Donnerstag, 1. Februar 1917
Zur Sparsamkeit im Gas- und Stromverbrauch fordert die Stadtverwaltung dringend auf, da die Kohlenzufuhr in den letzten Wochen stark zurückgegangen ist und voraussichtlich noch weiter zurückgehen wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Wendung des Krieges durch die Verkündung des scharfen U-Bootkrieges darf auch von unserer Bonner Bürgerschaft als eine Erlösung von allen Zweifeln über die weitere Entwicklung der Dinge begrüßt werden. Der Hungerkrieg, den uns England zugesagt hat, wird nunmehr England selbst in schärfster Weise bedrohen. Es wird uns deshalb leichter werden, in den nächsten Monaten die Rationierung der Nahrungsmittel noch weiter zu ertragen, denn wir dürfen die Hoffnung hegen, daß nunmehr das Ende des Weltkrieges nicht mehr allzu fern sein wird. Wir hatten schon gestern angedeutet, daß der scharfe U-Bootkrieg bevorstehe. Landtagsabgeordneter Bacmeister hatte von der Entschließung unserer Reichsregierung in seinem Vortrag am Dienstag abend bereits seinen Hörern Kenntnis gegeben. Wie aus den Ausführungen Bacmeisters, die wir namentlich wegen der Konfliktfrage mit Nordamerika zur Beruhigung gerne veröffentlichen würden, hervorleuchtete, wird die Wirkung des verschärften U-Bootkrieges derart sein, daß wir in einer ziemlich genau zu berechnenden Zeit den englischen Schiffsraum stark vermindert haben werden, was für die Ernährung und Kriegsführung Englands die schwersten Folgen nach sich ziehen wird. Außerdem haben wir noch das Hindenburg-Programm zu Lande als wichtigen Machtfaktor in den kommenden Ereignissen einzusetzen. Einzelheiten ergeben sich aus den Ausführungen des Kanzlers im Haushaltsausschuß, aus welchen hervorgeht, daß die Obersten Leitungen in Heer und Marine den Dingen, die sich in den nächsten Wochen zu Wasser und zu Lande abspielen werden, mit vollstem Vertrauen entgegensehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kein Reiseverbot. Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, wird an eine Einschränkung des Reiseverkehrs durch Einführung von Erlaubnisscheinen einstweilen nicht gedacht. Man erwartet vielmehr, daß das Publikum freiwillig seine Reisebedürfnisse auf das unumgänglich notwendige Mindestmaß beschränkt, und man hofft, daß es dadurch möglich sein wird, von Gewaltmaßnahmen, die unser gesamtes Wirtschaftsleben schwer schädigen können, abzusehen. Einstweilen erscheinen auch den maßgebenden Stellen die durchgeführten Fahrplanbeschränkungen und die Einschränkung des Urlauberverkehrs als hinreichend, um den vorübergehenden Verkehrsschwierigkeiten abzuhelfen. Eine freiwillige Beschränkung des Vergnügungsreiseverkehrs wird schon deswegen dem Publikum nicht schwer werden, weil das Reisen zurzeit mit erheblichen Unbequemlichkeiten verknüpft ist.
Das Kammergericht hat eine Entscheidung getroffen, welche für Hausbesitzer von besonderem Interesse sein dürfte. Der Oberbürgermeister von Bonn hatte am 31. März 1916 ein Verbot erlassen, Kuchen zu backen. Frau R., welche in dem Hause von W. eine Konditorei gepachtet hatte, erklärte darauf W., daß sie dann auch keine Miete bezahlen könne. W. nahm darauf Rücksprache mit Frau R. und erklärte ihr, er werde dafür sorgen, daß sie die Erlaubnis zum Backen von Kuchen erhalte. Als Frau R. dann weiter Kuchen backte, wurde sie zur Verantwortung gezogen und erklärte, der Hauseigentümer habe sie veranlaßt, nach wie vor Kuchen zu backen. Gegen den Hauseigentümer W. wurde daraufhin Klage erhoben, weil er die Mieterin seiner Konditorei angestiftet habe, trotz des Verbotes Kuchen zu backen. Sowohl das Schöffengericht als auch die Strafkammer verurteilten W. zu einer Geldstrafe, weil er seine Mieterin angestiftet habe, unbefugt Kuchen zu backen. Diese Entscheidung focht W. durch Revision beim Kammergericht an und bestritt entschieden, sich einer Anstiftung im Sinne des § 48 des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht zu haben. Er habe seiner Mieterin nur die Zusicherung gegeben, er werde sich beim Oberbürgermeister bemühen, damit Frau M. die Erlaubnis erhalte, Kuchen zu backen. Die Anordnung des Oberbürgermeisters sei auch ungültig, da sie mit der durch die Gewerbeordnung gewährleistete Gewerbefreiheit in Widerspruch stehe. Das Kammergericht wies aber die Revision als unbegründet zurück und führte u. a. aus, die Rechtsgültigkeit der Anordnung des Oberbürgermeisters unterliege keinerlei Bedenken, die Feststellung, daß Anstiftung vorliege, sei zwar nicht völlig unbedenklich, trotzdem sei dem Urteil der Strafkammer zu folgen, daß W. durch das Mittel des Missbrauchs seines Ansehens seine Mieterin angestiftet habe, unberechtigt Kuchen zu backen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 2. Februar 1917
Soldatenheim. An der Kaisergeburtstagsfeier im Soldatenheim am letzten Sonntag nahmen auch eine Anzahl Ehrengäste teil. Das Kaiserhoch brachte Generalleutnant Exzellenz v. Boetticher aus. Die Festrede hielt Herr Klutmann. Außerdem sprach noch Geheimrat Rochoss über Hindenburg. Von den gebotenen Unterhaltungen sind die Chorlieder des Bonner Männergesangvereins und ein flottgespielter Schwank zu nennen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Groß-Bonn. Die Leitung von Groß-Bonn, die immer bemüht ist, den Besuchern durch Verpflichtung von bewährten Kräften etwas Gutes zu bieten, hat auch für die erste Hälfte des Februar wieder eine Reihe von vorzüglichen Künstlern verpflichtet. Mit einigen, dem Ernst der Zeit angepaßten Liedern und Rezitationen eröffnet die Vortragskünstlerin Lola Loris die Vortragsfolge, dann zeigen die drei Merau, ein Herr und zwei Damen, akrobatische Sportspiele, die von großer Kraft und Geschicklichkeit zeugen. Den meisten Beifall können aber die beiden lustigen Dachauer Lauter und Priem einheimsen, die singen und jodeln und sogar mit einem echten Schuhplattler aufwarten. Tänzerinnen und ein Spaßmacher (früher Clown genannt) mit dressierten Hunden füllen das übrige Programm aus.
Kriegspatenversicherung. Wir teilten unlängst mit, daß der Ausschuß für die Kriegshilfe der Stadt Bonn es abgelehnt habe, diese Versicherungsart durch Versicherungsgesellschaften zu fördern, da der Zweck der Kriegspatenversicherung, der auf Ersparnis im Interesse der Kriegswaisen ausgerichtet ist, auf weit wirtschaftlichere Art erreicht werden könne durch unmittelbare Einlagen, seien es einmalige größere oder regelmäßige kleinere bei einer Sparkasse.
Die Städtische Sparkasse hat sich denn auch bereit erklärt, den Inhabern von Kriegspatenbüchern einen Ausnahmezinsfuß von 5 Prozent zu bewilligen. Die Rückzahlungen dürfen indes nicht vor Ablauf von 10 Jahren seit der ersten Einzahlung und nur mit Genehmigung des Waisenamtes der Stadt Bonn erfolgen.
Auf diese Weise wird ein Ausbildungskapital gewonnen, das es manchem Jugendlichen ermöglicht, eine Lehre durchzumachen, anstatt sich dem ungelernten Arbeiterstand zuzuwenden. Andererseits ist die unbedingt erforderliche Kontrolle über die richtige Verwendung des Sparguthabens gegeben durch das Waisenamt. Ohne seine Kontrolle würde das in guter Absicht gegebene Ausbildungskapital oft unnütz oder von Angehörigen zu eigennützigen Zwecken verwendet werden.
Zieht ein Jugendlicher, der mit dem Kriegspatenbuch bedacht ist, von Bonn fort, so erfolgt die Ueberweisung an die zuständige Gemeindebehörde.
Wer also gewillt ist, durch Uebernahme der Fürsorge für eine Kriegerwaise einen Teil der Dankesschuld gegen unserer Krieger, die ihr Leben für das Vaterland gelassen haben, abzutragen, dem bietet sich hier Gelegenheit. Wer schuldlose, arme Opfer des Krieges, denen der treusorgende Vater, vielleicht auch die lebende Mutter genommen, ist, betreuen will übernehme eine solche Patenstelle.
Nähere Auskunft erteilt jederzeit bereitwillig die „Kriegerwitwen- und Waisenfürsorge der Stadt Bonn, Franziskanerstraße 9, Erdgeschoß.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtische Kriegshinterbliebenenfürsorge. Für die bisher von der „Städt. Zentralstelle für Auskunftserteilung und Hilfe jeder Art“ bearbeitete Hinterbliebenenfürsorge ist eine besondere Abteilung „Kriegerwitwen- und Waisenfürsorge Bonn (Stadt)“ Franziskanerstraße 9, Erdgeschoß, eingerichtet worden. Diese hat über alle bedürftigen Kriegshinterbliebenen in der Stadt Bonn Kartenblätter angelegt, welche einen genauen Einblick ihrer Verhältnisse geben, damit unter Berücksichtigung der sozialen Lage der Familie vor dem Krieg wohlwollend beurteilt werden kann, in welcher Weise die Hinterbliebenenfürsorge in der erfolgreichsten Weise eingesetzt werden kann.
Die Bemessung der Renten für Witwen und Waisen, die Bereitstellung reichlicher Mittel von privater Seite ist ohne Zweifel von großer Bedeutung bei der Hinterbliebenenfürsorge. Denn auch hier bedarf es, wie auf allen Fürsorgegebieten einer persönlichen Arbeit, die erst die geldlichen Zuwendungen zu einer wirklichen Hilfe zu gestalten vermag.
Den Witwen fehlt in erster Linie nicht nur der Ernährer, sondern der persönliche Halt, der starke Schutz für die Erziehung der Kinder.
Sie bedürfen einer kundigen Beratung, wie sie ihr ganzes Leben und die Erziehung ihrer Kinder einrichten sollen. Sie müssen, soweit sie sich nicht selbst helfen können, mit den vorhandenen Hilfseinrichtungen bekannt gemacht werden. Nicht weniger ist es notwendig, daß die gesammelten Gelder in geeigneter Form denen zur Verfügung gestellt werden, die durch Erfahrung und Kenntnisse berufen sind, jene unerlässliche persönliche Arbeit zu leisten.
Die Kriegerwitwen- und Waisenfürsorge Bonn (Stadt), welche so ausgestaltet wird, daß sie den vollen Ueberblick über alle bedürftigen Kriegshinterbliebenen in der Stadt erlangt, ist die berufene Auskunfts- und Beratungsstelle für alle amtlichen und privaten Fürsorgebestrebungen für Kriegshinterbliebene.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 3. Februar 1917
Vaterländischer Hilfsdienst. In einer Anzeige des Kriegsamts in Koblenz in dieser Zeitung werden Hilfsdienstpflichtige der verschiedensten Art für die besetzten Gebiete gesucht. Bewerbungen auf die angebotenen Stellen sind an das Rathaus in Bonn, Zimmer 33 zu richten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Kartoffelversorgung. Vom 5. Februar ab werden bis auf weiteres wöchentlich 3 Pfund Kartoffeln und 6 Pfund Steckrüben an jeden Versorgungsberechtigten abgegeben.
Die strenge Kälte hält immer noch an. Heute früh 6 Uhr hatten wir im Inneren der Stadt 14 Grad Celsius unter Null, die tiefste Temperatur in diesem Winter. Außerhalb der Stadt wurden sogar Temperaturen von 17 und 18 Grad Kälte gemessen. Eine solch starke und anhaltende Frostperiode haben wir in den letzten 25 Jahren nicht mehr erlebt. Im Jahre 1892 hatten wir zum letzten Male unter außergewöhnlich starker Kälte zu leiden; damals sank das Thermometer sogar auf 20 Grad Celsius unter Null. Die Kälte hielt jedoch nicht so lange an wie in diesem Winter.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern nicht besser beschickt als auch anfangs der Woche. Etwa drei Verkäuferinnen hatten sich eingefunden. Gestern war außer Zwiebeln und Sellerieknollen noch Krauskohl, Rosenkohl, Sprutengemüse, Kohlrabien und Erdkohlrabien zu haben. Sowie eine Sendung Gemüse usw. ausverkauft war, sammelten sich gleich wieder Käuferinnen an, die auf die nächste Sendung warteten, die ebenfalls schnell vergriffen war.
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren gestern die Zufuhren verschwindend klein. Etwa 10 – 15 Verkäuferinnen waren erschienen, die ihre Waren aber meistens gar nicht auszupacken brauchten, da die größtenteils auswärtigen Händler sie sofort zusammen aufkauften. Auch hier waren unter anderem verschiedene Körbe mit Krauskohl, Rosenkohl und Sprutengemüse vorhanden.
Der städtische Gemüseverkauf nachmittags auf dem Marktplatze erfreut sich täglich eines recht regen Zuspruchs. Die Auswahl in Gemüse ist in letzter Zeit leider nicht mehr so reichhaltig wie vordem. Der städtische Milchverkauf im Gebäude Franziskanerstraße Nr. 8 ist durchweg sehr lebhaft. Gestern wurden außer Hamburger Rauchfisch zu 2 Mark das Pfund noch gesalzene Schollen zu 60 Pfg. und gewässerter Stockfisch zu 1,20 Mark das Pfund verkauft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Umfangreiche Seifendiebstähle waren vor längerer Zeit in einer hiesigen Seifenfabrik verübt worden. Ein Arbeiter der Fabrik stellte mit zwei Kollegen die Seife bereit. Sie wurde dann bei Nacht von einem hiesigen Stehbierhallenwirt abgeholt, der sie veräußerte. Der Arbeiter erhielt für den Diebstahl 400 Mark. Er wurde von der Strafkammer zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt, die beiden anderen Diebe erhielten 8 bezw. 5 Monate Gefängnis. Der Wirt wurde wegen gewerbsmäßiger Hehlerei zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt und sofort verhaftet. Die mitangeklagte Ehefrau des Wirtes wurde freigesprochen.- Der Wirt kommt auch als Mittäter bei dem Diebstahl der großen Zuckermengen im Lehrbienenstande der Landwirtschaftskammer in Frage und wird wegen dieser Tat demnächst abgeurteilt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 4. Februar 1917
Die Schulen wegen Kohlemangels geschlossen. Wie uns Herr Schulrat von Baedorf mitteilt, bleiben sämtliche Volksschulen, die städtischen höheren Schulen und die Fortbildungsschule diese ganze Woche wegen Kohlemangels geschlossen.
Wie macht man Steckrüben durch Darren haltbar? Um auf viele Monate hinaus Steckrüben haltbar zu machen, genügt es, den Rüben den Wassergehalt zu entziehen. Das ist auf verschiedene Weise leicht und für jedermann möglich. Die Rüben sind zu putzen, zu schälen und in ziemlich kleine Scheiben zu schneiden. Diese Scheiben lege man zum Trocknen auf Hürden und diese sind auf den Ofen, den Herd oder die Zentralheizvorrichtung zu stellen. So ist es ohne besondere Ausgaben möglich, nebenher das Trocknen zu besorgen.
Die Hürden kann jeder sich selbst sehr leicht, z. B. aus alten Kisten, in die ein Rahmen mit einer alten Gardine oder sonstigen alten, durchlässigen Zeug oder durchlochten Brettern oder Draht eingespannt wird. Es kommt nur darauf an, daß die Hitze an die zu trocknenden Steckrüben gelangt.
Außerdem ist das Trocknen auch möglich, indem man die in Scheiben geschnittenen Steckrüben auf Fäden in der Art einer Wäscheleine in erwärmten Räumen aufspannt. Es ist darauf zu achten, daß die Scheiben wirklich genügend ausgetrocknet werden, denn je trocknet, desto haltbarer sind sie. Die getrockneten Scheiben oder Schnitzel müssen knusperig hart sein. Man rechnet, daß aus 100 Pfund Roh-Steckrüben, wenn sie sachgemäß gedorrt sind, etwa 9 bis 10 Pfund Trockenware hergestellt wird, weil etwa 90 v. H. Wasser verdunsten sollen. In Wirklichkeit geht natürlich durch das Trocknen nichts an Wert verloren, denn den vollen Wasserverlust nimmt später das Trockengut, das vor dem Kochen einzuweichen ist, innerhalb kurzer Zeit sofort wieder auf. Auch geht bei richtigem Trocknen der Rüben an Geschmack und Gehalt nichts verloren. Die getrockneten Rüben müssen in trocknen Räumen, und zwar am besten in aufgehängten Beuteln aus luftdurchlässigem Stoff, aufbewahrt werden.
Saure Steckrüben einzulegen. Die Steckrübe wird in Scheiben geschnitten, abgeschält und fein geschnitzelt. Dann lege man die Schnitzel in ein sauberes Faß oder einen Steintopf, mischt Salz darunter und stampft oder drückt sie so fest wie möglich. Bei Fässern benutzt man hierfür eine hölzerne Keule. Man kann nach Gefallen auch Pfefferkörner, Wacholderbeeren oder Kümmel zwischen streuen. Auf die Füllung legt man oben ein seidenes Tuch und darüber einen anschließenden Holzdeckel, den man am besten mit einem Stein beschwert. Zunächst stelle man das Gefäß in einem warmen Raume auf, bis die Masse stark in Gärung übergegangen ist. Hinterher muß es in einem luftigen und kühlen Raume aufgestellt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kein Achtuhr-Ladenschluß für den Handel mit Tabakerzeugnissen. Man schreibt uns: Der Verein aller Tabakinteressenten hatte an den Minister für Handel und Gewerbe eine Eingabe gerichtet, in der darum gebeten wurde, auch den Tabakhändlern ebenso wie den Lebensmittelhändlern zu gestatten, ihre Geschäfte bis 8 Uhr abends offen zu halten. Die Eingabe wies darauf hin, daß bisher in allen Verordnungen, bei denen es um eine Beschränkung der Verkaufszeit handelte, der Zigarrenhandel den Lebensmittelgeschäften gleichgestellt wäre. Da erfahrungsgemäß der Umsatz in den Geschäften des Tabakhandel in der Stunde zwischen 7 und 8 Uhr abends den größten Umfang des ganzen Tages erreicht, würden zahllose mittlere und kleinere Existenzen durch den Siebenuhr-Ladenschluß eine schwere Schädigung erleiden. Auf die Eingabe ist seitens des Ministers ein ablehnender Bescheid erteilt, da Zigarrengeschäfte nicht zu den Verkaufsstellen gehörten, in denen im Sinne der Bekanntmachung über die Ersparnis von Brennstoffen und Beleuchtungsmitteln der Verkauf von Lebensmitteln betrieben wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Victoriabad. Wie es heißt, soll das Victoriabad wegen Einschränkung des Kohleverbrauchs geschlossen werden. Auch Köln hat vor einiger Zeit das Hohenstaufenbad aus demselben Grund geschlossen, jedoch hat man die Badeanstalten in der Fleischmengergasse offen gehalten, um den weniger bemittelten Bürgern nicht die Wohltat eines Bades zu nehmen. Da wir hier in Bonn nur über eine Badeanstalt verfügen, wäre zu erwägen, wenigstens die Brausebäder und eventuell auch die Wannenbäder in der Folge offen zu halten, um namentlich der Arbeiterbevölkerung die Wohltat eines Reinigungsbades nicht zu nehmen. Die Schließung der großen Schwimmhallen, die naturgemäß in der jetzigen Zeit weniger Besucher aufzuweisen haben, würde schon eine erhebliche Kohleersparnis bedeuten. Ein Badegast.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
„Auf dem Römerplatz“. Dieser Ausdruck gilt jedem Bonner Bürger als öffentliche Brandmarkung als schlechter Zahler und aus diesem Grunde hat unser humanes Zeitalter die Zwangsverkäufe für Möbel in den letzten Jahren in die Pfandkammer verlegt. – Umso mehr Aufsehen erregte ein heute um die Mittagszeit auf dem belebten Römerplatz [heute: Remigiusplatz] abgehaltener Zwangsverkauf durch städtische Vollziehungsbeamte. Der Stadtverwaltung dürfte das Volksgefühl doch wohl noch bekannt sein und sie hätte allen Grund, in dieser schweren Zeit ihre Zwangsmaßnahmen zur Beitreibung von Steuern nicht öffentlich zur Schau zu stellen. – Das zahlreich erschienene Publikum gab denn auch bei dieser Gelegenheit seinem Gefühl in für die Stadt wenig schmeichelhafter Weise zum Ausdruck.
Hoffentlich tragen diese Zeiten dazu bei, daß solche häßlichen mittelalterlichen Zustände in unserer schönen Stadt endgültig verschwinden. J. S.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Montag, 5. Februar 1917
Kartoffelbestandsaufnahme am 1. März. Für den 1. März ist eine Aufnahme der Kartoffelvorräte angeordnet worden. Wie das Kriegsernährungsamt mitteilt, ist die Vorratserhebung eine allgemeine, sie erstreckt sich sowohl auf die auf dem Lande bei den Erzeugern wie in den Städten bei den Verbrauchern befindlichen Kartoffelvorräte. Die Vorratserhebung ist als Unterlage für die in der Frage der Kartoffelversorgung zu treffenden Entschließungen unerlässlich. In unmittelbarem Anschluß an die Bestandsaufnahme findet eine Nachprüfung der angezeigten Mengen innerhalb der Kommunalverbände durch beauftragte Sachverständige statt. Diese Nachprüfung wird in ähnlicher Weise vorgenommen werden, wie sie im Anschluß an die Bestandsaufnahme für Getreide angeordnet ist. Zur Erreichung eines zuverlässigen Ergebnisses wird der Schwerpunkt der Kartoffelbestandserhebung in diese, unmittelbar an die Erhebung sich anschließende Nachprüfung zu legen sein. Die Vertrauensmänner und örtlichen Kommissionen, welche bei der Nachprüfung der Getreidebestandserhebung mitzuwirken haben, werden daher auch für die Nachprüfung der vom Einzelnen angezeigten Kartoffelmengen in umfangreicher Weise hinzugezogen werden. Es ist die Pflicht jedes Einzelnen, die von ihm erforderten Anzeigen über die Kartoffelvorräte mit größter Gewissenhaftigkeit zu erstatten.
Die Kälte. Vergangene Nacht wurden in Bonn 18½ Grad Celsius Kälte gemessen. Die kälteste Nacht war bisher die vom letzten Freitag auf Samstag mit 22,1 Grad.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Explosion. In einer Wasch- und Bügelanstalt am unteren Rheinwerft [heute Fritz-Schroeder-Ufer] wurde heute morgen eine mehrere Zentner schwere Herdplatte, auf der etwas hundert Bügeleisen standen, unter lautem Knall in die Höhe getrieben, und in Stücke gerissen. Durch die herumfliegenden Funken wurde eine große Menge teils sehr wertvoller Haushaltswäsche in Brand gesetzt. Von dem im Bügelzimmer anwesenden Personal wurde glücklicherweise Niemand verletzt. Man nimmt an, daß der Unfall durch Explosion eines Sprengkörpers entstanden ist, der sich in den Kohlen befunden hat. Der angerichtete Schaden ist nur teilweise durch Versicherung abgedeckt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Lichtbildervortrag. Herr Beigeordneter Piehl wird den angekündigten Lichtbildervortrag über die Nahrungsmittelversorgung der Stadt Bonn in der Kriegszeit Mittwoch, den 14. d. M., abends 8 Uhr, in der Lese halten. Der Vortrag soll jedermann zugänglich sein; Damen und Herren ohne Unterschied der Parteien sind willkommen. Besonders erwähnt sei noch, daß während der Versammlung kein Wirtschaftsbetrieb stattfindet, Getränke also nicht verabreicht werden.
Ist das Zufrieren des Rheines zu erwarten? Diese Frage legen sich zurzeit tagtäglich viele vor, die den gewaltigen Strom in seiner ganzen Breite mit mächtigen Eisschollen bedeckt sehen. Die Schiffer namentlich sind an dieser Frage besonders interessiert. Diese selbst aber sind der Ansicht, daß mit einem baldigen Stellen des Rheineises noch lange nicht zu rechnen sei. Der immer noch recht erhebliche Wasserstand läßt bei dem starken Strom des Wassers ein Stellen und Gefrieren des Eises vorerst nicht zu. In all den seltenen Fällen, wo der Rhein einmal völlig zufror, war der Wasserstand weit niedriger.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 6. Februar 1917
Handels- und Gewerbeverein. [...] Zu der vorgesehenen Aussprache über Abhilfe de Kleingeldmangels wurde ein Schreiben des Oberbürgermeisters vorgelesen, worin den Gewerbetreibenden der bargeldlose Zahlungsverkehr dringend empfohlen wird. [...] Handelskammersyndikus Dr. Uhlitzsch führte den Kleingeldmangel auf die Abwanderung in die besetzten Gebiete, das notwendige Zurückhalten größerer Barmittel in den Haushaltungen, aber auch auf das Hamstern von Geld, namentlich von Silbergeld, zurück. Zur Abhilfe des Kleingeldmangels könnten die Gemeinden Geld prägen lassen, die großen gewerblichen und Handelsunternehmungen Gutscheine ausgeben. In einer Aussprache der Handelskammer mit Vertretern der beteiligten Kreise sei angeregt worden, die Stadt Bonn, der Landkreis Bonn und der Siegkreis möchten Metallgeld ausgeben. Ein Ausschuß solle die Sache weiter bearbeiten. [...] U. a. wurde empfohlen, auf der Straßenbahn Zehnerkarten zu lösen. Es wurde beschlossen, in einer Eingabe an die Stadtverwaltung um die Ausgabe von Ersatzmünzen für 50- und 5-Pfennig-Stücke zu bitten.
Es wurde dann noch die Einschränkung der Schaufensterbeleuchtung dringend empfohlen und angeregt, daß auch die Lebensmittelgeschäfte um 7 Uhr schließen sollten. Auf Klagen über Zeit- und Arbeitsverlust der Lehrlinge durch den Besuch der Fortbildungsschule wurde erwidert, daß die Schule gerechtfertigte Urlaubsgesuche in weitestgehendem Maße berücksichtige und daß bisher im ganzen deutschen Reiche noch keine einzige Fortbildungsschule vollständig geschlossen habe.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Städtische Viktoriabad bleibt, wie wir hören, von heute ab bis auf weiteres geschlossen. Eine amtliche Ankündigung liegt hierüber noch nicht vor, jedoch erfahren wir zuverlässig, daß die zuständigen Ausschüsse gestern nach eingehender Beratung sich dahin schlüssig gemacht haben, daß der Betrieb des Viktoria-Bades völlig eingestellt werden soll. In Köln ist das Hohenstauffen-Bad zwar gleichfalls geschlossen worden, aber man hat dort immer noch Gelegenheit, in der Badeanstalt in der Fleischmengergasse Bäder zu nehmen.
Da wir in Bonn als Lazarettstadt auf die Körperpflege besonderen Wert legen müssen, so wird der Entschluß, unser Viktoria-Bad zu schließen, vielerseits mit lebhaftem Bedauern aufgenommen werden. Das Viktoria-Bad ist während des Krieges namentlich für die aus dem Felde heimkehrenden Urlauber, sowie für viele in den Lazaretten befindlichen genesenden Offiziere und Mannschaften von reichem Segen gewesen, ebenso haben die Bürger, namentlich in der Frostzeit, wo die häuslichen Badegelegenheiten eingefroren sind, […] im Viktoria-Bad eine willkommene Badegelegenheit gefunden.
Der Verkehr im Viktoria-Bad hatte sich in der Kriegszeit ungefähr so gestaltet, wie er im Eröffnungsjahr des Viktoria-Bades vor 11 Jahren beobachtet wurde. Hoffen wir, daß der Kohlenmangel, der wohl als Hauptgrund für die derzeitige Schließung des Viktoria-Bades gelten darf, bald behoben ist, sodaß die für viele unentbehrliche bürgerliche Reinigungsanstalt für sie und nicht zuletzt auch für die Freunde des Schwimmsportes bald wieder ihren Betrieb eröffnen kann.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der weibliche Konzertmeister in Bonn. Der weibliche Konzertmeister ist auch eine Begleiterscheinung des Krieges, der so viele männliche „Vorgeiger“ zu den Fahnen gerufen hat, wenn auch in Friedenszeiten in unseren ersten Orchestern immer schon Damen an hervorragender Stelle tapfer und verdienstlich mitgegeigt oder die Harfe gezupft haben. Die ausgezeichnete Kölner Virtuosin Terese Sarata wirkt in den vom städtischen Kapellmeister Sauer in Bonn geleiteten Sinfoniekonzerten als erste Konzertmeisterin. Wozu sie sich mit ihrem eminenten Können, großen Ton und starken rhythmischen Nerv auch zweifellos ganz besonders eigne. Da auch im Kölner städtischen Orchester ein Konzertmeister fehlt, sollte Köln dem Beispiel Bonns folgen, das heißt Frl. Sarata neben Herrn Walder und zu dessen Vertretung beschäftigen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 7. Februar 1917
Eine neue Verordnung für den Bezirk des 8. Armeekorps? Wie verlautet, steht eine neue Verfügung des stellv. kommandierenden Generals des 8. Armeekorps in Aussicht, wonach infolge Kohlenmangels von morgen (Donnerstag) ab alle Theater, Kinos, Schulen, Hochschulen und Museen geschlossen bleiben sollen. Nach dieser Verordnung sind die Wirtschaften um 10 Uhr abends zu schließen. An hiesiger amtlicher Stelle liegt die Verfügung allerdings noch nicht vor, auch ist sie dem Wolff’schen Telegraphenbureau bis heute nachmittag noch nicht zur Weiterverbreitung übergeben worden. Wir geben deshalb die Meldung zunächst unter Vorbehalt.
Heraus mit dem Gold! Bei der Goldankaufstelle Bonn-Stadt sind bisher 2844 Einlieferungen im Gesamtwerte von 94.800 Mark erfolgt. Dank allen Abliefern. Die Zahlen beweisen aber, daß nur ein geringer Teil der vorhandenen Goldsachen abgeliefert sein kann.
Jede goldene Kette, jeder Edelstein kann dem Vaterlande von großem Nutzen sein, darum bringt Euer Gold und Eure Juwelen. Ihr erhaltet den vollen Goldwert für Eure Goldsachen; die Juwelen werden zu hohem Preise ans Ausland verkauft.
Es gilt, den wirtschaftlichen Sieg für Deutschland zu erkämpfen. Da muß jeder nach Kräften mithelfen, sich nicht kleinlich an Schmuck hängen, der einzeln genommen in dieser schweren Zeit nur eitler Tand, in seiner Gesamtheit für das Reich von großem Nutzen wird. Was ist der Goldschmuck angesichts der Größe dessen, was für das Vaterland auf dem Spiele steht. In anderen Städten strömt die Bevölkerung scharenweise zur Goldankaufstelle und opfert freudig Uhren, Ketten, Broschen und Ringe. Die ausgezahlten Summen sind in kleineren Plätzen wie Bonn erheblich höher, deshalb ergeht nochmals die Aufforderung, alles Gold dem Vaterlande zur Verfügung zu stellen, das es notwendig braucht.
Bonn muß mit in vorderster Reihe marschieren.
Also nochmals dringend
heraus mit dem Gold.
Auf dem Bonner Wochenmarkt hatten sich auch gestern wieder nur etwa fünf bis sieben Verkäuferinnen eingefunden. Außer Zwiebeln und Sellerieknollen waren auch einige Körbe mit Rosenkohl, Sprutengemüse, Krauskohl und Kohlrabien vorhanden. Die Waren fanden selbstverständlich flotten Absatz. Die Preise, die gegenwärtig für Gemüse gezahlt werden, sind sehr hoch.
Au dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren gestern die Zufuhren etwas besser als Ende der vorigen Woche, aber immer noch verhältnismäßig sehr klein. Im ganzen waren etwa 20 Verkäuferinnen erschienen, die ihre Waren in kurzer Zeit an die zahlreich anwesenden meistens auswärtigen Händler verkaufen konnten. Auch hier waren unter anderem verschiedene Körbe mit Krauskohl, Rosenkohl und Sprutengemüse zum Verkauf ausgestellt.
Der städtische Gemüseverkauf nachmittags auf Marktplatze erfreut sich immer noch eines recht regen Zuspruchs. Die Auswahl in Gemüse wird auch hier leider von Tag zu Tag kleiner. Beim städtischen Fischverkauf im Gebäude Franziskanerstraße Nr. 8 waren gestern außer Hamburger und anderem Rauchfisch zu je zwei Mark das Pfund noch gesalzene Schollen zu 60 Pfg. und gewässerter Stockfisch zu 1.20 Mark das Pfund zu haben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hohe Gemüsepreise. Augenblicklich sind die Gemüsepreise auf dem Wochenmarkt derart hoch, daß es einer Bürgersfrau nicht möglich ist, die geforderten Preise zu bezahlen. Gestern morgen bezahlten auswärtige Händler für Rosenkohl 80 Pfg. und 1 Mark, für Sprutengemüse 40 und 50 Pfg., für ein Stück Breitlauch 20 Pfg., und auch die übrigen Sachen waren alle schrecklich teuer. Zu was haben wir denn Höchstpreise, wenn Jeder machen kann was er will. Wenn der Händler schon 1 Mark für das Pfund Rosenkohl bezahlt, was muß dann erst derjenige dafür bezahlen, der dieses Gemüse später von dem Händler kauft? Es wäre wirklich an der Zeit, daß die Behörde einmal nach dem Rechten sieht, denn derartige Phantasiepreise kann doch Niemand bezahlen. Eine alte Gastwirtsfrau aus Bonn.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der Vorstand des Rheinisch-Westfälischen Sparkassen-Verbandes, der am 3. cr. in Köln getagt hat, faßte den einstimmigen Beschluß, den Verbandkassen dringend davon abzuraten, während der Kriegsdauer eine Zinsfuß Erhöhung für Spareinlagen vorzunehmen.
Die Nachmusterung der nicht gedienten im wehrpflichtigen Alter stehenden Kriegsunbrauchbaren findet für den Landkreis Bonn am 16., 17., 19., 20., 21. und 22. Februar im Drei-Kaiser-Saal zu Bonn statt. Die Gestellungspflichtigen werden durch besonderen Befehl zum Erscheinen aufgefordert.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 8. Februar 1917
Liberaler Bürgerverein. Der für den nächsten Mittwoch angekündigte Lichtbildervortrag des Herrn Beigeordneten Piehl über die Nahrungsmittelversorgung der Stadt Bonn in der Kriegszeit muß infolge der gegenwärtigen Heizverhältnisse vorläufig auf Anfang März verschoben werden.
Mit der Heimbeförderung von Leichen gefallener oder im Felde gestorbener Kriegsteilnehmer sind sowohl für die militärischen Stellen als auch für die Eisenbahnen – namentlich in den besetzten feindlichen Gebieten – erhebliche Schwierigkeiten verbunden. Diese würden eingeschränkt werden, wenn die Leichenüberführungen nach Möglichkeit bis nach Beendigung des Krieges zurückgestellt würden. Um den Hinterbliebenen hierzu einen Anreiz zu bieten, ist in Aussicht genommen, auf diejenigen Leichensendungen, die erst nach dem Kriege zur Aufgabe und Beförderung gelangen, während eines angemessenen, später festzusetzenden Zeitraums eine Frachtermäßigung von 50 v.H. zu gewähren.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zehntägiger Betriebsschluß für Theater, Kino, Schulen usw. Der Gouverneur der Festung Köln macht bekannt, daß mit Rücksicht auf die Stockung in der Kohlenzufuhr im Befehlsbereich der Festung Köln vom 8. bis einschließlich 19. d. M. die öffentlichen Theater, Lichtspielhäuser, Konzert- und Versammlungssäle und Museen, sowie sämtliche Schulen einschließlich der höheren und Hochschulen geschlossen werden. Ferner wird für alle Gast- und Schankwirtschaften die Polizeistunde auf 10 Uhr abends festgesetzt.
Schließung der Universität. Durch Anschlag am Schwarzen Brett macht der Rektor bekannt, daß die Universität bis einschließlich 19. ds. Mts. Geschlossen bleibt. Die Verwaltungsräume bleiben für den Verkehr geöffnet.
Straßenbahnfahrgäste und Kleingeld. Die Fahrgäste sind vielfach der irrigen Ansicht, das Schaffnerpersonal müsse stets genügend Kleingeld zum Wechseln auch größerer Stücke und Scheine mit sich führen. Dies ist nicht der Fall. Fordern dann der Schaffner oder die Schaffnerin den Fahrgast auf, den Wagen zu verlassen, so wird vielfach versucht, Schaffner oder Schaffnerin für Nachteile verantwortlich zu machen. Auch dies ist nicht richtig. Eine Verpflichtung der Straßenbahn, Personen zu befördern, die den Fahrpreis nicht bezahlen können, besteht nicht, ebensowenig eine Pflicht, das Geld zu wechseln.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verkehr mit Heizmitteln. Bis auf weiteres ist der Bezug von Kohlen, Koks und Briketts denjenigen, die noch für mindestens 14 Tage mit Heizmitteln versorgt sind, verboten. Die Kohlenhändler sind verpflichtet, bei Abgabe von Kohlen, Koks und Briketts darauf zu achten, daß der Verbraucher keine größere Menge erhält als diejenige, die seinen Bedarf auf drei Wochen deckt. Ausnahmen sind nur mit schriftlicher Genehmigung des Oberbürgermeisters zulässig.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 9. Februar 1917
Vaterländischer Hilfsdienst für Frauen in Bonn. Die von den Frauenvereinigungen Bonns unter Leitung des Herrn Dr. Krantz eingerichtete Anmeldestelle für den vaterländischen Hilfsdienst für Frauen im Saale Schmitz, Burbacherstraße 33, muß vorläufig geschlossen werden, da die Königliche Geschoßfabrik mitgeteilt hat, daß zurzeit keine weiblichen Arbeitskräfte für die Prüfungswerkstätte eingestellt werden können. So bald diese Verhältnisse sich geändert haben, wird die seinerzeit mit Genehmigung der Königlichen Geschloßfabrik eingerichtete Anmeldestelle wieder eröffnet und hierüber eine entsprechende Mitteilung gemacht werden. Denjenigen, die sich bereits für den Vaterländischen Hilfsdienst für Frauen zur Verfügung gestellt hatten, müssen die Papiere vorläufig leider zurückgesandt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Kälte hat immer noch nicht nachgelassen. Heute früh wurden im Innern der Stadt noch 13 Grad Celsius unter Null festgestellt. Der von dem Mondwechsel erhoffte Umschwung der Witterungsverhältnisse ist doch nicht eingetreten. Es scheint, als ob die Meteorologen diesmal Recht behalten sollten, die für die ganze Dauer des Februar feststehende kalte Witterung prophezeit haben. Hoffentlich hat der Himmel trotzdem recht bald ein Einsehen und die Kälte nachlassen wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eier. Leider blieben für die Nummern 3 und 4 keine Eier mehr übrig, sodaß es schon Dienstagmorgen früh überall hieß, Eier ausverkauft. Hoffentlich werden doch bei der nächsten Eierverteilung an erster Stelle die Nummern 3 und 4 berücksichtigt, welche diese Woche keine Eier erhielten. Eine Hausfrau.
Schutz den Ziehhunden. Trotzdem die Polizei vorschreibt, daß den Ziehhunden beim Anhalten des Fuhrwerks ein Brett als Unterlage dienen muß, kann man täglich beobachten, daß viele Ziehhunde, namentlich solche, die in Kohlenfuhrwerke eingeschirrt sind, ohne jede Unterlage auf der bloßen Erde liegen. Haben denn die Besitzer dieser Hunde, die ihnen doch helfen, ihr Brot verdienen, kein Herz für diese armen Tiere, die bei der starken Kälte fast zu Tode frieren? Wenn im Guten keine Aenderung in dieser Tierquälerei zu erreichen ist, dann kann nur rücksichtsloses Vorgehen der Behörde helfen. Ein Strafmandat hilft bei manchen Leuten mehr als alle Vernunftsgründe. Ein Tierfreund.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Zur Aushülfe bei der Frühjahrsbestellung und der Ernte wird sich infolge der mangelnden Arbeitskräfte in landwirtschaftlichen und gärtnerischen Betrieben eine stärkere Heranziehung der städtischen Schuljugend empfehlen. Die durchweg anerkennenden Zeugnisse der Landwirte über die bisherige Mitarbeit der Düsseldorfer Ernte-Hilfskommandos im vergangenen Jahre haben gezeigt, daß die Verwendung der städtischen Jugend auf dem Lande durchaus möglich und für beide Teile, Landwirt und Städter, von großem Nutzen sein kann. Die Landwirte haben das anfängliche Mißtrauen gegen die Ausdauer und Arbeitskraft der jugendlichen Städter bald überwunden, als sie erkannten, daß die Städter den festen Willen zeigten, die einmal in Angriff genommene Arbeit beharrlich durchzuführen und sich auch überraschend schnell an die ungewohnten körperlichen Anstrengungen gewöhnten. Für die Schuljugend aber ist es von unschätzbarem Vorteil, auf einige Wochen der Stadt entronnen zu sein und in der gesunden Landluft zu leben. Vielen Eltern dürfte es in jetziger Zeit eine große Erleichterung sein, ihre Kinder 4 – 6 Wochen lang ohne besondere Kosten gut untergebracht und gesund beschäftigt zu wissen. Diese Beschäftigung mit landwirtschaftlichen Arbeiten wird auch in vieler Beziehung zur Förderung des Verständnisses zwischen Städter und Landwirt beitragen können, was bei vielen jetzt auf beiden Seiten bestehenden unbegründeten Vorurteilen nur von Wert für das gesamte Volk sein kann. Schließlich muß besonders darauf hingewiesen werden, da nur junge Leute für Erntearbeiten in Frage kommen, die in ihren Ansprüchen auf Verpflegung und Unterkommen bescheiden und sich des Ernstes und der Anstrengungen der Landarbeit bewußt sind und die genügende körperliche Kraft wie auch gute Gesundheit besitzen. Geschlecht, Größe und Alter spielen eine viel geringere Rolle, als der feste Wille und die körperliche Zähigkeit. Ueber Einzelheiten sind die Behörden zu jeder Auskunft gern bereit.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 10. Februar 1917
Der Speisezettel der Kriegsküchen für die Woche vom 12. bis 18. Februar lautet:
Montag: Weiße Bohnensuppe mit Kartoffeln und Salzfleisch.
Dienstag: Möhren mit Kartoffeln.
Mittwoch: Gemüsesuppe mit Rindfleisch.
Donnerstag: Steckrüben mit Hämmchen.
Freitag: Hering mit Tunke und Pellkartoffeln.
Samstag: Graupen mit Pflaumen.
Sonntag: Grüne eingemachte Bohnen- mit Salzfleisch.
Beim Kauf einer Wochenkarte sind von den Lebensmittelkarten abzuliefern: die Fleischmarken in Höhe von 200 Gramm (8 Zehntel), die Fettmarke für die Woche und die Kartoffelmarke für die halbe Wochenmenge. Der Preis für eine Wochenkarte beträgt: in Klasse A und B für 1 Mittagessen 2,80 M., für ½ Mittagessen 1,40 M., in Klasse C 1 Mittagessen 3,50 M., ½ Mittagessen 1,75 M.
Städtischer Sportplatz. Die Eisbahn ist bis zum Eintritt der Dunkelheit und abends von 7 bis 10 Uhr geöffnet. Sonntag findet vor- und nachmittags Eislaufen mit Musik statt.
Die sonnigen Tage, welche den eiskalten Nächten folgen, geben unserer – überdies schulfreien – Jugend willkommene Gelegenheit, sich auf dem Eise zu tummeln. Der Sportplatz erfreut sich denn auch tagtäglich des besten Besuches. Nach Eintritt der Dunkelheit wird die tadellose Eisfläche immer neu gereinigt, um abends auch den vielen, welche tagsüber beschäftigt sind, einige Stunden der Erholung durch den Eislauf zu bieten. Die Meinung, daß das Städtische Elektrizitätswerk durch die Beleuchtung der Eisbahn belastet werde, ist nicht zutreffend. Die Beleuchtung erfolgt vielmehr durch das Elektrizitätswerk „Berggeist“ bei Brühl, das bekanntlich seinen Strom an Ort und Stelle hervorbringt und hierher leitet, ohne daß eine Beförderung von Brennstoffen in Frage kommt. Ein Widerspruch mit der Mahnung zur Sparsamkeit in der Beleuchtungsfrage besteht umso weniger, als die Gasleitung des Sportplatzes seit der Kohlenknappheit grundsätzlich unbenutzt bleibt. Es ist also durchaus zu begrüßen, daß die Möglichkeit, auch die Abende dem gesunden und kräftigenden Sport nutzbar zu machen, im weitesten Umfang geboten wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zum Lichtverbrauch auf dem städtischen Eisplatz. Von zuständiger Seite werden wir darauf aufmerksam gemacht, daß das elektrische Licht, das abends den Sportplatz erhellt, nicht vom hiesigen Elektrizitätswerk, sondern vom Berggeist Brühl geliefert wird. Da der Berggeist nur den Strom, nicht aber den Heizstoff liefert, wird also auch kein „Frachtraum für die Beleuchtung“ in Anspruch genommen; und da wir ferner in Deutschland keinen Kohlemangel, sondern nur Mangel an Transportmitteln haben, steht einer Benutzung des elektrischen Stroms von Brühl aus nichts im Wege, weil ja Brühl selbst das nötige Heizmaterial zu Tage fördert.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern etwas besser beschickt als an den Vortagen. Etwa 12 bis 15 Verkäuferinnen hatten sich eingefunden. Außer Zwiebeln, Breitlauch und Sellerieknollen war auch verhältnismäßig reichlich Rosenkohl, Sprutengemüse, Krauskohl und Kohlrabien sowie etwas Wirsing vorhanden. Trotz der gegenwärtig sehr hohen Gemüsepreise fanden die Waren flotten Absatz.
Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren gestern die Zufuhren wieder größer als anfangs der Woche. Im ganzen waren hier etwa 25 bis 30 Verkäuferinnen erschienen. [...] Leider wird das Gemüse usw. hauptsächlich von auswärtigen Händlern im ganzen aufgekauft, sodaß für unsere hiesigen Hausfrauen nur verschwindend wenig übrig bleibt. Der Verkauf war durchweg recht flott und der Markt schon früh wieder geräumt.
Der städtische Gemüseverkauf nachmittags auf dem Marktplatze und der städtische Fischverkauf tagsüber in der Franziskanerstraße erfreuen sich andauernd eines recht regen Zuspruchs. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ein Dank. Ueberall hörte man in dieser Woche Aeußerungen der Freude über die verhältnismäßig reichhaltige Ausgabe von Lebensmitteln, die Kartoffelknappheit und Kälte erleichtern helfen. Da an dieser Stelle zumeist Kritiken, Tadel, Vorschläge zu Wort kommen, dürfte doch auch mal einem warmen Ausdruck des Dankes für unser Lebensmittelamt hier Platz gegönnt sein. Hoffentlich zollen alle Hausfrauen dem hiermit ausgesprochenen Dank aufrichtigen Beifall, wenn sie bedenken, mit welche enormen Schwierigkeiten zu kämpfen ist und was es heißt, daß diese Waren für jeden Einwohner Bonns bereit sein müssen. In vielen Städten ist bekanntlich nicht annähernd so gut gesorgt. – Ueberhaupt das Danken! – Wohl wissen wir, daß der strenge Winter die harte Zeit sehr erschwert. Aber Tausende haben doch noch unendlich viel zu danken, wenn die Not der Zeit sie weniger berührt als Andere – wir Alle aber haben zu danken für das Größte, daß der Feind nicht im Lande und wir wohl behütet und geschirmt wohnen können. Sagen wir uns das immer wieder – es wird dann weniger geklagt und kritisiert – und dankbarer Sinn öffnet Herzen und Hände. Eine alte Hausfrau.
Kohlenverkaufsstelle im Norden. Die Armenverwaltung hat die schöne Einrichtung getroffen, daß sie Bedürftigen Brikett-Karten gibt. Nun ist aber im Norden unserer Stadt keine Verkaufsstelle, und von Rheindorf und vom Norden müssen die Leute bis in die Stadt, um Kohlen zu holen. Da die Zeit vieler Frauen sehr beschränkt ist, wäre es doch dringend zu wünschen, im Norden auch eine städtische Verkaufsstelle einzurichten, zumal sich ja in der Nordstraße eine Kohlenhandlung befindet. Vielleicht bedenkt die Stadt, wie kostbar die Zeit jetzt für arbeitende Frauen ist und errichtet in der Nordstraße eine städt. Verkaufsstelle für Briketts. Einige Kriegerfrauen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Straßenreinigung. In viele Fällen kommen die zur Straßenreinigung Verpflichteten ihrer Streupflicht gar nicht oder in ganz unzureichender Weise nach. Durch diese Unterlassung wird auch den Kindern das verbotene Anlegen von Eis- und Schlittenbahnen ermöglicht. Es entstehen daher nicht nur große Mißstände im Verkehr, sondern es werden auch die Fußgänger gefährdet. Der Oberbürgermeister weist daher erneut auf die genaue Beachtung der Bestimmungen hin, wonach die zur Straßenreinigung Verpflichteten gehalten sind, eine durch Frost oder Schneefall herbeigeführte Ungangbarkeit oder Glätte der Bürgersteige durch Bestreuen mit Asche, Sand oder dergleichen oder mittelst Abschaufeln des Schnees alsbald oder falls der Frost oder Schneefall während der Dunkelheit eingetreten ist, sobald es hell wird, zu beseitigen.
Spielerlaubnis. Nach einer nochmaligen Prüfung ist den Kinos und den beiden Varietes Erlaubnis erteilt, heute den 10. und morgen den 11. Februar bis abends 10 Uhr zu spielen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 11. Februar 1917
Städtisches Gymnasium und Realgymnasium. Der Direktor entbietet Lehrer und Schüler des Gymnasiums „zur Erteilung bezw. zum Empfang von Anordnungen und Ratschlägen für die Ausnutzung der bis 19. d. M. verlängerten Notferien“ auf Montag mittag 12 Uhr in das Schulgebäude.
Gesellschaft für Literatur und Kunst. Die für diesen Monat geplanten Veranstaltungen, Vortrag wie Ausstellung, können infolge der Zeitverhältnisse nicht stattfinden. Wenn möglich, soll der nächste Vortrag am 9. März gehalten werden. Der Vertreter der neueren Geschichte an der Berliner Hochschule, Geheimrat Friedrich Meinecke, wird über „Geistige und soziale Wandlungen im deutschen Volksleben seit 1871“ sprechen.
Steckrüben. Das städtische Lebensmittelamt teilt mit: In dieser Woche werden auf Warenkarte 196 sechs Pfund Steckrüben und außerdem für Schwerarbeiter auf Warenzusatzkarte 9 weitere drei Pfund Steckrüben abgegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Was die Kriegsküche an der Maxstraße diese Woche gekocht hat, - hat es wohl allen Besuchern geschmeckt? Wir können es mit einem „Ja!“ beantworten und betrachten noch einmal den Speisezettel für diese Woche, um Abschied zu nehmen von der Gemüsesuppe, Nudeln mit Mischobst, Pichelsteinerfleisch, Steckrüben mit Hämmchen, Graupensuppe, Rotkohl mit Schmorbraten, dem wir leider am gestrigen Samstag zurufen mußten: „Schmorbraten wo bist Du?“ – Er gab keine Antwort! Sicherlich hat sich mancher auf dieses vornehme Gericht gefreut, „aber“ und „wenn“, ja wenn’s nicht die beiden Wörtchen gäbe – wär doch alles vollkommen auf unserer lieben Mutter Erde – und sicherlich auch die Kriegsküchen der Stadt Bonn.
Mit einigen Soldaten aus dem Felde, die ebenfalls von der Kriegsküche an der Maxstraße aßen, kam ich in ein Gespräch, das auf ein Lob der Gemüsesuppe endete. Dem gegenüber ein unerfreuliches Bild: Ein junger Mann, dem das Essen am Montag anscheinend nicht mundete, schüttete den ganzen Inhalt unter die Bank. Vielleicht wird er einmal draußen im Felde recht an das Ausschütten der Gemüsesuppe zurückdenken!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 10. Februar. Die abnorme und anhaltende Kälte hat zwischen den Krippen des diesseitigen Rheinufers großzügige Eisbahnen geschaffen, auf denen gegenwärtig dem Schlittschuhlaufen viel gehuldigt wird. Die Wasserleitungen in den Wohnhäusern haben in der jetzigen Frostperiode überaus stark gelitten. Trotz angewandter Schutzmittel und sorgsamer Behandlung ist das Eingefrieren der Leitungen zu einem allgemein gehörten Klagelied geworden. Viele Haushaltungen müssen weite Wegstrecken machen, um ihren Wasserbedarf aus anderen Häusern sich heimzuschleppen. In der evangelischen Kirche mußte am verflossenen Sonntag der Frühgottesdienst ausgesetzt und der Hauptgottesdienst in den Saal des Gemeindehauses verlegt werden, weil die strenge Kälte Störungen in die Zentralheizung der Kirche gebracht hatte. Die höheren Schulen und die Volks-Schulen, Konzert- und Versammlungssäle usw. sind auch hier am verflossenen Donnerstag bis auf weiteres wegen Kohlenmangels geschlossen worden. Der durch die Anordnung des Generalkommandos verfügte Zehnuhrschluß der Wirtschaften hat für die Bürgermeisterei Godesberg insofern keine Bedeutung, als hier der Zehnuhrschluß für die Wirtschaften aller Art seit Neujahr eingeführt ist. Bei der großen Knappheit an Brennstoffen hat der Bürgermeister neuerdings die öffentliche Aufforderung an die Bevölkerung gerichtet, sich nicht reichlicher mit Heizmaterial zu versehen, als es dem Bedarf für acht Tage entspricht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Montag, 12. Februar 1917
Zur Kartoffelversorgung. In der laufenden Woche werden wieder 3 Pfund Kartoffeln an jede bezugsberechtigte Person abgegeben, Schwerarbeiter erhalten 7 Pfund.
Das Treibeis auf dem Rhein zieht dem Wasser gleich in ununterbrochenem Strome an unserer Stadt vorbei. Dabei ist die Masse des Eises und die Beschaffenheit der Schollen vielfach wechselnd; heute treiben mächtige Eisfelder dahin, die kaum noch die weiten Oeffnungen zwischen den Pfeilern der Brücke nehmen können, an anderen Tagen sind es wieder die kleinen Schollen, die durch das fortwährende Kreisen und die Reibung unter sich fast kreisrund geworden sind und die alle aus Mahleis einen Rand, gleich den Blättern der Viktoria regia in den Gewächshäusern des botanischen Gartens, tragen. Jetzt sammelt sich der Eisstrom am linken, dann am rechten Ufer; bald sind die Schollen gleichmäßig über die ganze Breite des Flusses verteilt. Einige Schollen sind erdschmutzig; sie verraten dadurch die Herkunft fast aller anderen. Es ist aufgetriebenes Grundeis, das einen Teil des Bodens mitgerissen hat. Eigentliches festes Scholleneis treibt noch gar nicht auf dem Strome; das kommt erst, wenn warmer Tauwind aus Süd die Nebenflüsse des Rheines und seine Nebenarme vom Eise befreit.
Das treibende Eis hat uns interessante Bilder aus der Vogelwelt beschert. Die Enten sind wie zu Hause, auf und neben den Eisschollen zwischen hier und Beuel. Zu hunderten lassen sie sich zu Tal vom Eise tragen, aber nur bis zur Brücke, dann streichen sie ab, heben sich wenig über den Fluß, schießen mit weit vorgestrecktem Halse stromauf und fallen dort wieder auf das Wasser. Das treibt und fliegt und taucht in einem fort. Auch eine Anzahl Wasserhühnchen haben ihr Jagdgebiet jetzt in das Weichbild unserer Stadt verlegt. Kohlschwarz liegen sie hier, dort drüben zwischen dem weißen Eis auf dem Wasser; noch sah man deutlich die schwarzen Punkte; dann ist auf einmal das erste, zweite, dritte, sind alle verschwunden, wie weggeblasen. Dann taucht das erste, zweite – dritte zwischen den Schollen wieder auf, um bald wieder verschwunden zu sein. Selbst die Krähen verschmähen nicht eine Fahrt auf dem Eise; ernsthaft sitzen sie hier und da auf einer Scholle und lassen sich treiben. Der Möwen sind mehr innerhalb der Stadt geworden; in reizvollem Spiel gehen sie ihrer Nahrung an den Ausgangsstellen der Kanäle nach, deren Wasser und Abfallstoffe sich in schmutzigen Wolken zwischen die klare Flut mengen.
Ein gefahrvolles Spiel treibt unsere Jugend auf dem Saumeis der Ufer, hier sowohl wie in Beuel. Gar zu leicht ist der brüchige Rand des Eises im Bahnschlagen erreicht und dann sitzt der junge Körper im kalten Strom zwischen den unbarmherzigen Eisschollen, aus denen in den seltensten Fällen eine Rettung noch möglich ist.
Die strenge Kälte, die seit nunmehr drei Wochen ununterbrochen geherrscht hat, scheint nun endlich einer wärmeren Witterung Platz machen zu wollen. Während wir noch in der vergangenen Woche bei schönstem Sonnenschein mehrfach als höchste Temperatur 3 Grad Kälte hatten, stieg die Temperatur am gestrigen Sonntag im Stadtgebiet auf 3 Grad Wärme. Auch die Nachttemperaturen sind erheblich gestiegen. Heute früh 6 Uhr hatten wir im Innern der Stadt „nur“ noch 5 Grad Kälte, während wir in der vergangenen Woche bekanntlich Nachttemperaturen von 10 bis 14 Grad unter Null verzeichnen konnten. Hoffen wir, daß der Kriegswinter 1916/17, der uns noch lange im Gedächtnis bleiben wird, nun endgültig seine Herrschaft verloren hat.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ein Rohrbruch ungewöhnlicher Art entstand Sonntag nachmittag am Kaiserplatz vor dem Bahnübergang. Das Wasser sprudelte mächtig in 2-3 Meter Breite am Bordstein hervor, während die Zementplatten des Schrittweges von dem Druck des Wassers gehoben wurden. Da die Kellerlöcher an diesen Häusern dicht an der Erde liegen, so ergoß sich das Wasser in Strömen in die Keller der beiden Häuser, so daß die Feuerwehr zur Hülfeleistung herbeigerufen werden mußte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 13. Februar 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
Eine Kohlennot – richtiger eine Kohlenbeförderungsnot, denn eine Kohlennot im eigentlichen Sinne kann es im Deutschen Reiche mit seinen ungeheuren Kohlenvorräten nicht geben – ist nun auch in Bonn vorhanden. Sie ist auf die schwierigen Beförderungsverhältnisse auf der Eisenbahn und die durch das Treibeis verursachte Stillegung der Rheinschiffahrt sowie natürlich auch durch den starken Frost entstanden. Die Stadt Bonn hat eine Anzahl Maßnahmen getroffen, um dieser Not zu begegnen. In erster Linie ist selbstverständlich dafür gesorgt worden, daß die zahlreichen Lazarette und Krankenanstalten genügend geheizt werden können, und zwar ist für diesen Zweck bis auf weiteres sämtlicher Gaskoks zur Verfügung gestellt worden, so daß an Private kein Koks mehr verkauft werden kann. Ferner werden an Kriegsunterstützte und an die ärmere Bevölkerung monatlich bis 20.000 Zentner Briketts auf Gutscheine abgegeben. Dann hat die Stadt mit Hilfe des Kriegsamtes in Düsseldorf die Ladung eines Teiles der vor dem Treibeis in den Oberwinterer Hafen geflüchteten Kohlekähne beschlagnahmt. Die Kohlen von diesen Kähnen werden, da es in Oberwinter an den geeigneten Entladevorrichtungen fehlt, auf Laufstegen an Land getragen und durch hiesige Kohlenhändler auch mit Heereskraftwagen abgefahren. Die Kohlen werden durch die mühsame Arbeit und die schwierige Beförderung natürlich etwas teurer, aber die Hauptsache ist schließlich, daß es überhaupt Kohlen gibt. Verhandlungen mit dem Braunkohlesyndikat haben dazu geführt, daß mit Rücksicht auf die gefährdete öffentliche Wohlfahrt täglich ein besonderer Zug mit 200 Tonnen Ladung auf den Köln-Bonner Kreisbahnen nach Bonn geleitet wird. Der beste Bundesgenosse im Kampf gegen die Kohlenknappheit ist das mildere Wetter; wenn es anhalten oder der Frost ganz nachlassen sollte, so wird schon in wenigen Tagen die Kohlenversorgung ganz erheblich erleichtert werden. Wie groß bei der strengen Kälte der Kohlenverbrauch ist, kann am besten bei der Aschenabfuhr beobachtet werden; der Fuhrpark kann sie kaum noch regelmäßig bewältigen.
In der Stadt laufen wieder einmal die wildesten Gerüchte um, daß eine großer Teil der städtischen Kartoffel erfroren sein solle. Diese Gerüchte entbehren jeder Grundlage und können nur auf Böswilligkeit zurückgeführt werden. Die Kartoffeln in den städtischen Kellern und Mieten sind bisher glücklicherweise vom Frost nicht im geringsten beschädigt worden. Wenn aus den Verkaufsstellen ab und zu erfrorene Kartoffeln abgegeben werden, so liegt das vielfach nur an der mangelhaften Aufbewahrung. Das Lebensmittelamt ist dankbar, wenn solche Fälle gemeldet werden. Außerdem sind die Kleinhändler verpflichtet, erfrorene Kartoffeln gegen gute umzutauschen.
Die letzte Mitteilung des Lebensmittelamtes über den Verkauf von Steckrüben ist vielfach so aufgefaßt worden, als ob es in dieser Woche nur Steckrüben und keine Kartoffeln gäbe. Davon hat in der Mitteilung nichts gestanden, es gibt also auch diese Woche drei Pfund Kartoffeln. Schwerarbeiter erhalten noch vier Pfund besonders.
Das Kriegsernährungsamt hat in einer Mitteilung in der Presse angekündigt, in der nächsten Woche sollten die Fleischmengen von 250 Gramm auf 350 Gramm erhöht und außerdem noch besondere Fleischzulagen für Schwerarbeiter gegeben werden. Das Lebensmittelamt hat amtlich von dieser Erhöhung der Fleischmengen noch keine Kenntnis, es hält es jedoch wegen der bestehenden Verkehrsschwierigkeiten für ausgeschlossen, daß die Absicht des Kriegsernährungsamtes in absehbarer Zeit verwirklicht werden kann; es ist jetzt schon schwierig, das nötige Fleisch zu bekommen, in den letzten vierzehn Tagen hat die Stadt Bonn erheblich weniger als die ihr nach dem bisherigen Verteilungssatz zustehende Menge erhalten.
Bei den Kriegsküchen ist die Zahl der Teilnehmer in der letzten Woche um fast 1000 gestiegen. Rund 6300 Einwohner beziehen diese Woche aus den städtischen Kriegsküchen ihr Mittagessen. Die am stärksten benutzte Küche ist die in der Universität, nach ihr kommen die Küchen in Poppelsdorf und die in der Maxstraße.
Es wird viel darüber geklagt daß in den städtischen Verkaufsstellen die sog. städtischen Lebensmittel nicht in genügender Weise vorhanden sind. Die Schuld liegt nicht am Lebensmittelamt. Jeder Inhaber einer Verkaufsstelle erhält so viel Waren als er verkaufen kann. Sollte die überwiesene Warenmenge trotzdem nicht ausreichen, so ist der Geschäftsmann verpflichtet, sofort die fehlende Menge nachzufordern, sie wird ihm dann geliefert.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Hartgefrorene Kartoffeln, die sonst gesund sind, die also durch plötzliche Einwirkung eines Frostes von mehr als 5 Grad Kälte (Celsius) gefroren sind, können noch zu menschlicher Nahrung verwandt werden. Sie dürfen dann aber nicht erst zum Auftauen kommen, sondern müssen im gefrorenen Zustande in kaltem Wasser gewaschen und dann mit der Schale gekocht werden. Sie schmecken dann noch vorzüglich. Sind solche Kartoffeln in größerer Menge vorhanden, so müssen sie zum Gebrauch weiter dem Frost ausgesetzt bleiben; sie dürfen nicht auftauen, da dann sofort das Verderben beginnt.
„Bonner Brot“. Unter diesem Namen hat ein hiesiger Bäckermeister in den Jahren 1915 und 1916 ein markenfreies Brot herstellen und verkaufen lassen, das außer aus Gersten-, Mais- und Tapiokamehl auch aus wertlosen Stoffen wie Spelzstreu- und Fasermehl bestand. Die Strafkammer, vor der er sich gestern zu verantworten hatte, verurteilte ihn wegen Vergehens § 10, 2 des Nahrungsmittelgesetzes zu 1200 Mark Geldstrafe und verfügte die Veröffentlichung des Urteils. Das Gericht hat, wie in der Urteilsbegründung angeführt wurde, nur deshalb von einer Freiheitsstrafe abgesehen, weil der Angeklagte eine Zeitlang als Kriegsteilnehmer im Felde gewesen ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Landwirte sammelt die Fruchtstände des Rohrkolbens. Ein wertvolles Baumwollersatzmittel wird aus den zylindrischen Fruchtständen des Rohrkolbens gewonnen. Es ergeht daher an Jedermann die Aufforderung, sich an der Sammlung der Kolben zu beteiligen. Der Sammler macht sich dadurch um das Gemeinwohl verdient und hilft damit die Schmerzen lindern und die Wunden unserer Krieger zu heilen.
Der Zeitpunkt des Sammelns ist augenblicklich am günstigsten, da es bei dem starken Frost möglich ist, Teiche und Sümpfe ohne Gefahr zu betreten. Die Ernte der Kolben geschieht dadurch, daß sie einige Zentimeter unterhalb des Fruchtansatzes mit einem Messer abgeschnitten werden.
Nach der Ernte müssen die Kolben gründlich austrocknen, um sie vor dem Verderben zu schützen.
Zum Versand werden die Kolben wie Zigarren in Kisten verpackt. Der überflüssige Raum wird mit zusammengefaltetem Papier ausgefüllt, um sie vor dem Auseinanderfallen zu schützen.
Die Ablieferung der Kolben erfolgt bei den von den Bürgermeistereien eingerichteten Sammelstellen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 14. Februar 1917
Die Beratungsstelle für zeitgemäße Kleidung, welche sich zur Aufgabe setzte, in dieser schweren Zeit allen Frauen mit Rat und Tat zu dienen, begann ihre rege Tätigkeit am Münsterplatz und setzte sie in den unteren Räumen der Universität fort. Sie ist nunmehr vorläufig geschlossen worden, da die Räume benötigt wurden und außerdem eine städtische Annahme – und Ausgabestelle für getragene Kleidung an der Stockenstraße eingerichtet worden ist. Die Beratungsstelle erfreute sich eines regen Zuspruchs und sieht mit Genugtuung auf ihre Tätigkeit zurück. Den Damen, die in eifriger, liebenswürdiger Hilfeleistung das vaterländische Unternehmen unterstützten, sei an dieser Stelle warmer Dank gesagt.
Städtischer Sportplatz. Die Eisbahn ist heute bis zum Eintritt der Dunkelheit und abends von 7 bis 10 Uhr geöffnet. Nachmittags von 3 Uhr ab Musik.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Anzeigepflicht für Fleisch, Fleischwaren und Räucherwaren, die von auswärts bezogen werden. Der Oberbürgermeister macht in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt, daß alle Personen, die im Stadtkreis Bonn wohnen, verpflichtet sind, von auswärts bezogenes Fleisch, Fleischwaren, Räucherwaren von Fleisch, Würste, Speck, Butter, Margarine usw. zum 1. jeden Monats, erstmalig am 1. März d. J. der Preisprüfstelle für den Stadtbezirk Bonn anzugeben. Die früheren diesbezüglichen Verordnungen werden aufgehoben.
30 Gramm Butter werden in dieser Woche an jede bezugsberechtigte Person abgegeben.
Ein Aufruf an die Landwirte. Der Chef des Kriegsamtes, Generalleutnant Groener, hat unter dem 4. Februar 1917 verfügt, daß in sämtlichen Landgemeinden folgender Aufruf angeschlagen werden soll:
An die Männer und Frauen auf dem Lande!
Landarbeit ist vaterländischer Hilfsdienst. Unsere Brüder an der Front draußen und in den Fabriken daheim verlassen sich auf Euch! Seid stolz darauf! Wer um wenige Groschen Mehrverdienst vom Pfluge weg zur Stadt eilt, begeht Fahnenflucht! Haltet solche Weichlinge mit Vorbild und Wort zurück!
Mit deutschem Gruß
Groener, Generalleutnant, Chef des Kriegsamtes.
Umfangreiche Wasserleitungsschäden hat der ungewöhnlich starke und anhaltende Frost zur Folge gehabt. In den letzten Tagen war eine große Anzahl Rohrbrüche zu verzeichnen und täglich laufen noch Meldungen bei dem städtischen Wasserwerk über Störungen in der Wasserversorgung durch den Frost ein. In der Altstadt, auf dem Kaiserplatz, im Hofgarten, auf der Römerstraße und in den Vororten sind zahlreiche Arbeiter damit beschäftigt, die durch den Frost gesprengten Wasserleitungsrohre auszuwechseln. Am schwersten wurden am Sonntagnachmittag die Anwohner der Häuser Kaiserplatz Nr. 15 und 17 durch Wasserrohrbruch in Mitleidenschaft gezogen. Das Wasser drang in starken Strömen von der Straße aus in die Häuser ein und setzte in kurzer Zeit die Keller, die zu ebener Erde liegenden Zimmer, sowie die Hintergärten unter Wasser. Die Feuerwehr mußte über sieben Stunden angestrengt arbeiten, um des Wassers Herr zu werden. Nach Hunderten zählen die Haushaltungen, die durch Einfrieren der Leitungsrohre in der Wasserversorgung stark behindert sind. In der Doetschstraße sind fast sämtliche Hausleitungen zugefroren. Man sieht sich in die Kriegsjahre 1870/71 zurückversetzt, wo es noch keine Wasserleitungen gab, wenn man die vielen Frauen und Mädchen mit gefüllten Wassereimern und Kannen durch die Straße eilen sieht. Das Wasserwerk hat am Montagmorgen einen Sprengwagen ausgeschickt, um der Wassernot in etwa zu steuern, aber schon am Nachmittag mußte diese Art der Versorgung wegen Mangels an Pferdematerial wieder eingestellt werden. Da auch die vorhandenen Arbeitskräfte der Stadt bei weitem nicht ausreichen, um all die Wasserleitungsschäden bald zu beheben, so werden diejenigen Haushaltungen, die jetzt durch Rohrbrüche und Einfrieren der Leitungen in Mitleidenschaft gezogen sind, sich noch einige Zeit in das Unvermeidliche fügen und ihren Wasserbedarf bei der Nachbarschaft decken müssen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Sicherung der Wasserleitungen. Wenn demnächst Tauwetter eintritt, steigt die Gefahr der Frostschäden bei den eingefrorenen Wasserleitungen. Als Hauptregel zum Schutz merke man: Wo eine Wasserleitung eingefroren ist, stelle man das Hauptventil ab und halte das Rohr vor demselben genügend gegen Frost geschützt. Das Hauptventil ist auch noch mehrere Tage nach Eintritt des Tauwetters geschlossen zu halten. Das Hauptventil im Keller sollte nur morgens und abends je eine halbe Stunde unter persönlicher Aufsicht eines Verantwortlichen geöffnet werden, damit die Hausbewohner sich aus dem neben dem Keller befindlichen Entleerungshahn Wasser entnehmen können. Das Platzen der Rohre erfolgt bekanntlich vor allem deshalb, weil bei Witterungsveränderungen auch das Eis und Wasser sein Volumen in der Nähe des Gefrierpunktes ändert und dadurch die Bleileitungen auseinander treibt. Die entstehenden Rohrbrüche können erst in Wochen ausgebessert werden, denn es fehlt an gelernten Installateuren, auch an Material aller Art, Ersatzbleirohren, Lötzinn, Benzin oder Spiritus für die Auftauapparate, an Koks zum Austrocknen der Wände.
Vom Lande schreibt man uns: Die starke Kälte der letzten Wochen hat auf den Feldern keinen Schaden angerichtet, da die Saaten mit einer schützenden Schneedecke überzogen waren. Viel mehr fürchteten die Landleute in den letzten Tagen, in denen es tagsüber taut und nachts friert, um ihre Saat-, besonders ihre Weizenfelder. Wenn die Sonne am Tage die obere Erdschicht erwärmt, wird diese kaum merklich hochgehoben und bei eintretendem Frost zusammengezogen. Nun steht bei den jungen Saaten der Wurzelstock so tief im Boden, daß er von dieser Bewegung im Erdboden nicht in Mitleidenschaft gezogen wird, während das kleine Hälmchen mit hochgehoben wird. Dadurch findet eine Zerreißung des zarten Zellgewebes statt und kann dies, wenn dies häufiger sich wiederholt, eine vollständige Zugrunderichtung der jungen Weizensaat zur Folge haben. Der Landmann wünscht deshalb nicht sehnlicher, als einen durch keine Nachtfröste aufgehaltenen Witterungsumschlag.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 15. Februar 1917
Soldatenheim. Am vorletzten Sonntag gab der Bonner Männergesangverein Apollo den feldgrauen Besuchern des Soldatenheims ein wohlgelungenes Konzert. Die mit großem Beifall aufgenommenen Darbietungen des Gesangschors wurden durch die Lieder zweier Damen, die Lieder zur Laute eines Kölner Herrn und Gedichtvorträge eines Schülers sowie mehrerer Soldaten abwechselungsreich ergänzt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Alle Althändler, die ihre Lagervorräte an getragenen Kleidungs- und Wäschestücken, sowie Schuhen an die städtische Annahmestelle in der Stockenstraße verkaufen wollen, werden vom städtischen Bekleidungsamt aufgefordert, ihre Angebote eiligst einzureichen.
Daß ein Schnittchen mit einem Belag von Leberwurst nicht als ein Fleischgang im Hotelbetrieb anzusehen ist, ließ der Hotelbesitzer S. aus Bonn gestern zu einer richterlichen Entscheidung bringen. Laut einer Verordnung der Stadt Bonn vom 13. April 1916 dürfen auf der Speisekarte eines öffentlichen Wirtschaftsbetriebes in Bonn nicht mehr als sechs Fleischgerichte enthalten sein. Der Angeklagte S. hatte jedoch auf einer Abendkarte außer diesen örtlich erlaubten sechs Fleischgerichten auch noch Schnittchen mit Leberwurst verzeichnet und somit laut der Anklage das zulässige Höchstmaß um ein Fleischgericht überschritten. In der Verhandlung wurde jedoch dargetan und anerkannt, daß es eine irrige Auffassung sei, ein Schnittchen mit Belag von Leberwurst als ein ausgesprochenes Fleischgericht zu betrachten. Auf diesen Standpunkt stellte sich auch der Staatsanwalt. Es erfolgte für S. daher Freisprechung.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Säuglingsfürsorgestelle im Landkreise Bonn. Die Einrichtungen der Säuglingsfürsorge im Landkreise Bonn wurden im vergangenen Jahr um 4 weitere Beratungsstellen ausgebaut. Es fanden in 14 Gemeinden 322 Mütterberatungsstunden statt, welche von 1.207 Kindern mit 4.983 Gesamtberatungen in Anspruch genommen wurden. In verschiedenen Gemeinden ist die Säuglingssterblichkeit erheblich zurückgegangen. Mögen die Mütter auch im Jahre 1917 die Beratungsstunden recht fleißig besuchen! Allen, welche die Säuglingsfürsorge unterstützen, den Herren Aerzten und den ehrenamtlichen Helferinnen, sowie den betreffenden Privatpersonen, Vereinen usw. für die Ausstattung und Bereitstellung der Lokale herzlichen Dank!
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 16. Februar 1917
Die ersten Pfennigstücke aus Aluminium werden in diesen Tagen ausgegeben. Sie sind dicker als die Kupferpfennige, haben aber einen geringeren Durchmesser.
Als städtische Lebensmittel werden nächste Woche kochfertige Gemüsesuppe, Haferflocken, Graupen, Sauerkraut und Speck abgegeben.
Bierglasdeckel. Zu der Beschlagnahme, Bestandserhebung und Enteignung von Bierglas- und Bierkrugdeckeln aus Zinn veröffentlicht der Oberbürgermeister im Anzeigenteil dieser Zeitung die Ausführungsbestimmungen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Neue Einschränkungen im Eisenbahnverkehr. Zu den schon in den Verhandlungen des Haushaltsausschusses des preußischen Abgeordnetenhauses angekündigten weiteren Einschränkungen im Eisenbahnverkehr, die am 20. Februar in Kraft treten sollen, erfährt eine Nachrichtenstelle noch folgendes:
Die weiteren Einschränkungen im Eisenbahnverkehr sind vor allem gleichbedeutend mit weiteren Kürzungen des Verkehrs der Schnellzüge, Eilzüge und Personenzüge. Was die Schnellzüge anbetrifft, so wird es notwendig sein, die noch jetzt laufenden Züge so weit einzuschränken, daß auf jeder Hauptlinie im allgemeinen nur ein Schnellzugpaar verkehrt. Auf den weniger befahrenen Linien wird sich sogar der Ausfall des ganzen Schnellzugverkehrs an manchen Tagen der Woche als notwendig erweisen. Der Verkehr der Eilzüge und Personenzüge muß gleichfalls eine bedeutende Verkürzung tragen. Man muß damit rechnen, daß auf langen Strecken der Personenzugverkehr ganz ausfällt. Der Verbrauch an Material, Kohlen und Arbeitsleistung des Personals ist bei langen Fahrten der Personenzüge so bedeutend, daß er im Interesse der Kriegswirtschaft unbedingt reduziert werden muß. Im allgemeinen sollen die Personenzüge nur als Zubringer zu den Schnell- und Eilzügen dienen. Auch die Eilzüge werden gewisse Einschränkungen erfahren müssen, wie denn überhaupt der Personenverkehr vor den Notwendigleiten des Güterverkehrs, der im kommenden Frühjahr erheblich wachsen wird, zurücktreten muß.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Liebe, gute Kriegsküche in Poppelsdorf! Schon seit längerer Zeit lasse ich unser Mittagsmahl bei dir holen, und ich bin von Herzen dankbar für diese segensreiche Einrichtung. Das Essen ist stets gut und reichlich. Nur einen Wunsch möchte ich bescheiden äußern. Mit seiner Erfüllung wirst du Vielen eine Erleichterung schaffen. „Laß doch bitte das Schweinefleisch etwas länger kochen und braten.“ Schweinefleisch muß unbedingt gar sein. Der selten schöne Genuß wird dann doppelt sein, wenn wir unsere jungen und alten Zähne etwas mehr schonen können. Eine alte Verehrerin.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Radfahrkarten. Nach den landespolizeilichen Vorschriften muß jeder Radfahrer, mithin auch derjenige, der nicht beschlagnahmte Bereifungen (Ersatzbereifungen) benutzt, im Besitze eine Radfahrkarte sein. Besitzern von Rädern mit Ersatzbereifung wird daher auf Wunsch von der Polizeibehörde die abgegebene Radfahrkarte nach Aufdruck eines diesbezüglichen Vermerks wieder zurückgegeben. Radfahrkarten ohne den polizeilichen Genehmigungsvermerk haben auch bei Benutzung von Ersatzbereifungen keine Gültigkeit.
Web-, Wirk- und Strickwaren. Nach einer Mitteilung der militärischen Textilbeschaffungsämter werden aus den besetzten Gebieten erhebliche Mengen der aufgrund der dort bestehenden Beschlagnahme-Verordnungen beschlagnahmefreie Mengen Web-, Wirk- und Strickwaren nach Deutschland ausgeführt. Hierdurch werden diese Mengen ihrem Zweck, den Handel in den besetzten Gebieten aufrechtzuerhalten, entzogen. Diese nach Deutschland eingeführten Mengen unterliegen nach § 5, Ziffer 8 der Bekanntmachung vom 1. Februar 1916, Nr. WWW 1000/11, 16 KKK der Beschlagnahme, da dort ausdrücklich gesagt ist, daß das besetzte Gebiet nicht als Reichsausland anzusehen ist. Um eine Bestrafung zu vermeiden, werden die nach § 11 der angezogenen Bekanntmachung Meldepflichtigen aufgefordert, derartige Vorräte dem Webstoff-Meldeamt der Kriegsrohstoff-Abteilung unverzüglich anzumelden. Die Revisoren der stellvertretenden General-Kommandos werden auf solche Vorräte besonders achten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 17. Februar 1917
Die Notferien der Schulen werden wahrscheinlich noch über den 19. Februar hinaus verlängert werden. In Köln ist gestern bestimmt worden, daß die Schulen, städtischen Theater und Museen noch weitere acht Tage geschlossen bleiben. Eine gleiche Anordnung ist, wie wir erfahren, auch in Bonn zu erwarten. Die Entscheidung wird heute getroffen werden.
Auslandsseife nur gegen Seifenkarten. Wolffs Telegr.-Bureau teilt mit: Von amtlicher Seite werden wir darauf aufmerksam gemacht, daß aus dem Ausland eingeführte Seife genauso wie die im Inland hergestellte Seife im Handel nur auf Seifenkarten abgegeben werden darf.
Fremdwort und Deutsch. Diese Ueberschrift tragen die hübschausgestalteten Tafeln, die der Regierungspräsident von Düsseldorf an alle Landräte und Bürgermeister seines Bezirks versandt hat, um die auf die Reinigung der deutschen Sprache gerichteten Bestrebungen zu fördern. Die Tafeln sind in erster Linie zur Anwendung im dienstlichen Betriebe bestimmt, sollen aber auch sprachliche Hilfsmittel für den Verkehr mit den Behörden bilden und über diesen Rahmen hinaus Gelegenheit bieten, die Sprache der Geschäfte und Gewerbe und namentlich die Ladenaufschriften von fremdländischen Ausdrücken zu reinigen. Im Sinne des Erlasses, den die preußischen Minister des Inneren am 15. September 1916 an die Regierungen gerichtet hat, betritt der Regierungspräsident fern von jeder Bevormundung den reingütlichen Weg zur Aufklärung. Seine Unternehmung, der schlechten Gewohnheit entgegenzutreten, die zu Unrecht einen fremdsprachigen Ausdruck dem vollgültigen deutschen Wort vorzieht, darf um so mehr auf weites Verständnis rechnen, als der durch die Kriegsereignisse gestärkte Sinn für alles Vaterländische solchem Betreben schon den Boden bereitet hat. Für die Brauchbarkeit der auf den Tafeln vorgeschlagenen Ersatzwörter spricht der Umstand, daß sie von Fachleuten Hand in Hand mit Sprachkundigen aufgestellt und daß namentlich die gewerblichen Fachausdrücke von den zuständigen sachverständigen Verbänden verdeutscht worden sind. Mithin bieten sie Rat und Beispiel für jeden, der auf seinem Gebiete und in seinem Geschäfte der vernachlässigten deutschen Muttersprache zu ihrem Recht gegenüber der Herrschaft des Fremdworts verhelfen will. Diesem Zwecke ist es förderlich, wenn Tafeln, die der Regierungspräsident empfiehlt, an verkehrsreichen und bequem zugänglichen Stellen in den Rathäusern und öffentlichen Gebäuden angeschlagen werden. Um Raum zu sparen, ist bei den meisten ausländischen Wörtern nur ein deutsches Ersatzwort dargeboten, das gebräuchlichste nämlich, so daß jeder die Liste nach seinem Bedarf ergänzen kann. Wenn für Abonnement Bezugspreis, für Bibliothek Bücherei, für Etage Stockwerk, für Formular Vordruck, für Konferenz Besprechung, für Lokal Raum, Wirtschaft, für Provision Vergütung, für Ventilation Lüftung vorgeschlagen wird, so bieten diesen Proben die Gewähr, daß gegen die Tafeln Stichhaltiges nicht einzuwenden ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Während der bevorstehenden Karnevalstage ist im Bereich des 8. Armeekorps der gewerbsmäßige Ausschank von Branntwein in den Wirtschaften verboten. Ferner ist das Tragen von Verkleidungen und karnevalistischen Abzeichen sowohl in der Oeffentlichkeit als auch in Vereinsräumen untersagt. Die Veranstaltung von karnevalistischen Sitzungen, Aufführungen, Vorträgen, sowie das Singen und Spielen karnevalistischer Lieder, der Verkauf von Luftschlangen usw. ist ebenfalls verboten. Zuwiderhandlungen werden schwer bestraft.
Die Kinos und Varietes sind auch in dieser Woche Samstag und Sonntag geöffnet.
Die Nachtfröste lassen nun auch nach. Während wir im Inneren der Stadt gestern früh 6 Uhr noch 4 Grad Kälte hatten, zeigte das Thermometer am Wetterhäuschen im Hofgarten heute früh als niedrigste Temperatur 1 Grad Wärme.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn
Städtische Milchwirtschaft
Zur Behebung der Milchknappheit hat die Stadt außer den bereits bei den Landwirten eingestellten 200 Milchkühen weitere 46 Stück Milchkühe im städtischen Fuhrpark in einem besonders hierfür eingerichteten Stalle untergebracht. Die Milch wird hiesigen Händlern überwiesen. Berücksichtigt werden vor allen Dingen die Händler, in deren Bezirk die Milch am notwendigsten ist.
Kartoffeln.
Auf jeden Bezugsberechtigten werden auf die Kartoffelkarte 3 Pfund Kartoffeln und als Zusatz zu den Kartoffeln in der Woche vom 19. bis 25. Februar 1917 auf die Warenkarte Nr. 202 6 Pfund Steckrüben (Kohlrüben, Erdkohlrabien) ausgegeben.
Schwerarbeiter erhalten als Zusatz auf die Zusatzkartoffelkarte 4 Pfund Kartoffeln und in der Woche vom 19. bis 25. Februar auf die Warenzusatzkarte für Schwerarbeiter Nr. 10 weitere 3 Pfund Steckrüben. [...]
Kolonialwaren.
In der Woche vom 18. bis 25. Februar gelangen in den städtischen Verkaufsstellen mit Rücksicht auf die herabgesetzte Kartoffelmenge wiederum reichlich Waren zur Ausgabe und zwar: kochfertige Gemüsesuppe mit Teigwareneinlage ein Fünftel Pfund, Haferflocken ein Fünftel Pfund, Graupen ein Fünftel Pfund, Sauerkraut ein Viertel Pfund.
Außerdem können auf die Warenkarte Nr. 201 und Abgabe der Fleischkarte ein Zehntel Pfund Speck für die Person in Metzgereien entnommen werden. Neben dieser Menge Speck gelangt in den Kolonialwarengeschäften Auslandsspeck zum Verkauf. Auf die Warenkarte Nr. 203 kann ein halb Pfund entnommen werden. Der Preis für den Auslandsspeck ist festgesetzt worden auf 6,50 Mark für das Pfund
Dem Lebensmittelamt ist es gelungen, eine größere Menge kondensierte Milch in Blechbüchsen und Sahne in Flaschen zu beschaffen. Diese Milch ist durch eine Anzahl Kolonialwarengeschäfte zu Verkauf gestellt und wird ohne Milchkarte abgegeben. Der Preis beträgt für die Dose kondensierte Milch 1,80 Mark, für die Flasche Sahne 1,60 Mark.
Fische.
In der letzten Zeit war die Belieferung mit Räucherfischen ziemlich regelmäßig. Es wurde geräucherter Seelachs geliefert, der sehr guten Absatz fand. Auch konnte eine kleinere Menge Schellfisch, Kabeljau und frische Schollen verkauft werden. Es ist in Aussicht gestellt, daß die Belieferung von frischen Seefischen besser wird, so daß auch hier der Verkauf täglich stattfinden kann. Während des Frostwetters wurde der Fischverkauf in der Verkaufsstelle Franziskanerstraße8a abgehalten. Von jetzt ab findet er wieder täglich auf dem Wochenmarkte statt.
Kohlen.
Die hauptsächlich durch das Frostwetter und die Stockungen im Bahnverkehr und den Wasserstraßen hervorgerufene Knappheit an Kohlen ist zum größten Teil überwunden. Dem Lebensmittelamt ist es gelungen, außer dem Kohlenschiff, welches im Hafen in Oberwinter gelöscht wird, noch täglich 20 Waggons Braunkohlen-Briketts zu erhalten, so daß in kurzer Zeit wieder die Fabrikbetriebe, die Anstalten und alle Haushaltungen mit Kohlen versorgt werden können. [...]
Gemüse.
Durch das anhaltende Frostwetter war im Bezug von Gemüsen aller Art eine Stockung eingetreten, so daß die einzelnen Verkaufsstellen nur sehr knapp versorgt werden konnten. Die Zufuhren werden jedoch durch das Eintreten des Tauwetters wieder reichlicher werden. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 18. Februar 1917
Die Schulen, Theater, Museen und Säle müssen auch nach dem 19. Februar noch geschlossen bleiben. Der Gouverneur der Festung Köln hat angeordnet, daß seine Verfügung vom 6. Februar bis auf weiteres in Kraft bleibt. Die Polizeistunde für Wirtschaften bleibt also 10 Uhr, die Theater, Lichtspielhäuser, Konzert- und Versammlungssäle, Museen und sämtliche Schulen müssen geschlossen bleiben. Eine Ausnahme ist für die Universität und die landwirtschaftliche Akademie zugelassen. Sie nehmen ihren Betrieb am 20. Februar wieder auf. Ferner ist den hiesigen Kinos sowie dem Varieté und dem Operettentheater wieder gestattet worden, am gestrigen Samstag, heutigen Sonntag und zum Teil auch am morgigen Montag bis 10 Uhr abends zu spielen.
Die „Sommerzeit“ beginnt in diesem Jahre, wie der Bundesrat bestimmt hat, am 16. April und endet in der Nacht zum 17. September.
Abschuß von Brieftauben. Abgesehen von dem hohen sachlichen Wert haben die Militär-Brieftauben in diesem Krieg erhöhte Bedeutung gewonnen. Jeder Ausfall durch Abschießen schädigt die Bestände an alten erfahrenen und geübten Tauben aufs schwerste. Militär-Brieftauben haben bereits Hervorragendes geleistet. Menschenleben, die in Seenot oder aus anderen Ursache gefährdet waren, wurden durch rechtzeitig von Militär-Brieftauben überbrachte Nachrichten gerettet. Die Militär-Brieftauben sind durch Reichsgesetz vom 28. Mai 1894 besonders geschützt. Durch Kaiserliche Verordnung vom 23. September 1914 ist das Töten und Einfangen von Tauben aller Art verboten. Wer Tauben bewußt oder unbewusst abschießt, macht sich strafbar. Alle Flurhüter, Gendarmen, Jagdpächter und sonstige Sicherheitsbeamte sollten schon der guten Sache wegen darauf achten, daß feldernde und auf Reisen befindliche Militär-Brieftauben nicht in frevelhafte Weise abgeschossen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Einen umfangreichen Lebensmittelschmuggel ist unsere Kriminalpolizei auf die Spur gekommen. An zwei verschiedenen Stellen beschlagnahmte sie etwa 30 Zentner Speck, Schinken, Butter, Hülsenfrüchte und Seife. Die Täter, die der Polizei bekannt sind, hatten die beschlagnahmten Waren unerlaubterweise aus Belgien auf der Staatsbahn über die Grenze geschafft. Nach den bisherigen Feststellungen zu schließen, haben die Schmuggler das einträgliche Geschäft schon lange betrieben. Von ihrem „Verdienst“ hatten sie bedeutende Ersparnisse gemacht und größere Summen auf hiesigen Banken hinterlegt. Einer der Beteiligten hat gestern Selbstmord begangen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Restaurant Gangolf. Auch diese Woche finden in den vornehmen Räumen dieses Hauses täglich nachmittags von ½4 ab Konzerte erstklassiger Künstler statt, deren Programm sowohl in der klassischen sowie auch modernen Literatur Perlen aufzuweisen hat.
Das Ergebnis der Obstkernsammlung. Die im vorigen Jahre eingeleitete Obstkernsammlung hat trotz mancher Unvollkommenheiten Ergebnisse gezeitigt, die der Beachtung wert erscheinen. Daß sie unserem Oelmangel in entscheidender Weise abhelfen würde, hat von vornherein wohl niemand angenommen. Doch auch geringere Mengen, die unsere knappen Oelvorräte aufbesserten, müssen als hochwillkommen angegeben werden. Der Ertrag der Sonnenblumenkerne war sehr mäßig. Auf 77 Tonnen Aussaat kamen 100 Tonne Ernte zurück, sodaß es fraglich erscheinen kann, ob die Mühe der Aussaat sich lohnte. Auch das Ergebnis der Bucheckernsammlung war dürftig: der Grund lag wohl darin, daß die Einzelstaaten, die die größten Buchenwälder haben, die Erträge an sich heranzogen, und weiter darin, daß viele Sammler ihre Vorräte selbst behielten und zu Oel verarbeiteten. Dagegen hatte die Obstkernsammlung sehr gute Erfolge. Sie ergab 120.000 Tonnen Obstkerne, die 400.000-500.000 Kilogramm Oel lieferten. Der Verbleib dieses Oeles, nach dem auch einige Fragen laut geworden sind, erklärt sich durch den starken Verbrauch der Margarinefabriken, an die monatlich 4000 Tonnen abgegeben werden. Die Oelmengen, die wegen ihres hohen Preises Aufsehen erregten, stammten aus der türkischen Haselnußernte. Und sind wohl unterdessen automatisch aus dem Verkehr verschwunden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 19. Februar 1917
Handwerksfürsorge. Als unausbleibliche Folge des Krieges sind im selbständigen Handwerk vereinzelt Maschinen überflüssig geworden: der Betrieb mußte stillgelegt werden, weil der Inhaber vor dem Feinde gefallen ist oder weil erlittene Beschädigungen den Meister zwingen, den bisherigen Beruf aufzugeben. Die Gelegenheit, gebrauchte Maschinen und Arbeitsbehelfe abzusetzen ist zurzeit nicht günstig, und es sind zahlreiche Fälle bekannt geworden, in denen namentlich Kriegerfrauen, nur um bald die Maschinen abzusetzen, sich mit Preisen begnügen mußten, die in keinem Verhältnis zu den Anschaffungskosten standen. Abhilfe könnte hier geschaffen werden, wenn eine Stelle die Aufgabe übernähme, Angebot und Nachfrage miteinander in Verbindung zu bringen und einen Ausgleich herbeizuführen. In dankenswerter Weise hat sich zu diesem Zweck die Rheinische Genossenschaft zur wirtschaftlichen Förderung von Handwerk und Gewerbe in Cöln (Ubierring 15), die bekanntlich u. a. die Vermittlung von Maschinen und Arbeitsbehelfen an das Handwerk auf gemeinnütziger Ebene betreibt, zur Verfügung gestellt und zwar unter Verzicht auf jegliche Vermittlungsentschädigung. Die Genossenschaft führt ein Verzeichnis der überflüssig gewordenen Gegenstände, das Beteiligten jederzeit zugänglich ist. Bei genügender Beachtung der Einrichtung durch das Handwerk kann durch diese Tätigkeit der Genossenschaft den betroffenen Handwerkerfrauen eine bedrückende Sorge abgenommen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Theater und Kino. Das Palast-Theater bringt heute zum letzten Mal die Operette „Die Schützenliesel“. Die Lichtspiele im Stern lassen am heutigen letzten Vorstellungstag noch einmal den Detektiv-Film „Die Senatorwahl“ abrollen, in dem der bekannte Künstler Ernst Reicher als Detektiv Stuart Webbs wieder eine seiner kriminalistischen Aufgaben mit erprobtem Geschick zu lösen weiß.
Die Durchfuhr von Marmeladen und anderen Fruchtkonserven über die Grenzen des Deutschen Reiches ist verboten. Ausnahmen könne von der Behörde gestattet werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Firma Leonard Tietz A.-G. hat der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Krieg Gefallenen 1.000.000 Mark überwiesen. Diese Summe ist verteilt worden auf Köln und die Städte, in denen die Firma Niederlassungen besitzt.
Vorsicht für Geschäftsleute. Donnerstag abend kaufte in einem hiesigen Geschäft ein etwa 30jähr. Mann eine Kleinigkeit und bezahlte mit einem 50-Mark-Schein. Er nahm dann das Wechselgeld an sich und außerdem auch den 50-Mark-Schein und verschwand damit, ehe das fehlen des 50-Mark-Scheins bemerkt wurde. Der Vorfall möge allen Geschäftsleuten zur Mahnung dienen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 20. Februar 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
Die Kohlenversorgung ist jetzt glücklicherweise in der Stadt Bonn einigermaßen geregelt. Das Lebensmittelamt konnte bisher noch allen Ansprüchen der Behörden, Krankenanstalten, der Industrie und von Privaten gerecht werden. Man darf erwarten, daß bei der milderen Witterung auch die Hemmnisse im Eisenbahnverkehr etwas schwinden und die Kohlenversorgung bald vollends befriedigen wird. Durch Vermittlung des Braunkohlensyndikats in Köln läßt die Stadt Bonn aus der Grube Luise bei Brügge an der Erft mit Hilfe von Gefangenen täglich 20 Eisenbahnwagen voll Briketts laden und auf den Köln-Bonner Kreisbahnen nach Bonn bringen. Ein Brikettmangel erscheint daher für die nächste Zeit ausgeschlossen.
Bei der Brotversorgung wird in kürzester Zeit eine sehr einschneidende Maßnahme durchgeführt werden müssen. Im laufenden Erntejahre hat die Reichsgetreidestelle nicht nur einen gegen das Vorjahr verstärkten Bedarf der Heeresverwaltung zu decken, sondern es ist auch der laufende Bedarf der Kommunalverbände durch die eingeführten verschiedenen Zulagen für Schwerarbeiter, für Jugendliche, für hoffende und stillende Frauen usw. beträchtlich gestiegen. Dazu sind unerwartet hohe Anforderungen durch die Hergabe von Weizenschrot als Brotstreckungsmittel und die Mehllieferung als Kartoffelersatz getreten, auch sind die Brotgetreidelieferungen aus den Kommunalverbänden an die Reichsgetreidestelle in letzter Zeit ganz ungenügend gewesen. Es liegt daher die unabweisbare Notwendigkeit vor, unverzüglich das Brotgetreide weiter zu strecken. Roggen und Weizen werden infolgedessen fortan wenigstens bis zu 94 v. H. ausgemahlen, während bisher der Ausmahlungssatz 80 bezw. 82 v. H. betrug. Dem Bäckereigewerbe fällt dadurch eine schwere Aufgabe zu, denn das Brotbacken aus einem derartigen Mehl ist zunächst ungewohnt und es sind dabei viele technische Anordnungen zu beobachten. Die Bevölkerung wird daher dringend gebeten, dieser neuen Maßnahme mit dem Verständnis entgegenzutreten, das in dieser schweren Zeit unbedingte Pflicht jedes V aterlandsfreundes ist, und nicht von vornherein an die neuartige Brotherstellung zu hohe Anforderungen zu stellen. Das Lebensmittelamt ist auch in dieser Beziehung im Einverständnis mit der Bäckerinnung aufrichtig bemüht, über die schwierigen Verhältnisse möglichst glatt hinwegzukommen.
[...]
Die Zahl der Teilnehmer an den Kriegsküchen hat sich in dieser Woche wieder etwas vermehrt, sie beträgt jetzt rund 6400. Die meisten Teilnehmer, rund 1600, zählt die Küche in der Universität.
Die Stadt hat, wie schon berichtet, im Fuhrpark eine eigene Milchwirtschaft eingerichtet und dort zurzeit 50 Milchkühe eingestallt. Sie verfolgt mit dieser Einrichtung zugleich die Absicht, die an Landwirte ausgeliehenen Abmelkkühe, die nicht genügend sorgfältig gepflegt sind, wieder in einen guten Zustand zu bringen. Die Stadt kann nun auf über 400 Milchkühe unmittelbar oder mittelbar einwirken, und zwar hat sie 50 Kühe in ihrer eigenen Milchwirtschaft, 210 hat sie auf Abmelkverträge ausgeliehen, und auf rund 160 Kühe kann sie kraft der abgeschlossenen Verträge einwirken. Die Milchversorgung in Bonn ist unter diesen Voraussetzungen glücklicherweise wenn auch nicht reichlich, aber doch für die Versorgungsberechtigten durchaus ausreichend, jedenfalls steht Bonn nun in der Milchversorgung günstiger da als viele andere Städte. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Verein „Mädchenhort“ hielt am 17. Februar seine Hauptversammlung ab. Da die Erweiterung des Hortes in einen Knaben- und Mädchenhort auch nach dem Kriege beibehalten werden soll, beschloß die Versammlung einstimmig die Abänderung des Namens „Mädchenhort“ in „Jugendhort“.
Der Jahresbericht stellte fest, daß die höchste Zahl der aufzunehmenden Kinder, nämlich 105, auch 1916 durchweg erreicht blieb. Darunter waren 35 Knaben. – Die immer schwieriger werdenden Verkehrs- und Verpflegungsverhältnisse gestatteten es dem Verein nicht, selbständig eine Ferienkolonie hinauszuschicken. Aber es wurde dankbar begrüßt, daß die Einladung einer hessischen Dorfgemeinde, 40 Bonner Kinder während der Ferien unentgeltlich bei sich aufzunehmen, auch einer Reihe seiner Hortkinder zu Gute kam. Ein anderer kleiner Teil genoß holländische Gastfreundschaft, während die große Schar der Daheimgebliebenen sich vor-und nachmittags in dem schönen Gartenland des Hortes vergnügte, wo sich die Größeren neben fröhlichem Spiel auch eifrig im Gemüse- und Kartoffelbau betätigten. - [...]
Nach Erledigung des geschäftlichen Teiles der Hauptversammlung sprach Frl. Abicht – Charlottenburg, Lehrerin am sozialpädagogischen Seminar des Jugendheims über das Thema Hortarbeit als Kriegsarbeit. Die Rednerin bedauerte die Fahnenflucht so vieler Horthelferinnen zu anderen Kriegsarbeiten, die ihnen vielleicht unmittelbarerer Dienst für das Vaterland zu sein schienen. Mit warmen eindringlichen Worten betonte sie, daß gerade die Erziehungsarbeit an den durch die Abwesenheit der Väter und die Erwerbsarbeit der Mutter sich selbst überlassenen Kindern, die, auf denen die Zukunft des Vaterlandes beruht, vor Verwahrlosung zu schützen – eine der heiligsten und wichtigsten Aufgaben derer hinter der Front ist. [...]
Theater und Kino. Wie aus den heutigen Anzeigen zu ersehen ist, wurde den hiesigen Privattheatern und Kinos die Erlaubnis erteilt, ihre Vorstellungen wieder aufzunehmen. Das Palasttheater bringt den „Grafen von Luxemburg“, das Union-Theater „Die Flucht zweiter deuscher Marine-Offiziere aus England“, das Metropol-Theater das Drama „Die Silhouette des Teufels“, Groß-Bonn ein neues Varieté-Programm und die Bonner Lichtspiele im Stern den dritten amtlichen Militärfilm „Die Somme-Schlacht“.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ueber die öffentliche Beleuchtung wird jetzt sehr Klage geführt. Namentlich der Verkehr in den Nebenstraßen ist sehr gefährdet, da es dort abends und nachts meist stockdunkel ist. Wer haftet im Falle eines Unfalls, die Stadt oder Haftpflichtversicherung? Ein Bürger.
Zum Wiederbeginn des Schulunterrichts. Aus unserem Leserkreise wird uns wiederholt der dringende Wunsch ausgesprochen, die Schulbehörde zu bitten, mit dem Unterricht baldmöglichst wieder zu beginnen. In der Stadt schwirren Gerüchte um, daß der Schulunterricht vor Ostern überhaupt nicht mehr eröffnet würde. Da man in Düsseldorf bereits am vergangenen Montag den Unterricht wieder begonnen hat und, wie wir hören, in Bonn genügend Kohlen vorhanden sind, um die Schulen zu heizen, liegt wohl eigentlich kein ersichtlicher Grund mehr vor, mit dem Wiederbeginn des Unterrichts zu zögern.
Unser Unterricht leidet ohnedies an dem Mangel ausreichender Lehrkräfte und ein wochenlanges Pausieren ohne zwingenden Grund wirkt auf die Jugend weder in erzieherischer Beziehung, noch hinsichtlich ihrer geistigen Fortbildung günstig ein. Einer unserer Leser regt an, unsere Schulbehörde möge öffentlich erklären, warum mit dem Wiederbeginn des Unterrichts bisher gezögert worden ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die Universitätsbibliothek eröffnet ihnen am 8. d. M. des Kohlenmangels wegen unterbrochenen Betrieb wieder am Mittwoch, den 21. Februar.
Volkshochschulkurse. Da auch in dieser Woche die Schulen noch geschlossen bleiben und verschiedene Dozenten während der Anfang März beginnenden Universitätsferien von Bonn abwesend sein werden, so hat der Arbeitsausschuß beschlossen, die Fortsetzung der unterbrochenen Kurse in das Sommer-Semester zu verlegen, das Ende April seinen Anfang nimmt. Die nähere Bekanntmachung wird s. Zt. Erfolgen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 21. Februar 1917
Die städtische Milchwirtschaft, die wir schon mehrfach erwähnt haben, ist auf dem Gehöft des Fuhrparks an der Ellerstraße untergebracht, und zwar in einem früheren Schuppen, der für diesen Zweck etwas umgebaut worden ist. Zurzeit sind 46 Kühe vorhanden, von denen 39 täglich im Durchschnitt je elf Liter Milch geben. Der Milchertrag hat sich bisher von Tag zu Tag gesteigert; während in den ersten Februartagen von 28 Kühen erst 69 Liter Milch erzielt werden konnten, wurden vorgestern schon 410 Liter erreicht, und in 14 Tagen, wenn alle Tiere frisch melkend sind, werden sicher 600 Liter zum Verkauf und außerdem die zur Ernährung der jungen Kälber nötigen Mengen erzeugt werden. Die Milch wird nach der Weisung des Lebensmittelamts an diejenigen Händler abgegeben, die sonst ihre versorgungsberechtigten Kunden nicht befriedigen könnten. Wie sachgemäße Pflege auf die Milcherzeugung einwirkt, zeigt ein Tier, das vor wenigen Tagen von einem Landwirt, dem es auf Abmelkvertrag geliehen worden war, zurückgenommen worden ist: bei dem Landwirt gab die Kuh nur noch vier Liter im Tage, in der städtischen Anstalt liefert sie jetzt bereits die doppelte Menge. Die übrigen 45 Tiere, sämtlich ostfriesischer Rasse, haben einen Anschaffungswert von 80.000 Mark, die teuerste, ein schön gewachsenes Tier mit allen Kennzeichen seiner Rasse, kostete 2100 Mark, die billigste, die aber nicht die schlechteste ist, 1350 Mark. Mit dieser Anstalt hat die Stadt wieder eine neue Aufgabe übernommen, die ihr im Frieden vollkommen fern lag, für die sie aber glücklicherweise in Herrn Rentner und Gutsbesitzer Lüps von vornherein den geeigneten tatkräftigen und sachkundigen Leiter gefunden hat und die daher zu den besten Hoffnungen berechtigt. Herr Lüps leitet auch die städtische Schweinezucht, die jetzt in drei Stallungen 360 Tiere umfaßt, er wirkt ferner bei der Fleischverteilung auf dem Schlachthofe mit und versieht diese ganze umfangreiche und verantwortungsvolle Tätigkeit vollständig ehrenamtlich.
Der heutige Aschermittwoch beschließt die diesjährige Karnevalszeit. Wer nicht durch einen Blick auf den Kalender festgestellt hat, daß gestern Fastnacht war, wird in diesem Jahre wohl kaum an die in Friedenszeiten übliche Narretei gedacht haben. Die schwere Zeit läßt übermütige Vergnügungen von selbst nicht zu, ein ausdrückliches Verbot, das, soviel wir wissen, in Bonn auch nicht erfolgt ist, wäre nicht nötig gewesen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
1000 Mark Belohnung. Der Regierungspräsident zu Köln setzt eine Belohnung für denjenigen aus, durch dessen Tätigkeit der Verbleib des vermißten Lederhändlers Peter Franz Hilger und des Dienstmannes Michael Marx von hier klargestellt oder die Persönlichkeit des Unbekannten, der beide von hier fortgelockt hat, ermittelt wird. Bekanntlich hatte am 21. Dezember v. J. ein Fremder den Dienstmann Marx beauftragt, an Hilger einen Brief zu überbringen, in dem der Ankauf von Leder angeboten wurde. Dieselbe Person bot Marx Butter, Speck und Käse an. Hilger hatte zum Kauf des angebotenen Leders 7000 Mark mitgenommen, Marx, der zwei Tage später von hier wegfuhr, nahm etwa 75 Mark mit. Spuren der Vermißten und des Unbekannten führen in die Gegend von Grevenbroich und Neuß.
Zur Kohlenversorgung. Wie der Oberbürgermeister bekannt macht, werden bis auf weiteres gegen Vorzeigung der Lebensmittelkarte auf dem städtischen Lagerplatz an der Maxstraße Braunkohlenbriketts in Mengen bis zu 5 Zentnern zum Preise von 1.15 M. für den Zentner abgegeben. Nach einer weiteren Bekanntmachung werden in der Woche von 21. bis 27. Februar Kohlen, Koks und Briketts durch die Händler an Privathaushaltungen nur gegen Warenkarte Nr. 5 abgegeben und zwar auf jede Karte nicht mehr als ein Zentner.
186 Pfund Butter, die unter falscher Deklarierung mit der Bahn hier eingetroffen waren, wurden gestern nachmittag in einem Geschäft an der Meckenheimer Straße von der Kriminalpolizei beschlagnahmt und dem städtischen Lebensmittelamt überwiesen.
30 Zentner Kartoffeln wurden in der Nacht zum Montag in Godesberg aus einem Lager gestohlen. Der Dieb, ein 19 Jahre alter Bursche aus Godesberg, wurde festgenommen und dem hiesigen Amtsgericht zugeführt. Den größten Teil der gestohlenen Kartoffeln hatte der Dieb an verschiedene Geschäftsleute in der Rheingasse und am Rheinwerft zum Preise von 10 Mark für den Zentner verkauft. Die Kriminalpolizei beschlagnahmte dort die Kartoffeln und stellte sie dem Eigentümer wieder zur Verfügung. In seiner Freude über die Wiedererlangung der Kartoffeln erklärte sich der Eigentümer bereit, die Hälfte des gezahlten Preises von 10 Mark den Geschäftsleuten als Schmerzensgeld zurückzuerstatten.
Die Jugend verwildert. Die Kohlenferien haben auf einen Teil der Bonner Jugend einen recht ungünstigen Einfluß ausgeübt. Gestern nachmittag konnte man auf dem Kaiserplatz und im Hofgarten ganze Trupps von Jungen im Alter von 10 – 14 Jahren beobachten, die mit Stöcken und Gummischläuchen, letztere regelrecht mit einem Handgriff ausgestattet, bewaffnet, gegeneinander zu Felde zogen. Vorübergehende, die die Bürschchen zurechtweisen wollten, wurden verhöhnt. Aus dem Kreise unserer Frauenwelt wird lebhaft darüber geklagt, daß sie von schulpflichtigen Knaben belästigt würden, die, Zigaretten rauchend, die Straßen durchziehen. Hoffentlich kann der Unterricht bald wieder beginnen, damit die Bengels wieder eine feste Hand verspüren.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern wieder verhältnismäßig gut beschickt. Etwa 35 bis 40 Verkäuferinnen, darunter auch einige vom Lande, waren erschienen. Außer Feldsalat, Karotten, Möhren, weiße Rüben, Sellerieknollen und Zwiebeln war auch wieder reichlich Gemüse wie Rosenkohl, Krauskohl, Sprutengemüse, sowie etwas Wirsing, Weißkohl und Spinat vorhanden. Die Preise sind gegenwärtig durchweg sehr hoch. [...] Der Verkauf war sehr flott, besonders in Gemüse, Möhren und Karotten. [...]
Auch der Großmarkt auf dem Stiftsplatze hatte gestern wieder ziemlich große Zufuhren in Gemüse usw. Im ganzen hatten sich wieder etwa 100 Gemüsebauern eingefunden. [...]
Der städtische Gemüse-, Obst- und Fisch-Verkauf auf dem Wochenmarkte erfreute sich gestern wieder eines sehr regen Zuspruchs. Die Nachfrage war leider größer wie das Angebot. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwertung von Kaffeesatz. Vieles sonst Wertlose hat erst durch den Krieg Beachtung und in vielen Fällen wertvolle Verwendung gefunden. So ist denn auch festgestellt worden, daß die Rückstände von Kaffee und besonders Kaffee-Ersatzmitteln großen Nährwert haben und zur Förderung der Futtermittelversorgung sehr dienlich sind. Aus den bisher gesammelten Mengen, die nur einen geringen Bruchteil des gesamten Kaffeeverbrauchs bilden, konnte eine vom Reichsamt des Innern damit betraute Trocknungsgesellschaft monatlich 50 bis 100 Doppelwaggons Trockenfutter herstellen. Es lohnt sich also unter den jetzigen Verhältnissen wohl Kaffeesatz zu diesem Zwecke zu sammeln, denn es ist eine Sache von großer volkswirtschaftlicher und daher vaterländischer Wichtigkeit. Jeder, auch der kleinste Haushalt kann dazu beitragen, indem der Kaffeesatz auf der Herdplatte gut getrocknet und an die unten angegebene Sammelstelle abgeliefert wird. Das Lebensmittelamt hat die Sammlung der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe übertragen, die täglich von 10 – 12 Uhr und von 4 – 6 Uhr gut getrockneten Kaffeesatz in der Flickschusterei am Hof annimmt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 22. Februar 1917
Die Schulen nehmen nächsten Montag den regelmäßigen Unterricht wieder auf.
Die mündlichen Entlassungsprüfungen an den Volksschulen findet vom 12. bis 16. März statt.
Eier werden am heutigen Donnerstag an Inhaber von Lebensmittelkarten mit der Zahl 3 sowie für Kranke verkauft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg, 21. Febr. Dem allgemeinen vorgestrigen Schulanfange an den hiesigen Schulen folgend hat nunmehr auch die gewerbliche Fortbildungsschule heute ihren Unterrichtsbetrieb wieder aufgenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Viktoriabad. Da ich ein reger Besucher des Viktoriabades bin, möchte ich hiermit die Anregung geben, es wieder zu öffnen. Weil die Seife jetzt so teuer ist, ist einem ein erfrischendes Bad willkommen. Ich meine, soviel Kohlen kann Bonn doch noch liefern. Gewiß werde ich auch hiermit einigen andern Besuchern einen großen Gefallen tun. Also öffne bald deine Tore, heißgeliebtes Victoriabad. Mehrere Freunde des Wassers und der Seife.
Zum Gassparpreis. Die Nachricht von der beabsichtigten Erhöhung des Gaspreises wird von der Bürgerschaft mit recht geteilten Gefühlen aufgenommen werden. Ich setze natürlich voraus, daß es jedem Ernst ist mit der Erfüllung der vaterländischen Pflicht zur äußersten Sparsamkeit in allen Dingen. – Da hat aber nun die Stadt seinerzeit, als es noch zwei Gaspreise gab, den Familien empfohlen, fleißig Kraftgas zu verbrauchen. Wer daraufhin, und es sind manche, seinen Kohlenherd abgeschafft und seine Sach‘ auf Gas gestellt hat, hat dabei bald ein schlechtes Geschäft gemacht. Denn die Bonner wurden durch einen Einheitspreis von Gas beglückt. Der alte Kohlenherd war für einen Apfel und ein Ei als Schrott verkauft, ein feiner Gasherd mit Brat- und Röstofen stand in der Küche und arbeitete gut, solange das Gas 10 Pfg. für den Kubikmeter kostete. Nun wurde der Kram teuer. Heute den nun alt gewordenen Gasherd als Schrott verkaufen und sich einen neuen Kohlenherd anschaffen, wird sich wohl kaum machen lassen. Wer auf Gas, nur Gas, kocht, kann mit 40 Kubikmeter monatlich nicht auskommen. Also sollen die Dummen, die sich von der Stadt verlocken ließen, den Gasverbrauch zu fördern, jetzt mit 50 Pfg. für den Kubikmeter bestraft werden. – Ich denke, wir wollen uns unserer Haut wehren und den Herrn Gasdezernenten bitten, zum mindesten bei allen Familien, die keinen Kohlenherd sondern nur Gasherd haben, eine Ausnahme von dem hohen Gaspreis zu machen, resp. den Verbrauch zum alten Preis für den Kopf der Familie mit ca. 30 Kubikmeter zu belassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Soldatenheim. Mit Genehmigung der städt. Behörde konnte das Soldatenheim Gesellenhaus am verflossenen Sonntag seine wahrhaft vaterländischen und christlicher Nächstenliebe dienenden Aufgaben wieder nachgehen. Und wie dringend nötig das Offenhalten des Soldatenheims war, bewies schlagend der überaus starke Besuch von Seiten der Feldgrauen. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Als ich heute morgen die neue Brikettsverordnung las, pries ich meinen Bekannten glücklich, der bei seinen 14 Personen und vier Räumen 14 Zentner Briketts erhält, während ich bei einer Haushaltung von zwei Personen mit sieben Räumen nur zwei Zentner erhalte. Die Sache ließ ich mir noch gefallen, wenn die Briketts nicht schwarz, sondern weiß wären und anstatt aus Braunkohlenmasse aus Speck gepreßt wären. Athanasius.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Freitag, 23. Februar 1917
Der Rhein führte gestern ganz plötzlich wieder Treibeis. Die ersten vereinzelten Eisschollen kamen bei Tagesanbruch, ihre Zahl nahm so schnell zu, daß gegen Mittag der Strom auf der ganzen Breite mit Treibeis bedeckt war. Ebenso schnell, wie es gekommen war, ist das Eis auch wieder verschwunden. Gestern nachmittag gegen 4 Uhr trieben zwischen dem Bonner Ufer und etwa der Mitte des Stromes nur noch vereinzelte Eisschollen, während die Beueler Seite noch dicht mit Eis bedeckt war, bis zum Abend hatte aber auch auf der rechten Seite der Eisgang fast ganz aufgehört. Das Eis kam größtenteils von der Mosel, deren Eisdecke sich Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag durch das steigende Wasser gelöst und in Bewegung gesetzt hatte.
Die Schiffahrt wurde durch den gestrigen Eisgang vorübergehend gestört. Ein Schleppzug mit fünf beladenen Kohlenschiffen, der vorgestern abend vor Bonn Anker geworfen hatte, konnte seine Reise stromaufwärts gestern erst gegen Abend fortsetzen. Im übrigen wird der Schiffahrtsbetrieb, wenn der Rhein heute voraussichtlich wieder eisfrei ist, durch den etwas höheren Wasserstand erleichtert.
Drei heimlich geschlachtete Schweine sind gestern vormittag von der hiesigen Kriminalpolizei beschlagnahmt und dem Lebensmittelamt überwiesen worden. Die Tiere sind lebend aus dem Kreise Rheinbach nach Bonn gebracht, zwei sind in einem hiesigen Pferdestalle, eins anscheinend auf freiem Felde geschlachtet worden. Die beschlagnahmten Schweine wogen 63, 70 und 80 Kilogramm.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
An die Männer und Frauen auf dem Lande!
Die Landarbeit in allen ihren Teilen ist vaterländischer Hilfsdienst. Wer den Pflug führt und das Vieh pflegt, das Saatkorn in die Erde senkt und die Ernte herein bringt, steht auf demselben Posten, wie der Granatendreher und der Munitionsarbeiter. Auf beide verlassen sich unsere Brüder im Felde draußen; auf den Landarbeiter aber hofft und baut Alles. Das muß sein Stolz und seine Ehre sein. Fahnenflucht begeht der, der jetzt den Pflug und die Scholle verläßt, Verrat an den Volksgenossen, wer jetzt dem Lande den Rücken kehrt, um in Stadt und Industrie einige Groschen mehr zu verdienen. Das Land braucht seine Menschen so notwendig, wie die Fabrik. Mit gutem Vorbild und überzeugendem Wort müssen solche Flüchtlinge zurückgehalten werden.
Abenteuerliche Kriegsgerüchte tauchen in letzter Zeit wieder auf. Der Gouverneur der Festung Köln warnt in einer Bekanntmachung, die in der vorliegenden Nummer abgedruckt ist, nachdrücklich vor böswilliger oder auch nur fahrlässiger Verbreitung unwahrer Kriegsnachrichten. Zuwiderhandelnde werden unter strengen Freiheitsstrafen gestellt.
Der Gassparpreis, der heute im Stadtverordnetenkollegium beschlossen werden soll, begegnet in der Bürgerschaft einer recht geteilten Aufnahme. Es werden dagegen vielerlei gewichtige Gründe geltend gemacht. Vor allem wird darauf hingewiesen, daß viele Familien infolge des Kohlenmangels in erhöhtem Maße für Koch- und Heizzwecke Gas benutzen und daß auch die veränderte Ernährungsweise die vermehrte Benutzung des Gasherdes verursacht. Der Gassparpreis würde deshalb eine wesentliche Verteuerung der ohnedies sehr schwierig gewordenen Lebenshaltung der mittleren und kleineren Bürger herbeiführen. Auch ist zu bedenken, daß das Gaswerk bisher die „melke Kuh“ unseres Stadtsäckels war und daß eine gewaltsame Zurückdrängung des Gaskonsums schädigend auf die Finanzen der Stadt einwirkte. Da wir an sich seine reiche Kohlenförderung haben und die Kohlenknappheit wohl nicht zum Wenigsten auf die starke Ausfuhr nach neutralen Ländern zurückzuführen ist, so wäre es der Ueberlegung wert, ob unsere Kommunalverbände nicht in Berlin dahin vorstellig werden sollen, daß zunächst die Kommunen ausreichend mit Kohlen versorgt werden und daß man erst dann an die Versorgung des neutralen Auslandes denkt. „Das Hemd liegt uns näher als der Rock“ und es dürfte sich vielleicht doch ein Mittelweg finden, um einen Ausgleich zu schaffen, der uns einerseits unsere Kohlenpolitik gegenüber dem neutralen Auslande gestattet und andererseits es doch ermöglicht, daß der heimische Herd nicht erkaltet. Die Rücksichtnahme auf die minderbemittelten Gasverbraucher ergiebt sich aber auch aus unseren neuen Steuervorlagen, insbesondere aus der geplanten Kohlensteuer, die das ohnedies schon verteuerte Brennmaterial noch mehr belasten wird.
Da die ganze Frage des Gasersparnispreises im Grunde genommen eine Kohlenfrage ist, so wäre weiterhin zu erwägen, ob man die schöne Wasserstraße des Rheins, die auch an Bonn vorüberführt, nicht intensiver als bisher zur Kohlenbeförderung nach Bonn in Anspruch nehmen sollte. Unsere Stadtverwaltung in Verbindung mit der Handelskammer finden vielleicht Weg, der uns eine innigere Verbindung mit den rheinisch-westfälischen Kohlenzechen schafft und uns auch aus dem Saargebiet Kohlen in vermehrter Menge zuführt. Wo ein Wille, da ist auch ein Weg. Die Zeiten werden bitter ernst für die ärmere und mittlere Bevölkerung und unserer Stadtverwaltung erwächst aus diesem Umstande die Aufgabe, mit der gleichen Initiative, mit der sie bisher sich dankbarerweise um die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung erfolgreich bemüht hat, auch um die Beschaffung ausreichender Kohlenmengen mit aller ihren Gliedern zu Gebote stehenden schätzenswerten Tatkraft einzusetzen. Unser Herr Oberbürgermeister ist Vorsitzender des Provinziallandtages und hat in dieser Eigenschaft einen weitreichenden Einfluß. Möge die Autorität unseres städtischen Verwaltungschefs uns in dieser seiner besonderen Eigenschaft zugute kommen und alle Riegel aufgeschlossen werden, die dazu führen, daß Bonn ausreichend mit Kohlen versorgt wird. Unsere günstige Lage am alten Vater Rhein muß es möglich machen können, daß die Mengen, die nicht mit rollendem Material herangeschafft werden können, zu Schiff bei uns angeliefert werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Gasersparnis. Wir haben Zentralheizung und keinen Koks. Auf Anfrage bei der Stadt wies man uns an die Kohlenhändler – von dem unseren können wir nichts erhalten – von fremden 1 Zentner auf die Warenkarte. – Damit kann man keine Zentralheizung im Gange halten. Wir halfen uns mit Gasofen. – Wie soll das nun werden bei der großen Preiserhöhung? Um Rat bittet eine niedergedrückte Hausfrau.
Zur Gasersparnis. Möchte mir nur die Frage erlauben, warum alle Maßnahmen immer so gedreht werden, daß sich die Härten derselben nur hauptsächlich gegen die Minderbemittelten kehren? Wenn man jetzt abends noch etwas umherläuft, um zu Hause ein paar Briketts und ein Stündchen Licht zu sparen, kann man sich überzeugen, wie in den eleganten Häusern und Villen der vornehmen Viertel die Kronleuchter im Glanze so und so vieler elektrischer Birnen erstrahlen. Ja, ist denn zur Erzeugung des elektrischen Stromes keine Kohlen notwendig? Jetzt, wo man gezwungen ist, Kochen, Waschen, Bügeln, alles mit Gas zu besorgen, wird gerade nur auf Gasverbrauch solcher Sparsamkeitszwang ausgeübt. Kohlen bekommt man selbst bei allen Bitten und Mühen nicht, und jedes Menschen Sache ist es auch nicht, sich in Scharen auf dem Hofe eines Kohlenhändlers stundenlang aufzustellen, um ein paar Briketts zu ergattern. Die besseren Leute sind ja nicht auf Gas angewiesen, die haben Kohlen genug, wenn dort alle die beschlagnahmt würden, die über 10 Zentner aufgespeichert sind, hätte Bonn sicher auf Wochen Kohlen genug. Oder sollen sich die weniger Begüterten nur deshalb größere Beschränkungen auferlegen, damit sich nur ja die Bessergestellten keinen Zwang anzutun brauchen.
Gasersparnis. Wir sollen Gas sparen! Warum nicht auch elektrisch Licht und überhaupt Kohlen? Die vorgeschlagene Maßregel bedeutet nämlich eine einseitige Belastung der Gasverbraucher. Daß bei der Gasbeleuchtung noch manches gespart werden kann, ist sicher, anders ist es aber beim Kochen mit Gas. Viele Haushaltungen kochen nur mit Gas (denn es ist ja viel sparsamer als das Kochen mit Kohlen), andere haben sich jetzt bei dem Mangel an Kohlen, Spiritus und Petroleum einen Gasherd angeschafft; ferner verlangen die jetzt vorhandenen Nahrungsmittel wie Rüben, Graupen usw. eine viel längere Kochzeit; ferner muß jetzt auch abends gekocht werden, und wenn es nur eine Suppe ist, denn die Zeiten von Butterbrot und Wurst abends sind vorüber. Muß der Gasverbrauch noch weiter eingeschränkt werden – zum Sparen überhaupt hat uns Gott sei Dank der Krieg erzogen - , dann müßte eben der Kohlenherd wieder mehr benutzt werden! Der Erfolg wäre dann wohl weniger Gasverbrauch, dafür erhöhter Kohlenverbrauch, wozu noch die viel größere Arbeit für die jetzt schon genügend in Anspruch genommenen Hausfrauen kommt. Die vorgeschlagene Maßregel hieße also: den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. G.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ausgabe von Milchkarten. Die Milchkarten für die Monate März und April werden am 28. ds. Mts. durch die Milchhändler ihren Kunden zugestellt. Die neuen Milchkarten werden nur gegen Rückgabe der Mittelstücke der alten Milchkarten ausgehändigt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 24. Februar 1917
[...] Kartoffeln. An jeden Bezugsberechtigten werden 3 Pfund Kartoffeln ausgegeben. Schwerarbeiter erhalten auf die Zusatzkartoffelkarte weitere 4 Pfund Kartoffeln. Als Ersatz für Kartoffeln werden in der nächsten Woche auf die Warenkarte Nr. 7, 8, 9 und 10 je drei Pfund Steckrüben, also insgesamt 12 Pfund ausgegeben. Die Abnahme der ganzen Menge Steckrüben ist nicht notwendig, sondern es können die auf die Einzelabschnitte zustehenden Mengen gesondert gekauft werden.
Da die Ausgabe der Steckrüben nur noch kurze Zeit dauert, wird jeder Hausfrau dringend empfohlen, sich für die kommende gemüsearme Zeit Steckrüben in größerem Maße zu trocknen oder einzusäuern. Die Anweisungen dazu sind in den Verkaufsstellen zu haben.
Kolonialwaren.
[...] Dienstag und Mittwoch wird in der städtischen Verkaufsstelle Maxstraße (Hof der Feuerwehrkaserne) Auslandsspeck verkauft. Es können auf Warenkarte Nr. 11 200 Gramm gesalzenen Speck gekauft werden. Der Preis beträgt 6,50 M. das Pfund. Der Speck wird ohne Fleischmarke abgegeben.
Voraussichtlich wird auch in der nächsten Woche wieder kondensierte und sterilisierte Milch in Blechdosen und Flaschen verkauft werden können. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß diese Milch keine große Haltbarkeit besitzt. Infolgedessen ist es nicht empfehlenswert, größere Mengen zu längerem Aufbewahren zu kaufen. Ueberhaupt sei an dieser Stelle auf die geringe Haltbarkeit aller konservierten Nahrungsmittel in Blechdosen ausdrücklich hingewiesen. Das Weißblech fehlt und das Schwarzblech, aus dem die Dosen jetzt hergestellt werden, ist für die Aufbewahrung der Nahrungsmittel lange nicht so geeignet.
Kohlen. Nachdem der Stadt Bonn täglich größere Mengen Briketts und Kohlen geliefert werden, ist die dringendste Kohlennot behoben. Es fehlt natürlich noch an einzelnen Kohlensorten wie Anthrazit-Nußkohlen. Die Verbraucher müssen sich daher noch für kurze Zeit den gegebenen Verhältnissen anpassen. Es sei darauf aufmerksam gemacht, daß einzelne Kohlenhändler sich geweigert haben, Kohlen von ihrem Lager abzugeben mit der Begründung, diese seien bereits verkauft, trotzdem dies vielfach nicht der Fall war. Gegen ein derartiges Verfahren wird mit aller Strenge seitens des Lebensmittelamtes vorgegangen werden. Bei Uebertretungen werden die Geschäfte unnachsichtlich geschlossen werden. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn“)
In der Stadtverordnetenversammlung gab gestern Oberbürgermeister Spiritus wieder einen zusammenfassenden Bericht über die Lebensmittelversorgung in Bonn. Er erwähnte u. a., daß die Stadt bei ihrem Lebensmittelgeschäft bisher rund 40 Millionen Mark umgesetzt habe, in den letzten vier Wochen allein fünf Millionen. Die Stadtverordneten stimmten der Erhöhung des Kartoffelpreises von 5.50 auf 6.50 Mark zu und erklärten sich auch mit der Anschaffung eines Lastkraftwagens für das Lebensmittelamt einverstanden. Die ungedeckten Kriegsausgaben der Stadt beliefen sich am 1. Januar, wie der Oberbürgermeister mitteilte, auf annähernd drei Millionen Mark, sie sollen später durch eine Anleihe gedeckt werden. die Vorlage über die Einführung eines Gassparpreises wurde vertagt. Außerhalb der Tagesordnung wurde angeregt, der zunehmenden Verwilderung der Schuljugend durch planmäßige Beschäftigung in der Landwirtschaft entgegenzuwirken. Auf eine weitere Anfrage teilte die Verwaltung mit, daß die Ausgabe von Notgeld vorbereitet werde. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Gegen das Ueberhandnehmen des Rollschuhlaufens inmitten unserer Stadt werden gegenwärtig viel Klagen laut. Gewiß gönnt man der Jugend jedwede gesundheitliche Bewegungsbetätigung von Herzen gerne, solange nicht recht bedenkliche Gefahren für die Ausübenden selbst und für den freien Verkehr damit verbunden sind. Von den Straßenbahnen, Fuhrwerken und Fußgängern wird das geradezu massenhafte und rücksichtslose sportliche Auftreten des Rollschuhlaufens vielfach belästigend empfunden. Alle asphaltierten Straßenstrecken und alle Bürgersteige bilden augenblicklich wieder wahre Tummelplätze für diesen Sport. Wenn schon am Tage selbst dieser Uebelstand vielfach zu Kollisionen führt, umsomehr hat man am Abend bei der dürftigen Beleuchtung eine Anrempelung zu befürchten. Es scheint nicht allgemein bekannt zu sein, daß Rollschuhlaufen in den Straße von der Polizei verboten ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtischer Gemüseverkauf. Weiß die Stadt, welche gute Kundschaft sie an der Bürgerschaft von Beuel etc. hat? Wenn nicht, so können ihr die Straßenbahnschaffner, die auch mich darauf aufmerksam gemacht haben, die zuverlässigste Auskunft darüber geben. Es gehen auf diese Weise große Mengen Gemüse ins „Ausland“, während zahlreiche Bonner betrübt ohne Gemüse nach Hause zurückkehren müssen, wie dies heute morgen betr. Krauskohl schon um 11 Uhr der Fall war. Durch die Beschränkung des Verkaufs gegen Vorzeigung des Umschlages der Lebensmittelkarte wäre dem leicht abzuhelfen.
Jeder ordnet sich zudem gerne der vorgeschriebenen Reihenfolge an. Heute vormittag aber drängten sich einige Personen vor und wurden auch in der Tat sofort bedient, sodaß nicht nur wir andern länger warten mußten, sondern einige von denen, die hinter mir standen, überhaupt kein Gemüse mehr erhielten, während ihren der geordneten Reihenfolge nach wenigstens das Gemüse zugestanden hätte, was sich die vordrängenden Personen mitnahmen. Als ich die Verkäuferinnen darauf aufmerksam machte, wurde ich in recht unhöflicher Weise darauf hingewiesen, „daß diese Frauen in städtischen Diensten ständen und ebensogut was zu essen haben wollten, wie wir“. Ich bin überzeugt, daß das Lebensmittelamt mit dieser Praxis nicht einverstanden sein wird. Civis.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Stadtverordnetensitzung vom 23. Februar.
[...] Außerhalb der Tagesordnung fragte Stadtv. Gudden: Welche Maßnahmen gedenkt die Schulverwaltung zu treffen, um der zunehmenden Verwilderung der Schuljugend entgegenzutreten. Redner regt an, die Schuljugend außer der Schulzeit unter Aufsicht zu beschäftigen. Die Lehrerschaft werde über das Maß ihrer Pflicht hinaus bereit sein, um das zu erreichen, was wir wollen. Auch das Zigarettenrauchen der Jugendlichen nehme überhand.
Schulrat Dr. Baedorf dankte dem Vorredner für seine Anregung der Beschäftigung außerhalb der Schulzeit.
Stadtv. Direktor Bins schlug eine planmäßige Beschäftigung in der Landwirtschaft vor. Die Lehrerschaft möge die Arbeitsvermittlung übernehmen.
Schulrat Dr. Baedorf dankte auch für diese weitere Anregung und versprach, ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken.
Stadtv. Butscheidt meint, angebracht sei es, das Züchtigungsrecht auf Erwachsene in gewissem Umfange auszudehnen.
Die Sache wird weiter verfolgt werden.
Schulrat Dr. Baedorf bemerkte, es sei das beste, wenn Erwachsene ihm die Kinder, welche frech seien, zur Anzeige brächten.
Damit ist die Anfrage erledigt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 25. Februar 1917
Lichtbildervortrag über die Nahrungsmittelversorgung der Stadt Bonn. Herr Beigeordneter Piehl wird in seinem Lichtbildervorträger über die Nahrungsmittelversorgung der Stadt Bonn in der Kriegszeit (im Liberalen Bürgerverein) die gesamten städtischen Einrichtungen und Anlagen auf diesem Gebiete in Lichtbildern vorführen: die vielen Lager für Mehl, Kartoffeln, Kolonialwaren, Zucker, Speck, Fleisch, Futtermittel, ferner die Schweinemast, die Milchwirtschaft usw. Auch der Bonner Fleischverbrauch in den letzten drei Jahren soll, getrennt nach einzelnen Fleischarten, bildlich dargestellt werden. Um den Verbrauch der wichtigsten Nahrungsmittel wirksam zu veranschaulichen, wird er maßstäblich mit der Münsterkirche, der Zuckerverbrauch mit dem Beethovendenkmal verglichen werden. Auch die Kriegsküchen und ihr Verbrauch werden in Wort und Bild eingehend behandelt werden. Der Vortrag findet nächsten Samstag, abends 8 Uhr, im großen Saale der Lese statt, alle Mitbürgerinnen und Mitbürger ohne Unterschied der Partei haben dazu freien Zutritt.
Universität. In einem Anschlag am Schwarzen Brett bittet Professor A. Pflüger um die Feldadressen von Studierenden der Physik, die sich zur Verwendung in der funkentelegraphischen Rüstabteilung der Fliegertruppen anfordern lassen können. Professor Pflüger sucht ferner Damen und Herren, die Physik studieren oder über physikalische Vorkenntnisse verfügen und bereit sind, im März an einem Uebungskurs für Funkentelegraphie teilzunehmen. An diesem Kursus dürfen nur zivildienstpflichtige, keine wehrpflichtigen Herren teilnehmen.
Kocht in der Kochkiste! Das städtische Lebensmittelamt schreibt: Laßt uns diese Mahnung recht beherzigen, wenn jetzt, wo die wärmere Jahreszeit herannaht, der Ofen nicht mehr beständig geheizt werden muß. Es ist eine vaterländische Pflicht der Hausfrau, sich beim Kochen der Kochkiste zu bedienen. Das Kochen in der Kiste erspart Feuerung, Gas und Zeit und erleichtert der Hausfrau ungemein die Haushaltsführung. [...] Im März wird hier eine Anfertigungsstelle eröffnet, wo jeder Hausfrau Gelegenheit geboten ist, sich unter Mithilfe von Frauen der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe eine Kochkiste herzurichten. Dort werden auch Anweisungen kostenlos verabfolgt. Die Eröffnung dieser Stelle wird noch bekanntgegeben.
Die Polizeistunde ist zunächst noch nicht wieder von 10 auf 11 Uhr verlängert worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Maisgries, Haferfabrikate, Graupen für die Schwer- und Schwerstarbeiter werden in der Woche vom 25. Febr. bis 3. März ausgegeben. Das ist für die Kinder dieser Arbeiter gewiß eine willkommene und notwendige Ernährungsergänzung, die nur mit Dank zu begrüßen ist, die Schwerarbeiter selbst werden gerade diese Zusatznahrungsmittel in den wenigsten Fällen genießen. Die Beschränkung der Ausgabe auf die Schwer- und Schwerstarbeiter bedeutet aber gegenüber den anderen Vätern und Müttern, die nicht zu den Schwerarbeitern gehören und gehören können, aber doch ebenso gut dem Vaterlande dienen, eine große Härte. Außer den hohen Löhnen und besonderen Vergünstigungen bekommen die Schwerarbeiter nun diese Vergünstigung hinzu, dagegen sind bei den Uebrigen die Einkünfte geringer und keine entsprechenden Vergünstigungen vorhanden. Die kochfertigen Suppen sind für die kleinen Leute viel zu teuer, sie essen sich arm daran und müssen ihre Kinder doch hungrig ins Bett legen. Es dürfte darum dringend empfohlen werden, die Ausgabe von derartigen billigeren Lebensmittel wie Maisgries, Haferfabrikate usw., auf die Kinder der Kriegerfamilien und anderer auszudehnen. Eine bestimmte Altersgrenze wäre dabei festzusetzen. Ein Familienvater.
Anmerkung der Redaktion: Die Reichsverteilungsstelle für Nährmittel und Eier hat, wie wir von zuständiger Seite erfahren, der Stadt Bonn Maisgries, Hafererzeugnisse und Graupen zur Verteilung an die Schwer- und Schwerstarbeiter zugewiesen. Die Stadt muß deshalb diese und kann keine anderen Waren an die Schwerarbeiter abgeben. Uebrigens werden für die Schwerarbeiter demnächst auch andere, kräftigere Lebensmittel ausgegeben werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern wieder besser beschickt als anfangs der Woche. In den letzten Tagen finden sich auch wieder mehr Verkäuferinnen vom Lande ein. Gestern war wieder reichlich Gemüse vorhanden, hauptsächlich Krauskohl, Rosenkohl, Sprutengemüse sowie sehr viel Feldsalat, allerdings durchweg zu hohen Preisen. [...]
Auch der Großmarkt auf dem Stiftsplatze hatte gestern wieder verhältnismäßig große Zufuhren, besonders in Gemüse, [...] . Die Waren wurden recht flott aufgekauft, hauptsächlich von auswärtigen Händlern, und zwar der Markt um 8 Uhr früh schon fast vollständig wieder geräumt.
Der städtische Gemüse-, Obst- und Fischverkauf auf dem Wochenmarkte hatte gestern wieder sehr regen Zuspruch. An Gemüse war leider nur Krauskohl zu 40 Pfg. das Pfund zu haben. [...]
De Wasserleitung es geplatz.
Die bekannte ältste Lück wesse sich net zu erinnere, dat jemohls su vill Wasserleitungsrühre geplatz on su vill Wasserleitunge zogefrore senn, als en dissem Johr. Ganze Strohße waren en de letzte vierzehn Dag off ohne Wasser, dofür hatte andere widde durch platze der Leitunge et Wasser foßhuh em Kelle stonn. De Installateure, die bisher net hallef esu vill Beachtung gefunge hätte wie ne Botterhändler, ne Metzger oder ne Kollemann, dat woren met eenem Schlag gesökte Persönlichkeite. Och ons Feuerwehr, et Mädche für Alles, wurd knatsch jeck gemaht von all denne, die Wasser ze vill hatte. Et Wasserwerk es sing Lebtag noch net su off aangerofe worde, wie en de vörrige Woch. „Schicken Sie doch direkt Jemand nach …“, „Bei uns steht das ganze Haus unter Wasser…“, „Lassen Sie umgehend mehrere Arbeiter kommen ….“, „Wir haben seit acht Tagen kein Wasser, schicken Sie doch einen Sprengwagen …“. Su ging dat faß de ganze Dag. On die Beamte konnten nix andesch sage, dat se weder Lück noch Päed genog hätte, öm der Nut op eenmohl e End zu mache. „Drieht de Haupthahn zo, schlagt et Leitungsrühr platt oder goht nohm Installateur“, dat woren en de Haupsach de Rohtschläg, die et Wasserwerk für de Oogenbleck gävve konnt! [...]
Während die all en Nut wore, weil se ze vill Wasse hatte, soße andere widde vollständig om Drügge. Noh Honderte zällen die Huhshaldunge, denne de Wasserleitung eingefrore wor. Net selde woren ganze Hühse vierzehn Dag on drei Woche lang vollständig ohne Wasser; on hück noch moß männiche Huhsfrau et Wasser en de Nohbarschaff holle. Dot hät vill Aerger on Verdroß gegovve.
Wenn me net mieh einfach an de Krahne gonn kann on löß et Wasser loofe, dann merk me iersch, wie vill Wasser me de Dag üvve en de Huhshaldung bruch. On trotzdemm et Wasserwerk bekannt gemaht hat, dat Eener demm Andere met Wasser ußhellefe soll, gov et doch an vill Stelle lang Geseechte, wenn de Fraue met ihre Aemmere on Kanne kohme, öm sich jet Wasser ze holle.
Jetz eß Gottseidank de grüßte Nut erömm, doh och de Stadt verschiedene Sprengwage durch die Straße scheck, die su zimmlich alles met Wasser versorge.
Wenn späder vom Kreegsjohr 1917 gesproche on geschrevve wierd, dann wierd me he en Bönn och noch off an die Wassernut denke. – Die Eene verzälle, dat se ze vill Wasser gehatt hann, on die Andere, dat se üvverhaup keen hatte.
Immer datselve Bildche: wat der Eene ze vill hät, dat hät der Andere ze winnig … fo.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Milchversorgung. Bisher erfolgte die Ausgabe der Milchkarten durch die Kartenausgabestelle des städtischen Lebensmittelamtes. Um der Bürgerschaft bei der großen Anzahl der versorgungsberechtigten Personen das lange Warten an der Ausgabestelle zu ersparen, soll diesmal versuchsweise die Verteilung der Milchkarten durch die Milchhändler erfolgen. Es haben sich bereits eine Reihe von Händlern entgegenkommenderweise bereit erklärt, diese Arbeit zu übernehmen und auch von den andern kann angenommen werden, daß sie sich im Interesse ihrer Kundschaft gerne dieser Mühe unterziehen. Die Verteilung der Karten erfolgt am 28. ds. Mts. bei der Milchbestellung. Die neuen Milchkarten werden nur gegen Rückgabe des Mittelstückes der alten Milchkarten ausgehändigt. Bei Unregelmäßigkeiten wende man sich sofort an die städtische Milchverteilungsstelle, Am Hof, neben Etscheid.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mehr Licht! wäre abends dringend zu wünschen auf der Sandtstraße [jetzt: Eduard-Otto-Str.], wo auf dem Teil von der Hindenburgstraße [jetzt: Hausdorffstr.] bis zum Bonnertalweg keine Laterne brennt. Besonders dringend nötig wäre dieses gegenüber der Hindenburgschule [auf den Gelände der heutigen Grsematschule] an der Treppe des Verbindungsweges zum Weidengarten; nicht allein daß man auf dem aufgetauten Weg bis über die Knöchel durch den Schmutz watet, ist es direkt gefährlich die Treppe herunterzugehen. Im Weidengarten, wo in Friedenszeiten 4 Laternen brennen, ist seit längerer Zeit überhaupt kein Licht mehr, sodaß man, wenn einem Leute entgegen kommen, nicht weiß, ob man rechts oder links ausweichen soll, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Wenn auch Sparsamkeit am Platze ist, so darf dieselbe doch nicht übertrieben werden. Abhülfe wäre dringend zu wünschen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Montag, 26. Februar 1917
Gartenbau-Verein Bonn. Wegen des Verbotes, Versammlungslokale zu heizen, fällt die Monatsversammlung am 28. Februar aus.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Kohlenversorgung in Bonn. Am Mittwoch sollen die Stadtverordneten noch einmal über die Einführung oder Ablehnung des sog. Gasersparnispreises in öffentlicher Sitzung beraten. Es ist anzunehmen, daß der Haus- und Grundbesitzerverein, der Handels- und Gewerbeverein wie auch unsere Bonner Handelskammer in dieser die breite Masse der Bürgerschaft im allgemeinen wie zahlreiche Gewerbetreibende im besonderen hart treffende Maßnahme um ihre Meinung befragt worden sind, bezw. daß diese daß diese Stellen angesichts der Wichtigkeit der Frage nicht in einem Dornröschenschlaf verharren. In Berlin hat sich der Haus- und Grundbesitzerverein beispielsweise in der Kohlenfrage ganz energisch seiner Haut gewehrt und hat mit dem Gouverneur der Marken persönlich hierüber verhandelt. Warum sollte es nicht auch in Bonn möglich sein, daß die zunächst interessierten Kreise sich der Angelegenheit annehmen. Unser Herr Oberbürgermeister Spiritus mußte am Freitag in der Stadtratssitzung darüber Klage führen, daß er in der Frage der Kohlenbeschaffung lediglich von Herrn Prof. Landsberg unterstützt worden sei. Haben wir in Bonn denn keine in Verkehrsfragen und in der Kohlenbranche erfahrene Männer, die zur Montanindustrie Fühlung unterhalten? Wir glauben diese Frage bejahen zu dürfen. Es ist uns nicht bekannt, was in der Angelegenheit in geheimer Sitzung am Freitag zur Kenntnis gebracht worden ist. Wohl aber steht es fest, daß die Kohlenfrage für uns wesentlich eine Transportfrage ist. Die Frage, ob wir eine Strangulierung des Gasverbrauchs vornehmen müssen, also genötigt sind, unsere beste kommunale Einnahmequelle zu verengen, ist doch wohl davon abhängig, in wie weit wir in der Lage sind, das Gaswerk mit Kohlen zu versorgen. Es wäre also festzustellen, ob diese Versorgungsmöglichkeit uns benommen ist. Diese Frage ist am Freitag öffentlich nicht beantwortet worden. Führt man den Gasersparnispreis ein, dann muß man doch wohl der Bürgerschaft den Nachweis führen, daß alle Schritte, eine ausreichende Kohlenversorgung für das Gaswerk zu bewirken, erfolglos geblieben sind. Und wenn dem so ist, wenn der Gaskonsum zurückgedrängt wird, geht die Bürgerschaft naturgemäß wieder mehr zur Kohlenverfeuerung über, und dann fehlt es uns erst recht an Kohlen. Die Stadt würde also mit dem Gassparpreis in eine Zwickmühle geraten. Versuchen wir es deshalb zunächst damit, möglichst viele Kohlenkähne am Bonner Werft anlegen zu lassen. Amtlicherseits finden derartige Bemühungen die bestmöglichste Unterstützung. Ist doch zur Entlastung des Güterverkehrs der Eisenbahnen angeordnet worden, die Binnenwasserstraßen mehr für den Güterdienst nutzbar zu machen. Die Köln-Düsseldorfer Gesellschaft ist deshalb von dem Bevollmächtigten der Schiffahrtsabteilung beim Chef des Feld-Eisenbahnwesens des stellvertretenden Generalstabs der Armee aufgefordert worden, die notwendige Zahl von Personen- und Güterdampfern für die Uebernahme der Eilgüter der Eisenbahn auf dem Rheinwasserwege bereitzustellen. Soweit es sich mit dem vorhandenen Personal ermöglichen ließ, sind vorläufig genügend Boote eingestellt, welche eine prompte Beförderung der Güter gewährleisten. Sollte der Güterandrang jedoch so werden, daß noch mehr Boote fahren müssen, so liegen auch diese schon hierfür bereit, so daß die Abfahrt je eines Schiffes zu Berg und zu Tal stattfinden kann. Diese Maßnahme hat zwar in erster Linie Eilgüter im Auge, jedoch zeigt sie deutlich die Tendenz, durch die Benutzung der Wasserstraßen die Transportmöglichkeiten zu erweitern. Es ist sogar schon die Anregung öffentlich gegeben worden, alte Torpedoboote aus unserer Marine für die Kohlenbeförderung nutzbar zu machen und auch Marinemannschaften der Besatzung zur Verfügung zu stellen. Man übereile deshalb den Beschluß im Stadtrat nicht und warte vielleicht noch einige Wochen ab, wie sich nach dem Eintritt milden Wetters die Verkehrsbedingungen für den Kohlentransport auf dem Rhein entwickeln. Die Bürgerschaft würde, wenn wir deren Stimmung und Wünsche recht verstehen, den Herren Stadtverordneten und unserer Stadtverwaltung für eine solche vorsichtig abwartende Haltung sicherlich dankbar sein.
Namentlich in den Kreisen derjenigen Gaskonsumenten, die ihren Konsum nicht nur nicht auf 75 Prozent ihres bisherigen Bedarfs einzuschränken vermögen, sondern sogar gezwungen sind, mehr Gas zu verbrauchen als im vergangenen Jahre, sieht man der Entscheidung unserer Stadtverordneten mit großer Spannung entgegen. Für sie bedeutet der Gasersparnispreis von 50 Pfg. pro Kubikmeter eine durchgängige Verteuerung des Gaskonsums um 100 Prozent. Bei Einführung des Gasersparnispreises würde also eine gewissen Kategorie unserer Mitbürger gewissermaßen mit einer Sondersteuer belegt werden, und diejenigen, die wieder zu Kohlenfeuerung übergehen, würden sich gezwungen sehen, sich wieder Herde anzuschaffen usw., was natürlich auch mit Ausgaben verknüpft ist. Daß es sich bei dem Gasersparnispreis um eine verschleierte Gassteuer handelt, darf man wohl ohne weiteres als unzutreffend betrachten. Es ist sicherlich nur eine zwingende Notlage, die unsere Gasdeputation zu einem derartigen Schritt angeregt hat, der, wenn sich ein Ausweg findet, sicherlich vermieden bleiben wird.
Wie wir kurz vor Redaktionsschluß noch durch ein amtliches WTB-Telegramm aus Berlin erfahren, hat die Reichsregierung sich entschlossen, in die Verteilung der Kohlenvorräte einzugreifen. Unsere Stadtverordneten stehen also jetzt einer ganz veränderten Sachlage gegenüber. Inwieweit diese sich zugunsten der Kohlenversorgung der Städte verschiebt, läßt sich noch nicht erkennen. Wir vermuten, daß es sich in erster Linie um eine kriegswirtschaftliche und politische Maßnahme handelt, die zunächst unserer Kriegsindustrie und der Versorgung des neutralen Auslandes gilt. Jedenfalls ist der heute von uns zur Veröffentlichung gelangende bezügliche Bundesratsbeschluß in die Erörterung einzubegreifen, die am Mittwoch im Kollegium unserer Stadtverordneten über den Gaspreis stattfinden soll.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg: Der Vaterländische Frauenverein Godesberg tagte gestern in einer Generalversammlung unter dem Vorsitze von Frau Jos. Mayer (Muffendorf). Es wurde beschlossen, auch im Verein sich auf einen Kriegshilfsdienst zu rüsten und zu diesem Zwecke eine Liste zum Einzeichnen zirkulieren zu lassen. Der allgemeinen Wohlfahrtspflege, insonderheit der Säuglingsfürsorge und der Hebung der landwirtschaftlichen Bestellung aller geeigneten Bauflächen will man ein erhöhtes Interesse zuwenden. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Dienstag, 27. Februar 1917
Der Unterricht in den Volksschulen beginnt von heute ab wieder um 8 Uhr.
Schulanfang – Schulpflichtanfang. Rechtsanwalt Felix Joseph Klein schreibt uns: Die Forderung der Frau Professor J. Binz, wiedergegeben in Nr. 56 Ihrer Zeitung, der Schulanfang solle bis auf Wiedereintritt normaler Ernährungsverhältnisse auf 9 Uhr verlegt werden, nebst ihrer Begründung deckt sich mit dem, was ich schon früher (Bonner Zeitung Nr. 336/1916) unter der Ueberschrift „Die Hauptsache ist – der Schlaf“ ausgeführt habe. Wie diese Anregung, so wollte auch meine weitere, aus denselben Gründen, die zur Forderung eines späteren Schulbeginns während der Kriegszeit führten, solle der Beginn der Schulpflicht überhaupt um ein Lebensjahr hinausgeschoben werden (vgl. Nr. 350/1916), deutsche Eltern, Lehrer, Aerzte, Jugendfreunde veranlassen, baldmöglichst bei den maßgebenden Stellen die Schritte zu tun, die das Ziel der Gesunderhaltung unserer Jugend hier von uns erheischt. Es handelt sich um Maßnahmen, bei denen, wie Frau Binz richtig andeutet, die Frage des gesundheitlichen Wohles der jetzigen Schuljugend unbedingt oberstes Gebot abgeben muß. Auf ihre sofortige Ergreifung sei hiermit nochmals hingewiesen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Warum bleibt das Victoriabad geschlossen? Nachdem auch die Bonner Schulen zögernd ihren Betrieb wieder aufgenommen haben, häufen sich die Anfragen, warum unser städtischen Victoriabad seine Pforten immer noch geschlossen hält. Auch bei dieser Anstalt unserer Stadt spielt die Kohlenfrage eine schwärzliche Rolle. Wir sind mit der Wiedereröffnung des Bonner Schulbetriebs um acht Tage hinter zahlreichen anderen rheinischen Städten zurückgeblieben. Da fragt es sich, ob die Kohlennot in Bonn stärker auftritt als in anderen Städten. Vom Victoriabad verlautet, daß vor dessen Schließung Kohlen- und Koksvorräte genügend vorhanden waren um den Betrieb aufrecht zu erhalten.
Wenn auch naturgemäß de Verkehrszahlen unseres Victoriabades während des Krieges sich auf der absteigenden Linie bewegt haben, so ist unsere städtische „Reinigungsanstalt“ gerade während des Krieges mit seinen besonderen Krankheitsgefahren vielen zum Segen geworden. Sowohl die Wannen- und Brausebäder wie auch das Schwimmbad sind von unseren aus dem Felde heimkehrenden Feldgrauen gerne aufgesucht worden und die hier garnisonierenden Truppen wie auch die in Bonn befindlichen verwundeten Feldgrauen und Kriegsgefangenen haben den Wassersegen unseres Victoriabades regelmäßig und reichlich nutzen können.
Es hieße gegenüber den medizinisch gebildeten Mitgliedern unseres Stadtverordneten-Kollegiums unnütze Worte zu sprechen, wenn wir an dieser Stelle auf den gesundheitlichen Wert des Victoriabades für unsere Bürgerschaft besonders hinweisen wollten. Die Ansprachen, die so häufig vom Sprungbrett des Schwimmbades aus ärztlichem Munde über den hygienischen Wert und Einfluß unseres Victoriabades in die Herzen der Zuhörer und über die Mauern des Victoriabades hinaus in die Presse drangen, mögen aber jetzt wieder in Erinnerung gerufen werden, wo unserem herrlichen Bade das Schicksal zu drohen scheint, mit Staub und Spinnweben überzogen zu werden.
Es fragt sich, wenn finanzielle Ueberlegungen dazu geführt haben, das Victoriabad weiterhin außer Betrieb zu lassen, ob die fortlaufenden Kosten des Bades, die Verzinsung und Tilgung von Bau und Einrichtung verursachen, nicht in einem Mißverhältnis stehen zu den eigentlichen Betriebskosten, die man jetzt allerdings zum Teil erspart, wogegen aber die Betriebseinnahmen (soweit es sich nicht um Abonnements handelt) gänzlich ausfallen.
Vielleicht findet auch morgen über diese Frage im Kollegium der Stadtverordneten gelegentlich der Aussprache über die Kohlenfrage und die Angelegenheit des Gassparpreises eine Aussprache statt. Wir zweifeln nicht, daß die warmherzigen Freunde des Victoriabades, die wir im Stadtverordneten-Kollegium besitzen, gerne geneigt sind, wenigstens zur Klärung der Frage beizutragen, warum in der Lazarettstadt Bonn eine Einrichtung wie das Victoriabad seinen Betrieb einstellen mußte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Rheinische Friedrich Wilhelms-Universität wird bekanntlich im nächsten Jahr ihr erstes Jahrhundert vollenden. Die bei einer solchen Feier üblichen Festlichkeiten mitten im Kriege vorzubereiten, ist natürlich unmöglich. Das Fest wird daher auf geeignetere Zeiten verschoben.
Konsumenten-Ausschuß. Wir werden gebeten, darauf aufmerksam zu machen, daß behufs Abstellung der mangelhaften Zufuhr von Brennmaterial der hiesige Kriegsausschuß für Konsumenten-Interessen schon Ende Januar diesbezl. Eingaben an das General-Gouvernement in Köln, an das Eisenbahnministerium in Berlin und an den kommandierenden General in Koblenz gemacht und auch noch anderweitige Maßnahmen getroffen hat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 28. Februar 1917
Ein Gänseei von 325 Gramm Gewicht hat dieser Tage die brave Gans eines Gastwirts am Jagdweg gelegt. Ein Hühnerei wiegt 60 bis 70 Gramm, das Fünffache davon ist auch für eine Gans eine gute Leistung.
Vier geschlachtete Schweine, die verbotenerweise vom Vorgebirge nach Bonn gebracht worden waren, sind gestern in einer hiesigen Fabrik beschlagnahmt und dem Lebensmittelamt überwiesen worden.
Im Café Fürstenhof werden vom morgigen 1. ab täglich Konzerte veranstaltet.
Die Bonner Lichtspiele führen diese Woche den fünften Teil des großen Homunkulus-Films vor.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ueber die Nahrungsmittelversorgung der Stadt Bonn in der Kriegszeit spricht am Samstag abend in der Lese- und Erholungs-Gesellschaft Herr Beigeordneter Piehl.
Jungmannen für die Frühjahrsbestellung. Die Beschaffung der für die Frühjahrsbestellung erforderlichen Arbeitskräfte bildet eine dringende Sorge, da die restlose Bebauung aller Anbauflächen unter allen Umständen gesichert sein muß. Mit den militärisch organisierten Jugendkompagnien hat man sehr gute Erfahrungen gemacht, wie der vorjährige Versuch mit etwa 1100 Jungmannen ergab. In größerem Umfange soll diese Hülfestellung bei der diesjährigen Ernte erfolgen. Das Kriegswirtschaftsamt für die Rheinprovinz hat die Angelegenheit für die ganze Provinz einheitlich organisiert und für die Frühjahrsbestellung eine größere Zahl von Hilfskommandos gebildet, die nach strengen militärischen Grundsätzen ausgerüstet werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Geschmacklosigkeit? Der Einsender G. in der Nr. 9628 des General-Anzeigers hat etwas zu scharf geschossen. Ich habe mir auch den Sommeschlacht-Film angesehen und muß von meinem Geschmacksstandpunkt aus bestreiten, daß durch die begleitende Musik die Vorgänge von ihrer gigantischen Höhe ins „Theater“ herabgezerrt wurden. Um was handelte es sich bei der begleitenden Musik? Es waren bei den Sturmangriffen unsere alten historischen Armeemärsche, die in der Geschichte unseres Heeres immer eine große Rolle gespielt und im Ernst der Schlachten unserer Soldaten angefeuert haben. Ferner handelt es sich um die alt-niederländischen Volkslieder. Als zum Schluß bei der Szene auf dem Soldatenfriedhof im Feindesland der Choral „Wir treten zum Beten“ erklang, war man in tiefster Seele erschüttert. Ich möchte bestreiten, daß die künstlerisch wertvolle und den Vorgängen in der Auswahl verständnisvoll folgende Begleitmusik verletzen konnte. Mir erschien sie als eine wertvolle Ergänzung des Films. Sch.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Eierverkauf. Am Donnerstag, den 1. März werden Eier an die Inhaber der Lebensmittelkarten-Umschläge Nr. 4 und an Kranke gegen deren Bezugskarten abgegeben.
Butterverkauf. Der Abschnitt Butter der Speisefettkarte berechtigt bis auf Weiteres den Inhaber zum Bezuge von 30 Gramm Butter. Der Preis für die Butter ist auf 3,35 Mark für das Pfund angesetzt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)