig bemüht ist, sie gegen uns aufzuhetzen, sei es durch Briefe oder sonstige Sendungen, die vielfach – wie festgestellt worden ist – mit geheimen Mitteilungen oder Zeichen versehen sind, sei es durch Agenten, meist Angehöriger neutraler Staaten, die sich an die Gefangenen heranzumachen suchen und durch einen von ihnen wieder auf viele andere wirken. Es handelt sich nicht nur darum, daß unsere Ernte gefährdet und unsere Vorräte zerstört werden können, sondern daß möglicherweise auch versucht wird, sie zur Auflehnung und Meuterei anzustiften. Wir müssen es daher als unsere dringende Pflicht betrachten, stets ein wachsames Auge auf alle Kriegsgefangenen, ganz besonders auf die englischen und französischen, zu haben und von jeder verdächtigen Erscheinung, auffallendem Postverkehr, Annäherungsversuchen fremder Personen, lebhaftem Verkehr von Gefangenen untereinander u. a. m. alsbald der zuständigen Polizeibehörde Mitteilung zu machen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Kinderhortverband Bonn e. V. hielt am Montag den 4. Juni seine diesjährige Generalversammlung ab. Die Arbeit des Vereins konnte auch im dritten Kriegsjahr weitergeführt und sogar erweitert werden. Dem Verbande gehören nunmehr an: vier Mädchenhorte mit 280 Mädchen, drei Knabenhorte mit 162 Knaben und ein Kriegskindergarten, der von 45 Kindern besucht wird. 70 Kinder konnten durch Vermittlung der Horte zur Erholung aufs Land geschickt werden, ein kleiner Teil davon fand in einer holländischen Ferienkolonie liebevolle Aufnahme. – Der Kinderhortverband hat sich dem Verband Bonner Frauenvereine angeschlossen. Die Sorge für erkrankte Hortkinder übernahm in diesem Jahre wieder Herr Dr. Bogen, wofür ihm auch an dieser Stelle herzlichst gedankt sei.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Schwierigkeiten im Zeitungsgewerbe. In jüngster Zeit hat die amtliche Zuteilungsstelle die Papierlieferung an die Zeitungen wieder in erheblichem Maße eingeschränkt. Die den Zeitungen bisher zustehende, schon stark gekürzte Papiermenge ist um weitere 10 Prozent verringert worden. Diese außerordentliche Herabsetzung der Papierzufuhr, die aller Voraussicht nach noch fühlbarer werden dürfte, macht es der Presse zur unbedingten Pflicht, im textlichen Teil noch weitgehendere Einschränkungen wie bisher eintreten zu lassen. Entsprechend den Zeitverhältnissen werden die Nachrichten über die Kriegsereignisse, die politischen Vorgänge und wirtschaftlichen Maßnahmen eingehendste Berücksichtigung finden, in knapper und übersichtlicher Form dem Leser vorgetragen werden. Alle anderen Abhandlungen und Berichte müssen entsprechende Kürzungen erfahren, wobei jedoch nichts ausgeschaltet werden soll, was den vielgestaltigen Interessen des Leserkreises dienlich und förderlich ist. Wir hoffen, daß unsere Bezieher Verständnis für die den Zeitungen auferlegten Beschränkungen zeigen und dem Blatt das Wohlwollen bewahren werden, das sie ihm auch in dieser Kriegszeit in so reichem Maße zugewendet haben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 11. Juni 1917
Neues Operettentheater. Am heutigen Montag wird abends 8½ Uhr die Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauß aufgeführt. Morgen, Dienstag, gibt die Direktion, um auch weiteren Kreisen die Möglichkeit zu bieten, die abgerundeten Aufführungen in dem jetzigen Neuen Operettentheater kennen zu lernen, eine einmalige Volks- und Militärvorstellung zu Eintrittspreisen von 30 Pfg. bis 1 M. für den Platz. Aufgeführt wird die Gesangsposse „Die Königin der Luft“ mit Herrn Direktor Steffter als „Stadtrat Lampe“. Vom Mittwoch ab wird dann wieder „Die Fledermaus“ gegeben. Am heutigen Abend liegt die musikalische Leitung dieser Operette in den Händen des Herrn Kapellmeisters Itzel. Reichen Beifall dürfte die reizende Tanzeinlage der Damen Horst und Wendland im zweiten Akt finden, die am heutigen Abend ebenfalls wieder geboten wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Säuglingsgebäck. Wie der Oberbürgermeister bekannt macht, wird nunmehr an jedes Kind im Alter vom 4. bis 18. Monat ein Viertelpfund Säuglingsgebäck wöchentlich abgegeben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Erdbeerernte hat begonnen. Bei der augenblicklichen Hitze reifen die Früchte sehr rasch. Die Früchte zeichnen sich aus durch volle Ausbildung, große Süßigkeit und ein gesundes Aussehen. Der Behang der Erdbeeren ist stellenweise sehr gut, doch fürchtet man, bei der Trockenheit, daß die kleineren Früchte nicht mehr zur vollen Entwicklung und Ausbildung gelangen und klein bleiben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 12. Juni 1917
Das Nachmittagsheim für Verwundete, das die schönen Räume des Hauses Koblenzer Straße 90 verlassen mußte, hat im Hause Lennéstraße 65 durch das freundliche Entgegenkommen der katholischen Studentenverbindung Frisia eine neue Zuflucht gefunden und wird am heutigen Dienstag wieder eröffnet. Das Verwundetenheim wurde im August 1915 durch den innigsten Wunsch der Bonner Frauenvereine ins Leben gerufen, den genesenden Kriegern eine Stätte zu geben, an der sie etwas von dem finden sollten, was ein edles deutsches Haus zu bieten hat am Anregung, geistiger und körperlicher Erholung. Mit besonderem Dank muß auch hier der unvergeßlichen Frau Gudden als Leiterin gedacht werden. Die Damen alle, die in unermüdlicher, vorbildlicher Pflichttreue hier mütterlich walten, Kaffee und Gebäck mit ihren jungen Helferinnen verteilen und für jeden Besucher ein teilnehmendes Herz haben, sind mit ihrer Tätigkeit niemals öffentlich hervorgetreten; dafür aber ist ein schönes Band des Vertrauens und der Dankbarkeit geflochten worden, das über den Krieg hinaus in die Zukunft wirken wird. Neben der stets gebotenen Unterhaltung an Spiel und Lesestoff fehlte es kaum in der Woche an irgend einer größeren Veranstaltung, die die Anteilnahme und Liebe aller Kreise an unseren lieben Feldgrauen verriet: Militärkonzerte, Kinderreigen, Gedichtvorträge, Vorträge von Professoren neben heiteren und komischen Darbietungen, Theateraufführungen und schöne Chorwerke brachten Genüsse edelster und erfreulichster Art, unter denen auch die Beteiligung aus dem Kameradenkreis nicht fehlte. Alles dies machte das Nachmittagsheim zu einer Stätte der alles erfassenden, mitschwingenden Volksseele in unvergesslicher großer Zeit. 38.000 Besucher, darunter viele Stammgäste, sind in den 21 Monaten durch das Heim gegangen, 130 Veranstaltungen weist die Chronik mit ihrem reichen Inhalt auf. Nun zieht der alte Geist in die neuen Räume. Möchte auch dort ein reger Besuch alle mütterliche Liebe lohnen, Freude und Frohsinn die Schwere der Zeit lindern und weiterhin Balsam in die Wunden des Leibes und der Seele gießen, dann bleibt das Nachmittagsheim für unsere genesenden Krieger wie bisher die Stätte allgemeiner Zuneigung. H.K.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Handwerker des Kreises Bonn-Land werden wiederholt darauf hingewiesen, daß die Rheinische Genossenschaft zur Förderung von Handwerk und Gewerbe, in Köln, Ubierring 15, deren Mitglied der Kreis ist, eine Vermittlungsstelle für den Absatz von infolge des Krieges überflüssig gewordenen Handwerksmaschinen eingerichtet hat. Die Vermittlung erfolgt völlig unentgeltlich mit dem Ziele, namentlich Kriegerfrauen einen günstigen Verkauf der herrenlos gewordenen Anlagen zu sichern. Die Vermittlungsstelle kann ihre Aufgabe nur dann erfüllen, wenn ihr möglichst alle freigewordenen Maschinen bekannt gegeben werden. Den Beteiligten wird empfohlen, von dem Anerbieten der Genossenschaft ausgiebig Gebrauch zu machen. [...]
Kinos. Das neue Programm der Lichtspiele bringt den neuesten Film von Henny Porten: „Christa Hartungen“ sowie den amtlichen Kriegsfilm „Ein Schlachttag in der Champagne“, der u. a. auch Luftkampfszenen zeigt. Außerdem wird noch ein Drama und ein Lustspiel vorgeführt. [...]
Das Asyl für Obdachlose in Bonn, welches sich in Friedenszeiten eines sehr guten Zuspruchs der Heimatlosen erfreute, steht heute meist öd und verlassen da. Die gastliche Stätte, die einst häufig hundert und mehr Obdachlose in einer Nacht beherbergte, wird jetzt selten von einem müden Wanderer aufgesucht. Der Krieg hat auch hier einen Wandel geschaffen. Manche der ehemaligen „Stammgäste“ tragen des Königs Rock, andere haben eingesehen, daß es doch zweckmäßiger ist, sich ihren Unterhalt mit ehrlicher Arbeit zu verdienen, als wandernd die Lande zu durchziehen. Die augenblicklich sehr günstigen Arbeitsbedingungen mögen hierzu erheblich beitragen. Allerdings ist es Sommer, und man darf wohl bestimmt vermuten, daß mancher der Leute, die einst das Asyl gerne aufsuchten, bei Mutter Grün übernachtet. Aber auch im vergangenen Winter, der sich durch äußerst strenge Kälte auszeichnete, wurde nicht annähernd der Prozentsatz der Obdachlosen in Friedenszeiten erreicht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Abspenstigmachen von Arbeitern. In der letzten Zeit häufen sich die Klagen über das Abspenstigmachen von Arbeitern. Es wird hier wiederholt dringend vor jedem unerlaubten Werbemittel zum Anlocken von Arbeitern gewarnt. Gegen jede Uebertretung der in diese Richtung ergangenen Erlasse und Verfügungen des stellv. Generalkommandos, wird, soweit sie zur Kenntnis der Kriegsamtstelle gelangen, mit der ganzen Härte der Strafbestimmungen vorgegangen werden. Die Kriegsamtstelle ersucht daher alle in Betracht kommenden Stellen, derartige durchaus den Zeitumständen und dem Geist des Hilfsdienstgesetzes zuwider laufende Handlungen unverzüglich der Kriegsamtstelle Coblenz, Abt. H. A. zur Anzeige zu bringen. Die Verfügung des stellv. Generalkommandos 8 A.-K. vom 26.1.17 Abt. V. W. Nr. 6983 verbietet u. a. Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften unter Chiffre oder Deckadresse, soweit sie a) der Anwerbung gewerblicher, männlicher oder weiblicher Arbeitskräfte, einschließlich der Werkmeister und Vorarbeiter dienen, b) Stellengesuche männlicher und weiblicher Arbeitskräfte enthalten. Ferner untersagt diese Verfügung Anzeigen jeder Art, in denen a) ein Hinweis auf höhere Löhne oder besondere Vergünstigung enthalten ist, b) eine Zusage auf Befreiung oder Zurückstellung vom Heeresdienst durch Stellung eines entsprechenden Antrages des Arbeitgebers gegeben wird, c) von Arbeitsuchenden Zurückstellung vom Heeresdienst angestrebt wird. Außerdem sind verboten Anzeigen, in denen Arbeit im neutralen oder feindlichem Ausland angeboten oder gesucht wird und Anzeigen, die einen direkten oder indirekten Hinweis auf das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst enthalten, soweit sie nicht vom Kriegsamt oder den Kriegsamtstellen ausgehen oder genehmigt werden. [...] Wer den vorstehenden Bestimmungen zuwider handelt oder zu ihrer Uebertretung auffordert oder anreizt, wird auf Grund des § 9 des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4.6.1851 mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. [... ] Außerdem wird dringend vor der wirtschaftlichen Schädigung, die eine derartige nur dem Augenblick Rechnung tragende Lohntreiberei hervorzurufen geeignet ist, gewarnt. Die Kriegsamtstelle ist überzeugt, daß dieser Hinweis genügt, um Arbeitgeber von solch schädlichem Vergehen abzuhalten und sie auf die vielen gesetzlichen Wege der Arbeiter-Beschaffung zu verweisen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 13. Juni 1917
Aerztliche Bescheinigungen für Zusatznahrungsmittel.
Es wird vielfach darüber geklagt, daß die ärztlichen Krankheitsbescheinigungen zur Erlangung von besonderen Zusatznahrungsmitteln nach vier Wochen, spätestens alle drei Monate erneuert werden müssen, dadurch entständen den Betroffenen Kosten, die bei längerer Krankheitsdauer recht beträchtlich werden könnten. Dem gegenüber sei bemerkt, daß das Lebensmittelamt auch in dieser Beziehung weitgehendst entgegenkommt. Unnötige Kosten sollen den Bürgern erspart werden, darum wird, wenn es sich um einwandfrei festgestellte chronische, langandauernde Krankheiten handelt, auf eine neue ärztliche Bescheinigung verzichtet. Das kann natürlich nicht geschehen, wenn es sich um Krankheiten handelt, bei denen der Hausarzt die Notwendigkeit der Zusatzlebensmittel für eine begrenzte Zeit, etwa zwei bis vier Wochen, bescheinigt hat; in solchen Fällen muß eine neue Bescheinigung gefordert werden, weil sonst der ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Krankennahrungsmitteln Tor und Tür geöffnet wird zum Schaden der wirklich Kranken,
Die Kriegsküchen speisen rund 6000 Personen täglich. Die Teilnehmerzahl hat sich seit längerer Zeit auf der gleichen Höhe gehalten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die neuen Fünfzig-Pfennig-Scheine sind jetzt in Umlauf gesetzt. Sie sind erheblich kleiner als die Einmark-Papierscheine, sind dadurch handlicher und brauchen nicht gesalzt zu werden. Der Schein ist in Zweifarbendruck gehalten; er zeigt auf der Vorderseite links als Leiste den Gott des Handels „Merkur“ und darunter die Aufschrift „Unter Gewähr des Kreises Bonn-Stadt, Bonn-Land und des Siegkreises. Als Zahlungsmittel gültig in diesen Kreisen.“ [...] Die Rückseite zeigt die Zahl 50 auf einem violetten Untergrund, der aus fortlaufenden Stempeln mit der Inschrift: „Gutschein der Handelskammer Bonn“ gebildet ist. Auch die Vorderseite zeigt diesen Stempel als Untergrund.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern sehr gut beschickt. [...] Mit Erdbeeren wird der Markt gegenwärtig überschwemmt, ebenfalls kommen Kirschen in den letzten Tagen reichlicher auf den Markt und werden trotz der hohen Preise gerne gekauft. [...]
Auch die während des Krieges eingerissene Unsitte, daß viele Waren offen oder versteckt stehend als „schon verkauft“ bezeichnet werden, nimmt in der letzten Zeit wieder größeren Umfang ein. Dies kann jetzt zum Beispiel bei Spargel, Rhabarber und gewissen Gemüsesorten beobachten. Der Grund ist wahrscheinlich darin zu suchen, daß bestimmte Liebhaber im Vertrauen höhere Preise dafür bezahlen. Sämtliche auf den Markt kommenden Waren müssen doch für jeden käuflich sein, und nicht nur für gewisse Ueberpreiszahler. Die ärmere Klasse Leute will doch auch leben, ihre Lage ist doch an und für sich schwer genug, ohne daß sie noch solche Liebhaberpreise bezahlen sollen. Hoffentlich wird unsere Marktpolizei, die noch immer ein waches Auge auf solche Unsitten hat, dafür sorgen, daß solche Mißstände nicht nur nicht weiter um sich greifen, sondern auch möglichst bald abgeschafft werden.
Zum Besten der U-Bootspende zu wirken, haben sich die höheren Schüler Bonns zusammengetan und gedenken Freitag, den 29. Juni im Stadttheater mit einer größeren Veranstaltung hervorzutreten. Durch Massenwirkungem, Vorträge der Schülervereine und Chöre der verschiedenen Anstalten wird der Rahmen des Abends gebildet. Die Landsturmkapelle wird mitwirken. Zu allseitiger Freude hat sich unsere berühmte Mitbürgerin, Frau Elly Ney, in selbstloser Weise bereit erklärt, durch ihre große Kunst der jugendlichen Veranstaltung ein starkes künstlerisches Relief zu geben. Die Leitung des Abends liegt in der Hand von Professor Ruhland.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kartoffelverkauf. Für die Woche vom 18. bis 24. Juni werden von Donnerstag, den 14. Juni ab auf die Kartoffelkarte je 5 Pfund Kartoffeln abgegeben.
130 fette Schweine im Gewichte von 2 bis 3 Zentnern werden aus der Schweinmastanstalt der Stadt Bonn jetzt zum Schlachthof gebracht werden. Bei dem großen Mangel an Speck wird dies eine recht willkommene Bereicherung der städtischen Speckkammer darstellen, die der Bevölkerung im Winter sehr zu gute kommen wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Volksschulen. Es ist geradezu unverständlich, daß die Kinder der Altstadt gezwungen sind, bei 30 bis 33 Grad Hitze nachmittags die Schule zu besuchen. In den Vororten ist hitzefrei. Dort schien man nicht so ängstlich an dem Wortlaut der Verfügung zu kleben als in der Altstadt. Wenn morgens um 11 bis ½12 Uhr 23 bis 24 Grad im Schatten ist, dann steigt die Hitze nachmittags bis zu 30 Grad und dann gehört, zumal der Unterricht nach Sommerzeit um ½1 Uhr beginnt, kein Kind in den Schulsaal. Sieht man aber mit der Lupe auf das Thermometer und wartet ängstlich auf die 25 Grad punkt 11 Uhr, dann werden wohl unsere Kinder niemals hitzefrei bekommen. Möge also der betr. Herr Schulleiter, der in diesem Jahre die Bestimmungen über hitzefrei zu geben hat, in Zukunft nicht mehr so ängstlich sein, sondern etwas freigiebiger sein. Eine Hausfrau
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Donnerstag, 14. Juni 1917
Einrichtung einer Pilzauskunftsstelle. Da erfahrungsgemäß unseren einheimischen Speisepilzen namentlich deswegen nicht die ihnen gebührende Beachtung geschenkt wird, weil sehr viele Unkundige aus Furcht vor giftigen und verdächtigen Formen sich von der Beschäftigung mit Pilzen überhaupt abhalten lassen, so daß alljährlich ungeheure Mengen eßbarer Pilze in unseren Wäldern vermodern, ist beschlossen worden, in Bonn während der bevorstehenden Spät-Sommer- und Herbstzeit eine Pilzauskunftsstelle ins Leben zu rufen, d. h. eine Einrichtung, welche allen, welche Pilze zu sammeln in der Lage sind und sie zu verarbeiten und zu verzehren willens sind, es möglich macht, durch Sachverständige sich über Wert und Unwert der Pilzfunde belehren zu lassen. Die Pilzauskunftsstelle wird namentlich am Montag jeder Woche tätig sein. Ihre Leitung wird voraussichtlich Herr Walter Prym übernehmen, der dabei von den Herren Professor Füchtjohann, Professor Ernst Küster und Frau Dr. phil. Gertrud Küster unterstützt wird. Nähere Nachrichten werden später folgen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
U-Boot-Spende. Die Sammlungen für die U-Boot-Spende haben auch hier in Bonn ein recht erfreuliches Ergebnis gehabt. Im ganzen wurden bis heute 21.022 M. abgeliefert.
Ernteflächen-Erhebung. Im Stadtbezirk Bonn findet in der Zeit vom 15. bis 23. Juni eine Erhebung der Ernteflächen aller Feldfrüchte und Futterpflanzen sowie der Wiesen und Viehwiesen statt. Einzelheiten sind aus einer Bekanntmachung in der vorliegenden Nummer zu ersehen.
Groß-Bonn. In der heutigen Abend-Vorstellung wird die Hellseherin Afra sich verabschieden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Soldatenheim. Jupiter pluvius macht am vergangenen Sonntag dem Soldatenheim einen kräftigen Strich durch sein Gartenfest im Garten der Beethovenhalle. Bei lachendem Sonneschein hatten sich sehr viele Feldgraue im Garten der Beethovenhalle eingefunden, der Kaffeebetrieb war schon im besten Gange und das Konzert der Infanteriekapelle 609 hatte bereits begonnen, als der plötzlich einsetzende heftige Gewitterregen allem weiteren Gartenzauber ein Ende setzte. Schnell entschlossen wanderte nun das „gesamte Soldatenheim“ wieder in den Saal des Gesellenhauses in der Cölnstraße 17 / 19, wo sich bald bei den Klängen der herrlichen Regimentsmusik, die der Kgl. Musikmeister Herr Schuricke in vorzüglicher Weise leitete, ein recht gemütliches Treiben entwickelte. Der Leiter des so verregneten „Gartenfestes“, Herr L. Schröder, konnte als Ehrengäste begrüßen den Vorsitzenden des Kreis-Kriegerverbandes Bonn, Herrn Janssen, und den hiesigen Stadtverordneten Herrn Metzgermeister Kaiser. Für die nötige Abwechselung im musikalischen Programm sorgte das bei den Feldgrauen gut bekannte und sehr geschätzte Berief’sche Quartett. [...] Der zweite Vorsitzende des Soldatenheims Herr Klutmann hielt außerdem noch eine zündende patriotische Ansprache. Anknüpfend an das Wort Bismarcks. „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst niemand auf der Welt!“ mahnte er zum festen Vertrauen auf Gott, der unserer gerechten Sache zum Siege verhelfen werde, und auf unsere Heerführer, die wie Hindenburg in den verflossenen 33 Kriegsmonaten uns ihr Feldherrngenie zur Genüge bewiesen haben. Die ganze Veranstaltung mit ihrem zahlreichen Besuch seitens der Soldaten zeigte klar, daß der Gedanke eines Gartenfestes bei den Soldaten selbst freudige Aufnahme fand; es wird darum nächstens bei hoffentlich besserem Wetter nochmals zur Ausführung gelangen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 15. Juni 1917
Die Beschlagnahme, Enteignung und Bezahlung der Metalle. Man schreibt uns: Bekanntlich werden zurzeit die verschiedensten Haushaltsgegenstände – Hausmetalle, Deckel aus Zinn, Aluminiumgegenstände – zur Herstellung von Kriegsbedarf beschlagnahmt und demnächst enteignet. Die Beschlagnahme und Enteignung erstreckt sich neuerdings auch auf Glocken aus Bronce, Prospektpfeifen aus Zinn und viele andere Sachen. Alle Betroffenen, d. h. alle Besitzer von für Heereszwecke – wenn auch erst nach entsprechender Verarbeitung – verwendbaren Gegenstände, tun gut daran, die einschlägigen Verordnungen sorgfältig zu lesen; ganz besonders gilt dies für solche Personen, die der Ansicht sein sollten, der allgemein festgesetzte Uebernahmepreis sei gerade für die ihnen enteigneten Gegenstände zu niedrig, und die den Versuch machen wollen, durch Anrufung des Reichsschiedsgerichts für Kriegswirtschaft die Erhöhung des Uebernahmepreises zu erreichen. Bis jetzt herrscht auf diesem Gebiete noch große Unkenntnis. In zahlreichen Fällen zeigt sich, daß die Antragsteller entweder die Verordnung nur flüchtig gelesen oder gar nicht verstanden haben. Insbesondere scheint Unklarheit über die Begriffe „Beschlagnahme“ und „Enteignung“ zu herrschen. Diese Unklarheit kann den Antragstellern Schaden bringen; liefern sie z. B. – wie es überaus häufig geschieht – ihre Sachen an die Metallsammelstellen schon dann ab, sobald sie in der Zeitung gelesen haben, daß diese Gegenstände „beschlagnahmt“ seien, so müssen sie damit rechnen, daß ihr Antrag auf Festsetzung des Uebernahmepreises durch das Reichsschiedsgericht von vornherein zurückgewiesen wird, da dies erst dann zuständig wird, wenn die Gegenstände „enteignet“ worden sind. Die „Beschlagnahme“ entzieht dem Eigentümer nur das Verfügungsrecht über ihr Eigentum; erst die „Enteignung“ überträgt dieses Eigentum auf den Reichsmilitärfiskus. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Jung-Frankreich im deutschen Unterricht Bonner Lehrerinnen.
Die deutsche Feldpost übermittelt uns gestern folgenden Brief:
An die Redaktion des General-Anzeigers Bonn
Joeuf, 8. Juni 1917. Anbei erlaube ich mir, Ihnen einige Photographien zuzusenden. Sie stellen Klassen unserer ersten deutschen Schulen im besetzten Gebiete des Westens dar. Fräulein Klara Warlimont von der Hindenburgschule und ich von der Endenicherschule waren die ersten Lehrerinnen hier draußen. Fräulein Warlimont leitet die Mädchen- und ich die Knabenschule. Fräulein Maria Warlimont kam erst im Herbste 1916 nach hier. Wir arbeiten schon seit dem 19 April 1916 hier draußen. Der ganze Unterricht wird nach deutschem Plane nur mehr in deutscher Sprache gegeben. Schwierig ist die Sache ja, aber sie macht sehr viel Freude. Meine großen Jungens und ich leben in großer Freundschaft, aber siegen will Jung-Frankreich noch immer.
Vielleicht räumen Sie unseren Bildern ein Plätzchen in ihrem Fenster ein? Es sind ja Bonner Lehrerinnen, die hier anfingen, das Deutschtum und die deutsche Sprache einzuführen.
Hochachtend M. Staudt.
Deutsche Lehrerin. Deutsche Feldpost 84.
(Die Photographien bringen wir wunschgemäß zum Aushang. Jungens wie Mädels machen durchweg einen recht geweckten Eindruck, sodaß es unseren Bonner Erzieherinnen möglich sein dürfte, ihr Germanisierungswerk mit Erfolg zu betreiben! Die Schriftl.)
Ernteurlaub. Bei der Erteilung von Ernteurlaub an Soldaten sind im allgemeinen die gleichen Gesichtspunkte wie bei der Frühjahrsbestellung maßgebend. Eine Ausnahme bildet die Heuernte. Sie soll nach Möglichkeit mit den vorhandenen Arbeitskräften ausgeführt werden. Anträge werden durch die Kriegswirtschaftsstelle beim stellv. Generalkommando eingereicht. Mannschaften und Unteroffizieren, die schon zur Frühjahrsbestellung beurlaubt waren, kommen nicht in Betracht. Bei Mannschaften des Besatzungsheeres wird der Urlaub ebenfalls sehr beschränkt. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Ernte der Frühkartoffeln wird uns geschrieben: Die Frühkartoffeln stehen sehr schön und versprechen eine reiche Ernte; aber mit Besorgnis denkt schon jetzt jeder Einsichtige, wie mag sich wohl die Ernte gestalten? Etwa, wie im vorigen Jahre, daß die Kartoffeln noch klein und unreif aus dem Boden genommen werden, damit die Besitzer noch die hohen Preise erhalten? Daß sie dann ferner in zu großen Massen auf einmal an die Städte abgeliefert werden und massenhaft verderben? Allgemein glaubt man, in diesem Jahre würde vernünftiger verfahren, aber, wie die Zeitungen gemeldet haben, soll auch in diesem Jahre für die Frühkartoffeln ein Anfangspreis von 10 Pfg. pro Pfund festgesetzt sein, der später auf 8 und weiter auf 6 Pfg. sinkt. Sollten diese Staffelpreise in Kraft treten, so wird es ähnlich gehen wie auch im vorigen Jahre. Jeder wird, um den 10-Pfg.-Preis zu erhaschen, so viel Kartoffeln ausgraben, wie nur möglich, ohne daran zu denken, daß diese Kartoffeln noch gar nicht reif sind, daß sie infolgedessen auch nicht haltbar, nicht schmackhaft oder nahrhaft und nicht gesund sein können; und welch ein Quantum Kartoffeln geht dadurch verloren, daß sie vor ihrer vollen Entwicklung schon aus dem Boden gehoben werden. Auf diese Weise wird man so schnell mit den frühesten Sorten fertig sein, und dann rasch zu den mittleren Sorten greifen müssen, und anfangs Herbst verlangt man schon sehnsüchtig nach den Spätkartoffeln. So kam der Schreiber dieses im vorigen Herbste, anfangs Oktober, zu einem Landwirt, der mehrere Morgen Kartoffeln angepflanzt hatte, um als Zähler das Kartoffelquantum aufzunehmen. Der Landwirt aber erklärte, er habe nur noch 15 – 18 Zentner zum eigenen Bedarf, alle anderen Kartoffeln habe er schon an das Bürgermeisteramt abgeliefert. Daher fort mit den Staffelpreisen! [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 16. Juni 1917
Ueber die Kohlenfrage erhalten wir von zuständiger Seite folgende Aufschlüsse: Durch die Einberufungen war bei Kriegsausbruch die Kohlenförderung um rund 50 Prozent zurückgegangen. Im Herbst 1916 wurden Erhebungen angestellt, ob die für das Hindenburgprogramm benötigten Brennstoffe auch wirklich vorhanden seien. Ende des Jahres 1916 trat der übliche Wagenmangel ein. Anfangs glaubte man, daß er sich bald beheben würde, da die Wagen zu dieser Zeit hauptsächlich in der Landwirtschaft gebraucht worden waren. Der Wagenmangel vermehrte sich jedoch noch weiter. Die Kohlenförderung ging noch mehr zurück, die Fördereinschränkung wurde so erheblich, daß man gezwungen war, neue Förderschichten einzulegen. Erschwerend kamen dann die Witterungsverhältnisse hinzu. Die Besetzung Rumäniens zwang Deutschland, Kohlen nach dem Balkan bis nach Asien hinein zu liefern. Andererseits kam es zur Lieferung von Kohlen an die Neutralen, die durch den uneinsgeschränkten Ubootkrieg von England nicht mehr mit Kohlen versorgt werden konnten. Es kam dazu, daß sich die Kohlen sowohl im Westen als auch im Osten zu hohen Beständen ansammelten, die nicht abgefahren werden konnten. Die oberste Heeresleitung hat nun in Aussicht gestellt, daß eine entsprechende Zahl von Bergleuten erneut zur Hebung der Förderung zurückgegeben werden solle. Diese Zahl würde genügen, die Mängel zu beheben. Leider haben die Verhältnisse an der Front es bislang der Obersten Heeresleitung nicht gestattet, diese Bergleute schon jetzt freizugeben. [...] Immerhin müssen wir uns augenblicklich mit einem Fehlbetrag und einer Verschärfung auf dem Kohlenmarkte abfinden, die jedoch nur vorübergehend sein wird. Zunächst kommen für die Versorgung die gewerblichen Betriebe in Frage. [...] Beim Hausbrand lassen sich ebenfalls Beschränkungen nicht vermeiden. [...] Der Bedarf der Landwirtschaft wird im großen und ganzen nicht gekürzt werden, mit Ausnahme der Hausbrandkohlen. Die Mengen, die ins Ausland ausgeführt werden, sind recht erheblich beschränkt worden und erreichen lange nicht das, was die Verbündeten und Neutralen wünschten. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Bierersatz. Um dem herrschenden Biermangel abzuhelfen, wird in vielen Wirtschaften dem Bier sogenannter Bierersatz (Hopfenlimonade usw.) beigemischt. Auf Grund des Nahrungsmittelgesetzes vom 14. Mai 1879 ist die Beimischung von Bierersatz zum Bier strafbar, wenn dies nicht durch besonderen Anschlag in den Lokalen öffentlich bekannt gegeben wird.
Das Schöffengericht Bonn verhandelte gestern erneut gegen den Vater des hiesigen Kaufmannslehrlings H. über die Frage, ob derselbe berechtigt gewesen sei, ohne Entschuldigung und fortgesetzt seinen Sohn von der Teilnahme an den militärischen Jugendübungen der städtischen Fortbildungsschule abzuhalten. Bereits dreimal schon hatten die hiesigen Gerichte in diesem Einzelfalle rechtskräftig dahin entschieden, daß die über den Angeklagten seinerzeit verhängte Polizeistrafe zu Recht geschehen sei. H. beharrte jedoch darauf, daß alle diese voraufgegangenen Rechtserkenntnisse auf einer irrigen Voraussetzung aufgebaut seien. Die unterm 8. Februar 1916 vom Gouverneur zu Köln erlassene Verfügung über Zwangseinführung von militärischen Jugendübungen an den Fortbildungsschulen sei bereits am 24. Mai desselben Jahres wieder aufgehoben worden. Die Bonner Fortbildungsschule sei zu einer eigenmächtigen weiteren Beibehaltung dieser zwangsweisen Einführung genannter Jugendspiele nicht berechtigt gewesen, zumal diese Schulbestimmung auch nur von drei Vorstandsmitgliedern, nicht aber auch vom Oberbürgermeister unterzeichnet sei. Die vom Angeklagten hartnäckig verfochtenen Darlegungen trugen ihm in der gestrigen Sitzung mehrere Verweise ein, die außerdem noch ausklangen in dem richterlichen Vorwurf: Sie sind beim besten Willen nicht zu belehren. In der Urteilsverkündung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das Gericht sich nach wie vor auf den Standpunkt stelle, daß es sich hier um eine ordnungsgemäße Einrichtung der Schule handele, zu deren Erfüllung jeder Besuchende verpflichtet sei. Diese Schuleinrichtung habe mit der Verordnung des Gouverneurs nicht zu tun. Es müsse daher das frühere Strafmaß von zehn Mark auch diesmal als rechtskräftig angesetzt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Diebstahl. In einem hiesigen Gasthof wurden einem Gast die Stiefel gestohlen, die er zum Reinigen vor die Tür seines Zimmers gestellt hatte. Als Dieb kommt ein unbekannter Unteroffizier in Betracht, der in dem gegenüberliegenden Zimmer übernachtet hatte und schon frühmorgens fortgegangen war.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 17. Juni 1917
Der Peter- und Paul-Tag (29. Juni) ist kein Feiertag für die Rüstungsindustrie. Die gegenwärtige Kriegslage verlangt gebieterisch die höchst erreichbare Monatsleistung in Stahl und Kohlen, es muß unbedingt vermieden werden, daß durch Feierschichten ein Erzeugungsrückstand eintritt. In den Betrieben der Rüstungsindustrie (Kohlenbergbau, Erzbergbau, Hüttenwesen, Stahl- und Eisenindustrie) wird deshalb am 29. Juni gearbeitet.
In den Bonner Lichtspielen findet anfangs nächster Woche ein Vortragsgastspiel der Deutschen Jagdfilm-Gesellschaft – Berlin „Aus der afrikanischen Wildnis, Jagd- und Reisestudien aus Deutsch-Ostafrika“ statt, das von der auswärtigen Presse – der Film wurde bereits in Berlin, Köln und Hannover gezeigt – sehr beifällig besprochen wird. Neben sehenswerten Naturaufnahmen bringt der Film auch interessante Völkerstudien aus dem Inneren Afrikas; die Eingeborenen mit ihren eigenartigen Sitten und Gebräuchen, sogar ein von Negern ausgedachtes und gespieltes „Liebes-Idyll“ werden vorgeführt. Der Film wurde im Frühjahr 1914 unter großen Schwierigkeiten aufgenommen. Eine ausführliche Besprechung des Werkes behalten wir uns vor.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Kriegsküche Kessenich unter der bewährten Leitung des Stadtverordneten Butscheidt steht noch immer auf der alten Stufe guten Kochens. An den Gesichtern kann man es den 1100 Teilnehmern nach eingenommener Mahlzeit ablesen, daß alle mit Befriedigung ihre gewohnte Arbeit wieder aufnehmen. Nicht nur Arbeiter und Arbeiterinnen aus den nahegelegenen Fabriken wandern zur Mittagsstunde dahin; nein, auch wirklich „vornehme Stadtleut“ lassen durch ihre Mädchen das stets bekömmliche Essen aus unseren Kriegsküchen holen.
Immer noch gibt es törichte Leute, die sich genieren, mit einem Körbchen zur Küche zu gehen, um Essen zu holen. Ich trete meinen täglichen Gang zur Kriegsküche an – es war in der Stadt – da gewahrte ich zu meinem größten Erstaunen, daß man die Notentasche für Klaviersonaten als Essenskörbchen benutzt. „Warum holen Sie gnädigstes Fräulein Ihr Essen in der Notentasche?“ fragte ich. „Ach, war die Antwort, die Leute schauen einen immer so an, wenn man Essen von der Kriegsküche holt“ ....
Große Hitze. Dem außergewöhnlich strengen Winter ist nun ein Sommer gefolgt, der uns ebenso außergewöhnlich hohe Tagestemperaturen bringt. Während wir noch im April Eis und Schnee hatten, wurden bereits am 14. Mai 31 Grad Wärme gemessen, eine Temperatur, wie wir sie sonst nur an Hundstagen zu verzeichnen haben. Auch der Juni bringt uns wieder Tagestemperaturen von 30 Grad Celsius im Schatten und darüber. Heute Samstag nachmittag stieg das Thermometer sogar auf 32 Grad im Schatten. Es ist dies die höchste Temperatur in diesem Jahr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zirkus Pierre Althoff beginnt am 23. Juni, abends 8 Uhr eine Zyklus von Vorstellungen auf dem Adolfplatz in Bonn. Der Zirkus Althoff ist von früheren Jahren her gut bekannt in Bonn. Er gastierte zuletzt im Jahre 1913 in Bonn. Das Unternehmen verbleibt nur bis zum 1. Juli hier und bietet trotz der schweren Zeit, die auch an dem deutschen Zirkus nicht spurlos vorübergegangen ist, immerhin noch Gutes auf allen artistischen Gebieten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Die Hausfrau scheint sich in der Annahme, daß die Vororte weit öfter hitzefrei hätten, doch zu irren, da die Vororte insgesamt nur zweimal hitzefrei hatten. Dabei haben die Kinder der Vororte zu Hause wie auf dem Felde oft weit mehr Hilfsarbeit zu leisten, haben meist weitere Wege zu machen und sind infolgedessen abgehetzter. Daß die Kinder unter diesen Umständen während des Nachmittags-Unterrichts in dieser Hitze keine großen Geistestaten mehr verrichten können, wird jede Mutter mit mir fühlen, zumal jetzt auch auf die Unterernährung Rücksicht zu nehmen ist. Von allen Seiten wird gesagt, man dürfe in dieser großen Zeit nicht kleinlich sein. Wo bleibt aber hier die Großzügigkeit? Auch eine Hausfrau.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Montag, 18. Juni 1917
Die Ersparnis an Putztüchern. Die liebe alte Gewohnheit läßt heute in der Wirtschaft noch vieles geschehen, was sich mit der Knappheit an Stoffen nicht vereinbaren läßt. Ein Kapitel ständiger Sorge sind in jedem Haushalt die Putztücher, trotzdem doch in den meisten Fällen Zeitungspapier als Putzmittel die nämlichen Dienste zu leisten pflegt. Zum Putzen der Fenster zum Beispiel ist zusammengeballtes Zeitungspapier, da man vorher in lauwarmes Wasser getaucht hat, durchaus verwendbar. Sind die Fensterscheiben etwas getrocknet, so wische man sie mit lose geknülltem Zeitungspapier ab. Auf diese Weise können Spiegelscheiben gereinigt werden. Messinggegenstände aller Art behalten ihren Glanz bedeutend länger, wenn man sie mit Zeitungspapier säubert. Der noch warme Herd erhält, wenn er mit angefeuchtetem Papier abgewaschen wird, ein völlig sauberes Aussehen. Zinkgefäße, Spültische usw. bekommen einen sehr schönen Glanz, wenn man sie mit Zeitungspapier abreibt. Auch Messer und Gabeln sind nach dem Putzen mit Zeitungspapier zu reinigen. Heutzutage hat man eben die Pflicht, auch in den kleinsten Dingen des täglichen Lebens zu sparen, wo sich die Möglichkeit dazu bietet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Schwestern-Einführung. Am Freitag den 15. fand im Mutterhaus des Roten Kreuzes, das inzwischen in die Häuser Koblenzerstraße 87 und 87 a verlegt worden ist, die erste Schwesterneinführung statt. 18 Schwestern wurden nach mehrjähriger ethischer Erziehung, beruflicher Schulung und Probezeit in die Schwesternschaft aufgenommen und legten in der Kapelle, in welcher an diesem Tage die erste hl. Messe gelesen worden ist, das Gelöbnis ab, die Krankenpflege im Sinne des Mutterhauses auszuüben und sich in Treue, Opferwilligkeit und Gehorsam dem Dienst der Krankenpflege zu weihen. Die Feier fand nur im Kreise des Vorstandes, der Schwestern und der Verwundeten statt. Auch die Ehrenvorsitzende, Frau Prinzessin Karl von Hohenzollern, war mit beiden Töchtern zu dem Tage gekommen und überreichte den Einzuführenden die nur den Mutterhausschwestern zustehende Brosche mit dem Namenszug der Kaiserin und das Verbandsabzeichen. [...] Die Verwundeten wurden von der Frau Prinzessin mit Zigarren und Postkarten beschenkt. Auch das Mutterhaus wurde von der hohen Frau reich bedacht und erhielt an diesem Tage neben verschiedenen anderen Zuwendungen ein von dem Maler Fritz Reuter gestiftetes großes Oelbild der Prinzessin.
Frühkartoffeln. Im Landkreise Bonn ist das Ausheben und Abernten von Frühkartoffeln erst nach dem 25. ds. Mts. gestattet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Rheinischer Arbeitsmarkt. Gegenüber dem Vormonat zeigte der Rheinische Arbeitsmarkt im Mai eine Belebung, die sich besonders im starken Anschwellen der Meldung offener Stellen und in erhöhter Vermittlung zu erkennen gab. Hauptsächlich erfuhr die Anforderung weiblicher Arbeitskräfte für Fabrikarbeit jeglicher Art sowie für das Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe eine starke Steigerung. Die Zahl der Arbeitssuchenden ist dagegen ziemlich auf dem alten Stand geblieben, wobei nicht unerwähnt bleiben darf, daß in dieser Zahl die Hilfsdienstsuchenden mit enthalten sind. Von der Gesamtzahl der offenen Stellen konnten 34,2 (im Vormonat 33,9) v. H. besetzt und von den Arbeitssuchenden 62,9 ( i. V. 55,8) v. H. untergebracht werden. In der Landwirtschaft machte sich der Mangel an gelernten Arbeitskräften weiter bemerkbar. Die berg- und hüttenmännische Industrie fordert nach wie vor gelernte und kräftige ungelernte Leute in großem Umfange an. Das gleiche Bild zeigt sich in dem Metallverarbeitungs- und Baugewerbe. Aus der Industrie der Steine und Erden kamen Klagen über mangelhafte Kohlenzufuhr und das Fehlen von Facharbeitern, wodurch Betriebseinschränkungen nicht zu umgehen waren. Im Spinnstoffgewerbe werden besonders Kräfte für Appretur, Spinnerei, Spulerei, Weberei und Zwirnerei, auch Färber verlangt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 19. Juni 1917
Eine vaterländische Feier an der Bismarcksäule veranstaltet die Bonner Studentenschaft wieder am übermorgigen Sonnwendtage. Es findet, wie in den beiden letzten Jahren, eine Wagenausfahrt der Korporationen der Vertreterversammlung zusammen mit Rektor und Senat statt, jedoch diesmal abends. Die Wagen versammeln sich gegen 8 Uhr im Hofgarten vor dem Universitätsgebäude und fahren 8½ Uhr zu Bismarcksäule durch die Koblenzer Straße ab. An der Säule werden ein Vertreter des Vereins der katholischen Theologen einen Kranz niederlegen und der Rektor eine kurze Ansprache halten, dann werden die Wagen in geschlossenem Zuge zur Universität zurückkehren.
Der Kriegsausschuß für Konsumenteninteressen für den Stadt- und Landkreis Bonn hat Sonntag eine von 40 Vertretern aus Bonn und der Umgebung besuchte Versammlung abgehalten. Der Vorsitzende, Buchhändler Falkenroth, teilte u. a. mit, daß dem Ausschuß jetzt 40 Vereinigungen mit rund 10.000 Mitgliedern angehören, und betonte vor allem die segensreiche Wirksamkeit des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe. Der zweite Vorsitzende, Stadtverordneter Wellmann, berichtete über die Gemüse- und Kartoffelversorgung. Mit der Gemüseversorgung stehe es schlimm. Die Höchstpreise würden von vielen Bauern einfach nicht beachtet. In der Kartoffelversorgung und bei der Verteilung der Kolonialwaren hätten sich die Einrichtungen der Stadt Bonn glänzend bewährt. […] So stehe Bonn glücklicher und gesicherter da als vielleicht irgend eine andere rheinische Stadt. Auch D. Weber sprach der Stadtverwaltung, insbesondere dem Beigeordneten Piehl, den wärmsten Dank aus, daß sie auf die Wünsche und Anregungen des Ausschusses vielfach eingegangen und mit großer Umsicht und Tatkraft die Verpflegung der Einwohnerschaft zu sichern bestrebt gewesen seien. Verschiedene Redner aus dem Landkreise Bonn klagten dann bitter über die Verhältnisse in ihren Orten. Godesberg z. B. erhalte nicht aus den umliegenden Dörfern, was ihm zukomme. Es wurde u. a. angeregt, die Einrichtung eines Lebensmitteldezernats beim Landratsamt zu beantragen. Bei der Besprechung der Kohlenfrage wurde betont, daß im nächsten Winter der Betrieb der Zentralheizungen in den Privatwohnungen auf das allernotwendigste beschränkt werden müsse. […] Auch die Milchfrage wurde besprochen; es wurde dabei auf die großen Schwierigkeiten in der Milchversorgung und auf die gesteigerten Erzeugungskosten hingewiesen. Schließlich wurde noch hervorgehoben, daß in diesem Jahre nicht wieder unreife Kartoffeln als sog. Frühkartoffeln ausgemacht werden dürften.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
In einer Ausstellung von Arbeiten Verwundeter der hiesigen Lazarette führt der Ausschuß für Kriegsbeschädigten-Fürsorge der Stadt Bonn wieder einmal die Arbeit unserer Verwundeten der Bürgerschaft vor Augen. Die Erfolge der früheren Ausstellungen berechtigen hierzu in jeder Hinsicht. Die Sachen stehen ja nicht allein zur gefälligen Ansicht aus; sie sollen gekauft werden und aus dem Erlös den Herstellern materielle Freude erwachsen; aber wer auch nicht gekauft, der hat doch seine Freude an der Ausstellung gehabt. Sie zeigt uns unsere Lazarette auch von einer anderen Seite als der streng medizinischen. Sie zeigt, daß dort in Mußestunden, wenn der körperliche Zustand es erlaubt, ganz gemütlich gebastelt wird. Da freuen einen nicht nur die originellen putzigen, oft künstlerisch anmutenden Erzeugnisse unserer verwundeten Krieger; mehr freut einen noch, daß diese dort so arbeiten dürfen und können. Und das ist der Gewinn eines Besuches dieser Ausstellungen; man lernt die Lazarette von einer anderen, geistig anregenden, gemütlichen Seite kennen. Orte des Schreckens sind es dann nicht mehr. Schade drum, daß die Ausstellung nicht größere Räume erwischt, wo man in Muße schauen könnte, was unseren Verwundeten in Kopf und Hand steckt. Martinsplatz 6 ist’s diesmal.
Wie die Höchstpreise umgangen werden. Eine Hausfrau schreibt uns: Diejenigen Waren, für die Höchstpreise festgesetzt wurden, sind nur schwer, meist gar nicht zu erhalten. Tritt man an einen mit Gemüse oder Obst gefüllten Korb, dann heißt es in neun von zehn Fällen, daß die Ware bereits verkauft sei. Daß dies aber meist unrichtig ist, kann man sehen, wenn man die betreffende Verkäuferin eine Zeit lang im Auge behält. Nachdem noch einige Hausfrauen abgewiesen worden sind, kommt dann endlich der Richtige, d. h. derjenige, der unter dem Siegel der Verschwiegenheit über die festgesetzten Höchstpreise hinaus die Ware bezahlt und auch erhält.
Am Samstag kam es dieserhalb auf dem hiesigen Wochenmarkt wiederholt zu erregten Auftritten, denen verschiedene polizeiliche Strafmandate folgten. Die Folge war, daß eine Anzahl Bauersfrauen ihre Körbe zudeckten und den Markt schimpfend verließen. Diesem wucherischen Treiben kann nur gesteuert werden, wenn jeder einzelne Fall unnachsichtlich der Marktpolizei angezeigt wird. Mit den heute festgesetzten Höchstpreisen, die höher sind, als jemals vorher, können die Marktfrauen sicher zufrieden sein.
Die Strafkammer Bonn tagte gestern in einer außerordentlichen Sitzung. […] Der 22jährige militärpflichtige Anton Kru. von hier hatte im März dieses Jahres nach seiner Fahnenflucht aus der Garnison Koblenz in zwei Fällen aus dem Schuppen des hiesigen Güterbahnhofes im ganzen acht Frachtbriefe gestohlen. In Gemeinschaft mit seinem Genossen, dem ehemaligen Schuhmacher und nachherigen Lebensmittelagenten Mathias L. von hier, wurden dann die auf die Frachtbriefe lautenden Waren am Güterbahnhof abgeholt und an einschlägige Geschäfte verkauft. Es handelte sich hierbei um große Mengen von Weinen, Zigarren, Wäschestücke und allerlei Hausgeräten, Matzen, Schreibpapiere usw. An letzteren waren es beispielswiese 108.000 Briefbogen mit Umschlägen. Der Wert der Gesamtbeute belief sich auf mehrere tausend Mark. Kru. erhielt acht Monate und L. sechs Monate Gefängnis.
Die gärtnerischen Anlagen unserer Stadt sind, der Zeit entsprechend, besonders in den blühenden Blumenbeeten stark eingeschränkt worden. Während sonst, wo immer sich eine Möglichkeit ergab, schöne Blumen das Auge erfreuten, oder durch ihre Seltenheit den Kenner anzogen, hat die Stadtgärtnerei diese Stellen mit wenigen Ausnahmen in Rasenflächen gewandelt. Diese Ausnahmen nun zeigen, was unsere Stadtgärtner vermögen, wenn ihnen wieder die Gunst der Zeiten entgegenkommt. Da ist der untere Teil der Poppelsdorfer Allee; der in alter Schönheit und Farbenpracht uns seinem Duft, die Vorübergehenden anzieht. Da ist die Anlage um den Springbrunnen am Kaiserplatz, die ja leider durch die Schlinge der elektrischen Bahn stark in ihrer Wirkung herabgesetzt wird, die wie in besseren Zeiten ihre blühenden und duftenden Blumen in hübscher Zusammensetzung erhielt. Da ist aber in erster Linie das große Springbrunnenbecken am Baumschulwäldchen. Was der kunstgeschulte Gärtner überhaupt an Schönheit, Farbenzusammenstellung und packender Anordnung zu ersinnen vermag, hat er hier in glücklichster Weise vereinigt. Es ist eine wahre Pracht, die täglich immer wieder von den Bürgern bestaunt wird.
Wenn nun auch die Garten-, die Blumenstadt Bonn in diesen Kriegszeiten etwas hinter dem Bonn des Friedens zurücktritt, so ist die Parkstadt dieselbe geblieben. Heute wie ehedem sind der Hofgarten, das Baumschulwäldchen, kühle, erfrischende Ruhestätten. Heute wie in Friedenszeiten wandelt sich’s im Schatten unserer Alleen, der Koblenzerstraße, der Poppelsdorfer, der Meckenheimer Allee und wie sie alle heißen mögen, gar herrlich. Und heute ist der Aufenthalt in den Rheinanlagen und in der Gronau angesichts des mit vollem Wasser dahinfließenden Stromes eine wahre Erquickung. Der harten Zeit aber nähertretend, sind unsere herrlichen Friedhöfe heute mehr denn je der Zielpunkt der Menschen, die sich in irgend einer Weise mit dem Schicksal, mit Leid und Tod auseinander zu setzen haben. Die klärende Ruhe dieser ernst prächtigen Anlagen hilft auch dem hart geprüften Herzen auf die Höhe des Verstehens, daß nicht einer und eine vom Schicksal hart gepackt, sondern daß alle den Nacken zu beugen haben.
So wirken auch unsere gärtnerischen Anlagen, unsere Alleen und Friedhof-Parks nicht nur als einfache Schönheitswerte, sondern sie laben und versöhnen auch Seele und Gemüt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 18. Juni. Am gestrigen Sonntag riefen die Glocken in der evangelischen Kirche mit ihrem gemeinsamen Geläute zum letztenmale die Gemeinde zum Gottesdienste, und heute vormittag von 11 bis 12 Uhr fand dann nochmals für die Allgemeinheit ein letztes Abschiedsgeläute statt. Von den vier Glocken wurden dann hierauf nachmittags drei in Abbau genommen, um im Dienste des Vaterlandes Verwendung zu finden. Gewiß ward mit diesem Akte für manche Gemüter ein wertvolles Stück aus der teueren Erinnerung herausgebrochen, mit dem das Lebens feierlichste Stunden unlösbar verbunden waren. Aber auch wiederum war auf allen Gesichtern zu lesen eine freudige Entschlossenheit des willigen Entsagens zum Wohle unseres vielgeliebten Vaterlandes. Jeder zeigte sich dessen bewußt, daß die Verwendung der Glocken zu Kriegszwecken, wie es auch in früheren Zeiten schon üblich war, keineswegs ein Abnehmen unserer Kräfte und ein abfälliger Kommentar zur Kriegslage bedeute. Wir haben bekanntlich noch auf Jahre hinaus genug Kupfer, Messing und Bronze im eigenen Lande. Aber meist befindet es sich an Stellen, wo es nur mit verhältnismäßig großem Zeitverlust ausgewechselt werden könnte. Diese Gewichtsausbeute stände in der Jetztzeit in keinem richtigen Verhältnis zu der Zahl der Arbeitskräfte, die hierzu bereitgestellt und einer dringlicheren Arbeit entzogen werden müßten. Eine einzige Glocke birgt mehr Metall in sich als tausend Türklinken, Handgriffe und Instrumententeile. Im gestrigen Gottesdienste, in welchem Herr Pastor Neumann des Glockenabschieds in seiner Predigt ergreifend gedachte, führte der Prediger aus, wie die scheidenden Glocken nach des Psalmisten Wort hell hinausjubelten ein „Jauchzeit dem Herrn“ für seine großen Gnadenerweisungen in diesem Weltkriege, einen Ruf in die fernen Heldengräber hinein: Wir kommen selbst, um mitzuhelfen am großen Werke fürs Vaterland, und wie sie das ganze deutsche Volk eindringlichst ermahnten, den höchsten und heiligsten Gütern des Christenglaubens und der Vaterlandsliebe unerschütterlich treu zu bleiben und bußfertig zu beten um Sieg und Frieden für unser Volk. Ihre gewaltige Stimme rufe uns zu: „Die Herzen in die Höhe!“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Die Lage der Heimarbeiterinnen. Es wird dringend gebeten, sich der Ernährungs-, Arbeits- und Wohnungsangelegenheit der hiesigen Heimarbeiterinnen etwas mehr anzunehmen. Hauptsächlich der weiblichen, alleinstehenden Personen welche meistens unverschuldet durch Kränklichkeit oder Familienverhältnisse auf mühevolle Art gezwungen sind, ihr täglich Brot ehrlich zu erwerben, jedoch meistens auf unaussprechliche Hartherzigkeit stoßen und meistens gründlich gekränkt und aus einer Wohnung in die andere verjagt werden. Gibt es da kein Mittel, gerade diesen mittellosen Personen eigens Schutz und Recht zu verschaffen? Es heißt stets: Alleinstehende Personen können sich besser durchbringen, wie Familien, es ist aber gerade das Gegenteil der Fall. Die alleinstehenden Personen sind überall im Wege und es heißt, die brauchen nichts. Eine Abonnentin.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Mittwoch, 20. Juni 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt. In der letzten Zeit sind wiederholt Klagen über die von der Stadt ausgegebene Marmelade eingegangen. Diese Marmelade wird durch die zuständige Reichsstelle geliefert, sie wird als „Kriegsmus“ bezeichnet. Es ist ohne weiteres zuzugeben, daß es sich um kein besseres Erzeugnis handelt, sondern um richtige „Kriegsware“, die wahrscheinlich aus Rüben unter Zusatz von Früchten hergestellt ist. Die Einwohnerschaft wird gebeten, das Kriegsmus etwas nachsichtig zu beurteilen und sich damit zu trösten, daß bei einer guten Obsternte voraussichtlich bald bessere Marmeladen auf den Markt kommen werden. Das Lebensmittelamt ist gerade nach dieser Richtung hin eifrig bemüht. Man kann sich das jetzige Kriegsmus übrigens etwas schmackhafter machen, indem man es mit gekochtem Rhabarber vermischt.
Die Belieferung der Stadt Bonn mit Kartoffeln aus den Außenbezirken ist vollständig zum Stillstand gekommen. Es werden infolgedessen von nächster Woche ab voraussichtlich nur noch drei Pfund Kartoffeln an die Bevölkerung im allgemeinen und weitere drei Pfund an die Schwerarbeiter ausgegeben werden können. Als Ersatz für die an fünf Pfund fehlenden Pfunde treten je 70 Gramm Mehl, so daß also jeder drei Pfund Kartoffeln und 140 Gramm Mehl erhält. Hoffentlich dauert diese Einschränkung nur kurze Zeit, denn es ist zu erwarten, daß die ersten Frühkartoffeln noch Ende dieses Monats verkauft werden können.
Ebenso wird in der nächsten Zeit die Fleischausgabe eingeschränkt, und zwar insofern, als auf die Reichsfleischkarte nicht mehr wöchentlich 250 Gramm, sondern nur 150 Gr. Fleisch (einschl. Wurst) gegeben werden. Das sog. Brotersatzfleisch wird nach wie vor in der unverringerten Menge, 250 Gramm auf den Kopf, ausgegeben. […]
Die Gemüseversorgung ist trotz der scharfen behördlichen Regelung noch immer nicht gut. Es kommen auch noch hin und wieder Ueberschreitungen der Höchstpreise vor. Das Lebensmittelamt hat daher Frauen als Aufsichtsbeamte angenommen und wird rücksichtslos gegen Uebertretungen einschreiten. Die Gemüsebauern mögen sich also vorsehen, denn auf Verfehlungen stehen sehr hohe Strafen. Leider wird noch immer viel zu viel Gemüse nach auswärts verladen. Das ist um so unerklärlicher, als der Düsseldorfer Regierungsbezirk durchweg niedrigere Höchstpreise hat als der Kölner, es läßt sich nur so erklären, daß bei dem nach auswärts gehandelten Gemüse die Höchstpreise nicht eingehalten werden. […]
Ein neuer Kriegsausschuß. Durch das Kriegsamt, Abteilung für Volksernährungsfragen, ist ein Kriegsausschuß für Sammel- und Hilfsdienst gebildet worden, für den in allen Orten besondere Ortsausschüsse bestellt werden. In Bonn ist für diesen Zweck der freiwillige Hilfsausschuß und als Leiter Herr Dr. Krantz bestimmt worden. Der Ausschuß für Sammel- und Hilfsdienst soll alle Sammeltätigkeit zusammenfassen.
Beschlagnahme der Türklinken usw. Am 20. Juni tritt eine neue Bekanntmachung über Beschlagnahme und freiwillige Ablieferung von Einrichtungsgegenständen aus Kupfer und Kupferlegierungen in Kraft. Betroffen wird eine große Anzahl von Gegenständen, die zur Einrichtung von Häusern, Wohnungen, Geschäftsräumen, Bahnwagen, Kraftwagen, Schiffen usw. gehören. Die Ablieferung der beschlagnahmten Gegenstände erfolgt zunächst freiwillig. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Fahrt Bonner Kinder in die Sommerfrische. In der vorigen Woche wurden 173 Kinder der evang. Gemeinde in zwei Transporten nach Thüringen in die Sommerfrische gebracht. In Sonderwagen, durch welche ein Umsteigen vermieden wurde, ging die Fahrt über Frankfurt, Bebra, Eisenach und Weißenfels nach Zeitz.
In rührend herzlich-einfacher Weise ging in Zeitz die Uebernahme der Kinder durch die Thüringer Pflegeeltern vor sich und zahlreiche Wagen führten bald die Bonner Jugend in die verschiedensten Auen des freundlichen Thüringer Landes.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern nicht besonders gut beschickt. An Grüngemüse war hauptsächlich Wirsing, Rübstiel, Schneidgemüse und Knollengemüse vorhanden. Kopfsalat, der in der letzten Zeit größtenteils geschossen ist, sowie hiesiger und Mainzer Spargel war nur ganz wenig zu haben, ebenfalls Erdbeeren, unreife Stachelbeeren und Kirschen. […] Außerdem waren u. a. noch Gurken, Blumenkohl, grüne Erbsen, dicke Bohnen, Kohlrabien und Möhrchen in geringen Mengen zu haben. Der Verkauf war durchweg sehr flott, besonders in Gemüse und Obst. Um 9½ Uhr war das vorhandene Gemüse und Obst, sowie Spargel und Salat schon fast vollständig ausverkauft.
Auch der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte in fast allen Marktprodukten bei weitem nicht so große Zufuhren wie in der vergangenen Woche. […] Der Verkauf war sehr flott und der Markt um 7½ Uhr früh schon wieder fast vollständig geräumt.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte wieder recht regen Zuspruch, besonders in Fischen und Gemüse. […]
Schöne Ernteaussichten! In Ergänzung unseres gestrigen Berichtes vom Wochenmarkt wird uns noch geschrieben: Als im Frühjahr die Jungmannschaft der hiesigen höheren Schulen mobil machte, um den Landwirten des Stadt- und Landkreises Bonn zu helfen, hat mancher in gut patriarchalischer Auffassung davon eine Besserung der im Vorjahre nicht immer erfreulichen Bonner Marktverhältnisse erwartet. Vorsichtigere lehnten das ab, aber niemand konnte voraussehen, was wir jetzt auf dem Markte erhalten. Der Bedarf ist reichlich gedeckt, Obst und Frühgemüse, zumal Erbsen sind vorhanden, werden feilgehalten. Will man zu amtlich festgesetzten Preisen kaufen, so wird dies bei Kirschen und Erbsen abgelehnt. Ebenso wenn ein Unvorsichtiger ein kleines Mehrangebot macht. Ich werde doch nicht die Polizei herausfordern, wird geantwortet. Bleibt also nur übrig, daß die Verkäufe ein „Höchstgebot“ erwarten, dafür geben sie schließlich ihre Ware ab. Die Preisfrage ist amtlich geregelt, die Bedarfsfrage dank der Witterung in Ordnung. Aber es bleibt eine dritte Frage: Sollen die zahlreichen Bonner Bürger, die auf ein festes Einkommen angewiesen sind, sich schon jetzt zu Beginn des Sommers dieser Willkür fügen? Dann wird es wie Hohn klingen: Schöne Ernteaussichten!
Der Unfug dauert an. Heute (Mittwoch) früh wurde auf dem Bonner Wochenmarkt abermals von unseren Hausfrauen beobachtet, daß die Marktfrauen ihre Ware, die sie auf den Markt gebracht hatten, als „verkauft“ erklärten. Unter anderem wurde mit diesem Trick der Rhabarber für gute Kunden aufbewahrt. Diesen Unfug muß unter allen Umständen ein Ende gemacht werden. Die Bonner Hausfrauen sollten sich darüber einig sein, daß sie keinen Pfennig über den Höchstpreis zahlen und sich nicht heimlich gegenseitig überbieten. Nur dann ist es möglich, geordnete Zustände auf unserem Wochenmarkt herbeizuführen. Die Höchstpreise sind, wie wiederholt sei, ausreichend bemessen. Unsere besser situierten Hausfrauen begehen also ein Unrecht an der übrigen Bevölkerung, wenn sie höhere Preise bieten. Man sollte nicht nur die Marktfrauen, sondern auch die Bürgerinnen bestrafen, die derart unpatriotisch handeln.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Donnerstag, 21. Juni 1917
Den fortgesetzten Höchstpreisüberschreitungen auf dem Markte tritt die Stadtverwaltung mit einer heute veröffentlichten Verordnung entgegen. Die Verkäufer dürfen ihre Ware nicht mehr als „verkauft“ bezeichnen in der Erwartung, daß ihnen ein über den Höchstpreis hinausgehendes Angebot gemacht wird, vielmehr muß alle vorhandene Ware zu den festgesetzten Preisen an die Kaufliebhaber abgegeben werden. Verstöße gegen diese Verordnung werden mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 1500 Mark bedacht.
Die Kartoffelerzeuger im Stadtbezirk Bonn werden durch eine in dieser Zeitung veröffentlichte Bekanntmachung des Oberbürgermeisters verpflichtet, ihre den Eigenbedarf übersteigenden Kartoffelmengen an die Stadt abzuliefern. Vor dem 27. Juni dürfen keine Frühkartoffeln geerntet werden.
Die „Jungmannen“ in der Landwirtschaft. Die Schüler der oberen Klassen unserer höheren Lehranstalten, die der Landwirtschaft als Ersatz für die durch den Krieg in Anspruch genommenen Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, haben sich zum großen Teile in ihre neue Tätigkeit recht gut hineingefunden, und manche Landwirte denken schon mit Sorge daran, daß ihnen ihre liebgewordenen, munteren und arbeitsfreudigen Jungmannen bald wieder genommen werden könnten. Diese Sorge ist gegenstandslos. Wie das Kriegswirtschaftsamt für die Rheinprovinz mitteilt, richtet sich die Hilfe der Jungmannen, sowohl was die Zeit als auch den Umfang der Arbeitshilfe angeht, ganz und gar nach den Bedürfnissen der einzelnen Wirtschaft, in der sie beschäftigt sind. Den in landwirtschaftlichen Betrieben tätigen Jungmannen wird unbeschränkter Urlaub erteilt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Eindämmung des Unfugs auf dem Bonner Wochenmarkt, Ware zurückzuhalten, um sie weit über den Höchstpreis an besonders zahlungsfähige Hausfrauen zu verkaufen, hat unser Oberbürgermeister mit sofortiger Wirkung eine Verordnung erlassen, die hoffentlich mit diesem nicht zuletzt durch einen Teil der Bürgerschaft selbst geförderten Mißstande aufräumt. Die von Herrn Beigeordneten Piehl unterzeichnete Verordnung, die wir heute im Anzeigenteile zur Veröffentlichung bringen, verbietet die Zurückhaltung noch vorhandener Ware. Die Verordnung stellt den Grundsatz auf, daß Ware, die nach dem Ankauf von dem Käufer nicht sofort mitgenommen wird, als unverkauft gilt und auf Verlangen jedem anderen Käufer zu überlassen ist. Wer gegen diese Verordnung verstößt, dem wird eine Strafe bis zu sechs Monaten Gefängnis oder Geldstrafe bis zu 1500 Mk. angedroht. Auch werden im Falle der Uebertretung dieser Verordnung die gesamten Vorräte der betreffenden Marktbezieher unverzüglich zu Gunsten des Kommunalverbandes des Stadtkreises Bonn beschlagnahmt. Man darf von unseren Bonner Hausfrauen, die während des Krieges auf dem Gebiete der Wohlfahrtspflege, im Krankendienst usw. sich so ausgezeichnet bewährt haben, sowie auch von den hochgelöhnten Munitionsarbeiterinnen erwarten, daß sie nach dem Erlaß dieser Verordnung die Verkäufer nicht mehr durch höhere Angebote verlocken, kleineren Beamten- und Arbeiterfrauen, die auch gerne Gemüse und Obst kaufen, ihre Ware zu verweigern. Die Parole „Durchhalten“ berührt doch zweifellos in erster Linie die mittlere und ärmere Bevölkerung. Diesem Teile der Bürgerschaft kraft günstigerer Einkommensverhältnisse die Möglichkeit zu beschneiden, auf dem Wochenmarkte Ware zu erwerben, ist im höchsten Grade unpatriotisch. Es ist dies eine Erscheinung, die verbitternd wirkt. Sie muß daher unter allen Umständen aus unserem Marktverkehr verschwinden. Wir hoffen aber auch, daß die Marktbezieher selbst nach Erlaß dieser Verordnung einsichtig genug sein werden, die Dinge nicht auf die Spitze zu treiben. Selbstverständlich ist es erforderlich, daß man in Köln, Düsseldorf, Essen, Dortmund usw. mit der gleichen Schneid die Interessen der weniger kaufkräftigen Bürgerschaft zu schützen sucht und den Marktbeziehern kein Ventil offen läßt. Nur volle Solidarität aller rheinischen Städte kann es ermöglichen, daß die Wirkung dieser neuen Verordnung nicht doch noch zuschanden wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Unsere Marktpolizei. In der jüngsten Zeit waren unsere Marktverhältnisse wiederholt Gegenstand der öffentlichen Erörterung. Es wurde sowohl den Verkäufern wie auch einem Teile der Käuferinnen sehr ernst ins Gewissen geredet, um geordnete Zustände herbeizuführen. Eines Hauptfaktors hat man hierbei jedoch bisher nicht gedacht. Und dies ist unstreitig unsere Marktpolizei. Die Beamten der Marktpolizei üben ihren Dienst seit vielen Jahren aus, sie stehen in einem fast familiären Verhältnis zu den Marktbeziehern, mit welchen sie täglich dienstlich zu arbeiten haben. Da ist es denn ganz natürlich, daß im Laufe der Zeit die Schneid und die Autorität der Marktpolizei etwas Einbuße erleidet.
Wenn ein Verhältnis zwischen Marktbeziehern und Bürgerschaft Platz greift, wie es gegenwärtig leider eingetreten ist, dann hat die Marktpolizei einen überaus schwierigen Stand. Es ist selbstverständlich, daß die Marktpolizei gegenüber den Marktbeziehern jede unnötige Härte zu vermeiden hat und daß eine loyale Handhabung der Marktpolizeibestimmungen dazu beiträgt, die Eintracht auf dem Markt zu fördern. Aber das Verhältnis der Marktpolizei zu den Marktbeziehern darf über diese Grenze nicht hinausgehen.
In der Bürgerschaft wird nun die Ansicht vertreten, daß unsere Marktpolizei ganz und gar mit den Bauern hielte. Ob diese Auffassung zutreffend ist, muß von maßgebender Stelle beurteilt werden. Ist diese Auffassung berechtigt, dann sind solche Beamte namentlich in der jetzigen Zeit nicht an ihrem Platze und müssen durch solche Beamten ersetzt werden, zu denen man das Vertrauen hat, daß sie ihres dienstlichen Amtes in völliger Unparteilichkeit walten. Es muß eben alles geschehen, was dazu beiträgt, geordnete Zustände auf unserem Wochenmarkte herbeizuführen. Deshalb möge unser verehrliches Oberbürgermeisteramt auch diese Frage einer geneigten Prüfung unterziehen. Ein alter Bonner.
Städtischer Marktverkauf. Wäre es nicht möglich, in der jetzigen Zeit mehrere Verkaufsstände auf dem Wochenmarkt einzurichten, um das stundenlange Wartenlassen der in der Hitze gequälten Hausfrauen abzukürzen? Eine praktische Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Zirkus Pierre Althoff, einer der bestbekannten Zirkus-Unternehmen Rheinlands, veranstaltet ab 23. dieses Monats, abends 8 Uhr, eine Reihe von Vorstellungen auf dem Adolfsplatze. Während der Kriegszeit ist dies das erste Zirkus-Unternehmen, welches Bonn besucht und ist infolgedessen wohl sicher anzunehmen, daß der Besuch, der für Bonn nur auf kurze Zeit bemessenen Vorstellungen ein recht reger sein wird. Wohl leben wir in einer traurigen, ernsten Zeit, aber gerade deshalb bedarf der Mensch, der durch allerhand Sorgen niedergedrückt ist, auch einmal vorübergehend einer Aufheiterung, um die Gedanken vom Kriegselend mit Gewalt fortzureißen, sich vorzutäuschen, daß wir noch in der längstverflossenen schönen Zeit vor dem Kriege leben. Der Bestand aller Zirkusse hat unter der Kriegszeit selbstredend ebenso gelitten, wie alle anderen Geschäfte. Das beste Pferdematerial wurde militärisch requiriert und Tausende von Künstlern stehen an der Front, um ihr Vaterland zu beschützen. Hunderte dieser Künstler haben sich für Tapferkeit vor dem Feinde das Ehrenzeichen des Eisernen Kreuzes erworben und manche wurden zum Offizier befördert für hervorragende tapfere Tat. Wir wünschen dem Zirkus P. Althoff recht gute Erfolge in Bonn.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 22. Juni 1917
Brotversorgung. Bei der heißen Witterung ist das aus dem hoch ausgemahlenen Mehl hergestellte Brot sehr leicht verderblich und verträgt keine längere Aufbewahrung. Es ist daher zu empfehlen, nicht den ganzen Wochenbedarf schon zu Anfang der Woche aus den Bäckereien zu entnehmen. Die Bäcker werden gebeten, sich die Ausführungen über das als Kartoffelersatz abzugebende Brot unter der Ueberschrift Kartoffeln anzusehen und danach zu handeln. […]
Fett. Im Laufe der nächsten Woche werden 80 Gramm Margarine und 30 Gramm Butter verabfolgt.
Kartoffeln. In der kommenden Woche werden auf die Kartoffelkarte drei Pfund Kartoffeln ausgegeben, für Schwerarbeiter auf die Zusatzkartoffelkarte weitere 3 Pfund.
Als Ersatz für die fehlenden Kartoffeln werden ausgegeben auf Warenkarte Nr. 95 ein halbes Pfund Brot und auf die Zusatzwarenkarte für Schwerarbeiter Nr. 39 ein weiteres Viertelpfund Brot. Da die Reichskartoffelstelle als Ersatz für fehlende Kartoffeln nur Roggenmehl liefert, aber mit Roggenmehl im Haushalt nur wenig anzufangen ist, wird statt Mehl Brot ausgegeben. […]
Gemüse. Bei fortgesetzt günstiger Witterung kann mit einem Ueberschuß an Gemüse gerechnet werden. Sorge der Hausfrauen muß es sein, alles und jedes, auch Abfälle von Gemüse, dem Verbrauch zuzuführen und für die gemüseknappe Zeit zu erhalten. Es ist dringend anzuraten, schon jetzt für die notwendigen Gefäße und Geräte zum Einmachen, Gläser, Töpfe, Fässer usw. zu sorgen, damit sie zur Einmachzeit bereitstehen. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.“)
Kölner Boor und Arndt-Eiche. Aus Köln, 21. Juni, wird uns berichtet: Aus Anlaß der dritten Geburtstagsfeier des Kölner Kriegswahrzeichens des „Kölschen Boors“ sind dessen Stifter neben zahlreichen Glückwünschen erhebliche Spenden für die Kriegswaisenfürsorge zugegangen, darunter eine persönliche Stiftung des Oberbürgermeisters Wallraf von Köln. Der „Kölsche Boor“ hat bisher über 1.125.000 Mark für die Kriegswitwen und –Waisen aufgebracht und über 3½ Millionen an Goldgeld und Altgold der Reichsbank überweisen können. (Die Bonner Arndt-Eiche erbrachte 90.000 Mark.)
Bismarckfeier. Trotz des heftigen Gewitterregens am gestrigen Abend wurde die Bismarckfeier der Bonner Studentenschaft an der Bismarcksäule in der Gronau in vorgesehener Weise abgehalten. Im geschlossenen Wagen fuhren die Vertreter der Studentenschaft, Rektor und Mitglieder des Senats vom Universitätsgebäude zur Gronau. An der Bismarcksäule angelangt, entrollten die Studenten ihre Fahnen, worauf stud. theol. cath. Krawinkel vom Verein katholischer Theologen eine Ansprache hielt, in der er Bismarck als den Gründer und Gestalter des deutschen Reiches und als politisches Genie feierte. Auch heute noch sei Bismarck’scher Geist in unserer deutschen Seele lebendig. Obwohl wir jetzt von aller Welt verlassen und verlästert seien, werde und müsse die Besinnung über die bodenlose Ungerechtigkeit wider uns doch bei unseren Gegnern kommen. Redner legte sodann im Namen der Bonner Studentenschaft einen Kranz an der Säule nieder.
Rektor Geheimrat Ribbert nahm sodann das Wort. Er wies darauf hin, daß schon wegen der geringen Zahl der Studierenden von lautem Gepränge, Fackelzug und rauschender Musik in diesem Jahre abgesehen werden müsse. Die Studentenschaft trage damit zugleich dem Ernst des Krieges Rechnung, denn während die Kommilitonen draußen kämpften, litten und bluteten, sei eine frohe Feier nicht am Platze. Den großen Kanzler würde Freude, Befriedigung und Stolz erfüllen, wenn er heute sehen könne, wie glänzend unser von ihm geeintes Deutschland in beispiellosem Ringen seine Feuerprobe bestehe, mit welcher Begeisterung das ganze Volk in allen seinen Stämmen den Fahnen gefolgt sei, welche gewaltigen Siege es erringe und wie es mit voller Gewißheit sagt, daß der endgültige Erfolg ihm gehöre. Aus Bonn allein seien gegen 4000 Studenten noch im Felde und unter den Anwesenden wären sehr viele, die schon draußen waren und mehr oder weniger kriegsbeschädigt ihre Studien fortsetzten. Weit über 400 Studierende hätten schon heute ihre Liebe zum Vaterlande mit dem Tode besiegelt. Redner hofft, daß die durch Blut besiegelte Einigkeit unter den Studierenden dauernd erhalten bleibt und daß diese Einigkeit auch später in das öffentliche Leben hinüber genommen wird. In das dreifache Hurra, das Rektor Ribbert zum Schlusse seiner trefflichen Worte der Zukunft unseres Volkes und des Deutschen Reiches mit seinem Kaiser an der Spitze ausbrachte, stimmten die Anwesenden begeistert ein. Nach Beendigung der Feier fuhren die Teilnehmer in offenen Wagen zur Universität zurück.
Höchstpreise für Obst im Kleinhandel auf dem Bonner Wochenmarkt. Man schreibt uns: Seitdem die Oeffentlichkeit sich mit der Frage der Höchstpreis-Ueberschreitungen bei Obst usw. befaßt, kommt fast gar kein Obst, wie Erdbeeren, Kirschen und Stachelbeeren, mehr auf den Markt. Wo bleibt das Obst nun eigentlich? Es ist doch genug da und die anhaltende warme Witterung hat es auch frühzeitig zur Reife gebracht. Die Antwort hierauf liegt klar auf der Hand: in erster Linie wird der größte Teil dieses Obstes, sogar waggonweise, leider zum Nachteil der hiesigen Einwohner mit der Bahn usw. nach auswärts verschickt. Ein großer Teil bleibt aber immer noch am Orte selbst, der dann von den sogenannten Ueberpreiszahlern, die den Höchstpreis aus sich heraus überbieten, nur um die Ware an sich zu reißen, am Hause der Züchter größtenteils abgeholt wird. Unter diesen Umständen wird unser Markt kaum noch mit Obst beschickt. Kirschen kamen in der letzten Zeit überhaupt nicht mehr auf den Markt. Nachdem nun bis Mittwoch den 20. Juni incl. der Höchstpreis für süße weiche Kirschen auf 55 Pfg. für das Pfund festgesetzt war und jetzt außer Kraft ist, kamen gesern auch wieder Kirschen auf den Markt, aber zu welchem Preise? Es wurden schlankweg eine Mark und fünfzig Pfennig für das Pfund verlangt und größtenteils auch anstandslos von reichen Leuten bezahlt. Also mit ca. 200 Prozent über den bis zum 20. ds. Mts. geltenden Höchstpreis. Mit Strauchbohnen und dicken Bohnen war es ein ähnliches Verhältnis. Für ein Pfund Strauchbohnen wurden eine Mark und fünfzig Pfennig und für ein Pfund dicke Bohnen in Schoten 75 Pfennig verlangt und bezahlt. Bei solch unverschämt hohen Preisen ist es nun dringend nötig, daß sofort neue Höchstpreise für Obst usw. festgesetzt werden und eine scharfe Aufsicht von allen Seiten geübt wird, damit dieses verwerfliche wucherische Treiben mal endlich ein Ende nimmt. Hoffentlich wird u. a. auch die gestern von unserem Herrn Oberbürgermeister herausgegebene Verordnung betr. Kleinhandelsverkauf von Gegenständen auf den Wochenmärkten im Stadtkreise Bonn zum großen Teil dazu beitragen, daß auf unserem Wochenmarkte wieder geordnete Verhältnisse eintreten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Beuel, 21. Juni. […] Unterhalb der Pappel-Allee geriet ein Junge von 12 Jahren beim Baden zu weit in den Strom und verschwand in den Wellen. Ein mitbadender russischer Gefangener sprang dem Jungen nach, um ihn zu retten, mußte aber die mutige Tat mit dem Leben bezahlen. Die Leichen sind noch nicht gefunden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Die Kartoffelerzeuger im Stadtbezirk Bonn werden durch Bekanntmachung des Oberbürgermeisters verpflichtet, ihre den Eigenbedarf übersteigenden Kartoffelmengen an die Stadt abzuliefern. Vor dem 27. Juni dürfen keine Frühkartoffeln geerntet werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 23. Juni 1917
Brotmarken sind in der letzten Zeit mehrfach Kindern weggenommen worden, erst vorgestern wieder in der Rathausgasse einem sechsjährigen Mädchen, das zum Einkauf eines Brotes geschickt worden war. Eine Frau hielt das Kind an, bewunderte scheinbar seine Geldbörse und nahm dabei das Geld und die Brotmarke heraus, ohne daß das Kind es gewahr wurde. Die Eltern mögen ihre einkaufenden Kinder genau anweisen, nicht fremden Leuten zu vertrauen.
Zehn Kaninchen und 16 Stück Federvieh hatte vorigen Herbst ein beurlaubter Unteroffizier, der später auch fahnenflüchtig geworden ist, bei vier Einbruchdiebstählen in Beuel und Umgegend gestohlen. Er wurde gestern von der Strafkammer zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Schuhmacher aus Beuel, der sich zwei Kaninchen hatte schenken lassen, erhielt wegen Hehlerei drei Monate Gefängnis, seine Schwester, die die beiden Kaninchen gebraten hatte, eine Woche.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Beigeordneter Piehl über unsere Ernährung. Der Einladung unserer Stadtverwaltung zu einem hauswirtschaftlichen Vortrag waren unsere Hausfrauen so zahlreich gefolgt, daß der große Festsaal des Bürger-Vereins die Besucherinnen kaum fassen konnte. Herr Baurat Piehl begrüßte die Hausfrauen mit herzlichen Worten und betonte, daß gar viele Frauen den Ernst der Zeit leider noch immer nicht erkannt hätten, und es nicht verständen, sich auch in der Ernährungsfrage dem großen Ganzen unterzuordnen. Die Großzügigkeit unserer Ernährungswirtschaft werde durch jede Sonderversorgung untergraben; zudem werde dadurch Unzufriedenheit in den weniger bemittelten Kreisen erweckt. Schleichhandel und Preiswucher müßten unbedingt von den Hausfrauen bekämpft werden. Auch müßten unsere Hausfrauen die städtische Verwaltung in der Durchführung der Höchstpreise unterstützen. Namentlich müsse dies auf dem Wochenmarkt geschehen, wo gegenwärtig die größten Unzuträglichkeiten herrschten. Beigeordneter Piehl betonte ausdrücklich, unsere Hausfrauen hätten die Pflicht, der Behörde jede Uebertretung der Höchstpreise zur Kenntnis zu bringen. Es könne dies ohne Scheu geschehen, da ihr Name bei dem anhängig werdenden Strafverfahren nicht genannt werde.
Frau Winterschuldirektor Caspers aus Kempen gab eine sehr anschauliche Darstellung über zeitgemäßes Kochen und die Verwertung von Gemüse und Obst. Natürlich können wir über einen derartigen Vortrag, der von unseren Hausfrauen angehört werden muß, um in seinen Einzelheiten praktisch nachgeachtet zu werden, an dieser Stelle nicht näher berichten. Die anwesenden Hausfrauen dankten der trefflichen Rednerin durch lebhaften Beifall. Auch wurde von Bonner Hausfrauen mancherlei zur Kenntnis gebracht, was für die Kriegswirtschaft am Herd von Wert ist.
Im Verlaufe der Erörterungen wurde auch ausdrücklich anerkannt, daß unsere Lebensmittelversorgung in Bonn gut geregelt sei, ganz besonders im Verhältnis zu den Verpflegungszuständen in gar manchen anderen Gemeinden.
Plakate oder sonstige Ankündigungsmittel für Schaustellungen jeder Art, ferner Reklamen in Bildform oder in auffälliger Schriftart, dürfen außer an öffentlichen Anschlagsäulen nur vor denjenigen Gebäuden, in denen die Schaustellungen stattfinden, angeschlagen oder angebracht werden. Die Anzeigen dieser Unternehmungen in den Zeitungen dürfen keinerlei bildliche Darstellungen enthalten. Ferner ist das Anschlagen, Auslegen, Aushängen oder Ausstellen von Karten und Plänen von Stadt-, Eisenbahn-, Hafen- und Fabrikanlagen an allen öffentlichen Orten verboten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Sonntag, 24. Juni 1917
Arndt-Eiche in Eisen. Die Einnahme der Arndt-Eiche in Eisen, die vor der letzten Werbetätigkeit sich auf annähernd 90.000 M. belief, hat sich dank der rührigen Tätigkeit des Werbeausschusses inzwischen auf rund 94.400 Mark erhöht. Somit hat sich die Einnahme schon etwas mehr der Summe von 100.000 M. genähert; es wäre zu begrüßen, wenn die Zuwendungen für die so zeitgemäßen Zwecke der Arndt-Eiche weiter anhalten würden.
Durch freundliches Entgegenkommen des Bonner Hilfsausschusses für Truppen ist mit den liebenswürdigen Sammlerinnen, welche in anerkennenswerter Weise Mittwochs und Sonntags in Bonn für die Zwecke des Roten Kreuzes die Gaben sammeln, ein Abkommen getroffen, daß diese Damen für die nächsten drei Monate ihre Sammlung zugunsten der Arndt-Eiche in Eisen vornehmen. Wir bitten unsere Mitbürger, nicht nur wie bisher die Sammlung der verehrten Damen durch reiche Spenden zu unterstützen, sondern wenn möglich in Anbetracht des so überaus wichtigen Zweckes der Arndt-Eiche in Eisen die Spenden noch zu erhöhen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vom Wochenmarkt. Man schreibt uns: Auf dem Wochenmarkte verlangte gestern eine Verkäuferin M. 1.20 für das Pfund Kirschen, als sie von einer Frau danach gefragt wurde. Diese wandte sich an den nahebei stehenden Polizei-Beamten und machte ihm Mitteilung davon mit dem Bemerken, daß der Höchstpreis 42 Pfennig für das Pfund sei. Sie bat ihn, ihr zu ihrem Recht zu verhelfen. Er tat dies in sehr zuvorkommender Weise, indem er der Verkäuferin ein eben abgewogenes Pfund Kirschen aus der Hand nahm und der Frau gegen Zahlung von 42 Pfennig überreichte. Die Händlerin wurde unter allgemeinem Beifall von dem Beamten notiert und auch eine Anzahl Personen, welche 1,20 Mark für das Pfund hatten zahlen müssen. Viele der anwesenden Hausfrauen sprachen ihrer tapferen Kollegin ihre Anerkennung aus.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dem Zirkus Pierre Althoff, welcher bis Dienstag in Wiesdorf gastierte, wurde das große Zuschauerzelt vom Sturm total zerrissen und sogar ein Wagen zertrümmert, so daß das Unternehmen großen pekuniären Schaden erlitt. Die größte Schwierigkeit hatte man mit der leihweisen Beschaffung eines anderen Zeltdaches, was erst nach tagelangem Bemühen gegen hohe Bezahlung gelang. Trotz eifrigen Arbeitens ist es doch nicht gelungen, mit den Zirkus-Aufbauten zu beabsichtigten Zeit für Bonn fertig zu werden, so daß die Samstag-Abend-Vorstellung ausfallen muß. Die Eröffnungs-Vorstellung findet demnach am Sonntag nachmittag 4 Uhr statt. Dem Unternehmen ist ein reger Besuch seiner nur auf wenige Tage hierorts bemessenen Vorstellungen sehr zu wünschen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 25. Juni 1917
Im hiesigen Unabhängigen Ausschuß für einen deutschen Frieden sprach Samstag abend Geheimrat Busch aus Marburg über „Kriegs- und Friedensfragen in Geschichte und Gegenwart“. Er gedachte zu Beginn mit herzlichen Worten der ungeheuren Leistungen unserer Feldgrauen und ihrer Führer sowie der großen Hingabe, mit der unsere Blauen den Ubootkrieg führen. Wir wünschen den Frieden, sind aber, da unsere Feinde unser Friedensangebot abgelehnt haben, gezwungen, weiter den Kampf um unser Dasein zu führen. Wir stellen nicht, wie unsere Feinde, Kriegsziele auf, die nur mit weiteren ungeheuren Blutopfern verwirklicht werden können, verlangen aber, daß der Friede den gebrachten Opfern entspricht und uns für die Zukunft sichert. […]
Es denkt niemand daran, in unsern Nationalstaat größere nationalfremde Bestandteile aufzunehmen, aber wie jetzt die modernen Festungen im Vorgelände verteidigt werden, so könnte in einem künftigen Kriege auch für die Verteidigung unseres Reiches ein Vorgelände vorhanden sein. Für Belgien muß das gelten, was Bismarck 1864 für Schleswig-Holstein bestimmte: es darf in Zukunft keine deutschfeindliche Politik treiben, seine günstige maritime Lage darf dem Deutschen Reiche nicht schädlich werden. Im Nordosten gilt es die Befreiung und Sicherung alter deutscher Kultur, die Gewinnung von Siedlungsland. Auf Kriegsentschädigung dürfen wir nicht verzichten; sie kann ja zum Teil in Rohstoffen und in wirtschaftlicher Arbeit gezahlt werden. […]
Der Vortrag wurde von der zahlreich besuchten Versammlung mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Zu Beginn begrüßte Geheimrat Dyroff die Erschienenen und legte kurz die Ziele des Unabhängigen Ausschusses dar: keine Annektionen, aber starke, gesicherte Grenzen, würdevolles Auftreten gegenüber den neutralen und feindlichen Nationen, kein Nachlaufen. Die Entwicklung der Friedensvorbereitungen habe gezeigt, daß der Unabhängige Ausschuß auf dem richtigen Wege sei.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Kriegsgericht Bonn hielt am Donnerstag […] eine Sitzung ab. […] Die 27jährige Dienstmagd Katharina Schw. aus Altendorf im Kreise Ahrweiler, die mit einem kriegsgefangenen Russen in einem unerlaubten und gegen die guten Sitten verstoßenden Verkehr gestanden hatte, wurde mit zwei Wochen Gefängnis bestraft. – Gegen eine Ehefrau R., deren Mann im Felde ist und gegen die eine ähnliche Anklage vorlag, mußte wegen Mangel an Beweis Freisprechung erfolgen. - […]
Einer schweren deutschfeindlichen Aeußerung in zwei Fällen war der Ingenieur Wie. aus Godesberg angeklagt, die er in einer dortigen Wirtschaft im Februar und April dieses Jahres begangen haben soll. Nach der eidlichen Vernehmung von drei Zeugen, von deren Aussagen ihn zwei schwer belasteten, wurde das Verfahren gegen ihn bis zum 13. Juli ausgesetzt, um noch einen weiteren Zeugen hinzuzuziehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Zirkus P. Althoff hatte zu seiner gestrigen Eröffnungsveranstaltung einen derartig gewaltigen Zuschauerstrom, daß es einfach unmöglich war, alle Schaulustigen einzulassen. Auch die Abendvorstellung fand bei ausverkauften Plätzen statt. Die Leistungen rechtfertigten vollauf den Ruf, der dem Unternehmen voraufging. Dies gilt in weit höherem Maße, wenn man bedenkt, welche Einschränkungen die Kriegszeit auch diesen Unternehmungen auferlegt hat. […] Wer sich in den heutigen Tagen einige Stunden froher Unterhaltung verschaffen will, und hierfür eine angemessene Form sucht, dürfte dies in einem Besuch bei Althoff finden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 26. Juni 1917
Goldsammlung durch die Banken. Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Goldschmuck- und Juwelensammlung für die glückliche Beendigung des Krieges und die Ernährung unseres Volkes haben die sämtlichen hiesigen Banken sich in uneigennütziger Weise zur Mitarbeit bereit erklärt, daß sie ab 1. Juli während der Geschäftsstunden Goldschmucksachen, Perlen und Juwelen für die hiesige Goldankaufstelle entgegen nehmen. Sie erteilen über die Ablieferungen vorläufige Quittungen und händigen nach Prüfung und Abrechnung der Goldsachen durch die Goldankaufstelle den baren Gegenwert sowie die eisernen Gedenkmünzen aus.
Die Goldankaufstelle hat ferne eiserne Armreifen beschafft. Jede 10. Spenderin erhält einen solchen als Erinnerungszeichen.
Kohleversorgung der gewerblichen Betriebe. Der Reichskommissar für Kohlenverteilung erläßt eine Bekanntmachung, durch die für alle gewerblichen Verbraucher von Kohle, Koks und Briketts mit einem monatlichen Verbrauch von zehn Zentnern und darüber Meldepflicht eingeführt wird. Die erste Meldung muß in der Zeit vom 1. bis 5. Juli erfolgen. Die Anmeldekarten sind bei der örtlichen Kohlenstelle zu haben, diese erteilt auch Auskünfte.
Der Bezugsschein als Erzieher. Wie alle Einrichtungen im staatlichen wie im wirtschaftlichen Leben, übt auch das Bezugsscheinverfahren Wirkungen verschiedener Natur. Nicht nur daß der Bezugsschein in volkswirtschaftlicher Hinsicht eine Aufgabe von außerordentlicher Wichtigkeit zu erfüllen hat, er ist auch als Erziehungsmittel von nicht zu unterschätzender Bedeutung. In Friedenszeiten hat es eine ganze Menge Leute gegeben – namentlich unter der weiblichen Bevölkerung -, die es sich zur Gewohnheit machten, bei ihren Einkäufen jeder Laune zu folgen. Sie kauften, was ihnen gerade gefiel, ohne sich zu fragen, ob ein zwingendes Bedürfnis vorliege. Das ist heute anders geworden. Jeder ist verpflichtet, vor Anforderung eines Bezugsscheines sich selbst die Frage vorzulegen, ob der beabsichtigte Einkauf in der Tat notwendig sei. Denn man weiß, daß man in anderen Fällen von den Beamten der Bezugsscheinstellen, die nach genau festgelegten Vorschriften handeln, unweigerlich zurückgewiesen wird. Gerade die Schwierigkeiten jedoch, mit denen wir heute im wirtschaftlichen Leben zu kämpfen haben, lehren uns, daß einmal erworbene Besitztum doppelt zu schätzen. Sie mehren auch die Freude an dem Besitz und veranlassen uns, die Gegenstände, die zu unserem täglichen Bedarf gehören, in erster Linie unsere Kleidungsstücke, mit besonderer Sorgfalt zu behandeln. Wir erkennen heute, daß Vieles in unserem Leben, was uns früher selbstverständlich erschien, durchaus nicht ohne weiteres als selbstverständlich zu betrachten ist, und diese Erkenntnis erhöht unser Verständnis für den Wert der Dinge, die zu unserem täglichen Leben gehören. Leute, die früher mit ihren Anzügen nachlässig umzugehen pflegten, stellen heute in dieser Beziehung vielfach Muster der Ordnung und Sauberkeit dar. So regelt der Bezugsschein nicht nur die Verhältnisse auf dem Textilwarenmarkt, sondern übt auch erzieherische Wirkungen, die nach dem Kriege nicht schwinden dürften.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Schuhsohlen mit Metallüberzug. Die Mittel, durch die man Schuhsohlen haltbarer zu machen sucht – aufgesetzte Flecke aus Leder oder Metall – erfüllen zwar ihren Zweck, die Lebensdauer der Sohlen zu verlängern. Allein es haften ihnen zwei Uebelstände an: Sie sind beim Gehen unbequem und wirken verderblich auf Fußböden, Linoleumbeläge und Teppiche. M. U. Schoop, der bekannte Erfinder des „Metallspritzverfahrens“, hat sie nun durch etwas erheblich Besseres zu ersetzen verstanden. Nach dem Metallspritzverfahren können Sohlen aus Leder, Holz oder Pappe mit einem sehr fest haftenden Ueberzuge aus Aluminium oder Eisen versehen werden; sie sind dann natürlich sehr viel haltbarer als sonst, dazu auch wasserdicht, ohne daß die Behandlung ihre Biegsamkeit und Geschmeidigkeit verringerte. Auch das Gewicht wird nicht nennenswert erhöht, und da ihre Oberfläche glatt bleibt, werden Fußböden und Bodenbeläge von ihnen nicht stärker angegriffen als von gewöhnlichen Ledersohlen. [...] DieSchoopschen Metallspritzeinrichtungen sind in letzter Zeit so weit verbessert worden, daß ihre Handhabung in der Schuhmacherwerkstatt kaum noch auf Schwierigkeiten stoßen dürfte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Frage der Erhöhung der Milchpreise ist in letzter Zeit viel geschrieben und gesprochen worden, das meiste freilich vertritt den Standpunkt des Städters und zeigt völlige Unkenntnisse der landwirtschaftlichen Verhältnisse. Es ist viel die Rede gewesen von der Notwendigkeit besseren Verstehens zwischen Stadt und Land. Wie nötig das ist, zeigt auch die in den Städten herrschende Ansicht über die Milchpreise. Aufklärung zu schaffen bezwecken nachstehende Ausführungen: Nicht die Preise der Futtermittel allein sind die Ursache der Erhöhung der Milchpreise. Beschränkung der Futtermittel, besonders des Kraftfutters und Erhöhung der Preise vermindern selbstverständlich die Erzeugung und steigern die Preise ganz abgesehen von den Mehrkosten der Wartung und Pflege. Der Ausfall an Milch und Menge wird aber durch die höheren Preise dem Landwirt ersetzt. In ganz anderem Maße wie durch die Preise der Futtermittel werden aber die Milchpreise durch die Viehpreise beeinflußt. Für das der gesamten Bevölkerung zu Schlachtzwecken von den Landwirten zur Verfügung zu stellende Rindvieh sind Höchstpreise festgesetzt. Welche Preise jedoch der Landwirt für eine Milchkuh zu zahlen hat, ist in keiner Weise beschränkt. In dieser Beziehung ist der Landwirt allein vom freien Handel abhängig. Seit Jahr und Tag liegen die Verhältnisse so, daß der Landwirt zwar vom Viehhändler Milchkühe zu unbeschränkten Preisen kaufen darf, diese Kühe aber, wenn sie abgemolken sind, zu festgesetzten Höchstpreisen als Schlachtvieh verkaufen muß. Der vom Milchwirtschaft treibenden Landwirt zu tragende Unterschied zwischen An- und Verkauf beträgt seit Jahr und Tag mindestens 500 Mark für die Kuh. Daß diese 500 Mark neben Futterkosten, Wartung usw. aus einer Kuh herauszumelken sind, dürfte manchem bei seiner Meinung über die Erhöhung der Milchpreise völlig entgangen sein. Tatsache ist, daß zum Beispiel reine Abmelkwirtschaften bei einem Literpreise von 0,36 Mark 0,15 – 0,17 Mark zusetzen. Es dürfte sich vielleicht empfehlen, daß der Stadtsäckel oder besser gesagt die milchverbrauchenden Gemeinden dazu beitragen sollen, zumal der ärmeren Bevölkerung Milch zu möglichst billigen Preisen zu verschaffen. Dem Notschrei nach billiger Milch sei da vom Standpunkt des Landwirts als Echo entgegengesetzt, „verschafft uns Landwirten Milchvieh zu annehmbaren Preisen“.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 27. Juni 1917
Ernteurlaub für Rekruten. Aus militärischen Gründen war eine Zurückstellung sämtlicher Landwirte des Jahrgangs 1899 bis zum 1. Oktober nicht möglich. Die Ausbildung der eingezogenen Mannschaften wird aber in einer Weise erfolgen, daß die Beurlaubung von Landwirten zu der zeitlich verschieden beginnenden Ernte durchführbar wird. Es können daher auch für die jetzt eingezogenen Rekruten der Landwirtschaft Gesuche um Erteilung von Ernteurlaub eingereicht werden, und zwar wie alle derartigen Gesuche bei dem zuständigen Polizeirevier.
Keine Sammelbüchsen mehr! Bekanntlich ist der Kleingeldmangel auch dadurch verschärft worden, daß an vielen Orten aufgestellte Sammelbüchsen nicht regelmäßig geleert worden wind. Nachdem schon vor einigen Monaten von seiten der Reichsfinanzverwaltung auf die beschleunigte Entleerung von Sammelbüchsen und Automaten im Interesse unseres Kleingeldverkehrs hingewiesen worden war, sind nunmehr von der preußischen und von verschiedenen anderen Bundesregierungen die nachgeordneten Behörden angewiesen worden, für die nächste Zeit, etwa bis zum 1. August d. J., das Aufstellen von Sammelbüchsen in Gastwirtschaften, Läden usw. zu verbieten und die bisher hierzu erteilten Genehmigungen ausdrücklich zurückzunehmen. Die aufgestellten Büchsen sind alsbald zu entleeren. Verstöße hiergegen sind je nach Lage des Falles auf Grund des § 11 der Verordnung des Bundesrats vom 15. Februar 1917 mit Geldstrafe oder mit Gefängnis strafbar; der Ertrag der Sammelbüchsen kann zur Staatskasse eingezogen werden. Sammlungen im Umherziehen aus bestimmten Anlässen sollen hierdurch nicht beeinträchtigt werden, sofern Sicherheit gegeben ist, daß die gesammelten Münzen auch sofort wieder in den freien Verkehr gebracht werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Wie die festgesetzten Höchstpreise für einzelne Waren auf unserem Wochenmarkte umgangen werden, ohne sich strafbar zu machen. Man schreibt uns: Seit einigen Tagen kann man auf unseren Wochenmarkte beobachten, wie grüne Erbsen und dicke Bohnen fast ausschließlich nur noch literweise und zu verhältnismäßig sehr hohen Preisen verkauft werden. Der Höchstpreis für dicke Bohnen mit Schoten ist auf 28 Pfennig für das Pfund festgesetzt. Nun gehen bekanntlich auf ein Liter dicke Bohnen je nach Qualität durchschnittlich 3 bis 4 Pfund, macht also im äußersten Falle zusammen 4 mal 28 Pfennig, gleich 1,12 Mark. Gestern wurden aber bis zu zwei Mark und dreißig Pfennig für das Liter verlangt und bezahlt, mithin über hundert Prozent über Höchstpreis, allerdings geht die Entschädigung für die hierauf verwandte Arbeit davon ab. Mit grünen Erbsen ist ungefähr dasselbe Verhältnis. Es scheint hiernach einzelnen Verkäuferinnen überhaupt nicht möglich zu sein, ihre Waren zu den doch sicher angemessenen Höchstpreisen zu verkaufen, sie müssen eher Ueberpreise fordern, es ist ihnen zur zweiten Natur geworden. Es wäre nun dringend nötig, daß auch dieses verwerfliche Handeln einzelner erfinderischer Verkäuferinnen auf unserem Wochenmarkte auf irgend eine Art unmöglich zu machen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Anmeldung und Ablieferung der beschlagnahmten Gegenstände, insbesondere der Haushaltsgegenstände aus Kupfer, Messing, Nickel und sonstigen für Heereszwecke nötigen Metallen ist weit hinter den berechtigten Erwartungen zurückgeblieben. Es besteht daher die begründete Vermutung, daß die Ablieferungspflichtigen selbst trotz der bestehenden Strafvorschriften den betreffenden Bestimmungen nicht im vollen Umfange nachgekommen sind. Das Interesse der Landesverteidigung verlangt jedoch eine mit allen Mitteln zu beschleunigende Ablieferung aller beschlagnahmten Gegenstände. Deshalb wird in der Folge eine eingehende Nachprüfung durch vom stellvertretenden Generalkommando unmittelbar beauftragte Revisoren stattfinden.
Wer sich nach Durchführung der genannten Revision noch im Besitze von beschlagnahmten Gegenstände befunden hat, hat eine empfindliche Strafe zu gegenwärtigen. Jedoch wird darauf hingewiesen, daß bei alsbaldiger Ablieferung der genannten Gegenstände von einer Strafanzeige abgesehen wird. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 28. Juni 1917
In der Anthropologischen Gesellschaft sprach Dienstag abend Professor Hübner über Aberglauben, Nerven- und Geisteskrankheiten im Kriege. Der Vortragende führte aus, daß der Aberglauben und namentlich seine Ausbeutung im Kriege zugenommen habe, besonders in Form der Gebetskettenbriefe, ferner der Schutzbriefe gegen Gefahren sei er stärker aufgetreten als im Frieden. Die Schutzbriefe seien zum Teil gedruckt und massenweise verbreitet. Ebenso habe das Wahrsager-, Gesundbeter- und Kurfuschertum trotz der dagegen getroffenen Maßnahmen sich vermehrt, daß ein Mann in gewinnsüchtiger Absicht gewöhnliches Wasser als Lourdeswasser verkauft habe. Die Persönlichkeiten der Wahrsager und Heilkundigen dieser Art seien größtenteils anrüchiger Natur. Manche von ihnen sind vorbestraft, nicht weniger wegen nervöser und geistiger Störungen behandelt worden. Der Redner meint, daß sämtliche Gebildeten, gleichgültig welchem Glauben sie angehören, sich gegen diese Ausbeutung Leichtgläubiger und Abergläubischer tatkräftig wehren müssen, wie das von Seiten sowohl der weltlichen Behörden wie von Seiten der Geistlichkeit bereits geschehen sei. Des weiteren ging Professor Hübner auf einige gerade im Kriege besonderes Aufsehen erregende Typen von Weltverbesserern, Sektierern usw. näher ein. Er zeigte, wie abnorm das Denken und Urteilen dieser Menschen ist, und warnte davor, sie als Märtyrer ihrer Ueberzeugung anzusehen. Schließlich führte Prof. Hübner noch Näheres über die Geistes- und Nervenkrankheiten im Kriege aus. Er warnte davor, die sog. Nervösen in der Oeffentlichkeit allzu sehr zu bemitleiden, weil ihnen das schade. Er zeigte, daß die Behandlungsmethoden, welche man jetzt für derartige Kranke habe, größtenteils geradezu hervorragende Ergebnisse erzielt haben. Den Arbeitgebern der Kriegsbeschädigten empfahl er, im Anfang etwas Rücksicht auf die frisch Entlassenen zu nehmen. Schließlich führte er aus, daß die im Gesetz für andere Kranke vorgesehene Kapital-Abfindung auch für diese Kranken eingeführt werden sollte.
Unwürdiges Benehmen der sog. Wandervögel. In letzter Zeit ist erneut die Beobachtung gemacht worden, daß Abteilungen der sog. Wandervögel beiderlei Geschlechts, namentlich wenn sie von ihren Wanderungen zurückkehren, durch ein dem Ernste der Zeit nicht entsprechendes Verhalten sowie durch ihre oft karnevalsmäßige Kleidung – sie tragen an den mitgeführten Lauten zahlreiche lange bunte Bänder- bei einem großen Teile der Bevölkerung Aegernis erregen; besonders finden die auf den Bahnhöfen durchreisenden Militärpersonen, namentlich die Verwundeten, das Benehmen als höchst unpassend.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Kino. Die Lichtspiele im „Stern“ bringen ein verfilmtes Gedicht von Henrik Ibsen: „Terje Vigen“. Der demokratische Geist des nordischen Dichters lehnt sich darin gegen die politische Unterdrückung seines Vaterlandes durch England zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf. Der scharfe Protest spiegelt sich in dem Schicksal des kühnen Lotsen Terje Vigen, der im Kampf mit den brandenden Wogen sich ebenso mutvoll zeigt. Daß eine skandinavische Filmgesellschaft es wagt, derzeit einen solchen flammenden Protest gegen ein geschichtliches Unrecht Englands gegenüber Norwegen szenisch darzustellen, entbehrt nicht des politischen Untertons. Nebenbei ist der Rahmen, die nordische See in ihrer elementaren Gewalt und wilden Schönheit, von bezwingender Wirkung. [...]
Diebstahl. [...] Ein frecher Diebstahl wurde gestern morgen gegen 11 Uhr in der Kriegsküche an der Sandkaule verübt. Eine wohl mit den Räumlichkeiten und auch den Gepflogenheiten der ehrenamtlich dort tätigen Damen stahl aus einem sog. Marktbeutel, der sich in einem verschlossenen Zimmer befunden hatte, eine Handtasche, enthaltend etwa 20 Mark, eine Straßenbahnkarte, einige Briefe und Schlüssel. Spuren von Nagelschuhen deuten darauf hin, daß die diebische Person ihren Weg durch ein wahrscheinlich nicht fest verschlossenes Fenster genommen hat. Der Dieb setzte seiner dreisten Tat durch Verschmutzung des dahinter liegenden Hofes die Krone auf.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Frühkartoffeln wurden in ganz vereinzelten Fällen bereits beerntet. Da der Boden genügend Feuchtigkeit besitzt, werden die Kartoffeln jetzt noch sehr an Dicke zunehmen und hält man infolgedessen überall noch mit der Ernte zurück. Die bereits ausgegrabenen Kartoffeln waren schon von ansehnlicher Entwicklung, jedoch läßt sich jetzt von dem Ausfall der Ernte noch kein abschließendes Urteil fällen. Die Aussichten sind allerdings günstig.
Die Leiche, die am 21. Juni vor der Theaterstraße gelandet wurde, ist als die einer Rentnerin aus Neuwied erkannt worden. Die Rentnerin hat vermutlich in einem Schwermutsanfall den Tod im Rhein gesucht und gefunden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 29. Juni 1917
Wegen des Feiertages Peter und Paul erscheint der General-Anzeiger an diesem Tag nicht.
Sendung von Liebesgaben an deutsche Gefangene in England. In Uebereinstimmung mit einem vom holländischen Roten Kreuz ausgesprochenem Wunsche wird davor gewarnt, Gaben für Gefangene in England bei privaten Firmen oder Vereinen in Holland zu bestellen, da sie zum Teil unzuverlässig, zum Teil ungeeignet für diese Tätigkeit sind. Insbesondere steht die „Erste Niederländische Reg. Aushilfs-Aktion für deutsche und österreichisch-ungarische Kriegsgefangene“ in Haag mit keiner anerkannten Organisation in irgendwelcher. Sie dient ausschließlich ihren Inhabern als Erwerbszweck, sodaß von einer Inanspruchnahme unbedingt abgeraten werden muß. Es wird dagegen dringend empfohlen, sich der von den deutschen Rote-Kreuz-Organisationen in Holland geschaffenen Einrichtungen zu bedienen, durch die es möglich ist, neun verschiedene Sorten von Paketen, enthaltend Lebensmittel, Rauchwaren und Wäsche, an die Gefangenen in England zu versenden. Ausgenommen von der Versendung sind Brot und andere Teigwaren, die nicht aus Holland ausgeführt werden dürfen. [...] Wenn auch wegen der U-Bootgefahr keine Gewähr für die Sicherheit des Transportes von Holland nach England übernommen werden kann, so bietet die Benutzung der empfohlenen Einrichtung doch den großen Vorteil, daß nicht nur die deutschen Vorräte geschont, sondern auch infolge des Einkaufens der Sachen im Großen die Preise verhältnismäßig niedrig sind. Außerdem verbürgt die Absendung der Pakete im Namen einer neutralen Rote-Kreuz-Organisation zweifellos größerer Sicherheit gegen Diebstahlgefahr, als wenn die Pakete von Privatpersonen abgesandt würden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die gemeinnützige Schreibstube zur Beschäftigung Arbeitsloser ist durch den Krieg sehr in Mitleidenschaft gezogen. Während sie in Friedenszeiten durchschnittlich 18 Stellenlose mit schriftlichen Arbeiten jeder Art, die ihr von Fabriken und Geschäften übertragen wurden, beschäftigen konnte, wurden solche Aufträge seit Kriegsbeginn nur noch spärlich erteilt. Indessen konnte die Schreibstube als Ersatz für diesen Ausfall eine Anzahl Stellenloser innerhalb ihre Geschäftsräume bei kaufmännischen Firmen vorübergehen und dauernd unterbringen. Es bleibt der Schreibstube aber immer noch ein Teil Bedürftiger übrig, die selbst in Aushülfs-Posten nicht unterzubringen sind, für die sie aber in anderer Weise besorgt bleiben muß. Es sind dies ältere stellenlose Kaufleute und Schreiber, sowie vor allem bedürftige Kriegerfrauen und Töchter von gefallenen Kriegern, die sich durch einfache schriftliche Arbeiten noch einen kleinen Nebenverdienst sichern wollen. Die Schreibstube kann aber nur dann all diesen Personen eine Beschäftigung geben, wenn sie wie in Friedenszeiten seitens der Fabriken und Firmen durch Ueberweisung von Arbeiten unterstützt wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 30. Juni 1917
Am Tag nach Peter und Paul erscheint die Deutsche Reichs-Zeitung nicht.
Obstkernsammlung. Die Bonner Bevölkerung wird freundlich und dringend gebeten, auch in diesem Jahre alle zur Oelgewinnung geeigneten Obstkerne, Kirschen-, Pflaumen-, Aprikosen- und Kürbiskerne, gut gewaschen, getrocknet und nach Arten getrennt an der Sammelstelle der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe, Am Hof 1, abzuliefern. Auf Wunsch werden die Kerne vergütet, müssen dann aber an der Sammelstelle neben dem Milchamt Dienstags, Mittwochs oder Freitags nachmittags zwischen 5 und 6 ½ Uhr abgegeben werden. Kerne, für die keine Vergütung verlangt wird, werden in der Flickschusterei, Am Hof 1, täglich angenommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Im Gartenbauverein hielt am Mittwoch abend Herr Professor Füchtjohann einen Vortrag über den Wald als Vorratskammer des Krieges, woran sich eine längere Aussprache schloß.
Allgemein wurde betont, daß die Kenntnis der giftigen Pilze sehr wenig verbreitet sei, sodaß man dazu neige, alle Pilze als giftig anzusehen. Man müsse als eines der Hauptkennzeichen festhalten, daß die giftigen Pilze sämtlich weiße Lamellen oder rotes Hutfutter hätten. Die Volksschulen seien am geeignetsten, Aufklärung über die Giftigkeit von Pilzen zu verschaffen. Den Schluß der Veranstaltung bildete eine Pflanzenverlosung, für die Herr W. Leyer die Pflanzen geliefert hatte.
Polizeibericht. [...] Im Hofgarten wurden in vorgestriger Nacht zwei Männer festgenommen wegen Vergehens gegen den Paragraphen 175.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Brotversorgung.
Auch in der kommenden Woche wird wieder Brot als Kartoffelersatz ausgegeben. Das Nähere ist unter der Ueberschrift „Kartoffeln“ bekanntgegeben.
Fleisch.
Am Samstag werden wie bisher auf die Zusatzfleischkarten Fleisch sowie Blut- und Leberwurst zu den bekannten Preisen verausgabt. Beim Einkauf von 200 Gramm Wurst ist auch die Warenkarte Nr. 104 abzugeben. Auf die Reichsfleischkarte wird am Mittwoch nächster Woche Fleisch und Fleischwurst verkauft. An diesem Tage auch Fleisch und Wurst auf die Zusatzkarten für Schwer- und Schwerstarbeiter.
Fett.
Im Laufe der nächsten Woche entfallen zusammen 60 Gramm Margarine auf die Butter- und Fettkarte. Butter kommt nicht zur Verausgabung.
Kartoffeln.
Die Kartoffelzufuhr stockt zur Zeit noch gänzlich, sodaß eine Erhöhung der Wochenmenge nicht eintreten kann. Als Ersatz für die an 5 Pfund fehlenden Kartoffeln werden ausgegeben auf Warenkarte Nr. 103 ½ Pfund Brot und auf die Zusatzwarenkarten für Schwerarbeiter Nr. 41 weitere ½ Pfund Brot.
Frühkartoffeln.
Auswärtige Frühkartoffeln sind bisher noch nicht hier eingetroffen. Die Kartoffelerzeuger des Stadtkreises Bonn müssen die geernteten Frühkartoffeln abliefern, und zwar im städtischen Kartoffellager Immenburgstraße 20. Mit dem Ankauf von Frühkartoffeln im Stadtkreise Bonn ist auch die Kartoffelgroßhandlung Vianden, Kölnstraße 7, beauftragt, die in Grau-Rheindorf und Dransdorf besondere Annahmestellen eingerichtet hat. [...] Die Kartoffelausfuhr aus dem Stadtkreise Bonn ist verboten und wird streng bestraft.
Süßstoff.
In der Ueberweisung von Süßstoff ist eine Stockung eingetreten, da die zur Herstellung benötigten Grundstoffe beschlagnahmt sind. Bei erneuter Abgabe von Süßstoff wird die Bevölkerung benachrichtigt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.“)