Dienstag, 1. Mai 1917
Zum 25jährigen Bestehen der Bonner Zeitung sind uns gestern nachmittag noch eine Anzahl Glückwünsche zugegangen, u. a. vom Bonner Gesangverein und vom Beigeordneten Piehl. Herr Piehl schreibt:
„Aufrichtige Glückwünsche zum 25jährigen Bestehen. Möge auch in Zukunft jedes neue Betriebsjahr ein Jahr glücklichsten Erfolges sein, aufbauend auf vaterländischen und vaterstädtischen Geist, und segensreich für den Verlag und seine Mitarbeiter.“
[...]
Die vereinigten deutschen Steingutfabriken sind gestern in Bonn zusammengetreten, um die Wirkung des vaterländischen Hilfsdienstes auf die Steingutindustrie zu beraten. Man einigte sich freiwillig dahin, die Absatzgebiete der einzelnen Fabriken möglichst zu beschränken, um dadurch im Interesse des Vaterlandes Transporte zu ersparen. Der Beschluß der Fabriken wird dem Kriegsamt übermittelt werden, um dessen Meinung über die beschlossene Maßnahme zu hören. Es handelt sich um sämtliche 35 deutsche Steingutfabriken.
Die Vorsteherin eines hiesigen Kriegskinderheims und ihre jüngere Schwester standen gestern vor der Strafkammer des Landgerichts unter der Anklage, an den Kindern mittels grausamer und das Leben gefährdender Behandlung Körperverletzung begangen zu haben. Zu der Verhandlung waren 36 Zeugen und Sachverständige geladen worden, davon 23 von der Verteidigung. Von den Zeugen wurde erzählt, daß Kinder, die sich beschmutzt hatten, mit der Hundepeitsche geschlagen, und, an den Beinen gehalten, mit dem ganzen Kopf in kaltes Wasser getaucht wurden, daß die Hauptangeklagte die Kinder über die Tischkante legte und mit der Hundepeitsche auf das entblößte Gesäß schlug, daß sie jeden Morgen bei ihrem Rundgang über alle Kinder, die das Bett genäßt hatten, Strafgericht mit der Peitsche gehalten habe, daß Kinder, auf ihrem Stühlchen oder auf einem Geschirr sitzend, bis zu drei Stunden mit einer Decke zugedeckt bleiben mußten, daß sie Kinder an den Beinen aus den Betten hob und mit der Hundepeitsche schlug, daß die Kinder Erbrochenes noch einmal essen mußten, daß selbst Säuglinge von etwa sechs Monaten, weil sie angeblich unsauber waren, mit der Peitsche geschlagen wurden. Der Gerichtsarzt, Geheimrat Ungar, erklärte, das Züchtigungsrecht se unzweifelhaft überschritten worden, auf keinen Fall hätten Säuglinge mit der Hundepeitsche geschlagen werden dürfen, es handele sich bei den verschiedenen Erziehungsmaßregeln um eine gesundheit-, zum Teil das Leben gefährdende Behandlung. Der Staatsanwalt betonte, die Hauptangeklagte habe durch ihr Verhalten den Stand der Kindergärtnerinnen herabgewürdigt und das Vertrauen der Eltern schnöde mißbraucht. Er beantragte gegen die Vorsteherin des Heims ein Jahr Gefängnis, gegen die Schwester 300 Mark Geldstrafe. Das Urteil lautete gegen die Vorsteherin 900 M., gegen ihre Schwester auf 300 M. Geldstrafe. Das Gericht hat, wie in der Urteilsbegründung ausgeführt wurde, daß es sich um eine gefährliche Körperverletzung, in verschiedenen Fällen auch um eine das Leben gefährdende Behandlung gehandelt habe, aber nicht um eine grausame Behandlung im Sinne des Gesetzes. Strafmildernd sei in Betracht gezogen worden, daß mit dem Heim dem Vaterland gedient werden sollte, daß die Vorsteherin zweifellos auch viel Gutes getan habe und daß ihr der Betrieb schließlich über den Kopf gewachsen sei.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Vorführung wichtiger Kriegsgemüsearten. Mittwoch, den 2. Mai, werden der Universitätsprofessor Dr. E. Küster und Frau Dr. phil. G. Küster im Hörsaal XVIII. der Universität einige wichtige Arten von Kriegsgemüsen vorführen. Es finden um 4 Uhr, 4¼, 4½ , 4¾ und 5 Uhr je eine Demonstration statt, sodaß allen Hausfrauen, die für das wichtige Thema interessiert sind, Gelegenheit geboten ist, über die wichtigsten wildwachsenden Gemüsearten sich belehren zu lassen. Nach Beginn einer Demonstration bleiben die Türen des Hörsaales bis zum Beginn der nächsten geschlossen. – Bei der großen Bedeutung der Kriegsgemüse für die bürgerliche Küche wird die Vorführung hoffentlich sehr stark besucht werden. Eintritt frei.
Vom Lande schreibt man uns: In den letzten Tagen wurden schon große Mengen Zuckerrüben gesät. Die Landwirte sind verpflichtet worden, in diesem Jahre dieselbe Fläche mit Zuckerrüben zu bebauen, die sie auch im Jahre 1914 bestellt hatten. Die Hafersaat ist so gut wie beendet. – Große Sorgen macht den Landleuten augenblicklich die Futterfrage. Während man früher schon reichlich Grünfutter zur Verfügung hatte, ist in diesem Jahre noch kein Denken daran. Die letzten Tage herrschten richtig wachsbares Wetter, aber mit dem Kleeschnitt kann vor Ablauf von 14 Tagen nicht gerechnet werden. Die Milchleistung der Kühe ist infolge der Futterknappheit stark zurückgegangen und wird sich, da Kraftfutter nicht zur Verfügung steht, nicht eher wieder heben, bis Grünfutter gegeben werden kann.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hilfsdienstpflichtige für die freiwillige Krankenpflege. Der Bedarf an Hilfsdienstpflichtigen für die freiwillige Krankenpflege ist groß. Es werden noch gesucht: Pilger, Träger, Kaufleute, Köche und solche Personen, die sich für einen dieser Zweige für die freiwillige Krankenpflege ausbilden lassen wollen. Kosten entstehen diesen Personen durch die Ausbildung nicht. Melden können sich nur Nicht-Wehrpflichtige. Die in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, sowie in Kriegswirtschaftsbetrieben bereits tätigen Hilfsdienstpflichtigen können nicht angenommen werden. Die Meldungen sind zu richten an den Territorialdelegierten der freiwilligen Krankenpflege in Coblenz, Oberpräsidium, oder an den Vorstand eines Zweigvereins vom Roten Kreuz. Die Gebührnisse in der Etappe und in der Heimat sind reichlich bemessen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 2. Mai 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt
Beim städtischen Lebensmittelamt laufen vielfach Beschwerden darüber ein, daß auch die Wochenmenge der
Krankenbrotes
von vier auf drei Pfund eingeschränkt worden ist. Die Beschwerdeführer mögen berücksichtigen, daß diese Einschränkung von der zuständigen Reichsstelle angeordnet worden ist und daß, wenn auch die Brotmenge für die Kranken herabgesetzt worden wäre, viele Leute sich wahrscheinlich Krankenbrot verschaffen würden, um dadurch eine erhöhte Brotmenge zu erhalten.
[...]
Die Beschwerden mehren sich, daß die
Metzger mehr Fleischmarken abschneiden, als ihre Kunden Fleisch erhalten. Es sei noch einmal auf das Strafbare dieser Uebung hingewiesen. Metzgergeschäfte, bei denen dieses Verfahren einwandfrei nachgewiesen wird, werden sofort geschlossen werden.
Das wärmere Wetter läßt erhoffen, daß der Bonner Markt bald reichlicher mit
Gemüse
versorgt wird. Der Endenicher Gemüsebauverein hat sich bereit erklärt, in erster Linie die Stadt Bonn mit Gemüse zu versorgen. Für die Gemüseversorgung im nächsten Winter und Frühjahr hat die Stadt Bonn schon jetzt große Flächen, bisher 60 Hektar, durch Gemüseanbauverträge gesichert; sie beabsichtigt, sich noch weitere Gemüsefelder, insgesamt 120 bis 150 Hektar, vertraglich zu sichern.
Die Teilnehmerzahl der
Kriegsküchen
ist diese recht deutlich, von 6500 auf 8000, gestiegen. Das ist der höchste Stand, den die Kriegsküchen bislang erreicht haben. Außerdem werden in der Suppenküche in der Engeltaler Straße noch etwa 800 Personen gespeist.
[...]
Knochensammlung
Die gestern veröffentlichte Verordnung des Oberbürgermeisters verpflichtet Haushaltungen, Privatmittagstische, Gast-, Schank- und Speisewirtschaften, Verein- und Erfrischungsräume, Fremdenheime, Volksküchen, Kantinen, Fabrikküchen, Krankenhäuser, Pflegeanstalten, Waisenhäuser und ähnliche Anstalten, die anfallenden Knochen an die Metzger zurückzugegeben, von denen sie entnommen sind. Anstalten und sonstige Betriebe, bei denen Knochen in größeren Mengen anfallen, können beim Lebensmittelamt beantragen, daß die Knochen unmittelbar bei ihnen abgeholt werden. Sie können die Knochen aber auch unmittelbar beim städtischen Schlachthof abgeben. Die abzuliefernden Knochen werden zur Fettgewinnung verwendet. Selbst aus Knochen, die im Haushalt usw. bereits mehrfach ausgekocht und infolgedessen für diesen wertlos geworden sind, läßt sich auf technischem Wege Fett gewinnen. Die entfetteten Knochen finden als Futter und Düngemittel Verwendung. Die herrschende Knappheit an Fetten, Futter- und Düngemitteln zwingt dazu, alle vorhandenen Knochen zur Verarbeitung zu erfassen. Es ist deshalb vaterländische Pflicht eines jeden, Knochen zu sammeln und abzugeben.
Um alle für die Kriegswirtschaft und die Lebensmittelversorgung notwendigen Güterbewegungen sofort auszuführen, ist der Oberbürgermeister durch eine Verordnung des Gouverneurs ermächtigt worden, sämtlich Zugtiere und Fahrzeuge nebst Führer oder Begleitmannschaft im Stadtkreise Bonn gegen Entgelt in Anspruch zu nehmen. Um diese Maßnahme einheitlich zu regeln, wird unter der Leitung des Baumeisters Bauer ein
städtisches Fuhramt
gebildet worden. Dem neuen Fuhramt gehören an der städtische Fuhramt-Oberaufseher Gerecke, Rentner Lüps, Kohlenhändler Friedrich Schmitz, Wilhelm Tenten, der Spediteur Anton Berg und Fuhrhalter A. Blankenheim.
Das Verteilen der
Saatkartoffeln
ist in der Hauptsache beendet. Mit den in diesen Tagen noch eintreffenden Frühkartoffelsendungen können alle Anmeldungen berücksichtigt werden. Die Kartoffelanbauer des Stadtbezirks Bonn haben von der gebotenen Gelegenheit, die eigenen Saatkartoffeln im städtischen Kartoffellager gegen pommersches und sächsisches Saatgut umzutauschen, nu in sehr wenigen Fällen Gebrauch gemacht. Das ist sehr zu bedauern, weil der Saatgutwechsel den Ertrag außerordentlich fördern würde,
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Ein deutsches Flugzeug landete gestern nachmittag infolge eines Motordefektes auf der Poppelsdorfer Allee.
Selbstmorde. Vorgestern wurde eine auf der Heisterbacherhofstraße wohnende 45 Jahre alte Witwe in ihrer Wohnung erhängt gefunden. Die Gründe sollen in Schwermütigkeit zu suchen sein. – Gestern verübte eine im südlichen Stadtteil wohnende 75jährige Dame ebenfalls Selbstmord durch Erhängen. Aus hinterlassenen Schriftstücken gehr hervor, daß Schlaflosigkeit die Ursache zur Tat war.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern ziemlich gut beschickt. An Gemüse war außer Spinat auch etwas Schneidgemüse vorhanden. Auch Schwarzwurzeln, Feldsalat, Hopfensalat, Kressesalat, Kettensalat, Pflücksalat, Radieschen usw. waren reichlich zu haben. Rhabarber kommt dagegen zurzeit nur spärlich auf den Markt. An holländischen Marktprodukten ist gegenwärtig ziemlich große Auswahl. So waren gestern zum Beispiel rote Rettiche zu 25 Pfg., weiß-rote Radieschen zu 15 Pfg., frische Möhren zu 1 und 1,10 Mark das Gebund, Spinat zu 60 Pfg. das Pfund, Gurken, Kopfsalat und Meerrettich zu haben. Die Preise für diejenigen Waren, für die keine Höchstpreise festgesetzt sind, bleiben im allgemeinen unverändert. Der Verkauf war durchweg flott, besonders in Gemüse und Salat.
Auch der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte gestern wieder ziemlich große Zufuhren. Außer einigen Körben mit Schneidgemüse und einem Korn mit Rhabarber war an Grüngemüse vorwiegend Spinat vorhanden. Gemüsepflanzen waren auch wieder reichlich zu haben. Die vielen auswärtigen und hiesigen Händler kauften die Waren hauptsächlich so wie sie kamen, sofort auf, wodurch der Markt schon sehr früh wieder geräumt war.
[...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kindchen, beß stell!“ Kommt da eines Tages eine junge Frau mit einem in ein Tuch eingeschlagenes Paket auf dem Arm in den von Kunden gefüllten Fleischerladen. Zärtlich und beseligend drückt sie das Paketchen und mütterlich beschwichtigend klopfend wiederholte sie: „Kindchen, beß stell!“ Die Umstehenden waren dadurch „paff“ geworden. Später klärte sich die Geschichte auf. Die unbekannte „gute“ Mutter hatte in einem unbewachten Augenblicke ein großes Stück Fleisch in das Paket verschwinden lassen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 3. Mai 1917
Für fettlose Wasch- und Reinigungsmittel sind am 1. Mai Höchstpreise in Kraft getreten. Bei Abgabe an die Verbraucher darf der Preis für Tonwaschmittel 1 Pfg. für je 25 Gramm, für Tonpulver 25 Pfg. für je 1 Kilogramm und 13 Pfg. für ein halbes Kilogramm nicht überschreiten. Bei Abgabe von fettlosen Wasch- und Reinigungsmitteln in Pulverform, die ausschließlich aus wasserlöslichen Stoffen hergestellt sind, darf der Preis für ein Kilogramm 60 Pfg. nicht überschreiten, ohne Rücksicht darauf, ob die Abgabe lose oder in Packung erfolgt.
Das Urteil in dem Prozeß Hohen Eich
entspricht nicht dem Empfinden der Bonner Bürgerschaft. Allgemein ist die Ansicht vertreten, daß einer solchen Brutalität gegenüber nur eine Gefängnisstrafe am Platz und der Antrag der Staatsanwaltschaft keineswegs zu hoch gegriffen sei.
Erschütternd in seiner strengen Sachlichkeit wirkt das Gutachten des Geheimrats Ungar, und es ist befreiend zu hören, daß die Staatsanwaltschaft Revision einlegen wird.
Nicht mildernd, sondern erschwerend wirkt der Umstand, daß die Einrichtung dem Vaterland dienen sollte. Dazu gehören sittlich hochstehende Persönlichkeiten, und wer den Namen unseres Vaterlandes in tief ernster Stunde so missbraucht, der schändet uns alle. Geschändet ist auch das Schwesternkleid, daß die Angeklagte trug, gefährdet und erschwert die treue selbstlose Hingabe edler Herzen an die Kinder unseres Volkes.
Wer möchte nach diesem Urteil, das die Angeklagte gar nicht straft, noch den Mut finden, einer Megäre in den Arm zu fallen, die ein schutzloses Kind misshandelt? Wenn die Hundepeitsche für Säuglinge keine Grausamkeit bedeutet, so kann nur der Totschlag noch in Betracht kommen. Wir alle wissen, daß in dieser schweren, ernsten Zeit die Kinder einen doppelten Anspruch auf unsere Liebe und Fürsorge, auf eine gedeihliche Entwicklung haben.
Helene Krüger
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Frau nach dem Kriege. Ueber dieses Thema hielt gestern abend Herr Fortbildungsschuldirektor Vins in der „Lese“ einen Vortrag. Der Redner betonte zunächst die erfolgreiche Tätigkeit der Frau während des Krieges und führte dann weiter aus: Die Frauen aller Stände haben, als das Vaterland sie brauchte, sich ihm sofort zur Verfügung gestellt. Die gebildeten Kreise haben auf dem Gebiete der sozialen Fürsorge Hervorragendes geleistet, die Arbeiterfrauen in werktätiger Weise. Schwer werden sich aber nach dem Kriege die Verhältnisse ändern. In vielen Fällen werden die Frauen den aus dem Krieg zurückkehrenden Männern Platz machen müssen. Dies ist natürlich mit großen Umwälzungen verbunden, für die schon jetzt Maßnahmen getroffen werden müssen. Frauen, Gemeinde und Staat müssen hier Hand in Hand arbeiten. Besonderer Wert muß aber auf die Erziehung der deutschen Jugend gelegt werden. Es gilt vor allem der Schaffung einer Einheitsschule, wo jeder Tüchtige Gelegenheit hat, sich eine Stellung, die seinen Fähigkeiten entspricht, zu erringen. Sehr viel ist aber auch in3 der Erziehung unserer Mädchen nachzuholen. Für sie muß die Fortbildungsschulpflicht eingeführt werden. Es darf nicht wie bisher den Gemeinden überlassen werden, Fortbildungsschulen für Mädchen einzurichten. Ein Gesetz muß diese Frage regeln. Auch in hauswirtschaftlicher Hinsicht muß namentlich auf die den Arbeiterkreisen angehörigen Mädchen in stärkerer Weise als bisher Einfluß ausgeübt werden. Diese Erfordernisse, die besonders den vaterländischen Frauenvereinen ein wirksames Tätigkeitsfeld geben, lassen sich aber nur ermöglichen, wenn diese Vereinigungen mehr wie bisher darauf dringen, in den Kuratorien und Verwaltungskörpern der Schulen zugelassen werden. Sie sollen diesen nicht nur als beratende Mitglieder angehören, sondern auch als stimmberechtigte Mitglieder, die einen entscheidenden Einfluß auf die Fragen der Erziehung der deutschen Mädchen ausüben.
Der Frühling ist da. So lange hat er uns seit Jahren nicht warten lassen, wie dieses Jahr. Nun, da er endlich sich entschlossen, tritt er auch gleich mit Allgewalt auf. [...]
Die schöne herrliche goldene Zeit in der Natur ist da. Der Mensch atmet auf, heller, freier geht sein Auge. So wird auch einmal die Zeit des Aufatmens nach harter sorgenvoller Kriegszeit kommen, wenn hell und strahlend die Sonne des Friedens über uns aufgegangen.
Auch der Friede, ein gesegneter Friede, wird so sicher einmal kommen, wie dieses um viele Wochen verspätete Frühjahr. Möge er auch dann, wie dieser Lenz, sieghaft und beglückend in unser Vaterland und die Herzen seiner Völker einziehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das städtische Ersatzgeld, das nach dem Beschluß der letzten Stadtverordnetenversammlung ausgegeben werden soll, wird in Metall hergestellt werden. Es handelt sich dabei um 10-Pfg.-Stücke im Betrage von 30.000 Mark und 5-Pfg.-Stücke im Betrage von 20.000 Mark. Die Kreise Bonn-Land und Sieg werden sich auch an diesem Metallgeld beteiligen, ebenso wie an den 50.000 M. 50-Pfg.-Scheinen, die nach einem früheren Stadtverordnetenbeschluß durch Vermittlung der Handelkammer hergestellt werden sollen.
Der Hildegardis-Verein, Verein zur Unterstützung stud. kath. Frauen versendet seinen 9. Jahresbericht. Die Mitglieder und Freunde des Vereins werden sich freuen zu hören, daß der Verein dank ihrer Hülfe in dieser schweren Zeit bislang durchhalten konnte. Die Zahl der katholischen Studentinnen, die die durch den Krieg geschaffenen Verhältnisse (Vermögens- und Rentenverluste, Tod des Vaters, des unterstützenden Bruders oder sonstiger Verwandten, Geschäftsrückgang) in Not brachten, war im vergangenen Jahr besonders groß. – Der Hildegardisverein konnte den meisten helfen; er vergab 79 Semesterbeihülfen, gegen 63 im Vorjahre. Allerdings wurde dadurch seine Kasse sehr in Anspruch genommen, sodaß leider eine Reihe bisheriger Stipendiatinnen für das Sommersemester 1917 von der Beleihung mit einem Darlehen ausgeschlossen werden mußten. Der Vorstand hofft jedoch, daß durch Gewinnung neuer Mitglieder und Zuwendung besonderer Gaben die Kraft des Vereins in Kürzen wieder gehoben wird, damit seine segensreiche Wirksamkeit in der Hebung der katholischen Frauenbildung zur Sicherung einer gleichwertigen Zukunftsarbeit der katholischen Frau unserem katholischen Volksteil erhalten bleibt. – Der Jahresbericht bringt außer der geschäftlichen Uebersicht sehr lehrreiche statistische Angaben über das Verhältnis der Konfessionen der Studentinnen auf den deutschen Universitäten, sowie einige Gedanken über die Berufsaussichten der akademisch gebildeten Frau. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 4. Mai 1917
36 Brote sind in Nacht zum gestrigen Donnerstag aus einem Geschäft in der Endenicher Straße gestohlen worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zur Bonner Theaterfrage. In Bonn sind Bestrebungen im Gange, einen Ortsverein des im vorigen Jahre in Hildesheim gegründeten Verbands zur Förderung deutscher Theaterkultur ins Leben zu rufen. An der Spitze dieser Bestrebungen stehen die Herren Geheimrat Trautmann und Pfarrer Lic. Weber. Es soll in Bonn eine Organisation der Bürgerschaft geschaffen werden, die darüber zu bestimmen hat, welche Stücke an unserem Bonner Stadttheater zur Aufführung zu wählen sind. Wie erinnerlich, hat in der Angelegenheit bereits eine geschlossene Versammlung stattgefunden. Am kommenden Sonntag wird abermals in einem geladenen Kreise eine Besprechung über die Frage erfolgen.
Victoriabad. Wir erhalten von der Stadtverwaltung folgende Mitteilung: Betreffs des Städtischen Victoriabades besteht wegen des Kohlenmangels keine Aussicht, daß die Schwimmhallen während der Sommerzeit geöffnet werden können, dagegen werden bei zunehmender Wärme alsbald die Rheinbäder den Schwimmern zur Verfügung stehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Bonner Lazarettzug K 1 hat im Laufe des Monats April vier Fahrten ausgeführt, seine 65., wobei er die Verwundeten nach Aachen, Brühl und Bonn brachte, seine 66., mit Ausladung der Verwundeten in Bonn, Rolandseck, Remagen und Koblenz, seine 67., die nach Paderborn und Göttingen führte, und die 68., wobei die Verwundeten wiederum in Aachen und Bonn ausgeladen wurden.
[...]
An Liebesgaben sind erwünscht: Weine, Kognak, Schokolade, Zigarren, Zigaretten und Pantoffeln. Solche Gegenstände sind abzugeben Bahnhofstraße 40, wo über die Gaben Quittung erteilt wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 5. Mai 1917
E. M. Arndt in Eisen wendet sich in diesen Tagen wiederum an den bewährten Wohltätigkeitssinn unserer Bürgerschaft. Wie bei fast allen Kriegsdenkmälern, ist auch bei der Arndt-Eiche in Eisen ein gewisser Stillstand in dem Betriebe eingetreten, zumal der Reiz der Neuheit der eisernen Kriegswahrzeichen nicht mehr waltet. Aus diesem Grunde wird zurzeit erwogen, den Denkmalsbetrieb zu schließen bezw. das Wahrzeichen an einen anderen Ort, etwa in einem Museum, unterzubringen. Ehe dies jedoch geschieht, soll nach Möglichkeit versucht werden, die noch nicht beschriebenen Schilde, Plaketten, Adlerfedern usw. zu verwerten, damit das Denkmal, das von Fachleuten als eines der schönsten Kriegswahrzeichen in Deutschland bezeichnet wird, vorher seine künstlerische Vollendung im eisernen Schmucke erhält. Die bisherigen Einnahmen betragen nahezu 90.000 Mark. Es sollte doch in einer Stadt wie Bonn nicht schwer fallen dürfen, eine Mindesteinnahme von 100.000 Mark zu erreichen! Das Wahrzeichen mit seinen Adlerfedern, Eichenblättern usw. eignet sich in sinniger und vornehmer Weise dazu, die Namen der Stifter, Vereine, oder gefallener Verwandten zur Erinnerung an die große Zeit an usnerem Kriegerdenkmal zu verewigen. Jede Auskunft wird bereitwilligst von der Geschäftsstelle der Arndt-Eiche in Eisen, Münsterplatz (Fernsprecher 2112) erteilt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Neues Operettentheater. Wie bereits mitgeteilt wurde, eröffnet am heutigen Samstag Herr Direktor Adalbert Steffter, ehem. Kgl. Preuß. Schauspieler und Spielleiter der Königlichen Schauspiele zu Wiesbaden, seine Direktionstätigkeit mit Aufführung der Operette „Das Dreimädelhaus“.
Das Städtische Bekleidungsamt hatte die Kaufleute der Web-, Wirk- und Strickwarenzweige gestern abend zu einer Versammlung in den Goldenen Stern eingeladen. In der Versammlung wurden die neuen Richtlinien und Bekanntmachungen der Reichsbekleidungsstelle eingehend besprochen. Von den Fragen, die für die weitere Bevölkerung von Interesse sind, möchten wir folgendes erwähnen: Die Verordnungen der Reichsbekleidungsstelle sehen eine Fürsorge nicht nur für die Kriegszeit, sondern auch für die erste Zeit nach dem Kriege vor. In einer Verordnung ist festgesetzt, wie viele Bekleidungsstücke für jede Person vorhanden sein dürfen. Es kommt für die Folge also nicht darauf an, ob man schon auf Bezugsscheine Kleidungsstücke bezogen hat, sondern welche Kleidungsstücke man besitzt. Zu diesem Zweck müssen eingehende Angaben bei der Bekleidungsstelle gemacht werden. Ein Unterschied zwischen Sommer- und Winterkleidung wird nicht mehr gemacht. Die Damenmode soll durch eine Stoffmaßliste auf das Notwendigste beschränkt werden. Die Kaufleute sind an diese Liste bei Abgabe ihrer Bekleidungsstücke gebunden. Auch Konfektions- und Maßgeschäfte, sowie Schneider dürfen nicht mehr verbrauchen wie vorgesehen ist. Schnittmuster, nach denen ein größerer Verbrauch wie in der Stoffmaßliste vorgesehen ist, notwendig ist, dürfen nicht mehr in den Handel gebracht werden. – Da von verschiedenen Schneidern und Schneiderinnen das Einkaufsbuch in mangelhafter Weise geführt worden ist, wird für die nächste Zeit eine neue Bestandsaufnahme der vorhandenen Stoffe geplant. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 3. Mai. Die Kur- und Badeverwaltung der Gemeinde Godesberg hat die Erhebung von Kurtaxen, welche in der letztjährigen Badesaison vorübergehend aufgehoben worden war, für dieses Jahr wieder aufgenommen. Hiernach ist jeder Fremde, der während der Kurzeit vom 1. Mai bis 30. September länger als fünf Tage (den Tag der Ankunft mitgerechnet) in Godesberg verweilt, als Kurgast angesehen und ist spätestens am fünften Tage nach seiner Ankunft zur Lösung einer Kurtaxkarte verpflichtet. Der Preis einer Kurtaxkarte für die ganze Zeit des Aufenthaltes beträgt für eine Person 9 M., für jedes weitere Familienmitglied 3 Mark. Gäste, die innerhalb einer Woche wieder abreisen, erhalten die Hälfte der gezahlten Kurtaxe gegen Rückgabe der Kurkarten zurückerstattet. Vom 15. September ab wird nur die halbe Kurtaxe erhoben. Bei nachweislich unbemittelten Personen kann auf Ansuchen die Taxe ermäßigt oder auch von der Erhebung derselben ganz Abstand genommen werden. Aerzte für ihre Person, Kinder unter zehn Jahren und niedere Dienstboten sind von der Zahlung einer Kurtaxe befreit.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Unsere wildwachsenden Gemüse haben vorgestern nachmittag im Speisesaal der Universitäts-Kriegsküche Herr Professor Küster und Frau Dr. Küster noch einmal zahlreichen Besuchern vorgeführt, um dadurch die Hausfrauen anzuregen, die vielen in der Natur vorhandenen wertvollen und schmackhaften Nahrungsmittel nicht ungenutzt verkommen zu lassen. Am mühelosesten ist jetzt die Brennessel zu sammeln, die selbst mitten in der Stadt auf unbebauten Grundstücken, an Zäunen und Mauern, sonst an Böschungen und Gräben massenhaft wächst und trotz ihres vorzüglichen Geschmackes noch immer sehr wenig gesucht wird. Auch die übrigen vorgeführten Wildgemüse, Löwenzahn, Giersch, wilder Hopfen, Schafgarbe usw. sind zum Teil jetzt, zu andern Teil in einigen Tagen schon reichlich genug vorhanden, um über die Knappheit an gezogenem Gemüse hinwegzuhelfen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Kinderpflegerinnen. Die Schwestern Margareta und Elsa Käpper hatten sich vor der hiesigen Strafkammer wegen schwerer Mißhandlung der ihnen anvertrauten Kinder zu verantworten. Sie hatten im Laufe des Krieges auf Hohen Eich ein „Kinderheim“ errichtet, in dem Kinder, deren Väter im Felde standen und deren Mütter tagsüber auswärts arbeiten mußten, verpflegt und erzogen werden sollten. Aufgenommen wurden Kinder im Alter von einigen Monaten bis zu fünf Jahren. Nach den Zeugenaussagen fanden die armen Geschöpfe auf Hohen Eich aber weder Pflege noch Erziehung. Die Vorsteherin, Margarete Käpper, „regierte“ mit der Hundepeitsche. Kinder, die sich beschmutzt hatten, wurden ausgepeitscht, an den Beinen gehalten und mit dem Kopf in kaltes Wasser getaucht. Die Hundepeitsche scheint der Anfang und das Ende aller Erziehungsweisheit dieser Kinder„pflegerin“ gewesen zu sein. Sie legte auch Kinder über die Tischkante und schlug sie mit der Hundepeitsche auf das entblößte Gesäß. Kinder bis zu fünf Jahren! Morgens hielt sie ihr Strafgericht über alle Kinder, die das Bett genäßt hatten. Säuglinge von sechs Monaten blieben nicht verschont, wenn sie nach Ansicht der Vorsteherin unsauber waren. Kinder mußten Erbrochenes wieder verzehren… Die Feder sträubt sich, alle die Widerlichkeiten und Grausamkeiten wiederzugeben, die zeugeneidlich festgestellt wurden. In der ganzen Stadt herrscht nun eine Stimme der Empörung über ein solches „Kinderheim“, zu dessen Unterhalt auch freiwillige Gaben – über neunundzwanzigtausend Mark – beigesteuert worden sind. Das Urteil wider diese „Kinderpflegerin“ lautete auf neunhundert Mark Geldstrafe, gegen ihre Schwester, die sich an diesen Mißhandlungen mehr oder minder freiwillig beteiligt, auf dreihundert Mark. Der Staatsanwalt hatte gegen die Hauptangeklagte ein Jahr Gefängnis beantragt. In der Urteilsbegründung wird gesagt, es habe sich um eine lebensgefährdende, aber nicht um eine grausame Behandlung im Sinne des Gesetzes gehandelt. Die Staatsanwaltschaft hat Berufung gegen das Urteil eingelegt, das in der ganzen Stadt berechtigtes Aufsehen erregt hat. Der schlichte Laienverstand sieht eben doch nackte Grausamkeiten, wo der Jurist vielleicht noch ein Mäntelchen umzuhängen vermag. [...] Gerade weil mit dem Heim dem Vaterlande gedient werden sollte, hätte die Person, die das allgemeine Vertrauen so schändlich mißbrauchte, nach allgemeiner Ansicht eine verschärfte Strafe verdient gehabt. Derartige Ansichten sind für den Berufsrichter aber nicht maßgebend. Der urteilt nur nach dem Buchstaben des Gesetzes. Warten wir ab, wie die zweite Instanz urteilen wird.
Im übrigen eignen sich junge, unerprobte Lehrerinnen nach unserer Ansicht schlecht zur Leitung eines derartigen Kinderheims. Warum steht hier nicht eine Frau an leitender Stelle, die Mutter ist? Mütter haben eine ganz andere Art, so junge Geschöpfe zu regieren, auch, wo es sein muß, zu strafen. Hundepeitschen sind verpönt in Häusern, wo die mütterliche Liebe herrscht. „Ein weibliches Wesen, das noch nicht geboren hat, kann“, wie Hermann Stehr in seinem (soeben in der Neuen Rundschau erscheinenden) Roman „Der Heiligenhof“ anmerkt, „kein Lehramt versehen, weil erst die Mutterschaft ihre Säfte reif, süß und voll macht zu diesem göttlich-mütterlichen Geschäft. Sie ist ein Unterrichtsapparat, nicht mehr.“ Wenn dieses Urteil im allgemeinen auch zu scharf sein sollte, so trifft es doch immer zu in Fällen, wo von der Erzieherin mehr verlangt wird, als den Kindern mehr oder minder totes Wissen und Gedächtniskram einzuprägen.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Montag, 6. Mai 1917
Im Luftkampfe gefallen ist der Student der Rechte und Staatswissenschaft Werner Andernach aus Beuel, Leutnant der Reserve in einem Dragoner-Regiment, Inhaber des Eisernen Kreuzes erster und zweiter Klasse sowie der hessischen Tapferkeitsmedaille.
An den Bonner städtischen Fortbildungsschulen ist beim Beginn dieses Schuljahres die Zahl der Teilnehmer am freiwilligen Abendunterricht in französischer und englischer Sprache, Stenographie und Maschinenschreiben in außergewöhnlicher Weise gestiegen. Während in früheren Jahren durchschnittlich 200 freiwillige Schüler diese Unterrichtsfächer besuchten, beträgt die Teilnehmerzahl jetzt 450. Es ist das ein erfreuliches Zeichen für den Lerneifer unserer jungen Kaufleute und Handwerker trotz des dritten Kriegsjahres.
Die 36 Brote, die in der Nacht zum 3. Mai aus einem Geschäft an der Endenicher Straße gestohlen worden sind, wurden bei einem hiesigen Konditorgehilfen wiedergefunden. Die Haussuchung schaffte noch andere gestohlene Sachen zutage. Der Dieb wurde festgenommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen des großen Mangels an Kleingeld hat die Verwaltung der Elektrischen Bonn-Godesberg-Mehlem neuerdings die Einrichtung von Zehnfahrkarten getroffen, die für die Strecke Bonn (Kaiserplatz) bis Godesberg (Rheinallee) gültig sind und durch die Schaffner zum Preise von 3 Mark zur Ausgabe gebracht werden. Von dieser zeitgemäßen und praktischen Einrichtung werden die Fahrgäste zweifellos ausgiebigen Gebrauch machen.
Ueber die Einrichtung eines Kuhkatasters und die Einführung von Melkbüchern erläßt der Oberbürgermeister eine Bekanntmachung, die in der vorliegenden Nummer unseres Blattes abgedruckt ist.
Die Städtische Altkleidersammelstelle auf der Stockenstraße, die bekanntlich vor einiger Zeit eröffnet wurde, hat den Zweck, die Versorgung der minderbemittelten Bevölkerung, sowie der nach dem Kriege zurückkehrenden Soldaten mit Kleidungsstücken und Schuhwerk sicher zu stellen. Die abgegebenen Sachen werden desinfiziert und wenn es notwendig ist, wieder instand gesetzt. Der Ankauf der Sachen erfolgt jederzeit. Es wird an die Bürgerschaft die dringende Bitte gerichtet, alle entbehrlichen Sachen abzuliefern. In empfindlicher Weise macht sich auch der Ledermangel bemerkbar. Es ist deshalb beabsichtigt, in nächster Zeit in Bonn eine Sammlung vo n Altleder zu veranstalten. Gesammelt werden alle Lederabfälle wie Schuhwerk, Lederscheiden usw. Wahrscheinlich wird die Sammlung durch Schulkinder stattfinden. Der Verkauf der getragenen Sachen soll nur an Bezugsscheininhaber der Stadt Bonn erfolgen. Dieselben müssen sich durch die Lebensmittelkarte ausweisen, daß sie bedürftig sind. Wann der Verkauf beginnt, ist noch nicht festgesetzt. In Aussicht genommen ist der 1. Juli dieses Jahres.
Unser städtischer Schlachthof im Kriege. Der städtische Schlachthof, an welchem sich vor dem Kriege nur die Metzger, Viehhändler und verwandte Berufe ein regelmäßiges Stelldichein gaben, dient seit der Zeit, wo die Stadt Bonn die Lebensmittelversorgung selbst in die Hand nehmen mußte, recht mannigfachen Zwecken. Die großen modern angelegten Gebäude sind allerdings auch wie geschaffen dafür, der Lebensmittelversorgung und Aufbewahrung zu dienen. Ein Rundgang durch die Anlagen und eine Besichtigung des Lebens und Treibens auf dem Schlachthofe ist deshalb von großem Interesse. Unter liebenswürdiger Führung eines Herrn der Verwaltung war einem unserer Mitarbeiter Gelegenheit gegeben, die Anlagen zu besichtigen.
Es war gerade ein Freitag, an dem die Besichtigung erfolgte. Der Freitag ist bekanntlich der Tag, an dem die Metzger ihre Ware für die Woche empfangen und die großen Schlachtungen stattfinden. Ein Rundgang durch die sauberen Ställe für Groß- und Kleinvieh hinterläßt auf die Besucher den allerbesten Eindruck. Grunzende Schweine, blökende Kühe, vereinzelt auch Pferde, sind in hinreichender Menge vorhanden. Wenn das Vieh auch natürlich nicht mehr von der Beschaffenheit ist wie in Friedenszeiten, so sind doch Bedenken bezüglich der Versorgung der Bevölkerung mit Fleisch, wie sie hin und wieder erfolgt sind, vollständig grundlos. Außerdem lehrt uns aber ein Rundgang über das Lager, wo die Stadt ihre Fleisch-, Fett- und Speckvorräte aufbewahrt, daß unser Lebensmittelamt recht gut gesorgt hat. Die vorhandene Menge ist ein Beweis dafür, daß es unserer Stadt in nächster Zeit an nichts mangeln wird. Allerdings ist eine Versorgung von etwa 90.000 Einwohnern mit der wöchentlich zur Ausgabe gelangenden Fett- und Fleischmenge von einschneidender Wirkung auf die vorhandenen Vorräte, aber die umsichtige und sachverständige Verteilung und Behandlung der Waren bietet eine Gewähr dafür, daß die Bevölkerung nichts zu befürchten hat. Auch werden die Vorräte in jeder Woche so viel wie möglich ergänzt. Auf jeden Fall wird aber umsichtig gewirtschaftet, dies ist der Eindruck, den jeder, der die Anlagen besichtigt, gewinnt.
Nach Besichtigung der Lagervorräte schloß sich ein Rundgang durch die Schlachträume an. Während in einer Abteilung die hiesigen Metzger eifrig bei der Zerlegung des ihnen zur Verfügung gestellten Viehs tätig sind, ist eine andere Abteilung der Garnisonschlächterei eingeräumt, wo feldgraue Metzger unter Leitung eines Feldwebels gerade beschäftigt sind, das notwendige Vieh für die Militärverwaltung zu schlachten. Nach Beendigung der Schlachtungen wird für die hiesigen Metzger das Fleisch unter Leitung eines Vertrauensmannes verwogen, und es verdient hervorgehoben zu werden, daß eine ungerechte Verteilung hierbei nicht möglich ist. Die Metzger geben die Zahl ihrer Kunden an, die in eine Liste eingetragen werden und erhalten dann genau die ihnen auf den Kopf zustehende Menge, sodaß Vorteile oder Nachteile für den einen oder anderen Metzger vollständig ausgeschlossen sind. Um die Fleischmengen gerecht zu verteilen, ist auch die Anordnung getroffen, daß die Verteilung der einzelnen Stücke des Viehs in der Weise geschieht, daß diejenigen Metzger, die in einer Woche z. B. ein Hinterviertel erhalten haben, in der nächsten Woche ein Vorderviertel erhalten. Durch eine derartige Verteilung kommen auch die Kunden alle zu ihrem Recht. Da zufällig an dem Tage auch die städtische Wurst einer Prüfung durch eine Sachverständigen-Kommission unterzogen wurde, hatte unser Mitarbeiter Gelegenheit, sich selbst von der Beschaffenheit der Blut- und Leberwurst, die von sämtlichen Metzgern abgeliefert werden mußte, zu überzeugen. Die Probe fiel zur größten Zufriedenheit aus. Die Wurst aller Metzger ließ in keiner Weise etwas zu wünschen übrig und war von denkbar bester Beschaffenheit.
Alles in allem muß man das Urteil dahin zusammenfassen, daß die Versorgung unserer Stadt mit Fleisch und Fett in den denkbar besten Händen liegt und alles getan wird, um den Ansprüchen der Bürgerschaft gerecht zu werden.
Aber nicht allein zur Fleischversorgung dient der Schlachthof, wie schon oben erwähnt. An der Rampe der zum Bahnhof führenden Eisenbahnanschlüsse ist die Verwaltung mit Ausgabe von Saatkartoffeln beschäftigt. Sofort aus dem Waggon werden die Karoffeln gegen entsprechende Bescheinigung an die Bürgerschaft abgegeben. Der Rest wird durch Strafgefangene von den Wagen in die großen und luftigen Aufbewahrungsräume geschafft. Die Beschaffenheit der Kartoffeln ist vorzüglich und gibt in keiner Weise zu Bedenken Veranlassung. Auch ist durch die gute Lagerung Gewähr dafür gegeben, daß sie sich gut halten.
Ebenfalls hat die Aluminium-Sammelstelle ihren Wohnsitz im Schlachthofgebäude aufgeschlagen. Recht willig ist die Bürgerschaft der Aufforderung zur Abgabe der Aluminiumgegenstände für die Heeresverwaltung nachgekommen. Große Mengen von abgelieferten Kesseln, Töpfen, Humpen, Bowlen und kleineren Gegenständen wie Löffel usw., sind zur Ablieferung gelangt und haufenweise in besonderen Fächern aufgeschichtet.
Dem Schlachthof ist außerdem noch eine Abfallverwertungsabteilung angeschlossen, wo die Abfälle und Tierkadaver in entsprechender Weise verwertet und zu Dung- oder Futterzwecken verarbeitet werden. Auch diese Anlage ist mit den neuesten und vollkommensten Maschinen ausgestattet und schließt sich den übrigen modernen und in jeder Hinsicht vorbildlichen Einrichtungen des Schlachthofes würdig an.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Montag, 7. Mai 1917
Ein Ortsverein Bonn des Verbandes zur Förderung deutscher Theaterkultur ist gestern mittag gegründet worden. Die von etwa 50 Damen und Herren besuchte Versammlung fand in der Kaiserhalle statt und wurde von Professor Pfennigsdorf eröffnet und geleitet. Nach einer kurzen Begrüßungsansprache des Vorsitzenden hielt der Generalsekretär des Verbandes zur Förderung deutscher Theaterkultur, Gerst aus Hildesheim, einen Vortrag über die Zwecke und Ziele seines Verbandes. Unser heutiges Schaubühnenwesen sei veraltet und verbesserungsbedürftig. […] Durch das Machtmittel der Organisation solle an allen Plätzen ein Theaterbetrieb ermöglicht werden, der im Geiste deutscher Bildung und deutscher Gesittung, auf reich künstlerischer Grundlage und losgelöst von allen Erwerbszwecken arbeitet. […] Die Ortsvereine des Verbandes sollen zunächst einen möglichst großen Kreis von gebildeten, führenden und literarisch interessierten Persönlichkeiten, die sich als Träger des Theaterkulturgedankens fühlen, sammeln, sich die Unterstützung weitester Volkskreise und der Behörden sichern und schon nächsten Winter versuchen, den Theaterbetrieb ihres Ortes dahin zu beeinflussen, daß das Theater zu einer Pflegstätte deutscher Kultur und Bildung und allen Volkskreisen zugänglich gemacht werde. – Dem Vortrag folgte eine kurze Aussprache, dann wurde einstimmig beschlossen, eine Ortsgruppe Bonn des Verbandes zu gründen. […] Professor Pfennigsdorf schloß die Versammlung mit dem Wunsche, die neue Bonner Ortsgruppe möchte treu zum Besten unseres lieben deutschen Volkes sowie des deutschen Theaters und seiner Kulturaufgaben an unserm deutschen Volke arbeiten.
Das ehemalige Palasttheater öffnete am Samstag abend unter neuer Leitung und mit gutgeschulten Kräften als „Neues Operettentheater“ – „Singspielhaus“ wäre schöner und der Zeit angemessener gewesen – seine Pforten wieder. Das Publikum war willig, kam in hellen Scharen zum „Dreimäderlhaus“ und hatte es nicht zu bereuen. Der Abend war ein voller, beiden Teilen, Publikum wie Theaterleitung, vielversprechender Erfolg. Stürmischer Beifall dankte den Darstellern für das temperamentvolle Spiel und dem Kapellmeister Heß für die mit echt wienerischer Gefühlsgrazie durchgeführte Musikbegleitung. […]
Die Gesangsdarbietungen waren durchweg derart, wie wir sie bisher im Palasttheater leider noch nicht zu hören bekamen, und so steht zu hoffen, daß mit dem neuen Herrn auch ein neuer Geist in das Haus an der Meckenheimer Straße eingezogen ist, der auch auf die oft nicht einwandfreien Gepflogenheiten des bisherigen Stammpublikums seine guten erzieherischen Wirkungen nicht verfehlt. Herr Direktor Steffter möchten wir hier ans Herz legen, im Dienste der so dringend notwendigen Veredelung der Operettenbühne zu wirken, vor allem das schöne, heitere Singspiel zu pflegen und auch das gute, alte, deutsche Singspiel nicht zu vergessen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein schulfreier Tag. Den Schülerinnen des städtischen Lyzeums und den Schulkindern unserer Volksschulen ist für ihre rege Mitarbeit an der Zeichnung der letzten Kriegsanleihe ein schulfreier Tag bewilligt worden. Während die Schülerinnen des Lyzeums heute schulfrei haben, ist für die Volksschulen der kommende Donnerstag als freier Tag in Aussicht genommen. Durch die Werbetätigkeit der Schulen wurde hier in Bonn das Ergebnis der Kriegsanleihe erheblich gesteigert. Aus diesem Grunde kann man den Schülern und Schülerinnen den freien Tag wohl von Herzen gönnen.
Die Schwimmbäder der städtischen Rheinbadeanstalten werden morgen Dienstag eröffnet, dagegen sollen warme Bäder in diesem Jahre dort nicht verabfolgt werden. Vorläufig können sich nur diejenigen ein kaltes Bad im Vater Rhein erlauben, die recht abgehärtet sind, denn eine Wasserwärme von 14 bis 15 Grad Celsius ist nicht Jedermanns Sache. Wenn das Wasser indes seinen jetzigen niedrigen Stand beibehält (heute früh wurden hier 2,65 Meter Wasser gemessen), dann steht zu erwarten, daß die Wasserwärme innerhalb der nächsten acht Tage erheblich steigen wird. Das Freibad kann auch diesmal Dienstags und Freitags von Frauen und Mädchen benutzt werden. Jeder Besucher des Freibades muß sich die Badewäsche selbst mitbringen, da die Stadt in dieser Saison keine Wäsche leihweise abgibt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Spargelernte dürfte noch zu Ende dieser Woche allerorts einsetzen. Ueberall zeigen sich schon die elfenbeinfarbigen Köpfe, die seit acht bis vierzehn Tagen hart unter der Oberfläche der fest geglätteten Erdhaufen des Durchbruchs harren, und diese Frühjahr-Offensive kann uns nur willkommen sein. Die Vorarbeiten zur Ernte sind durchweg beendet, die großen und die kleinen Hilfstruppen für die auf 8 – 10 Wochen berechnete Spargelkampagne bereit gestellt. Viele Landwirte haben sich für diese mehr zeitraubenden als schweren Arbeiten jugendliche Helfer aus den Städten verschrieben, die bei solchem „Felddienst“ das Angenehme hübsch mit dem Nützlichen verbinden können. Bei der prächtigen sonnigen Witterung erwarten die Züchter auch einen reichen Ertrag, doch meinen sie nichts destoweniger, daß ein warmer Regen den Aussichten noch besser zustatten kommen würde. Obwohl viele ihre Ernte bereits vertragsweise in feste Hände gegeben haben, stehen doch bei der großen Ausdehnung der Spargelzucht noch große Mengen für den freihändigen Verkauf zur Verfügung. Nun fehlen nur noch – die Butter und der Schinken!
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 8. Mai 1917
3000 Mark Belohnung für die Entlarvung feindlicher Agenten. Der Gouverneur der Festung Köln macht bekannt: „3000 Mark Belohnung. Unsere Feinde sind am Werk, im Deutschen Volke Unzufriedenheit und Zwietracht zu erregen. Deutschland soll um die Früchte seiner mit großen Opfern an Gut und Blut errungenen Erfolge gebracht werden. Selbstverständliche Pflicht eines jeden Deutschen ist es, zur Entlarvung solcher Agenten im feindlichen Solde beizutragen. Sie treiben im Gewande bürgerlicher Biedermänner, politischer Agitatoren, ja auch in feldgrauer Maske ihr hochverräterisches Handwerk. Wer einen solchen Verbrecher zur Bestrafung bringt, erhält obige Belohnung.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Lebensmittelversorgung. In dieser Woche werden statt Butter 30 Gramm Margarine abgegeben. Morgen Mittwoch gibt es außer dem auf die Fleischkarte zu entnehmenden Fleisch auch 50 Gramm Speck für jede Person.
Zureden hilft! Die Nachricht, daß demnächst die Silber- und Nickelmünzen eingezogen und umgeprägt werden sollen, scheint auf die Kleingeldhamsterer Eindruck gemacht zu haben. Während es bisher als Seltenheit gelten konnte, Geldstücke von 50 Pfennig, 1 Mark und 2 Mark beim Umwechseln größerer Geldscheine zu erhalten, tauchen jetzt diese Silbermünzen plötzlich wieder auf. Am vergangenen Sonntag wurden sowohl in den Gartenlokalen wie auch in den einzelnen Vergnügungsstätten größere Mengen an Silbergeld und Nickelmünzen vereinnahmt. Wenn das so weiter geht, wird bald der Kleingeldmangel behoben sein.
Die Felddiebstähle, besonders die Futterdiebstähle, haben sich in den letzten Tagen in erschrecklicher Weise vermehrt. Um diesem Treiben [entgegen] zu steuern, ist man in den meisten Ortschaften dazu übergegangen, die Feldpolizei zu vermehren und neben dem bereits vorhandenen Flurhüter noch einen zweiten und nötigenfalls noch einen dritten einzustellen. Die Diebstähle werden meist in den Mittagspausen und nach Feierabend ausgeführt. Die Beamten haben Anweisung erhalten, gerade um diese Zeit ihre Partrouillengänge zu machen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 7. Mai. Das Konzert, das am Samstag abend zum Besten der Verwundetenkasse in der „Erholung“ stattfand, bestätigte vollauf den guten Ruf, den sich das Godesberger Soloquartett (Herren: Meier, Glatthar, Eilers, Hunscheidt) in kurzer Zeit unter der überaus tüchtigen Leitung Karl Hunscheidt’s erworben hat. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Fähren und Motorboote Godesberg-Niederdollendorf und Königswinter-Mehlem. Am Sonntag, 6. Mai, lockte das schöne Frühlingswetter meine Bekannten und mich, wie so viele andere, zu einer Wanderung am Rhein hinaus. Um 2½ Uhr nachmittags wollten wir mit der Godesberger Fähre, die gerade angelegt hatte, nach Niederdollendorf übersetzen. Vom Führer erhielten wir jedoch den kurzen Bescheid: „Wir fahren nicht, Sie müssen das Bötchen benutzen.“ Das war weiter nicht schlimm. Aber der Führer der Fähre, der nun Führer des Motorbootes war, das laut Schild 82 Personen faßt, ließ 122 Personen einsteigen. Das Boot war also mit 40 Personen überlastet. Dasselbe passierte uns in ganz ähnlicher Weise um ¾10 Uhr abends in Königswinter. Trotzdem, wie uns gesagt wurde, daß die letzte Fähre um 10 Uhr übersetzen sollte, wurden wir auch hier zum Motorboot gewiesen. Enger als wie die Heringe in der Tonne konnten wir in dem Bötchen nicht zusammengepreßt sein. Von einem Mitfahrenden wurde der Führer auf die Gefahr aufmerksam gemacht, was er mit einer Unverschämtheit beantwortete. Beim Aussteigen auf der Mehlemer Seite zählten ein Bekannter und ich 84 Personen. Die Höchstzahl konnte ich wegen der Dunkelheit leider nicht feststellen; jedoch schien mir dieses Boot bedeutend kleiner zu sein als das erste. Nun stelle ich die beiden Fragen auf:
„Warum fahren an solch verkehrsreichen Tagen die großen Fähren nicht und was gedenken die zuständigen Behörden in diesen beiden Fällen zu tun?“
Erst vor kurzer Zeit lasen wir noch in der Zeitung, daß ein Boot wegen Ueberfüllung kenterte und mehrere Menschen dabei das Leben verloren.
Ich gebe der Zeitung die Ermächtigung, bei Anfragen seitens der zuständigen Behörden meinen Namen anzugeben. v. R.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ein rechter Touristentag war der letzte Sonntag. Sämmtliche Ausflugsorte um Bonn herum waren überfüllt von Menschen, welche den herrlichen Maitag benutzten, um in Gottes freier Natur mit vollen Zügen die duftende Frühlingsluft einzuatmen. Mit Guitarren, Mandolinen und allen erdenklichen Musikinstrumenten zogen sie durch das Gebirge. Die Siebengebirgsbahn hatte Halbstundenverkehr eingeführt und doch konnten die Züge die Touristen kaum alle fassen. Im Siebengebirge war schon ein reger Verkehr von Ausflüglern, welche den Sonnenaufgang dort von den Bergen aus sehen wollten. Nach dem Gewitter, welches programmäßig nach der Wetterprognose des 100-jährigen Kalenders im Mai einsetzte, herrschte in den Bergen und Waldungen eine herrliche, erfrischende Luft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 9. Mai 1917
Die drei Klassen für den Verkauf von Lebensmitteln sollen nach dem Vorschlag des städtischen Lebensmittelausschusses an die Stadtverordnetenversammlung neu eingeteilt werden. Der Abteilung A sollen, wie bisher, Kriegerfamilien, die die Reichs-Familienunterstützung erhalten, und unterstützte Personen sowie Familien der aktiven Unteroffiziere angehören, die Abteilung B gilt für minderbemittelte Personen […]. Alle anderen Personen gehören zur Abteilung C. […] Die durch diese neue Festsetzung erfolgte Zuteilung zu anderen Lebensmittelklassen soll sofort in Kraft treten, wenn der entsprechende Nachweis erbracht wird.
Die Ortsgruppe Bonn-Godesberg des Unabhängigen Ausschusses für einen deutschen Frieden hat in ihrer gestrigen Mitgliederversammlung die Herren Professor Stargardt zum Vorsitzenden, Geheimrat Dyroff, Direktor Clar und Major a. D. Neuhaus als weitere Vorstandsmitglieder […] gewählt. Es wurde beschlossen, von einer Beitragspflicht abzusehen, die Kosten vielmehr durch freiwillige Beiträge aufzubringen. Der Vorsitzende teilte mit, daß am 21. Mai der konservative Abgeordnete Dr. Wildgrube in Bonn einen öffentlichen Vortrag halten werde und daß für einen weiteren öffentlichen Vortrag Herr Pfarrer Strauß gewonnen worden sei. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vorsicht beim Verkauf von Kriegsanleihe! In letzter Zeit haben, wie auch schon amtlich festgestellt werden konnte in verschiedenen Gegenden gewissenlose Aufkäufer, besonders auf dem Lande, wiederholt den Versuch gemacht, Kriegsanleihestücke zu möglichst niedrigen Kursen an sich zu bringen, indem sie unerfahrene Besitzer über den Wert der Anleihen täuschten. Diesem Treiben muß mit allem Nachdruck entgegengetreten werden. Die Inhaber von Kriegsanleihestücken können nicht dringend genug vor der Abgabe dieser Papiere unter dem wirklichen Wert gewarnt werden. Wer Kriegsanleihe verkaufen will oder muß, wende sich im eigensten Interesse an eine Bank oder Sparkasse, am zweckmäßigsten an die Stelle, bei der er die Stücke erworben hat.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Seid sparsam mit dem Brot! Es häufen sich die Fälle, daß Einwohner sich beklagen, sie kämen mit der festgesetzten Brotmenge nicht aus. Seit dem 16. April ist die Mehlmenge allgemeine durch gesetzliche Vorschriften von 200 auf 170 Gramm für den Tag herabgesetzt worden. Es ist keine Behörde befugt, über diese Menge hinauszugehen, abgesehen natürlich von den für Schwer- und Schwerstarbeiter usw. vorgeschriebenen Ausnahmen. Die Bevölkerung muß mit den zugemessenen Mengen auskommen. Für die ausgefallene Mehlmenge wird, wie allgemein bekannt sein dürfte, als Ersatz eine größere Menge Fleisch (500 Gramm statt 250 Gramm für die Woche) gegeben. Es ist vor allen Dingen Sache der Hausfrauen, dafür zu sorgen, daß sie mit den allerdings knapp bemessenen Zuteilungen in Lebensmitteln auskommen. An Stelle des Brotes müssen gegebenenfalls Suppen treten. Aus den von der Stadt regelmäßig gewährten Zuteilungen an Haferflocken, Graupen, Grieß und anderen Nährmitteln können Suppen hergestellt werden. Es kann auch nicht oft genug darauf hingewiesen werden, daß die Benutzung der Kriegsküchen außerordentlich empfehlenswert und geeignet ist, in diesen knappen Zeiten vollen Ersatz zu leisten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 10. Mai 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt. Das Ergebnis der Volkszählung vom 1. Dezember v. J. ist noch einmal nachgeprüft worden. Das Statistische Landesamt in Berlin hat die für die Lebensmittelversorgung in Betracht kommende Bevölkerung Bonns auf 83.778 Personen anerkannt, darunter sind 6624 Militärpersonen.
Die Teilnehmerzahl der Kriegsküchen hat sich diese Woche auf der vorwöchigen Höhe von 8.000 gehalten. […]
In nächster Zeit wird die Stadt zwei Pfund Einmachzucker auf den Kopf der Bevölkerung ausgeben. Weiterer Einmachzucker kann nur für den Fall verteilt werden, daß der Stadt von der Reichszuckerstelle eine größere Zuckermenge dafür überwiesen wird. Den Hausfrauen kann daher nur dringend geraten werden, mit dem Zucker sehr sparsam umzugehen und den demnächst auszugebenden Einmachzucker bis zur Einmachzeit aufzubewahren. […]
Die Brotvorschriften sind in letzter Zeit vielfach dadurch übertreten worden, daß die Bäcker das Brot schon im voraus verkauft haben. Das Brot darf frühestens am Samstag für die folgende Woche gekauft werden, Samstags sind die Bäcker aber auch verpflichtet, Brot für die nächste Woche abzugeben.
Die Klagen häufen sich, daß die Metzger an den Samstagen bei dem Verkauf des billigen sog. Brotersatzfleisches die Wünsche der Kunden in bezug auf die Menge Fleisch oder Wurst nicht genügend berücksichtigen. Es wird daher in den nächsten Tagen in allen Metzgereien die Vorbestellung eingeführt werden. Es muß der betreffende Kunde seinem Metzger spätestens Mittwoch angeben, wieviel Frischfleisch und wieviel Wurst er am Samstag haben will, der Metzger wird dann entsprechend diesen Angaben seiner Kunden vom Fleischerverband beliefert werden. […]
Die Metzger dürfen an den Samstagen nur billiges Fleisch zu 45 bezw. 75 Pfg. für das halbe Pfund verkaufen, wenn sie zu einem höheren Preise Fleisch abgeben, machen sie sich strafbar. Es ist den Metzgern auch nicht gestattet, mehr Fleisch zu verabfolgen, als die Menge, auf die die Zusatzfleischmarken lauten.
Brennspiritus wird fortan für Leuchtzwecke überhaupt nicht mehr, für Kochzwecke nur noch in beschränktem Maße abgegeben werden. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Alte Uniformstücke. Es sei noch besonders darauf hingewiesen, daß in der Annahmestelle für getragene Sachen auch Uniformstücke angekauft und unentgeltlich entgegengenommen werden. Es handelt sich hierbei um Uniform-Oberbekleidungsstücke, also Mantel, Litewken, Blusen, Beinkleider, Reitbeinkleider, ohne Rücksicht auf gutes Erhaltensein, Schnitt, Farbe und Stoff. Ebenso auch Uniformmützen. […]
Es steht zu hoffen, daß bei der Annahmestelle in der Stockenstraße 3 im Laufe der Zeit eine recht beträchtliche Anzahl von Uniformstücken abgegeben wird, die dann der Allgemeinheit wieder zugeführt werden können. Unentgeltliche Ueberlassung wird natürlich mit besonderem Dank entgegengenommen.
Das neue Einfachbier, das von jetzt an alle andern inländischen Biere ersetzen soll, gelangt bereits in Berlin zum Ausschank. Man kann es nun in einigen Restaurants kosten. Es ist in der Farbe dunkler als das gewöhnliche „helle“ Bier, weniger aromatisch im Geschmack und, wie erfahrene Biertrinker feststellten, sehr – „naß“. Was wohl soviel sagen will, daß es schwer hält, sich daran einen richtiggehenden Rausch anzutrinken.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 10. Mai. Ein hiesiger Hotelbesitzer erhielt in diesen Tagen einen Brief von seinem Schwager aus England, der als Deutscher zehn Jahre hindurch in angesehener Beamtenstellung als Fabrikdirektor eines großen Industriewerkes in Lancaster gelebt hat und nun seit Beginn des Krieges als Zivilgefangener in England interniert ist. Dieser Brief gewährt uns wichtige und bedeutsame Einblicke in die gegenwärtig herrschende wirtschaftliche Notlage unserer Vettern jenseits des Kanals. […] Ein herzerweichendes Klagelied durchklingt den erwähnten Brief von Anfang bis zum Ende über eine erschreckende Knappheit aller Lebensmittel und eine völlige Unzulänglichkeit für die allernotwendigste menschliche Ernährung. Mangel und nichts als grausamer Mangel herrsche allerwärts und in allen Nährobjekten. „Den ganzen Winter hindurch habe ich täglich nur eine einzige Kartoffel erhalten und nun seit sechs Wochen überhaupt keine mehr. Die Brotversorgung ist einfach unbeschreiblich. Schickt mir doch etwas Brot – Brot – Brot!“ (Diese letzten drei Worte hatte der Briefschreiber doppelt unterstrichen.) Aus dem Vorstehenden, das den Vorzug hat, daß es ein unverblümtes und durchaus wahrheitsgetreues Bild von der Wirtschaftslage Englands entwirft, dürfen wir uns wohl eine Vorstellung machen von der unverkennbaren Wirkung unserer deutschen U-Boot-Tätigkeit.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Gleisarbeiten. Weibliche Arbeiter mit Brecheisen und Pickelhacke sind damit beschäftigt, die Pflasterung längs des Geleises der Elektrischen auf dem Kaiserplatz am Springbrunnen aufzubrechen, da dasselbe reparaturbedürftig ist. […]
Schließung einer Bäckerei. Auf Grund der Bekanntmachung des Bundesrates über Brotgetreide und Mehl ist die Schließung des Geschäftes des Bäckermeisters Johann Eulen, Brüdergasse 7, von Samstag, den 12. ds. Mts. ab bis auf weiteres angeordnet worden, weil er Brot auf Brotmarken abgegeben hat, die erst Ende ds. Mts., sowie in den Monaten Juni und Juli Gültigkeit haben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 11. Mai 1917
Der Verein Alt-Bonn hat gestern abend im Vortragssaale der Fortbildungsschule seine Hauptversammlung abgehalten. Nach dem Geschäftsbericht des Vorsitzenden, Professors Knickenberg, hat der Verein 209 Mitglieder. Oberbürgermeister Spiritus, der die Vereinsziele stets gefördert und unterstützt hat, ist im vorigen Jahre zu seinem silbernen Bürgermeisterjubiläum zum Ehrenmitglied ernannt worden. […]
Das Kleingeld kommt jetzt, da die Gefahr der Enteignung des Silber- und Nickelgeldes näher heranrückt, wieder allmählich zum Vorschein; die Kleingeldhamster schieben, um nicht als Volksverräter gebrandmarkt zu werden, ihre Vorräte an Kleingeld langsam ab. Ob sie damit wohl fertig werden, ehe ihre „schönen Nickel“ wertlos sind?
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zerstörungswut Jugendlicher. Unsere prächtigen Rheinanlagen sind in letzter Zeit durch schulpflichtige Knaben schwer heimgesucht worden. Ueber hundert Laternenscheiben wurden im Laufe des verflossenen Winters zertrümmert und zwar nicht nur durch Steinwürfe, sondern auch durch Schüsse aus einem Teschin. Um der weiteren Zerstörung der Laternen Einhalt zu tun, sah sich die Stadtverwaltung genötigt, den größten Teil der Laternenköpfe abnehmen zu lassen. Auch die Rettungsringe am Rheinwerft sind vor der Zerstörungswut der Knaben nicht sicher. Nicht weniger als drei Stück wurden innerhalb kurzer Zeit abgerissen und in den Rhein geworfen. In einigen Fällen ist es glücklicherweise gelungen, die zerstörungslustigen Bürschchen auf frischer Tat abzufassen und zur Anzeige zu bringen. Auch Sträucher und Bäume werden fortgesetzt beschädigt. In der Schmuckanlage vor den klinischen Anstalten zwischen Theaterstraße und Wachsbleiche wurde sogar eine Birke aus dem Boden gerissen und an einem in voller Blüte stehenden wilden Aprikosenbaum mehrere starke Äste abgeknickt. Um weiteren Baumfrevel zu verhindern, hat sich die Gartenverwaltung genötigt gesehen, diese Anlagen der freien Benutzung zu entziehen und die beiden Abschlußtore geschlossen zu halten. Trotz allen Verbots treiben sich die Kinder bis zur späten Stunde in den Anlagen umher und gefährden durch Werfen mit Steinen die Spaziergänger. Dem einzigen Werftbeamten ist es natürlich nicht möglich, die mehrere Kilometer lange Rheinpromenade zu beaufsichtigen, da das wüste Treiben der Jugend immer an mehreren Stellen zugleich einsetzt. Es wäre zu wünschen, daß namentlich in den Nachmittags- und Abendstunden mehrere Hülfsbeamte zur Aufsicht dorthin beordert würden, da andernfalls unsere Rheinanlagen bald einen trostlosen Anblick bieten werden. m.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
Brotversorgung. Trotz mehrfacher Ermahnung ist Brot auf Brotkarten, die für eine spätere Zeit lauten, weiterhin abgegeben worden. Eine Bäckerei wurde deshalb geschlossen, Bäcker und Käufer angezeigt. Vor gleicher Maßnahme werden sich nun wohl Bäcker und Verbraucher durch strenge Beobachtung der erlassenen Bestimmungen schützen. […]
Knochensammlung. Da Knochen aller Art von Haushaltungen, Gastwirtschaften, Anstalten usw. an die Metzgergeschäfte bezw. den Schlachthof zurückgeliefert werden müssen, ist jede andere Verwendung von Knochen, soweit die Verordnung nicht Ausnahmen zuläßt, insbesondere auch die Abgabe der Knochen an Händler, verboten. Sollte die Durchführung der angeordneten Knochensammlung auf Widerstand stoßen, so wird der Bezug des Fleisches von der Rückgabe der Knochen abhängig gemacht werden. […]
Auf bloßen Füßen. Die Lehre, aus der Not eine Tugend zu machen, wird leider heute, in der Zeit der größten Not unseres Vaterlandes, noch von sehr weiten Bevölkerungskreisen zu wenig beachtet. Vielfach sind es gerade auch jene Schichten, die früher schon für manche Gewohnheiten des Volkes vorbildlich zu wirken sich berufen fühlten, die diese Pflicht heute vergessen. An sie ergeht daher auch in erster Linie der Ruf des Vaterlandes, nach Kräften mitzuwirken beim Durchhalten auf allen Gebieten. Die gegenwärtige Zeit lenkt den Blick von selbst auf ein Mittel, das bedauerlicherweise nur zu wenig Beachtung findet und doch von ganz hervorragender Bedeutung ist. Der Mangel an Schuhen und Strümpfen legt uns die größte Sparsamkeit im Gebrauch dieser Bekleidungsmittel auf. Die warme Witterung kommt uns da sehr zu Hülfe. Sie bietet den Eltern, deren Kinder beim Herumtollen auf der Straße ihre Sachen stark verschleißen, eine willkommene Gelegenheit, die Strümpfe und Schuhe der Kinder für die nasse und kalte Zeit aufzusparen. Alle Kinder sollten im Frühjahr und Sommer barfuß oder wenigstens ohne Strümpfe in Holzschuhen einherlaufen. Diese ebenso gesunde, wie sparsame Sitte, die auf dem Lande seit Menschengedenken geübt wird, sollte in den Zeiten der Lederknappheit ebenfalls in der Stadt und zwar allgemein Eingang finden. Auch die Kinder wohlhabender Eltern mögen sich zu dieser Sitte verstehen, da in ihrer unbeschränkten Durchführung auch ein wichtiges Erziehungsmoment auf sozialem Gebiet gegeben ist, ein Umstand, den wir in der heutigen schweren Zeit gewiß nicht außer Acht lassen sollten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Lengsdorf: Der Vaterländische Frauenverein eröffnete am 3. Mai im Saale der Gastwirtschaft der Frau Witwe Rheindorf hierselbst einen Kriegskindergarten, wodurch den Müttern hiesiger Gemeinde Gelegenheit gegeben ist, sich den jetzt so dringenden Feldarbeiten oder andern notwendigen Beschäftigungen hinzugeben. Ein tägliches Schulgeld von 10 Pfg. wird erhoben, um wenigstens einen Teil des Kostenaufwandes zu decken. Allgemein wird diese zeitgemäße Einrichtung hier freudig begrüßt, und schon gleich bei der Eröffnung heute morgen fanden sich über 40 der Kleinen im neuen Kindergarten ein.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Samstag, 12. Mai 1917
Die Stadtverordneten haben gestern, dem Antrage des Lebensmittelausschusses entsprechend, die Einkommensgrenze für die Zugehörigkeit zur Abteilung B bei der Lebensmittelversorgung von 6000 M. auf 8000 M. erhöht. Sie bewilligten 22.700 M. für Umbauten im städtischen Pflegehause und ermächtigten ihren in der vorigen Sitzung gewählten Kohlenausschuß, alle für die Kohlenversorgung der Stadt notwendigen Maßnahmen zu treffen, im Einvernehmen mit der Verwaltung auch alle dafür nötigen Ausgaben zu leisten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen Ladendiebstahls hatte sich eine Pensionsinhaberin aus Bonn zu verantworten. Die schon wegen einer gleichen Straftat vorbestrafte Angeklagte entwendete am 17. Januar in dem Geschäft von K. und Sch. in Bonn mehrere Meter Seidenband. In der Verhandlung machte der Verteidiger geltend, daß die Frau nervenkrank sei und für ihr Tun nicht verantwortlich gemacht werden könne. Er beantragte die Ladung eines ärztlichen Sachverständigen. Das Gericht verurteilte die Angeklagte zu zwei Monaten Gefängnis.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hinweis auf die bestehende Gefahr in der Mitarbeit von Kriegsgefangenen in der Landwirtschaft. Wie Zeitungsberichten zu entnehmen ist, sind Kriegsgefangene durch ihnen in Backwaren aus ihrer Heimat zugesteckte Zettel aufgefordert worden, Deutschland durch Zerstörung und Unbrauchbarmachung des Saatgutes zu schädigen. Besonders ist auf ein Verfahren hingewiesen worden, die Saatkartoffeln durch Vernichtung der Augen zu verderben. Landwirte, achtet auf die bei euch beschäftigten Kriegsgefangenen, und verwendet sie niemals unbeaufsichtigt bei der Zubereitung des Saatgutes, der Aussaat und der Saatpflege. Wenn es sich irgend ermöglichen läßt, beschäftigt sie besser bei diesen Arbeiten nicht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 13. Mai 1917
Das Altkatholische Volksblatt berichtet aus Bonn: Unsere Ferienkinder sind am 1. Mai heimgekehrt, vortrefflich gestärkt und voll schöner Erinnerungen – dank der liebevollen Fürsorge unserer Glaubensgenossen in Holland und dank dem sicheren Geleite, das, wie für die Hinreise, so auch für die Rückfahrt dieselben stets hilfbereiten Damen übernommen hatten. Wie hochbefriedigt, ja begeistert die Pfleglinge selbst davon erzählen, gibt sich in dem einstimmigen Wunsche kund: Je eher, je lieber wieder nach Holland! Unsern gastfreundlichen Glaubensgenossen der Niederlande auch an dieser Stelle nochmals herzlichsten Dank!
Arbeitshilfe in der Landwirtschaft. Der Gouverneur der Festung Köln hat eine Verordnung über Arbeitshilfe in der Land- und Forstwirtschaft erlassen, durch die es männlichen und weiblichen Personen, die in der Land- oder Forstwirtschaft beschäftigt sind, verboten wird, ohne schriftliche Genehmigung der Ortspolizeibehörde in eine andere als land- oder forstwirtschaftliche Beschäftigung überzutreten. Ebenso wird durch dieselbe Verordnung jede männliche oder weibliche Person verpflichtet, auf Aufforderung durch die zuständigen Behörden im Bezirk ihrer Wohnsitz- oder Nachbargemeinde eine ihren Kräften entsprechende land- oder forstwirtschaftliche Arbeit zu übernehmen, soweit es ohne Schädigung der eigenen Verhältnisse geschehen kann.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Oberstleutnant Walter Kortegarn, der frühere Dezernent für Sport und Turnen im Kriegsministerium, ist dieser Tage an seinen im Felde erhaltenen Verwundungen gestorben. Walter Kortegarn, ein geborener Bonner, war der Sohn des in Frankfurt a. M. als Direktor der dortigen Wöhler-Schule verstorbenen Dr. Kortegarn, der vordem Inhaber und Leiter der allen älteren Bonner bekannten Kortegarn’schen Schule war, aus der das städtische Gymnasium hervorgegangen ist. Oberstleutnant Kortegarn war in seinen jungen Jahren ein hervorragender Tennisspieler und hat sich in Homburg v. d. H. manche Preise geholt.
Die Universitäts-Kriegsküche mit der denkbar höchsten Teilnehmerzahl befriedigte diese Woche ihre Teilnehmer mit Ausnahme von einigen Tagen nicht übermäßig! Die Heringe mit Kartoffeln und Tunke, die es Dienstag gab, ließen an Geschmack sicherlich nichts zu wünschen übrig; nur waren in der Mittagszeit keine Kartoffeln mehr gar, sodaß für eine geraume Zeit an die „Hungerigsten“ Sauerkraut ausgegeben werden mußte. Dazu kam noch der Segen von oben –, es regnete nämlich tüchtig auf die wartenden Kriegsküchenteilnehmer, die so sehnsüchtig auf die Kartoffeln draußen warteten. Die Steckrüben mit Kartoffeln am folgenden Tage aßen viele Teilnehmer ungern; dafür zeugten die Reste, die überall in den Eßschüsseln sich vorfanden. Wir wollen es aber nicht verkennen, daß sich die Küchenverwaltung die denkbar größte Mühe gibt. Hoffen wir das Beste, daß in Zukunft mehr fröhliche Gesichter aus der Universitäts-Küche kommen als umgekehrt.
Strafkammer zu Bonn.
Reiche Diebesbeute machte durch Zufall der von der Truppe desertierte Musketier Sch. aus Bonn. Um sich ein Nachtlager zu suchen, stieg er in ein unbewachtes Gebäude, welches als Lagerraum verwandt wurde, ein und entdeckte dort große Zuckervorräte. Er setzte sich durch Diebstahl in den Besitz eines Schlüssels des Lagers und versuchte die Ware an den Mann zu bringen, indem er verschiedenen Zwischenhändlern den Zucker anbot. Hierbei gab er an, die Ware habe er aus Belgien mitgebracht. Die Händler gingen auf das Angebot ein, holten den Zucker ab und verkauften ihn weiter. Die Folge war eine Anklage wegen Diebstahls bezw. Hehlerei. Die Strafkammer verurteilte Sch. zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr 3 Monaten. Die beiden Zwischenhändler erhielten ebenfalls Gefängnisstrafen, während eine Kolonialwarenhändlerin, die von dem Zucker an Kunden ohne Karte abgegeben hatte, zu einer Geldstrafe von 600 Mark verurteilt wurde. Außerdem wurde noch die Frau des einen Händlers zu 200 Mark Geldstrafe wegen Verstoß gegen eine Bundesratsverordnung verurteilt.
Hehlerei brachte einen Schlosser von Bonn auf die Anklagebank. Er hatte von verschiedenen jüngeren Arbeitskollegen Zigarren und Zigaretten, von denen er vermuten konnte, daß sie gestohlen waren, aufgekauft und mit Verdienst weiter verkauft. Das Gericht erkannte auf einen Monat Gefängnis.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Duisdorf. Die Ankunft der langersehnten Spätsaatkartoffeln wurde hier dieser Tage angezeigt. Jedoch wollen die Kartoffelzüchter nicht recht an deren Eintreffen glauben, da dieses Verfahren auch des öftern bei den frühen Sorten gemacht worden ist, welche aber trotzdem zum größten Teile den Weg nach hier noch nicht gefunden haben. Wohl werden sie jetzt auch nicht mehr verlangt, da deren rechte Pflanzzeit bereits verstrichen ist. Der Ankunft der angezeigten Spätsorten wird aber mit sehr gemischten Gefühlen entgegengesehen da dieselben trotz der zweifelhaften Qualität die Kleinigkeit von 25 Mark pro Zentner kosten sollen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Montag, 14. Mai 1917
Frühzeitige Schuhausbesserungen. Zu den Notwendigkeiten, die der Krieg geschaffen hat, gehört eine schonende Behandlung unseres Schuhwerks. Bei der Knappheit des Leders ist es jedem dringend zu empfehlen, Schuhe schon dann zur Ausbesserung zu geben, wenn nur kleine Schäden an ihnen vorhanden sind. Die Stoffe für kleinere Ausbesserungen herbeizuschaffen, ist verhältnismäßig leicht, während dies bei großen Ausbesserungen mit beträchtlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Wer daher seine schadhaft gewordenen Schuhe frühzeitig zum Schuhmacher bringt, beugt dadurch dem vorzeitigen Abreißen vor und spart an Neuanschaffungen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wucher mit Auslandsfleisch. Gleich wie in vielen anderen Städten, wird auch in Bonn ein wucherischer Schleichhandel mit Fleischwaren betrieben. Am Samstag erklärte nun Präsident von Batocki im Reichstag, in den nächsten Tagen werde er auch für Auslandsfleisch die inländischen Fleischpreise festlegen. Abnehmer für das teure ausländische Fleisch seien Gastwirtschaften und wohlhabende Familien, die sich nicht scheuten, auf Kosten der Massen ihre eigene Ernährung zu verbessern. Brauchbare Anzeige erhalte das Ernährungsamt leider nicht. Das Kriegsernährungsamt wolle rücksichtslos in dieser Frage vorgehen. Das Publikum müsse aber mithelfen.
Kriegskinderheim auf „Hohen-Eich“. Herr Rudolf Küpper sen., der Vater der Leiterin des Kriegskinderheims „Hohen-Eich“ zu Endenich, gibt eine kleine Broschüre heraus, in der er die Schwierigkeiten darlegt, mit denen das Kinderheim schon von Anfang an zu kämpfen gehabt habe. Helferinnen sowohl wie bezahlte Hülfskräfte hätten vielfach wieder entlassen werden müssen, da sie sich für den anstrengenden Tag- und Nachtdienst als nicht geeignet erwiesen hätten. Die Helferin, die über die Zustände im Heim einem Bielefelder Arzt Mitteilung gemacht und dadurch die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft veranlaßte, habe vorher bei einem mehrstündigen Spaziergang mit Herrn Küpper mit keinem Wort erwähnt, daß in dem Heim Dinge vorgekommen seien, die ihr mißfallen hätten. Bei Kinderstrafen die zulässige Grenze festzustellen, sei schwierig. Eine Hundepeitsche sei bei argen Verfehlungen der Kinder nicht gebraucht worden, sondern eine ledergeflochtene Gerte, und zwar nicht allein von der Leiterin, sondern auch von den Helferinnen. Im Uebrigen habe zwischen der Leiterin und ihren Pflegebefohlenen ein schönes Verhältnis bestanden. Bei gutem Wetter hätten sie sich zusammen auf dem Rasen getummelt und bei schlechter Witterung sei in den Zimmern gespielt worden. Ob den Aussagen von Helferinnen, die nur kurze Zeit im Heim den übernommenen Pflichten kaum genügten, und der Viehwärterin und der entlassenen Wäscherin höherer Wert beizumessen sei, wie den Damen, die in mustergültiger Weise sich über Jahr und Tag menschenfreundlich betätigt haben, darüber möge die Oeffentlichkeit entscheiden.
Ein Straßenraub wurde am Tage vor Weihnachten 1916 am Neutor begangen. Einer Dame wurde gegen 7 Uhr morgens gewaltsam die Handtasche entrissen. Da die Bestohlene keine Beschreibung der Täter geben konnte, waren die angestellten Ermittlungen bisher erfolglos geblieben. Den unausgesetzten Bemühungen unserer Kriminalpolizei ist es jetzt gelungen, die Täter in der Person eines 18jährigen Fuhrmanns von hier und eines 17jährigen Helfershelfers zu ermitteln und dingfest zu machen. Beide werden sich vor dem Kriegsgericht zu verantworten haben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der gestrige Sonntag war äußerst schwül und sehr heiß. Das Thermometer zeigte mittags annähernd 30 Grad Celsius. Gewitter herrschten nur in der entfernteren Umgegend. Das Wetter lockte natürlich alles was Beine hatte hinaus in die Wälder, in die Auen. Ganz besonders wurde denn der Blütenpracht am Vorgebirge gedacht; der Andrang zu den Zügen war so groß, daß der größte Teil der Fahrgäste stehen mußte. Die Rheinuferbahn war vollgepfropft von Cölnern. Die Elektrischen nach Godesberg-Mehlem und Königswinter sowie die Rheindampfer hatten übermäßigen Verkehr. Jeder wollte sich mal nach dem langen, langen Winter in Gottes freier Natur bewegen und sich dabei an der in so kurzer Zeit so üppig wachsenden Pflanzenwelt ergötzen. Hierbei muß es wohl in jedem den Anschein erweckt haben, als ob das warme Wetter in der Natur jetzt nachholen will, was es durch die vorherigen vier oder sechs Wochen kalte Witterung versäumt hat. Wenn es nur annähernd so weiter geht, dürfen wir wohl zufrieden sein. Unseren Feinden ist abermals ihre Hoffnung auf unsere Aushungerung dann zu Schanden geworden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 15. Mai 1917
Jungmannenhilfe für den Gartenbau in Bonn. Es scheint noch nicht genügend bekannt zu sein, daß die Jungmannen der höheren Schulen nicht nur den eigentlichen Landwirten und Gemüsebauern der Vororte noch weitere Hilfskräfte zur Verfügung stellen können, sondern auch den Inhabern von Gärten innerhalb der eigentlichen Stadt zur Verfügung stehen, die Grasflächen und Zieranlagen zu Gemüseland umzuwandeln wünschen. Jetzt aber ist für alle derartigen Arbeiten die größte Eile geboten! Wer für längere Zeit oder auch nur für einzelne oder halbe Tage Hilfskräfte braucht, möge sich wenden entweder an den Städtischen Arbeitsnachweis der Hilfsdienststelle (Städtische Sparkasse, Fernspr. 4945) oder unmittelbar an die Vertrauensmänner Prof. Füchtjohann, Königstraße 71 (Fernspr. 2662, 3-5 nachm.) und Prof. Sadée, Moltkestraße 21 (Fernspr. Nr 2732, sicherste Sprechzeiten 1, 3, ½8 Uhr). Sachkundigen Rat für die Ausnutzung und Bearbeitung des Bodens gewährt die Städtische Gartenbauverwaltung, Rathausgasse 16 (Zeiten 12-1 und 6-6½ Uhr, Fernspr. 4814).
Wildgemüse und Feldschutz. Die Klagen der Landwirte und Gärtner über das Zertreten der bestellten Felder und die Beschädigung der Aussaat beim Sammeln des Wildgemüses mehren sich; Kinder, aber auch Erwachsene durchziehen gedankenlos die Felder, um ein Körbchen voll Vogelmiere zu sammeln, und verursachen dabei großen Schaden, der in gar keinem Verhältnis zu dem Gewinn steht. Zudem bieten ja auch die Oedländereien, Gräben und Hecken Gelegenheit zur Versorgung der Küche mit Wildgemüse, Brennesseln, Ampfer, Hopfen, Beinwurz, Ziegenfuß usw. Die Behörden handeln nur im Nutzen der Allgemeinheit, wenn sie jeden, der ein Stück fremden Ackers betritt, rücksichtslos zur Rechenschaft ziehen und empfindlich bestrafen.
Alles Gold fürs Vaterland!
Es dringt ein Ruf vom Fels zum Meere:
Gebt alles Gold fürs Vaterland,
Auf daß es wandle sich zur Wehre,
Damit wir weiter halten stand!
So öffnet freudig Eure Truhen
Und bringt den Schmuck ans Tageslicht.
Warum soll unbenutzt er ruhen?
Ihn gern zu opfern ist jetzt Pflicht.
Noch liegt in vielen heil’gen Schreinen
Manch Edelstein und Goldgeschmeid,
Gebt dies zur Hilfe für die Kleinen,
Zu lindern unverschuldet Leid!
Laßt dieses Wort nicht leer verhallen,
Ein jeder tue, was er kann!
Wenn dann die Friedensglocken schallen,
Hat mancher auch sein Teil getan. R.R.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Wirtshausschluß. Der Regierungspräsident hat genehmigt, daß Wirtschaften, in denen musikalische Veranstaltungen stattfinden oder auch Gesangs- und deklamatorische Vorträge und die bisher dem 10-Uhr-Schluß unterlagen, nach Einstellung dieser Darbietungen zu der genannten Zeit bis auf weiteres befugt sind, den reinen Wirtschaftsbetrieb bis zu der allgemeinen Polizeistunde um 11 Uhr fortzusetzen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Beuel, 14, Mai. Der gestrige kriegswirtschaftliche Vortragsabend im Katholischen Vereinshause wurde von Herrn Bürgermeister Breuer mit einer Ansprache, in welcher dieser die augenblicklichen, wichtigen und ernsten Zeitumstände besonders betonte, eröffnet. In einem einstündigen Vortrag erörterte Rechtsanwalt Klein II die Kriegslage in militärischer, politischer, finanzieller und wirtschaftlicher Beziehung. Der Redner betonte, daß das allen menschlichen und völkerrechtlichen Verpflogenheiten hohnsprechende Beginnen unserer Feinde seinen Ursprung in der Einkreisungspolitik und seine Fortsetzung in dem Hungerkrieg gefunden habe. Das ganze deutsche Volk sei sich darüber einig, daß die Schuld an dem entsetzlichen Kriege nur unsere Feinde treffe. Das Schwert sei uns in die Hand gedrückt worden, und das Schwert müsse auch die Entscheidung bringen. Es gelte deshalb durchzuhalten bis zum siegreichen Ende. – In einem weiteren Vortrage behandelte Dr. Rösing die gegenwärtigen Wirtschaftsverhältnisse. Der Redner meinte, daß die Gegensätze, die sich zwischen Stadt und Land gebildet hätten, sehr bedauerlich seien und unterdrückt werden könnten. Die Landwirtschaft habe voll und ganz ihre Pflicht getan. Um unser Vaterland vom Ausland unabhängig zu machen, sei es unsere Pflicht, für spätere Zeiten der Landwirtschaft größere Aufmerksamkeit zu widmen. Zum Schluß gab der Redner noch eine Anzahl praktischer Winke zum Anbau der Kartoffeln und Körnerfrucht, sowie zur Düngung des Bodens. Auch er schloß mit der Aufforderung, durchzuhalten bis zum siegreichen Ende.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
Wegen Papier- und Leutemangels erscheint das halbe Blatt der Morgenausgabe in Zukunft mit der Hauptausgabe zusammen und gelangt nachmittags zwischen 6 und 7 Uhr zur Ausgabe.
Ein schweres Gewitter zog gestern abend über unsere Stadt. Es war von einem derart reichen Regen begleitet, daß die Kanäle kaum das Wasser zu fassen vermochten, sodaß in manchen Straßen Ueberschwemmungen entstanden und viele Keller unter Wasser gesetzt wurden. In Poppelsdorf führte das Wasser an Berghängen starkes Geröll mit sich, das sich in den Straßen festsetzte. An manchen Stellen war das Geröll so stark, daß die elektrische Straßenbahn festfuhr und durch den nachkommenden Sand vollständig festgeklemmt wurde, sodaß sie nicht vorwärts und nicht rückwärts konnte, bis nach Aufhören des Regens die Hemmnis beseitigt werden konnte. Die Feuerwehr wurde in einigen Fällen zu Hilfe gerufen, um der Wassermenge Abhülfe zu schaffen.
Ausnützung der heimischen Pflanzenwelt im Kriege. Es sei nochmals auf den Vortrag des Dr. Ernst Küster, Professor der Botanik an der Universität hingewiesen, in welchem heute abend ( 8½ im großen Hörsaal der Universität, Eingang neben Etscheid) jedermann über die eßbaren Wildgemüse unserer einheimischen Flora und deren Verwendung sich aufklären zu lassen Gelegenheit hat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 16. Mai 1917
Arndt-Eiche in Eisen
Die Arndt-Eiche in Eisen, die voraussichtlich die längste Zeit auf dem Münsterplatz gestanden hat, ist in Wahrheit das allgemeine Kriegswahrzeichen der Bonner Bürgerschaft geworden. Groß und Klein, Hoch und Niedrig, Behörden, Privatpersonen, Gesellschaften und Vereine aller Art, alle haben sich an der Benagelung der Arndt-Eiche beteiligt. Da dürfte es angemessen erscheinen, einen Rückblick auf die Entwicklung unseres Kriegswahrzeichens zu tun, und dabei eine kurze Beschreibung der jetzigen Gestaltung zu tun.
Am Sonntag, 19. Dezember 1915, wurde unter Teilnahme der sämtlichen Behörden, der Studentenschaft und zahlreicher Vereine das Denkmal feierlichst errichtet. Die vereinten Männer-Gesang-Vereine unserer Stadt sangen Beethovens „Die Himmel rühmen“ und E. M. Arndts „Was ist des Deutschen Vaterland“: Die Festrede hielt Herr Oberbürgermeister Spiritus, und der gemeinsame Gesang der Wacht am Rhein schloß die Feier. In drei Tagen war schon eine Einnahme von rund 3000 Mark zu verzeichnen, die von Tag zu Tag sich andauernd in schneller Folge erhöhte. Große Nachfrage war alsbald nach den prächtigen Eichenblättern, welche die Aeste des mächtigen Stammen zieren. Dieser selbst wurde von rund 11.000 Schulkindern unserer Bonner Volksschulen benagelt. Jede einzelne Schule ist auf dem Eichenstamm durch einen besonderen Nagel angegeben, um welchen die von den Schulkindern eingeschlagenen Nägel sich gruppieren. So kann sich die Schuljugend Bonns rühmen, tatkräftig zum Gelingen des vaterländischen Werks beigetragen zu haben, sie wird einstens nach Jahren und Jahrzehnten beim Anblick der Arndt-Eiche sich der schweren und großen Zeit des Weltkrieges erinnern!
Mitte Februar 1916 belief sich die Einnahme der Arndt-Eiche bereits auf 36.000 Mark. Ende desselben Monats fand die feierliche Nagelung seitens des Lehrkörpers und der Studentenschaft unserer Universität statt. In der Folgezeit wurden an der Arndt-Eiche regelmäßig wöchentlich Militärkonzerte veranstaltet.
Am 19. März 1916 vereinte das Bonner Handwerk festlich an der Arndt-Eiche zur Nagelung eines prächtigen Schildes. Da auch andere Körperschaften, Vereine und Privatpersonen großes Interesse den Zwecken der Arndt-Eiche, der Fürsorge von Witwen und Waisen von Bonner Kriegern zuwandten, stieg die Gesamteinnahme bis April 1916 auf 56.000 Mark. Rege Werbetätigkeit für die Arndt-Eiche bekundeten auch die Schülerinnen und Schüler der hiesigen höheren Schulen, Lyzeen und Gymnasien. Die Waisenkinder der Stadt nagelten wiederholt für größere Beträge, die in dankenswerter Weise von Wohltätern zur Verfügung gestellt wurden. Im Sommer 1916 wurde eine Gesamteinnahme von rund 70.000 Mark erreicht, die dann, wenn auch langsamer wie früher, wuchs, so daß am Jahrestag der Errichtung der Arndt-Eiche, 19. Dezember 1916, ein Gesamtbetrag von rund 80.000 Mark festgestellt werden konnte.
Die Wintermonate 1916/17 brachte keine große Erhöhung der Einnahmen; immerhin beträgt die Gesamtsumme der Einnahmen zurzeit rund 100.000 Mark. Die Hoffnung, daß in nicht allzu langer Frist die Summe von 100.000 Mark erreicht wird, wird wohl erfüllt werden, damit das Denkmal würdig wird dessen, der einst das Wort gesprochen:
„Der Rhein Deutschlands Strom,
nicht Deutschlands Grenze!“
Alldeutscher Verband. Montag abend fand im Kronprinzenhof eine stark besuchte Veranstaltung der Bonner Gruppe des Alldeutschen Verbandes statt. Nachdem ein ehrender Nachruf auf den verstorbenen Herrn Paul von Emster, den langjährigen Vorsitzenden der Gruppe, gesprochen worden war, hielt Dr. R. F Günther einen Vortrag über „Deutschland oder England? Hindenburg oder Scheidemann?“ Er führte etwa aus: England ist unser grimmigster und hartnäckigster Feind, weil wir ihm an der Futternapf gekommen sind. Das kann ein Hund nicht vertragen. England ist nicht müde geworden, den Erdkreis gegen Deutschland aufzupeitschen, so lange es die Macht und das Ansehen hat. Nur unsere inneren und äußeren Machtmittel können das „glänzende Kriegsgeschäft“ zunichte machen. Ohne die flandrische Küste ist für Deutschland ein Hindenburgfriede undenkbar, gegen ihre Besitznahme aber wird sich England mit Händen und Füßen wehren, und da heißt es: Deutschland oder England! In Hindenburg wird uns der Retter erstehen, der England zu strafen wissen und uns den Hindenburgfrieden bringen wird. Wenn wir den wünschenswerten Frieden nicht bekommen, haben wir Kriegslasten von 100 bis 172 Milliarden, Wegnahme unserer Flotte, Vernichtung unseres Handels und der Industrie, Lahmlegung der Landwirtschaft usw. zu erwarten. Deshalb seien wir auf der Hut, wappnen wir uns gegen Gemeinheit und Niedrigkeit der Gesinnung um uns herum. Von Stolz und Selbstbewusstsein rede man unserem Volke so lange und so oft, bis es den Standpunkt des Alldeutschen Verbandes zu begreifen gelernt hat, dann wird es die Höhe erstreben, die ihm die Vorsehung zuerkannt hat. Nur dasjenige Volk kann Erfolg haben, das seine Lage in voller Klarheit erkennt und sie durch kluge Kraft und weisen Willen stärkt. Der Deutschgedanke muß überall herausgearbeitet werden. Nur so kann dem deutschen Volke geholfen werden. Was steht uns bevor bei einem faulen Frieden, den uns eine bisher nur staatszersetzende Partei bringen will? Unter einer ungeheuren Steuerlast wird Angefangenes nicht vollendet, edle Arbeiten, weitsichtige Unternehmungen, blühende Zukunftsaussichten werden zu Grabe getragen werden müssen, Armut an allen Ecken, armselige Verhältnisse an allen Enden. Wenn unsere Kolonien verloren gegangen, unser mühsam erworbener Besitz an Geld und Gut entwertet, unsere Schiffahrt eingeschränkt, wenn Landgebiete, die mit dem Blute deutscher Volksgenossen getränkt sind, nicht nur nicht erworben, sondern sogar deutsche Landgebiete aufgegeben worden wären, dann käme zu dem Niedergange noch der Spott und Hohn eines hochmütigen Gesindels um uns herum. Diese unsägliche Schmach wäre einfach unerträglich. Das deutsche Volk hätte in Wahrheit seine Ehre verloren! Das ist das Ideal eines Friedens, wie er den Sozialdemokraten vorschwebt. Auf Hindenburg und seine Getreuen setzen wir unsere ganze Hoffnung. Bei der Abrechnung mit jedem einzelnen unserer Feinde müssen Forderungen zutage treten, die den 42-Zentimeter-Geschützen entsprechen. Der eiserne Wille und die granitene Härte eines Hindenburg, der herrlichen Verkörperung deutschen überragenden Geistes, deutsche Tatkraft und deutsche Stärke müssen das ganze deutsche Volk in Einigkeit erfüllen. Dann wird uns ein deutscher Friede und damit Heil und Glück und die Zukunft unseres teuren Vaterlandes gesichert sein.
Im Anschluß an diesen Vortrag legte Prof. Trautmann eine Entschließung vor, die einstimmig angenommen wurde. An den Erörterungen über den Vortrag und die Entschließung beteiligten sich hauptsächlich die Herren Buchhändler Falkenroth, Geheimrat Rocholl, Pfarrer Strauß, Rektor Idel. Prof. Trautmann hatte sich entschuldigt, daß die von ihm beantragte Entschließung etwas lang ausgefallen sei. Geheimrat Rocholl erwiderte darauf, er begrüße diese Ausführlichkeit. Es herrsche so viel Unkenntnis über die Friedensziele, die von guten Deutschen erstrebt werden müsse, daß die ins einzelne gehende Entschließung eine gute aufklärende Wirkung ausüben werde. (Wir werden die Entschleißung morgen veröffentlichen.)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Eine Betriebsanordnung für Christi Himmelfahrt und den zweiten Pfingsttag. Das Generalkommando Coblenz hat mit Rücksicht auf die gegenwärtige Kriegslage für den Befehlsbereich des 8. Armeekorps aufgrund des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 angeordnet, daß alle beteiligten Betriebe für Kohlenbergbau, Erzbergbau, Hüttenwesen, Stahl- und Eisenindustrie am Himmelfahrtstage und zweiten Pfingsttage arbeiten. Diese Anordnung gilt auch für den Befehlsbereich der Festung Köln.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine recht ersprießliche Hülfsarbeit. In den beiden letzten Wochen wurden 16 Gruppen der Bonner Hilfsmannen (Volksschüler) von Grundbesitzern zum Steinelesen und Unkrautjäten angefordert. Mit lobenswertem Eifer unterzogen sich die Knaben auch den schwierigeren Arbeiten und die Gutsbesitzer äußerten ihre Zufriedenheit. Auf Anregung eines Besitzers wurden im Norden der Stadt die Blüten des Huflattich, der in den dortigen alten Sandgruben üppig wuchert, gesammelt. Während die Erfahrungen mit anderen Wildgemüsen durchaus günstig sind, entsprechen die als eßbar empfohlenen Lattichblätter nicht den Erwartungen und ließen an Wohlgeschmack und Bekömmlichkeit zu wünschen übrig. Vielleicht hat es an der Zubereitung gelegen. Der Huflattich ist ein sehr schädliches, schwer zu vertilgendes Unkraut, so daß mit der Vernichtung von vielen Millionen Samenkörnern, die mit einem Flugapparat versehen, vom Winde verbreitet werden, der umliegenden Landwirtschaft eine nicht zu unterschätzende Hilfe geleistet wurde.
Ein erfreuliches Beispiel von Fürsorge und Verständnis gab die Bonner Eisenbeton-Industrie, welche ihre Grundstücke von Unkraut säubern ließ, damit die benachbarten Gemüsefelder nicht darunter litten, und unbenutzte Flächen freiwillig und kostenlos zum Anbau von Kartoffeln zur Verfügung stellte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 17. Mai 1917
Wegen des Feiertags Christi Himmelfahrt erscheint der General-Anzeiger an diesem Tage nicht.
„Wir wünschen einen Hindenburg-Frieden, nicht einen Scheidemann-Frieden“, das ist die Parole, die die Ortsgruppe Bonn-Godesberg des „Unabhängigen Ausschusses für einen deutschen Frieden“ in ihrer Vorstands- und Beiratssitzung am Montag, 14. Mai, in Bonn, ausgegeben hat. [...] In vollster Übereinstimmung wurde beschlossen, mit allen Kräften gegen einen faulen, Deutschlands Weltmachtstellung vernichtenden und Deutschlands blühende Kultur um Jahrhunderte zurückwerfenden Frieden anzukämpfen. Es werden in der nächsten Zeit im Rheinlande Schritte getan werden, um alle diejenigen, die in einem siegreichen deutschen Frieden, einen „Hindenburg-Frieden“, das Heil des Vaterlandes sehen, zu vereinigen und ihnen die Möglichkeit zu geben, auch ihre Stimme in die Wagschale zu werfen. Die Anhänger eines starken deutschen Friedens sind in Deutschland nicht in der Minderheit, sondern in der Mehrheit. Sie müssen sich nur zu gemeinsamem Vorgehen zusammenfinden.
Arndt-Eiche in Eisen. Die Werbetätigkeit, welche in der letzten Zeit für unser Kriegswahrzeichen entfaltet wird, hat die Einnahmen etwas gesteigert. Viel ist’s zwar nicht gewesen, und die großen Gaben fehlen noch, aber auch sie werden noch kommen. Zwei Beispiele aus den letzten Tagen seien hier zur Nachahmung angeführt. Ein einfacher Handwerksmeister erschien an der Arndt-Eiche und stiftete den Betrag von 50 Mark mit der Begründung, für die Witwen und Waisen unserer tapferen Helden müsse man doch etwas tun. Sodann ging bei der Geschäftsstelle der Arndt-Eiche ein Feldpostbrief ein, in dem ein Unteroffizier Josef B..., der bei einem Gardebataillon steht, schreibt: Arndt-Eiche, Bonn. Hierdurch bitte ich Sie, aus meinem Guthaben den Betrag von 10 Mark zugunsten der Witwen und Waisen von Bonner Kriegern zu überweisen. Hochachtungsvoll Josef B...., Unteroff. Auf recht baldigen siegreiches Wiedersehen in Bonn an Deutschlands Strom. Das walte Gott. Betrag erfolgt durch die Post.“
Solche Gesinnung ehrt die Spender. Herzlichen Dank sei beiden an dieser Stelle ausgesprochen.
Alldeutscher Verband. Die am Montag abend in einer stark besuchten Versammlung der Bonner Gruppe des Alldeutschen Verbandes von Geheimrat Trautmann eingebrachte und dann einstimmig angenommene Entschließung hat folgenden Wortlaut:
„Neidische Feinde haben uns, auf Anstiftung Englands, mit Krieg überzogen. Durch die überlegene Kunst unserer Heerführer und den Heldenmut unserer Krieger ist die Absicht, Deutschland zu vernichten, vereitelt worden. Ja, wir haben uns nicht nur gewehrt, sondern haben auch weite Strecken feindlichen Landes erobert und bedrängen die Gegner mehr und mehr dergestalt, daß sie in absehbarer Zeit genötigt sein werden, um Frieden zu bitten.
Bei dieser für uns so günstigen Lage der Dinge reden Menschen mit deutschen Namen von einem „für alle Teile ehrenvollen Frieden“ und verlangen andere „Deutsche“ einen Frieden ohne Eroberungen und Entschädigungen.
Also die Feinde, die uns an Leben und Ehre gewollt haben, sollen straflos, ja geehrt davon kommen, was nichts anderes heißt, als sie freundlich einzuladen, bald wieder über uns herzufallen! Und unser Volk soll Fluten von Tränen umsonst geweint und Ströme edlen Blutes für nichts und wieder nichts hingegeben haben! Und wir alle sollen unter einer unerträglichen Schuldenlast seufzen, und unsere Arbeiterstände sollen in Not und Elend verkommen!
In unseren Augen sind Leute, die für einen solchen Frieden eintreten, Narren oder Verräter am Vaterland oder beides. Wir wollen keinen mattherzigen Frieden, sondern einen starken. Unsere Grenzen sind offen und schwer zu verteidigen: Wir müssen sie hinausschieben und so ziehen, daß wir bei einem künftigen feindlichen Angriffe besser als bisher geschützt sind. Wir haben nicht Brot und Fleisch genug (siehe Brot- und Fleischkarte): wir müssen so viel neues Acker- und Weideland gewinnen, daß kein Gegner wieder auf den Gedanken verfallen kann, uns auszuhungern. Wir haben nicht Bodenschätze genug, aus denen wir unsere Waffen schmieden; hätten wir nicht das Glück gehabt, Longwy und Briey gleich bei Beginn des Krieges in die Hand zu bekommen, so hätten wir den Krieg unrettbar verloren; wir müssen Briey und Longwy behalten und noch möglichste viele andere erz- und kohleführende Gebiete dazu nehmen. Unsre Feinde wollen unseren Handel, unsre gewerbliche Tätigkeit, unsre Landwirtschaft erwürgen, um dadurch das Deutsche Reich zu entvölkern und wehrlos zu machen; ein Scheidemannscher Friede würde dieselbe Wirkung üben; das Land würde verarmen, die Menschen auswandern, Deutschlands kriegerische Kraft zerstört werden: wir müssen den Feinden Land abnehmen, und nicht zu wenig, auf dem gesunde, kraftvolle, ihres Daseins frohe, waffentüchtige Menschen erwachsen; das Sinken der Geburtenziffer muß aufhören; die Zahl der Deutschen wächst, oder Deutschland ist verloren.
Rußland muß von der Ostsee, wohin es sich vorerobert hat, zurückgedrängt werden. Kurland wird ins Deutsche Reich einverleibt; in Litauen, Livland, Estland werden deutsche Markgrafschaften errichtet. Finnland wird unabhängig. Die Polen, denen ein selbständiges Königreich versprochen ist, müssen zu der Erkenntnis gebracht werden, daß ihre Zukunft heißt: aufrichtige Freundschaft gegen Deutschland oder Untergang.
Belgien hat als selbständiger Staat zu verschwinden. Flandern wird ein eigenes Königreich und zugleich deutscher Schutzstaat. Die Wallonen, die sich ja so sehr als Franzosen fühlen, werden nach Frankreich abgeschoben, das gerne Menschenzuwachs nehmen wird; ihr Land wird mit Deutschen besetzt. Der belgische Kongo fällt an Deutschland.
Von Frankreich muß Land genommen werden im Osten und Norden in der Weise, daß die Mosel- und Maaslinie mit Belfort, Epinal, Toul, Verdun und die Aisne- und Sommelinie mit St. Quentin, Amiens, Dieppe an Deutschland fallen. Das Land ist menschenfrei zu übergeben. Marokko und der französische Kongo werden an Deutschland abgetreten.
Unser Friede mit England muß die Weltherrschaft dieses Reiches zerbrechen und die Freiheit der Meere aus einer Redensart zu einer Tatsache machen. Nordamerika wird nach dem Krieg versuchen, England zu einem Bollwerk gegen Deutschland zu gestalten, um zu gelegener Zeit den Kampf des Angelsachsentums gegen uns wieder aufzunehmen; unser Friede mit England muß so aussehen, daß ein solcher Plan der Yankees unausführbar ist. England hat die uns in Afrika geraubten Länder wieder herauszugeben und hat uns alle die Orte und Gebiete auszuliefern, die wir als Flottenstützpunkte verlangen werden. England muß auch verpflichtet werden, Gibraltar an Spanien, die griechischen Inseln an Griechenland, Aegypten an die Türken und anderen Raub an andere frühere Besitzer zurückzugeben, und muß gezwungen werden, Irland als ein unabhängiges Reich anzuerkennen. Es muß bei den Verhandlungen auch erfahren, daß von englischer Festsetzung an der Ostsee nie und nimmer die Rede sein kann. Die englische Flotte wird nach Kiel abgeführt. Wir besetzen Portsmouth, Liverpool, Glasgow und andere englische Städte und halten sie besetzt, bis England seine Schulden an uns bezahlt hat in Geld, Land und Waren, wie wir auch Teile Frankreichs und Rußlands bis zur völligen Tilgung ihrer Schulden besetzt halten.
Nur ein solcher Friede wird von der großen Mehrheit des deutschen Volkes für recht und billig gehalten werden; die Schreier nach einem „für alle Teile ehrenvollen“ Frieden und nach einem Verzichtfrieden lügen, wenn sie sagen, sie sprechen im Namen des deutschen Volkes; sie haben nur wenig unklare Köpfe und Leute ohne deutsche Gesinnung hinter sich. Sogar Arbeiterversammlungen (so die große kürzlich in Essen abgehaltene) haben sich in voller Entschiedenheit gegen einen Scheidenmannschen Frieden ausgesprochen. Die Scheidemänner werden erkannt; man merkt in immer wachsenden Kreisen, daß ihnen das Wohl des deutschen Volkes gar nichts, die Macht der Partei alles gilt. Sie sind ganz damit einverstanden, wenn das deutsche Volk ein bißchen „verelendet“, je elender das Volk, desto fröhlicher, wissen sie, blüht der Weizen der „Sozialdemokraten“.
Wir haben Vertrauen zu unserem obersten Herrn, daß er Männern voll Weisheit, Zielbewußtheit und Tatendrang den Abschluß des Friedens mit unseren Feinden, und zwar mit jedem von ihnen einzeln, übertragen werde. Vor wenigen Tagen, am 5. Mai, hat unser Kaiser den Vertrauensmännern und Mitgliedern des Unabhängigen Ausschusses für einen deutschen Frieden, der von Prof. Dietrich Schäfer geleitet wird, „für die Huldigung und das Gelöbnis der Treue“ seinen Dank entbieten lassen. Wir nehmen dies Geschehnis als ein Pfand dafür, daß unser kaiserlicher Herr nicht einen Frieden schließen will, der sein Volk zu Grunde richten würde, sondern als echter Landesvater einen Frieden, der seinem schwergetroffenen Volke wieder aufhilft und der ihm, unserem Kaiser, den Segen aller Geschlechter, die sich noch deutsch nennen werden, eintragen wird.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Sanitäts- und Kriegsblindenhunde. Deutsche Schäferhunde, Airedale, Dobermänner, Rottweiler, Hündinnen bevorzugt, unter Angabe der Rasse, des Alters und der Uebernahmebedingungen sucht baldmöglichst die Sanitätshundmeldestelle in Bonn.
Die Lichtspiele am Markt bringen zur Zeit zwei neue Prachtfilme zur Darstellung, in dem einen „Der Liebesbrief der Königin“, spielt die berühmte Schauspielerin Henny Porten die Hauptrolle, in dem anderen, „Die Nixenkönigin“ die bekannte und vielbewunderte Tänzerin Rita Sacchetto.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 18. Mai 1917
Den Bonner Hausfrauen!
Ich will Euch singen und sagen
Von einem Ehepaar,
Das sich im Krieg verbunden,
Vor unserm Hausaltar.
Der Mann so stark und prächtig
Wie Juli-Sonnenschein,
Die Frau so zart und milde
Wie heller Mondenschein.
Der Mann voll Mut und Feuer
Die Frau bedächtig fein, -
Sie fühlt die wilden Gluten
Im Busen still und fein.
Gib Hausfrau diesen beiden
Gastrecht am deutschen Herd –
Sie sind, bei meiner Ehre!
Die besten Plätzchen wert,
Und frägst Du – laß mich kennen
Die beiden ganz genau?
„Gaskocher“ heißt das Männchen,
„Kochkiste“ heißt die Frau.
Hauswirtsch. Kriegshilfe
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Das Bestreben der Verwaltung der Arndt-Eiche, für die Zwecke der Arndt-Eiche weitere Mittel zu verschaffen, ist gewiß lobenswert. Können wir doch unseren Dank für die hingebende Liebe und Treue, für den Opfertod unserer Helden nicht besser zum Ausdruck bringen, als wir den notleidenden Witwen und Waisen helfen, und ihre Schmerzen und Sorgen zu lindern suchen. Auch ich bin der Ansicht, daß es in Bonn nicht schwierig sein dürfte, die Summe der bisherigen Gaben von 90.000 Mark auf mindestens100.000 Mark zu steigern. Hierzu ist es notwendig, daß einige unserer lieben, reichbegüterten Mitbürger nochmals fest und tief in ihre Tasche greifen und eine erkleckliche Summe spenden. Andererseits möchte ich mir noch folgenden Vorschlag erlauben: Ist es nicht möglich, daß die verehrten Damen, welche Mittwochs und Sonntags in den hiesigen Wirtschaften mit der „Rote-Kreuz-Büchse“ sammeln, einmal eine Zeitlang für die Arndt-Eiche sammeln? Jeder Stammkunde dieser Büchsensammlung wird sicher gerne seinen Obolus hierfür geben. Einer, der es gut mit der Arndt-Eiche meint.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Himmelfahrtstag. Zu den angenehmen Unterbrechungen der strengen Wochengliederung mit sechs Arbeitstagen und einem Sonntag der Weihe und Ruhe gehören die Kirchenfeste, die auf Arbeitstage fallend, einen besonderen Feiertag den Menschen bringen. Aus Gründen geregelter Arbeit, besonders in der Industrie, ließ die geistliche Behörde im Laufe der Jahre viele dieser Festtage fallen. Der Tag der Himmelfahrtsfeier des Herrn ist uns geblieben. Noch klangen und riefen gestern feierlich die Glocken zum Gottesdienst; trotz arbeitheischender Kriegszeit waren gestern die Gotteshäuser gefüllt und Feiertagsstimmung mit frohen Gesichtern lag trotz der schweren Zeiten auf den Straßen. Himmelfahrtstag ist vielerorts der Tag der Herrenwanderungen. Viele Wandervereine haben den Tag zu markanten Wanderungen festgelegt, so der Eifelverein nach dem Steinerberg. Viele Einzelwanderer gehen an diesem Tage fernen, seit Jahren liebgewonnenen Zielen zu.
Wenn es gestern nicht so war, so trug darum weniger das dunkle, regendrohende Wetter die Schuld, wie die ernste Kriegszeit, die vom Manne, der in der Heimat bleiben mußte, verlangt, daß er die Züge nicht ohne Not belastet, daß er nicht zum Vergnügen reist.
Viele sind in stiller ernster Art gestern in unsere reizende nähere Umgebung gezogen, liegen doch die herrlichsten, abwechslungsreichsten Naturbilder dicht vor den Toren unserer Stadt. Die Einsamkeit der Wälder und Täler und Berge, bei dem ernst gehaltenen Himmel ließ dann auch stärker die Gedanken in Treue und Dankbarkeit zu jenen schweifen, die Himmelfahrtstag unter fremdem Himmel in Feindesland mit der Büchse in der Hand für die gesegnete Heimat auf scharfer Wacht stehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Landmann hat jetzt das Wort!
Landwirte! Getreideablieferung ist jetzt höchste Ehrenpflicht! Das deutsche Volk braucht Euch und Euer Korn, das den Sieg erst vollendet! Nichts darf Euch abhalten, schnell, reichlich und trotz Bestellzeit zu liefern!
Ein erweiterter Geschäftsverkehr ist nächsten Sonntag gestattet. Die Ladengeschäfte dürfen nachmittags bis 7 Uhr offen gehalten werden.
Ein Ei erhält diese Woche jeder Einwohner, Schwer- und Schwerstarbeiter bekommen noch zwei weitere Eier.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 19. Mai 1917
Das „Verhör“. Die Bevölkerung muß sich endlich daran gewöhnen, daß ihre Ansprüche, die sie zu Friedenszeiten an die Aufmachung des äußeren Menschen zu stellen gewohnt war, in diesen Zeiten der Bekleidungsknappheit auf ein ganz geringes Maß zurückgeschraubt werden müssen. Der oft heißersehnte Bezugsschein kann daher nur dann ausgestellt werden, wenn ein eingehendes Verhör über die noch vorhandene Bekleidung die Notwendigkeit der Anschaffung ergeben hat. Dadurch sieht manch einer seine sorgsam gehüteten Kleider-Geheimnisse mit grausamer Hand an das Licht des Tages gezogen. Und doch erfüllen die hiermit betrauten Beamten nur ihre Pflicht; sie müssen sich genau an die Bestandsliste der Reichsbekleidungsstelle halten, wenngleich sie häufig viel lieber dem stürmischen Drängen der Antragssteller nachgeben würden. Denn stürmisch geht es manchmal auf dem Bekleidungsamt zu. Manche versuchen es, durch die Gewalt ihres Redestroms das gefühllose Herz des Beamten zu erweichen. In solchen Fällen haben die Angestellten, deren Aufgabe ohnehin nicht leicht ist, einen schweren Stand. Sie haben die Anweisung, weitgehende Rücksicht auf alle zu üben, die manchmal längere Zeit auf die Ausfertigung des Bezugsscheines waten müssen. Aber ihre Geduld wird doch manchmal einer starken Belastungsprobe unterworfen, wenn sich der Antragsteller allen sachlichen Zureden gegenüber unzugänglich erweist. Ohnehin sucht das Bekleidungsamt, die scharfen Bestimmungen der Reichbekleidungsstelle zu mildern, soweit dies innerhalb des Rahmens der Vorschriften irgendwie zulässig ist. Eine Ausfertigung über diesen Rahmen hinaus wird auch durch die größten rednerischen Künste nicht zu erreichen sein. So ergeben sich zwei Verhaltungsmaßregeln, die alle die es angeht, beherzigen mögen:
Man trete an die Bezugsscheinausgabestelle nur mit solchen Forderungen heran, die man angesichts der bestehenden Bestimmungen und der Zeitlage vor sich selbst verantworten kann, und begründe das, was man als dringend notwendig verlangen zu können glaubt – kurz und bündig.
Kaninchen und Hühner hatten im Januar und Februar vier junge Burschen aus Bonn auf ausgedehnten Streifzügen im Westerwald und im Kreise Rheinbach in größerem Umfang gestohlen. Sie waren von der Bonner Kriminalpolizei festgenommen worden, als sie mit einer Beute von neun Hühnern und elf Kaninchen aus Morenhoven nach Bonn zurückkehrten. Bei ihren Raubzügen waren sie mit Dolchen und Revolvern bewaffnet. Die Strafkammer des Landgerichts verurteilte sie gestern wegen Bandendiebstahls zu Gefängnisstrafen von drei und zwei Jahren, sechs und vier Monaten, außerdem die Mutter und die Schwester des einen Burschen wegen Hehlerei zu acht und sechs Monaten Gefängnis.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Kinos. In den Lichtspielen wird der fünfte amtliche Kriegsfilm: „Hinter der Ostfront“ vorgeführt. Im Brennpunkt dieses Films steht die Gestalt unseres Hindenburg. Der Film macht uns zugleich mit der ostpreußischen Landschaft bekannt und den historischen Stätten der Russenkämpfe. Außerdem wird ein Drama „Das Zechenkind“ und ein neuer Lungfilm „Rosa Pantöffelchen“ gezeigt. [...]
Die hauswirtschaftliche Kriegshilfe (Nationaler Frauendienst) veranstaltet im Einvernehmen mit dem städtischen Bekleidungsamt wieder eine Sammlung von Stoffresten aller Art, damit auch die kleinsten Abfälle bei dem jetzigen Stoffmangel einer neuen Verwertung zugeführt werden können. Es ist daher im eigenen wie im vaterländischen Interesse Pflicht jeder Hausfrau, nach Kräften zu der Sammlung beizutragen. Die Sammelstellen werden im Anzeigenteil bekannt gegeben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Gesuche um Zurückstellung von der Einberufung müssen spätestens drei Tage vor dem Gestellungstage beim Bezirkskommando eingehen und bereits von der zuständigen Zivilbehörde begutachtet sein. Zurückstellungsgesuche, die später eingehen, können nicht berücksichtigt werden. Es empfiehlt sich – jedoch nur in dringenden Fällen – die Gesuche schon vor Ablauf einer Zurückstellungsperiode zu erneuern und nicht erst bis zur Beordnung warten, wie es vielfach geschieht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 20. Mai 1917
Universität. Der Dekan der medizinischen Fakultät macht an den Schwarzen Brettern der Universität und der klinischen Anstalten usw. bekannt: „Die medizinische Fakultät warnt die Studierenden eindringlich vor der Teilnahme an sogenannten „Repetitorien“ (Einpaukkursen) seitens nicht zu den Universitätsdozenten oder Assistenten gehörenden Persönlichkeiten. Der Besuch solcher Kurse ist eine überflüssige und Nutzlose Zeit- und Geldverschwendung. Die verschiedenen Dozenten und Institutsdirektoren geben den Studierenden durch Kolloquien, Repetiersäle, Demonstrationen usw. reichliche Gelegenheit, sich auf die Prüfungen ausreichend vorzubereiten, und werden auch spezielle Wünsche gern berücksichtigen. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Lieber E. M. Arndt in Eisen!
Du rufst in beredten Worten die Bonner Bürgerschaft wieder einmal auf, für Deine Schützlinge, die Witwen und Waisen von Bonner Kriegern, Spenden darzubringen. Das ist gut und schön. Ob Du auf diese allgemeinen Aufrufe aber viel Geld einbekommst, ist recht fraglich. Man liest solch’ einen Aufruf, denkt, daß es ganz richtig ist, daß die jetzige Zeit der schweren Kämpfe im Westen uns zu einer kleinen Opfergabe veranlassen dürfte – und gibt nichts. Am anderen Tage vergißt man Deine Arndt-Eiche und Ihre Zwecke! Wäre es da nicht empfehlenswert, wenn Du immer wieder eine kleine Erinnerung in die Zeitung setzen lassen würdest: etwa „Gedenket der Arndt-Eiche in diesen Tagen der schweren Kämpfe im Westen!“? Hoffentlich findet meine kleine Anregung Gehör und bringt etwas ein. Ein alter Bonner.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Ein falscher Freiherr gab hier in Bonn einige Zeit eine Gastrolle. Vor etwa einer Woche mietete in einem hiesigen Hotel ein etwa 24 Jahre alter Mann ein Zimmer. Er trug sich ins Fremdenbuch als Freiherr von Berg ein und gab an, als Kriminalbeamter dem Bahnschutzkommando der Strecke Cöln-Frankfurt zugestellt zu sein. Sein Benehmen wurde im Laufe der Zeit doch etwas auffällig. Er verbrauchte ziemlich viel Geld, liebte Damengesellschaft und erzählte, daß er verschiedenen in Bonn ansässigen besseren Familien nahe stehe. Im übrigen aber bezahlte der „Freiherr“ aber ordnungsgemäß seine Miete und hätte sein Treiben fortsetzen können, wenn die Kriminalspolizei nicht auf ihn aufmerksam geworden wäre. Da begründeter Verdacht vorlag, daß es sich um einen Betrüger handelte, wurde er am Donnerstag abend in einem hiesigen Lokal von einem Kriminalbeamten verhaftet. Nach seiner Ueberführung zur Wache gab er zunächst einen falschen Namen an, gestand dann aber ein, aus einem Militärgefängnis vor etwa drei Monaten entsprungen zu sein. Weitere Nachforschungen ergaben aber, daß es sich um einen „schweren Jungen“ handelt, der schon häufig vorbestraft ist. Unter verschiedenen Namen hat er in Altenkirchen, Köln, Herford, Dortmund Betrügereien verübt. Zeitweise legte er sich die Uniform eines Unteroffiziers der Gardeartillerie an und trug eine Reihe von Orden und Ehrenabzeichen. Einem Geschäftsmann in Köln schwindelte er nach eigenem Geständnis 800 Mark ab. Für das Geld kaufte er sich in Köln in einem Sportgeschäft einen Sportanzug und beschaffte sich neue Wäsche. Hier in Bonn gelang es ihm, durch schwindelhafte Angaben und gewandtes Auftreten, Mädchen um Geldbeträge zu betrügen. Auch wurden in seinem Besitze Brot- und Fleischmarken gefunden, die er von einer Angestellten des Lebensmittelamtes erhalten haben will. Bei seiner Verhaftung fand die Polizei nur noch einen geringen Geldbetrag. Ein bei ihm vorgefundener Briefumschlag deutet darauf hin, daß er auch unter dem Namen eines Unteroffiziers Kleinjung aufgetreten ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtisches Gymnasium. Ungewöhnliche Teilnahme erweckt der Heldentod des wegen seines liebenswürdigen Wesens und seiner großen Herzensgüte allbeliebte Professor Uhde, der an der Spitze seiner Soldaten in den schweren Kämpfen bei Arras gefallen ist. Uhde, der am Städtischen Gymnasium über ein halbes Menschenalter gelehrt hat, hatte in den erstens Kriegsmonaten noch „Kriegsgedichte und Soldatenlieder von Zoch“ veröffentlicht und in ihnen den Soldatentod tapfer und kernig gepriesen, den er jetzt selbst gefunden hat. Der Direktor des Städtischen Gymnasiums und Realgymnasiums widmet ihm einen überaus herzlichen Nachruf.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 21. Mai 1917
Die Bekleidung der Toten. Die Reichsbekleidungsstelle schreibt in ihren Mitteilungen: Es ist eine alte Ueberlieferung, die bis zu den Uranfängen der Menschheit zurückgeführt werden kann, daß bei Leichenbegräbnissen dem Toten als letzte Ehre seine besten Gewänder und Kleidungsstücke ins Grab mitgegeben werden. Durch den auch bei uns üblichen Brauch, die Toten in ihren wertvollsten Gewändern zu bestatten, wird ein großer Teil von gutem Material an Stoffen, das gerade jetzt während des Krieges unersetzlich ist, der Verwendung für die Gesamtheit entzogen. Namentlich ist dieses bei Herrenstoffen der Fall. Bei der dringenden Notwendigkeit, unsere Vorräte an Web-, Wirk- und Strickwaren mit allen Mitteln zu strecken, erscheint es im Interesse des Volksganzen, demgegenüber alle Wünsche der Einzelnen zurücktreten müssen, als unerlässlich, auch mit dieser alten Sitte zu brechen. Es wird zu erwägen sein, die Toten mit einem Totenhemd aus Papierstoff zu bekleiden und mit einer Decke aus gleichem Stoff z bedecken. Ebenso könnte der Kissenbezug aus Papierstoff bestehen. Die Bekleidung der Toten mit Schuhen und Strümpfen erscheint in Anbetracht der Verhältnisse überhaupt nicht angebracht. Es soll nicht verkannt werden, daß es viele schmerzlich berühren wird, sich mit dieser Forderung abzufinden, stichhaltige Bedenken aber können kaum erhoben werden. Es verstößt nicht gegen das Pietätsgefühl, wenn wir unsere Toten in besondere Totengewänder kleiden, die auch in der Ausführung in Papierstoff, dank einer regsamen und schon hoch entwickelten Industrie, durchaus würdig erscheinen. Heute handelt es sich um höhere Pflichten, die man eben eingedenk des Gebotes der Stunde willig auf sich nehmen muß. Ein jeder, der in dieser Zeit ein persönliches Opfer bringt, sei dies nun äußerer oder innerer Natur, trägt dazu bei, unsere wirtschaftlichen Kräfte zu stärken. Wir alle sind heute Kämpfer, ob vor oder hinter der Front, und dies Gefühl muß uns helfen, die Lasten der Zeit mit Freudigkeit zu tragen.
Sprachverein. Der lang beabsichtigte Plan, in unserem Nachbarort Godesberg eine Vortrags- und Werbeveranstaltung des Deutschen Sprachvereins abzuhalten, soll am morgigen Dienstag, abends 8 Uhr, im Rheinischen Hof in Godesberg ausgeführt werden. Die vaterländische Arbeit des Sprachvereins und sein Bestreben, unsere Muttersprache rein zu halten und von fremden Eindringlingen zu befreien sowie eine richtige Sprachweise und gesunde Entwicklung der Sprache zu pflegen, sind allgemein bekannt und anerkannt. Besonders in dem gewaltigen Weltkriege, der das vaterländische Gefühl und die Vaterlandsliebe wieder neu geweckt und gestärkt hat, glaubt der Verein die Pflicht zu haben, in diesem Sinne in immer weiteren Kreisen zu wirken. Er hofft daher auch in Godesberg mit seinen Bestrebungen freundliche Aufnahme und kräftige Teilnahme zu finden. Herr Dr. Günther wird in einem Vortrage über Ohr und Sprache vor die Besucher treten, während das Schlusswort der stellvertretende Vorsitzende des Bonner Vereins, Pfarrer Dr. Richter, sprechen wird. Vereinsblätter und Werbeschriften werden umsonst dargereicht werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Adventsgemüse. Vom Vorgebirge schreibt man uns: Ein großer Teil des hier viel angebauten Adventsgemüses geht in diesem Jahr frühzeitig in Samen über. Es ist dies eine auffallende Erscheinung, die wohl mit der Güte des Saatgutes zusammenhängt. Jedoch dürfte auch die starke Kälte und die plötzliche Einsetzung der Hochsommerhitze nicht ohne Einfluß darauf gewesen sein. Wirsing und Rotkohl zeigen dieses „Durchgehen“ nicht so viel, während Spitz- und Weißkohl zum großen Teile spitzt. Die Blätter solcher Pflanzen können jedoch verwertet werden und liefern ein gehaltreiches Grüngemüse.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Pfingstkleider. Erfahrungsgemäß entwickelt sich vor den Festtagen bei dem Bekleidungsamt ein außerordentlich starker Andrang. Eine rasche Abfertigung an diesen Tagen kann das Bekleidungsamt nicht gewährleisten, zumal die Prüfung der Bedarfsfrage in jedem einzelnen Fall viel Zeit beansprucht. Wer daher langes Warten vermeiden und seine Wünsche in aller Ruhe vortragen will, schiebe seine Anträge nicht bis auf die letzten Tage auf, sondern erledige sie zu Anfang der Woche.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 22. Mai 1917
Ostpreußen und sein Hindenburg. Diesen Namen trägt ein Filmschauspiel mit einem Vorspiel und fünf Akten, das von heute ab in den Bonner Lichtspielen vorgeführt wird. Der Film bringt Bilder aus der Geschichte Ostpreußens von der Heidenzeit an, er schildert dann das erschütternde Flüchtlingselend in den ersten Monaten dieses Krieges und zeigt, wie dem Lande durch Hindenburg und unsere Feldgrauen der Friede wiedergegeben ist und neues blühendes Leben ersteht. Der Film hat nach den uns vorliegenden Presseurteilen eine tief ergreifende Wirkung. Er wird in allen größeren Städten Deutschlands vorgeführt, ein erheblicher Teil des Reinertrages kommt der Ostpreußenhilfe zugute.
Der Ausflugsverkehr am vorgestrigen Sonntag war, dem prächtigen Frühlingstag entsprechend, außerordentlich stark. Die Vorortbahnen konnten den großen Andrang kaum bewältigen, und die Rheinschiffe waren alle gedrängt voller Menschen. Die Köln-Düsseldorfer Dampfschiffahrtsgesellschaft hat in Bonn allein 2200 Fahrscheine nach Königswinter, Grafenwerth und Rolandseck ausgegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Unterhaltung für Verwundete. Der Verein katholischer kaufmännischer Beamtinnen und Gehülfinnen bereitete am Himmelfahrtstage den Verwundeten des St. Franziskus-Hospitals durch den Vortrag hübscher Chorlieder, Terzette, Duette und durch Klaviervorträge einige genußreiche Stunden. […]
30 Gramm Butter werden in dieser Woche an jede bezugsberechtigte Person abgegeben.
Zwei Pfund Zucker. Nach der Bekanntmachung städtischen Lebensmittelamtes können in der Zeit vom 23. bis 31. Mai ds. Js. in den städtischen Verkaufsstellen gegen Zusatz Zuckerkarte Nr. 1 zwei Pfund Einmachzucker entnommen werden. Der Preis für den Einmachzucker beträgt 0,35 Mk. für das Pfund. Für den Zucker, der außerdem gegen die laufende Zuckerkarte abgenommen werden kann, bleiben die bisherigen Preise unverändert bestehen und zwar 0,32 Mk. für das Pfund Stampfzucker und 0,34 Mk. für das Pfund Würfelzucker. Den Verbrauchern wird empfohlen, den Einmachzucker nur für Einmachzwecke zu verwenden, da im Monat Juli nur noch geringe Mengen Zucker für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden können.
Um 1000 Mark bestohlen wurde am Sonntag ein Händler von auswärts, der mit einem jungen Mädchen, das er hier kennen gelernt hatte, eine Bierreise durch die verschiedensten Lokale machte. Der Händler trank bei dieser Gelegenheit derart viel, daß er sich schließlich in eine Anlage zum Schlafen niederlegte. Beim Erwachen bemerkte er, daß ihn seine Begleiterin um sein ganzes Geld bestohlen hatte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ein belgischer Kriegsgefangener, der entwichen war, wurde in vergangener Nacht, als er die Rheinbrücke passieren wollte, festgenommen und dem Garnisonskommando zugeführt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 23. Mai 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt. Für die Pfingstwoche sollen wieder etwas reichlichere Mengen Lebensmittel ausgegeben werden, und zwar der Feiertage wegen schon vom übermorgigen Freitag ab.
Für diese Woche werden noch Speck und Eier verkauft, und zwar Speck, 50 Gramm, am morgigen Donnerstag, Eier, zwei für jeden Einwohner, wie gewöhnlich Freitag und Samstag.
Das Gemüse ist in den letzten Tagen wieder etwas reichlicher nach Bonn gekommen, der gestrige Markt war sogar recht gut beschickt. Endlich sind nun auch die Preise für Gemüse und Obst geregelt worden. Am heutigen 23. Mai treten im Stadtkreise Bonn die Groß- und Kleinhandelshöchstpreise in Kraft, die für den ganzen Regierungsbezirk einheitlich festgesetzt worden sind. Es handelt sich jetzt, worauf ausdrücklich hingewiesen sei, um Höchstpreise, nicht, wie früher, um Richtpreise; Ueberschreitungen dieser Höchstpreise werden schwer bestraft, mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe bis zu 10.000 Mark. Damit die Verkäufe überwacht werden können, müssen die Großhändler und Erzeuger über jeden Verkauf einen Schlußschein ausfüllen und diesen Schein drei Monate aufbewahren. […] Zunächst sind Höchstpreise für Spargel, Rhabarber und Spinat festgesetzt worden. […]
Es ist der Wunsch geäußert worden, es möchten die Knochen, die die Haushaltungen an die Metzger zurückliefern, bezahlt werden. Das ist bei der geringen Knochenmenge, die der einzelne Haushalt zurückliefert, ganz undurchführbar. […] Es wird daher von der vaterländischen Gesinnung der Bevölkerung erwartet, daß sie auf Bezahlung verzichtet und trotzdem im Nutzen der Allgemeinheit die Knochen so sorgfältig wie möglich sammelt und abliefert.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Mozarts „Zauberflöte“ wurde gestern abend im Stadttheater von den „Kölnern“ in einer im allgemeinen vortrefflichen Wiedergabe geboten. […] Das Haus war bis fast auf den letzten Platz besetzt.
Heinrich Lersch, „der Sänger des deutschen Krieges“, wie Julius Bab ihn nennt, wird am Samstag, 2. Juni im Saal der Lese aus seinen Dichtungen vortragen. Der junge Kesselschmied schrieb schon vor Kriegsbeginn wertvolle Lyrik und die Kriegsgesänge, die er später dem deutschen Volke geschenkt hat, ließen seinen Namen bald hell durch ganz Deutschland ertönen. Friedens- und Kriegs-Dichtungen wird Lersch an seinem Abend zu Gehör bringen. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wer Getreide liefert, hilft uns siegen! Landwirte, die Kraft der Feinde erlahmt! An Euch ist’s, den Sieg zu vollenden: Liefert Getreide ab, sofort und trotz Bestellzeit. Wir brauchen es dringend.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Gestern morgen mußte man den Bauernfrauen auf dem Markte für einen Zweig Flieder 40 Pfg. zahlen. Als ich im Hofgarten die Universität passierte, sah ich dort den schönen Flieder umherstehen. Könnte man nicht denselben schneiden und zum Besten der Witwen und Waisen auf dem Markte verkaufen? Auf Anregung fänden sich vielleicht auch Private, die ihren überflüssigen Blumenflor zu gutem Zweck hergäben. Das würde auch gleichzeitig dem Wucher der Bauernfrauen ein Ende bereiten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Donnerstag, 24. Mai 1917
Die hiesige Ortsgruppe des Unabhängigen Ausschusses für einen Deutschen Frieden teilt uns mit: Am Donnerstag, 31. Mai, abends wird Herr Landtagsabgeordneter Dr. Traub aus Dortmund, Mitglied der freisinnigen Volkspartei des preußischen Abgeordnetenhauses, hier im großen Saale des Bonner Bürgervereins im Sinne eines unbeugsamen Siegeswillens und eines starken Hindenburgfriedens einen Vortrag halten, in dem er sich an alle Volksschichten ohne Unterschied der Partei und des Bekenntnisses wendet. Daran sollen sich entsprechende patriotische Kundgebungen an Kaiser und Kanzler anschließen. […]
Keine unnötigen Reisen zur Pfingstzeit. Es ist vaterländische Pflicht eines Jeden, unnötige Reisen, besonders zur Pfingstzeit sowohl im eigenen als auch im Interesse der beurlaubten Heeresangehörigen zu unterlassen. Ueber Pfingsten fahren, wie die Eisenbahndirektionen bereits bekannt gegeben haben, auf keinen Fall mehr Züge als bisher, so daß Personen, deren Reisen nicht unbedingt notwendig sind (z. B. für Zwecke der Landwirtschaft, Industrie usw.) mit Zurückbleiben wegen Ueberfüllung der Züge zu rechnen haben.
„Ostpreußen und sein Hindenburg“, der diese Woche in den Bonner Lichtspielen vorgeführte Film, darf nachmittags auch der Jugend vorgeführt werden. Der Film ist ein erfreuliches Beispiel dafür, daß die Lichtspielkunst auch im Dienste der Schulen verwendet werden kann. Er ist außerordentlich reich an packenden, vaterländisch begeisternden Bildern und enthält dazu viele sehr feine Landschaftsaufnahmen. […] Der Hauptteil schildert das traurige Schicksal dieser unserer östlichsten Provinz in den ersten Monaten des Weltkrieges, dann die denkwürdigen Schlachten bei Tannenberg und in Masuren sowie den Wiederaufbau des zerstörten Landes, nachdem ihm unsere tapferen Feldgrauen unter Hindenburgs überlegener Führung den Frieden wiedergegeben hatten. Vor allem die russischen Greueltaten sind leider nur zu wahrheitsgetreu geschildert und erwecken Mitgefühl mit den vielgeprüften ostpreußischen Landsleuten. Ein gleiches Schicksal hätten unsere westlichen Feinde wohl auch unserem Rheinlande bereitet; daß es ihnen nicht gelungen ist, muß jeden mit unauslöschlichem Dank gegen unsere Krieger erfüllen und den Willen zum Durchhalten stärken trotz der mancherlei Entbehrungen, die auch wir zu tragen haben, die aber nichts sind gegen die Leiden und Opfer unserer ostpreußischen Brüder und Schwestern.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Durch Steineauflesen und Unkrautjäten leisteten in den letzten beiden Wochen 16 Gruppen der Bonner Hilfsmannen (Volksschüler) den Grundbesitzern der Umgegend schätzenswerte Dienste. Im Norden der Stadt wurden in den alten Sandgruben die Blüten des schädlichen Huflattichs gesammelt und dadurch der umliegenden Landwirtschaft eine nicht zu unterschätzende Hilfe geleistet. Die Bonner Eisenbeton-Industrie ließ ebenfalls ihre Grundstücke von Unkraut säubern und stellte größere unbenützte Flächen freiwillig und kostenlos zum Anbau von Kartoffeln zur Verfügung.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern gut beschickt. Gemüse, wie Rübstiel, Spinat und Schneidgemüse, war reichlich vorhanden. Auch hiesiger Spargel, hiesiger Kopfsalat und Rhabarber kommt jetzt in großen Mengen auf den Markt. […] An holländischen Marktprodukten waren Möhrchen, Blumenkohl, Kopfsalat und Rhabarber zu den festgesetzten Einheitspreisen reichlich zu haben. […] Die Preise für diejenigen Waren, für die keine Höchstpreise festgesetzt sind, blieben im allgemeinen unverändert. Der Verkauf war durchweg nicht besonders flott.
Auch der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte gestern in fast allen Marktprodukten große Zufuhren; besonders in Rübstiel, Schneidgemüse,Spinat, hiesigem Spargel, sowie in Gemüsepflanzen. […] Der Verkauf war im allgemeinen schleppend und wurde der Markt nicht ganz geräumt.
Beim städtischen Verkauf auf dem Wochenmarkt war gestern der Zuspruch außer in Fischen auch nicht so rege wie sonst. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Arndt-Eiche. Gestatten Sie, daß ich zu den Anregungen, die auf die Förderung der Arndt-Eiche hinauslaufen, eine kurze Bemerkung mache.
Die Sammlung für die Arndt-Eiche mag ja an sich gut und wohl sein, es ergehen aber jetzt so viele Anforderungen an einen, daß man froh sein kann, wenn man, ohne Schulden zu machen, durchkommt.
Dazu kommt, daß man so häufig von auswärts, besonders von Berlin, Bettelbriefe, Postkarten, Bilder und andere Sachen zugesandt erhält. Es erhöht auch nicht die Freude der Geber, wenn man annimmt, daß vielfach bei dieser Art Sammlung die Fabrikanten der betr. Artikel viel verdienen und die Gabe nur zu einem geringen Teil dem betr. Zweck zukommt. Ein Familienvater.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der Pfingstverkehr! Vom 26. bis 29. Mai werden Fahrkarten zu den D-Zügen nur verausgabt, wenn die zu durchfahrende Strecke 60 Kilometer übersteigt. Auch die Ausgabe von Personenzugfahrtkarten kann nur in beschränktem Maße erfolgen und wird eingestellt, falls eine Ueberlastung der Züge oder eine Gefährdung ihrer pünktlichen Ablassung zu befürchten ist.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 25. Mai 1917
Aeußerste Vorsicht gegenüber Kriegsgefangenen. Unsere Feinde versuchen ihren schändlichen Aushungerungsplan auf einem neuen Wege zu verwirklichen. Die Kriegsgefangenen sollen unsere Landwirtschaft zu Grunde richten, sie sollen landwirtschaftliche Gebäude in Brand stecken, das Vieh vergiften, das Saatgut beschädigen und dadurch die nächste Ernte gefährden. Verdächtige Werkzeuge und Stoffe sind in der Gefangenenpost gefunden worden, darum ist äußerste Vorsicht geboten.
Mehr Achtung vor der vaterländischen Arbeit. Aus Arbeiter- und Arbeiterinnenkreisen und auch von anderen Stellen wird darüber geklagt, daß Frauen und Mädchen wegen der gelben Hautfarbe, die durch die Arbeit mit Pikrinsäure in den Pulverfabriken entstanden ist, vielfachem Spott und sogar Gehässigkeiten ausgesetzt sind. Vielleicht ist es auch auf diesen Umstand zurückzuführen, daß die Pulverfabriken, besonders in den Pikrinsäure-Preßbetrieben, sehr großen Arbeiter- und Arbeiterinnenmangel haben. Dabei ist es gerade augenblicklich von allergrößter Wichtigkeit für unseren Munitionsersatz, daß in den Pikrinsäure-Betrieben der Arbeitermangel nicht noch verschärft wird. Die gedankenlosen Spötter sollten sich bewußt werden, daß die gelbe Hautfarbe ein Merkmal wertvollster Kriegsarbeit und ein ehrendes Zeichen ist, daß sie selbst aber mit ihrem mehr oder weniger kränkenden Spott das Vaterland nur schädigen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Es zeugt von einem sehr geringen Maße von Verständnis für die Pflichten der Dankbarkeit gegenüber den Witwen und Waisen unserer gefallenen Krieger, wenn „ein Familienvater“ in dem gestrigen „Eingesandt“ von der Nagelung an der Arndt-Eiche abrät. Gibt es wohl eine höhere Bezeugung von wahrer Vaterlandsliebe, als der Hinterbliebenen derer mit der Tat zu gedenken, die im Kriege für uns gelitten und ihr Leben für uns hingegeben haben? Wohl gibt es mancherlei Sammlungen für Wohlfahrtszwecke, die durch den Krieg unumgänglich sind, aber was bedeuten denn die „Belästigungen“ des Bürgers, der in seiner Ruhe nicht gestört sein möchte, gegenüber den unsäglichen Leiden der Kämpfer draußen im Felde und dem Unglücke ihrer Witwen und Waisen? Darum, Bonner Bürger, laßt Euch nicht miesmacherisch beeinflussen und verseht, wenn es noch nicht geschehen ist, die Arndt-Eiche mit einem Ehrennagel. Auch ein Familienvater.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Die elektrische Fähre Godesberg-Niederdollendorf G.m.b.H. muß wegen Mangels an Betriebsstoffen ihren Uebersetzverkehr einschränken. Deshalb sind die Abfahrzeiten (wie in der heutigen Bekanntmachung ersichtlich), halbstündlich festgesetzt worden, falls kein Verkehrshindernis, wie Schleppzüge usw. vorliegt.
Schulkinder bei den Feldarbeiten. In den letzten Tagen konnte man ganze Reihen von Schulkindern, mit einem kleinen Stecher versehen, die Getreidefelder, (Weizen- und Haferparzellen) durchschreiten sehen. Sie waren auf der Jagd nach den Disteln, die durch ihre starken Wucherungen und ihr schnelles Wachstum die benachbarten Getreidehalme nicht zur Entwicklung kommen lassen und dadurch die Ernte um eine Bedeutendes herabzumindern vermögen. Die Kinder benahmen sich recht geschickt; man konnte sie ohne Aufsicht ihre Arbeit verrichten lassen. Noch mehr aber werden die Kinder in Anspruch genommen beim Vereinzeln der Zuckerrüben, das in wenigen Tagen seinen Anfang nimmt. Da haben sich die Großgrundbesitzer die Mithilfe einer ganzen oberen Schulklasse gesichert. Unter Aufsicht der Lehrpersonen werden sie das Vereinzeln und Reinigen vornehmen und hofft man auf diese Weise, der vielen Arbeiten Herr zu werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Heldenfriedhof. Wer wie Einsender in letzter Zeit Gelegenheit hatte, den Bonner Ehrenfriedhof – Nordfriedhof – zu sehen, wird sehr enttäuscht gewesen sein beim Anblick der Gräber unserer gefallenen Brüder. Keine Spur von gärtnerischem Blumenschmuck. Nur spärliche Epheuranken bedecken den Grabhügel. Es kann der städtischen Gartenverwaltung doch nicht schwer fallen, die nötigen Zierpflanzen zu beschaffen. Sollte es an Arbeitskräften fehlen? Nein, da wird unsere opferfreudige Bonner Jungmannschaft mit Freuden eingreifen und unter fachmännischer Leitung die Gräber in einen der Toten würdigen Zustand setzen. Auch die vorhandenen Grabkreuze bedürfen eines neuen Anstriches. Die städtischen Anlagen in der Poppelsdorfer Allee, Hofgarten usw. prangen im Blumenschmucke, schöne weiße Bänke laden den Spaziergänger zum Sitzen ein. Unsere Brüder stehen draußen wie eine stählerne Mauer. Ihnen verdanken wir es, daß unser schönes Bonn vor Kriegsgreuel und Zerstörung bewahrt geblieben. Eine heilige Pflicht aber ist es, die Gräber der gefallenen Krieger zu pflegen und zu schmücken. Eile tut not. In den Pfingsttagen werden sicher viele auswärtige Angehörige ihre lieben Toten besuchen. Sollen sie es bereuen, die Ausschmückung der Gräber der Stadt Bonn anvertraut zu haben? Civis.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Samstag, 26. Mai 1917
Vereinslazarettzug K. 1 Bonn. Der Lazarettzug ist neulich auf dem Bahnhof Hoyerswerda (Oberlausitz) von einem rangierenden Güterzug angefahren worden. Es wurden der Magazin-, Küchen- und Vorratswagen mehr oder weniger stark beschädigt, aber vom Personal niemand verletzt. Die Aufräumungsarbeiten sind schon vollendet, und da die Militärverwaltung für raschen Ersatz der beschädigten Wagen Sorgen tragen will, so dürfte der Zug in wenigen Tagen wieder fahrtbereit sein.
Pfingstverkehr. Die Lokomotiven und Wagen werden augenblicklich für die Bedürfnisse der kämpfenden Heere, der Volksernährung und der Kriegswirtschaft gebraucht. […] Wer nicht unbedingt reisen muß, der verzichte auf Benutzung der Eisenbahn. Das Vaterland verlangt das.
Man braucht trotz dieser ernsten Mahnung jedoch nicht auf einen Pfingstausflug zu verzichten, nur soll dazu nicht die Staatsbahn benutzt werden. Die Rheinschiffe, die elektrischen Vorortbahnen, die Vorgebirgsbahn und auch die schmalspurige Brölthalbahn dienen weniger den Bedürfnissen des Heeres und der Volksernährung, sie sind sogar auf einen starken Ausflugsverkehr vorbereitet. Vor allem die Brölthalbahn, die von Beuel (am Rheinufer) abfährt, bietet die beste Gelegenheit zu Tagesausflügen in die anmutigen Pleisbach, Bröl- und Hanfbachtäler.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Entlastung der Eisenbahn während der Pfingstfeiertage wird der Verkehr nach den durch elektrische Bahnverbindungen zu erreichenden Orten vom 26. Mai ds. Js. nachm. 5 Uhr bis zum 28. Mai nachm. 5 Uhr gesperrt.
Fahrkarten nach den folgenden Bestimmungsstationen werden mithin in dieser Zeit nicht ausgegeben: Von Bonn, von Godesberg und von Mehlem untereinander und nach den Stationen an der Strecke Bonn – Köln (Bahnhöfe Köln einschließlich.)
Der Monatskarten-, Arbeiter- und Militärverkehr wird von dieser Maßnahme nicht betroffen.
Bis einschließlich 29. ds. Mts. dürfen Bahnsteigkarten nicht verabreicht werden.
Die Verwendung von Studenten als Volksschullehrer hat der Unterrichtsminister jetzt zugelassen. Voraussetzung soll sein, daß diese Studenten von dem Leiter der betreffenden Schule ausreichend angeleitet werden können.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern gut beschickt. Grüngemüse, wie Rübstiel, Schneidgemüse und Spinat, war in großen Mengen vorhanden. Ebenfalls war hiesiger und Mainzer Spargel reichlich zu haben. Die Zufuhr in Rhabarber hat in den letzten Tagen etwas nachgelassen. Hiesiger Kopfsalat kostete 15 bis 20 Pfg. das Stück. In holländischen Marktprodukten war gestern keine Zufuhr. Für die Waren, für die keine Höchstpreise festgesetzt sind, blieben die Preise im allgemeinen unverändert. Der Verkauf war durchweg flott, besonders in Spargel, Salat und Grüngemüse.
Auch der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte in fast allen Marktprodukten wieder große Zufuhren, besonders in Rübstiel, Schneidgemüse, Kopfsalat und Spinat. Hiesiger Spargel und Rhabarber war nicht besonders viel vorhanden. Kopfsalat wurde hier im großen mit 12 bis 18 Pfg. das Stück bezahlt. Der Verkauf war im allgemeinen sehr flott und der Markt um 7.30 Uhr früh schon wieder fast vollständig geräumt.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich wieder eines recht regen Zuspruchs, besonders in Fischen, Gemüse und Spargel, worin auch reichliche Vorräte vorhanden waren. […]
Strafkammer zu Bonn. Als ein verwerfliches Treiben bezeichnete der Vorsitzende der Strafkammer die Handlungsweise der 18jährigen Tochter des Bäckermeisters Schm. aus Beuel, die Brot ohne Brotkarte verkauft und sich durch Fälschung von Mehlbezugsscheinen in den Besitz von 16 Zentnern Mehl gesetzt hatte. Die Angeklagte, die im väterlichen Geschäft tätig ist, hatte wiederholt an russich-polnische Arbeiter Brot ohne Marken abgegeben. Hierdurch kam ihr Vater in Rückstand mit seinem Mehl. Das Mädchen versuchte deshalb einen Ausgleich zu schaffen und änderte die von der Behörde ausgestellten Bezugsscheine für Mehl auf höhere Mengen um. Auf diese Weise kam der Vater unberechtigt in den Besitz von 16 Zentnern Mehl. Vor der Strafkammer gab die Angeklagte die Tat unumwunden zu. Das Gericht war der Ansicht, daß derartige Fälle streng bestraft werden müssen und erkannte auf eine Geldstrafe von 750 Mark und eine Gefängnisstrafe von einem Monat.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
Fleisch. Am Pfingstsamstage werden auf die Zusatzfleischkarten Rind- und Kalbfleisch sowie Blut- und Leberwurst zu den bisherigen Preisen verausgabt. […]
Fett. In der kommenden Woche werden 30 Gramm Butter und 30 Gramm Margarine ausgegeben.
Kartoffeln. In der kommenden Woche werden noch auf die Kartoffelkarte 5 Pfund Kartoffeln und auf die Zusatzkartoffelkarte weitere 3 Pfund abgegeben. Da aber in der Kartoffelzufuhr in den letzten Tagen keine Besserung eingetreten ist, werden voraussichtlich vom 4. Juni ab nur 4 Pfund Kartoffeln verteilt werden. Diese Herabsetzung ist erforderlich, damit wir unter allen Umständen bis zur neuen Ernte durchhalten. […]
Eier. Auf jede für diese Woche bestimmte Eierkarte gelangen 2 Eier zu Abgabe. Der Verkauf beginnt Freitagmorgen.
Bekleidungsamt. Bezugsscheine auf Handtücher, die von Privatbetrieben für ihre Büroangestellten beantragt werden, dürfen nicht mehr ausgestellt werden. Angestellte der Fabrik-, Gewerbe- und Handelsbetriebe müssen sich die im Dienste erforderlichen Handtücher aus ihren eigenen Beständen mitbringen. […] Mehrere Personen haben sich auf den Namen ihrer Dienstboten ohne deren Wissen Bezugsscheine ausstellen lassen. Diese Handlungsweise ist strafbar. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 27. Mai 1917
Gemüsepflanzen, Bohnenstangen und Erbsenreiser werden vom städtischen Lebensmittelamt abgegeben. Wir verweisen auf die heutige Anzeige.
Der Blumenschmuck unserer öffentlichen Anlagen, der in Friedensjahren Einheimische und Fremde entzückte und auch in den beiden ersten Kriegsjahren noch in größerem Umfange beibehalten werden konnte, muß heuer hinter andere, dringendere Aufgaben zurückgestellt werden. An Stelle zahlreicher Blumenbeete haben wir in diesem Sommer nur grüne Rasenflächen, andere Beete sind einfacher wie früher gehalten, damit ihre Unterhaltung weniger Arbeitskraft erfordert. Trotz aller Schwierigkeiten hat aber auch in diesem Jahre die Stadtgärtnerei den Platz am Eingange der Poppelsdorfer Allee rechtzeitig zu Pfingsten mit Blumen bepflanzen lassen, in dem schmalen Beete, das sich in gefälligen Windungen um die ganze Anlage hinzieht, wird Phlox von Begonien und Ageratum eingefaßt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
U-Boot-Spende. Die Erinnerung an den 1. Juni 1916, an dem unsere junge Flotte der englischen eine schwere Schlappe beibrachte, läßt aller Deutschen Herzen höher schlagen.
Zur rechten Zeit darum rufen der Reichskanzler, Generalfeldmarschall von Hindenburg, Admiral von Capelle und der Präsident des Reichstags Dr. Kaempf das deutsche Volk zu einer U-Boot-Spende auf.
Der 1., 2. und 3. Juni ds. Js. sollen Opfertage größten Stils sein. Die Bonner Volksspende macht die schon 3 mal bewährte Zettelsammlung mit Hilfe der Volksschüler. Ehrenamtlich tätige Damen werden eine Büchsensammlung vornehmen. In den Lichtspieltheatern wird in jeder Vorstellung ein U-Boot-Film abgekurbelt.
Kriegsnotgeld. Der Oberbürgermeister macht in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt, daß in den Kreisen Bonn-Stadt, Bonn-Land und im Siegkreis einheitliches Kriegsnotgeld zur Ausgabe gelangt und zwar 50 Pfennigscheine und 10 und 5 Pfennigstücke aus Metall.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Unterhaltungsabende in Lazaretten. Einer gegebenen Anregung zufolge faßte der Ausschuß des Soldatenheims im Gesellenhause vor einiger Zeit den Entschluß, auch den nicht gehfähigen und bettlägerigen Verwundeten in den einzelnen hiesigen Lazaretten Unterhaltungsabende zu geben, damit sie, die am schwersten geprüft sind, durch eine gute fröhliche Unterhaltung wenigstens für einige Stunden aufgeheitert würden. Nachdem die zuständigen Behörden ihre Einwilligung zu diesem Plane erteilt und unter Leitung des allzeit überaus rührigen Ausschußmitgliedes Herrn L. Schröder die nötigen Vorbereitungen getroffen waren, begannen kurz vor Ostern die Unterhaltungsabende in den Lazaretten. Bis Pfingsten sind nun solche Abende in folgenden 13 Lazaretten abgehalten worden: Augenklinik (2 Mal), Medizinische Klinik, Chirurgische Klinik, Friedrich-Wilhelm-Stift, Barmherzige Brüder, Marienhospital, Johanneshospital, Josefshospital Beuel, Franziskushospital, Herzsche Anstalt, Albertinum, Leoninum, Josefshöhe. Bei jeder Veranstaltung hatten Mitglieder des Ausschusses, die sich in die Arbeit teilten, die Leitung. Die Unterhaltungen bestanden durchweg in musikalischen, gesanglichen und deklamatorischen Darbietungen, in einem Falle, wo eine provisorische Bühne vorhanden war, auch in einer kleinen Theateraufführung. Es wurde darauf gesehen, daß die Vortragsfolge möglichst abwechslungsreich war, um dadurch allen etwas zu bieten. Die nötigen Kräfte hatten sich jederzeit gerne dem Ausschuß für diese Zwecke zur Verfügung gestellt; es waren alles Kräfte, die auch schon im Soldatenheim selbst erfolgreich mitgewirkt hatten. Den Lazaretten wurde jedesmal rechtzeitig eine Vortragsfolge zur Bekanntmachung zugesandt. Die Teilnahme seitens der Verwundeten war sehr stark und die Freude der Soldaten über diese Einrichtung groß.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Arndteiche. In den letzten Tagen wird wieder alles Mögliche geschrieben, um die Nagelung der Arndteiche zu fördern und die 100.000 Mark vollzumachen, die doch mindestens erforderlich sind, um das der Stadt Bonn würdige Kriegswahrzeichen auch finanziell in gutem Andenken zu bewahren. Vereine und Gesellschaften fast ausnahmslos, viele Familien, Firmeninhaber haben sich mit Stiftungen von Plaketten und Nägeln beteiligt, manche sogar mehrere Male. Die Schulen sind animiert worden u. a. m., aber trotz alledem will es mir nicht recht einleuchten, weshalb die „höheren Zehntausend“ in so geringer Zahl auf dem Kriegswahrzeichen vertreten sind. Man hätte glauben sollen, bei Inangriffnahme der Nagelung seien in einigen Wochen 100.000 Mark zusammengekommen. Bonn mit all seinen Millionären!!! Aber hier hat auch, wie sonstwo der Mittelstand hauptsächlich die Nagelung besorgt, nur Wenige aus dem vornehmen Süden zeigten eine rühmliche Ausnahme. Nun möchte ich einen Vorschlag machen. Wie wäre es mit einer Festvorstellung in unserem Theater durch die Kölner Oper, deren völlige Einnahme der Arndteiche zufließen müßte. In unserer großen Nachbarstadt Köln sind derartige Veranstaltungen für den „Kölschen Boor“ fast wöchentlich. Da gibt es natürlich auch Kammermusik- und sonstige Künstlerabende, deren Reinerlös diesem Zwecke zugeführt wird. Die Meistersinger sind erst neulich als Festvorstellung mit ersten Kräften gegeben worden. Diese kerndeutsche Oper, die ständig in Köln auf der Rolle ist, wird auch hier ziehen. An gutem Willen der Solisten, die bei uns stets gut aufgenommen sind, wird es nicht fehlen. Ist das Orchester nicht zu haben, so lasse man unseren städt. Musikdirektor Sauer nur sorgen, er wird auch die Vorstellung glanzvoll herausbringen und einige 1000 Mark sind uns sicher. Also frisch heran ans Werk, bringe eine Festvorstellung verehrte Arndteiche und du wirst glänzend belohnt werden! Ein Urbönnscher.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Montag, 28. Mai 1917
Am Pfingstmontag erschienen in Bonn keine Zeitungen.
Dienstag, 29. Mai 1917
Kriegspfingsten am Rhein. Es war äußerlich ein Bild des Friedens, dieses dritte Kriegspfingsten am Rhein. Wer nicht in den Herzen las, wer nur das Bild in sich aufnahm, wie es unsere Gartenstadt in ihrer bezwingenden Maienschönheit mit den Promenadekonzerten in der Poppelsdorfer Allee darbot – belebt von festlich gekleideten Menschen, erfüllt von der frühlingsfrohen Jugend in hellen Gewändern, der konnte für kurze Stunden vergessen, daß nur die treue, todesmutige Wacht unserer Lieben in Feldgrau und unserer Tapferen zur See es uns daheim ermöglichten, den Geist des Festes in unseren von fruchtbringendem Boden gesegneten Rheinlanden friedlich in uns aufzunehmen. Aber wer schon schärfer die festesfrohen Menschen beobachtete, der sah, daß nicht allzu selten die farbenfroh schimmernden Gewänder der Frauen, Mädchen und Kinder dem ernsten Schwarz des Trauerkleides Raum geben mußten. Und wer gar eingedenk blieb, daß unsere Rhein- und weinfrohe Gartenstadt, die um Pfingsten auch heuer Eingangs- und Ausgangspforte tausender lenzesfreudiger Menschenkinder aus der weiteren Umgebung und vom Niederrhein ward, die zu Schiff die Herrlichkeiten unserer Rheinlandschaft zu genießen strebten, jetzt auch als Lazarettstadt Verwundete und Kranke aus dem Felde in großer Zahl beherbergt, dem lachte die Pfingstsonne trotz ihres gütigen heiteren Antlitzes nicht ungetrübt. Tröstlich war uns dieses dritte Pfingsten im Kriege insofern, als es uns beim Wandern durch Fluren und Felder zeigte, daß der Geist des Festes auch draußen in der Natur lebendig ist, daß er das Hoffen unserer Feinde auf Ernährungsschwierigkeiten zunichte machen wird. Und die Stimmung der Menschen, die sich in der blühenden sprossenden Natur ergingen, sie war nicht niedergebeugt. Wohl zeigte sich mancher nicht mehr so wohlbeleibt wie in der Zeit der Nahrungsfülle des Friedens. Aber auch jetzt, wo nach Auffassung unserer Feinde die Schwierigkeiten in der Ernährung vor der neuen Ernte ihren Höhepunkt erreichen sollen, ist nichts zu bemerken von ernster Besorgnis. Von den unzähligen Pfingstausflüglern, die an den Festtagen zu Fuß, mit der „Elektrischen“ oder zu Schiff die alten lieben Rheinorte, insbesondere unser Siebengebirge aufsuchten, war wohl keiner, der die Einwirkung der Nahrungsrationierung nicht an sich verspürte. Aber trotzdem war die Wanderlust so rege wie zu Friedenszeiten. Hätten doch unsere angelsächsischen Vettern, die früher so gern an den Rhein kamen, dieses Pfingsten 1917 bei uns einmal beobachten können; sie würden an dem Bilde, das sich ihnen ungeschminkt darbot, erkennen können, da wir an Zähigkeit und vaterländischem Zielbewußtsein ihnen über sind. Auch dieses Pfingsten am Rhein hätte ihnen gesagt, diese Deutschen und insbesondere diese Rheinländer sind nicht unterzukriegen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ehre, Hochachtung und Dank schulden wir alle denen, die mitgeholfen haben, den Feind von unseren Grenzen fern zu halten: In erster Linie unseren braven Truppen draußen im Felde, dann aber auch all denen, die zu Hause mitgewirkt haben, unsere Erfolge auf dem Schlachtfeld möglich zu machen. Unter ihnen gibt es eine Klasse von Personen, die ganz besonders einmal der allgemeinen Wertschätzung empfohlen werden soll und zwar deshalb, weil gerade sie in der Tat sehr oft das Gegenteil dessen von ihren Mitmenschen erfährt, was sie verdient. Es sind jene Arbeiter und Arbeiterinnen, die durch ihre Arbeit mit Pikrinsäure in den Pulverfabriken eine unschöne Hauptfärbung erdulden müssen. Sind sie doch in gewissem Sinne unseren verwundeten Helden gleich zu achten. Auch sie bringen einen Teil ihrer Persönlichkeit dem Vaterland zum Opfer und müssen von uns als Muster echter Selbstverleugnung geachtet werden. Ihr Aeußeres muß uns als ein Ehrenzeichen für wertvolle Kriegsarbeit gelten. Schimpf und Schande daher über die, welche darin Anlaß finden zu kränkenden Bemerkungen! Suchen wir vielmehr diesen Personen durch kleine Aufmerksamkeiten im Verkehr, auf der Straße, in den Bahnen oder sonst, wo wir mit ihnen zusammentreffen – es gibt der Gelegenheiten für dankbare Menschen genug – zu beweisen, daß wir Verständnis haben für ihren vaterländischen Opfergeist.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mein lieber Junge!
Bravo! Der Fremde, der nach Bonn kommt und die Benagelung der Arndt-Eiche, wie sie sich bis jetzt darstellt, sieht, muß einen nicht gerade erfreulichen Eindruck von der Opferwilligkeit der Bonner Bevölkerung erhalten. Noch keine 100.000 Mark in eine Stadt mit so leistungsfähigen Steuerzahlern, einer Stadt, die zu den „reichen“ Städten Deutschlands gerechnet wird! Der sel. Ernst Moritz Arndt, wenn er in der Walpurgisnacht von seinem Sockel hinuntergestiegen wäre und in seinem lieben Bonn Umschau gehalten hätte, hätte sicher ein ungehaltenes Gesicht gemacht, und ein kräftiges Wörtlein losgelassen, eines von denen, die man nicht hinter den Spiegel steckt. Von den 184 Adlerfedern sind noch etwa 110, weit über die Hälfte, nicht verkauft, ganze zwei der Schuppen tragen erst Namen, usw. usw., überall, wo man hinblickt, Lücken, mehr Lücken als Füllung. Also ans Werk. Ich möchte Dir und Deinen Kameraden Folgendes vorschlagen: Teilt Euch die Stadt nach Straßen ein und sucht für jede Straße oder auch mehrere kleine Straßen zusammen einen Betrag zusammenzubringen, der für die Stiftung einer Adlerfeder oder Schuppe oder eines Eichenblattes, oder einer Reihe von Nägeln mit Buchstaben, die aneinander gereiht den Namen der Straße ergeben, ausreicht. Damit wäre die Beteiligung der gesamten Bürgerschaft zum sichtbaren Ausdruck gebracht. Der Bonner Straßennamen sind genug, um eine Anzahl leerer Schilder auszufüllen. Also ans Werk! Ein alter Junge.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Donnerstag, 31. Mai 1917
Ausgebesserte Kleidung. Die Reichsbekleidungsstelle schreibt in ihren „Mitteilungen“: Es ist heute vaterländische Pflicht, unseren Bestand an Kleidern und Wäsche möglichst lange zu tragen und Neuanschaffungen, wenn irgend möglich, zu vermeiden. Um nun unsere Kleider gebrauchsfähig zu erhalten, ist es notwendig, sobald sich Schäden an ihnen bemerkbar machen, diese durch Flicken zu ergänzen. Um sich hierzu nun das nötige Material zu beschaffen, darf man nicht etwa auf den Gedanken verfallen, in ein Geschäft zu gehen, um sich neue Stoffe zu kaufen. Damit wäre dem Gedanke der Streckung unserer Vorräte natürlich nicht gedient. Wohl aber wird jede Hausfrau sicherlich in einem verschwiegenen Fach ihres Wirtschaftsschrankes genug Ueberbleibsel vergangener Tage finden, die durchaus geeignet sein dürften, schadhaft gewordene Kleidung in Stand zu setzen. Im Gegensatz zu der Gepflogenheit in Friedenszeiten, in denen es für unpraktisch galt, fertige Stücke zu zerschneiden, um andere damit auszubessern, sind wir heute gezwungen, zu diesem Aushilfsmittel zu greifen. Wer unter seinen Vorräten z. B. weiße Unterröcke liegen hat, besitzt in ihnen ein vorzügliches Material, das er zum Flicken verwenden kann. Denn in Folge der herrschenden Seifenknappheit, erscheint das Tragen von weißen Unterröcken im Augenblick nicht empfehlenswert. Die Zeitumstände verlangen gebieterisch von uns, im Großen wie im Kleinen umzulernen. Die Anschauungen haben sich völlig gewandelt, und niemand braucht sich daher zu schämen, in einem geflickten Kleid oder Anzug einherzugehen, wenn er nur in Bezug auf Sauberkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Das Achselzucken gewisser Kreise, die auch im Krieg auf äußerlichen Modekultus nicht verzichten wollen, braucht ihn nicht zu bekümmern. Es sind Außenstehende, die vom Geiste unserer Zeit nichts verspüren.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Ernteaussichten. Man schreibt uns vom Lande, 30. Mai. Die neue Brotfrucht verspricht einen guten Ertrag. Die Roggenähren zeigen bereits prächtige Blüten. Die Regel ist zwei Wochen Blütenzeit, zwei Wochen Kronenentwicklung und zwei Wochen Reifezeit. Somit hätten wir schon Mitte Juli etwas Korn. Die Aussichten für das Spätobst sind weniger günstig, wie man bei der überreichen Blütenfülle in der denkbar günstigsten Blütezeit hätte erwarten sollen. Birnen, Pflaumen und Süßkirschen haben die meisten Früchtchen als nicht befruchtet abgeworfen und so kann nur stellenweise von einer guten Ernte die Rede sein. Besser steht es mit dem Fruchtansatz der Sauerkirschen und besonders der Nordkirschen. Am besten haben noch die Apfelbäume abgeschnitten, die bei reicher Blüte auch einen guten Fruchtansatz aufzuweisen haben. Der Stand der Kartoffeln ist durchweg recht befriedigend.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Butterverkauf. Der Abschnitt Butter der Speisefettkarte berechtigt bis auf Weiteres den Inhaber zum Bezuge von 30 Gramm Butter. Der Preis für diese Butter ist auf 3,40 Mark für das Pfund festgesetzt.
Maßregeln zum Schutz der Stachelbeerernte. Von vielen Gartenbesitzern wird zur Zeit darüber Klage geführt, daß kleine, grüne Raupen in großer Zahl die Blätter der Stachelbeerbüsche vollkommen abfressen und dadurch die weitere Ausbildung von Früchten verhindern. Die Schädlinge sind die grünen, schwarzköpfigen, schwarzpunktierten Afterraupen der gelben Stachelbeerblattwespe. Ein einfaches, wirksames Mittel dagegen ist das Thomasmehl, mit dem man am frühen Morgen die taufeuchten Sträucher von unten her kräftig bewirft. Man kann jedoch die Raupen auch man frühen Morgen auf unter die Sträucher gelegtes Packpapier abklopfen und dann vernichten, ein Verfahren, welches besonders in den kleinen Hausgärten zur Rettung der Stachelbeerernte verwendet werden kann.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)