Samstag, 1. Dezember 1917
Weihnachtsgaben für die rheinischen Truppen und Weihnachtsbescherung für die bedürftigen Witwen und Waisen von Bonner Kriegern.
Zum vierten Male in diesem grausamen Ringen der Völker sehen wir dem Weihnachtsfest entgegen, und wiederum erwächst uns Daheimgebliebenen die heilige Pflicht, unseren Feldgrauen und den Witwen und Waisen von Bonner Kriegern dieses Fest nach Möglichkeit zu verschönern. […]
Die Vaterländischen Vereinigungen haben es auch in diesem Jahre wiederum übernommen, rund 17.000 Weihnachtspakete für rheinische Truppen herzustellen und eine Weihnachtsbescherung für bedürftige Witwen und Waisen von Bonner Kriegern in die Wege zu leiten.
Alles dies erfordert besonders in heutiger Zeit viel Aufwand an Arbeit, Geld und Hereinschaffung von Materialien.
Mit einem warmen Aufruf wenden sicher daher die Vaterländischen Vereinigungen an die Bürger, damit diese auch ihr Schwerflein zu dem schönen Weihnachtszweck beitragen, und dieser Aufruf darf von keinem in unserer Stadt ungehört gelassen werden. Der so oft bewährte Opfersinn und die Treue, die Bonner Bürger ihren tapferen Feldgrauen bisher entgegen gebracht haben, bürgen dafür, daß auch diesmal der Aufruf der Vaterländischen Vereinigungen auf guten Boden fällt.
Mitbürger! Stellt daher eiligst Geld oder andere Liebesgaben, Zigarren, Zigaretten, Tabak, Wäsche, Hosenträger, Marmelade, gute Bücher usw. für die Weihnachtspakete und die Weihnachtsbescherung zur Verfügung. Alle Banken und die Stadthauptkasse nehmen Geldbeträge an, und die Sammelstelle in der Rheinisch-Westfälischen Diskonto-Gesellschaft, Münsterplatz 1 – 3, ist zur Entgegennahme von Liebesgaben aller Art bereit. Gewaltige Mittel sind zu dem Liebeswerk erforderlich, aber um so weniger wird die Treue und der Opfersinn der Bonner Bürger versagen.
Für die Arbeiter und Arbeiterinnen der Rüstungsindustrie wurde Donnerstag abend im Stadttheater Lessings Nathan der Weise gegeben. Das Haus war bis auf den letzten Platz ausverkauft, ein Beweis, daß solche Vorstellungen, die in Köln schon häufiger gegeben wurden, auch in Bonn mit seiner zahlreichen Rüstungsarbeiterschaft ein Bedürfnis sind. Die Besucher, unter denen das weibliche Geschlecht natürlich besonders zahlreich vertreten war, folgten der Aufführung mit großer Aufmerksamkeit und lebhafter Anteilnahme, sie dankten den Darstellern mit herzlichem Beifall. Der gute Erfolg dieser Aufführung dürfte wohl die zuständigen Stellen veranlassen, diesem ersten Theaterabend für die Rüstungsarbeiterschaft bald weitere folgen zu lassen und damit die berechtigte besondere Fürsorge für einen zur siegreichen Durchführung des Krieges so überaus wichtigen Teil unserer Bevölkerung zu bekunden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kriegspatenschaft des Städtischen Waisenamtes. Abteilung Kriegerwitwen- und Waisenfürsorge, Bonn. Fast 900 Kinder sind in der Stadt Bonn durch den Krieg ihres Vaters und damit des Ernährers und Erziehers beraubt worden. Den schuldlosen Opfern des mörderischen Völkerringens, denen der treusorgende Vater genommen, den erlittenen Verlust weniger fühlbar zu machen, ist ein Gebot der Dankespflicht gegen die gefallenen Helden. Für ihre Kinder zu sorgen, ist auch vaterländische Pflicht, damit aus ihnen wieder tüchtige Menschen werden, deren das Vaterland in Zukunft mehr denn je bedarf. Auch die Kämpfer an der Front müssen schon bei ihrem Auszuge die Gewißheit mitnehmen, daß daheim für ihre Kinder gesorgt wird. Drum nehme sich jeder der Kriegerwaisen an durch Uebernahme einer Kriegspatenschaft. […] Nähere Auskunft über die Kriegspatenversicherung erteilt das Städt. Waisenamt, Abt. Kriegerwitwen- und Waisenfürsorge, Franziskanerstraße 8a, Toreingang, Zimmer 6.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Unser Lebensmittelamt wundert sich, daß die Hausfrauen die neue Gemüseverkaufsstelle am Friedrichplatz nicht fleißiger benutzen. Wir wundern uns gar nicht darüber. Wir haben uns schon manchmal über das Lebensmittelamt gewundert, z. B. über die geringen Mengen von Lebensmitteln, die es den Hausfrauen zuwendet und womit diese ihre Angehörigen bei Gesundheit und Kraft halten sollen, oder über die geringen Mengen an Heizmaterial, die es den Haushaltungen zuweist und womit diese rundkommen müssen. Wir haben gehofft, daß für den Dezember, der ja sicher nicht so barmherzig auftreten wird, wie der November es getan hat, mehr Heizmaterial gegeben werden würde. Aber: Hoffen und Harren macht manchen zum Narren. Und wer schon die Auftritte miterlebt hat, die sich tagtäglich an der „Kohlenversorgungsstelle“ abspielen, der kann schon fürchten, daß die Sorgen manche Mutter um den Verstand bringen möchten. Die für einen Herd nicht ausreichende Menge Kohlen oder Briketts ist nicht erhöht worden für den Dezember. Das sagt glatt, daß wir mit unsern Kindern das Weihnachtsfest in der Küche zu verleben haben und daß wir sorgsam rechnen müssen, damit wir diese Küche wenigstens warm haben. Das sagt auch glatt, daß unsere Männer dieses Weihnachtsfest nicht mit uns verleben werden. Denn wer jetzt schon wochenlang auf ein warmes Zimmer verzichten mußte und nach des Tages Mühen den einzigen warmen Raum, die Küche, mit Kind und Kegel, Wäsche und Bügeln usw. teilte, der wünscht sich in den Feiertagen eine andere Umgebung, und die kann er ja finden, draußen in den Wirtshäusern. Aber vielleicht überlegt man es sich doch noch einmal, ob nicht mit der versprochenen Mehrzuweisung an Lebensmitteln für die Feiertage auch eine Mehrzuweisung von Heizmaterial Hand in Hand gehen kann. Darüber würden wir uns freuen und wundern. Aber darüber, daß die Hausfrauen nicht gern die in einem Hause der Sternstraße gelegene städtische Gemüseverkaufsstelle mit der am Friedrichplatz neu errichteten vertauschen, wundern wir uns gar nicht. Sie befindet sich an einer der zugigsten Ecken von ganz Bonn, und wir haben schon manches Wort des Mitleids gehört, das die dort stehenden Verkäuferinnen betraf, denen der Wind durch die dicksten Mäntel geht. Die Angestellten müssen das mitmachen. Aber unsere Hausfrauen? Wir freuen uns, daß sie es nicht tun, sondern ihr bisschen Gesundheit schonen, indem sie auf dem Markt weiter „Kettenstehen“. Eine Bonner Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
[…]
Gemüse. Nach einer Verordnung der Bezirksstelle für Gemüse und Obst in Köln, dürfen Weißkohl, Rotkohl, Wirsing, Möhren aller Art, Zwiebeln, Kohlrüben (Bodenkohlrabi, Steckrüben, Wruken), Runkelrüben und Stoppelrüben (weiße Rüben, Wasserrüben und Herbstrüben), im Stadtkreise Bonn nur mit Genehmigung des Oberbürgermeisters abgesetzt werden. Die Genehmigung wird nur dann erteilt, wenn der Bedarf der Bevölkerung und der verarbeitenden Fabriken sichergestellt ist. Freigegeben ist der Absatz bis zu zehn Pfund vom Erzeuger an den Verbraucher durch den Kleinhändler und auf öffentlichen Märkten. Jede Ausfuhr von Gemüse aus dem Stadtkreise Bonn ist nur mit Beförderungsschein, der bei der Abteilung XII des Lebensmittelamtes zu beantragen ist, gestattet.
Die Abteilung XII des städtischen Lebensmittelamtes für Obst und Gemüse befindet sich jetzt Franziskanerstraße 1.
Petroleumkarten können bis auf weiteres nicht mehr gewährt werden, da die der Stadt zugeteilten Petroleummengen bald erschöpft sind. Nur noch an Heimarbeiter und landwirtschaftliche Betriebe wird die festgesetzte Menge von ½ Liter wöchentlich abgegeben. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Lebensmittelverkauf“)
Sonntag, 2. Dezember 1917
Zum Besten des Soldatenheims findet nächsten Mittwoch eine zweite Aufführung des Weihnachtsmärchens „Weihnachtsnacht im Zwergenreich“ statt, und zwar im großen Saale des Bonner Bürgervereins. Der Ertrag auch dieser zweiten Aufführung, an der 40 Kinder mitwirken, soll für Weihnachtsgaben an die Besucher des Soldatenheims verwendet werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein falsches Gerücht. Seit etwa 14 Tagen geht hier das Gerücht, daß eine Frau abends in der Hindenburgstraße von einem Unbekannten durch Vorhalten eines Revolvers gezwungen worden sei, ihre Schuhe auszuziehen, worauf der Straßenräuber mit seiner Beute entflohen sei. Dieselbe Geschichte wurde auch von der Stiftsgasse, vom Jagdweg, der Colmantstraße usw. erzählt. Ein Kölner Lokalblatt bringt in seiner Samstagsnummer auch diese Räubergeschichte aus Bonn, und zwar in der Lesart, daß zwei Männer, die den Hut tief ins Gesicht gedrückt hatten, die Frau zur Herausgabe ihrer Schuhe gezwungen hätten. Wie uns auf unsere Anfrage bei der hiesigen Kriminalpolizei mitgeteilt wird, ist ein derartiger Fall bisher nicht zur Anzeige gebracht worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Umhertreiben Jugendlicher. Unsere Polizeibehörde erließ vor einiger Zeit eine Bekanntmachung, nach der es Jugendlichen verboten ist, sich in den Abendstunden auf öffentlichen Straßen und Plätzen zwecklos aufzuhalten oder umherzutreiben. Leider scheint die Remigiusstraße von diesem Verbot ausgeschlossen zu sein, denn nach Einbruch der Dunkelheit wird diese stark belebte Straße zum Kinderspielplatz. Eben der Schule entwachsene Mädchen treiben sich allabendlich dort mit gleichaltrigen Knaben umher. In Trupps zu Vieren und mehr nehmen sie den Bürgersteig in seiner ganzen Breite ein, rempeln sich gegenseitig an, dann großes Geschrei der Mädchen, Aufblitzen von Taschenlaternen, Entschuldigungen von Seiten der „Herren“, und zehn Schritte weiter wieder dasselbe Spiel. So geht das stundenlang, und Erwachsene, die öfters durch die Rüpeleien in Mitleidenschaft gezogen werden, müssen sich noch spöttische Redensarten gefallen lassen. Es wäre wirklich an der Zeit, daß die Polizei einmal dort nach dem Rechten sähe. Besser wäre es natürlich, wenn die Eltern dieser hoffnungsvollen Jugend sich einmal das Spielchen ansähen, ihre Sprößlinge bei den Ohren faßten und mit nach Hause nähmen. Jedenfalls muß etwas in dieser Sache geschehen, denn so wie bisher kann das wüste Treiben dort nicht weiter geduldet werden. K.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
In der großen öffentlichen Versammlung, welche die deutsche Vaterlandspartei am morgigen Sonntag, pünktlich 11¼ Uhr, im großen Saale des Bonner Bürgervereins veranstaltet, wird als Hauptredner Herr Kaplan Schopen-Godesberg sprechen. Weitere Ansprachen haben übernommen die Herren Oberlehrer Endemann-Godesberg, Lehrer Schultheiß-Bonn und Pfarrer Dr. Weber-Bonn. Wie wir hören, ist ein überaus zahlreicher Besuch der Versammlung schon jetzt als festehend zu betrachten, so daß frühzeitiges Erscheinen nur empfohlen werden kann.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Flegeleien in der Remigiusstraße und der Marktbrücke. Allabendlich kann man in der Remigiusstraße und in der Marktbrücke die tollsten Anrempelungen junger Burschen beobachten, auch scheint sich die weibliche Jugend nicht zu scheuen, unter dem Schutze der Dunkelheit mit halbwüchsigen Jungens ein Stelldichein zu geben. Unverschämte Flegeleien lassen sich die Burschen zuschulden kommen, mit Taschenlampen versehen, wird plötzlich das Licht dicht vor die Augen einer die Straße passierenden Person gehalten, wodurch schwere Schädigungen des Augenlichts herbeigeführt werden. Es ist ein Treiben, schlimmer als an den Karnevalstagen. Die Polizei ist infolge der wenigen Hilfskräfte nicht in der Lage, dem Unfug zu steuern. Wie wäre es, wenn eine Anzahl handfester Bürger in den Abendstunden die Straßen begingen und hier Remedur [Abhilfe] schafften. Oder muß man die Militärbehörden zu Hilfe nehmen. Civis Bonnensis.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Montag, 3. Dezember 1917
Deutsche Vaterlandspartei. Dem Rufe der Deutschen Vaterlandspartei waren gestern zahlreiche Bürger gefolgt. Der Vorsitzende der Ortsgruppe Bonn, Geheimrat Litzmann, konnte eine stattliche Versammlung begrüßen und mit herzlichen Worten Zweck und Ziele der Partei klarlegen. Die Deutsche Vaterlandspartei will nach des Redners Worten von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken Alle sammeln zu gemeinsamer Arbeit für unser gemeinsames Vaterland. Sie will aufrichten die Schwachherzigen und Kleinmütigen und keiner politischen Partei zu nahe treten. Als beredter Rufer für die Partei trat Kaplan Schopen aus Godesberg an das Rednerpult. In der inneren Politik möge jeder bleiben, was er gewesen. Nicht auf das Gebiet der inneren Politik gehe die Vaterlandspartei: sie trete der Not gehorchend für die Außenpolitik ein. Bei der großen Zerrissenheit der Parteien unseres Landes sei es notwendig gewesen, eine alles umfassende Partei zu bilden, die unserem Volke das Gewissen stärke. Nicht dürfe mehr die Diplomatie mit sanftem Streicheln und freundlichem Lächeln den deutschen Michel einlullen und sachte ihm das gute Schwert in die Scheide stecken. Hunderte tausende tapferer deutscher Kämpfer seien schon den Soldatentod gestorben; nicht umsonst hätten sie in der Blüte der Jahre in Schrecknissen sterben müssen. Nicht umsonst dürften unsere Helden drei Jahre und mehr in Not und Gefahr gelegen haben. Für ihren Tod, für ihren Kampf, für die Jugend Deutschlands müsse ein Frieden erstritten werden, der des Kampfes würdig, der der ungeheuren Opfer wert sei. Der Friede solle alle Möglichkeiten neuer Ueberfälle unserer Feinde wenn nicht unterbinden, dann doch erschweren. Der Gedanke an unser gemeinsames Vaterland, an das Deutschland der Zukunft, solle unser einziger und gemeinsamer Gedanke bei dem abzuschließenden Frieden sein. Auf diesem Programm könnten und sollten sich alle Deutschen einigen, zur Rückenstärkung unserer führenden Männer, zur Gewissensschärfung unserer politischen Parteien.
Nach den Ausführungen des Hauptredners ergriff das Wort Oberlehrer Endemann-Godesberg, der als Friedensziele Belgien, besonders Antwerpen, für Deutschland forderte und Regulierung der Ostgrenze. Volksschullehrer Schultheiß-Bonn zeigte an Hand der Geschichte, wie man seit der Urzeittage unser Volk um seine gerechten Ansprüche betrogen, wie heute noch ernsthafte Franzosen unsere Heimat zu zerstückeln planten, und forderte einen Frieden, der den gebrachten Opfern voll entspricht.
Pfarrer D. Weber-Bonn mahnte zum Aushalten und Standhalten, auch England drohe der Hunger. Wir würden zu Verrätern am Vaterlande, wenn wir nicht aushielten. Von der Diplomatie und der Regierung verlangte Redner, daß sie stark blieben.
Mit Worten des Dankes und dem Liede „Deutschland, Deutschland über alles“ entließ Geheimrat Litzmann die Versammlung, die der Deutschen Vaterlandspartei zweifellos zahlreiche Anhänger gewonnen hat.
Der erste Schnee. Ueber nacht ist es Winter geworden. Bäume und Sträucher prangten heute früh im schönsten Winterkleid.
Schöffengericht. […] Ein Musketier, der einem Dienstmädchen und deren Herrin annähernd 50 Mk, unter dem Vorgeben abschwindelte, er werde ihnen dafür Schuhe und Lebensmittel mitbringen, erhielt einen Monat Gefängnis. – […] Eine Straßenbahnschaffnerin hatte eine bereits abgenutzte Fahrkarte an einen Fahrgast abgegeben und den Betrag von 15 Pfg. für sich verwandt. Sie wurde entlassen und jetzt vom Schöffengericht mit 20 Mk. bestraft. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dienstag, 4. Dezember 1917
Bürger, unterstützt die Zähler bei der Durchführung der Volkszählung am 5. Dezember!
Nach dem Ergebnis der Volkszählung werden der Stadt Bonn die zur Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Lebensmittel zugeteilt.
Jedes Uebergehen eines Einwohners bei der Zählung bedeutet eine Verminderung der Lebensmittelzuteilung!
Es darf kein Einwohner vergessen werden!
Wer bis zum 4. Dezember abends noch keine Haushaltungsliste durch den Zähler erhalten hat, möge diese beim Volkszählungsbüro im Sparkassengebäude Friedrichsplatz 1 abholen lassen.
Bonn, den 29. November 1917.
Der Oberbürgermeister
I. V.: Piehl.
„Gedanken eines Frontoffiziers“ lautet die Aufgabe eines Vortrages, den am Dienstag nächster Woche der bayrische Leutnant Mehlhemmer im großen Saale des Bürgervereins halten wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Bund der Kriegsbeschädigten und ehemaligen Kriegsteilnehmer, Ortsgruppe Bonn. Am gestrigen Sonntag wurde im Bonner Hof der Bund der Kriegsbeschädigten und ehemaligen Kriegsteilnehmer, Ortsgruppe Bonn, gegründet. Dem Bunde traten sofort 51 Mitglieder bei. Der Bund will seinen Mitgliedern in allen Angelegenheiten der Kriegsbeschädigten unterrichten. Die Sitzungen finden am ersten Sonntag in jedem Monat statt.
Zureden hilft. Gestern abend war auf der Remigiusstraße nichts mehr von dem sonst üblichen wüsten Treiben Jugendlicher zu bemerken. Die Polizeibehörde hat die Aufsicht dort und auf der angrenzenden Marktbrücke verstärkt und wird nunmehr ganz energisch gegen alle Ausschreitungen vorgehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Hilfsbereitschaft der Studentinnen. In zahlreichen Aufrufen sind in letzter Zeit die Studentinnen ausgefordert worden, sich irgendwie im Hilfsdienst zu betätigen, sei es in der Krankenpflege, in den Verwaltungsbetrieben, in den Fabriken usw. und noch in der vergangenen Woche konnte man in den Universitätsgebäuden einen Anschlag lesen, worin sich der Herr Minister nochmals dringend an die Damen wendet, dem Gebote der Stunde nachzukommen, dem Vaterland in der Not zu helfen.
Was ist bisher geschehen?
Während tausende junger Studiker draußen und drinnen ihre Kräfte dem Vaterlande widmen, verhalten sich die Studentinnen so undeutsch, daß man sich schämen muß, der Oeffentlichkeit darüber zu berichten. Das Volk, das seine Vaterlandspflicht erfüllt, muß aber endlich mal wissen, was es von den Studentinnen halten soll. Darum habe ich mich entschlossen, die Wahrheit zu sagen. Vielleicht erreiche ich damit mehr, als der Herr Minister mit all seinen Verordnungen resp. Aufforderungen, und es wäre damit eine große Paperersparnis erreicht, denn doch nur mit Mißachtung gehen die Studentinnen an solchen Aufrufen vorbei. Sie kümmern sich nicht darum, machen sich im Gegenteil recht lustig darüber und freuen sich sogar, daß sie nun einmal im Studium die Herren überholen, deren Plätze sie einnehmen können. Gerade diesen Krieg nutzen diese Damen zu ihrem Vorteil aus – das zeigen die mit Damen überfüllten Hörsäle, das hört man insbesonders aus ihren Reden, die ich hier nicht anführen will. Für das Vaterland tun sie fast nichts, jedenfalls so wenig, daß es ihren Stand nicht ehrt. Seht einmal all die ärmeren Frauen und Mädchen in Stadt und Land, in den einzelnen Betrieben, die sich Tag und Nacht abmühen, dem Vaterland das zu erhalten, was es jetzt braucht. Und nun betrachtet einmal die Selbstsucht der Studentinnen, ihre Sucht, möglichst früh fertig zu werden, möglichst ihre Kollegen, die Vaterlandspflicht erfüllen, zu verdrängen, jedenfalls schnell ihnen zuvor zu kommen. Seht Euch das Ergebnis an, das die Aufforderungen des Herrn Ministers zeitigten. Kläglich, jämmerlich. Das ist Tatsache! Noch nicht 1 Prozent der Studentinnen hat sich gemeldet. Sie überfüllen weiter die Hörsäle, machen sich weiter lustig! Deutsches Volk, Deutsche Regierung, erhebe Deine Stimme! Den Studentinnen fehlt’s an gutem Willen. Sie verfolgen nur selbstsüchtige Zwecke.
Sorget, daß den pflichtgetreuen Studenten nach ihrer Heimkehr durch ihre undeutschen Kolleginnen kein Nachteil entsteht!
H. Birken, stud. phil. nach seiner Rückkehr aus dem Felde.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Zur Behebung der Kleingeldnot. Trotzdem eine große Anzahl von Gemeinden, Gesellschaften und Geschäften Kriegsmünzen und Gutscheine ausgegeben haben, ist die Kleingeldnot noch immer nicht behoben. Immer wieder kommt es vor, daß man in Geschäften nur mit Mühe oder gar nicht gewechselt bekommen kann oder gebeten wird, überschießende kleinere Beträge herauszugeben. Um diese Schwierigkeiten etwas zu beheben, hat die Hauptmannsche Druckerei eine Anzahl von 25-Pfennigstücken prägen lassen. Um sie in den Verkehr zu bringen. Sie haben, wie die Kriegsmünzen von Trier und Mainz, eine achteckige Gestalt, sodaß sie mit anderen Münzen nicht verwechselt werden können. Die Geschäftsstelle der Deutschen Reichs-Zeitung löst diese Kriegsmünzen jederzeit in beliebiger Menge ein. Sie werden nach Behebung der Kleingeldnot wieder aus dem Verkehr gezogen.
Kriegsweihnachten 1917. An Spenden für Weihnachtsgaben für die rheinischen Truppen und für die Weihnachtsbescherung für die bedürftigen Witwen und Waisen von Bonner Kriegern sind eingegangen zusammen 4620 Mark. Weitere Beiträge werden von den hiesigen Banken und der Stadthauptkasse angenommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 5. Dezember 1917
Die Volkszählung
am heutigen Mittwoch ist für die Versorgung unserer Bevölkerung mit Lebensmitteln von größter Wichtigkeit. Jedes Uebergehen eines Einwohners bei der Zählung bedeutet eine Verminderung der Lebensmittelzuteilung. Es darf daher kein Einwohner vergessen werden. Die Bürger haben also das lebhafteste Interesse an der Zählung und sie müssen mithelefen und mitarbeiten, daß niemand ausfällt. Wer keine Haushaltungsliste erhalten hat oder übergangen zu sein glaubt, wende sich sofort an das Volkszählungsbureau im Sparkassengebäude, Friedrichsplatz 1. Vor allen Dingen ist darauf zu achten, daß diejenigen, die zur Nachtschicht in Siegburg oder an anderen Orten weilen, in Bonn jedoch ihre Wohnung haben, unter allen Umständen mitgezählt werden.
Gleich wichtig wie die Volkszählung ist die Zählung leerstehender Wohnungen und Geschäftsräume, denn auf diese Zählung müssen sich etwaige Maßnahmen aufbauen, die zur Linderung der Wohnungsnot getroffen werden müssen. Durch die Verschiebung der wirtschaftlichen Verhältnisse infolge des Krieges ist vor allem ein Abwandern von teuren nach billigen Wohnungen eingetreten. Die unausbleibliche Folge dieser Abwanderung ist der Mangel an Kleinwohnungen, und dieser Mangel macht sich umso fühlbarer, je mehr nach Beendigung des Feldzuges die vielen Kriegsgetrauten bemüht sein werden, sich ihr eigenes, wenn auch bescheidenes Heim zu schaffen. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt und von dem der Bevölkerungspolitik ist es daher von größter Wichtigkeit, daß die Wohnungsfrage restlos nach dem Kriege gelöst wird. Wohnungsnot bedeutet eine Reihe von Unzufriedenheiten, und die Bekämpfung der Wohnungsnot ist für die städtische Verwaltung und die Aufsichtsbehörden nur dann möglich, wenn eine genaue Uebersicht über die Anzahl der leerstehenden Wohnungen vorhanden ist. Aus diesem Grunde ist es unabweisbare Pflicht der Hausbesitzer, die Zählung mit allen Angaben zu unterstützen, die für das einwandfreie Zählergebnis notwendig sind.
Fast alle Waren, die für die Lebensmittelversorgung noch in Frage kommen, sind behördlich erfaßt. Im freien Handel sind derartige Waren fast kaum noch erhältlich. Die Verteilungen, die das Lebensmittelamt an die Bevölkerung vornehmen kann, müssen sch daher ausschließlich nach den Warenmengen richten, die von den Reichsbehörden der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden und diese Ueberweisungen sind in der letzten Zeit sehr spärlich gewesen. Trotzdem wird das Lebensmittelamt aus seinen früheren Beständen in den Weihnachtswochen verhältnismäßig wieder gute Rationen verteilen. Es wird auch dafür gesorgt werden, daß durch die Bäckereien Printen gegen Warenmarke und einen bestimmten Höchstpreis ausgegeben werden. [...]
Der Bau der neuen Kriegsküche Ecke Reuter- und Argelanderstraße geht nunmehr, nachdem das Kriegsamt die Genehmigung erteilt hat, rüstig voran. Es ist bestimmt zu erwarten, daß die Küche Ende dieses Monats dem Betrieb übergeben werden kann. Die Teilnehmerzahl aller Bonner Kriegsküchen beträgt nur annähernd 5000. Das ist eine verhältnismäßig nur geringe Ziffer, aber andererseits ein erfreuliches Zeichen dafür, daß die Lebensmittelknappheit nicht sehr groß ist; vor allem ist die geringen Teilnehmerzahl der beste Maßstab dafür, daß in den Haushaltungen zurzeit ausreichende Kartoffelmengen vorhanden sind. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus dem städtischen Lebensmittelamt.“)
Ein erweiterter Geschäftsverkehr ist für die nächsten drei Sonntage, die letzten vor Weihnachten, zugelassen. Die Geschäfte dürfen bis 7 Uhr abends offen halten und verkaufen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Verkaufsausstellung von Arbeiten Verwundeter aus hiesigen Lazaretten wird an diesem Mittwoch wieder im Laden Martinsplatz 6 (Geschäftshaus Reeb) eröffnet.
Goldankaufswoche für Bonn und Umgebung. (9. – 18. Dezember.)
Die Vaterländischen Vereinigungen Bonns und die Landkreise Bonn und Sieg wenden sich im Anzeigenteil dieser Nummer an die Einwohner von Stadt und Land mit der dringenden Unterstützung des Vaterlandes in schwerer Zeit durch die Ablieferung der Goldsachen. In einer Zeit, wo viele Geld, Gut und Vermögen, andere Gesundheit und selbst das Leben dem Vaterland in Liebe und Begeisterung geopfert haben, sollte es wirklich nur ein kleines Opfer sein, sich eines Schmucks zu entledigen, und auch hiermit dem Vaterland und damit auch wieder mittelbar sich selbst zu dienen. Man folge daher dem Aufruf gern und uneingeschränkt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 6. Dezember 1917
Eine einmalige vaterländische Filmvorstellung veranstaltet am kommenden Samstag, 9. Dezember, vormittags 11½ Uhr, der Flottenverein Jungdeutschland in den Bonner Lichtspielen, wozu besonders auch die Bonner Jugend eingeladen wird. Es gelangen unter anderen Kriegsfilmen die großartigen Darstellungen des Bild- und Filmamtes zur Vorführung, welche die Landung auf Oesel und den Vormarsch zum Tagliamento zeigen. Diese glänzenden Bilder der unvergleichlichen jüngsten Erfolge unserer Land- und Seemacht zu sehen ist eine Gelegenheit, die nicht versäumt werden darf; neben den wunderbaren Bildern des Kriegslebens sind auch die Landschaftsbilder, in denen sie sich abspielen, von großer Sehenswürdigkeit. Der Reinertrag der Veranstaltung ist bestimmt, eine Weihnachtssendung von Kriegsbüchern den Schulschiffen des deutschen Schulschiffvereins „Großherzog Friedrich August“ und „Prinzessin Eitel Friedrich“ zu schenken, damit so den zukünftigen Matrosen Gelegenheit gegeben wird, aus den herrlichen Taten unserer Wehrmacht den Geist des Sieges mehr und mehr in sich aufzunehmen.
Wie sich unsere Verwundeten in den Lazaretten beschäftigen, zeigt wieder einmal die gestern im Laden Martinsplatz 6 eröffnete Ausstellung ihrer Arbeiten. Es sind da die seit dem letzten Frühjahr angefertigten Arbeiten in großer Zahl zusammengetragen. Mit einfachsten Hilfsmitteln, aber großem Fleiß und äußerster Sorgfalt sind die mannigfaltigen Gegenstände geschnitzt, gesägt, geflochten. Geklebt, bemalt, gestickt worden, und all die schönen Sachen, die unter geduldigen und geschickten Händen entstanden sind, werden nun äußerst wohlfeil verkauft, damit die Hersteller ein kleines Entgelt für ihre viele Mühe bekommen können. Wer in den nächsten Tagen Weihnachtseinkäufe zu machen gedenkt, der möge doch auch diese Ausstellung besuchen, er findet gewiß manches, was ihn selbst erfreuen oder womit er ein Kinderherz jubeln machen kann. Die Preise für die prächtig bemalten Menschen- oder Tierfiguren, Wägelchen, Häuser und Kirchen, für die geschnitzten Kasten und Kästchen, die Pantoffeln, Schuhe, Körbchen, Decken, Scherenschnitte usw. sind im Verhältnis zu den guten und soliden Arbeiten sehr mäßig. Es ist deshalb zu hoffen, daß alle Stücke bis auf das letzte schnell ihre Abnehmer finden werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Zigarren-Abschnitt-Sammelverein veranstaltet in diesem Jahre seine 41. Weihnachtsbescherung. Dank der Unterstützung der Behörden und der Bürgerschaft konnte der Verein seine nicht leichte Aufgabe auch während des Krieges erfüllen. Bei der diesjährigen Bescherung sollen wieder 100 Kinder, größtenteils Kriegswaisen, oder deren Väter im Felde stehen, mit Schuhen und warmen Kleidungsstücken versehen werden. Außerdem sollen Verwundete aus hiesigen Lazaretten an der Bescherung teilnehmen. Welch eine Fülle von Arbeit zu bewältigen ist, um dieses Werk ernster Nächstenliebe fortzusetzen, vermag nur der zu beurteilen, der die Tätigkeit des Vereins einmal in Augenschein genommen hat. Trotz aller Teuerung hofft er auch im vierten Kriegsjahr sein Ziel zu erreichen. In einem Rundschreiben bittet der Vorstand wieder die Bitte an die stets opferbereite Bürgerschaft, ihn bei diesem Liebeswerke zu unterstützen, um damit die Dankespflicht zu erfüllen, die wir denen schuldig sind, die draußen für uns kämpfen. Die kleinste Gabe wird dankbar angenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Hilfsbereitschaft der Studentinnen. Wie veredelnd der Krieg wirken kann, bringt Herr stud. phil. Birken in seinem heute, Nr. 9900 des Generalanzeigers, erschienen Schmähartikel gegen die Studentinnen in recht drastischer Weise zum Ausdruck. Er sagt mit löblicher Offenheit und frei von altruistischer Sentimentalität: was dem im öffentlichen Leben immer bevorzugten Mann im Ausnahmefall des Krieges durch das Gesetz erschwert wird, soll auch der bisher im öffentlichen Leben immer benachteiligten Frau, nicht gegönnt sein, selbst wenn es ihr gutes Recht ist. Seine unverschleierten Worte zeigen, daß der heimgekehrte Krieger weder in antiquierter Ritterlichkeit noch in einem Uebermaß von kollegialen Rücksichten befangen ist. Herr stud. phil. H. Birkens Furcht vor der weiblichen Konkurrenz ist eben groß und nicht kleiner, deshalb die Entrüstung seiner vaterländischen Gesinnung. Möge er Ruhe finden! Keine „Kollegin“.
(Nach Mitteilung des Rektorats der Universität ist der Verfasser der Ausführungen „Zur Hilfsdienstbereitschaft der Studentinnen“ im Sprechsaal Nummer 9900 vom Dienstag, 4. Dez. d. J. S. 2, an der Universität Bonn nicht immatrikuliert.
Die Hilfsdienstbereitschaft der Studentinnen. Hat Herr Birken nicht einmal die Listen der freiwilligen Krankenpflegerinnen angesehen, die ihrem Berufe nach Studentinnen, während des Krieges in den Lazaretten draußen in der Etappe und hier in der Heimat Samariterdienste leisten oder für lange Zeit geleistet haben? Hat er die Leiterinnen von Kinderhorten und Heimarbeiterinnenvereinigungen nach ihren ehrenamtlichen Hilfskräften gefragt? War er vielleicht auf den Bahnhöfen und hat sich erkundigt, wer abwechselnd im Tag- und Nachtdienst unseren durchreisenden Truppen Erfrischungen reicht? Wieviele würde er hier wiedergefunden haben, die in den Morgenstunden die Kollegs besuchen und in der Abend- bezw. Nachtzeit caritativ tätig sind? Warum geht Herr Birken nicht einmal auf die Vermißtenbüros, die Auskunftsstellen für Gefangene usw.? Er würde die deutsche Studentin weniger gering einschätzen lernen. Stattdessen jammert er, daß er auf die Aufforderung des Herrn Ministers hin noch nicht 1 Prozent der Studentinnen sich gemeldet habe. Er hat auch hier wieder außer Acht gelassen, daß eben die Mehrheit der Studentinnen ehrenamtlich sozial tätig ist und vom Staat oder von der Stadt bereits durch die Verleihung der Roten Kreuz-Medaille bezw. einer Ehrenbrosche anerkannt worden ist.
Es dürfte Herrn Birken auch bekannt sein, daß die deutsche Frau, zumal auf caritativem Gebiet am liebsten in der Stille wirkt und es nicht liebt, in der breiten Oeffentlichkeit hervorzutreten. Anne-Marie Maus, stud. jur.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Soldatenheim. Am verflossenen Sonntag war der Saal im Soldatenheim, Josefstraße 46, zu klein, um die Schar der Feldgrauen zu fassen, welche die Aufführung des bereits vor ausverkauftem Hause am vergangenen Mittwoch gegebenen Weihnachtsmärchens „Weihnacht im Zwergenreich“ herbeigelockt hatte. Die Kinder spielten wieder allerliebst, un der 1. Vorsitzende, Herr Kaplan Rütters, der Leiter des Abends, dankte in herzlichen Worten Herrn Koep, der das Stück bearbeitet und mit den Kindern einstudiert hatte, sowie dem Ballettmeister Weißkirchen, der die Reigen und Tänze eingeübt, und Frau Palm, welche in vorzüglicher Weise die Begleitung am Klavier übernommen hatte. Vor der Firma Herbst waren die schönen, überaus passenden Kostüme. Die Soldaten dankten sehr herzlich und begeistert. [...]
Die Gassperre wird bis auf weiteres am Nachmittag aufgehoben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 7. Dezember 1917
Sohlenschoner aus Leder dürfen noch bis 1. Januar verkauft werden. Ursprünglich war der Verkauf nur bis 1. Dezember erlaubt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Studentinnenschaft und Hilfsdienstpflicht. Als Entgegnung auf die Ausführungen des stud. phil. Birken sind uns aus der Feder von Studenten, Studentinnen, Munitionsarbeitern usw. zahlreiche Sprechsaal-Aufsätze zugegangen, die wir leider infolge Papier- und Raummangels nicht zum Abdruck bringen können. Im wesentlichen geht es aus den Darlegungen hervor, daß die Fabrikleitungen selbst für die Einstellung von Studentinnen als Munitionsarbeiterinnen offenbar gar kein Interesse haben. So schreibt uns beispielsweise die stud. med. R. Hölscher: Auf die Anfrage in Troisdorf erhielt ich die Antwort: „... Wir haben zwar großen Bedarf an Arbeitern, hoffen aber sehr, ihn aus Arbeiterkreisen zu decken, zumal bei den zunehmenden Verpflegungsschwierigkeiten. Wir halten es auch im Interesse des Vaterlandes sowie in Ihrem eigenen Interesse für besser, wenn Sie bei Ihren Studien bleiben. ...!“ – Eine andere Antwort lautet: „Wir können niemand mehr aus den höheren Ständen gebrauchen!“ Eine Studentin, die gleich als Munitionsarbeiterin (wozu ja aufgefordert wurde!) eintrat, wurde nach einigen Wochen schon in der Fabrikpflege verwendet, weil genügend Arbeitskräfte da waren! Damit erscheint Herr Birken in der Kernfrage widerlegt, daß die Studentinnen sich von der Hilfsdienstpflicht in den Fabriken zu „drücken“ suchten
Nochmals der Unfug in der Remigiusstraße. Seit zwei Tagen läßt sich die Polizei abends nicht mehr in der Remigiusstraße sehen. Die Folge ist, daß wieder etwa 50 bis 60 halbwüchsige Burschen und gleichaltrige Mädchen die Straße in den Abendstunden unsicher machen. Wenn das so weiter geht, dann haben wir in den nächsten Tagen wieder die früheren Ausschreitungen zu erwarten. Mehrere Anwohner der Remigiusstraße und des Römerplatzes.
(Wir empfehlen, es einmal mit der Feuerwehr-Dampfspritze zu versuchen. Red.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Goldaufaufwoche. Das Erzbischöfliche Generalvikariat macht bekannt: Vom Sonntag, den 9. bis zum Sonntag den 16. Dezember soll in ganz Rheinland eine Goldankaufwoche stattfinden, um mit der Opferstimmung der Bevölkerung der Weihnachtszeit die Kriegsrüstung der Reichsbank mehr zu stärken, als dies bisher der Fall war. Wir ersuchen daher die Hochwürdige Geistlichkeit, die Goldankaufwoche zu fördern, auf dieselbe in geeigneter Weise in ihren Kreisen, namentlich auf dem Lande, hinzuweisen und dem vaterländischen Werke nach Kräften den gewünschten Erfolg zu sichern.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 8. Dezember 1917
Goldankaufwoche.
Am morgigen Sonntag beginnt die Goldankaufwoche, die im ganzen Rheinlande zur Stärkung des Goldschatzes unserer Reichbank abgehalten wird und am Sonntag, 16. Dezember, endet. Ueber den Zweck dieser Goldsammlung und ihren hohen Nutzen für das Durchhalten und die Kriegsführung unseres teuren Vaterlandes sind kaum noch Worte zu verlieren. Es sei nur kurz darauf hingewiesen, daß wir das Gold gebrauchen, um die wachsende Zahl der Geldnoten zu decken, Nahrung und Rohstoffe im Ausland zu kaufen und nach dem Kriege die Friedenswirtschaft auf die alte Höhe zu heben. Denn je mehr Gold unsere Reichbank hinter sich hat, umso schneller wird unsere Währung im Ausland steigen und umso schneller wird die Teuerung, unter der wir jetzt alle leiden, sinken. Die Weihnachtsopferstimmung müßte so recht dazu angetan sein, alles eitle Gold der Goldankaufstelle in der Rheinisch-Westfälischen Diskonto-Gesellschaft, Am Münsterplatz Nr. 1-3, zu bringen. Die eiserne Zeit, die wir durchleben, verabscheut goldenen Schmuck.
Um die Bürger zu der Ablieferung zu mahnen, haben es wieder zahlreiche ehrenamtliche Helfer übernommen, die einzelnen Familien aufzusuchen. Bürger, denkt daran, daß diese Männer und Frauen wackere Vorkämpfer für die Größe unseres Vaterlandes sind und kommt ihnen freundlich entgegen, überlegt mit ihnen die Maßnahmen, und Ihr werdet sehen, daß noch manches Schmuckstück überflüssig in Eurem Haushalt, dagegen ungemein wertvoll für die Schatzkammer unserer Reichbank ist.
Die Stadt Bonn muß ihren alten Ruhm vaterländischer Hingabe wiederum glänzend erhärten. Vor 100 Jahren haben Preußens Männer und Frauen alles, was ihnen lieb und wert war, dem Vaterlande in seiner Not geschenkt. Unsere Zeit ist nicht weniger vaterländisch gesonnen, sie darf es daher auch nicht in ihrem Handeln sein.
Also nochmals: Auf zur Goldankaufstelle mit allem eitlen Golde.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Weihnachtsbescherung für die rheinischen Truppen und Weihnachtsbescherung für die bedürftigen Witwen und Waisen von Bonner Kriegern.
Zum vierten Male in diesem grausamen Ringen der Völker sehen wir dem Weihnachtsfest entgegen und wiederum erwächst uns Daheimgebliebenen die heilige Pflicht, unseren Grauen und den Witwen und Waisen von Bonner Kriegern dieses Fest nach Möglichkeit zu verschönen.
Vier Winter im Felde! Wir in der Heimat haben uns in der langen, langen Zeit an den Gedanken gewöhnt, daß lebende Menschen, die all das gleiche Recht auf Heiterkeit und Zukunftsglück besitzen wie wir, mit ihren Leibern eine Mauer bilden, um dem gegen das Herz unseres Landes gerichteten Ansturm zahlloser Feinde stand zu halten.
Welche Summe von Opfern aber täglich und stündlich dargebracht werden muß, um diesen Schutz, der uns ein friedliches Weiteleben sichert, wirksam zu erhalten, dessen sind wir uns wohl nicht immer voll bewußt. Wir müssen daher ein winziges Teil unserer Schuld abtragen und dazu bietet uns das Fest der Liebe, das schöne Weihnachtsfest, eine gute Gelegenheit. Halten wir uns di unendliche Mühsal und die Nöte unserer Frontsoldaten, gegen die unsere beschämend klein sind, stets lebhaft vor Augen, so muß auch der krasseste Egoist sich inne werden, daß wir Daheimgebliebenen allen Grund haben, auf manches zu ihren Gunsten freudig zu verzichten.
Auch die bedürftigen Hinterbliebenen, derer, die ihre Treue mit dem Tod besiegelt haben, so wie der dürftigen Angehörigen der lebenden Krieger muß gedacht werden.
Die Vaterländischen Vereinigungen haben es auch in diesem Jahre wieder übernommen, rund 17.000 Weihnachtspakete für rheinische Truppen herzustellen und eine Weihnachtsbescherung für bedürftige Witwen und Waisen von Bonner Kriegern in die Wege zu leiten.
[...]
Mitbürger! Stellt daher eiligst Geld oder andere Liebesgaben, Zigarren, Zigaretten, Tabak, Wäsche, Hosenträger, Marmelade, gute Bücher usw. für die Weihnachtspakete und die Weihnachtsbescherung zur Verfügung. Alle Banken und die Stadthauptkasse nehmen Geldbeträge an und die Sammelstelle der Rheinisch-Westfälischen-Diskonto-Gesellschaft, Münsterplatz 1-3 ist zur Entgegennahme von Liebesgaben aller Art bereit.
Gewaltige Mittel sind zu dem Liebeswerk erforderlich aber um so weniger wird die Treue und der Opfersinn der Bonner Bürger versagen.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 9. Dezember 1917
„Das Eisen dünkt mich,
Ist weit mehr als Gold zu preisen;
Ohn’ Eisen kommt nicht Gold,
Gold bleibt auch nicht ohn’ Eisen.“
Friedrich von Logan.
Die rheinische Goldankaufwoche unter dem Ehrenschutz des Herrn Frhrn. v. Rheinbaben beginnt am heutigen Sonntag. Die staatlichen und geistlichen Behörden haben ihre Teilnahme zugesagt. In der Stadt haben sich Ehrenausschüsse gebildet, Damen und Herren werden von Haus zu Haus die Gewissen zu schärfen suchen. Ueberall muß die Erkenntnis durchdringen: während Deutschland um sein Dasein kämpft, viele darben, noch mehr trauern, die Reichsbank aber dringendst alles Gold braucht, um Nahrung und Rohstoffe im neutralen Auslande zu kaufen, die wachsende Zahl der Banknoten zu decken und dadurch ihren und unseren Kredit im In- und Ausland zu heben, die letzten Hoffnungen der Feinde auf unseren wirtschaftlichen Zusammenbruch zu zerstören und damit den Friedensschluß zu beschleunigen, in einer solchen eisernen Zeit eitel Goldtand zu tragen ist unwürdig. Das Rheinland insbesondere darf sich nicht länger von den ärmeren Landesteilen beschämen lassen. Es ist durch den Heldenmut unserer Heere vor dem Schrecken eines feindlichen Einbruchs bewahrt geblieben, es muß dafür einen kleinen Bruchteil des Dankes jetzt endlich voll abtragen und die Goldrüstung des Reiches stärken. Unser Bonn wird sicherlich danach streben, unter den rheinischen Städten nicht an Opferwilligkeit zurückzubleiben. Einwände, denen man hier und da noch begegnet, daß die Reichbank den Goldwarenherstellern noch Gold gibt, daß ererbter Schmuck in den Familien bleiben müsse, daß die Preise für Edelsteine noch weiter steigen, sind haltlos. Es wird schon seit fast einem Jahr kein Gold mehr an die Goldwarenhersteller von der Reichsbank abgegeben. Die Vorfahren, die vor hundert Jahren ihre letzten Wertsachen Preußen schenkten, würden das Zurückhalten und gar das Tragen von Goldsachen als Undankbarkeit und als Verstoß gegen die Familienehre schelten. Und endlich zahlt das neutrale Ausland aus unseren hohen Preisen für Lebensmittel gegenwärtig noch gewaltige Preise für Edelsteine, allein schon morgen und sicherlich bei den ersten Anzeichen des Friedens würde das aufhören. Und vor allem: was wäre aus Gold und Edelsteinen geworden, wenn die Franzosen das Kriegsgewitter an den Rhein zu uns gebracht hätten! Darum wollen wir in dieser Woche immer denken: alles Gold der Reichbank!
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Treibriemendiebstähle nehmen kein Ende. In der Nacht zum Freitag wurden aus einer Schreinerei an der Endenicher Straße sieben wertvolle Treibriemen gestohlen. Da kein Ersatz vorhanden ist, mußte der ganze Betrieb vorläufig eingestellt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Montag, 10. Dezember 1917
Die vaterländische Filmvorstellung des Flottenverbandes Jungdeutschland erfreute sich eines Besuchs, der den Saal der von der Direktion bereitwilligst zur Verfügung gestellten Bonner Lichtspiele bis auf den letzten Platz füllte. Auch Ihre Königliche Hoheit Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe wohnte der Veranstaltung bei. Die großartige Darstellung der Oeselfahrt, die ein glänzendes Bild der alle Schwierigkeiten überwindenden deutschen Organisationskraft bietet von der Einschiffung bis zur Landung die achtungsgebietenden Bilder von der von unseren Kriegsschiffen, Luftkreuzern und Fliegern geleiteten Transportflotte brachten Eindrücke, die die jugendliche Zuschauerschaft begeisterten. In den wundervollen Landschaftsbildern der Alpen entwickelte sich dann vor unseren Augen vom vorbereitenden Trommelfeuer bis zum Vormarsch der Gebirgsmaschinengewehrabteilungen mit ihren Saumtieren die gewaltige 12. Isonzoschlacht, und in die nicht minder erfolgreichen Kämpfe unserer Verbündeten in der Bukowina führte uns ein anderer Film, der eindrucksvoll auch die Verwüstungen des Feindes in Czernowitz zeigte, wo – ein rührendes Bild – die Einwohner aus ihren zerstörten Häusern mit Fahnen unsere Truppen begrüßten. Wie tief diese Bilder auf das meist jugendliche Publikum gewirkt hatten, das zeigte sich dann, als im Bilde Hindenburg und der Kaiser, unsere ruhmreichen Führer, vor uns traten: Stürme des Beifalls brausten durch den Saal. Die Vorführungen wurden mit vaterländischen Märschen, gespielt von der freiwillig mitwirkenden Musik des Ersatz-Bataillons 160, begleitet. Den Schiffsjungen wird von dem Ertrag der Veranstaltung eine schöne große Bücherkiste nach Kiel geschickt werden können, und die frohe Aufnahme, die diese Vorführung gefunden hat, wird den Flottenverein Jungdeutschland ermutigen, recht bald wieder eine Kriegsfilmsendung für die Bonner Jugend kommen zu lassen.
Der gestrige „kupferne Sonntag“ war vom Wetter begünstigt und brachte der Stadt Bonn einen außerordentlich regen Geschäftsverkehr. Namentlich die Landbevölkerung, die ja jetzt als besonders kaufkräftig gelten darf, kam zur Stadt, um ihre Wehnachtseinkäufe zu machen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zentrumswähler-Versammlung. Gestern fand in Vorbereitung zu der kommenden Reichstagswahl im Bürgerverein eine Versammlung von Zentrumswählern statt. Der stellv. Vorsitzende des Bonner Zentrums-Vereins, Reichstagsabgeordneter Chrysant mußte der Versammlung die Mitteilung machen, daß der Kandidat Rechtsanwalt Henry der Partei sein Mandat wieder zurückgegeben habe und infolgedessen nicht erschienen sei und nicht sprechen werde. Es handle sich um die bekannten Vorgänge, die durch Veröffentlichungen eines hiesigen Blattes und sonstige Querzüge herbeigeführt worden seien. Gegner des mit zwei Dritteln Stimmenmehrheit vom Vorstand sowohl, wie von der Vertrauensmänner-Versammlung zum Kandidaten für die Reichstagswahl berufenen Rechtsanwaltes Henry hätten sich für die Kandidatur des Justizrates Dr. Abs bemüht. Weiter noch allerhand Machenschaften der Gegner, in der auch die Prozeßsache Tinner-Henry eine Rolle spielte, aufdeckend, erklärte Redner, daß für den Vorstand und die Partei keine Veranlassung bestehe, von der Kandidatur Henrys abzugehen. Rechtsanwalt Henry sei und bleibe der rechtmäßig bestimmte, offizielle Kandidat der Bonner Zentrumspartei für die am 15. Dez. stattfindende Reichstagswahl. Er bitte alle Anwesenden im Sinne dieses Parteibeschlusses zu wirken. Der Vorstand habe auf dem Lande die nötige Agitation schon durchgeführt. Auf Anregung des Stadtv. Kalt wurde dann noch durch den Vorsitzenden bekannt gegeben, daß die „Deutsche Reichsztg.“ die Versammlungsanzeige unter nichtigen Gründen nicht aufgenommen habe. – Zum Zentrumsprogramm sprach dann im einstündigen Vortrage Reichstagsabgeordneter Kuckhoff-Köln. […] Zum Schluß bat der Vorsitzende noch um eifrige Werbung für den Kandidaten Henry, damit die Bonner Zentrums-Partei am 15. Dezember nicht zum Gespött der andern Parteien würde.
Durch eine Handtäschchenräuberin wurde gestern abend hier eine Frau von auswärts schwer geschädigt. Die Frau, die im Reservelazarett Beethovenhalle gewesen war, erkundigte sich auf der Brückenstraße bei einer Frauensperson nach dem Wege zum Bahnhof. Diese erbot sich, die fremde Frau dorthin zu begleiten und verschleppte sie auf Umwegen in eine dunkle Straße hinter der evangelischen Kirche, wo sie ihr plötzlich das Handtäschchen entriß und eiligst entlief. Auf das Hilfegeschrei der Beraubten eilten mehrere Leute der Straßenräuberin nach, konnten sie jedoch wegen der großen Dunkelheit nicht mehr finden. In dem Täschchen befanden sich 50 M. in barem Gelde.
Von der Polizei. In der Nacht zum Samstag wurden einem Anwohner in der Römerstraße ein halbes Schwein, Butter, Fett, Wein und andere Lebensmittel gestohlen. – In einem hiesigen Krankenhause wurde einem kranken Soldaten die Brieftasche mit 215 M. Inhalt gestohlen. – Eine Dame, die während eines kurzen Reiseaufenthaltes eine hiesige Kaffeewirtschaft besuchte, verlor dort ihren Gepäckschein. Ehe sie ihren Verlust bei der Gepäckausgabestelle des Bahnhofs melden konnte, war das Gepäck im Werte von 300 bis 400 Mark schon abgenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ueberschreitung der Höchstpreise. 40 Gemüsebauern, Gemüsepacker und Händler, die im vorigen Sommer im Landkreise Bonn, vor allem im Vorgebirge, die Höchstpreise für Bohnen und anderes Gemüse und Obst überschritten haben, mußten sich vor der hiesigen Strafkammer verantworten. Das Gericht erkannte insgesamt auf rund 43.000 Mark Geldstrafen, zwei Angeklagte wurden zu je 4090 Mark, acht zu je 3000 Mark je einer zu 2590 Mark, 1560 und 1000 Mark verurteilt, die übrigen kamen, weil ihre Fälle milder lagen, mit geringeren Geldstrafen davon. Vier Angeklagte wurden freigesprochen, gegen einen wird später noch einmal verhandelt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 11. Dezember 1917
Die Rheinische Goldankaufwoche brachte der hiesigen Goldankaufstelle (Münsterplatz 1/3) in den beiden Sonntagsstunden und gestern einen ziemlich regen Verkehr. Es wurde außer Gold- auch viel Juwelenschmuck abgeliefert, doch fehlen dabei die größeren Stücke von hohem Wert, die bei den mannigfachen Gelegenheiten noch immer getragen werden. Das Werben von Haus zu Haus hat gestern begonnen, sein Erfolg wird sich hoffentlich in den nächsten Tagen zeigen.
Der Bonner Aerzte-Verein in Bonn hat in seiner Sitzung vom 6. Dezember beschlossen, eine den Zeitverhältnissen angemessene Erhöhung der Honorare eintreten zu lassen, wie es an anderen Orten schon geschehen ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Kohlenversorgung in Bonn. Mit Eintritt der kälteren Jahreszeit hat sich in drastischer Weise erwiesen, daß die Kohlenversorgung der Stadt Bonn völlig ungenügend und die Verteilungsart durchaus unzweckmäßig ist. Viele Familien können oft wochenlang nicht waschen und auch am Zimmer- und Küchenbrand mangelt es oft derart, daß die Hausfrauen an manchen Tagen überhaupt über kein Brennmaterial verfügen. Die Schriftleitung unseres Blattes wird fortgesetzt mit Zuschriften bestürmt, die bittere Klagen über diese Zustände darstellen. Wir möchten den Herrn Verteilungskommissar bitten, die Bonner Kohlenverhältnisse sich einmal näher anzusehen und empfehlen ihm die nachstehende Zuschrift einer Hausfrau, die ihm ein Bild der Sachlage gibt:
Verehrter General-Anzeiger!
Im vergangenen Sommer sandte ich Ihnen einmal eine Aufstellung über das, was die Stadt Bonn ihre „Kohlenversorgung“ nennt. Sie waren so liebenswürdig, damals meine Ausführungen in Ihrem Blatt zu veröffentlichen. Geholfen hat das zwar gar nichts. Trotzdem hege ich die Hoffnung, daß eine gleichartige Aufstellung über die „Winterversorgung“, ebenfalls bei Ihnen abgedruckt, endlich Veranlassung geben würde, die verantwortliche Stelle von der Unzulänglichkeit der verabfolgten Kohlenmenge zu überzeugen und sie zu veranlassen, andere Verfügungen zu treffen.
Es gibt im Winter monatlich vier Kohlenkarten, wovon jede zum Bezug von 1 Zentner Kohlen oder 1¼ Zentner Briketts berechtigt. Bleiben wir bei den Briketts, da dieselben so ziemlich allgemein das Heizmaterial des Küchenherdes darstellen, auch in den Waschküchenöfen ihren Zweck erfüllen. Man bekommt also für 30 Tage 5 Zentner Briketts, das sind gut 450 Stück, also pro Tag 15 Briketts. Damit muß gekocht werden – in der brotarmen Zeit morgens, mittags und abends zum mindesten eine Suppe oder ein Gemüse mit Kartoffeln. Auch muß die Küche als einziger Raum, den die Familie beheizen kann, warm gehalten werden, da alle Arbeiten der Hausfrau und die Schularbeiten der Kinder darin erledigt werden müssen. Die Hausfrau muß aber on diesen 15 Briketts noch etwas zu ersparen suchen, denn sie muß ihre Wäsche kochen – bei dem schlechten Seifenersatz möglichst zweimal – und muß diese Wäsche auch, wenigstens zum größten Teil, bügeln. Wer ist verantwortlich für die unserer Kohlenversorgung zugrunde gelegte Annahme, daß die gegebene Menge zu all diesem genüge?
Wäre die Lage nun so, wie sie z. B. bei der Brotversorgung ist, so müßte jede Beschwerde schweigen. Wir wissen, jeder bekommt so viel Brot, als ihm zugestanden werden kann. Die Umstände, unter denen eine Person mehr Brot erhält als die Allgemeinheit, sind von jedem als maßgebend anerkannt, und niemand verlangt mehr Brot, weil jeder weiß, es ist einfach nicht mehr da. Das Vorhandene ist gerecht verteilt. Aber bei der Bonner Kohlenverteilung hapert es mit der Gerechtigkeit, und zwar in zwei sehr bösen Punkten. Erstens bekommt jede Familie, mag sie nun zwei oder neun Köpfe stark sein, dieselbe Kohlenmenge. Und zweitens bekommt die Hausfrau, welchen einen Gasherd besitzt und darauf kocht, genau so viel Kohlen wie die andere, welche auf diese Annehmlichkeit verzichten muß.
Ist es nötig, noch deutlicher zu beweisen, daß unsere Kohlenversorgung auf falschem Wege ist und baldigst umkehren muß, wenn die Volksstimmung nicht noch mehr erregt werden soll?
Wir wissen nicht, ob in anderen Städten ähnliche Zustände herrschen. Jedenfalls glauben wir aber sagen zu dürfen, daß die Einsenderin durchaus das Richtige ausspricht, daß die Bonner Kohlenversorgung zwingend und unabweislich einer alsbaldigen Aenderung bedarf.
Zentrumswählerversammlung. Man schreibt uns: Nach dem Bericht über die Versammlung vom 9. Dez. (Nr. 9905) machte der Vorsitzende, Herr Reichstagsabg. Chrysant, die Mitteilung, daß „Rechtsanwalt Henry der Partei sein Mandat (als Kandidat für die Reichstagswahl am 15. Dez.) wieder zurückgegeben habe“. Dieser Satz könnte dahin mißverstanden werden, als habe Herr Henry seine Kandidatur zurückgezogen. Dies ist nicht der Fall. Herr H. hat unter Hinweis auf seine militärischen Verhältnisse, welche ihm das persönliche Eingreifen in einen Wahlkampf erschweren, und auf die Einigkeit in seiner Partei, die ihm „gerade in diesen schweren Zeiten besonders am Herzen liege“, brieflich erklärt, er „werde keinerlei Schritte mehr für seine Wahl unternehmen und gebe dem Vorstand der Partei die volle Freiheit der Entschließung zurück“. Die Erklärung des Vorsitzenden, daß für den Vorstand keine Veranlassung bestehe, von der Kandidatur Henry abzugehen, ist bereits aus Ihrem Bericht bekannt. Ich erlaube mir nur noch hinzuzufügen: Der Vorsitzende hat die Versammlung in aller Form befragt, ob Jemand nicht einverstanden sei, und nicht ein einziger hat dagegen gestimmt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Reichstagswahl. In der öffentlichen Zentrumsversammlung vom 9. Dezember verlas der stellvertretende Vorsitzende Herr Chrysant, M. d. R., einen Brief des Herrn Rechtsanwalts Henry, durch welchen dieser mitteilte, daß er seine Kandidatur für die Reichstagswahl zurückziehe.
Durch diesen dankenswerten Entschluß ist die Einigkeit in unserer Partei wieder hergestellt.
An die Stelle von Herrn Rechtsanwalt Henry tritt also der von dem Bonner Zentrumsvorstand an 2. Stelle genannte Herr Justizrat Dr. Abs. Derselbe hat erklärt, daß wenn er gewählt wird, er die Wahl annimmt und daß er der Zentrumsfraktion beitreten wird. Letztere Erklärung erübrigte sich eigentlich insofern, als hierüber niemals ein Zweifel bestand, da Dr. Abs lange Jahre der Vorsitzende des Zentrumsvereins des Wahlkreises Bonn-Rheinbach war.
Dadurch, daß Herr Justizrat Dr. Abs erklärt, daß er die Wahl annehme und Herr Rechtsanwalt Henry, daß er davon zurücktrete, sind die Wahlverhältnisse geklärt, so daß nicht zur Freude der Gegner ein innerer Wahlkampf in der Zentrumspartei stattfindet, wofür diese Herrn Henry Dank schuldet. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung)
Weihnachtseinkäufe. Ein starker Verkehr entwickelte sich am verflossenen Samstag (Feiertag) und Sonntag in den hiesigen Kaufläden. Besonders waren es die Geschäfte, welche Weihnachtsartikel verkaufen, welche von Kauflustigen außerordentlich stark besucht waren.
Zentrumswähler-Versammlung. Der Bonner General-Anzeiger berichtet: Bonn, 10. Dezember. Gestern fand [...] [wortwörtliche Wiedergabe des GA-Artikels vom Vortage]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 12. Dezember 1917
Die Kleingeldknappheit. Man schreibt uns: Durch die Tageszeitungen ging die Notiz, daß alles Nickelgeld eingezogen würde. Die Nachricht ist unwidersprochen geblieben, und da sich auch schon wieder starke Knappheit an 10- und 5-Pfennig-Stücken bemerkbar macht, wäre es wohl angezeigt, daß sich die Stadtväter über eine erhöhte Neuauflage der 10- und 5-Pfennig-Stücke schnell schlüssig würden. Daß die Handelskammer schon längst eine weit größere Menge von 50-Pfennig-Scheinen hätte herausgeben müssen, wird nicht bestritten werden können. Zustände wie im vorigen Jahr mit zerrissenen und beschmutzten Briefmarken möchte doch niemand wieder haben. Zugleich möchte ich noch erwähnen, daß das Kupfergeld, das vor dem Kriege in Preußen kaum noch Kurs hatte, jetzt zu großer Beliebtheit gelangt ist, die Gründe liegen ja auf der Hand. Da sollte nun in Schule und Haus eifriger darauf gesehen werden, daß die Sparkassen der Kinder kein gemünztes Geld enthalten. Unsere kleinen Scheine tun dieselben Dienste, und wer klug ist, gibt überhaupt seine Ersparnisse in runden Markbeträgen der Sparkasse.
Die weitere Ausgabe von Kriegsnotgeld steht bereits auf der Tagesordnung der übermorgigen Stadtverordnetensitzung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Tannenbäume sind Gegenstände des täglichen Bedarfs. Um Preistreibereien auf dem Tannenbaummarkt zu verhindern, erklärt das Kriegswucheramt, daß Tannenbäume für die Weihnachtsfeier als Gegenstände des täglichen Bedarfs im Sinne der Preiswucherverordnung anzusehen sind.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bonner Kohlenversorgung. Was hat es für einen Wert, daß die Stadt Bonn Kohlenkarten und einzelne Kohlenmarken verteilen läßt, aber nicht dafür sorgt, daß man für die Marken auch sein Quantum Kohlen bekommt. Dann wäre es doch richtiger, die Kosten für das Drucken der Karten zu sparen.
Schreiberin dieses konnte im November für ihre Marken, trotzdem sie 3 Wochen beim Kohlenhändler lagen, keine Kohlen bekommen und jetzt im Dezember soll sie anscheinend wieder nichts erhalten. Der eine Kohlenhändler hat keine Leute, um sie zu überbringen, ein anderer hat keine hat keine Kohlen, ein dritter nimmt keine Kunden mehr an, ein vierter darf nichts verkaufen usw. Dazu erklärt die Stadt schließlich noch die Marken für verfallen.
Was ist da zu machen und wo soll es hin, wenn es den ganzen Winter so weiter geht? Damit soll man im Krieg und bei größter Kälte durchhalten und aushalten? Es wäre ratsam, einen bestimmten Kohlenhändler anzuweisen, der die Kohlen zu liefern hätte, ähnlich wie bei Lieferung von Butter, Fett und Eiern. Außerhalb Bonns scheint es viel günstiger mit der Kohlenversorgung bestellt zu sein. In Cöln haben die Leute für den ganzen Winter ihren Kohlenbedarf im Keller und auch anderweitig hört man, daß es besser bestellt ist. Nur Bonn läßt seine Bürger in diesem Punkte im Stich. Dringende Abhülfe tut not. Im Namen vieler Bonner Bürger.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Zur Kohlenversorgung. Die Versorgung mit Brennmaterial in Bonn ist z. Zt. derartig schlecht, daß es ausgeschlossen erscheint, den einzelnen Haushaltungen für den Monat Dezember die zustehenden 4 Zentner Kohlen oder 5 Zentner Briketts zu beschaffen. Im Monat November sind einem großen Teil der Haushaltungen die 4 Kohlenkarten für den Monat faul geworden, weil es unmöglich war, Briketts oder Kohlen zu bekommen. Die Leute haben sich mit Brennholz, welches per Zentner mit 8, 9 und 10 Mark verkauft wird, ausgeholfen. In diesem Monat hat noch kein einziger Kohlenhändler seinen Auftrag an die zur Lieferung zuständige Stelle weitergeben können, da die Ortskohlenstelle die Bestellungen, welche nach Verfügung des Reichskommissars für die Kohlenverteilung abgestempelt sein müssen, abgestempelt hat und zwar aus dem Grunde, weil der Reichskommissar der Stadt Bonn nur ein Quantum von 8800 Tonnen für die Monate November, Dezember und Januar zugeteilt hat. Dieses zugebilligte Quantum entspricht dem Verbrauch von 2 Händlern und in Bonn hat man deren 62. Die Ortskohlenstelle steht nun in fortwährendem Schriftwechsel mit dem Reichskommissar, jedoch ziehen sich diese schriftlichen An- und Rückfragen bekanntlich immer sehr in die Länge und die arme Bevölkerung muß nun obendrein noch frieren.
Die jetzigen Zustände sind unhaltbar, wenn nicht schnellstens Abhilfe geschaffen wird. Täglich sieht man große Ansammlungen bei einzelnen Kohlenhändlern, die noch etwas Vorrat haben und die Leute müssen oft stundenlang warten, bis sie zuletzt 1 Zentner Kohlen oder 1¼ Zentner Briketts bekommen. Die Wanderungen mit Handwagen, Kinderwagen und dergleichen kann man täglich in der Stadt beobachten und ist es doch ein Jammer, wenn Frauen, die Nachts in den Fabriken in Troisdorf und Siegburg gearbeitet haben und der Ruhe dringend bedürfen, nun noch stundenlang, oft sogar die ganze Zeit, welche ihnen zum Schlafen nötig ist, auf die Jagd nach Brennmaterial gehen müssen. Dazu kommt noch, daß nicht jeder einen Handwagen oder sonstiges Transportgerät besitzt, zum Leihen eines Handwagens ihre Zeit opfern und für einen Handwagen, den sie schließlich erwischt haben, pro Stunde 20 bis 50 Pfg. Leihgebühr bezahlen müssen.
In der damaligen Reichstagssitzung erklärte der Reichskommissar, daß für den Hausbrand für die Bevölkerung ausreichend gesorgt sei. Dies trifft aber keinesfalls für Bonn zu. Es wäre doch wohl angebracht, hier umgehend Abhilfe zu schaffen und an der zuständigen Stelle in Berlin jemand vorstellig würde. Wenn nicht die Leute zu Weihnachten in kalten Räumen sitzen sollen, so wäre schnelle Abhilfe hier dringend am Platze.
Die Lebensmittelversorgung in Bonn klappt doch. Da gibt es nicht nur Karten, sondern auch etwas für die Karten. Vielleicht lassen sich die Herren der Ortskohlenstelle einmal von ihren Herren Kollegen im Lebensmittelamte erzählen, wie solche Rätsel zu lösen sind. Eine Belehrung in dieser schweren Zeit soll man nicht von der Hand weisen. Einer, der nicht gern im ungeheizten Zimmer sitzt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Donnerstag, 13. Dezember 1917
„Gedanken eines Frontoffiziers“ lautete der Vortrag, den der bayrische Leutnant Mehlhemmer Dienstag abend im Bonner Bürgerverein hielt. Der Redner sagte in gemütvoller süddeutscher Mundart den Zuhörern, was der Soldat an der Front von den Volksgenossen in der Heimat unbedingt erwarten müsse, weil der endgültige Sieg auch mit von dem Verhalten der Heimat abhängig sei. Die Friedenssehnsucht dürfte auf keinen Fall zur Verzagtheit führen. […] Die Friedensaussichten sind zurzeit zwar günstig, wir dürfen sie aber noch nicht überschätzen und die Gegner unterschätzen. Heldenmut und Heldengeist müssen sich auch im Innern des Landes noch immer betätigen, damit unsere Soldaten an der Front gestärkt werden. Wir müssen siegen, denn es wäre bitter, wenn wir nach all den großen Erfolgen nur deshalb Frieden schließen müßten, weil die Daheimgebliebenen die Forderungen der Zeit nicht verstehen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Kohlenversorgung in Bonn. Es wäre erwünscht, daß die Frage der Kohlenversorgung, die in Bonn recht „brenzelig“ geworden ist, am morgigen Freitag im Stadtverordnetenkollegium zu einer Aussprache führte, damit die minderbegüterte Bürgerschaft, die keine Vorräte im Keller hat, erfährt, inwieweit ihr durch die Stadtverwaltung geholfen werden kann. […]
Da Bonn, wie wir hören, schon jetzt die Menge an Kohlen und Briketts zugewiesen erhielt, die dem Friedensbedarf eines ganzen Jahres entspricht, so kann man es verstehen, daß der Reichskohlenkommissar uns nicht das Quantum gewähren kann, das von der Bürgerschaft angefordert wird. Als wir uns nach der Ursache des riesig gesteigerten Kohlen- und Brikettbedarf erkundigten, erhielten wir die Auskunft, daß nach bestimmter Annahme zahlreiche Bonner Familien sich auf mehrere Jahre mit Hausbrand eingedeckt haben und außerdem würden manche von diesen Familien noch die städtischen Zuweisungskarten benutzen. Die Kohlenzuweisung in Bonn ist nach der Einfuhr in Friedenszeiten berechnet. Die Knappheit in Bonn kann also sehr wohl auf das Hamstern zahlreicher Familien zurückgeführt werden. Hiergegen einzuschreiten, wenn diese Auffassung in größerem Umfang zutrifft, ist eine Pflicht unserer Stadtverwaltung gegenüber dem benachteiligten Teile der Bürgerschaft. Es sei die Bitte ausgesprochen, daß Herr Beig. Bottler, dem die Kohlenverteilung in Bonn untersteht, in öffentlicher Stadtratsitzung ein klares Bild der Sachlage gibt, damit mit etwaigen Schiefheiten in der öffentlichen Beurteilung der Situation aufgeräumt und der Weg zur möglichsten Abhülfe der Kalamität gewiesen wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vorbildlich. Ein armes Dienstmädchen am Münsterplatz hat sein einziges Schmuckstück, einen goldenen Ring, der Werberin für die Goldankaufstelle zugesagt, es hat nicht die vielen bequeme Ausrede gekannt, die „reichen Leute“ möchten erst heran. Wer will sich da noch beschämen lassen?
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 14. Dezember 1917
Der Verkehr bei der Goldankaufstelle am Münsterplatz hat an den letzten Tagen erfreulich zugenommen. Auch wertvolle Edelsteine wurden zum Verkauf eingebracht. Gerade in dem reichen und schmuckliebenden Bonn sind aber noch viele Edelsteine in Privatbesitz. Ihre Besitzer und Besitzerinnen sollten sich nicht länger von „kleinen Leuten“ beschämen lassen, die ihren einzigen Schmuck freudig hergeben, wie jenes arme Bonner Dienstmädchen, das (wie schon gestern berichtet wurde) seinen Goldring opferte, oder die alte Magd, die die ihr von der Kaiserin für lange treue Dienste verliehene Jubiläumsmünze ablieferte und auf die Frage, ob sie das gern tue, schlicht erwiderte: „Ich wüßte nicht, wem ich meine einzige Wertsache lieber geben könnte als dem Vaterlande.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die ersten Weihnachtsbäume sind hier eingetroffen. Gleichzeitig hat die Jagd nach Weihnachtskerzen eingesetzt. In langen Reihen stehen die Frauen vor den einschlägigen Geschäften und warten stundenlang, bis sie Einlaß erhalten.
Obstdiebstahl. Einen Sack Aepfel und zwei Säcke Birnen hatte der Vorarbeiter Gerhard Ke. in Bonn seinem Dienstherrn aus einem unverschlossenen Eisenbahnwaggon weggenommen. Das Landgericht Bonn hat ihn am 13. Juli wegen einfachen Diebstahls zu 1 Monat Gefängnis verurteilt. Seine Revision wurde jetzt vom Reichsgericht als unbegründet verworfen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verdunkelung gegen Fliegergefahr. Die Bürgerschaft wird an die genaueste Beachtung der Vorschriften über die Verdunkelung gegen Fliegergefahr nochmals ausdrücklich erinnert. Selbstverständlich sind nicht nur die Lichtquellen an den Vorder-, sondern auch an den Rückseiten der Häuser usw., insbesondere auch die Treppenfluren zu verdunkeln. Wenn die Schutzmaßnahmen für einzelne auch kleinere Nachteile mit sich bringen, so stehen diese gewiß in keinem Vergleich zu dem großen Nutzen, den die Verdunkelung der Gesamtheit bringt. Dieser Gedanke muß das kleine Opfer leicht erscheinen lassen. Die Lässigkeit Einzelner kann der Gesamtheit aber großen Schaden bringen. Die Jugend hat sich, wie lautgewordene Klagen beweisen, die Verdunkelung in unvorteilhafter Weise zu Nutzen gemacht. Jugendliche treiben sich vielfach auf den Straßen und Plätzen der Stadt in unpassender und belästigender Weise umher. An die Eltern und Vormünder ergeht das dringende Ersuchen, die Jugendlichen auf das Unpassende ihres Treibens hinzuweisen und gegen sie einzuschreiten. Auch verbietet die Verordnung des Gouverneurs der Festung Köln vom 14. Januar 1916 allen jugendlichen Personen beiderlei Geschlechts, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, auf öffentlichen Straßen und Plätzen nach Eintritt der Dunkelheit ziellos auf und ab zu gehen oder sich zwecklos dort aufzuhalten. Die Polizeibeamten sind angewiesen, in unnachsichtiger Weise einzuschreiten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 15. Dezember 1917
Die Bonner Zentrumspartei hatte auf dem Vorabend der Reichstagsersatzwahl eine Versammlung im katholischen Vereinshaus einberufen, welche Herr Reichstagsabgeordneter Chrysant eröffnete. Er begrüßte die Versammlung und den zu derselben erschienenen Geh. Justizrat Trimborn, den 2. Vorsitzenden der Zentrumsfraktion des Reichstags und gab dann eine ruhige, kurze Darlegung der Vorgänge, welche zur Aufstellung der durchaus ordnungsmäßig zu Stande gekommenen Kandidatur Henry geführt haben. Trotz der streng korrekten Haltung des Parteivorstandes habe eine Agitation zu Gunsten des Herrn Justizrats Abs eingesetzt, ein tief bedauerlicher Zwischenfall, eine schwere Verletzung der Parteidisziplin und vollends bedauerlich angesichts der großen und schweren Aufgaben, welche auch nach dem Kriege der Zentrumspartei warten. Dann sprach Herr Trimborn als Vorsitzender der Rheinischen Zentrumspartei in bald humorvoller, bald sehr ernster Weise, unter vielfachem Beifall, mit warmer Empfehlung des Herrn Henry, eines der besten und umsichtigsten Kreis-Vorsitzenden der Provinz, mit persönlicher Achtung des Gegenkandidaten, der ihm durch die Annahme der Gegenkandidatur eine schmerzliche Enttäuschung bereitet habe. Wenn die Aufstellung des Ersteren nicht legal erfolgt sei, dann gebe es überhaupt keine Legale mehr. Bei der Instanz, bei der Parteileitung der Provinz, habe kein Mensch Einspruch erhoben; wer danach sich nicht füge, vergehe sich schwer gegen die Parteidisziplin und bereite russische Zustände vor. Erheben Sie dagegen Protest durch um so entschiedenere Beteiligung an der Wahl. Abstellung der Preßbeschwerden in Bonn wäre besser gewesen als die Störung des Burgfriedens, nicht durch andere Parteien, sondern aus der Partei heraus, obwohl in der inneren und äußeren Politik kein Grund zu einer Spaltung gegeben war. […] Herr Henry wies ausdrücklich die Ausstreuung zurück, als sei er als Kandidat zurückgetreten. Das schwere Amt des Volksvertreters werde er im Fall seiner Wahl übernehmen, gestützt auf das Vertrauen seiner Freunde, hinter sich die rheinische Zentrumspartei, als Zentrumsmann durch und durch, eifrig arbeitend im Dienst des Vaterlandes. (Stürmischer Beifall)
Vom Schöffengericht. […] Die Ehefrau K. aus Muffendorf hatte am 3. Juli 20 Pfund Johannisbeeren für je 45 Pfg. nach Godesberg verkauft, während der Erzeugerhöchstpreis nur 33 Pfg. zuließ. Die Angeklagte machte geltend, daß sie sich hierzu durch das Vorgehen der Gemeinde Godesberg selbst habe bestimmen lassen, welche die Johannisbeeren in Muffendorf aufkaufen ließ und mit 40 Pfg. pro Pfund bezahlte. Im Kleinhandel hielt Frau K. den Preis von 45 PFg. daher für mäßig und erlaubt. dAs Gericht war jedoch anderer Meinung und erkannte auf 120 Mark Geldstrafe. Bezüglich der vielseitig beobachteten Handlungsweise seitens der Kommunalverbände, daß sie bei Auf- und Verkäufen die Höchstpreise außer acht gelassen hätten, bemerkte die Staatsanwaltschaft, daß hierüber gegenwärtig eine ganze Reihe von Ermittlungsverfahren schwebten und daß die Verordnungen solchen Verbänden auch Ausnahmen gewährten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Auf der Remigiusstraße und der angrenzenden Marktbrücke trieben sich vorgestern abend gegen ½8 Uhr wieder etwa 50 bis 60 halbwüchsige Burschen und Mädchen umher, zum Aerger der Passanten. Hauptsächlich machen die jugendlichen Umhertreiber jetzt die völlig in Dunkelheit gehüllte Marktbrücke und den Römerplatz unsicher. Leider war wieder kein Polizeibeamter zu sehen, der dem tollen Treiben Einhalt geboten hätte. Mehrere Anwohner des Römerplatzes und der Marktbrücke.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Lengsdorf: Am Donnerstag abend verhaftete der hiesige Feldhüter Nettekoven einen entflohenen Kriegsgefangenen und brachte ihn aufs Bürgermeisteramt nach Duisdorf. Hier stellte es sich heraus, daß es ein aus Gießen entwichener Engländer war, der sich schon längere Zeit in den hiesigen Waldungen aufgehalten hatte. Am anderen Morgen wurde er nach Bonn abgeführt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Zur Kohlennot. Mit Befriedigung habe ich das Eingesandt wegen der Kohlenfrage in Ihrem geschätzten Blatte gelesen, ab er den Hauptgrund, warum wir armen Leute keine Kohlen bekommen, hat Einsender offenbar nicht gekannt. Erstens die Leute in den bessern Straßen, als wie Koblenzerstraße, Argelanderstraße usw. bekommen die Kohlen fuhrenweise, resp. haben Sie bekommen. Dort kann man die Wagens mit Briketts vollbeladen überall anfahren sehen, weil die Herrschaften 50 Pfg. bis 1 Mark Bringerlohn bezahlen, also die werden von einem Teile der Kohlenhändler am ersten versorgt und wir armen Leute stehen vor leeren Hütten oder müssen von 2 bis 6 Uhr stehen, ehe man an die Reihe kommt, und zum Schluß ist ausverkauft. Dann kann man 1 Mark für den Wagen bezahlen und ist zum Umfallen müde. Am andern Tage gehts wieder so. Mir hat es heute noch so gegangen; wir zwei Frauen sind mit der Karre zu einem Geschäft gefahren, das hatte den ganzen Hof voll Briketts und gab keine ab. Es wurde gesagt, die wären der Ortskohlenstelle. Wir fuhren zu einem zweiten Kohlenhändler; der hatte auch den Hof voll Briketts liegen. Die gehören der Stadt Bonn, sagte er, er dürfe keine abgeben. Wir nahmen uns denn jeder einen Zentner Brand mit, was meistens anstatt Kohlen Steine sind und kamen um ½5 Uhr müde zum Umfallen nach Hause. Ich bin 60 Jahre und die andere Frau 45 und kränklich. Was sagen nun die Herren dazu? Warum bekommen die Kohlenhändler in der Stadt die Kohlen nicht, sie sind doch da? Eine Abonnentin.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Die Stadtverordneten […] Eine größere Auseinandersetzung knüpfte sich an einen Wahlrechtsantrag des Stadtverordneten Henry, der eine Erweiterung des Wahlkörpers, in den einzelnen Abteilungen bezweckte. Bei dieser Gelegenheit machte Stadtverordneter Schmidt den Zentrumswählern den Vorwurf, sie hätten bei den letzten Wahlen in der zweiten Abteilung nur ihren Kandidaten gewählt, während die Liberalen auch für den Zentrumskandidaten gestimmt hätten; wodurch die Liberalen ein anderes Gefühl für politischen Anstand bewiesen hätten. Stadtverordneter Henry widersprach dieser doch sicher naheliegenden Auffassung. Die Stadtverordneten Geheimrat Schultze und Dr. Krantz traten für die Beibehaltung des gegenwärtigen Zustandes ein, bei dem, wie Geheimrat Schultze glaubt, die Stadt Bonn nicht so schlecht gefahren sei. Der Antrag Henry wurde mit 18 [Liberale] gegen 15 [Zentrum] Stimmen abgelehnt.
Stadtverordneter Schmitz hatte beantragt, ärmeren Familien mehr Kohlen zu liefern. Was aber nach den Ausführungen des Beigeordneten Bottler nicht durchführbar ist. An die Inhaber der Lebensmittelkarten A soll jedoch ein Zentner Rohbraunkohlen aus dem Bestande abgegeben werden. Weitergehende Anträge sollen im Kohlenausschuß beraten werden. […]
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 16. Dezember 1917
Die Goldaufkaufwoche geht am heutigen Sonntag zu Ende. Wie die staatlichen und städtischen Behörden, so haben auch die Geistlichen aller Glaubensbekenntnisse das vaterländische Werk, die Goldrüstung der Reichsbank und damit die Rüstung des Reiches in diesem furchtbaren Kriege zu stärken, allen ans Herz gelegt. Hoffentlich wird die Mahnung von denen, die ihre vaterländische Pflicht noch nicht erfüllt haben, noch in letzter Stunde beherzigt. Die Goldankaufstelle am Münsterplatz ist am heutigen Sonntag nur noch von 10 bis 12 Uhr vormittags geöffnet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Mehrere Einbruchdiebstähle wurden in der Nacht zum 13. Dezember hier verübt. In einem Geschäft am Dreieck stiegen Diebe durch das Oberlicht ein und entwendeten Lederwaren, Sohlenleder und Oberleder im Werte von annähernd 2400 Mk. In der Marienstraße stahlen drei junge Burschen von hier nachts für mehrere tausend Mark Kleidungsstücke, Wäsche, Lebensmittel usw. Auf dem Kaiserplatz stellte ein Kriminalbeamter die schwer bepackten Diebe und verfolgte sie bis zur Bornheimerstraße. Während es zwei der Spitzbuben gelang, zu entkommen, wurde der dritte, ein Soldat, von dem Beamten festgenommen. Auf der Sternstraße entlief plötzlich der Soldat, blieb aber schließlich stehen, als der Beamte ihm einen Revolverschuß nachsandte. Die beiden entflohenen Spitzbuben konnten am andern Morgen aus dem Bett heraus festgenommen werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
In der Zentrumsversammlung, die am Freitag abend im Katholischen Vereinshause stattfand, und von etwa 150 Personen besucht war, wies Abgeordneter Chrysant darauf hin, daß die Kandidatur Henry ordnungsmäßig zustandegekommen sei. Geheimrat Trimborn begann mit einer Empfehlung des Herrn Henry und führte weiter aus: Wer sich nicht füge, vergehe sich schwer gegen die Parteidisziplin. Wir hätten noch keine russischen Zustände. Es sei besser gewesen, die Beschwerden über die Presse abzustellen, als den Burgfrieden in der Partei zu stören. In seiner weiteren Ausführung berührte er die Kriegsziele, die Kriegspolitik des Zentrums und den Kanzler. Rechtsanwalt Henry bezeichnete es als unrichtig, daß er als Kandidat zurückgetreten sei. In der darauffolgenden Diskussion wurde nachdrücklich und energisch Einspruch gegen die Worte des Herrn Chrysant erhoben, daß die Aufstellung des Kandidaten ordnungsmäßig vor sich gegangen sei. An dieser Diskussion beteiligten sich u. a. Sanitätsrat Dr. Schmitz u. Studiosus Orth; Herr Geheimrat Trimborn zog es vor, während derselben die Versammlung zu verlassen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 17. Dezember 1917
Vom Wohnungsmarkt. Die brennende Frage, die das deutsche Volk unmittelbar nach Friedensschluß zu lösen hat, ist die Wohnungsfrage. Behörden und Vereinigungen sind deshalb schon seit längerer Zeit tätig, um die nötigen Unterlagen zur Beantwortung dieser Frage zu beschaffen. So hat denn auch das Kaiserliche statistische Amt in Verbindung mit dem rheinischen Verein für Kleinwohungswesen eine Untersuchung über den Wohnungsmarkt in einer ganzen Reihe rheinischer Gemeinden angestellt, deren Ergebnis nunmehr vorliegt. In Bonn waren am 16. Oktober 1916 20.482 Wohnungen vorhanden, und zwar 4471 mit je 1 bis 2, 4370 mit je 3, 4150 mit je 4, 2505 mit je 5 und 4986 mit mehr Wohnräumen. Davon standen 875 = 4,3 Prozent leer. Darunter waren 563 Kleinwohnungen mit 1 bis 4 Wohnräumen. Die Bautätigkeit im Jahre 1917 war naturgemäß sehr gering. So ist im dritten Vierteljahr 1917 nur ein einziges neues Haus gebaut worden, und dies ist nicht einmal ein Wohnhaus. – In Godesberg waren am 1. Dezember 1916 3424 Wohnhäuser vorhanden, von denen 3410 je 1 bis 4 Wohnungen haben. Darunter sind 2256 Einfamilienhäuser. Nur 14 haben mehr Wohnungen. Die Zahl der Wohnungen betrug 5139, und zwar 426 mit je 1 bis 2, 998 mit je 3, 1119 mit je 4, 724 mit je 5 und 1872 mit mehr Wohnräumen. Davon standen 102 = 2 Prozent leer, darunter 53 Kleinwohnungen mit je 1 bis 4 Wohnräumen. […] Das Gesamtergebnis zeigt, daß in den meisten Städten nach dem Kriege unbedingt eine Wohnungsnot zu erwarten ist, ja daß sie in einzelnen Städten bereits besteht. Es ist deshalb notwendig, daß überall schleunigst die nötigen Vorarbeiten in Angriff genommen werden, damit sofort nach Beendigung des Kriegs mit dem Bau von Kleinwohnungen begonnen werden kann.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bei der vorgestrigen Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise Bonn-Rheinbach kann nach den bisher vorliegenden Ergebnissen Rechtsanwalt Johann Henry als gewählt angesehen werden. Die Wahlbeteiligung betrug infolge des Wahlkampfes innerhalb der eignen Partei etwa 10 v. H. gegen 80 v. H. bei der Wahl im Jahre 1912. In Bonn-Stadt wurden abgegeben für Rechsanwalt Henry 1314 Stimmen, für Rechstanwalt Justizrat Dr. Abs in Bonn 919 Stimmen.
Aus dem Landkreis Bonn: Ippendorf: Abs 18, Henry 21. Godesberg: Abs 40, Henry 208. Buschdorf: Abs 16, Henry 16 […] Beuel: Abs 42, Henry 117 […].
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Meldung zum vaterländischen Hilfsdienst. Wir weisen besonders auf die in der heutigen Nummer enthaltene Aufforderung des Oberbürgermeisters zur Meldung für den vaterländischen Hilfsdienst hin. Hiernach sind sämtliche männliche Deutsche und Angehörige der österreichisch-ungarischen Monarchie zur Meldung verpflichtet, soweit sie nicht unter 17 und über 60 Jahre sind, zum aktiven Heere oder zur aktiven Marine gehören oder auf Grund einer Reklamation vom Dienste im Heere oder in der Marine befreit sind. Nicht nochmals zu melden brauchen sich diejenigen Hilfsdienstpflichtigen, die sich bereits gemeldet haben und dies durch Vorlegung des gestempelten Abreißstreifens der Meldekarte nachweisen können.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 18. Dezember 1917
Die Universität Bonn im dritten Kriegsjahre.
In der soeben erschienenen Chronik der Universität Bonn für das am 31. März 1917 beendete Rechnungsjahr 1916 berichten die beiden Rektoren des Jahres, Geheimrat Anschütz und Geheimrat Ribbert, über „Die Universität Bonn im dritten Kriegsjahre“. Sie erwähnen die glänzenden Erfolge unseres Heeres und unserer Uboote und stellen fest, daß am Betrieb der Universität die Kriegsereignisse nichts zu ändern vermochten. Wenn auch die große Mehrzahl der Studierenden im Kriegsdienste weilte und im Wintersemester die jungen, teils schon mit Ehrenzeichen geschmückte Kommilitonen nicht einmal mehr zur Immatrikulation zu kommen brauchten, wenn ferner auch das Hilfsdienstgesetz der Universität eine größere Zahl Studierender entzog, so konnte doch der Unterricht in Hörsälen, Seminaren und Instituten fast im Friedensumfange aufrecht erhalten werden; denn vor allem galt es, die nicht mehr kriegsverwendungsfähigen und die beurlaubten Studenten in ihren Studien mit allen Kräften zu fördern. [...] Bis zum Schluß des Berichtsjahres waren 385 Studenten gefallen [...]. Auf Anregung des Rektors Anschütz wurden die Bilder der Gefallenen gesammelt und unter Glas und Rahmen in der Wandelhalle des Universitätsgebäudes angebracht. Der Vereinslazarettzug K 1 hat im Berichtsjahr mit 34 Fahrten 251 Offizieren und 8222 Unteroffiziere und Mannschaften nach Deutschland befördert; die Spenden für den Zug betrugen außer zahlreichen Liebesgaben129.296 M., ausgegeben wurden 121.122 M. [...] Endlich wurde den im Felde stehenden Kommilitonen, soweit ihre Anschriften bekannt waren, der von Rektor Anschütz herausgegebene „Ostergruß“ gesandt. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Gouverneur der Festung Cöln hat eine Verordnung erlassen, durch die den politischen, insbesondere Wahl-Vereinen auf Grund des § 9 b des Gesetzes über den Belagerungszustand verboten wird, eine auf Werbung von Angehörigen des Heeres und der Marine hinzielende Tätigkeit zu entfalten.
Wieder ein Handtäschchendiebstahl. Ein junger Bursche entriß am Sonntag abend in der Wilhelmstraße einer Dame das Handtäschchen mit etwa 200 Mark Inhalt. Es gelang dem Spitzbuben in der Dunkelheit zu entkommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Wohltäterin. Man schreibt uns: Am 15. Dezember 1917 verschied nach kurzem Leiden, infolge Altersschwäche, im 87. Lebensjahre, versehen mit den heiligen Sterbesakramenten, Fräulein Elisabeth Burgwinkel. [...] Besonderes Verdienst erwarb sich die Verstorbene um die Gründung und den Fortbestand des St Agnes-Stifts, das den Zweck hat, sittlich gefährdeten und der Fürsorge bedürftigen weiblichen Personen Erziehung, Schutz und Hilfe zu gewähren. Dieser Anstalt brachte sie bis zum letzten Tage ihres Lebens warmes Interesse entgegen, ihr opferte sie freudig ihre Zeit und ihre Kräfte. Am Mittwoch, den 19. Dezember, findet in der Kapelle des St. Agnes-Stifts, Rheindorferstraße 151, für die Seelenruhe der verstorbenen Wohltäterin genannter Anstalt um 8 Uhr ein Requiem statt, wozu die Mitglieder des St. Agnes-Vereins, wie auch Freunde und Bekannte der Verstorbenen und Gönner der Anstalt eingeladen werden.
Sauerkraut mit Schweinefleisch und Kartoffeln gab es gestern in den Bonner Kriegsküchen. Das Essen scheint es einer Reihe von regelmäßigen Besuchern angetan zu haben. In mehreren Zuschriften an uns kommt die höchste Befriedigung über diese Mittagskost zum Ausdruck und die dringende Bitte, die Kriegsküchen möchten jede Woche einmal den Speisezettel mit diesem Gerichte versehen. – Weshalb mundet nun dieses Sauerkraut so vorzüglich? Es ist eben „Bonner Sauerkraut“, vom Bonner Lebensmittelamt unter sachkundiger Leitung peinlichst und sorgfältigst hergestellt nach rheinischer Art. Die Zuschriften in ihrer Einfachheit besagen mehr als lange Artikel in allen möglichen Blättern, wie sie z. B. über die Kölner Sauerkraut-Fabrikation zu lesen waren. Ob das so im voraus gerühmte Sauerkraut auch in den Kriegsküchen solche Verehrer findet, muß abgewartet werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 19. Dezember 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
Die etwas reichlichere Ausgabe von Lebensmitteln für die Weihnachtswoche hat in der Bürgerschaft großen Anklang gefunden. Die Zufriedenheit hierüber prägt sich äußerlich sogleich in der Teilnehmerzahl der Kriegsküchen aus, die um etwa 400 Teilnehmer gesunken ist. Erfreulicherweise sieht man hierin das gute Zeichen, daß das Selbstbestimmungsrecht der Familien über Kochangelegenheiten unerschüttert ist. Das deutsche Familienleben baut sich eben auf so schönen Grundsätzen auf, daß auch Sorge, Entbehrung und schwere Zeit es nicht erschüttern können. Leider können diese reichlichen Zulagen in den nächsten Wochen nicht weiter gegeben werden, da zur glatten Durchführung unserer Ernährung äußerste Sparsamkeit geboten ist. Aus diesem Grunde sind die Zuweisungen der Reichsstellen an Nährmittel zurzeit, wo die Kartoffeln noch gut und verhältnismäßig reichlich in den Familien vorhanden sind, auch sehr spärlich. Die Vorräte werden für die Monate Mai, Juni und Juli, die kurz vor der neuen Ernte stets am schwierigsten zu überwinden sind, aufgespart.
[...]
Das Ergebnis der Volkszählung am 5. Dezember ist folgendes: Es sind in Bonn insgesamt 86.394 Personen anwesend, davon 36.335 Männliche und 50.059 Weibliche, in der Gesamtzahl sind 7441 Militärpersonen und Kriegsgefangene enthalten. Das Ergebnis bedeutet eine erfreuliche Zunahme der Einwohnerzahl gegen die Volkszählung vom 1. Dezember 1916, die insgesamt 83.778 anwesende Personen ergab. Es sind dies also 2883 Personen mehr ortsanwesend gewesen. Der Zuzug ist in erster Linie auf die starke Belegung der benachbarten königlichen Werke zurückzuführen, deren Arbeiter mit Rücksicht auf die unzureichende Wohngelegenheit in Siegburg vielfach Bonn als Wohnsitz in Anspruch nehmen.
Nicht so günstig ist die Zählung der leerstehenden Wohnungen und Geschäftsräumen ausgefallen, denn sie hat nur insgesamt 274 leerstehende Wohnungen und darunter nur 66 leerstehende Ein- und Zweizimmerwohnungen sowie 97 leerstehende Ladenräume und 63 leerstehende Werkstätten, Fabrikräume und sonstige Gewerberäume. Wenn man den Prozentsatz der leerstehenden Wohnungen im Vergleich zu den überhaupt vorhandenen Wohnungen herausrechnet, so sind in Bonn rund 1,3 Proz. leerstehende Wohnungen vorhanden. Statistisch spricht man von Wohnungsknappheit, wenn der Prozentsatz der leerstehenden Wohnungen unter 3 Prozent sinkt. Dieses Bild kann sich jedoch leicht verschieben, wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme, namentlich der kleinen Wohnungen, nicht mehr so dringend sind, also wenn z. B. die Belegschaft der Industrie in Bonn und Umgebung nicht mehr so stark ist. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Vorträge. Je weiter der Weltkrieg fortschreitet, desto mehr gestaltet er sich zu einem Zweikampf zwischen Deutschland und England, das uns wirtschaftlich niederringen und seine Machtstellung in Europa vervollständigen will. Daß diese Machtstellung untrennbar mit dem Schicksal Belgiens verbunden ist, zeigte gestern abend Herr Geheimrat Prof. Dr. Zitelmann von der Universität in einem auf Einladung des Verbandes Bonner Frauenvereine im Kunsthistorischen Auditorium gehaltenen Vortrage. Da das Schicksal Belgiens eine Hauptfrage des deutschen Schicksals in der Zukunft ist, so müssen wir vor allem dafür sorgen, daß unser deutsches Vaterland stark gesichert dasteht, so daß eine Wiederholung dieses mörderischen Kampfes für die Zukunft ausgeschlossen ist und daß Belgien nicht zu einem Aufmarschgebiet für französische und englische Heere werden kann. Auf die bekannte Reichskanzlerrede vom Anfang August 1914 eingehend, zeigte er unter Hinweis auf den Bruch der Neutralität Belgiens schon vor dem Kriege, daß wir vom völkerrechtlichen Standpunkt aus berechtigt sind, Belgien so zu behandeln, wie unsere Gegner Frankreich und England. Dem Gedanken einer Einverleibung oder Eingliederung Belgiens stehen starke Bedenken entgegen, weil die Geschlossenheit unseres Volkstums durch die Aufnahme eines feindlichen Volkes von 7 ½ Millionen Einwohnern gefährdet würde. Der Redner schlug deshalb einen Mittelweg vor, derart, daß Belgien als selbständiges Staatswesen mit freier Kirchen-, Schul- und Justizverwaltung bestehen bleibt, aber unsere politischen, wirtschaftlichen und militärischen Interessen vollauf bewahrt bleiben. Den eingebenden Erörterungen über dieses hochwichtige Zukunftsproblem und über seine Lösung folgte die Hörerschaft mit regster Anteilnahme.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegsküche Poppelsdorf. Seit einigen Tagen mache ich die Beobachtung, daß das Essen, welches vom vergangenen Tage war, wieder mit vermischt war. Ich glaube, daß dies nicht nötig ist. Auch brauchen wir Teilnehmer dies nicht zu dulden. Auch geht die Verteilung der Tageskarten auf Gunst: dieses behaupte ich auf eigene Wahrnehmung hin. J. R.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Zwei Kinder verbrannt. In der Nacht zum Dienstag kam in der Rheingasse eine Frau, deren Mann in russischer Kriegsgefangenschaft ist, nachts um 1 Uhr nach Hause, wo sie ihre beiden Kinder im Alter von einem und drei Jahren verbrannt auffand. Sie waren bei einem Zimmerbrande ums Leben gekommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 20. Dezember 1917
Braunkohlen. Auch die Ortskohlenstelle will die Einwohner zu Weihnachten etwas besser versorgen, jede Haushaltung kann einen Zentner Braunkohle beziehen. Die Karten dafür müssen bei der Ortskohlenstelle abgeholt werden. Wir verweisen auf die Anzeige in dieser Zeitung.
Zigaretten. Um einer Schädigung sowohl des Steueraufkommens als auch des kaufenden Publikums infolge der starken Steigerung der Zigarettenpreise tunlichst entgegenzutreten, ist für den Bereich der Oberzolldirektion folgendes angeordnet worden. Die Zigarettenverkäufer sind verpflichtet, die Stückpreise der aus geöffneten oder bereits angebrochenen Umschließungen zum Verkauf kommenden Zigaretten in einer den Käufern allgemein sichtbaren Weise an den Umschließungen oder deren Aufbewahrungsstelle anzubringen. Auch ist in der Verkaufsstelle ein Preisverzeichnis über sämtliche zum Verkauf kommenden Zigaretten und Zigarettentabake an auffallender Stelle auszuhängen. In den Wirtschaften und Gasthäusern dürfen Zigaretten nur aus den Packungen heraus und nicht lose von Tellern oder dergl. verkauft werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Bücher- und Lesehalle in der Quantiusstraße ist seit Sonntag geschlossen, und zwar „wegen Kohlemangels“, wie angeschlagen ist. Von den Freunden der Lesehalle wird dies in Zuschriften lebhaft beklagt.
Erweiterung der Bezugsscheinpflicht. Immer tiefer in das bürgerliche Leben greift die behördliche Regelung. Vom 1. Januar sollen, wie verlautet, Fahrten mit Autodroschken nur noch für kriegswichtige Angelegenheiten gestattet sein. – Weiter hört man, daß imprägnierte Dauerwäsche und mit Webwaren überzogene Papierkragen, nach einer Verordnung der Reichsbekleidungsstelle, bezugsscheinpflichtig seien.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Zigarren-Abschnitt-Sammelverein hielt am Sonntag in dem mit zwei großen Weihnachtsbäumen geschmückten Saale des Bürgervereins seine 41. Weihnachtsfeier ab, zu der sich die Besucher sehr zahlreich eingefunden hatten. Die Feier verlief wieder äußerst stimmungsvoll. Nach einem einleitenden Gesangsvortrag des Männerchores, der sich auch in diesem Jahre in den Dienst der guten Sache gestellt hatte, dankte der Vorsitzende, Herr Polizeikommissar Flaccus, mit herzlichen Worten den Gönnern und Freunden des Vereins. Ihre Opferwilligkeit habe es dem Verein wieder ermöglicht, auch diesmal 100 Kinder mit Schuhen und Unterzeug zu versehen und 25 Verwundete zu bescheren. Immer schwerer werde dem Verein seine Aufgabe, habe er doch heuer 5000 Mark Ausgaben, aber hoffentlich werde die Gebefreudigkeit der Mitbürger ihn auch über diese schwerste Zeit hinwegkommen lassen und im nächsten Jahre wieder das Weihnachtsfest wirklich wieder ein Fest des Friedens sein. Es wechselten dann die Gesangsvorträge des Männerchores mit den von Fräulein Wrede sorgfältig vorbereiteten lebenden Bildern ab. Die Bilder wurden jedes Mal mit einem erklärenden Gedichte eingeleitet und fanden bei jung und alt großen Beifall, vor allem der ersehnte Friede, der im letzten Bilde den Krieg ablöste, wurde hoffnungsfroh begrüßt. Im Anschluß an diese öffentliche Feier, deren hoffentlich ansehnlicher Ertrag die Wohltätigkeitskasse des Vereins stärken soll, fand die Bescherung der Kinder und der Verwundeten statt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 21. Dezember 1917
Universität. Die Zahl der immatrikulierten Studierenden hat nunmehr auch das sechste Tausend überschritten. Als 6000. Student ist gestern Herr Theodor Sanders aus Köln für Mathematik und Naturwissenschaften immatrikuliert worden.
Eine neue Ehrentafel mit den Namen der gefallenen Universitätsangehörigen ist in den Hallen des Hauptgebäudes angebracht worden. Sie zählt die Namen von sechs Dozenten, neun Assistenten und 463 Studenten auf. Sie trägt als Widmung folgende drei Verse des Dichters Vergil:
In freta dum fluvii current, dum montibus umbra, Lustrabunt, convexa polus dum sidera pascet, Semper honus nomen vestrum laudesque manebunt.
(So lange der Strom ins Meer fließt, so lange die Berge die Schatten umkreisen, so lange die Herden der Gestirne am Himmelsgewölbe vorüberziehen, so lange wird immerdar euer Ehr, euer Name, euer Preis bestehen bleiben.)
Die rheinische Goldankaufwoche hat in Bonn für 15.500 M. Gold eingebracht. Die hiesige Goldankaufstelle konnte für etwa 14.000 M. Goldsachen kaufen und 1500 Mark Goldmünzen eintauschen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit. Im Arbeitsausschuß des Bonner „Vereins zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit“ wurde am 10. Dezember über einen äußerst wichtigen Punkt verhandelt. Durch schriftliche und mündliche Mitteilungen glaubwürdiger Personen war dem Ausschuß nahe gelegt worden, gegen das besonders in der letzten Zeit zunehmende Leben und Treiben alleinstehender weiblicher Personen Maßregeln herbeizuführen und besonders die Vermieter davor zu warnen, ein derartiges Treiben der Mieterinnen zu dulden, da sie sonst der Gefahr der Bestrafung wegen Unterstützung der Unzucht sich aussetzen würden. Der Ausschuß kommt diesen Anregungen nach und wendet sich an das Ehrgefühl der gesamten Bonner Bürgerschaft mit der Bitte, ihn bei der Bekämpfung dieses Krebsschadens in jeder Weise zu unterstützen.
Eine Weihnachtsfeier wird am Sonntag nachmittag für die kriegsbeschädigten Insassen der Kgl. Psychisch- und Nervenklinik am Kaiser-Karl-Ring veranstaltet. An der einfachen Soldatenfeier werden namhafte Künstler mitwirken.
Die Kinder-Lesehalle der Rheinisch-Westfälischen Frauengruppe des Vereins für Volksbildung (Vorsitzende Frau Laura Frost) hielt am Mittwoch nachmittag in der Knaben-Münsterschule die diesjährige Weihnachtsfeier ab. Nachdem einige Weihnachtslieder gesungen worden waren, las die Leiterin der Lesehalle die Weihnachtsgeschichte, darauf sprach die Vorsitzende einige warme Worte, wies darauf hin, daß die Kinder in späteren Jahren des Kriegs-Weihnachtsbaumes mit einer Kerze gedenken würden und ermahnte die Kinder dazu, Gott dankbar zu sein, daß er das Rheinland beschützt habe und sie dadurch vor den Schrecken des Krieges bewahrt habe. Einige kleine gut gewählte Geschenke ließen die Augen der Kinder aufleuchten, und mit einem Weihnachtslied schloß die harmonische Feier.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Einbruch. In ein hiesiges Delikatessengeschäft stiegen in der vorletzten Nacht Diebe durch das Oberlicht ein. Sie durchschnitten mit scharfen Werkzeugen die elektrische Klingelanlage und Telefonleitung und gaben sich dann ans Stehlen. Entwendet wurden in erster Linie Lebensmittel und Getränke, wie Kakao. Schokoladenpulver, Kaffee, Zucker, Kognak, Liköre, ferner ein Kleiderrock und neue Pantoffel. Die Sachen wurden in einen weißen und einen roten Korb des Geschäftes gepackt und mitgenommen. Der Wert der Sachen beträgt über 4000 Mark. Anscheinend handelt es sich um eine auswärtige Diebesbande.
Diebstähle. Festgenommen wurde von der Kriminalpolizei eine 22jährige, angebliche Friseuse wegen zweier Diebstähle, bei denen sie einen Pelz und Schuhe erbeutet hatte. Bei der Untersuchung ergab sich, daß die Festgenommene in der letzten Zeit zwei Damen die Handtäschchen geraubt und ferner in der Münsterkirche einer Dame, die sich bei der Polizei melden möge, ebenfalls das Handtäschchen gestohlen hat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 22. Dezember 1917
Die rheinische Goldankaufwoche hat an vielen Orten so rege Teilnahme gefunden, daß sie noch verlängert worden ist [...]. Auch in Bonn, das, wie schon berichtet, 14.000 M. an Goldsachen und 1500 M. an Goldmünzen brachte, soll die Weihnachtsopferstimmung noch bis zum Jahresschluß Gelegenheit haben, sich weiter zu betätigen. Hoffentlich wird unter dem Tannenbaum noch in hartnäckigen Herzen die Erkenntnis aufleben, daß Gold in eiserner Zeit zu tragen nicht würdig ist, daß alles Gold dem Vaterlande gehört, da es in der Hand der Reichsbank dazu beiträgt, Deutschlands Rüstung zu stärken, die letzten Hoffnungen der Feinde auf unseren wirtschaftlichen Zusammenbruch zu vernichten und damit das Kriegsende zu beschleunigen. Besonders Edelsteine müssen noch in großer Zahl in dem reichen und schmuckfreudigen Bonn in Privatbesitz sein. Möge das Beispiel Elberfelds, das schon 52.240 M. an Edelsteinen gab, beherzigt werden
Die Weihnachtsferien sind wegen der Schwierigkeiten der Kohlenbeschaffung an allen hiesigen Volks- und höheren Schulen bis zum 14. Januar verlängert worden. Der Unterricht beginnt wieder am 15. Januar.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zum goldenen Sonntag.
Von Felix Joseph Klein (Bonn).
Zum goldenen Sonntag wird letzte Generalmusterung über Geschenke und Beschenkende gehalten. Entdeckt man ein Vergessenes, so wird noch flugs Versäumtes nachgeholt. So große Gebezeit ist nur einmal im Jahr.
Auf sie, die deutsche Weihnachtsstimmung hoffte auch kein Geringerer als unser Vaterland. Mit seiner Goldankaufwoche glaubte es schon rechtzeitig anpochen zu sollen. Und bei denen, die auch dann auch nicht auf es hörten, steht es dennoch weiter vor der Türe, überzeugt, daß man es nicht endgültig beim Feste abweisen werde, sich doch noch in letzter Stunde seiner erinnern müsse.
Ihr habt noch so viel Gold und Juwelen. Wollt ihr sie an den Tagen versteckt halten, die euch sonst reichen Schmuck anlegen sahen, oder wollt ihr solchen tragen zu – Kriegsweihnachten 1917? –
Tretet ein ihr Bonner in die Hallen eurer Alma mater, die den Namen eurer Vaterstadt in ferne Länder kündet, schaut die mit Lorbeer umkränzte Ehrentafel! Solange der Strom ins Meer fließt, so lange soll, heißt es auf ihr, das ehrenvolle Andenken an die gefallenen Krieger fortbestehen. Wohlan, kein Andenke mit billigen Worten sei’s! Sie trennten sich von goldener Jugendfreude, dem Edelmetall der Wissenschaft, den Perlen derer Vertreter und – gaben ihr Leben dahin, den Ihrigen wehmütige, aber stolze Erinnerung frü Kriegsweihnachten 1917. Ihr wollt nicht einmal euer Gold dem Vaterland opfern – verkaufen, wollt ihr eurer Perlen Glanz sich mit kaltem Uebermut von dem vielen Schwarz abheben lassen, das andere allein zahlen –
Gewiß hat die Rheinische Goldankaufwoche manchen noch einmal zu stillem Nachdenken über seine Pflicht gebracht. Aber wie oft ist es nicht leider bei schwachem Vorsatz geblieben. Während überall die Mahnung begegnet: Hin zur Goldankaufsstelle!, bringen nicht wenige es noch fertig, Ringe bis zur Spitze der Finger aneinanderzureihen, die sich kein einziges Mal frü die Dinge der großen Zeit krümmten! Die Weihnachtszeit lasse alle, auch sie endlich Einkehr halten und den Weg zur Pflicht finden – den Weg zur Goldankaufstelle.
Zur Kohlenversorgung in Bonn. Wie wir hören, hat der städtische Kohlenausschuß gelegentlich seiner jüngsten Beratung in Aussicht genommen, daß den Inhabern der Lebensmittelkarten A, B und C im Monat Januar je ein weiterer Zentner Kohlen freigegeben werden soll. Weitere Briketts freizugeben ist vorerst nicht möglich. Es schweben aber auf Anregung der Bonner Stadtverwaltung Unterhandlungen mit dem Reichskohlen-Kommissar, um die Erlaubnis zu erwirken, die Bonn-Kölner-Kreisbahn zur Beförderung von Briketts von Brühl nach Bonn benutzen zu dürfen. In Brühl befinden sich reiche Brikettlager.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine starke Kälte hat gestern morgen eingesetzt und bis jetzt angehalten. Im Hinblick auf den herrschenden Kohlenmangel dürfte die Kälte bald wieder aufhören. Jeder muß sich so gut es geht, gegen die Kälte zu schützen versuchen, zumal die meisten Leute nicht mehr so widerstandsfähig sind als früher. Es gibt aber Fälle, wo es nicht möglich ist, sich gegen die Kälte zu schützen. Ein solcher Fall wurde von uns gestern am Telegraphenamt im Raum der Telegrammannahme festgestellt. Dort herrscht eine derartige Kälte, daß wir die Beamtinnen und Beamten, die dort Dienst haben, in diesen Tagen bedauern müssen. Der stete Durchzug in diesem Raume macht den Aufenthalt unmöglich. Wenn auch schon die Besucher der Annahmestelle erwarten dürfen, daß dort für Abhülfe schleunigst gesorgt wird, so muß dies unbedingt für die Beamtinnen und Beamten gefordert werden. Gerade der Dienst an dieser Stelle ist an sich sehr anstrengend und aufregend. Umso mehr kann verlangt werden, daß die Dienststunden wenigstens vor den Einwirkungen der Kälte und des Durchzuges geschützt werden.
Briefe hat ein Oberpostschaffner aus Bonn unbefugt geöffnet. Er wurde deshalb gestern von der Strafkammer zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 23. Dezember 1917
Weihnachtsfeier in der Beethovenhalle. Unter großer Teilnahme von Freunden und Gästen fand gestern nachmittag in der Beethovenhalle die Weihnachtsfeier für die dort untergebrachten Verwundeten statt. Nach dem Orgelspiel des Königl. Musikdirektors Sauer und einem von Schülerinnen der Klostermannschen Schule gesungenen Weihnachtslied hielt Oberstabsrat Professor Dr. Schmidt eine herzliche Ansprache, in der er auf die Bedeutung dieser vierten Kriegsweihnacht hinwies. Er erinnerte an die erste Kriegsweihnacht vor drei Jahren, als die Beethovenhalle unter dem Eindruck der gewaltigen Hindenburgsiege in Ostpreußen ihre Weihe als Lazarett erhielt. Nun habe auch das treulose Italien kräftige Schläge erhalten, und die verheißungsvollen Friedensverhandlungen mit Rußland ließen die Herzen höher schlagen. Mit warmen Dankesworten an die Schwestern und vielen Spendern, die die Tische wieder mit reichen Gaben gefüllt hatten, und Segenswünschen für die Kameraden schloß die Ansprache. Es folgten Chorlieder und Gedichtvorträge von Schülerinnen der Klostermannschen Schule. Besonders feierlich klangen die beiden Weihnachtslieder von Humperdinck und Cornelius, die von Schwester Sophie Sauer vorgetragen wurden, und ein Violinsolo von Frl. Lemmerz. Mit dem gemeinsamen Choral Von Himmel hoch schloß die schöne Feier. Es wurden 106 Verwundete beschert, deren Gaben die lange Festtafel im Saale füllten.
Die Eisenbahn weist wieder darauf hin, daß Lokomotiven und Wagen für die Zwecke der Kriegswirtschaft und der Volksernährung gebraucht werden und darum auch zu Weihnachten die Eisenbahn nur der benutzen soll, der unbedingt reisen muß.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Kriegsküche Poppelsdorf steht immer noch auf der Stufe guten Kochens. Das uns verabreichte Essen in der Zeit vom 17. bis 22. Dezember war schmackhaft und auch für einen Nörgler geeignet. Daß die Verteilung von Tageskarten „auf Gunst“ beruht, wie dies im Sprechsaal Nr. 9105 dieses Blattes diese Woche behauptet wurde, bedarf dringend der Widerlegung. Schaffnerinnen, denen man mit einem gewissen Recht Tageskarten überläßt, haben diese „Gunst“ wohl verdient. Wir würden es nicht begrüßen, wenn die Küchenverwaltung Schaffnerinnen bei der Verteilung der Tageskarten unberücksichtigt ließe, zumal deren Wartezeit sehr knapp bemessen ist. W.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Katholischer Meisterverein. In der Mitgliederversammlung am 12. Dezember sprach Herr Stadtv. Thomas Esser aus Euskirchen über das Thema: „Der Wiederaufbau des Handwerks nach dem Kriege“. In seinen überaus gehaltvollen Darlegungen wies er einleitend auf die durch den Krieg hervorgerufene Notlage des Handwerks hin, dem Staatshülfe und Selbsthülfe zum Wiederaufbau unbedingt nötig sind. In wirtschaftlicher Beziehung erwartet das Handwerk vom Staat die Wiedereröffnung der stillgelegten Betriebe, Bereitstellung von Mitteln zur Entschuldung des Handwerks und zur Wiederaufnahme der Betriebe und die Versorgung mit Arbeit und Rohstoffen. In geistiger und religiös-sittlicher muß das Handwerk sorgen für die Heranziehung eines besseren Nachwuchses, ein gedeihliches Verhältnis zwischen Meister und Gesellen herbeizuführen suchen und den Meisterstand selbst sittlich heben und schulen. Diese letztere Aufgabe hat der Katholische Männerverein besonders zu fördern. Die Ausführungen des Herrn Redners zeichneten sich vor allem durch die Fülle praktischer Vorschläge aus. Der Vortrag fand starken Beifall.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 24. Dezember 1917
Der gestrige „goldene“ Sonntag führte bei trockenem Winterwetter wieder große Mengen Kauflustiger in die Stadt. Trotz der starken Kälte waren die Hauptgeschäftsstraßen gedrängt voll Menschen, die Geschäfte hatten bis zum Ladenschluß um 7 Uhr reichlich zu tun, und die Vorort- und Straßenbahnen konnten den starken Verkehr kaum bewältigen. Auch in diesem Jahre wird die Geschäftswelt, von einzelnen Geschäftszweigen abgesehen, mit dem Weihnachtsgeschäft voll zufrieden sein.
Mit der elektrischen Kraft muß noch mehr gespart werden, da das Elektrizitätswerk noch knapper an Kohlen gehalten werden soll. Der Oberbürgermeister bittet daher die Abnehmer, den Stromverbrauch so viel wie irgend möglich einzuschränken, damit von Zwangsmaßnahmen Abstand genommen werden kann.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Von der Polizei. An der Straßenbahnhaltestelle in der Poppelsdorfer Allee beobachtete am Freitag abend ein Kriminalbeamter, daß ein 14- und ein 12jähriger Junge das Gedränge benutzten, um ein- und aussteigenden Damen die Handtaschen zu öffnen und die Geldbörsen herauszunehmen. Er nahm den älteren Schlingel und später auch den jüngeren Bruder fest. Sie gestanden eine ganze Reihe solcher Diebstähle ein. Von einer der bei ihnen gefundenen Geldbörsen konnte die Eigentümerin noch nicht festgestellt. Das Geld haben die beiden Jungen ihrer Mutter gegeben mit der Angabe, sie hätten es mit Christbaumtragen verdient.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Treibeis. Seit Sonntag treiben der Rhein und seine Nebenflüsse Lahn, Mosel, Nahe und Main stark Treibeis.
Weihnachten kein fleischloser Tag. Nach den geltenden Bestimmungen gilt der Weihnachtstag, der in diesem Jahr auf einen Dienstag fällt, nicht als fleischloser Tag.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 25. Dezember 1917
Einer der beliebtesten Gasthöfe am Rhein, der Schaumburger Hof in Godesberg-Plittersdorf, wird in wenigen Wochen, Mitte März, seine gastlichen Tore schließen, um fortan von Ordensschwestern, die das Grundstück mit dem wunderbaren Blick auf Strom und Gebirge von Frau Mundorf soeben gekauft haben, als Heim betrieben zu werden. Viele Geschlechter von Bonner Studenten haben dort bei köstlichen Böwlchen unvergessene Stunden verbracht, und auch wir Alten sind an Sonn- und Feiertagen nur gar zu gern hinausgepilgert, um dort so recht urbehaglich zu rasten, von dem weinkundigen Wirt, dem würdigen Sohn eines wackeren Vaters, immer, selbst im dichtesten Pfingstgedränge, mit einem fröhlichen Zuruf und einer noch fröhlicheren Flasche von der Mosel begrüßt und von der unermüdlichen Frau Wirtin mit Kaffee und selbstgebackenem leckeren Kuchen oder sonstigen rühmlichen Erzeugnissen ihrer Kochkunst treu gelabt. Wie oft wird noch so mancher von sehnsüchtig an die gute alte Zeit im gastfreundlichen alten Mundorfschen Hause denken!
Der Telegrammverkehr nach allen Richtungen ist infolge des Frostes und Schneefalles stark beeinträchtigt.
Auf der Eisbahn des städtischen Sportplatzes Reuterstraße ist für die Feiertage von 11½ bis 1 Uhr vormittags Eislaufen mit Musik vorgesehen.
Ein Wohltätigkeitskonzert für die Hinterbliebenen gefallener 65er veranstaltet die auf 60 Musiker verstärkte aktive 65er-Kapelle am 2. Januar im Bonner Bürgerverein. […] Da hervorragende musikalische Leistungen in Aussicht stehen und der guten Sache willen ist dem Konzert ein starker Besuch zu wünschen, um so mehr, als auch sehr viele Bonner dem 5. rheinischen Infanterie-Regiment Nr. 65 angehören.
Fettlose Waschmittel. Im steigendem Maße haben sich, veranlaßt durch das völlige Verschwinden erst der Seife und dann auch der Soda die Geschäfte mit fettlosen Waschmitteln aller Art gefüllt. In letzter Zeit sind diese Erzeugnisse von dem Kriegsausschuß für Oele und Fett genau geprüft worden. Die Folge davon war, daß trotz des unleugbar großen Bedürfnisses nach einer Ergänzung der beschränkten Mengen zur Verfügung stehender K. U.-Seifen und Seifenpulver ein großer Teil der untersuchten Waschmittel vom Weitervertrieb ausgeschlossen werden mußte. Verboten wurden alle diejenigen Mittel, die infolge ihrer Zusammensetzung die Webstoffe mehr als unvermeidbar angreifen, sowie diejenigen, zu deren Herstellung Sparstoffe, wie Ammoniaksalz, Harz, Leim usw., die zurzeit für wichtigere Zwecke in Anspruch genommen sind, in einem das dringendste Erfordernis übersteigenden Maße verwandt sind, und endlich solche Erzeugnisse, die wegen zu geringer Waschwirkung, irreführender Bezeichnung oder Anpreisung und zu hoher Preise nur als Schwindelerzeugnisse bezeichnet werden können. Bei der Unmöglichkeit, die vorhanden Wäschebestände in absehbarer Zeit durch neue ergänzen zu können, und dem raschen Verschleiß, den das Abnehmen der Wäschemengen an sich bereits mit sich bringt, ist der Schutz vor scharfen und unzweckmäßigen Waschmitteln dringend erforderlich. Er würde selbst mit einem gewissen Mangel an Waschmitteln nicht teuer erkauft; denn zweifellos wird es jeder vorziehen, nötigenfalls seine Wäsche mit geringeren Mengen von Waschmitteln, als er es bisher gewohnt war, zu reinigen, dafür aber die Gewißheit zu haben, daß er ein unschädliches und wirklich reinigendes Mittel bekommt, als Waschmittel in Hülle und Fülle kaufen zu können, die aber die Wäsche gefährden oder ganz zwecklos sind.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Weihnachten im Schnee. Heute vormittag begann es zu schneien, sodaß wir in diesem Jahr weiße Weihnachten haben werden.
Straßenraub. Am Sonntag abend gegen 7¼ Uhr wurde einer Dame im Venusbergweg eine lederne Handtasche von einem Burschen im Alter von 17 bis 18 Jahren entrissen. In der Tasche befanden sich u. a. 149 Mark, eine goldene Damenuhr mit silberner Kette und ein Halsschmuck. Ein zweiter Bursche stand Schmiere.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Elektrische Bahn Bonn-Godesberg-Mehlem. Ein Godesberger Blatt schreibt wohl mit Recht, daß es mit der Sparsamkeit der Elektrischen Bahn Bonn-Godesberg-Mehlem doch etwas zu weit geht. Es ist wirklich ein dringendes Bedürfnis, die Bahn bei dieser Kälte zu heizen. Ein gesunder Mensch kann es wohl kaum aushalten, nahezu eine halbe Stunde in dieser eisigen Luft zu verbringen, geschweige denn die „kranken Leute“, welche doch auch täglich die Bahn benutzen müssen und die unter keinen Umständen in Anbetracht der dringenden Arbeit den Dienst versäumen dürfen und können. Ganz abgesehen aber von den Fahrgästen wird überhaupt keine Rücksicht auf das Fahrpersonal genommen, welches stundenlang in dieser Kälte ausharren muß. Es ist Sache der Direktion, an zuständiger Stelle auf derartige Uebelstände aufmerksam zu machen und dringend Abhülfe zu schaffen. F. Th., Godesberg
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Mittwoch, 26. Dezember 1916
Am zweiten Weihnachtstag erschienen in Bonn keine Zeitungen.
Donnerstag, 27. Dezember 1917
Die Weihnachtsfeiertage haben durch den Schneefall, der am heiligen Abend den Nebel und Rauhreif ablöste, die rechte winterliche Stimmung erhalten. Beide Tage brachten prächtiges Winterwetter, zur Freude der Jugend, die schnell alle abschüssigen Straßen in Rodelbahnen verwandelte. In den Familien wurde das Fest zumeist noch einfacher und mit weniger Lichterglanz am Christbaum, darum aber nicht weniger herzlich als in den drei ersten Kriegsjahren gefeiert. In den Lazaretten und Krankenhäusern fanden am heiligen Abend oder schon am Tage vorher Feiern für die Verwundeten und Kranken, in den Kirchen an den Nachmittagen des ersten und zweiten Feiertages Weihnachtsfeiern für die Kinder statt. Auch eine Anzahl Vereine versammelten ihre Mitglieder und deren Familien wieder zu gemeinsamen Weihnachtsfeiern mit Verlosungen oder Bescherungen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Feier im Reservelazarett III (Beethovenhalle) am letzten Samstag ging in besonders sinnvoller Weise vor sich. Schon vor langen Wochen hatte sich die Schwesternschaft mit ihrer unermüdlichen Oberschwester an der Spitze an die nötigen Vorarbeiten herangemacht, um dem Fest, das doch sicherlich als das letzte im Kriege gedacht ist, einen möglichst vollen Erfolg zu sichern. Der zweite Saal war mit Tannengrün und künstlichen Rosen hübsch ausgestattet. Der riesige Weihnachtsbaum fand in der Mitte des Saales seinen Platz. Oben auf der Galerie prangte ein zweiter Christbaum. Zur Feier selbst war eine ausgewählte Schar Gäste erschienen, u. a. bemerkte man Exzellenz v. Bötticher, den hiesigen Stadtkommandanten. […] Es wurden dann 106 Verwundete beschert, deren Gaben die lange Festtafel im Saale füllten.
Ein besonderer Kunstgenuß wurde den Soldaten in der Nervenklinik geboten. Die Konzertsängerin Frl. Meisterfeld, Herr Opernsänger Burgwinkel und Herr Pianist Schwan, alle aus Köln, erfreuten mit ihren herrlichen Darbietungen die andächtige Zuhörerschaft. […] Herzlicher Dank gebührt und wurde auch reichlich dargebracht den Künstlern, die in so selbstloser Weise ihre Meisterschaft in den Dienst einer einfachen Soldaten-Weihnachtsfeier stellten.
Die Hansa-Handelsschule veranstaltete wie alljährlich so auch in diesem Jahre eine Weihnachtsfeier für Arme und Verwundete. In Anbetracht der großen Beteiligung genügten indessen die Schulräume nicht mehr, weshalb sie diesmal im Kronprinzen-Hof stattfand. […]
Einbruchdiebstähle. Während der Feiertage wurden nachts wieder mehrere Einbruchdiebstähle verübt. Aus einem Hutgeschäft an der Breitestraße wurden für mehrere tausend Mark Pelze gestohlen. In derselben Nacht drangen Diebe in ein Schneidergeschäft an der Breitestraße ein und stahlen einen größeren Posten Herrentuche. Auch an mehreren anderen Stellen der Stadt wurden Einbruchdiebstähle verübt, wobei den Dieben Lebensmittel in die Hände fielen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Bonner „Verein zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit“ verhandelte in dem Arbeitsausschusse am 19. Dez. über einen sehr wichtigen Punkt: Durch schriftliche und mündliche Mitteilungen glaubwürdiger Personen war dem Ausschusse nahe gelegt, gegen das in letzter Zeit zunehmende, unsittliche Leben und Treiben gewisser weiblicher Personen Maßregeln herbeizuführen und besonders die Vermieter davor zu warnen, derartiges Treiben der Mieterinnen in den Mietsräumen zu dulden, da sie sonst der Bestrafung wegen Unterstützung der Unzucht sich aussetzen würden. Der Ausschuß kommt diesen Anregungen nach und wendet sich an das Ehrgefühl der gesamten Bonner Bürgerschaft mit der Bitte, ihn bei der Bekämpfung dieses Krebsschadens in jeder Weise zu unterstützen.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Freitag, 28. Dezember 1917
Das Treibeis des Rheins hat in den letzten Tagen zugenommen, es bedeckt den Strom jetzt in seiner ganzen Breite. Das Eis ist jedoch zu schwach, so daß die Schifffahrt noch nicht eingestellt zu werden brauchte. Immerhin ist der Schiffsverkehr durch das Treibeis sowie den niedrigen Wasserstand erschwert.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Knappheit an Brennstoffen in Bonn. Der Mangel an Kohlen und Briketts ist in Bonn immer noch nicht behoben. Die Hausfrauen sehen mit Sorge dem Ende des Jahres entgegen, da die zugewiesene Menge an Brennstoff ganz oder nahezu verbraucht ist und vor Neujahr neuer Brennstoff nicht zugewiesen wird. Wir machen uns zum Dolmetsch zahlreicher Notleidenden, wenn wir Herrn Beig. Bottler dringend bitten, dafür zu sorgen, daß die neuen Zuweisungen seitens der Kohlenhändler recht pünktlich erfolgen. Dadurch, daß die Schulen Kohlenferien bis zum 15. Januar haben, ist der Brandbedarf in den Wohnungen noch gestiegen, denn die Kinder müssen doch tagsüber in einem geheizten Raume untergebracht werden. Man hat übrigens den Eindruck, daß der Landkreis Bonn weit besser mit Briketts versorgt ist, als der Stadtkreis. Der städt. Kohlenausschuß möge diese Frage einmal nachprüfen, überhaupt der Brennstoffrage auch weiterhin mit Nachdruck seine Aufmerksamkeit widmen. Es ist in der fettarmen Zeit keine Annehmlichkeit für die Bürgerschaft, sich ungenügend geheizten Räumen aufhalten zu müssen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg. […] Der hiesigen Polizei gelang am Samstag hier ein guter Fang. Eine Einbrecher- und Diebesbande von drei männlichen Personen suchte hier in Godesberg am Samstag eine Menge Wäsche, Kleidungsstücke u. dergl. an den Mann zu bringen, die alle von einem Einbruchdiebstahle aus Köln herrührten, wobei dort bekanntlich eine Villa fast vollständig ausgeplündert worden war. Das Verbrecherkleeblatt, zu dem zwei Kriegsinvaliden gehören, wurde dem Amtsgerichte in Bonn zugeführt. Es liegt die Vermutung nahe, daß man mit dieser Festnahme auf die Spur einer großen Diebesbande gekommen sein wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Samstag, 29. Dezember 1917
Mitteilungen der Ortskohlenstelle. Die Ausgabe von Rohbraunkohlen erfolgt von jetzt ab außer an die Inhaber der Lebensmittelkartenumschläge A auch an die Inhaber der Umschläge B zum Preise von 1,05 M. je Zentner durch die Kohlenhändler. Entsprechende Kohlenmarken sind bei der Ortskohlenstelle unter Vorlage der Kartenumschläge zu entnehmen. Die Rohbraunkohle, die neben den sonstigen Braunkohlen geliefert wird, ist bisher nur in beschränktem Umfange entnommen worden.
Infolge des Wagenmangels ist zurzeit die Zufuhr von Briketts stockend; eine Besserung ist in Kürze nicht zu erwarten. Es empfiehlt sich daher, an Stelle von Briketts andere Heizstoffe (Kohle, Gaskoks) zu nehmen. […]
Von Monat Januar ab haben fünf Kohlenmarken Gültigkeit; die zugeteilte Menge wird also gegenüber dem Dezember um einen Zentner Kohlen oder 1¼ Zentner Briketts erhöht. […]
An die Zentralheizungsbesitzer geht die dringende Mahnung, sparsam zu heizen; mit der Zufuhr von Koks in größerem Umfange ist in naher Zeit nicht zu rechnen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine Anzahl Austauschgefangener traf gestern mittag hier ein. Sie wurden am Bahnhof mit Musik empfangen und nach der Infanterie-Kaserne geführt. Auf dem Wege dorthin wurden die Soldaten vom Publikum herzlich begrüßt.
Kartoffel-, Brotversorgung und Schweinehaltung. Bei der allgemeinen Futterknappheit in diesem Jahr ist es nicht möglich, die zurzeit noch vorhandenen Schweinebestände den Winter über durchzuhalten, geschweige denn sie in einen schlachtreifen Zustand zu bringen. Die Kartoffelernte wird zur menschlichen Ernährung, zur Deckung des notwendigen Brennereibedarfs und zur Anlegung der dringend nötigen Reserven restlos Verwendung finden. Was den Landwirten zur Verfütterung belassen wird, muß zur Erhaltung der unbedingt erforderlichen Arbeitstiere (Pferde, Zugochsen) bestimmt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß Schweine allein mit Kartoffeln ohne Zusatz von eiweißhaltigem Kraftfutter nicht gemästet werden können. Die Weitererhaltung unserer Schweinebestände auf der am 15. Oktober festgesetzten Höhe birgt daher die Gefahr in sich, daß auf Kosten unsrer Brotgetreideversorgung unzulässige Verfütterungen erfolgen. Es bleibt daher nur übrig, eine beschleunigte Verminderung unseres Schweinebestandes herbeizuführen. Und zwar müssen alle nicht zur alsbaldigen Hausschlachtung oder zur Zucht benötigten Schweine sofort abgestoßen werden. […]
Das Treibeis des Rheines hat in den letzten Tagen stark zugenommen: es bedeckt jetzt den Strom in seiner ganzen Breite. Wie von Coblenz berichtet wird, hat sich auch das Moseleis vermehrt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Für das Soldatenheim. Im großen Saal des Bonner Bürgervereins wird am Dienstag den 1. Januar, um 5 Uhr nachmittags, ein Unterhaltungs-Abend durch den Ausschuß des Bonner Soldatenheims veranstaltet, bei dem die Kapelle des Inf.-Regts. Nr. 609 (Leitung Herr Schuricke) sowie Mitglieder des Bonner Männer-Gesangvereins nebst Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt mitwirken. […] Aus dem Erlös werden die Unkosten der Sonntags regelmäßig im Soldatenheim (Josefstraße) veranstalteten Unterhaltungsabenden gedeckt, ein Umstand, der recht viele Bonner Einwohner veranlassen dürfte, die genußreichen Darbietungen zu besuchen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 30. Dezember 1917
Städtischer Sportplatz Reuterstraße. Die Eisbahn ist Sonntag bis zum Eintritt der Dunkelheit geöffnet. Vormittags von 11½ bis 1 Uhr und nachmittags von 2½ ab Eislauf mit Musik.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Lehramt und Turnen. Nachdem vor Jahr und Tag festgelegt worden ist, daß nur solche Oberlehrer zu Direktoren von höhern Lehranstalten berufen werden können, die in der Lage sind, den Nachweis über ihre Turnlehrer-Prüfung zu erbringen, bestimmt nun ein neuer ministerieller Erlaß, daß junge Leute, die nicht die volle Turnfähigkeit haben, in die Lehrerbildungsanstalten nicht mehr aufgenommen werden dürfen. Das gleiche gilt sinngemäß auch für die Aufnahme in die öffentlichen und privaten Volksschullehrerinnenseminare. Die Kreisärzte sind daher angewiesen, in Gesundheitszeugnissen zum Zwecke der Aufnahme in Anstalten der gedachten Art ausdrücklich anzugeben, ob der Anwärter die volle Turnfähigkeit besitzt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 31. Dezember 1917
Die Bonner Toten des Jahres 1917. Auch im Jahre 1917 hat der Weltkrieg wieder zahlreiche Blutopfer von Jünglingen und Männern aus der Bürgerschaft, der Studentenschaft und den Truppenteilen der Stadt Bonn gefordert und aufs neue Hunderte Familien in Trauer versetzt. Außer den auf dem Schlachtfelde, im Luft- und Seekampfe Gefallenen sind aber auch wieder sehr viele daheim gestorben, die durch ihre Stellung oder ihre Persönlichkeit mehr oder weniger bekannt gewesen sind. […]
Beschlagnahme gebrauchter Kleidungs- und Wäschestücke. Um die gebrauchten Kleidungs- und Wäschestücke, die sich im Besitz von Althändlern und ähnlichen Gewerbetreibenden befinden, zu erfassen, ist von der Reichsbekleidungsstelle deren Beschlagnahme angeordnet worden. Die Besitzer dieser Gegenstände sind verpflichtet, sie sorgfältig aufzubewahren und ihnen schonende Behandlung angedeihen zu lassen, die ihre Erhaltung gewährleistet. Veränderungen, insbesondere Ortsänderungen dürfen an den beschlagnahmten Gegenständen nicht vorgenommen werden. Desgleichen sind rechtsgeschäftliche Verfügungen über sie untersagt. Die von der Beschlagnahme betroffenen Kleidungs- und Wäschestücke sind von den Besitzern dem Kommunalverbande zu melden, in dessen Bezirk sich diese Gegenstände befinden. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)