Sonntag, 1. Juli 1917
Blitzableiter, Kupferdächer usw. Ueber die Meldung der zu Blitzschutzanlagen und zur Bedachung usw. verwendeten Kupfermengen veröffentlicht der Oberbürgermeister in dieser Zeitung eine Bekanntmachung.
Sammelt Pilze! Die Knappheit an Lebensmitteln macht es notwendig, alle für die menschliche Ernährung in Betracht kommenden Nahrungsmittel zu verwerten. Hierzu gehören auch die Pilze, die ein sehr wohlschmeckendes und nahrhaftes Volksnahrungsmittel bilden und überall in unseren Wäldern, ja sogar an Wegen und Plätzen zu finden sind. Der Kriegsausschuß für Volksernährung hat in Verbindung mit der Reichsstelle für Gemüse und Obst eine farbige Pilztafel zusammengefaltet herausgegeben, in der die hauptsächlichsten eßbaren sowie die giftigen Pilze in natürlicher Größe und Farbe im Kunstdruck verzeichnet sind. Preis für 1 Tafel 25 Pfg., für 100 Tafeln je 19 Pfg. ausschließlich Porto, größere Mengen billiger. Bestellungen sind zu richten an den Kriegsausschuß für Volksernährung, Geschäftsstelle Sanitätsrat Dr. Albert Moll, Berlin W. 15, Kurfürstendamm 45.
Wildgemüse. Die wichtigsten einheimischen wildwachsenden Küchenpflanzen hat H. Gerhards, Lehrer in Rüscheid (Westerwald) übersichtlich in einer kleinen Schrift zusammengestellt, die für 50 Pfg. (in größeren Mengen billiger) vom Heuerschen Verlag in Neuwied bezogen werden kann. Der Verfasser hat in gewiß mühsamer Arbeit von 32 der am häufigsten vorkommenden und verbreitetsten Wildgemüsepflanzen in knapper Tabellenform alles Wissenswerte zusammengetragen, sodaß das Heftchen allen Sammlern von Wildgemüse empfohlen werden kann.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
An unsere Bezieher und Inserenten!
Eine neue Verfügung schränkt den Papierverbrauch, namentlich für größere Zeitungen, auf das Aeußerste ein. Hohe Geld- und Gefängnisstrafen stehen auf eine Uebertretung. In diesem Notstand wenden wir uns an unsere Freunde, mit uns gemeinsam durchzuhalten.
Wir bitten unsere Bezieher, es in Kauf zu nehmen, daß der Text im Allgemeinen eingeschränkt ist und vieles in kleinerer Schrift gedruckt wird. Wir würden es begrüßen, wenn Familien gemeinsam abonnieren würden, denn dadurch würden wir Papier gewinnen und entsprechend mehr bieten können.
Die Inserenten ersuchen wir, ihre Anzeigen so knapp wie möglich abzufassen; wir werden ihnen hierbei gerne an die Hand gehen. Bei dem früheren Umfang unserer Zeitung, durchschnittlich 16 Seiten, mußte ein Inserat eine gewisse Größe haben, um zu wirken. Heute tut in den vier bis sechs Seiten eine kurze Anzeige dieselben Dienste, zumal die Auflage größer ist, als sie zu Friedenszeiten war.
Briefkasten-Anfragen werden von nun an nur noch schriftlich, aber in alter Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit beantwortet. Wir bitten Freimarken beizulegen.
Redaktionelle Hinweise auf Veranstaltungen irgendwelcher Art können unter keinen Umständen aufgenommen werden.
Bei all diesen Maßnahmen bitten wir zu bedenken, daß sie in unserer Notlage begründet sind und daß sie niemanden härter treffen – als eben uns selbst!
General-Anzeiger für Bonn und Umgebung
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
U-Bootspende. Im Landkreise Bonn sind für die U-Bootspende eingegangen aus der Bürgermeisterei: Godesberg 7.214,72 Mark und 500 Mark in Kriegsanleihe nebst zugehörigen Zinsscheinen ab 1.10.1917 sowie Zinserneuerungsschein; Waldorf 3.111,05 Mark, Vilich 2.887,34 Mark, Duisdorf 2.800 Mark, Sechtem 2.012,45 Mark, Hersel 1.358,55 Mark, Oedekoven 1,227,70 Mark, Villip 706,20 Mark, Summe 21,266,01 Mark.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 2. Juli 1917
Verein Deutsche Frauenkleidung – Frauenkultur. Am 3., 4., 5. und 6. Juli von 9 bis 1 und von 4 bis 7 Uhr findet in dem von Herrn Reeb freundlichst zur Verfügung gestellten Laden, Martinsplatz 6, eine Ausstellung von Berufskleidung und Kleidern des Vereins für ländliche Heimat- und Wohlfahrtspflege statt. Die Wanderausstellung von Berufskleidung hat schon in vielen Städten großen Anklang gefunden. Ungefähr 39 Kleider werden gezeigt: Musterkleider für Bureauarbeit, Feld- und Gartenarbeit, für Pflegerinnen, Schaffnerinnen, Schwerarbeiterinnen der verschiedenen Betriebe, dann Ueberkleider für Munitionsarbeiterinnen, Schürzenkleider für Volksküchen und jede Art sozialer Tätigkeit. Die Bestrebungen des Vereins sind nur ein Glied in der großen Kulturbewegung unserer Zeit und stehen auf volkswirtschaftlich so vorbildlichem Boden, daß der Krieg nicht, wie bei so vielen Bestrebungen, Einhalt gebietet, sondern erst recht dazu auffordert, alle Kräfte möglichst anzuspannen. Eine gesunde, zweckmäßige, geschmackvolle Kleidung ist vor allem nötig. Unzweckmäßige Kleidung ist unwirtschaftlich, weil sie schnell verbraucht wird, ganz abgesehen davon, daß derartige Kleidung oft geradezu gesundheitsschädigend ist. Die Kleidung der Industriearbeiterin muß die größte Einfachheit in der äußeren Linie zeigen, weite Röcke, weite Aermel, aufgesetzte Taschen, Gürtel müssen wegfallen. Es gibt schon eine ganze Reihe von Betriebsleitungen, die ihren Arbeiterinnen Kleidung (Uniform) liefern. Möchte die Ausstellung auch hier auf weite Kreise fördernd und anregend wirken zum Wohle der beruflich tätigen Frauen. Außerdem führt der Verein einige Blusen und viele Kinderkleidchen vor, an denen gezeigt wird, wie man bei einfachsten Schnitten und wenig Stoffverbrauch künstlerisch reizvolle Wirkungen hervorrufen kann sogar bei Kleidchen, die aus mehreren Stoffen verfertigt sind. Die Blusen und Kinderkleidchen sind fast alle verkäuflich. Um die Unkosten zu decken, wird ein Eintrittsgeld von 30 Pfg. erhoben.
Bezugsscheine auf Badewäsche. Die Reichsbekleidungsstelle macht bekannt: Bezugsscheine auf Badewäschen (Badeanzüge, Bademäntel, Badelaken usw.) können erteilt werden, wenn die Person, für die der Antrag gestellt wird, noch kein derartiges Stück, wie beantragt wird, im Besitz hat. Mehr als ein Stück jeder Art darf nicht bewilligt werden. Bezugsscheine auf Badehandtücher sind nur insoweit zu gewähren, als dadurch nicht der unter M der Bestandsliste vom 27. März 1917 für Handtücher festgesetzte Bestand überschritten wird.
Brotmarke und Geld sind dieser Tage wieder einem siebenjährigen Kinde, das bei einem Bäcker in der Brüdergasse ein Brot kaufen sollte, abgenommen worden. Die Diebin hat das Kind im Kreuzgang der Remigiuskirche angehalten, es zu der Heiligengrotte geführt und dort dem ahnungslosen Kinde einen Zweimarkschein und die Brotmarke aus der Geldbörse genommen- Auf derselben Stelle hat ebenfalls eine Frau vor etwa acht Tagen einem anderen Kinde Geld und Brotmarke weggenommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Schärfere Bestimmungen über den Obstverkauf.
Das mit der Reichsstelle verbundene Landesamt für Gemüse und Obst erläßt in sofortiger Wirkung für die preußischen Lande folgende Anordnung:
Der Absatz von Obst an den Betriebsstätten der Erzeuger (Wirtschaftshöfe, Gärten, Baumanpflanzungen) und in deren unmittelbarer Nähe an Verbraucher [...] ist täglich nur in den Morgenstunden zwischen 6 und 8 Uhr gestattet. Auch dürfen innerhalb dieser Zeit an ein und dieselbe Person nicht mehr als zwei Pfund Obst abgegeben werden.
Desgleichen ist es in Ortschaften (Städten und Landgemeinden) mit mehr als 10.000 Einwohnern verboten, im Kleinhandelsverkehr einschl. des Handels im Umherziehen an ein und dieselbe Person innerhalb des gleichen Tages mehr als zwei Pfund Obst abzugeben.
[...]
Mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mk. wird belegt, wer den vorstehenden Anordnungen zuwider Obst absetzt oder erwirbt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Frühkartoffeln. Mit dem 1. Juli tritt die öffentliche Bewirtschaftung der Frühkartoffeln ein. Im Stadtkreise Bonn ist jede Veräußerung der Kartoffeln an private Verbraucher verboten. Zuwiderhandlungen ziehen, abgesehen von der Bestrafung, die sofortige Beschlagnahme der Kartoffeln nach sich. Strenge Ueberwachung wird durchgeführt werden. Es liegt im allgemeinen Interesse, daß das Verbot des Kartoffelverkaufs und des Kartoffelankaufs genauestens beachtet wird; wer es übertritt, gefährdet die gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung, die nur allein das wirtschaftliche Durchhalten ermöglichen kann. Im Stadtkreise Bonn sind nur folgende Stellen berechtigt, Kartoffeln für den Kommunalverband Bonn-Stadt aufzukaufen: 1. Städtisches Kartoffellager Schlachthof, Immenburgstraße 20, 2. Firma Christian Vianden, Kölnstraße 7.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 3. Juli 1917
Universität. Die Universität Bonn ehrt ihre für das Vaterland gefallenen Studenten ganz besonders dankbar, indem sie nicht nur ihre Namen in der Ehrentafel, sondern auch ihre Bilder den zukünftigen Geschlechtern überliefert. Der vor längerer Zeit an die Angehörigen gerichteten Aufforderung, die Bilder der gefallenen Studenten einzusenden, ist in etwa zwei Dritteln aller Fälle bisher entsprochen worden. Die Bilder sind, nach Größte und Form geordnet, in großen Rahmen geschmackvoll zusammengestellt, unter jedes Bild ist leicht lesbar Name, Studienfach, Truppenteil und Todestag des Betreffenden geschrieben worden. Bisher sind acht solcher Sammelbilder fertig. Der schwere, schwarz gebeizte Rahmen enthält bis zu 32 Einzelbilder, er trägt ein Nummerschild, dessen Zahl der in der gedruckten Ehrentafel hinter jedem Namen angegebenen Zahl entspricht, und ein zweites Metallschild mit dem Namen des Stifters. Stifter der bisher fertiggestellten acht Sammelbilder sind die Professoren Geheimrat Anschütz, der als Rektor des vorigen Jahres diese pietätvolle Ehrung angeregt hat, Esser, Felten, Geheimräte v. Franqué, Kuhnt, Ribbert, Schulte und Zitelmann. Die Bilder sind im Hauptgebäude in der Wandelhalle des ersten Stockes aufgehängt worden, dazu auch eine neue, mit Eichenlaub umkränzte Ehrentafel, auf der, wie erwähnt, durch Zahlen angegeben wird, in welchem Sammelbilde das Bild des einzelnen Gefallenen zu finden ist. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Behandlung der Hamsterer. Amtlich wird uns aus dem Regierungsbezirk Trier geschrieben: Herbe Enttäuschung erfahren jetzt die Hamsterer, die es noch immer nicht unterlassen wollen, in die landwirtschaftlichen Eifel- und Hochwaldkreise einzudringen, um dort verbotenerweise Lebensmittel aufzukaufen. Entsprechend den von maßgebender Stelle erteilten Anweisungen ist die Ueberwachung in den Eifel- und Hochwaldkreisen jetzt überall wesentlich verschärft worden. Das Aufkaufen sämtlicher wichtigen Lebensmittel ist, worauf auch an dieser Stelle nochmals ausdrücklich hingewiesen sei, durch Anordnung der stellvertretenden Generalkommandos ausdrücklich verboten. Zuwiderhandelnde kommen vor das Kriegsgericht. Die aufgekauften Lebensmittel werden ohne Entschädigung beschlagnahmt. Das haben in den letzten Tagen bei der scharfen Durchführung der Beschlagnahme viele Personen zu ihrem Schaden erfahren. Ihre nachdrückliche Bestrafung steht bevor. Wer nicht hören will, muß fühlen. Es kann nicht genug vor dem Hamsterer gewarnt werden.
Polizeibericht. Am Mittwoch voriger Woche wurden nachmittags wiederum einem siebenjährigen Kinde, das bei einem Bäcker aus der Brüdergasse ein Brot holen sollte, im Kreuzgange der Remigiuskirche zwei Mark und eine Brotkarte aus dem Portemonnaie von einer Frauensperson gestohlen. Zum Zwecke des Diebstahls war das Kind nach der im Kreuzgange der Remigiuskirche befindlichen Heiligen Grotte gelockt, und hier der Diebstahl ausgeführt worden. Erst vor etwa 8 Tagen war an dem nämlichen Orte ein gleicher Diebstahl auch von einer Frauensperson ausgeführt worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg: Lebensmittelverkauf für die laufende Woche. 1. Kartoffeln vorläufig 2 Pfund für die Person auf Abschnitt 11 b, rechte Hälfte der Kartoffelkarte. Voraussichtlich treffen im Laufe der Woche die ersten Sendungen Frühkartoffeln ein. – 2. Gedörrte Erdkohlrabien ½ Pfund pro Person auf Abschnitt 11 a der Kartoffelkarte, in den bekannten Geschäften. – 3. Eingemachte Bohnen ½ Pfund zu 25 Pfg. in den Gemeinde-Verkaufsstellen (nicht Kurpark) Montag nachmittag von 3 bis 6 Uhr gegen Vorlage des Lebensmittelkartenausweises. Schwerarbeiter erhalten ein weiteres Pfund gegen Vorlage der Kartoffelzusatzkarte. – 4. Frisches Gemüse und Obst jeden Vormittag von 8 Uhr ab in der Gemüseverkaufsstelle Ecke Roon- und Plittersdorferstraße. – […] Für Kriegsunterstützte und Minderbemittelte Verkauf von Marmelade in den Gemeindeverkaufsstellen (nicht Kurpark) Dienstag nachmittag von 3 – 6 Uhr ¼ Pfund zu 20 Pfg. Ausweis und Warenkarte vorlegen, Abschnitt 38 abgeben. – […] 10. Oel, 50 Gr., zu 40 Pfg. gegen Abschnitt 9 a der Fettkarte, soweit der Vorrat reicht. Mittwoch nachmittag von 3 – 6 Uhr in den Verkaufsstellen Tonhalle und Bürgerstraße. Gefäße mitbringen. – Die bisher um 10 Uhr vormittags im engeren Ortsbezirk ausgeführte zweite Ortsbriefbestellung kommt von heute ab in Wegfall.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Mittwoch, 4. Juli 1917
Stadtverordnetenwahlen. Die in diesem Jahre fälligen regelmäßigen Ergänzungswahlen zur Stadtverordnetenversammlung sollen, wie der Verfassungsausschuß der Stadtverordneten empfiehlt, nicht verschoben werden. Eine neue Wählerliste soll jedoch nicht aufgestellt, den Wahlen vielmehr auf Grund der Verordnungen über die Sicherstellung des kommunalen Wahlrechts der Kriegsteilnehmer die letzte endgültige Liste zugrunde gelegt werden.
37 verwundete Austauschgefangene, die bis vor kurzem in russischer Gefangenschaft waren und über Schweden in die Heimat befördert worden sind, sind gestern mittag in Bonn angekommen. Sie sind zur weiteren Behandlung und Pflege in hiesigen Lazaretten untergebracht worden.
Der Verein für deutsche Frauenkleidung und Frauenkultur hat, wie bereits berichtet, in diesen Tagen Martinsplatz 6 eine kleine feine Ausstellung eingerichtet, deren Besuch wir den Bonner Damen nochmal angelegentlich empfehlen möchten. Eine Unsumme praktischen Wissens und Könnens ist hier im Interesse einer zweckmäßigen und gesunden Frauenkleidung zusammengetragen. Besonders dem Gebiete der praktischen Berufs- und Arbeitskleidung aller Art hat hauptsächlich Fräulein Schwarz (Bonn) ein regelrechtes Studium gewidmet, dem man nicht nur hohe Anerkennung, sondern auch Bewunderung zollen muß. Wer vor dem Kriege gewagt hätte, das Tragen von Oberbeinkleidern für Frauen zu befürworten, der wäre unfehlbar allen möglichen Anfeindungen ausgesetzt gewesen. Und doch war es damals schon vernünftig und praktisch denkenden Frauen absolut klar, daß für die beruflich tätige Frau – an Eisenbahnerinnen, Schaffnerinnen, Industrieschwerarbeiterinnen dachte man damals noch gar nicht – die Rockhose und die halsfreie Bluse nicht nur vom praktischen, sondern auch vom hygienischen Standpunkte aus das einzig richtige sei. Wir sind hier weit entfernt, jener „Hosenmode“ irgendwie das Wort zu reden, die gerade in unserer Zeit angeblich zu Sportzwecken – es ist ja unbestreitbar, daß für den Sport das Beinkleid auch für Frauen das Zweckmäßigste ist – in Wirklichkeit aber nur, um aufzufallen, getragen wird. Auch da wird eben die Trägerin stets das Kleid durch ihr Benehmen adeln oder gemein machen, mag es nun ein Beinkleid oder auch nur das so beliebte „Dirndlgewand“ oder irgend ein anderes Kleid sein. Hier hat Fräulein Schwarz einen trefflichen Mittelweg gefunden: Arbeits- und Sportanzüge mit Rock und Beinkleid, letzteres stets aus einem leichten Stoff von der Farbe des Oberkleides, oft auch mit auswechselbaren hellen Blusen versehen, äußerst dezent und unauffällig in Farbe und Schnitt, aus nur guten Stoffen hergestellt, und dabei von gediegener Verarbeitung. Wir finden alle Arten Berufskleidung vertreten, z. B. einen einfachen blauen Mantel für Beamtinnen, leicht und auch sehr gefällig und kleidsam, verschiedene Schwesternkleider, Hauskleider aller Art, vom schlichten Blaudruckkleidchen bis zum „besseren“ Hauskleid, das durch allerlei Schmuckwerk einen freundlichen Eindruck machen will. Unter den Berufskleidern fällt vor allem ein Anzug für Schwerarbeiterinnen durch seine absolute Nurzweckmäßigkeit auf: ganz faltenlos und glatt, ist dieser Anzug nur bestrebt, in keiner Weise ein Hindernis oder gar eine Gefahr für seine Trägerin zu bieten. Es sei auch auf die beiden praktischen Anzüge (für Sommer und Winter) für Schaffnerinnen, die auch die leidige Mützenfrage geschickt lösen, und den bis ins kleinste sorgfältig ausstudierten Anzug für Bahnwärterinnen hingewiesen. Auch die sehr soliden Kleider für Land- und Gartenarbeit sind zu erwähnen, die durch eine Reihe praktischer Schürzen vervollständigt werden. Für die Hausfrau sind allerlei kleidsame Blusen und hübsche Kleider gedacht, darunter sehr hübsche Modelle von Fräulein Schwarz, und verschiedene Volkskunstarbeiten, wie z. B. Waldecksche Durchbruchstickereien, ein Flensburger Hauswebereikleid, dann eine ganze Reihe Kleider und Kinderkleidchen in Heidelberger Heimarbeit. In unserer Zeit der Stoffeinschränkung ist besonders die geschickte Resteverwendung zu allerlei Kindersachen bemerkenswert, die unsern Müttern lehrreiche Winke und Anregungen zu geben vermag. Reizende Häkelarbeiten, Krägelchen, Gürtel, Bänder und Stickereien vervollständigen die, wir betonen es im Interesse der guten Sache noch einmal, für Frauen aller Stände lehrreiche Ausstellung, der ein guter Erfolg sehr zu wünschen ist.
Für das städtische Lyzeum müssen, da die Schülerinnenzahl gestiegen ist, 60 neue Bänke angeschafft werden. Die Kosten betragen 5000 Mark.
Sammeln von Wildgemüse. Am morgigen Donnerstag findet unter Führung von Herrn Rektor Emons wieder eine Wanderung statt, um unsere Hausfrauen über Wildpflanzen, die sich zur Verwendung in der Küche eignen, zu belehren. Wie nützlich und nötig diese Belehrung bei den hohen Gemüsepreisen ist, braucht kaum betont zu werden, denn die Wildpflanzen liefern uns nahrhafte, wohlschmeckende und billige Gemüse. Unsere Hausfrauen werden daher im eigenen Interesse dringend gebeten, sich an der Wanderung recht zahlreich zu beteiligen. Die Wanderung beginnt nachmittags 5½ Uhr an der Haltestelle der Rheindorfer Straßenbahn Ecke Kölnstraße und Kaiser-Karl-Ring. Belehrende Hefte über Wildpflanzen und Pilze sowie deren Verwendung in der Küche werden in der Beratungsstelle der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe Am Hof 1 kostenlos abgegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern bei durchweg flottem Verkauf ziemlich gut beschickt. Vorwiegend war Grüngemüse, wie Wirsing, Schneidgemüse, Spitzkappus und Rübstiel, sowie Kopfsalat, Gurken, Kohlrabien usw. vorhanden. […] An Obst waren nur einige Himbeeren zu haben, sonst war auf dem ganzen Markt außer beim städtischen Verkauf kein Obst zu haben. Seit einigen Tagen kommen auch schon Pilze und unreife Baumnüsse zum Einmachen auf den Markt.
Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren die Zufuhren in fast allen Marktprodukten verhältnismäßig klein. […] Obst war auch nicht zu haben.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte wieder sehr regen Zuspruch. Hauptsächlich waren grüne Bohnen in großen Mengen zu haben. Außerdem wurden noch gelbe Bohnen, Wirsing, Schneidgemüse, Knollengemüse, Gurken, Kopfsalat, Zwiebeln, Suppengrün, Kirschen, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Himbeeren, marinierte Bismarck-Heringe und geräucherte Schellfische verkauft.
Eine zweite Verkaufsstelle des städtischen Gemüse- und Obst-Verkaufs ist jetzt des großen Andranges wegen auf dem hiesigen Wochenmarkt eröffnet worden. Die Verkaufsstelle befindet sich in der Nähe der Marktbrücke und ist ebenfalls durch ein großes Schild „Städtischer Verkauf“ kenntlich gemacht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Donnerstag, 5. Juli 1917
Universität. Aus Anlaß des hundertjährigen Bestehens der Bonner Universität und auf Anregung des Geheimrats Prof. Dr. h. c. Duisberg in Leverkusen hat sich eine „Gesellschaft von Freunden und Förderern der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, e. V. zu Bonn“ gebildet. Sie hat den Zweck, die Universität, ihre Institute und Einrichtungen dauernd durch finanzielle Hilfe und Mitarbeit zu unterstützen. Die Gründungsversammlung findet Samstag, 7. Juli, vormittags in der Aula statt. […]
Arndt-Eiche in Eisen. In den verflossenen Wochen war der Betrieb an der Arndt-Eiche ziemlich rege, wohl hauptsächlich deswegen, weil die Bonner Bürgerschaft immer mehr Sinn und Zweck der Arndt-Eiche würdigt. Insbesondere werden die Adlerfedern (zum Preise von 100 bis 150 Mark) jetzt von unseren Mitbürgern gestiftet. Es hat sich der löbliche Brauch herausgestellt, besondere Ereignisse, die silberne Hochzeit, Geschäftsjubiläen usw. auf einer Adlerfeder an der Arndt-Eiche zu verewigen und gleichzeitig zu dem betreffenden Feste für die Witwen und Waisen unserer Bonner Krieger feine Gabe darzubringen. Auch wird in vielen Fällen die Adlerfeder dazu benutzt, den Namen eines im Felde gefallenen Familienangehörigen oder Freundes zu verewigen. Die künstlerische Ausschmückung der Adlerfeder ist vielfach sehr sinnig, besonders wenn das Wappentier der betr. Familie, ein auf den Beruf oder das Gewerbe des Stifters befindliches Zeichen, vielfach auch mit besonderem Spruch versehen, angebracht wird. Es verlohnt sich, die Arndt-Eiche, die immer mehr ein hervorragendes Kriegswahrzeichen der Stadt Bonn wird, einmal näher in Augenschein zu nehmen. Anmeldungen zur Stiftung von Federn werden auf dem Geschäftszimmer der Arndt-Eiche, Münsterplatz, stets gerne entgegengenommen, dort wird auch sonst jegliche Auskunft erteilt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Hamsterer. Aus unserem Leserkreise geht uns eine Zuschrift zu in welcher behauptet wird, daß in der Bonner Bürgerschaft reiche Vorräte an Speck, Schinken, gepökeltem Fleisch usw. usw. vorhanden wären, sodaß bei richtiger Verteilung die ganze Stadt ausreichend versorgt werden könne. Wir ersuchen den Einsender, uns seinen Namen mitzuteilen und uns bestimmte Angaben über seine Behauptungen zu machen. Die Presse ist nur dann in der Lage, zur Regelung der Ernährungsfrage beizutragen, wenn ihr positives Material übermittelt wird. Mit allgemeinen Redensarten und Beschuldigungen kann weder die Presse, noch die Behörde etwas anfangen. Die Veröffentlichung derartiger uns häufig zugehenden, anonymen Zuschriften schüren nur die Unzufriedenheit, ohne der Sache des unerläßlichen gemeinsamen Durchhaltens irgendwie zu dienen.
Das Schöffengericht Bonn […] Eine Polizeistrafe von 40 Mk. gegen den Dienstmann Mich. H. aus Godesberg, der sich im April zwei Brote ohne Bezugskarte mehr verschafft hatte, wurde bis auf 10 Mk. ermäßigt, weil man den Angaben des H. Glauben schenkte, daß er sich mit seiner starken Familie in einer besonders schwierigen Lage befunden habe durch die damals völlig zuzureichende Versorgung mit Lebensmitteln in Godesberg.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 5. Juli. Auf Grund einer Einladung von Herrn Albert Falkenroth-Bonn hatte sich gestern abend in der Tonhalle ein stattlicher Kreis von Männern und Frauen aus allen Ständen der hiesigen Bevölkerung versammelt in der Angelegenheit bezüglich der Gründung eines Kriegsauschußvereins für Konsumenten-Interessen in Godesberg. […] Die weitere Aussprache über den Gegenstand des Abends war eine äußerst lebhafte und überzeugende, daß eine solche Gründung für Godesberg sehr am Platze sei und der Verwaltung nur willkommen sein könne. […] Die Versammlung vollzog alsdann die Begründung einer Ortsgruppe.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Vom städtischen Lebensmittelamte.
Die letzten Wochen vor der neuen Ernte sind wie in jedem Jahre so auch jetzt die schwierigsten für die Volksernährung. Wir müssen jedoch durchhalten und uns mit der Hoffnung trösten, daß jeder Tag die neue Ernte und damit bessere Zeiten näher bringt.
Die Kartoffelzufuhren stocken jetzt vollständig. Der Stadt Bonn sind allerdings für die Zeit vom 13. Juli bis 15. September d. J. aus der Rheinprovinz und den Provinzen Magdeburg, Stettin, Posen und Danzig rund 44.000 Zentner Frühkartoffeln überwiesen, sodaß eine Belieferung der Bevölkerung mit 5 Pfund auf den Kopf und die Woche und eine Zulagebelieferung für Schwerarbeiter mit rund 3 Pfund auf den Kopf und die Woche gewährleistet ist. Die von der Reichskartoffelstelle erfolgte Zuteilung verschiedener Provinzen geschah aus dem Grunde, um örtliche Unterschiede in der Reife und der Beschaffenheit nach Möglichkeit auszugleichen. Nun liegt die Sache jedoch so, daß die Frühkartoffeln an sich in diesem Jahre verhältnismäßig sehr spät auf den Markt kommen und daß das Ernteergebnis infolge der langen trockenen Witterung kein besonders günstiges ist. Wir werden also hier in Bonn leider in den nächsten Wochen mit den größten Schwierigkeiten in der Kartoffelbelieferung zu rechnen haben. So kann das Lebensmittelamt in der nächsten Woche auch nur 2 Pfund Kartoffeln auf den Kopf der Bevölkerung ausgeben. Sollten jedoch die Frühkartoffeln reichlicher zufließen, so wird eine Sonderausgabe erfolgen. Dies wird dann noch bekannt gemacht werden. Mit Rücksicht auf diese geringe Kartoffelausgabe wird eine besonders reichliche Zuteilung anderer städtischer Lebensmittel erfolgen, sodaß hinsichtlich der Ernährung jeder auf seine Kosten kommt. Das Nähere hierüber wird noch bekannt gemacht. Außerdem bleibt die Brotzulage bestehen. Die Menge wird in der nächsten Woche in den Bäckerläden durch Anschlag bekannt gemacht. […]
Gemüse. Es ist bekannt, daß durch die anhaltende Dürre viele Hoffnungen auf eine reiche Gemüse- und Obsternte zerstört worden sind. Weiter darf nicht übersehen werden, daß zur Zeit gerade der Bedarf an Gemüse und Obst mit Rücksicht auf die wachsenden Ernährungsschwierigkeiten um ein vielfaches gegenüber der Friedenszeit gestiegen ist. Aus diesem Grunde ist leider in den letzten Tagen eine lebhafte Erregung in der Bevölkerung darüber entstanden, daß die Gemüsezufuhr zum Markte eine schlechte ist und daß der Schleichhandel sich immer mehr des Verkaufes des wenigen Gemüses zu Wucherpreisen bemächtigt. Vorerst sei einem Gerücht entgegengetreten, das sich auch in gebildeten Kreisen immer mehr verbreitet, als ob große Mengen Gemüse aus Deutschland nach dem neutralen Ausland ausgeführt werden und daß dieses Gemüse dann sogar den Weg nach England nehme. Das ist barer Unsinn; denn bereits seit dem Jahre 1916 ist auf strenge Anordnung der kommandierenden Generäle der Grenzbezirke die Gemüseausfuhr in vollem Umfange verboten. Wie liegt nun die Sache mit dem Gemüseverkauf. Für Gemüse sind Höchstpreise für Erzeuger, Großhändler und Kleinhändler festgesetzt. Um den Verkauf zwischen Erzeuger, Großhändler und Kleinhändler noch schärfer zu beaufsichtigen, ist bei jeder Veräußerung von Gemüse an Großhändler und Kleinhändler ein Schlußschein auszufüllen, der eine Reihe von Monaten aufzubewahren ist. In diesen Schlußschein muß der Verkaufspreis eingetragen werden. Nun sind die Erzeugerhöchstpreise durchschnittlich etwa um 60 Prozent niedriger als die Kleinhandelshöchstpreise, dagegen ist der Gemüsebauer, der sein Gemüse zum Markte bringt, berechtigt, an Stelle der Erzeugerhöchstpreise, die erheblich höheren Kleinhandelshöchstpreise zu nehmen. Man sollte demgemäß annehmen, daß es keinem Gemüsebauer aus der ganzen Umgegend von Bonn einfallen könnte, sein Gemüse an den Großhandel zu verkaufen, wo er erheblich niedrigere Preise bekommt. Alles Gemüse müßte dem Markt zuströmen. Trotzdem geht ein großer Teil des Gemüses infolge der durch Reichsgesetz festgesetzten Freizügigkeit im Handel nach Berlin, Magdeburg und anderen fern gelegenen Orten. Das berechtigt zu dem Schlusse, daß die Höchstpreisbestimmungen beim Gemüseverkauf nicht eingehalten werden, und daß die Ausstellung der Schlußscheine mit Nebenabreden versehen werden, wodurch der Verkauf mit Wucherpreisen geschieht. Die Reichsstelle hat nun angeordnet, daß zukünftig bei Uebertretungen sofort zu Verhaftung des Betreffenden und zwar nicht nur des Verkäufers, sondern auch des Käufers geschritten werden soll. Die Hausfrauen seien daher dringend vor Ueberschreitungen der Höchstpreise gewarnt.
Der Lebensmittelausschuß hat die Frage der Gemüseversorgung ganz besonders in dieser schwierigen Zeit in Erwägung gezogen und hat ausdrücklich beschlossen, keine Kosten zu scheuen, um mehr Gemüse auf den Markt heranzuschaffen. So werden die städtischen Verkaufsstellen auf dem Wochenmarkt, die bereits vermehrt worden sind, weiter vermehrt werden. Es steht zu hoffen, daß durch diese Maßnahme die Versorgung der Bevölkerung verbessert wird und daß sich dann auch wieder die Gemüsebauern zahlreicher auf dem Markte einfinden. An letztere sei daher auch ganz besonders der Appell gerichtet, die städtische Bevölkerung in dieser schwierigen Zeit der Ernährungssorgen nicht zu verlassen und es als vaterländische Pflicht zu betrachten, demjenigen zu helfen, der nicht in der Lage ist, selbst Gemüse ziehen zu können. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 6. Juli 1917
Die Regimentsmusik unserer 160er wird nächste Woche aus dem Felde nach Bonn beurlaubt werden, um hier einige Konzerte zur Schaffung eines Hinterbliebenenfonds zu geben, der den Angehörigen verstorbener Unteroffiziere und Mannschaften des Regiments zu Gute kommen soll. Bisher bestand im Infanterie-Regiment Nr. 160 noch kein derartiger Grundstock. Um diesem fühlbaren Mangel abzuhelfen, ist der Regimentskommandeur bestrebt, einen solchen Grundstock durch freiwillige Beiträge von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften zu schaffen und dabei die Musik mitwirken zu lassen. Die Bonner Bürgerschaft wird es als Ehrenpflicht ansehen, das dankenswerte Bestreben des Regimentskommandeurs durch regen Besuch der Konzerte zu unterstützen, um so unseren wackeren 160ern, die sich in Ost und West für uns tapfer geschlagen haben, ihren Dank abzustatten.
Der Obstverkauf wird in Bonn nicht beschränkt. Die Verordnung des preußischen Landesamts für Gemüse und Obst, wonach Erzeuger an Verbraucher nur in zwei Morgenstunden und nur je zwei Pfund abgeben dürfen und auch Kleinhändler nicht mehr als zwei Pfund auf einmal verkaufen sollen, ist für Bonn außer Kraft gesetzt worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Lederersparnis. Die herrschende große Lederknappheit macht es zur Pflicht, die Schuhsohlen möglichst zu schonen. Die Bevölkerung hat in richtiger Erkenntnis schon in großem Umfange von den bestehenden Mitteln für Sohlenersparnis Gebrauch gemacht. Die Stadtverwaltung beabsichtigt, die Schuhsohlen sämtlicher Schulkinder mit Eisenschonern versehen zu lassen. Das Nähere darüber wird den Rektoren und Lehrpersonen noch mitgeteilt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 5. Juli. Der Kaplan Schopen schreibt uns. „Um mißverständlicher Auffassung Ihres Berichtes in gestriger Nummer zu begegnen, bitte ich Sie freundlich um Aufnahme folgender Berichtigung: In der von Herrn Falkenroth einberufenen Godesberger Versammlung ist die sofortige Gründung einer Ortsgruppe des Kriegsausschusses für Konsumenten-Interessen auf mein ausdrückliches Widerraten und zwar mit nur 32 Stimmen gegen 23 beschlossen worden. Ich habe nicht für, sondern entschieden gegen die Gründung gesprochen, weil Beschwerden und Massenpetitionen von Bürgerausschüssen , die unabhängig und ohne enge, organische Fühlung mit den Behörden arbeiten, keine hinreichende Orientierung über die Möglichkeiten, den inneren Betrieb und die schuldbaren Mängel der Nahrungsmittelversorgung besitzen können. Darum sind derartige Massenpetitionen von Bürgerausschüssen meist ebenso unnütz wie die zweifelhaften Augenblickserfolge wahnwitziger Straßenunruhen. Man sollte seitens der Bürgerschaft lebhafteren Anteil nehmen an den von den Behörden mehr und mehr durchgeführten beratenden und aufklärenden Konsumenten-Ausschüssen, die in Gestalt von Kriegsbürgerkunde-Konferenzen sowohl vom Regierungspräsidenten wie von den Landräten und Bürgermeistern einberufen werden. Ich beabsichtige mit diesen Zeilen selbstverständlich keine Polemik gegen die hoch ideell gesinnten Bestrebungen des Herrn Falkenroth.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Samstag, 7. Juli 1917
In der gestrigen Stadtverordnetenversammlung wurde von mehreren Zentrumsstadtverordneten wieder gefordert, die Fortbildungsschule zu schließen, damit ihre Räume für Zwecke der Lebensmittelversorgung benutzt werden könnten. Oberbürgermeister Spiritus stellte bei dieser Gelegenheit fest, daß die Verwaltung die Lebensmittel auf jeden Fall so unterbringe, daß sie vor Verderben möglichst geschützt seien. […] Wie Beigeordneter Bottler mitteilte, hat die vor drei Monaten beschlossene Gaspreiserhöhung die erhoffte Wirkung nicht gehabt: der Gasverbrauch ist nicht geringer geworden, sondern gestiegen, im Juni um fast den vierten Teil des vorjährigen Monatsverbrauchs. Der Gaspreis, der nur für drei Monate auf 18 Pfg. festgesetzt worden war, beträgt jetzt nur noch 15 Pfg., es muß aber nun durch andere Maßregeln für eine Einschränkung des Verbrauchs gesorgt werden. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Verordnungen des Gouvernements Köln. […] Zu gleicher Zeit ist auch eine Bekanntmachung erlassen worden, die zur Verhütung der Treibriemendiebstähle den Schuhmachern verbietet, von Privatpersonen, die ihnen nicht bekannt sind, Leder, das von Treibriemen herrühren könnte, zur Verarbeitung anzunehmen. Wird das Treibriemenleder von einer bekannten oder behördlich sich ausweisenden Person zur Verarbeitung verkauft so sind die Schuhmacher gehalten, binnen 24 Stunden Name und Wohnung der verkaufenden Person bei der Polizeibehörde schriftlich anzumelden.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern nicht so gut beschickt wie anfangs der Woche. Der Verkauf war durchweg flott. […] Grüne Bohnen, grüne Erbsen, dicke Bohnen und Obst, wie Kirschen, Johannisbeeren usw. waren auf dem ganzen Markt fast nicht zu haben, außer beim städtischen Verkauf. […]
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren die Zufuhren in fast allen Marktprodukten verhältnismäßig klein. Der Verkauf war auch hier sehr flott. Vorwiegend war Wirsing, Schneidgemüse, Knollengemüse und Spitzkappus sowie etwas grüne Bohnen und grüne Erbsen usw. vorhanden. Obst überhaupt nicht.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich eines sehr regen Zuspruchs, besonders in Fischen und Obst. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
„Auslandsware“. Seit schon längerer Zeit erscheinen auf dem hiesigen Markte nur noch Landesprodukte, die alle als Auslandsware bezeichnet sind. Wächst denn in Deutschland kein Obst und Gemüse mehr? Armes Deutschland! Sogar die Polizeibeamten machen die Verkäufer darauf aufmerksam, daß nur für Auslandsware höhere Preise gefordert werden dürfen, und schon taucht an jedem Stand das unvergeßliche Schild „Auslandsware“ auf. Wo bleibt denn die Kontrolle darüber, daß es Auslandware ist? In allen hiesigen Geschäften, sogar Lebensmittelgeschäften, werden jetzt Kirschen zu M. 1,20 per Pfund verkauft. Wenn man nun bemerkt, die sind teuer, so erhält man die Antwort, daß sind helle Kirschen, hierfür besteht kein Höchstpreis. Werden denn alle Höchstpreise ohne Kopf und Fuß gemacht? Ist denn behördlicherseits keine Kontrolle zu üben und durch Vertrauenspersonen feststellen zu lassen, daß die Höchstpreise auch gehalten werden? Bohnen kosten per Pfund M. 1,00, sogar die städt. Verkaufsstelle fordert höhere Preise. Der Höchstpreis steht doch nur auf 80 PFg. Auf dem Markte selbst erscheint überhaupt kaum Gemüse und Obst. Jeder, der etwas haben will, der ist gezwungen, nach dem Lande herauszuwandern. Neuerdings werden auch die Preise für Briketts und Kohlen wieder erhöht, was seitens der Preisprüfungsstelle ebenfalls einer gründlichen Nachrechnung bedarf. X.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Sonntag, 8. Juli 1917
Die Gesellschaft von Freunden und Förderern der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn ist gestern vormittag in der Aula der Universität förmlich gegründet worden, nachdem schon vorgestern in einem kleineren Kreise alle geschäftlichen Angelegenheiten erledigt worden waren. […]
Der Vorsitzende der neuen Gesellschaft, Geheimrat Dr. Duisberg aus Leverkusen, ging dann auf die Ziele der Gesellschaft näher ein. Die Gesellschaft wollen den Schäden, die dieser Krieg auf so vielen Gebieten gebracht habe, begegnen, die schwierige Uebergangszeit vom Krieg zum Frieden erleichtern helfen und dauernd die Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft, Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Industrie befruchten zum Segen des deutschen Vaterlandes. Daneben sollen die Beziehungen zwischen der Universität, ihren Lehrern und Schülern mit dem praktischen Leben gepflegt werden, damit der nationale Wirtschaftskampf nach dem Kriege ebenso erfolgreich wie vorher geführt werden kann. Der Redner zeigte an verschiedenen Beispielen, welche Vorteile unserm Wirtschaftsleben und vor allem unserer Kriegsführung aus der innigen Verbindung zwischen der Wissenschaft und der Technik entstanden seien. Er hob besonders die Fortschritte in der Chemie hervor, die uns die Kriegsführung überhaupt ermöglichten und die nach dem Kriege dafür sorgen würden, daß alljährlich für ungezählte Millionen Rohstoffe nicht mehr aus dem Auslande eingeführt zu werden brauchen. Auch in der Landwirtschaft könnten Milliarden gespart werden, wenn mit Hilfe der Wissenschaft die tierischen und pflanzlichen Schädlinge erfolgreich bekämpft würden. Der Redner teilte dann mit, daß, obwohl für die Gesellschaft überhaupt noch nicht öffentlich geworben worden sei, doch bereits 420.000 M. gezeichnet worden seien. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wieder einmal sieht das deutsche Volk einen Opfertag vor sich und hat Gelegenheit, seinen deutschen Brüdern im Feld für die todesmutige Landesverteidigung zu danken. Und zwar handelt es sich um den wichtigsten Zweig der Liebesgabentätigkeit, nämlich um die Lesestoffversorgung unserer braven Truppen. Bei diesem gänzlichen Abgetrenntsein unserer Feldgrauen von der Heimat ist das Buch noch das einzige Mittel, ihnen Erholung, Zerstreuung und Vergessen der blutigen Gegenwart zu bringen. Und dieses Bedürfnis nach geistiger Nahrung ist so ungeheuer groß, daß wir alle helfen müssen, die vielen tausend Wünsche nach Büchern zu befriedigen. Jeder Daheimgebliebene wird es darum für seine heilige Pflicht erachten, sein Scherflein zu diesem Liebeswerk beizutragen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Obercassel: Ersatz für Kartoffeln. Für diese Woche sind nur 3 Pfund Kartoffeln für die Allgemeinheit ausgegeben worden. Als Ersatz wird voraussichtlich Brot ausgegeben. Ueber den Zeitpunkt und die Menge folgt weitere Bekanntmachung evtl. durch die Schelle. Zu der Ausgabe sind die Kartoffelkarten mitzubringen. […] Verhütung von Felddiebstählen. Die Felddiebstähle mehren sich ganz außerordentlich. Es wird daher der Aufenthalt in den Feldern und Gärten für die Zeit von abends 10 Uhr bis morgens 5 Uhr ohne Ausweis verboten. Zur Ausstellung der Ausweise sind berechtigt die Vertrauensleute Mittler und Thomas in Obercassel und die Gemeindevorsteher in Oberdollendorf, Niederdollendorf und Heisterbacherrott.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Montag, 9. Juli 1917
Zum Besten der Uboot-Spende veranstalteten am Samstag die Schülervereine an den höheren Schulen Bonns im Stadt-Theater einen musikalischen und rezitatorischen Abend, der der guten Sache sicherlich eine namhafte Unterstützung brachte. Das Haus war ausverkauft; die mannigfachen Darbietungen wurden mit stürmischem Beifall aufgenommen. Die Vortragsfolge zeigte schon das Bestreben, den guten Zweck mit besten Mitteln zu erreichen. […]
Mit stürmischer Begeisterung wurde Frau Elly Ney van Hoogstraten empfangen, die in liebenswürdiger Weise ihre große Kunst dem Zweck des Abends zur Verfügung gestellt hatte. […] Nicht endenwollender Beifall dankte jedesmal der Künstlerin, so daß sie sich zweimal zu einer Zugabe entschließen mußte. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Einer Betrügerin ist am Samstag ein kleiner Junge, der in der Kriegsküche Essen geholt hatte, zum Opfer gefallen. Auf der Sterntorbrücke wurde der Knabe von einer jungen Frauensperson beauftragt, in ein benachbartes Haus zu gehen und ein dort auf der ersten Etage beschäftigtes Mädchen herunter zu rufen. Der Knabe führte auch den Auftrag aus und gab der Frau auf deren Wunsch das Gefäß mit dem Essen in Verwahr. Als der Junge auf die Straße zurückkam, war die Frau mit dem Essen verschwunden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg Obst und Gemüseverkauf in der Gemeindeverkaufsstelle (Ecke Plittersdorfer- und Roonstraße): Johannisbeeren, Himbeeren, Stachelbeeren, Bohnen, Rübstiel, Wirsing, Kohlrabien, Möhren, Erbsen. Fortan findet außer vormittags von 8 bis 12 auch abends von 7 bis 9 Uhr ein Verkauf für die Einwohner statt, die morgens durch Arbeit am Einkauf verhindert sind. – Verkauf von Kaffeemischung, Kaffee-Ersatz und –Zusatzmitteln. Mit Zustimmung des Herrn Regierungspräsidenten wird für die Bürgermeisterei Godesberg folgendes angeordnet. 1. Kaffeemischung, Kaffee-Ersatz- und –Zusatzmittel dürfe, bis zum 15. Juli überhaupt nicht, von da ab nur gegen Abgabe des vom Bürgermeisteramte bekannt zu gebenden Abschnittes der Warenkarte und nur in den noch bekannt zu machenden Mengen an Verbraucher abgegeben und von diesen bezogen werden. 2. Diese Anordnung findet keine Anwendung auf die Abgabe in Krankenhäuser, Gast-, Schank-, Kaffee- und Speisewirtschaften zum sofortigen Genuß an Ort und Stelle. 3. Die im Besitz des Handels befindlichen Mengen vorgenannter Art sind dem Lebensmittelamte der Bürgermeisterei bis zum 12. Juli nach Formular, das am 9. Juli in Zimmer Nr. 7 des Rathauses ausgegeben wird, anzuzeigen. Ebenfalls sind die genannten Waren, die nach Inkrafttreten dieser Verordnung in den Bürgermeistereibezirk eingeführt werden sofort nach Sorten und Mengen dem Lebensmittelamte schriftlich anzuzeigen. 4. Zuwiderhandlungen oder Unterlassungen werden mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Dienstag, 10. Juli 1917
Gegen den Obst- und Gemüsewucher hat der Landrat des Landkreises Bonn folgende Bekanntmachung erlassen: „Die Verhältnisse im Obst- und Gemüseverkehr haben sich derart zugespitzt, daß es an der Zeit ist, öffentlich zu warnen. Trotz auskömmlicher Höchstpreise, die unter Mitwirkung von Erzeugern und Verbrauchern von der Bezirksgemüsestelle festgesetzt sind, werden weit höhere Preise angeboten und infolgedessen auch gefordert, und das in einer Zeit, wo es darauf ankommt, die vorhandenen Lebensmittel den breiten Massen zu erschwinglichen Preisen zugänglich zu machen. Es ist Pflicht jedes Wohlgesinnten, jeden Verstoß gegen die Höchstpreise und die Zurückhaltung von Waren, für welche Höchstpreise festgesetzt sind, zur Anzeige zu bringen, damit die Gerichte in die Lage kommen, durch Festsetzung scharfer Strafen dem Wucher zu steuern. Ich behalte mir vor, die Namen der Schuldigen öffentlich an den Pranger zu stellen.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Neue Kartoffeln. Das städtische Lebensmittelamt macht darauf aufmerksam, daß auch jetzt in der neueingerichteten Verkaufsstelle Moltkestraße 1 neue Kartoffeln abgegeben werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Vorsichtsmaßnahmen bei Fliegerangriffen werden, wenn auch keine Gefahr durch den Angriff feindlicher Flieger für Bonn zu drohen scheint, in einer Bekanntmachung des Oberbürgermeisters im Anzeigenteil dieser Nummer nochmals in Erinnerung gebracht.
Diebstahl. Einem Kinde, das von seinen Eltern am Samstag zum Bäckerladen nach der Brüdergasse geschickt worden war, wurde schon wieder unterwegs von einer Diebin das Geld abgestohlen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 11. Juli 1917
Die leidige Kartoffelfrage
ist für die nächste Zeit noch nicht gelöst. Die Zufuhren von auswärts stocken gänzlich. Ob für die nächste Woche zwei Pfund Kartoffeln abgeben werden können, scheint mehr als fraglich. Es muß anerkannt werden, daß die Kartoffelerzeuger im Stadtkreise Bonn in den letzten Tagen verhältnismäßig große Mengen Frühkartoffeln abgeliefert haben, sie werden jedoch noch in dieser Woche verbraucht, dann ist die Stadt auf die Lieferungen aus den Provinzen Sachsen, Pommern, Westpreußen und Posen angewiesen, und in diesen Provinzen hat sich nach den Berichten der von der Stadt Bonn Beauftragten die Frühkartoffelernte infolge der späteren Aussaat ganz erheblich verzögert, sie wird nicht vor dem 25 Juli beginnen können. Wegen der unsicheren Belieferung mit Kartoffeln werden nächste Woche wieder eine reichliche Brotzulage und Ersatznahrungsmittel gegeben werden. Während früher für den Kartoffelausfall 70 Gramm Mehl zur Verfügung gestellt wurden, können fortan 100 Gramm Mehl für jedes fehlende Pfund Kartoffeln der Bevölkerung zugeführt werden. Der Preis für die Frühkartoffeln wird von nächster Woche ab auf 15 Pfg. für das Pfund herabgesetzt. Es muß darauf hingewiesen werden, daß die Stadt bei diesem Verkaufspreise noch erhebliche Verluste hat; denn zu dem gesetzlichen Höchstpreis, den der Erzeuger bekommt, muß sie die Vermittlungsgebühren an die Händler bezahlen, sie muß für die Körbe und Kisten, in denen die Kartoffeln verpackt sind und die von der Reichskartoffelstelle geliefert werden, erhebliche Beträge aufwenden, dann muß sie die Frachtkosten, die Verlade- und Zufuhrkosten tragen und schließlich den unausbleiblichen Verlust, der durch die weite Reise entsteht und der teilweise 20 v. H. beträgt.
Die Stadt Bonn hat bei Frau Josef Schneider in Grau-Rheindorf, Hauptstraße 118, eine Annahmestelle für Frühkartoffeln eingerichtet. Die Landwirte von Grau-Rheindorf werden gebeten, die Frühkartoffeln dort abzuliefern. [...]
Es ist beabsichtigt, falls sich die dafür erforderlichen Einrichtungen technisch durchführen lassen, von den Wintermonaten ab jedem Schulkind täglich ein Drittel Liter kräftige Suppe zu geben, und zwar morgens in der ersten Pause für ein billiges Entgelt von fünf Pfennigen. Es müssen dann täglich 5000 Liter hergestellt und dafür umfangreiche Neueinrichtungen geschaffen werden, da die Kriegsküchen hierfür nicht in Anspruch genommen werden können.[...]
In der nächsten Zeit werden in Bonn die Bäckereien zusammengelegt. Dies geschieht aus verschiedenen Gründen: um an Kohlen zu sparen, um das Personal besser auszunutzen und um das Ausbackverhältnis des Mehls zu steigern. Man wird künftig zwischen sog. Betriebsbäckereien und Verkaufsstellen unterscheiden müssen. Alle Bäckereien, die unter 15 Zentner Mehl wöchentlich verbacken, werden voraussichtlich geschlossen. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus dem städtischen Lebensmittelamt.“)
Kriegsgericht. In der gestrigen Sitzung des Kriegsgerichts wurde das Verfahren gegen den Ingenieur Wie. aus Godesberg, das in der Verhandlung vom 16. Juni vertagt worden war, erledigt. Der Angeklagte soll sich deutsch-feindlicher Aeußerungen in zwei Fällen in einer Godesberger Gaststätte schuldig gemacht haben. Wie uns über die gestrige Verhandlung mitgeteilt wird, wurde von dem Anklagevertreter selbst die Freisprechung beantragt und diesem Antrage wurde vom Gericht entsprochen.
30 Gramm Butter und 30 Gramm Margarine werden in dieser Woche an jede Person abgegeben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Sammlung wildwachsender Arzneipflanzen. Da die Einfuhr von Pflanzendrogen wesentlich verringert ist, muß den im Inlande wachsenden Arzneipflanzen fortan größere Beachtung geschenkt werden. Die Bevölkerung wird daher durch Belehrung über die Bedeutung und den Wert der Arzneikräuter zu einer größeren Sammeltätigkeit angeregt werden. Da jedoch bei der Sammlung solcher Kräuter auf die Nutzpflanzen äußerste Rücksicht genommen werden muß, damit nicht mehr Schaden als Nutzen gestiftet wird, so wird es zweckmäßig seine, auch die Sammlung von wildwachsenden Arzneimittelpflanzen zugleich mit demjenigen von Wildgemüse vorzunehmen. Die zu diesem Zwecke eingerichteten Ausflüge unter fachkundiger Führung werden daher eifrigster Teilnahme besonders dringend empfohlen. K. W. B.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 12. Juli 1917
Zur Abwehr der feindlichen Spionage wird darauf hingewiesen, daß unsere Feinde demnächst möglicherweise durch Flugzeuge ohne Kokarde oder sonstige Anzeichen, insbesondere durch Le Doron-Apparate, Spione, die wohl vielfach mit Brieftauben ausgerüstet sein werden, im Inlande absetzen werden, um Unruhen hervorzurufen oder französische Kriegsgefangene bei Fluchtversuchen zu unterstützen. Beim Landen solcher Flugzeuge soll sofort – möglichst durch Fernsprecher – die nächste Polizeidienststelle benachrichtigt werden. Auch sind die Insassen bis zum Eintreffen der Polizeibeamten festzuhalten und ist die Vernichtung des Flugzeuges sowie der von den betreffenden Personen mitgeführten Schriftstücke, Apparate und dergl. zu verhindern. Brieftauben werden in der Regel in Blechkästen, die mit einem Tuche zugedeckt sind, verpackt und teils als Tornister, teils als Handgepäck getragen. Einzelne Tauben werden auch in Rocktaschen verborgen.
Fünf belgische Arbeiter, die in Koblenz unter Vertragsbruch ihre Arbeitsstätte verlassen hatten, sind hier festgenommen worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Das Schöffengericht Bonn verurteilte gestern den 36jährigen gewohnheitsmäßigen Landstreicher Wilh. Ve., der bereits 18mal einschlägig vorbestraft ist und auch schon dem Arbeitshause überwiesen war, wegen Bettelei und Landstreicherei zu drei Wochen Haft unter Anrechnung von zwei Wochen Untersuchungshaft. – Die Ehefrau eines Bäckers aus Schwarzrheindorf stand unter der Anklage, einer Käuferin die Abgabe von Brot aus ihrem Geschäftslokal verweigert zu haben. Die Angeklagte machte geltend, daß sie nurmehr zwei Brote als Vorrat gehabt habe, die aber schon vorher verkauft und bezahlt gewesen wären. Es wurde jedoch festgestellt, daß tatsächlich noch ein drittes Brot vorhanden war, das auch nachher an eine spätere Käuferin abgetreten wurde. Das Gericht hielt ein solches Geschäftsgebaren für geeignet, um Unstimmigkeit in die Bevölkerung hineinzutragen und verhängte über die Bäckersfrau eine Geldstrafe von 25 Mark.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 11. Juli. Gestern wurde der erste der drei angekündigten Erziehungsabende der katholischen Gemeinde Godesberg in der Tonhalle abgehalten. Herr Dechant Dr. Winter wies in seiner Begrüßungsansprache auf die Notwendigkeit derartiger Erziehungsabende hin und gab dann Herrn Pfarr-Rektor Könn aus Köln das Wort zu einem Vortrag über das Thema: „Wie gewöhnen wir unsere Jugend daran, das viele Geld, das sie im Kriege verdient, richtig zu verwenden“. Durch militärisch angeordneten Sparzwang könne sehr leicht die naturgemäße Treue in der Arbeit gehemmt werden, zudem bilde er einen tiefen Eingriff in die Rechte der Familie. Empfehlenswert sei die von Marschall von Bieberstein angeregte Einrichtung einer Versicherung, bei der ein angemessener Lohnteil reserviert werde für spätere Jahre. Vor allem aber sei darauf hinzuwirken, daß von den Großbetrieben der bargeldlose Verkehr gehandhabt wird durch Lohnzahlungen auf ein Sparkonto. Hierin fühle der jugendliche Arbeiter kein gewaltsames Entziehen, weil er seinen Revers dafür in der Tasche habe. Durch diese Maßnahme erwache in der Jugend von selber der Trieb zur Einfachheit, Sparsamkeit und richtiger Wertschätzung des Geldes.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
Kohlenversorgung landwirtschaftlicher Betriebe. Die für die Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Betriebe (Molkereien, Dreschmaschinen, Dampfpflüge, ländliche Schmieden, Reparaturwerkstätten landwirtschaftlicher Maschinen) in den nächsten Wochen dringend benötigten Kohlenmengen haben die Verbraucher, soweit sie die Kohlen nicht durch den bisherigen Lieferanten erhalten können, beim Kommunalverband (Landrat) anzumelden. Dieser gibt die Anforderungen nach Prüfung, soweit er ein dringendes Bedürfnis für beschleunigte Lieferung anerkennt, an die Reichsstelle weiter. Die Reichsstelle wird dann.
im Einvernehmen mit dem Reichskommissar für Kohlenbeschaffung die Lieferung unter der finanziellen Verantwortung des Kommunalverbandes entweder direkt an den Besteller oder durch den Kommunalverband veranlassen. [...]
Veranstaltung der Schülervereine an den höheren Schulen Bonns zu Gunsten der U-Bootspende. Wie uns Herr Professor Ruhland mitteilt, beträgt der Reingewinn der Schülerveranstaltung vom Samstag den 7. Juli 1000 Mark.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 13. Juli 1917
Kaffee. Für die Zeit vom 15. Juli bis 25. August wird auf die Warenmarken 152 und 153 zusammen ein halbes Pfund Kaffeemischung abgegeben. Die Geschäftsinhaber müssen die Kundenlisten dem Lebensmittelamt einreichen.
Verbot der Herstellung von Obstbranntwein. Obst, Obsterzeugnisse aller Art und Rückstände von Obst dürfen gewerbsmäßig zur Branntweinherstellung nicht verwendet werden. Ausgenommen sind solche Kirschen, die sich zum Genusse im rohen Zustande nicht eignen und herkömmlich in ihrem Erzeugungsgebiet ausschließlich zur Branntweinherstellung verwendet werden (Brennkirschen). Weintrauben gelten nicht als Obst im Sinne dieses Verbotes.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Warnung vor Eisenbahndieben. In letzter Zeit wurden auf dem hiesigen Bahnhof Damen beim Ein- und Aussteigen ihrer Uhren und Geldbörsen beraubt. Die Taschendiebe drängen sich an den Abteiltüren mit Gewalt an die Reisenden heran und üben dann im allgemeinen Trubel die Diebstähle aus. Auch an den Fahrkartenschaltern benutzen die Taschendiebe das Gedränge, um ihr sauberes Handwerk auszuüben. Zu den Zügen, die nachmittags 2½ Uhr von hier nach Coblenz und Euskirchen fahren, ist der Andrang an den Fahrkartenschaltern immer derart groß, daß es den Spitzbuben leicht gemacht wird, Taschendiebstähle auszuüben. Die Schuld liegt aber in den meisten Fällen bei den Reisenden selbst, da sie erst im letzten Augenblick zu den Fahrkartenschaltern stürzen und in der Aufregung gar nicht merken, daß sie bestohlen werden. Abhülfe kann nur dann geschaffen werden, wenn sich die Reisenden dazu verstehen, ihre Fahrkarten schon vorher zu lösen; namentlich empfiehlt sich das für die Züge nach Euskirchen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 12. Juli. Im gestrigen zweiten Erziehungsabend der katholischen Gemeinde Godesberg sprach vor zahlreicher Zuhörerschaft Herr Gymnasialdirektor Giesen aus Siegburg über das Thema: „Warum die Godesberger Eltern über ihre Kinder klagen“. Redner zeichnete in fesselnden Ausführungen, wie die Familien-, Arbeits- und persönlichen Verhältnisse durch den Krieg umgeschaffen worden seien. Durch das Einstellen in die Fabrikgroßbetriebe hätten heute die Leistungen der Jugendlichen große Bedeutung erhalten. Diese erhebliche Steigerung ihrer Arbeitsbewertung und die fabelhafte Löhnung steigere bei den Jugendlichen das Selbständigkeitsgefühl und die Selbstüberhebung weit über das zukommende Maß hinaus. Die Folge davon sei das Schwinden der Einordnung und Unterordnung in die altgewohnten Familienverhältnisse und der Hang zum verhängnisvollen Ausleben. Eine richtige Wertung des Geldes gehe den jungen Arbeitern verloren und mit ruhmsüchtiger Eitelkeit würden die tollsten Preise für zweifelhafte Genüsse als etwas ganz Selbstverständliches gezahlt. Herr Kaplan Schopen schloß die an die trefflichen Ausführungen anschließende Aussprache mit dem Mahnruf an die Mütter: „Wahrt euch die Autorität bei Euren Kindern. Dies ist der Grundton und das Grundmittel aller Erziehung.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
Wer vieles bringt, wird Manchem etwas bringen. Das Wort gilt auch von dem bärtigen Landsturmmann, der als fliegender Buchhändler abkommandiert ist. Wie ist sein Affe schwer gepackt! Aber er keucht ganz gern mal unter der Last daher, von der er weiß, daß sie den Kameraden unendlich viel Freude machen wird. Sein Weg führt ihn von Graben zu Graben, oft bis in die ersten Linien, von allen Feldgrauen freudig begrüßt. Trägt er im Tornister doch den sehnlichst erwarteten Lesestoff, der unseren armen Truppen in der Kampfzone wie ein wahrer Freund in der Not erscheint. Aus allen Winkeln des Grabens schwillt es ihm entgegen: „Was bringst du uns heute? Hast du dies, hast du jenes Buch?“ Es beginnt ein Fragen, Suchen, Wählen, Tauschen, daß der Geplagte kaum weiß, wie er allen Wünschen gerecht werden soll. Aber schließlich ist jeder Soldat befriedigt und zieht sich still beglückt in eine Leseecke zurück. Unser Landsturmmann kennt allmählich den Geschmack seiner Brüder, und die Richtung ihrer geistigen Bedürfnisse in dieser schweren Zeit. Ist es nicht ein herrliches Amt, noch Glück selbst dahin zu tragen, wo Kampf und Vernichtung toben? Laßt uns alle an diesem Liebeswerk mithelfen und immer wieder bereitwillig Geld spenden zu weiterem Ankauf von Lesestoff für unser tapferes Heer.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 14. Juli 1917
Volksspende zum Ankauf von Lesestoff für Heer und Flotte. Bücher gehören zu den wertvollsten Gaben, die heimatliche Liebe unseren deutschen Brüdern im Felde jetzt noch spenden kann. Der Daheimgebliebenen Pflicht ist es, dazu beizutragen, daß der Geist unserer Truppen in langer, ermüdender Kriegsarbeit frisch bleibe. Die Vaterländischen Vereinigungen in Bonn haben es übernommen, die Sammlung von Geldbeiträgen im Stadtbezirke Bonn in die Wege zu leiten, sie werden daher in der nächsten Woche besondere Sammeltage veranstalten. Die Bonner Volksspende wird durch ihre Einnahmen Zeichnungen entgegen nehmen, ebenso nehmen die hiesigen Banken und die Stadtkasse Beiträge in Empfang.
Mitbürger! Der Opersinn der Bürgerschaft darf nicht versagen, wenn es sich um das Wohl unserer Brüder im Felde handelt! Gebt daher reichlich!
Schleichhandel mit Süßstoff. Der Handel mit Süßstoff, auch die Weitergabe zum Einkaufspreis, ist verboten. Es wird trotzdem häufig Süßstoff angeboten. In der Regel handelt es sich um eine Zubereitung, die durch Beimengungen von kohlensaurem Natron, Gips oder dergleichen verfälscht ist und an Stelle einer 450fachen nur eine 30- bis 50fache Süßkraft aufweist. Süßstoff wird durchweg zu einem sehr hohen Preis, der den allgemeinen um ein Vielfaches übersteigt, angeboten. Vor dem Ankauf derartigen Süßstoffes kann nur dringend gewarnt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Metalldiebe. Achtet auf die messingenen Türklinken und Türbeschläge, sowie auf Dachrinnen, Regenabflußrohre und dergl. Diese Mahnung muß jetzt ergehen, da in Bonn neuerdings Metalldiebe auftauchen, die heimliche Metallsammlungen vornehmen, ohne sich mit den Hausbesitzern in Verbindung zu setzen. An einzelnen Häusern der Innenstadt haben die Metallfreunde deutliche Spuren ihres Wirkens hinterlassen. Verschiedentlich sind sie auch in Ausübung ihres Gewerbes gestört worden. Man lasse daher keine Haustüren offen stehen und beobachte unbekannte Besucher genau auf ihre Absichten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 13. Juli. Am gestrigen dritten und letzten Erziehungsabend der kath. Gemeinde Godesbergs behandelte Lehrer Langenberg aus Köln das Thema: „Die häuslichen Erziehungsschwierigkeiten bei der schulpflichtigen Jugend, ihre Ursachen und Mittel zur Abhilfe“. Redner empfiehlt als Abwehr- und Heilmittel die Ueberwachung des Genusstriebes, die Erziehung zu Hochachtung vor fremdem Besitz, das frühe Anhalten zur Arbeit und zur treuen Pflichterfüllung, die Gewöhnung an Sparsamkeit, die Ueberwachung der Lebensführung, das machtvolle Beispiel der Eltern, das gemeinsame und einzelne Gebet, sowie die treue Unterstützung der Erziehungsarbeit von Schule und Kirche. In der allgemeinen Aussprache wies Herr Bürgermeister Zander auf die gerade in unserer Zeit sich geltend machende Verletzung des fremden Eigentums hin. Auch derjenige mache sich des Eigentumsvergehens schuldig, der über das Maß des dringlichen Bedarfs hinaus einkaufe und über Preis bezahle. Alle Kräfte müßten daran gesetzt werden, den rechten Begriff über das Eigentum in das Volk hineinzutragen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
In dem Mittwochskonzert der Feldkapelle der 160er wurde als Nummer 4 der Vortragsfolge eine „Fantasie aus der Oper „Der Bajazzo“ von Leoncavallo verheißen. Es sei deshalb daran erinnert, daß gerade dieser Tonmeister sich zu Anfang des Krieges zu einem argen Deutschenschmäher entwickelt hat. Es hieße daher, ihm zu viel Ehre anzutun, wollte man Werke von ihm öffentlich zum Vortrage bringen. Wir werden ja schon in Cafés, Bier- und Lichtspielhäusern usw. genug mit italienischer Musik gefüttert, obwohl bessere deutsche reichlich zu Gebote steht, und verzichten deshalb bei ernsteren Veranstaltungen, wie Wohltätigkeitskonzerten, ganz besonders gern auf diese leichte Kost, auch wenn sie von einer Frontkapelle gespendet wird, die vielleicht das Hassen verlernt hat. S.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
[...] Die Kartoffelerzeuger im Stadtkreise Bonn werden nochmals dringend aufgefordert, die geernteten Frühkartoffeln an das Kartoffellager Schlachthof, Immenburgstraße 20, oder an die nachstehenden Aufkäufer abzuliefern:
Kartoffelgroßhandlung Vianden, Kölnstraße 7, Kartoffelhandlung Mathias Schüller, Kessenicherstraße 16, Kartoffelhandlung August Fey, Endenicherstraße 353.
Der Schleichhandel mit Kartoffeln wird mit den härtesten Strafen entgegengetreten werden.
Es dient zum allgemeinen Nutzen, wenn das Verbot des Kartoffelaufkaufs und Kartoffelverkaufs genauestens beachtet wird. Jeder, der es übertritt, gefährdet die gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung, die nur alleine das wirtschaftliche Durchhalten ermöglichen kann.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 15. Juli 1917
Die Feldkapelle der 160er spielt am heutigen und am kommenden Sonntag im Kaffeehaus Fürstenhof. Der Ertrag der Konzerte kommt bekanntlich den Hinterbliebenen der gefallenen 160er zugute.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Wer verteuert die notwendigen Lebensmittel? Es ist eine traurige, aber durch allzu viele Vorkommnisse begründete Tatsache, daß nicht zuletzt die Verbraucher, wenigstens die begüterten es sind, die durch ihr gemeinschädliches Vorgehen bei der Beschaffung von Lebensmitteln die Preise für die notwendigsten Gegenstände des täglichen Bedarfs, in der gegenwärtigen Zeit hauptsächlich die landwirtschaftlichen Erzeugnisse aller Art, in einer Weise hinaufgetrieben haben, die es weiten Schichten der Bevölkerung zur Unmöglichkeit macht, sich solche zu beschaffen. Vorausgesetzt, daß diese Erzeugnisse durch das verwerfliche Treiben nicht überhaupt ganz vom Markte verschwunden sind. Ein bezeichnendes Beispiel dieser Art bot eine Verhandlung vor dem Schöffengericht in Düsseldorf gegen eine Landwirtin wegen Preiswuchers, weil sie Eier für 60 Pfg. das Stück verkauft hatte. Die Frau machte vor Gericht zu ihrer Verteidigung geltend, daß die Stadtbewohner in hellen Haufen zu ihr gekommen wären und ihr für Gemüse, Obst und Eier jeden Preis freiwillig geboten hätten. Das Gericht berücksichtigte diesen Umstand strafmildernd und verurteilte die Angeklagte zu 100 Mark Geldstrafe. Es wirft sich von selbst die berechtigte Frage auf, warum denn in Fällen solcher Art nicht auch die Käufer zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden? Es würde das einzige Heilmittel gegen diesen Schleichhandel sein, durch den die Gefahr einer Unterbindung der allgemeinen Volksernährung in die allernächste Zukunft gerückt wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Berechtigte Wünsche. Aus einer Reihe von Zuschriften aus unserem Leserkreise erkennen wir, daß die Bekanntmachungen über die Ausgabe von Lebensmitteln in Bonn und vielen Orten der Umgebung den Lesern zu spät bekannt werden. Wenn es auch den Bürgermeistern oft schwer fällt, bei dem herrschenden Personalmangel alles frühzeitig zu erledigen, so darf doch andererseits das Publikum, das gewiß schon genug Proben seines Opfersinnes gezeigt hat, auch erwarten, daß es in die Lage gesetzt wird, rechtzeitig die wenigen Lebensmittel, die ihm gegeben werden, zu erhalten, umsomehr als die Behörde dies dadurch leicht ermöglichen kann, daß in den Fällen, wo die Bekanntmachung nicht frühzeitig fertig wird, der Verkauf später angesetzt wird. Da auch unsere Leser ein Anrecht auf diese Bekanntmachungen haben, wurde bisher von uns auf die Ausgabe von Lebensmitteln in all den Fällen hingewiesen, wo es uns möglich war, rechtzeitig Kenntnis von der Ausgabe zu erhalten. Damit dies in noch vollkommener Weise geschehen könne, bitten wir die zuständigen Behörden der Nachbarstädte und Gemeinden um rechtzeitige Benachrichtigung über Ausgabe der Lebensmittel und Lebensmittelkarten und unsere Bezieher um gütige Unterstützung bei dieser von ihnen gewünschten und mit Recht sehr begrüßten Einrichtung durch etwaige Vorstellungen an maßgebender Stelle bei gegebenen Verzögerungen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 16. Juli 1917
Frühkartoffeln. Soweit die Vorräte reichen, werden in dieser Woche zwei Pfund Frühkartoffeln auf die Kartoffelkarte verabfolgt. Der Verkauf findet auf dem Wochenmarkte, dem Stiftsplatz und vor der städtischen Gemüseverkaufsstelle Moltkestraße 1 vormittags und auch nachmittags statt.
Bei den städtischen Gemüseverkaufsstellen müssen sich die Käufer durch ihre Lebensmittelkarte ausweisen, daß sie Bonner Einwohner sind.
Ein entwichener russischer Kriegsgefangener ist gestern nachmittag in Dransdorf von einem Feldhüter festgenommen und der Polizei eingeliefert worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Westerwaldverein unternahm gestern einen Nachmittagsausflug in das Siebengebirge. Er hatte sich als Ziel die Wolkenburg gewählt. [...] (Weniger genussvoll war der Aufenthalt bei der Rast in einem bekannten Wirtslokale nahe der Hirschburg, wo man durch die Kriegspreise allzudeutlich daran erinnert wurde, daß wir in einer Zeit der „Hochkonjunktur“ leben. Der Kaffee, bestehend aus der üblichen Kriegsmischung und etwas Zucker, stellte sich für den Kopf auf 1 Mk., sodaß beispielsweise eine Familie, die aus einem Ehepaar und einem kleinen Jungen bestand, 3 Mk. für ihren Kaffee ohne Essenszutat zu zahlen hatte. Ein Hümpchen Pfirsichbowle wurde mit 1,60 Mk. berechnet. Beschwerden beantwortete man dahin, daß die Preise im ganzen Gebirge nirgends billiger seien.
Es wird Zeit, daß der Verschönerungsverein für das Siebengebirge sich dieser Preisfrage einmal annimmt, denn schließlich gibt es auch hierin eine Grenze. Dem Bürgermeisteramt in Königswinter empfehlen wir gleichfalls im Interesse des Fremdenverkehrs, sich die Kriegspreise der Wirte einmal näher anzusehen. Ebenso auch die Obstpreise an der Schiffs-Landestelle. Die Schriftl.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Lederknappheit und ihre Beseitigung. Durch die durch den Krieg verursachte Abschneidung aller Einfuhr und den ungeheuren Bedarf des Heeres machte sich bald ein Mangel an Leder bemerkbar, der sich in den erhöhten Ladenpreisen kundgab. Es sind nur sehr geringe Mengen Leder, die für die Zivilbevölkerung freigegeben werden. [...] Die Abgabe des Leders an die Schuhmacher stellt zur Bedingung, daß das Leder nicht für Schuhe, ja nicht einmal für ganze Sohlen, sondern nur für Ausbesserungen benutzt wird, und soll künftig von der gleichzeitigen Abnahme einer gleichen Menge Holzsohlen abhängig gemacht werden. Was von den fertigen Schuhwaren im Lande war, ist zum größten Teil verbraucht worden. Die mittleren Schuhnummern für Erwachsene sind überhaupt nicht mehr zu haben. Wenn wir unser Schuhzeug jetzt in den heißen Monaten nicht sparsam behandeln, können wir in der kaltfeuchten Winterzeit gezwungen sein, ohne Lederschuhwerk zu gehen. Um aber an Leder zu sparen, was liegt da näher als in der heißen Jahreszeit ganz barfuß zu gehen oder wenigstens in Holzsandalen? Unsere Vorfahren, die alten Germanen, kannten ja auch keine Fußbekleidung. Die alten Griechen und Römer, die uns in vieler Beziehung als Vorbild gelten, gingen ebenfalls nur barfuß oder in Sandalen. Ihre Körperformen, die uns durch Bildwerke überliefert sind, erwecken heute noch unsere Bewunderung. Der Schuh in der unvernünftigen Form, wie wir ihn jetzt tragen, ist ein Geschenk der Franzosen, die wir bis vor dem Krieg sklavisch als tonangebend in der Mode betrachteten. Fort mit diesem Danaergeschenk unserer Feinde! Verbinden wir jetzt das Nützliche mit dem Angenehmen und führen wir eine vernünftige deutsche Mode in der Fußbekleidung ein. Wir wollen auf die Würzburger Studentenschaft stolz sein, die sich in so ernster Zeit ihrer Pflicht bewußt, freimacht von allen Fesseln althergebrachter Mode und der Bevölkerung mit gutem Beispiel vorangeht, indem sie nach dem Vorbild ihrer Klassiker nur noch barfuß oder in Holzsandalen ausgeht. Alle Hochachtung vor diesem persönlichen Mut unserer daheimgebliebenen Akademiker!
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 17. Juli 1917
In Groß-Bonn tritt jetzt ein „denkender Hund“ auf, der ähnlich wie der Affe Consul das Publikum durch seine Intelligenz in Erstaunen setzt. Petermann, ein rauhhaariger Pinscher, exerziert, klopft Griffe, zieht nach des Tages Lasten ein Nachthemd an und legt sich, nachdem er das Licht ausgelöscht hat, behaglich ins Bett. Der gelehrige Pinscher und seine Dresseurin, Frl. Gerti Paris, ernten nach jeder Vorführung stürmischen Beifall. Auch das übrige Programm weist verschiedene gute Nummern auf: z. B. die nie versagende Fangkünstlerin Käthe Pohl, die u. a. mit acht Billardballen nach dem Takte der Musik ein Trommelfell bearbeitet. Ein urgelungenes Haus ist Stollson, der Geheimnisvolle. Auf offener Bühne wechselt er unbemerkt jeden Augenblick seine Weste und seine Handschuhe. Hüte fliegen ihm vom Kopf und kommt wieder zurück, und zum Schluß verwandelt sich der Laden, aus dem er alle seine Sachen bezieht, in einen Omnibus. Das Kunstgesang-Quartett Hoffmann erfreut mit ernsten und heiteren Liedern. Nach einem humorvollen Lied vom A=po=the=ker mußten sich die Sänger zu einer Zugabe verstehen. Für den Humor sorgt auch der hier bestens bekannte Gesangs- und Tanzhumorist Jacob Bronn, der mit neuen Vorträgen aufwartet. Willy Mendens Hausorchester sorgt aufs beste für musikalische Unterhaltung.
Polizeibericht.
[…] Ein russischer Gefangener, der sich unerlaubterweise von seiner Arbeitsstelle in Alfter entfernt hatte wurde gestern in Dransdorf von einem Feldhüter verhaftet.
Zwei belgische Arbeiter, die seit längerer Zeit aus einem hiesigen Bäckerladen fortgesetzt Lebensmittel gestohlen hatten wurden gestern auf frischer Tat ertappt und von der Polizei dingfest gemacht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 16. Juli. Auf frischer Tat abgefaßt wurden in verflossener Nacht drei belgische Arbeiter beim Obstdiebstahl in der Friesdorfer Gemarkung durch den Feldhüter Fuchs. Bereits 40 Pfund Kirschen und Johannisbeeren hatten die Diebe geräubert, als ihre Festnahme erfolgte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Kevelaerprozession. Wie aus der Anzeige in diesem Blatte ersichtlich, muß in diesem Jahre die Bahnprozession nach Kevelaer ausfallen. Die Fußprozession wird jedoch in gewohnter Weise am 15. August ausziehen. […]
Ertrunken ist beim Baden im Rhein gestern in der Nähe von Grau-Rheindorf ein auf Erholungsurlaub hier weilender Soldat. Da der Ertrunkene, der aus Hamburg stammt, ein guter Schwimmer war, nimmt man an, daß er durch einen Schlaganfall den Tod gefunden hat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Godesberg: Ueber die 2. Erziehungswoche geht uns noch folgender Rückblick zu: Donnerstag abend fand die diesjährige Erziehungswoche ihren Abschluß. Im Unterschiede von der vorjährigen nahm sie nur 3 Tage in Anspruch, weil die Bevölkerung mit Arbeit überlastet ist. Trotzdem war der Besuch an allen Abenden wenigstens ebenso stark, wie voriges Jahr, ein Beweis, wie hoch die Bevölkerung aller Gesellschaftsklassen diese Einrichtung einschätzt. Sämtliche Redner waren auswärtige Kräfte und sehr glücklich gewählt: ein Geistlicher, Herr Diözesanpräses Dr. Giesen aus Siegburg und ein Volksschullehrer, Herr W. Lanzenberg aus Köln. Durch sämtliche Themata zog sich diesmal wie ein roter Faden die akute Frage um das „Mein und Dein“, die gerade jetzt überall im Vordergrund steht. Hat doch der Krieg die Gewissen bezüglich dieser Frage leider zu sehr eingeschläfert, bezw. betäubt. Die Diskussion war jedesmal kurz aber sehr anregend. Eine Neueinrichtung war der Fragekasten, in welchem die Besucher Fragen über Erziehungsschwierigkeiten niederlegen konnten, welche am Schlusse der Tagung ihre Lösung fanden. Statt der lebenden Bilder am Anfang war diesmal von Herren Kinobesitzer Radermacher hierselbst ein Kriegsfilm vorgeführt, der nach der ernsten Belehrung für angemessene Unterhaltung Sorge trug, indem er manche edle ideale Seite des Familienlebens zur Anschauung brachte. Auch wurden in diesem Jahre mehr kleine pädagogische Schriften in die Bevölkerung hineingeleitet, wie letztes Jahr. Besonders erfreulich war es, daß viele viele auswärtige Gäste und die leitenden Persönlichkeiten unserer Gemeinde an der Spitze Herr Bürgermeister Zander, der ganzen Veranstaltung ein so lebhaftes Interesse entgegenbrachten. Die Nutzanwendung der Tagung soll auch diesmal gedruckt und jeder Familie zugestellt werden. Wir schließen uns von ganzem Herzen dem Wunsche an, welchen der Leiter der Erziehungsabende, Herr Dechant Dr. Winter am Schlusse zum Ausdruck brachte: „Mögen die verflossenen Abende heilige Liebe zu den unsterblichen Kinderseelen in unseren Herzen entzünden und von Gottes reichstem Segen begleitet sein“.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Mittwoch, 18. Juli 1917
Die Feldkapelle der 160er spielt heut nachmittag in der Stadthalle und morgen, Donnerstag, abend im Kaffeehaus Königshof. Die Erträge beider Konzerte sollen den Hinterbliebenen gefallener 160er zugute kommen. Bei dem Konzert im Königshof wirkt auch der Bonner Männergesangverein mit.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern bei durchweg flottem Verkauf etwas besser beschickt als Ende der vorigen Woche. Vorwiegend war Grüngemüse, wie Wirsing, Spitzkappus, Schneidgemüse, sowie Weiß- und Rotkohl, Kopfsalat, […] Essig-Gurken, Tomaten, Kohlrabien, Möhren, Karotten, große Gurken, junge Zwiebeln, Blumenkohl usw. vorhanden. […] Grüne Bohnen, grüne Erbsen, dicke Bohnen und Obst, wie Kirschen, Himbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Blaubeeren usw., waren auch gestern wieder außer teils beim städtischen Verkauf auf dem ganzen Markt nicht zu haben.
Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren in fast allen Marktprodukten nur geringe Zufuhren. Der Verkauf war auch hier sehr flott. Hauptsächlich war Gemüse […] vorhanden. Außer einigen Aepfeln und Himbeeren war auch hier kein Obst zu haben.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte recht regen Zuspruch, besonders in Fischen, Obst und grünen Bohnen, worin ebenso wie auch in den anderen Waren große Mengen vorhanden waren. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vom städtischen Lebensmittelamte.
Die neuen Lebensmittelkarten werden in der nächsten Woche ausgegeben werden. Sie gelten vom 30. Juli bis 18. November d. J. Die neuen Karten sind gegen Fälschungen durch einen besonderen Unterdruck versehen und tragen auch durchweg den Stempel der Stadt Bonn. Alle Karten, die diesen Stempel nicht haben, sind ungültig. Es wird den einzelnen Familien nochmals dringend geraten, die Karten unter Verschluß zu nehmen, auf jeden Fall aber sorgfältig aufzubewahren. Verluste können nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ersetzt werden. Vor allen Dingen ist beim Einkaufen durch Kinder große Vorsicht geboten, weil vielfach durch Diebstahl eine Entwendung dieser Karten stattfindet.
Kartoffeln. Die kartoffelarme Zeit scheint allmählich sich dem Ende zu nähern. Allerdings ist für die kommende Woche kaum mit einer größeren Ausgabe von Kartoffeln als wie zwei Pfund auf den Kopf der Bevölkerung zu rechnen. Diese wird jedoch in nächster Woche bestimmt ausgegeben und nebenher wird wieder eine reiche Menge von Ersatznahrungsmitteln zugeteilt werden. Die Kartoffelernte ist in diesem Jahre ganz besonders spät gefallen und die der Stadt überwiesenen Lieferkreise sind durchweg außerstande, vor Ende dieses Monats erhebliche Mengen einzuführen. Es wird jedoch kein Mittel unversucht gelassen, um diese Anfuhr zu beschleunigen. Es ist bestimmt zu hoffen, daß in der ersten Augustwoche die Lieferung schon auf fünf Pfund für den Kopf erhöht werden kann. Die Beschaffenheit der Kartoffeln an sich ist in diesem Jahre erheblich besser wie im vorigen Jahre.
Die Gemüsezufuhren sind noch immer recht knapp, trotzdem die Höchstpreise durch die Bezirksgemüsestelle verhältnismäßig hoch gestellt sind. Es wandert noch immer viel Gemüse nach auswärts. Es kommen in letzter Zeit vielfach Beschwerden darüber, daß am städtischen Verkaufsstande die Höchstpreise nicht eingehalten werden. Diese Beschwerden sind durchaus unberechtigt. Wenn Obst und Gemüse dort zu höheren Preisen verkauft wird, so handelt es sich um Auslandsware. Eine Tafel, die an dem Verkaufsstande ausgehängt ist, belehrt darüber die Käufer. Da die Kartoffelknappheit andauert, so ist die Nachfrage nach Gemüse naturgemäß eine recht große, und die Gemüsebauern sollten daher in erster Linie an ihre Bonner Einwohner denken und das Gemüse hier auf den Markt bringen, anstatt nach auswärts zu liefern.
Zwei Eier werden voraussichtlich in der nächsten Woche auf den Kopf der Bevölkerung ausgegeben. Wenn die Zufuhr es ermöglicht, wird angestrebt werden, auch schon in dieser Woche eine Lieferung an die Bevölkerung zu verteilen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 19. Juli 1917
Auf dem Felde der Ehre fiel der Leutnant Hansjörg Witzel, ein Sohn des schon zu Anfang des Krieges als Oberleutnant und Ortskommandant in Feindesland gestorbenen Bonner Zahnarztes Professor Witzel.
Wehrturnen der Jungmannen. Am letzten Sonntag fanden die Entscheidungskämpfe von dem vom Kriegsministerium veranstalteten Wehrturnen der Jungmannen Deutschlands statt. Die Bonner Jungmannen rangen mit dem Jugendregiment Köln auf den Poller Wiesen bei Köln-Kalk. Für den Fünfkampf, bestehend aus Hindernislauf, Handgranaten-Weitwurf, Granaten-Zielwurf, Weitsprung, 100 Meter Lauf und eine Wahlübung, waren 12 Preise ausgesetzt. Sechs Preise fielen nach Bonn, davon fünf allein auf das hiesige königliche Gymnasium. […] Wahrlich ein glänzender Erfolg für unsere Bonner Jungmannen, trotz des starken Wettbewerbes. Möge die Veranstaltung vom letzten Sonntag dazu beitragen, die Beteiligung der Jungmannen an den Wehrbundübungen zu fördern und das allgemeine Verständnis zu heben zum Segen für unsere liebe deutsche Heimat.
Die Bestimmungen über die Vereinfachung der Wirtshauskost werden, wie der Oberbürgermeister bekannt macht, vielfach nicht beachtet. Vor allem dürfen nur zwei Fleischgänge zur Auswahl gestellt, nur ein Fleischgang darf davon verabreicht, die fleischlosen Tage müssen eingehalten werden.
Soldatenheim. Am letzten Sonntag fand vom Soldatenheim in der Kölnstraße aus wiederum ein Gartenfest im Garten der Beethovenhalle statt. Diesmal war die Veranstaltung von schönem warmem Wetter begünstigt, und so entwickelte sich schon früh hier ein munterer Betrieb. Der von einem „Kriegsdirigenten“ vorzüglich geleitete Stiftschor gab dabei den Feldgrauen ein wunderschönes Konzert. Gemischte Chöre wechselten ab mit Männerchören und Kinderchören. […] Gegen Schluß des Gartenfestes forderte Herr Oberleutnant Daniels in beredter Weise die anwesenden Soldaten auf, recht fleißig zum Soldatenheim zu kommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Schöffengericht Bonn. […] – Wegen wissentlich falscher Anschuldigung erhielt der 49jährige Fuhrmann Ar. aus dem Vorgebirge 4 Monate Gefängnis. Er hatte eine Marktfrau S. aus Alfter bei der hiesigen Polizei beschuldigt, daß sie im Mai dieses Jahres auf ihrer Marktfuhre auch verbotswidrig Kartoffeln in Säcken verladen gehabt habe, um sie zu veräußern. Bei seiner Begegnung auf dem Wege habe er dieses durch eigene Beobachtung und Untersuchen der Wagenladung festgestellt. Durch die eidliche Aussage der Frau selbst und zweier anderer Zeugen hat das Gericht gestern jedoch einwandfrei festgestellt, daß die Behauptung des Angeklagten Ar. frei erfunden ist, daß er überhaupt auf dem Wege nicht abgestiegen war und auch nicht den Wagen der Frau untersucht hat, worauf nur drei Körbe Salat und ein Körbchen Zwiebeln verladen waren. Mit Rücksicht auf die Gemeingefährlichkeit einer derart falschen Anschuldigung und daß Ar. schon achtmal einschlägig vorbestraft ist, erkannte das Gericht auf obige Bestrafung sowie Veröffentlichung des Urteils durch dreitägigen Aushang am Gemeindehaus zu Alfter.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zinkmünzen zu 10 Pfennig in Sicht. Die Münzprägungen im Juni sind dadurch bemerkenswert, daß zum ersten Male Zinkmünzen zu 10 Pfennig zur Ausprägung gelangt sind. Mit der weiteren Ausprägung werden die einzuziehenden Nickelmünzen nach und nach ersetzt werden. Die Bevölkerung möge daraus ersehen, daß die Aufspeicherung von Nickelmünzen völlig sinnlos ist, daß damit diejenigen sich selbst schädigen, die ein derartiges Hamstergeschäft betreiben, denn über kurz oder lang sollen die Nickelmünzen außer Kurs gesetzt werden, sie behalten dann nur noch den Metallwert, der weit unter der Hälfte des Kurswertes liegt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 20. Juli 1917
Beschlagnahme von Heu. Um die ordnungsgemäße Versorgung des Heeres mit Heu rechtzeitig sicher zu stellen, hat der Gouverneur der Festung Köln durch eine Verordnung vom 16. Juli die Beschlagnahme des gesamten bei Erzeugern und Händlern befindlichen Bestandes an Heu angeordnet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ausgaben neuer Lebensmittelkarten. Zu Beginn kommender Woche werden die neuen Lebensmittelkarten für die Zeit vom 30. Juli bis 18. November 1917 durch die Bezirksverwalter den Hausständen zugestellt. Die Lebensmittelkarten-Umschläge sind bereit zu halten und den Bezirksverwaltern auf Verlangen auszuhändigen. Auch ist ihnen Auskunft über Alter, Beruf, Beschäftigung usw. der Haushaltungsangehörigen zu geben. Die neuen Lebensmittelkarten tragen auf den Stammkarten den Stempel: „Stadt Bonn, Lebensmittelamt. Abtlg. 8.“ und sind ohne diesen ungültig. Beim Einkauf von Lebensmitteln ist jedesmal die Stammkarte mit vorzulegen, da auf einzelne Abschnitte Waren nicht abgegeben werden dürfen. Die neuen Reichsseifenkarten gelten für die Monate August 1917 bis Januar 1918, die Zusatzfleischkarten bis 2. September 1917.
Die Ausgabe von Zusatzbrotkarten für hoffende und stillende Frauen sowie die Bezugskarten für Säuglingsgebäck werden nach wie vor in der Kartenausgabestelle des städtischen Lebensmittelamtes ausgegeben.
Kartoffeln. In der Kartoffelzufuhr ist bisher keine Besserung eingetreten. In der kommenden Woche werden daher nur 2½ Pfund auf den Kopf der Bevölkerung und für die Schwerarbeiter weitere 2 Pfund ausgegeben. Die Kartoffeln werden auf dem Wochenmarkt, dem Stiftsplatz sowie Moltkestraße 1 und 16 und in verschiedenen anderen Kleinverkaufsstellen verkauft. Der Kleinverkaufspreis für Frühkartoffeln beträgt 15 Pfg. für das Pfund. […]
Der Schleichhandel mit Kartoffeln nimmt immer mehr überhand, so daß energische Schritte dagegen unternommen werden müssen. Personen, die beim Schleichhandel angetroffen werden, haben sehr schwere Strafen zu erwarten. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.“)
Ein übermäßig hoher Preis wurde gestern Abend in Bornheim einem Bonner für Bohnen abverlangt, und zwar für das Pfund 1 Mk. Als der Käufer seiner Verwunderung über den geforderten Preis Ausdruck gab, erklärte der Landwirt, daß ein Herr aus Köln vier Zentner zu diesem Preis gekauft habe. Der Bonner ließ sich jedoch auf diesen Handel nicht ein, sondern erstattete bei der Polizei Anzeige wegen Wuchers.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 20. Juli. Unter dem Vorsitz des Herrn Bürgermeisters Zander tagte gestern nachmittag im Schumacher’schen Saale die Kriegsbürgerkunde-Konferenz der Bürgermeisterei Godesberg, zu welcher diesmal jedem Bürgermeisterei-Eingesessenen die Teilnahme gestattet war. Der Vorsitzende wies eingangs darauf hin, daß dieses im Oktober des vorigen Jahres in Godesberg ins Leben gerufene Organ seinerzeit aus der Erwägung hervorgegangen sei, um durch sie eine planmäßige Aufklärung über die behördlichen Verordnungen und Maßnahmen in die Bevölkerung hineinzutragen und somit eine ständige Fühlungsnahme zwischen Lokalbehörde und der Einwohnerschaft wirksam zu vermitteln. Auch künftighin sollen diese Versammlungen nach Möglichkeit allgemeiner Natur sein, um durch ein gemeinsames Beraten aller Teilnehmer die Förderung der Zufriedenheit in die Bevölkerung hineinzutragen. Herr Bürgermeister Zander […] entwickelte ein Bild vom gegenwärtigen Stand unserer lokalen Lebensmittelversorgung. Bezüglich der Kartoffelversorgung sei in recht nahegerückter Zeit auf eine Belieferung von wöchentlich 5 Pfund Kartoffeln pro Person wieder zu hoffen. Aus der Mitte der Versammlung wurde in Aussprachen eine recht lebhafte Anteilnahme an der Tagung bekundet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Koche mit? Den Hausfrauen, wenigstens denjenigen, die kein Kochgas zur Verfügung haben, erwächst seit dem 1. Juli eine neue Rechenaufgabe. Sie bekommen 3¾ Zentner Briketts pro Monat. Ich habe die mir gelieferten gezählt: es sind 330 Stück. Damit muß ich 31 Tage die Mahlzeiten für fünf Personen herstellen. das wäre für jeden Tag ein Verbrauch von 10 – 11 Briketts. Jede Hausfrau wird zugeben, daß das selbst bei größter Sparsamkeit und unter Zuhilfenahme der Kochkiste undurchführbar ist. Jetzt muß ich aber auch für fünf Personen die Wäsche kochen – bei den jetzigen schlechten Waschmitteln ist das mindestens für die Kinderwäsche zweimal nötig – und bügeln. Wo findet die Hausfrau Hilfe in dieser neuen Not, wer ist verantwortlich für die wirklich zu gering angesetzte Menge an Brennstoffen, und welche Stelle kann dieselbe erhöhen? Eine besorgte Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Samstag, 7. Juli 1917
Die Stadtverordneten erledigten in ihrer gestrigen Sitzung, die unter dem Vorsitz des Beigeordneten Bottler stattfand, ihre Tagesordnung verhältnismäßig glatt. Eine Erörterung knüpfte sich nur an die Vorlage über die Einrichtung von besonderen Klassen zur Vorbereitung von begabten Volksschülern für den Besuch der höheren Schule. Diese Vorlage wurde schließlich mit großer Mehrheit angenommen. Die Stadtverordneten beschlossen den Beitritt der Stadt zu der Gemüse- und Obst-G.m.b.H des Regierungsbezirks und zu der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Universität, sie bestimmten, daß die Stadtverordnetenwahlen im kommenden Herbst für die ganze Stadt in einem Wahlbezirk stattfinden sollen, und nahmen Kenntnis von der Schenkung der Erben Eller, 109.000 Mark, an die Stadt.
Erhöhung der Brotmenge. Das Kriegsernährungsamt gibt bekannt: Mitte August wird die allgemeine Kopfration an Mehl für die Versorgungsberechtigten von 170 auf 220 Gramm täglich erhöht. (Vor dem 15. April 1917 betrug die allgemeine Kopfration 200 Gramm, während weitere 20 Gramm an Streckmitteln, soweit solche zur Verfügung standen, gegeben wurden.) Den Wochentag des Eintritts der Aenderung bestimmen die Kommunen entsprechend ihrer Versorgungswoche. Von demselben Zeitpunkt an kommt die seit Mitte April 1917 gewährte verbilligte Fleischzulage von 250 Gramm wieder in Fortfall. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Strafkammer Bonn. […] Eine hiesige Einwohnerin hatte einen Gutschein für 20 Pfund Kartoffeln gefälscht, und zwar auf die doppelte Menge. Der Betrug wurde jedoch entdeckt und die Frau zur Anzeige gebracht. Das Gericht ging über das vom Staatsanwalt beantragte geringste Strafmaß von 1 Tag hinaus und erkannte auf drei Tage Gefängnis.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern bei durchweg flottem Verkauf nicht so gut beschickt wie anfangs dieser Woche. […] Grüne Erbsen, dicke Bohnen, Kirschen, Himbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren und Blaubeeren waren auch gestern wieder auf dem ganzen Markt nicht zu haben.
Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren in fast allen Marktprodukten die Zufuhren auffallend klein. Bei der großen Anzahl von Händlern war auch hier der Verkauf sehr flott. […] An Obst waren einige Körbchen mit Aepfeln, Birnen, Stachelbeeren, Kirschen und hiesigen Pfirsichen zu 1.20 bis 1.50 M. das Pfund zu haben.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich wieder eines recht regen Zuspruchs, besonders in grünen und gelben Bohnen sowie in Fischen. Hierin sowohl wie auch in den übrigen Produkten waren reichliche Mengen vorhanden. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Gemüse- und Obstknappheit. Der Gemüsemarkt von Bonn wird, trotzdem die Stadt Stunden weit im Umkreise von Gemüse und Obst erzeugenden Ortschaften umgeben ist, mit Gemüse in diesem Jahre sehr schlecht beschickt. Die Ursache der schlechten diesjährigen Gemüseversorgung besteht fast ausschließlich darin, daß den Erzeugern fast das ganze Obst und Gemüse an Ort und Stelle, unter Umgehung der Höchstpreise, abgenommen wird. Für die festgesetzten Höchstpreise ist nirgendwo Gemüse und Obst zu bekommen. Daß ein solches Verfahren allseitig Erbitterung hervorrufen muß, ist verständlich. Wenn durch gesetzliche Verordnungen Höchstpreise festgesetzt werden, dann müssen die Behörden, die solche Verordnungen erlassen, auch in der Lage sein, für Einhaltung dieser Höchstpreise mit dazu geeigneten, kräftigen Mitteln zu sorgen. Das kann man verlangen und muß man verlangen, namentlich aber in heutiger Zeit. Sollten die vorhandenen behördlichen Organe hierzu nicht ausreichen, dann muß eben Militär zugezogen werden. Wenn es in diesem Frühjahre notwendig erschien, die Feldfrüchte durch militärische Streifwachen zu schützen, (zum Dank dafür wird das geschützte und geerntete Gemüse zu Wucherpreisen verkauft), dann ist es eben auch nötig, durch Militär das Aufkaufen des Gemüses zu höheren Preisen als den Höchstpreisen an Ort und Stelle zu verhindern. In welcher Weise das zu geschehen hat, und in welcher Weise die Beschlagnahme und Ablieferung an bestimmte Stellen zu erfolgen hat, ist Sache der Behörden. Es ist aber wirklich höchste Zeit, daß endlich ganz energisch eingegriffen und den jetzt herrschenden, Hohn und Spott hervorrufenden Zuständen ein Ende gemacht wird. Gr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Eine angenehme Ueberraschung. Ein kleiner Hamster, der für seinen in Urlaub kommenden Vater in der Umgegend Kartoffeln geholt hatte, wurde dabei abgefaßt und seine kostbare Habe beschlagnahmt. Der Beamte versteckte sie in einem benachbarten Felde und suchte selbst Deckung, um weitere Opfer für seine Tätigkeit zu finden. Der Knirps verbarg sich ebenfalls in einem Verstecke, und als der Beamte einmal etwas aus Sehweite geraten war, erwischte der Knabe seine Beute und nahm Reißaus. Voller Freude überbrachte er der Mutter seinen Schatz. Wie erstaunte man aber, als man das Säckchen öffnete und oben auf den Kartoffeln noch zwei Pfund Butter fand, die der Beamte auch beschlagnahmt und dort in Verwahr gebracht hatte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 22. Juli 1917
Wohltätigkeitskonzert. Einen großen Erfolg hatte das am Donnerstag im Kaffeehaus Königshof veranstaltete Konzert der aus dem Felde beurlaubten 160er-Kapelle zu erfreuen. Aus der Vortragsreihe seien nur die Freischütz-Ouverture, die Tannhäuser-Ouverture und Liszts erste ungarische Rhapsodie genannt, die, sehr brav gespielt, viel Beifall fanden, so daß sich Musikmeister Krieg zu mehreren Zugaben verstehen mußte. Eine besondere künstlerische Note erhielt der Abend noch durch die Mitwirkung des Bonner Männer-Gesang-Vereins, der unter Sauers Leitung eine Anzahl herrlicher Chöre zum Besten gab. Wenn auch eine große Anzahl der jüngeren Sänger des Vereins im Felde steht, so zeigten die noch hier gebliebenen ihre altbewährte Gesangskunst im hellsten Lichte. […] Der Kasse zur Unterstützung der Hinterbliebenen im Kriege gefallener Unteroffiziere und Mannschaften konnte durch dieses Konzert ein erkleckliches Sümmchen zugewiesen werden.
Beschlagnahme der Gerste. Das preußische Landesgetreideamt weist nochmals besonders darauf hin, daß die Gerste neuer Ernte restlos für den Kommunalverband beschlagnahmt ist, in dessen Bezirk sie gewachsen ist. Landwirte der Frühdruschgebiete, die Gerste ernten, sind daher verpflichtet, den gesamten Ernteertrag mit alleiniger Ausnahme des Saatgutes abzuliefern. Im Stadtkreise Bonn ist an den Kommissär Herrn Karl Knauber, Endenicher Straße 300, abzuliefern.
Das Aehrenlesen auf abgeernteten Getreidefeldern ist, wie der Oberbürgermeister bekannt macht, nur mit schriftlicher Erlaubnis des Grundbesitzers gestattet. Aehrenlesen auf Feldern, auf denen das Getreide noch in Stiegen steht, wird als Felddiebstahl betrachtet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Festgenommene Felddiebe. In der Nacht zum Samstag wurden vier Männer und vier Frauen, die insgesamt vier Zentner Bohnen und zwei Zentner Kartoffeln aus den Feldern bei Endenich gestohlen hatte, von der Polizei bei der Arbeit überrascht und festgenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Montag, 23. Juli 1917
Die Kohlenkarten werden für Bonn vom 25. bis 31. Juli ausgegeben. Wir verweisen auf die Bekanntmachung der Ortskohlenstelle im Anzeigenteil dieser Zeitung.
Die sechs türkischen Pressevertreter, die zurzeit in Deutschland weilen, haben gestern von Köln aus einen Ausflug nach dem Drachenfels unternommen. Auf der Rückreise nach Köln weilten sie gestern abend etwa zwei Stunden in Bonn im Königshof.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ferien-Sonderzüge. Die Königlichen Eisenbahndirektionen Köln, Elberfeld, Essen und Münster machen durch Anschlag bekannt, daß in den Tagen vom 3. bis 5. August Ferien-Sonderzüge nach München, nach Hamburg, nach Kassel und Thüringen und nach dem Nordharz gefahren werden. Die Stationen, an denen diese Ferienzugkarten ausgegeben werden, sind auf dem Aushangzettel durch Sternchen bezeichnet. Zu diesen Feriensonderzügen werden Sonderzugkarten für einfache Fahrt zu den gewöhnlichen Fahrpreisen, jedoch ohne Erhebung von Schnellzugzuschlag ausgegeben. Die Fahrkarten des gewöhnlichen Verkehrs sind zu diesen Sonderzügen nicht gültig. Es werden nur 600 Fahrkarten ausgegeben, so daß jedem Reisenden ein Sitzplatz bestimmt gesichert bleibt. Die Ausgabe der Sonderzugkarten beginnt heute Montag und wird am 1. August abends 10 Uhr geschlossen.
Für die Zeit der großen Schulferien, d. i. vom 4. August bis einschl. 11. September 1917 werden auf den Stationen des Direktionsbezirks Köln für die Dauer der Ferien gültige sogenannte Ferien-Stamm- und Nebenkarten 1. bis 3. Klasse unter den für die gewöhnlichen Monats- und Nebenkarten geltenden Bedingungen ausgegeben. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dienstag, 24. Juli 1917
Die sechs türkischen Pressevertreter, die am Sonntag abend einige Stunden im Königshof weilten, wurden hier vom Beigeordneten Geelen im Namen der Stadt begrüßt. Beigeordneter Geelen wies darauf hin, daß, wie überall in deutschen Landen, auch in Bonn eine ernstliche und herzliche Sympathie für die Türkei bestehe, dem ruhmreichen und treuen Bundesgenossen des deutschen Reiches. Man habe in Bonn schon vor einigen Monaten dieser Gesinnung dadurch Ausdruck verliehen, daß man an den höheren Schulen der Stadt eine Anzahl von Stipendien für junge türkische Staatsangehörige errichtet habe. Es seien auch bereits zwei türkische Schüler eingetroffen, die die höheren Schulen der Stadt besuchen. Hoffentlich werde sich die Zahl vermehren. Jeder Türke werde in der Universitätsstadt Bonn stets herzliche Aufnahme finden. Die Begrüßung machte sichtlich Eindruck auf die türkischen Herren. In ihren Namen antwortete in deutscher Sprache Achmed Enim Bei, der Leiter der Morgenzeitung Sabach und Professor der Statistik an der Universität Stambul, der schon länger als Berichterstatter an den deutschen Fronten weilte. Er erklärte, daß ihm die Mitteilungen des Vertreters der Stadt Bonn sehr wertvoll seien. Die alte Universitätsstadt Bonn werde sicher große Anziehungskraft auf die türkische Jugend ausüben. Er bedauere die Kürze des Aufenthaltes und wünsche der Stadt Bonn eine weitere glanzvolle Entwicklung. Nachdem dann noch Beigeordneter Laué aus Köln darauf hingewiesen hatte, daß auch an der Handelshochschule in Köln Stipendien für türkische Studenten vorhanden seien, hielt im Laufe des Abends der Vertreter der Kölnischen Zeitung eine Ansprache über seine Erlebnisse im türkisch-griechischen Kriege, in der die hohe Auffassung von der Tüchtigkeit der türkischen Soldaten beredten Ausdruck fand. Besonders erfreut schienen auch die türkischen Herren über die Darbietung des Kammersängers Rost aus Köln, der die jung-türkische Nationalhymne in türkischer Sprache vortrug und im Anschluß daran auch das Lied „Bonn“ von Carmen Sylva sowie einige rheinische Lieder zum Besten gab, wofür ihm Beigeordneter Geelen in besonderer Rede dankte, weiter darauf hinweisend, die anwesenden Rheinländer müßten sich freuen, daß die türkischen Gäste auch mit dem rheinischen Lied bekannt gemacht worden seien.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Ein Dank- und Bittgottesdienst. Die Erzbischöfliche Behörde hat angeregt, an der Schwelle des vierten Kriegsjahres einen Dank- und Bittgottesdienst zu veranstalten: einen Dankgottesdienst für den vom Deutschen Reich bisher gnädig abgewendeten Ueberfall unserer Feinde, einen Bittgottesdienst zur Abwehr der drohenden Gefahren.
Schließung einer Metzgerei. Dem Metzgermeister Heinrich Ries in Bonn, Weberstraße 5, ist von der Polizeibehörde wegen Unzuverlässigkeit das Geschäft geschlossen worden und ihm die Ausübung des Handelsgewerbes mit Gegenständen des täglichen Bedarfs untersagt worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Katholischer Meisterverein. Am nächsten Mittwoch, den 25. Juli, abends 8½ Uhr, hält der katholische Meisterverein seine vorgeschriebene ordentliche Generalversammlung im kath. Gesellenhaus ab. Auf der Tagesordnung steht außer dem Bericht über Stand und Kasse des Vereins und der vorzunehmenden definitiven Vorstandswahl auch ein Vortrag des hochw. Herrn Kaplan Diefenbach über „Christentum und Krieg“. Eine zahlreiche Beteiligung der Mitglieder wird erwartet. Am Sonntag, den 29. Juli, feiert der Meisterverein gemeinsam mit dem Gesellenverein sein erstes Stiftungsfest. Dem Ernst der Zeit entsprechend wird von jeder äußeren Feier abgesehen. Das Fest wird daher beschränkt auf die vorgeschriebene offizielle gem. hl. Kommunion, die am Sonntag, den 29. Juli, morgens 8 Uhr in der Stiftskirche gehalten wird und an der sich die Mitglieder möglichst vollständig beteiligen wollen. Die hl. Messe um 8 Uhr wird zugleich für die Mitglieder des Meistervereins und deren Familien gelesen.
Heizstoffversorgung. Die Ausgabe der Kohlenmarken für August und September d. J. findet bei der Ortskohlenstelle, Münsterplatz Nr. 20, in den Geschäftsstunden von 8½ bis 12½ Uhr vormittags und von 3½ bis 6 Uhr nachmittags [...] statt. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 25. Juli 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
Die kartoffelarme Zeit scheint jetzt glücklicherweise überwunden zu sein. In der nächsten Woche können bereits
vier Pfund Kartoffeln auf den Kopf der Bevölkerung ausgegeben werden, Schwerarbeiter erhalten weitere vier Pfund. Mit dem Verkauf für die nächste Woche wird schon am kommenden Samstag begonnen werden, und zwar wird der Verkauf den alten Kartoffelverkaufsstellen wieder übertragen, die Verkaufsstellen auf den Wochenmärkten fallen daher fort. Es liegt im Interesse der Käufer, wenn sie sich für die ganze Versorgung möglichst an ein und das selbe Geschäft halten, damit die Verkaufsstellen regelmäßig und ohne Stockung beliefert werden können.
Auch die Gemüseversorgung ist etwas besser geworden. Der städtische Verkaufsstand hat im allgemeinen alle Ansprüche befriedigen können. Dort ist jetzt auch eine Einrichtung getroffen worden, daß das aus dem Auslande eingeführte Gemüse an einem besonderen Stande verkauft wird, damit keine Verwechselung vorkommen kann. Von den Gemüsebauern wird unser Markt aber noch immer schlecht besucht. Die Hausfrauen seien daher noch einmal dringend ermahnt, das Hamstern und das damit verbundene Ueberschreiten der Höchstpreise auf dem Lande zu unterlassen. Die Zeit des Gemüsemangels und der Kartoffelnot war gewiß für manche Familien recht schwer und ließ die Auswüchse der Hamsterfahrten verstehen, aber jetzt sollten diese Hausfrauen sich endlich auf die wirtschaftliche Seite ihres Verhaltens besinnen. Wenn nicht mehr gehamstert wird, wozu zweifellos keine Veranlassung mehr vorliegt, dann müssen die Bauern auf den Markt kommen, und dann wird auch endlich das Einhalten der Höchstpreise erreicht werden. [...]
Es wird noch immer viel beim Fleischverkauf und -einkauf gesündigt. Aufgrund der neuen Bestimmungen werden vom Ausland eingeführtes Fleisch und Fleischwaren überhaupt nicht mehr dem Kleinhandel im freien Verkehr überwiesen, und es ist daher ganz ausgeschlossen, daß ein Metzger ausländisches Fleisch verkaufen kann. Vor allen Dingen darf ausländisches Fleisch zu keinem höheren Preis wie das inländische abgegeben werden. Die Hausfrauen werden auch hier gebeten, weitere Ueberschreitungen rücksichtslos zur Anzeige zu bringen; denn nur mit Unterstützung der Hausfrauen kann endlich in den Lebensmittelwucher Ordnung gebracht werden. Familien, die über ihren Metzger zu klagen haben, werden, wenn sie es wünschen, vom Lebensmittelamt ohne weiteres einem anderen Metzger nach ihrer Wahl zugewiesen.
Der städtische Altkleiderhandel wird am Mittwoch, 1. August, eröffnet werden. Die näheren Bestimmungen werden noch durch Anzeigen bekannt gemacht. Es sei jedoch schon jetzt darauf hingewiesen, daß es infolge der verhältnismäßig geringen Vorräte nicht möglich ist, diesen städtischen Verkauf jedem zugänglich zu machen, sondern es müssen Einschränkungen erfolgen. Es werden daher zunächst nur Sommerwaren und Schuhe abgegeben, und zwar nur an die Inhaber der Lebensmittelkarten A und an die Schwer- und Schwerstarbeiter. Voraussetzung für den Verkauf ist natürlich, daß der Kauflustige sich einen entsprechenden Bezugsschein hat ausstellen lassen. Für den Verkauf werden sodann im städtischen Bekleidungsamt Einlaßkarten ausgegeben werden. Die Not in brauchbaren Schuhwaren und Kleidungsstücken wird immer fühlbarer, die Familien, die überflüssige Sachen in ihrem Haushalt hängen oder liegen haben, werden daher im vaterländischen Interesse dringend gebeten, diese Sachen der städtischen Altkleiderstelle zur Verfügung zu stellen. Für die Sachen werden durchweg gute Preise bezahlt, auf Wunsch werden sie auch kostenlos abgeholt. Die Not der Zeit muß von allen gemeinsam getragen werden, es geht daher auf Dauer nicht an, daß ein Teil der Volksgenossen Kisten und Schränke vollgepackt hat, der andere Teil dagegen bittere Not leidet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Roggenernte ist trotz der von Zeit zu Zeit niedergehenden Regenschauern nahezu beendet. Die meisten Felder sind schön vollständig abgeerntet, und man ist schon eifrig mit dem Dreschen beschäftigt. [...] Die meisten Landleute haben schon mit dem Schneiden des Weizens Ende der vorigen Woche den Anfang gemacht. Stellenweise ist auch der Hafer bereits so weit gereift, daß er im Laufe dieser Woche gemäht werden kann.
Kartoffelneuheit. Die bei uns neu eingeführte Frühkartoffelsorte „Kaiserkrone“ ist ganz vorzüglich in Ernte und Geschmack. Sie liefert schöne tadellose Knollen und weit mehr als andere Neuheiten. Obschon sie noch nicht ausgereift ist, werden Kartoffeln bei ihr gefunden, die ein Gewicht von 400 Gramm haben. Der einzige Uebelstand, die sie der Paulsens Julikartoffel gegenüber hat, ist ihr weißes, unansehnliches Fleisch.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hier Amt. Wir hatten bereits vor kurzem Gelegenheit genommen, auf die nachgerade unhaltbar gewordenen Mißstände auf dem hiesigen Fernsprechamt hinzuweisen. Soweit wir feststellen konnten, ist eine Besserung bis jetzt nicht eingetreten, ja eher eine Verschlechterung. Das geht auch deutlich aus einer Zuschrift an uns hervor, aus der wir folgendes mitteilen: Das Telegraphen- und Fernsprechamt leidet offenbar Mangel an tüchtigen, geschulten, eingearbeiteten Beamten. Ein Teil von ihnen ist eingezogen, ein anderer Teil mußte die Arbeit anderer Beamten, die eingezogen sind, übernehmen und sich in diese zum Teil neue Materie einarbeiten. Neues und ungeschultes Personal kommt an dessen Stelle, die Post und das Publikum verliert Zeit und Geld. Der Betrieb leidet darunter in einer Weise, die zu unerträglichen Zuständen geführt hat. Auf auswärtige Verbindungen muß man meist über Stunden warten. Es mag dies daran liegen, daß jetzt mehr gesprochen wird als früher. Aber dann muß das Personal eben vermehrt und nicht verringert oder durch ungeübte Kräfte ersetzt werden. Störungen sind auch häufig. So konnte ich dieser Tage ein sehr wichtiges Gespräch dritter Personen über einen beabsichtigten Besitzwechsel mit anhören. Das sind Mängel, auf die hinzuweisen ich die Zeitung bitte, denn auch das Fernsprechamt legt gewiß großen Wert darauf, daß alles nach Möglichkeit klappt.
Geheimhaltung von Erfindungen. Der Gouverneur der Festung Köln verbietet durch Verordnung vom 17. Juli die Veröffentlichung aller Nachrichten über technische Neuerungen, Erfindungen, Neugewinnungs- und Herstellungsverfahren sowie über Herstellung von Ersatzstoffen auf allen Gebieten (militärischen, chemischen, industriellen, Nahrungsmittel usw.) in der Tages- und Fachpresse, in Broschüren, Büchern, sonstigen Druckschriften und Vorträgen. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 1500 Mark bedroht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 26. Juli 1917
Zu der Gedenkfeier am dritten Jahrestag der Kriegserklärung ladet der Liberale Bürgerverein im Anzeigenteil dieser Zeitung alle Vaterlandsfreunde auf den Mittwoch nächster Woche, abends 8½ Uhr, in die Lese. Die Einladung betont: Alle Mitbürger und Mitbürgerinnen sind zu dieser ernsten Gedenkfeier, die in schwerer sorgenvoller Zeit die Gedanken wieder einmal auf die großen und allen in diesem Kriege gemeinsamen Pflichten und Ziele lenken möchte, herzlich willkommen, besonders auch die alten und jungen Krieger, Sänger, Turner, die Mitglieder aller sonstigen vaterländischen Vereine ohne Unterschied der Partei, des Glaubens, des Standes, des Alters.
Das Soldatenheim muß verlegt werden, weil der Saal des Gesellenheims dauernd anderweitig vermietet worden ist. Dem Ausschuß des Soldatenheims ist es gelungen, in kürzester Frist ein anderes, ebenso geeignetes Haus ausfindig zu machen und für die Zwecke des Soldatenheims an den Sonntag-Nachmittagen zu mieten. In Frage kommen konnte nur ein Lokal, welches möglichst in der Altstadt lag, die notwendigen Räumlichkeiten, vor allem einen größeren Saal, besaß und bei welchem zugleich ein großer Garten vorhanden war. Gerade das Fehlen eines Gartens beim Gesellenhause war ein für das Soldatemheim bisher besonders in den Sommermonaten beklagenswerter Mangel. Diesem Uebelstand ist nun abgeholfen und alle Wünsche werden befriedigt durch die Verlegung des Soldatenheims in das Katholische Vereinshaus, Josefstraße 46. Dort wird das Soldatenheim seinen Betrieb schon nächsten Sonntag, den 29. Juli, eröffnen. Bei gutem Wetter findet der Kaffeeausschank von 2½ Uhr nachmittags im Garten statt, bei schlechtem Wetter im Vorsaal. Ein Lese- und Schreibzimmer, das von 2 Uhr ab geöffnet ist, findet sich dort auch. Ebenso steht eine schöne Kegelbahn zur Verfügung. Die gemeinschaftlichen Unterhaltungen werden je nach Wetter entweder draußen im Garten oder im großen Saal abgehalten. Für den nächsten Sonntag hat der Beethovenchor ein hübsches Programm vorbereitet. Die überaus segensreiche Wirksamkeit des Soldatenheims wird somit keine Unterbrechung erleiden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Das Antispiritistenpaar Lane und Ney aus Wien veranstaltet am Sonntag nachmittag in der Gronau eine Vorstellung, in der sämtliche Experimente über Spiritismus, Gedankenlesen, Somnambolismus, Hellsehen, Tischrücken usw. vorgeführt und erklärt werden. In den Pausen spielt die Kapelle der 160er.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegskinderbewahrschulen. Um die Landfrauen bei der bevorstehenden Erntearbeit zu entlasten, hat die Provinzialabteilung Rheinprovinz des Deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege vor einigen Monaten angeregt, Kriegskinderbewahrschulen einzurichten, um Mütter in der Pflege und Beaufsichtigung ihrer vorschulpflichtigen Kinder zu unterstützen. In mehreren 14tägigen Lehrgängen wurden dann geeignete Mädchen bei dem Comenius-Seminar in Bonn und dem Fröbel-Seminar in Aachen in die Arbeit einer Bewahrschule eingeführt, Diese Mädchen, sowohl wie eine weitere Auswahl sonstiger, teilweise besonders ausgebildeter Kräfte stehen nunmehr kostenlos zur Verfügung, um als Helferinnen oder Leiterinnen einer Kriegsbewahrschule beizutreten. Die Arbeit geschieht kostenlos, nur müßte die Gemeinde oder der Verein, welche die Einrichtungen treffen, für freie Wohnung und Verpflegung Sorge tragen. In einzelnen Fällen wird die Landesversicherungsanstalt für die Rheinprovinz bereit sein, Zuschüsse zu den Kosten der Einrichtung zu leisten. Die Erfahrungen, die im vorigen Jahre mit diesen Einrichtungen getroffen wurden, waren durchweg gut. Zur Vermittlung der geeigneten Mädchen ist die Provinzialabteilung Rheinprovinz des Deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege Bonn, Endenicher Allee 60, bereit.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 27. Juli 1917
Familienunterstützung unehelicher Kinder. Uneheliche Kinder von Kriegsteilnehmern haben bekanntlich Anspruch auf Familienunterstützung, wenn die Unterhaltspflicht des zum Kriegsdienst eingezogenen Vaters festgestellt ist. Bisher war zweifelhaft, ob dieser Anspruch auch dann geltend gemacht werden könnte, wenn sich der Vater durch eine vom Vormundschaftsgericht genehmigte Abfindung (§ 1714 B.G.B.) von der laufenden Unterhaltspflicht befreit hatte. Nunmehr hat sich der Reichskanzler (Reichsamt des Inneren) damit einverstanden erklärt, daß den unehelichen Kindern Familienunterstützung auch in solchen Fällen gewährt werden kann, sofern nach Lage der Verhältnisse die Bedürftigkeit anzuerkennen ist.
Auch für die Kriegerwitwen, die einen Sohn im Heere haben, soll besser gesorgt werden. Die Reichsfinanzverwaltung hat sich in Anbetracht der herrschenden ungewöhnlichen Teuerung damit einverstanden erklärt, daß Kriegerwitwen neben der Hinterbliebenenrente Familienunterstützung für einen noch im Felde stehenden Sohn erhalten können, wenn der Sohn die Mutter bereits vor seinem Eintritt in den Heeresdienst unterstützt hat, und wenn diese durch den Fortfall der Unterstützung des Sohnes nach seiner Einziehung in eine Notlage geraten ist. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Godesberg, 26. Juli. Umfangreiche Obst- und Gemüsediebstähle aller Art sind in den letzten Tagen hier verübt worden, namentlich wurde in den eingefriedeten Gartenanlagen des Professors Dr. Wendelstadt auf der Viktorshöhe, des Königlichen Kammerherrn von Tiedemann-Brandis an der Drachenfelsstraße, des Bankiers Karl von der Heydt an der Elisabethstraße großzügig geräubert, auch einem Postschaffner sein Gemüsebeet ausgeplündert. Als Täter sind nunmehr von der Polizei drei hiesige Burschen im Alter von 17 Jahren ermittelt worden, die morgens vor Tagesanbruch ihr lichtscheues Gewerbe ausübten, die Beute dann tagsüber unverfroren an Privatleute in den Villenvierteln als ihr eigenes Erzeugnis aus elterlichen Gärten für hohe Preise verkauften, auch an Obst- und Gemüsegeschäfte absetzten und mit dem recht erheblichen Erlös sich gute Tage machten im Genuß von Zigaretten, Bier und dergl.- Im benachbarten Mehlem wurden in der Nacht vom letzten Samstag auf Sonntag in einer Fabrik ganz erhebliche Treibriemendiebstähle verübt.
Godesberg, 26. Juli. Aus Anlaß der gestrigen Siegesnachrichten aus dem Osten veranstaltete unsere „Godesberger Garnison“ (Jugendwehr) am Abend unter den Klängen zweier Musikkapellen einen Umzug durch den Ort.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
Lane und Ney in der Stadthalle-Gronau. Gesund gelacht! Ueber die wunderbare Heilung eines deutschen Soldaten weiß die Berliner Presse zu berichten: Ein Soldat, der bei einem Angriff im Osten infolge eines Nervenschocks blind, taub und stumm geworden war, erlangte in einem Berliner Lazarett Gesicht und Gehör bald wieder, blieb aber trotz aller Bemühungen der Aerzte unheilbar stumm. Der Patient kam in eine antispiritistische Vorstellung, welche das bekannte Hofkünstlerpaar Richard und Ida Lane-Ney für 1000 Verwundete gab. Hier wurde der Soldat bei einer besonders spiritistischen komischen „Nummer“ von einem derartigen Lachanfall ergriffen, daß seine Zunge sich löste und ein Strom von Worten von seinen Lippen brach. Zwei Tage später wurde er als geheilt aus dem Lazarett entlassen. – Lane-Ney sind bereits mehrfach an die Höfe deutscher und ausländischer Herrscher, auch von Ihren Majestäten König und Königin von Bayern, berufen worden, ihre überaus interessante wissenschaftliche Vorstellung auszuführen. Unter Mitwirkung der Kapelle des 1. Ersatz-Bataillons des Infanterie-Regiments Nr. 16 findet eine Festvorstellung am Sonntag den 29. Juli, 4 Uhr nachmittags, in der Stadthalle der Gronau statt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 28. Juli 1917
Weil sie Postkarten mit unzüchtigen Darstellungen feilgeboten hatte, stand eine Geschäftsinhaberin aus Siegburg gestern vor der Strafkammer. Es handelte sich um etwa ein Dutzend Karten. Ein Vater, der die Karten bei seinem 16jährigen Sohne gefunden hatte, hatte bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. Das Gericht hielt den größten Teil der Karten zwar nicht für Kunstwerke, wie der Verteidiger, aber auch nicht für unsittlich; die Darstellungen auf fünf Karten wurden aber vom Gericht für unzüchtig gehalten. Wegen dieser fünf Karten, die auch eingezogen wurden, lautete das Urteil auf 100 Mark Geldstrafe.
Kakao und Schokolade. Der Gouverneur der Festung Köln hat eine Ergänzung der Bekanntmachung vom 4. Dezember 1916 über Bestandsaufnahme und Beschlagnahme der Gesamtvorräte von Kakao und Schokolade zu Gunsten der Heeresverwaltung erlassen.
Verdächtige Kriegsgefangenenbriefe. Aus dem feindlichen Auslande kommen noch immer Briefe von angeblichen deutschen Kriegs- oder Zivilgefangenen, die zum Teil gefälscht, zum Teil vom feindlichen Nachrichtendienst beeinflußt sind. Es wird auf diese Weise versucht, Auskunft über Stimmung und Lebensmittelverhältnisse, über Preise von Lebensmitteln und alle Arten von Waren, Kataloge von Industriewerken, Abbildungen von deutschen Städten, technische Bücher und Fachzeitschriften oder deutsche Ausweispapiere zu erlangen. Wie bisher ist Vorsicht und Anzeige bei dem zuständigen Stellvertretenden Generalkommando oder Gouvernement notwendig.
Wenn Flieger kommen!
(Ausschneiden und aufbewahren.)
Ein etwaiger Angriff feindlicher Flieger wird am Tage durch Warnsignale, die ununterbrochen so lange ertönen, bis die Gefahr vorüber ist, bekannt gegeben.
[...]
Bei einem Angriff ist folgendes zu beobachten:
- Straßen und Plätze sofort verlassen und in Häusern Schutz suchen.
- In Gebäuden obere Stockwerke verlassen; Aufenthalt in der Nähe der Fenster gefährlich, daher Schutz hinter Fensterpfeilern und massiven Wänden suchen.
- Größere Ansammlungen in einzelnen Räumen sind zu vermeiden.
- Straßenbahnen halten, Fahrgäste und Personal aussteigen und Häuser aufsuchen.
- Bei geplatzten und nicht geplatzten Bomben und Geschossen Räume und Plätze in weitem Umkreise sofort verlassen. Explosions- und schwere Vergiftungsgefahr! Nichts anrühren! Sofort Polizei melden.
- Einatmen der Explosionsgase vermeiden! Bei trotzdem eingeatmetem Gas sofort Arzt holen! Oel, Milch und alkoholische Getränke als Gegenmittel nicht geben! Sofort ins Freie bringen, wenn nötig künstliche Atmung, Sauerstoff-Einatmung!
- Gasleitungen in Häusern und einzelnen Wohnungen abstellen!
- Auch nach den Angriffen sind Ansammlungen zu vermeiden.
- Schäden und Unglücksfälle sofort dem nächsten Polizeibezirk melden.
- Feuermelder nur für wirkliche Brandfälle.
- Ferngespräche während und unmittelbar nach einem Fliegerangriff nur in Brand- und Unglücksfällen, bei lebensgefährlicher Erkrankung
- Wird die Bevölkerung nachts durch Luftangriff geweckt, soll sie ruhig in den Häusern bleiben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Kronprinz läßt das schöne Bonn grüßen. Dem Garde-Grenadier Joh. Harter, Sohn der Witwe August Harter von hier, wurde für sein tapferes Verhalten im Felde das Eiserne Kreuz 2. Kl. verliehen und vom Kronprinz persönlich überreicht. Der Kronprinz unterhielt sich längere Zeit mit dem tapferen Krieger, und als er hörte, daß Harter aus Bonn sei, sagte der Kronprinz: „Grüß mir das schöne Bonn!“
Vernichtungskrieg gegen die Kohlweißlinge. Die Stadtverwaltung in Düsseldorf hat bekanntlich für die Vernichtung der auf den Gemüsefeldern gefährlichen Kohlweißlinge eine Belohnung ausgesetzt. Sie zahlt für jede hundert Stück, die auf dem Rathaus abgeliefert werden, eine Prämie von 1 Mk. Die Düsseldorfer Schuljugend macht jetzt eifrig Jagd auf die Kohlweißlinge und binnen weniger Tage lieferten die Kinder über 200.000 Stück auf dem Rathaus ab. Bei der Bonner Jugend ist die Meinung verbreitet, daß auch unsere Stadtverwaltung für jeden Kohlweißling einen Pfennig zahlt und macht große Anstrengungen, die weißen Schmetterlinge in Geld umzusetzen. Namentlich ist die große Hofgartenwiese als Jagdrevier sehr beliebt. Am Donnerstag morgen machten vier noch nicht schulpflichtige Knirpse auf der Wiese nach Schmetterlingen Jagd. Der größere von ihnen hatte einen Marmeladen-Eimer mitgebracht, mit dem er sich vorsichtig heranpirschte, um ihn plötzlich über die Schmetterlinge zu stülpen. Zum Leidwesen der Jagdgesellschaft, die sich jedes Mal neben dem Eimer zur Erde warf, um beim Aufheben zuzugreifen, war das Fanggerät aber immer leer. Als eine Dame die Jungens darauf aufmerksam machte, daß sie auf der Wiese nicht spielen dürften, meinte der Inhaber des Marmeladen-Eimers beleidigt: „Me spille doch nett, me fange doch für die Stadt Schmetterline; me krigge für et Stöck ene Pennig!“
Um der Dame zu beweisen, daß die Sache ihre Richtigkeit hatte, zog der Junge einen Schmetterling aus der Hosentasche – die ganze Beute der Jagdgesellschaft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vorbreitungsklassen. Nach den Ferien sollen bereits die Vorbereitungsklassen für solche Kinder des 3. Schuljahres der Bonner Volksschulen eingerichtet werden, die im nächsten Schuljahre in die unterste fremdsprachliche Klasse einer höheren Lehranstalt eintreten sollen. Nur Kinder, die sich durch Betragen, Fleiß und Leistungen auszeichnen, werden zugelassen. Eltern, die die Aufnahme in diese Klassen wünschen, wollen sie, falls es noch nicht geschehen ist, beim zuständigen Klassenlehrer beantragen.
Tödlicher Unfall. Heute morgen stürzte in der Adolfstraße eine Frau aus dem 2. Stockwerk auf die Straße, wo sie als Leiche liegen blieb.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 29. Juli 1917
Die Einladung des Liberalen Bürgervereins an die gesamte Bonner Bevölkerung zu einer ernsten, würdigen Gedenkfeier am dritten Jahrestag der Kriegserklärung ist unter dem Eindruck der letzten Reichstagsverhandlungen von weiten Kreisen mit empfänglichen Herzen aufgenommen worden. Inzwischen haben die gewaltigen Ereignisse im Osten und die schweren Kämpfe in Flandern den Wunsch nach einer allgemeinen Erinnerungsfeier noch vertieft. Gern werden daher alle, die in sorgenvollen Tagen wieder einmal die Gedanken auf die großen, uns allen in diesem Kriege gemeinsamen Pflichten und Ziele lenken möchten, der Einladung folgen, ohne Unterschied der Partei, des Glaubens, des Alters, des Standes. Die Feier findet bekanntlich am Mittwoch dieser Woche (1. August), abends 8 ½ Uhr, im großen Saale der Lese statt. Sie ist den Zeitumständen gemäß ganz schlicht gedacht: Geheimrat Litzmann wird sprechen, und im Anschluß wird ein vaterländisches Lied gemeinsam gesungen werden. Der Eintritt steht jedermann frei, da wie bei allen Veranstaltungen des Liberalen Bürgervereins im letzten Winter in der Lese der Wirtschaftsbetrieb ausgeschlossen ist.
Die Brotmarkendiebin, die in vielen Fällen einkaufenden Kindern die Brotmarken und teilweise auch das Geld abgenommen hat, ist von der Kriminalpolizei ermittelt und festgenommen worden. Es ist eine arbeits- und wohnungslose 20 Jahre alte Fabrikarbeiterin.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
So viele Kriegsküchen unsere Stadt Bonn hat, so viele Urteile und Meinungen gibt es auch. Ueber das Essen der Kriegsküche Poppelsdorf von dieser Woche läßt sich im allgemeinen nicht klagen. Die Gemüse sind oft ein wenig zu wasserhaltig, und mit der Hausmachersuppe vom Dienstag waren viele auch nicht so ganz zufrieden. Grund? – Man sah mal wieder nach langer Pause einige Steckrüben in der Schüssel, mit denen sich die Bonner Bevölkerung nicht so recht befreunden kann. Das Bayrisch-Kraut vom Freitag mundete allen recht trefflich; mein Tischnachbar, der schon zwei Portionen „heruntergemüffelt“ hatte, stellte mir die Frage: „Na, schmeckt’s Ihnen?“ Ich nickte, „Wollt’ sage: sonst hätt’ ich Ihnen etwas geholfen!“
Kino. Ein amtlicher Kriegsfilm aus dem rumänischen Feldzug, der die Vorwärtsbewegung gegen Braila und Galatz zeigt, wird gegenwärtig in den Bonner Lichtspielen vorgeführt. Außerdem weist das Programm der Lichtspiele die Verfilmung des bekannten Anzengruberschen Schauspiels „Der Pfarrer von Kirchfeld“ auf. Das Union-Theater bringt einen spannenden Detektivfilm, eine dramatisch wirksame Tragödie sowie verschiedene heitere Filme. Im Metropol erlebt man die Uraufführung eines Filmdramas, das den Titel führt „Das Luxusweib oder die Angst vor dem Leben“. Dem Film wird eine reiche Ausstattung und eine lebhafte Handlung nachgerühmt. Für die Lachmuskeln sorgt ein Lustspiel, dessen Untertitel „Max und Moritz von Heutzutage“ auf einen unserer besten deutschen Humoristen verweist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtische Pilzbestimmungsstelle. Nach umständlichen Vorarbeiten hoffen die Leiter der städt. Pilzbestimmungsstelle am 1. August das neue Unternehmen zu öffnen und in den Dienst unserer Bevölkerung stellen zu können. Schon jetzt beginnt die Pilzflora in den Wäldern und Schluchten beiderseits des Rheines sich kräftig zu entwickeln und die alte Frage: Welche Formen sind eßbar? Welche sind zu meiden? alle diejenige zu beschäftigen, die die Gaben der Natur auf ihre Küchenfähigkeit zu prüfen verstehen. Die Furcht vor der geringen Zahl giftiger Formen läßt ja, wie bekannt, Hunderte und Tausende Naturfreunde auch an den zahlreichen eßbaren Formen mit Mißtrauen vorübergehen. Allen, welche sich belehren lassen wollen, wollen wir mit der Pilzbestimmungsstelle zu Hilfe kommen. Schon heute stehen in dem Schaufenster Stockenstraße 7 Gruppen lebender Pilze – giftige und eßbare – mit ihrem Namen wohl gekennzeichnet – zur Schau. Alle, die sich um das Zustandekommen der Pilzbestimmungsstelle bemüht haben, wissen für ihre Arbeit keinen schöneren Lohn, als rege Beteiligung unserer Bevölkerung an dem geplanten Aufklärungsdienst [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 30. Juli 1917
Ausländische Seife. Der Reichskanzler ermächtigt die örtlich zuständigen Preisprüfungsstellen, denjenigen Kleinhändlern, die noch über ausländische Seife verfügen, die sie vor dem 10 Mai 1917 zu höheren als den festgesetzten Preisen eingekauft haben, zu gestatten, diese Bestände zu einem unter Zugrundelegung des Einkaufspreises von den Preisprüfungsstellen festgesetzten angemessenen Preise während der Zeit vom 1. bis 31. August 1917 zu verkaufen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Preiswucher im Weinhandel. Trotz der Bestrebungen der zuständigen Stellen gehen die Weinpreise nach wie vor sprunghaft in die Höhe. Es beruht dies zum Teil darauf, das infolge des Mißverhältnisses zwischen Angebot und Nachfrage bereits in den Anbaugebieten Preise gefordert und bezahlt werden, die über das normale Maß weit hinausgehen. Zu einem großen Teil sind die hohen Preise auch auf Preistreibereien, Kettenhandel und sonstige unlautere Machenschaften zurückzuführen. Es ist festgestellt worden, daß in einzelnen Fällen Händler und Wirte dazu übergegangen sind, dieselben Weine, die sie bisher zu einem billigeren Preise verkauft hatten, plötzlich zu einem stark erhöhten Preise anbieten. Um derartigen strafbaren Machenschaften nach Möglichkeit entgegenzutreten, beabsichtigt die hiesige Preisprüfungsstelle, die bisher ausgeübte Ueberwachung des Weinhandel und Weinbedarfs in Wirtschaften erheblich zu verschärfen, alle dabei festgestellten Verfehlungen strafrechtlich zu verfolgen und in allen krasseren Fällen, namentlich bei Höherzeichnung billiger eingekaufter Weine, die Schließung der betreffenden Geschäftsbetriebe wegen Unzuverlässigkeit herbeizuführen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wenn das nicht zieht! In einem rheinischen Blättchen sucht, wie der Kölner Stadtanz. schreibt, eine heiratssehnsüchtige Jungfrau durch folgende verlockende Dinge einen Ehegeliebten zu gewinnen: „Habe 11 Hühner auf dem Hof, eine Kelter, sechs Schweine; vier Rinder auf der Weide, zwei Schinken und Dauerwürste im Rauchfang, eine erblindete Mutter, die spinnen und weben kann, einen kleinen Weinacker, 25 Kirsch-, 14 Apfel-, 10 Zwetschenbäume, selbstgesponnene Leinwand und eigen gekelterten Wein. Außerdem habe ich ein Klavier und eine Laute. Kriegsbeschädigte, die noch etwas auf Acker und Hof arbeiten können und ehrlichen Charakter besitzen, werden um Darlegung ihrer Verhältnisse gebeten.“ Vermutlich wird es der mit so viel Gütern gesegneten Jungfrau an Bewerbern nicht fehlen.
Etwas mehr Rücksicht. Im Hinblick auf die Barfußgänger sollte jedermann darauf sehen, daß Glasscherben sogleich in den Müllkasten oder die Müllgrube gelegt werden. Keinesfalls sollten Scherben nach der alten Unsitte und in sträflichem Leistsinn an Stellen des öffentlichen Verkehrs achtlos weggeworfen und liegen bleiben dürfen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 31. Juli 1917
Die morgige Erinnerungsfeier am dritten Jahrestage der Kriegserklärung (in der Lese) wird wesentlich kürzere Zeit dauern, als unsere vaterländischen Feiern des Friedens, da sie sich auf die Rede des Herrn Geheimrats Litzmann und den gemeinsamen Gesang der Wacht am Rhein beschränkt; der Liberale Bürgerverein hat der ernsten Zeit wegen auf alle musikalischen Zugaben usw. verzichtet. Die Feier beginnt bekanntlich um 8½ Uhr.
Bei einer Schlägerei, die gestern abend Ecke Brückenstraße und Hundsgasse zwischen einem Soldaten und einem Zivilisten entstand, wurde der Soldat in den Rücken gestochen. Er konnte jedoch allein gehen und sich im Garnisonlazarett verbinden lassen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Konzerte der Regimentskapelle der 160er zum Besten der Hinterbliebenen für Unteroffiziere und Mannschaften haben dem Grundstock die hübsche Summe von 4600 Mark zugeführt. Herr Major Oeste dankte den Einwohnern der Stadt Bonn für das lebhafte Interesse, das sie den Veranstaltungen entgegengebracht haben, ferner auch den Inhabern der Konzertgärten und Säle für ihr bereitwilliges Entgegenkommen.
Eine Verkaufsstelle für Gemüse ist in der Endenicherstraße bei Frau Thelen seitens des Gemüsezüchtervereins eingerichtet worden. Es handelt sich vorläufig um einen Versuch, der sehr zu begrüßen ist. Dadurch sind die kleineren Leute in Endenich nicht mehr genötigt, im Bedarfsfalle nach Bonn zum Markte zu gehen. Anderseits sind auch unsere Landwirte insofern entlastet, als sie durch den kleinen Einzelverkauf in ihrer Arbeit nicht augehalten werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)