Donnerstag, 1. November 1917
Am Feiertag Allerheiligen erscheint in Bonn nur die Bonner Zeitung.
Einschränkung der Verkaufszeit. Die meisten hiesigen Kleinhandelsgeschäfte haben sich geeinigt, ihre Läden von jetzt ab nur vormittags von 8½ bis 12½ Uhr, nachmittags von 2 bis 6, Samstags bis 8 Uhr offen zu halten, die Lebensmittelgeschäfte auch Montags bis 7 Uhr. Sonntags wird nur von 11½ bis 2 Uhr verkauft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Freitag, 2. November 1917
Eine Totenfeier an den Kriegsgräbern auf dem Nordfriedhofe veranstaltete am gestrigen Allerheiligentage wieder der Bonner Kriegerverband. Die in Bonn stehenden Truppenteile, die Verwundeten, die Vertreter der Behörden und eine unübersehbare Menschenmenge nahmen daran teil. Als der einleitende Trauermarsch verklungen war, legten der Vorsitzende des Kreis-Kriegerverbandes, Herr Janssen, sowie Vertreter aller hiesigen Truppenteile Kränze nieder und widmeten dabei den gestorbenen Kriegern ehrende und dankende Worte. Die Bonner Liedertafel sang Lindpaintners wehmütige „Himmelssehnsucht“. Oberpfarrer Dechant Böhmer forderte in einer kurzen Ansprache auf, den für das Vaterland und jeden einzelnen von uns gefallenen Helden dankbar zu sein, aufs neue zu geloben, daß wir bis zum glorreichen Siege treu durchhalten und einig bleiben wollen. Streitigkeiten sollten jedenfalls bis nach dem Kriege zurückgestellt werden, jetzt gelte es nur, einen dauerhaften, ehrenvollen und glorreichen Frieden zu erzielen. Es folgten ein Trauermarsch der Musikkapelle und der von der Liedertafel gesungene Trauerchor „O wie sanfte selige Ruh“. Auch der zweite Redner, Herr Pfarrer Mühlhaupt, erinnerte an die Dankespflicht, die wir den gefallenen Kriegern schulden. Der Geist der Kameradschaft, der sie eine, möge unser ganzes Volk erfüllen und uns zu einem einigen Volk von Brüdern machen, damit ihr Blut nicht umsonst geflossen sei. Nachdem die Liedertafel noch „Selig sind die Toten“ vorgetragen hatte, schloß die ergreifende Trauerfeier mit den weihevollen Klängen eines niederländischen Dankgebetes.
Geflaggt haben wegen des glänzenden Erfolges unserer und der österreichisch-ungarischen Truppen wegen unseres Sieges in Italien alle öffentlichen und viele private Gebäude.
Einen schulfreien Tag hat heute die gesamte Bonner Schuljugend wegen unseres Sieges in Italien. Mögen die Italiener recht bald zu noch weiteren schulfreien Tagen Veranlassung werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Aus dreijähriger französischer Gefangenschaft zurückgekehrt ist ein Sohn unserer Stadt, Herr Ingenieur Ernst Riefenstahl, Sohn des Bonner Universitätsrichters Geheimrat Riefenstahl. Der Heimgekehrte erzählt außerordentlich viel Interessantes aus seiner langen Leidenszeit. Er weilte zur Zeit des Ausbruchs des Krieges in Kamerun, wurde dort von Engländern gefangen genommen, die im allgemeinen menschlich verfuhren. Ganz anders war das Bild, als er nach Französisch-Dahomey abgeschoben wurde. Was die „ritterliche Kulturnation“ sich dort an viehischen Misshandlungen der armen deutschen Gefangenen – an Folter und Tortur – geleistet hat, übersteigt das Maß des Erfassens und erinnert an die finstersten Zeiten des Mittelalters. Herr Riefenstahl kam von Dahomey nach Marokko und dann nach Frankreich selbst. Die Behandlung war dort besser, wenn auch nicht im Entferntesten so, wie entsprechenderweise in Deutschland. Anspucken von Gefangenen, von „vornehmen Damen“, Bewerfen mit Schmutz, laute Beschimpfungen sind noch immer des Landes Brauch. Dabei hat der Franzose, insbesondere der französische Soldat, längst die Hoffnung aufgegeben, daß Deutschland militärisch niedergerungen werden kann. Man führt den Krieg nur weiter in de Hoffnung auf deutsche Uneinigkeit und neugestärkt durch die deutschen Friedensangebote.
Ueber Opfer und Pflichten des Krieges sprach Mittwochabend im Bürgerverein der Feld-Divisionspfarrer P. Kilian Müller. Gewiß lege der Krieg den Daheimgebliebenen große Opfer auf, die Familien, denen der Vater, der Gatte, der Sohn falle, brächten die höchsten Opfer, die er wohl zu würdigen wisse. Gemessen an den Opfern, den Leiden, Nöten und Entbehrungen an der Front und in den Kampfgebieten würden die Opfer in der Heimat klein. Im Anschluß an Gott sei das Leid geduldig zu ertragen. Aus den geringen Opfern der Heimat aber erwüchsen große Pflichten gegen die Kämpfenden, die täglich in Not und Tod ständen; die frisch blutend in langen Reihen auf den Verbandsplätzen liegen, die mit brechenden Augen noch mit letztem Gruß der Heimat gedächten, der Frau, der Mutter, der Kinder. Wie leiden nicht die Bürger im Kampfgebiet! Vertrieben durch berstende Granaten, durch Feuer und Schwert irrten sie, Weib und Kind, wenig bekleidet, weniges im Bündel, Hab und Gut hinter sich in Flammen aufgehend, über die Walstatt, oder von harten Kriegsnotwendigkeiten getrieben, zögen sie in langen Reihen bei Sturm und Regen, Eis und Schnee in fremde Gebiete. Das seien Opfer, Leiden, von denen hier keiner träume; hier, wo man im Wohlleben nur die kleinen Nadelstiche empfinde, die der Krieg austeile. Zu fern sei der Krieg; der rechte Geist fehle in der Heimat. Da würden denn die Klagen und das Jammern geboren, das denen an der Front den Kampf und die Not nur noch schlimmer mache. Scharf tadelte Redner die bösen zweifelnden Reden der Heimat, die Klagebriefe in das Feld. Dort sollten sie alle davon nichts wissen. Darum jetzt keine unnützen Reden. Der Soldat hat das letzte Wort. Unsere Feinde geben nicht nach, da müssen wir kämpfen bis zum guten Ende. Ein ehrenvoller Friede, ein siegreiches Ausgehen des Krieges, sie werden und sie müssen kommen zu uns. „Wir werden siegen, wenn jeder in der Heimat seine Pflicht tut; die Front tut sie.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Soldatenheim. Im Soldatenheim, Josefstraße 46, gab’s am verflossenen Sonntag unter Leitung des Ausschussmitgliedes Herrn Oberpostassistenten Großgarten einen schönen „Bunten Abend“. Das Quartett Berief brachte in gewohnt mustergültiger Weise prächtige Lieder zum Vortrag. Das gilt in besonderem Maße von dem Solo des Herrn Berief selbst. Sehr gut gefielen die schönen gesanglichen Darbietungen des Herrn P. Eisers aus Godesberg, den Frl Wally Borris am Klavier trefflich begleitete. Frl. Lenzen erregte mit ihren heiteren Vorträgen wieder wahre Lachsalven. Den Vogel schoß aber ab der Klavierhumorist Herr Koep. Besonders mit seiner Variete-Parodie. Zum Schluß unterhielt noch Herr Kretzschmar die Anwesenden mit vielen neuen wunderbaren und phänomenalen Zauberkunststückchen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 3. November 1917
Weniger Brot, mehr Kartoffeln.
Da die Reichsgetreidestelle die Tageskopfmenge an Mehl von 220 auf 200 Gramm herabgesetzt hat, muß eine Verringerung der Brotmenge eintreten, sie wird indessen durch eine Erhöhung der Kartoffelmenge ausgeglichen. Im Regierungsbezirk Köln wird die Brotmenge von Anfang November ab allgemein 3½ Pfund wöchentlich betragen. Daneben wird als Ersatz für die ausgefallene Brotmenge 1½ Pfund Kartoffeln für jede Person ausgegeben. Dieser Regelung haben sich die Regierungebezirke Aachen, Arnsberg, Koblenz und Düsseldorf angeschlossen.
In Bonn tritt die Neuregelung mit der am 5. November beginnenden Versorgungswoche in Kraft. Mit dem gleichen Zeitpunkte wird die Zulage der Schwerstarbeiter von 1 auf 1½ Pfund und die Zulage der hoffenden und stillenden Frauen von 2¼ auf 2½ wöchentlich erhöht. Die Zulage für Schwerarbeiter bleibt in der bisherigen Höhe weiter bestehen. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn“)
Der Verband Bonner Frauenvereine beabsichtigt, in den Monaten November und Dezember, dienstags 6 Uhr, in einem Hörsaal der Universität eine Reihe von Vorträgen zu veranstalten, die über wichtige Gegenwartsfragen aufklären und den Mut zum Durchhalten stärken sollen. Frau Elsbeth Krukenberg aus Kreuznach wird die Vortragsreihe einleiten. Professor Mannstädt wird über Preisbildung und Preispolitik im Kriege sprechen, Frau Clara Bunge (Elberfeld) über Kriegsheimstätten, Geheimrat Schulte über französische Ansprüche auf das linke Rheinufer. Geheimrat Zitelmann wird die Reihe beschließen mit einem Vortrag über seine Eindrücke an der Front.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zur Beschlagnahme von Eisen, Stahl usw. Die Bekanntmachung vom 10. Oktober 1917 betreffend Beschlagnahme und Bestandserhebung von Stab-, Form- und Moniereisen, Stab- und Formstahl, Blechen und Röhren aus Eisen und Stahl, Grauguß, Temperguß, Stahlguß, dient in erster Linie dem Zweck, die Verwendung von Eisen und Stahl zur Herstellung solcher Fabrikationseinrichtungen zu verhindern, die für die Kriegsindustrie und Kriegswirtschaft entbehrlich sind. Die Bekanntmachung ist in der heutigen Nummer unseres Blattes abgedruckt.
Ein Schwindler in Uniform treibt sich in der letzten Zeit in den Ortschaften des Landkreises umher. Er sucht Abonnenten für eine kath. Zeitschrift und bietet sich als Photograph an, Photographien vergrößern zu lassen. Für beides fordert er eigenhändige Unterschrift und 1 Mark Anzahlung. Wer sich vor Schaden hüten will, sei hierdurch gewarnt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kath. Volksverein. Wie bereits mitgeteilt, findet am Sonntag abend 6 Uhr im großen Saale der Bürgervereins eine große Versammlung des Volksvereins statt. Dr. Meffert von der Zentrale in M.-Gladbach wird reden über „Kriegslage und Friedensaussichten“. Alle Katholiken der Stadt serstend herzlichst eingeladen. Saalgebühr 20 Pfg. Keine Restauration.
Gangolfhaus. Von jetzt ab finden wieder in den vornehmen und behaglichen Räumen dieses Hauses wöchentlich an verschiedenen Tagen die so beliebten Konzerte statt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 4. November 1917
Griechenland und sein tragisches Geschick. Auf den Lichtbildervortrag von Frau Harikleia Kavopulos-Foelsch über Griechenland und sein tragisches Geschick am morgigen Montag abend im Bonner Bürgerverein wird noch einmal empfehlend hingewiesen. Der hiesige Flottenbund Deutscher Frauen, der zu dem Vortrag einladet, wird den Reinertrag für das Marineheim spenden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Das Schöffengericht Bonn
verurteilte gestern die 22jährige Arbeiterin Anna Ba. von hier, welche vom März bis zum Juli dieses Jahres bei den Mitbewohnern desselben Hauses in mehreren verschiedenen Fällen Diebstähle ausgeführt hatte, unter Rücksichtnahme darauf, daß den Bestohlenen ihre Sachen wieder zurückerstattet wurden, zu 2 Wochen Gefängnis. – In der Uniform eines Fliegerunteroffiziers und geschmückt mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse trieb sich der 25jährige Musketier Schm. aus Kempenich in diesem Frühjahr längere Zeit hier in Bonn herum. Da der bisher unbescholtene Angeklagte hiermit keinerlei Schaden angerichtet hat, kam er wegen Vergehens gegen die Verordnung des Gouverneurs vom Köln vom 2. Dezember 1915 mit 30 Mk. Geldstrafe davon. – Die Witwe Andreas He. von hier hatte, während ihr Sohn vom Militär entlassen und zuhause bei ihr lebte, auch für diese Zeit die Unterstützungsspende im Betrage von 110 Mk. unberechtigter Weise erhoben und hierdurch die Stadt Bonn um diesen genannten Betrag geschädigt. Die Angeklagte machte zu ihrer Entschuldigung geltend, daß sie sich in großer Notlage befunden und im Interesse ihrer Enkelkinder gehandelt habe. Sie wurde mit 30 Mk. Geldstrafe belegt. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Generalversammlung des Poppelsdorfer Frauen-Vereins fand am Dienstag statt. Frau A. Zuntz erstattete den Jahresbericht. Der Verein konnte an Kohlen, Brot, Lebensmitteln noch ebenso viel verteilen wie in früheren Jahren, dagegen die Anforderungen an Wäschen, Decken usw. nicht befriedigen. Wochenbettpflege wurde etwas weniger wie in den vorhergehenden Jahren in Anspruch genommen. – Im Poppelsdorfer Kinderhort Sternburgstraße 23, wurden 70 Kinder nachmittags gepflegt und beaufsichtigt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 5. November 1917
Verdunkelung gegen Fliegergefahr.
Die Regierungspolizeiverordnung über die Verdunkelung gegen Fliegergefahr wird immer noch nicht in vorschriftsmäßiger Weise gehandhabt. Die Bürger werden daher noch einmal dringend ersucht, sofort die nötigen Vorkehrungen zu treffen, weil sonst harte Strafen ihnen gewiß sind. Wenn die polizeilichen Organe bis jetzt etwas nachsichtig gewesen sind, so war dies nur darauf zurückzuführen, um eine Einführungsfrist für die Vorkehrungen der Abblendung zu geben. Andererseits erfordert jedoch die Sicherheit unseres Landes es unbedingt, daß die Vorschriften genau und streng eingehalten werden. Wiederholt ist die Meinung aufgetaucht, daß nach der Verordnung dunkelfarbige Vorhänge verwandt werden müßten. Diese Ansicht ist durchaus irrig. Es genügen alle Arten von Vorhängen, welche eine lichtdichte Abblendung herbeiführen. Für Werkstätten und Fabriken, welche nach Eintritt der Dunkelheit zu arbeiten genötigt sind, sei besonders auf das Bestreichen der inneren Fenster mit blauer Wasserfarbe hingewiesen. Die Geschäfte sind in der großen Mehrzahl schon dazu übergegangen, kurz nach Eintritt der Dunkelheit freiwillig zu schließen. Das ist auch das Gegebene, umso mehr als der Straßenverkehr mit Rücksicht auf die Dunkelheit sehr gering ist.
Es besteht vielfach Unklarheit darüber, ob seit Inkrafttreten der Verordnung über die Verdunkelung wegen Fliegergefahr die Hauseigentümer verpflichtet sind, die Haus- und Treppenflure bei Dunkelheit zu beleuchten. Es wird hiermit ausdrücklich darauf hingewiesen, daß an dieser Vorschrift nichts geändert wird. Die Hauseigentümer sind also nach wie vor verpflichtet, abends die Haus- und Treppenflure zu beleuchten. Sie haben aber daneben dafür zu sorgen, daß die Beleuchtung genügend abgeblendet oder so angebracht ist, daß der Lichtschein nicht nach außen fällt.
Ferner sei besonders darauf hingewiesen, daß das „Rechtsgehen“ unbedingt das Gebot der dunklen Stunde ist. Rechtsgehen ist die einzig vernünftige und den Verkehrsnotwendigkeiten entsprechende Gehweise, auch bei denen, die schwer von Begriff oder zu bequem sind, sich den Forderungen des Alltäglichen anzupassen. Für schwachsinnige Leute ist das Linksgehen geradezu eine Gefahr, ganz abgesehen von der Behinderung des Verkehrs, die durch ein derartiges Gebaren verursacht wird. Die Bevölkerung muß sich daher selbst erziehen und darauf dringen, daß unter allen Umständen das Rechtsgehen eingehalten wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Bonner Zentrums-Verein hielt gestern eine Wählerversammlung ab, die der Reichstagsabgeordnete Chrysant leitete. [...] Zur Lebensmittelversorgung sprach dann Stadtverordneter Wellmann. So fest unsere militärische Lage sei, so sicher sei auch die wirtschaftliche Lage für uns. Redner gibt einen geschichtlichen Rückblick auf die kriegswirtschaftliche Lebensmittelversorgung der Stadt Bonn, die im Gegensatz zu anderen Städten auf allen Gebieten sehr gut abgeschnitten habe. Eine bessere Brotqualität wäre wohl zu wünschen, sei aber nicht durchzusetzen gewesen. Die Stadt erhalte 310.000 Zentner Kartoffeln für das Wirtschaftsjahr 1917 bis 18. Davon würden 104.000 Zentner aus dem Rheinlande bezogen. 60.000 Zentner sind bislang angeliefert worden. Es ist Pflicht aller Bürger, soweit es nur angeht, ihren Kartoffelbedarf für das ganze Jahr einzudecken, um der Stadt die Lagersorgen abzunehmen. Redner gibt Ausklärung über den diesjährigen hohen Kartoffelpreis, der auf eigentümlichen Zuschüssen auf Erzeugungskosten, Lieferzeiten und Lieferungsentfernungen beruht. Die Stadt setzt in diesem Jahre noch etwa 150.000 Mark am Kartoffelgeschäft zu. Trotz der unzulänglichen Gemüse- und Obstbelieferung, die nach Redner in der Freizügigkeit im Gemüsehandel und im Aufkaufen des Gemüses, selbst im Stadtgebiet, durch Großindustrielle ihren Grund hat, hat die Stadt an ihrem Gemüse- und Obstverkauf ½ Million zugesetzt. Unangenehme Beschränkungen im Fettverbrauch stehen uns noch in Zukunft bevor und auch die anderen Nährmittel werden knapp zur Verteilung kommen. Redner erwähnt, daß 300 Zentner Nährmittel allein monatlich an Kranke verabreicht werden, hebt die Bedeutung der Kriegküchen hervor und nennt zum Schluß die Summe von 150.000 Millionen, die die Stadt bis jetzt in ihrem kriegswirtschaftlichen Lebensmittelverkehr umgesetzt hat. [...]
Ueber Gas- und Kohlenversorgung in der Stadt sprach Stadtv. Schmitz. [...]Von der bescholtenen zeitweiligen Gassperre erwartet Redner nicht viel, dagegen wäre bei Großabnehmern und öffentlichen Gebäuden noch viel zu sparen. Nach einem Ueberblick über die Ursachen von der Not des Hausbrandes gibt Redner Mittel und Wege an, wie innerhalb der gesetzlichen Verfügungen Zuschüsse an Brand zu erhalten sind. Das städtische Kohlenamt komme den Bürgern weit entgegen. [...]
Stadtv. Kalt gab Aufschluß über die Bestrebungen zur Schließung bezw. auf Entlassung der älteren Jahrgänge der Fortbildungsschule. Die Zeiten hätten sich derart geändert, daß heute jede Hilfskraft in den Betrieben unbedingt nötig sei. Es sei nicht mehr angängig, die Jungens durch den Fortbildungsschulunterricht den Meistern zu entziehen. Der Vorsitzende gab hierzu bekannt, daß mit dem Leiter der Fortbildungsschule eine Uebereinkunft erzielt worden ist, den III. Jahrgang bis Ostern zu beurlauben. Die Angelegenheit wird in nächster Zeit der Stadtverordneten-Versammlung vorgelegt und wahrscheinlich auch zum Beschluß erhoben, Zu der Fortbildungsschulfrage entspann sich eine sehr lebhafte Auseinandersetzung, die stark in das persönliche Gebiet übergriff. Schließlich lenkte Stadtv. Goergen die Aufmerksamkeit der Versammlung auf den einzig erfolgreichen Weg zurück, den der Vorsitzende schon gewiesen. Eine vollständige Schließung würde nicht die Zustimmung der Regierung finden. Da sollten die Meister und Gewerbetreibenden schon die Vorteile nehmen, die ihnen einstweilen aus dem Antrage entstünden.
Die Bonner Verband- und Erfrischungsstelle „Prinzessin Viktoria“ in Lille blickt am 4. November ds. Js. auf ein dreijähriges Bestehen zurück. Kurz nach dem am 14. Oktober 1914 erfolgten Fall der Festung Lille richteten die Vaterländischen Vereinigungen Bonn, bestehend aus dem Zweigverein des Roten Kreuzes für den Stadt- und Landkreis Bonn, dem Vaterländischen Frauenverein Stadtkreis Bonn und dem Hilfsausschuß für Truppen , in großzügiger Weise in den Räumen der früheren Zollhalle des Nordbahnhofs Lille dieses Werk vollendeter Kriegswohlfahrtspflege ein. [...]
Wer es gesehen hat, wie die Augen unserer braven Feldgrauen, wenn sie aus dem dröhnenden Kampf in heimatliche Pflege kommen und dort fühlen, daß die Heimat an ihren Heldentaten warmen Anteil nimmt und nichts scheut, um ihnen Anerkennung und Freude zu bereiten, dem wird diese Einrichtung unvergessen bleiben. Auf vorgeschobenem Posten in Feindesland wird manches Dankeswort der Stadt Bonn gezollt, mit deren Namen diese Einrichtung verwachsen ist.
Mitbürger, denkt daher erneut an eure Pflicht gegenüber dem Vaterlande und eurer Vaterstadt und helft mit Beiträgen zur Unterhaltung dieses schön gelungenen vaterländischen Werkes. Falls Ihr noch nicht Mitglieder der Volksspende seid, so tretet dieser bei, denn jeder muß unbedingt der Kriegswohlfahrtspflege seine heimatlichen Abgaben zollen. Nur so kann er mit offenen Augen unseren tapferen Heldensöhnen entgegentreten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wohltätigkeitskonzert. Unter der Schutzherrschaft Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe, Prinzessin von Preußen findet zum Besten einer Weihnachtsgabe für Bonner Kriegerwitwen und –Waisen am Dienstag, den 6. November, abends 6½ Uhr, im großen Saal des Bonner Bürgervereins ein Konzert statt. In dem Konzert wird Frau Elly Ney-van Hoogstraten spielen, die gerade in letzter Zeit glänzende neue Erfolge in der Schweiz und in der Rheinprovinz errungen hat. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 6. November 1917
Zur Gassperrre. Laut Bakanntmachung im Anzeigenteil dieser Zeitung tritt die zeitweise Sperrung der Gasabgabe ab Freitag, den 9. November, nachmittags 2 Uhr ein. Wegen der Gefahr von Gasausströmungen bei Verlöschen der Flammen und Zündflammen, die entgegen dem Verbote in der Sperrzeit benutzt werden, sei nochmals dringend vor Zuwiderhandlungen gewarnt.
Aehnliche zum Teil noch erheblich weitergehende Gassperren sind übrigens in diesen Tagen auch in Dülken, Düren, Krefeld, Elberfeld und anderen Orten verfügt worden.
Lebensmitteldiebstähle im Großen haben Spitzbuben begangen, von denen einer Samstag in einem hiesigen Gasthof, ein anderer schon vorher in Heidelberg festgenommen worden ist. Sie haben über ganze Eisenbahnwagen voll Waren verfügt und aus deren Verkauf hohe Summen erzielt. Der in Bonn verhaftete und gestern ebenfalls nach Heidelberg übergeführte Spitzbube ist ein 25 Jahre alter Fahnenflüchtiger, der nannte sich Vizefeldwebel Peters und trat auch in der Uniform eines Vizefeldwebels auf, der in Heidelberg Verhaftete ist ebenfalls ein Fahnenflüchtiger, er nannte sich Vizefeldwebel Sanders.
Gestohlen wurden in der Nacht zum Sonntag in einem Hause am Cassiusgraben Lebensmittel, in der Nacht zum Montag in einer hiesigen Fabrik Treibriemen im Werte von mehreren Tausend Mark.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Aenderung der Ortsbriefbestellung. Mit Rücksicht auf die anderweitige Festsetzung der Geschäftsstunden und die abends in den Straßen und Häusern herrschende Dunkelheit wird von jetzt ab bis auf weiteres die 1. Ortsbriefbestellung um 8 Uhr vormittags und die 2. um 2¼ Uhr nachmittags beginnen. Die dritte Bestellung wird so gelegt werden, daß sie noch vor Eintritt der völligen Dunkelheit beendet ist.
Einen Korb mit Wurst hatte ein Soldat einer hiesigen Frau zum Aufbewahren übergeben. Kurz darauf erschien ein anderer Soldat und veranlaßte die Frau, die Wurst nach der Rheinallee zu bringen, wo sie abgeliefert werden sollte. Dort angekommen, wurde die Frau plötzlich von einem angeblichen Kriminalbeamten angehalten und aufgefordert, mit zur Hauptwache zu gehen. Die Wurst blieb unter der Obhut des Soldaten. Kurz vor der Hauptwache verschwand der angebliche Kriminalbeamte und auch der Korb mit Wurst war beim Wiedererscheinen der Frau in der Rheingasse nicht mehr aufzufinden. Der benachrichtigten Kriminalpolizei gelang es, die beiden Soldaten und auch den falschen Kriminalbeamten, der sich als ein Arbeiter von hier entpuppte, festzunehmen. Die Wurst, die aus einem Diebstahl herrührte, hatten die Schwindler an einen hiesigen Geschäftsmann unter dem Vorgeben, daß sie aus Belgien herrühre, für 700 Mk. verkauft. Die Festgenommenen, die alle drei von hier stammen, hatten das Geld unter sich aufgeteilt. Ein Teil des Geldes konnte dem Bestohlenen zurückerstattet werden.
Die Milchwagen werden jetzt auch von Diebesgesindel bestohlen. In mehreren Fällen wurden Kannen mit Milch von den Wagen entwendet. Sogar aus den Behältnissen unter dem Kutschbock werden Sachen gestohlen. Am Sonntag morgen wurde von einem am Rheinwerft haltenden Milchfuhrwerk die Decke vom Pferd entwendet. Es scheint, daß die Diebe den Fuhrwerken nachgehen und den Augenblick zum Diebstahl benutzen, wenn die Lenkerinnen zum Wegbringen der Milch den Wagen für kurze Zeit verlassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Stadtverordneten-Ergänzungswahl. Bei der gestrigen Stadtverordnetenwahl der 3. Abteilung wurden die ausscheidenden Stadtverordneten der Zentrumsfraktion Hartmann, Schmitt, Walbrück und Wellmann wiedergewählt. Da die Wahlen unter dem Zeichen des Burgfriedens stattfanden, waren andere Kandidaten nicht aufgestellt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Godesberg: Zur Ersparnis von Licht und Brennstoff, sowie infolge der allgemeinen Warenknappheit sieht sich der überwiegende Teil der Godesberger Detailgeschäfte veranlaßt, bis auf Weiteres um 6 Uhr abends zu schließen. Samstags bleiben die Geschäfte bis 7 Uhr geöffnet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Mittwoch, 7. November 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
Der Bau der neuen Kriegsküche Ecke Argelander- und Reuterstraße ist nunmehr vom Kriegsamt in Berlin genehmigt worden, so daß er nachdrücklichst gefördert werden kann. Die Teilnehmerzahl der Kriegsküchen ist diese Woche wieder etwas gestiegen. In der letzten Zeit ist es mehrfach vorgekommen, daß Einwohner, die ihre Kartoffeln schon bis 18. November im voraus entnommen hatten, beim Kauf der Kriegsküchen-Wochenkarten nicht mehr in der Lage waren, die Kartoffelmarken oder die entsprechende Kartoffelmenge abzugeben, weil sie ihre Vorräte bereits verzehrt haben. Es sei noch einmal nachdrücklichst daran erinnert, daß mit den eingekellerten Vorräten haushälterisch umgegangen werden muß.
Die Kartoffelzufuhr geht jetzt gut voran, auch die Beschaffenheit der Kartoffeln ist erheblich besser geworden. Es kann allen, die nach ihren Mitteln dazu in der Lage sind und über einen trockenen Keller verfügen, nur wiederholt geraten werden, ihre Kartoffeln bis 23. Februar einzukellern.
Wer beim Einkellern schlechte Kartoffeln erhalten hat, beschwert sich zweckmäßig am städtischen Kartoffelamt, Am Hof 1, Zimmer 12. Das Kartoffelamt entsendet dann einen Sachverständigen zur Nachprüfung und gibt nötigenfalls Ersatz. Die Beschwerde muß jedoch unverzüglich erfolgen, weil sonst aus leicht erklärlichen Gründen kein Anspruch mehr berücksichtigt werden kann.
Die neuen Lebensmittelkarten für die Zeit vom 19. November bis 10. März werden in diesen Tagen zugestellt. Allen Haushaltungsvorständen muß dringend geraten werden, die Karten sorgfältig aufzuheben. […] Verluste werden fortan nicht mehr ersetzt, weil sich herausgestellt hat, daß mit derartigen Anträgen größtenteils grober Betrug verübt wird. Die Karten haben, damit Fälschungen vermieden werden, diesmal besondere Kennzeichen erhalten. Die Geschäftsleute werden dringend ersucht, darauf zu achten, daß ihnen bei der Warenentnahme auch die Stammkarte mit dem Stempel des Lebensmittelamts vorgelegt wird. Trotz aller Vorsicht sind jetzt gefälschte Karten im Umlauf, solche Karten anzuhalten, liegt im eigensten Interesse der Geschäftsleute. Das Lebensmittelamt zahlt für jede Anzeige, durch die eine Fälschung zur gerichtlichen Bestrafung gebracht werden kann, eine Belohnung von wenigstens 100 Mark. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
In Groß-Bonn tritt seit einigen Tagen der bekannte Kölner Liederdichter und Humorist Willy Ostermann mit großem Erfolg auf. Natürlich bringt Ostermann nur neue Sachen, die meist auf die jetzige Zeit Bezug haben. Immer wieder wird er vor die Rampe gerufen, und Ostermann läßt sich nicht lumpen, er hat immer noch ein kleines platt-kölnisches Krätzchen auf Lager. So erkundigt sich ein Herr, der stark stottert, bei einem Knaben nach einer St – otte – rer-Anstalt. Der Junge sieht den Herrn von der Seite an und meint dann im Weggehen: „Watt wells Do dann doh. Do Jäck, Do kanns et joh!“ – Ein origineller Kauz ist auch der Farbenkomiker Rolf Holbein. Er malt ein FAß, schlägt einen Krahnen hinein und zapft sich ein Glas Münchener daraus. Aus einer gemalten Zigarrenkiste nimmt er sich eine Havanna und seinen Hut hängt er an einen gemalten Nagel. Daneben ist Holbein ein vorzüglicher Landschafter. – Auch die übrigen Nummern des neuen Programms sind durchweg gut.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ein Probe-Flieger-Alarm findet am Mittwoch den 14. d. M. vormittags 10.30 Uhr statt. Es handelt sich lediglich um eine vorbeugende Maßnahme. Die Signale sollen ausprobiert werden und die Bevölkerung Gelegenheit nehmen, sich mit dem Alarmsignal vertraut zu machen. Auch soll jeder zum Nachdenken darüber angeregt werden, wohin er sich im Falle eines Fliegerangriffes zu begeben hat.
60 Gramm Rüböl und ein Ei werden diese Woche verkauft. Das Rüböl ersetzt Butter und Margarine, die es diese Woche nicht gibt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 8. November 1917
Der Strafprozeß gegen die Leiterinnen eines hiesigen Kriegskinderheims, Margarete und Else K., wegen fortgesetzter gefährlicher Körperverletzung der ihnen anvertrauten Kinder hat Dienstag das Reichsgericht beschäftigt. Die hiesige Strafkammer hatte bekanntlich am 30. April d. J. beide Angeklagte verurteilt, und zwar Margarete K. zu 900 M., Else K. zu 300 M. Geldstrafe. Gegen dieses Urteil hatten sowohl die Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Das Reichsgericht hat nun das Urteil aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Verhandlung an das Landgericht Köln verwiesen.
Die Jungmannen haben der Landwirtschaft, wie allseitig anerkannt wird, gute Dienste geleistet. Immerhin mögen sich bei der Organisation noch Fehler herausgestellt haben. Diese zu beseitigen, wird das eifrige Bestreben der Leiter der Jungmannenhilfe sein. Der Winter soll dazu dienen, auf dem Gebiete der Wissenschaft das Versäumte nachzuholen. Daneben soll eine Vorbereitung für die kommende Hilfe im Frühjahr, Sommer und Hebst gehen. Militärische Hilfe wird im kommenden Jahre, wenn überhaupt, nur in den allerdringendsten Fällen gewährt werden können. Die Landwirte sollen sich daher jetzt schon mit dem Gedanken der Jungmannenhilfe vertraut machen und die Vertrauensleute der Kriegswirtschaftsstelle bereits jetzt davon in Kenntnis setzen, wie viele Jungmannen und zu welchen Arbeiten sie die Hilfe in Anspruch nehmen wollen. Die städtische Gartenverwaltung hat Herrn Prof. Fücht-Johann für die ihm unterstehenden Jungmannen ein Stück Land zur Verfügung gestellt, das im Winter unter sachkundiger Leitung bearbeitet wird, um so die Jungmannen in praktischer Arbeit zu unterrichten. K. W. B.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Schöffengericht Bonn. […] Der 34jährige Händler Heinrich D. von hier hatte wegen Ueberschreitung der Höchstpreise für Marmelade einen Strafbefehl von 60 Mark erhalten. D. hatte vor jetzt einem Jahre im November und Dezember die Marmelade für 80 Pfg. pro Pfund in Bonn verkauft und machte geltend, es sei Marmelade erster Sorte gewesen, für die kein Höchstpreis bestanden und die er mit 60 Pfg. beim Fabrikanten in Oberbachem gekauft habe. Nach der Zeugenaussage des Fabrikanten war diese Marmelade angefertigt aus der Mischung von Rüben, Pflaumen, Aepfeln und Birnen. Hiernach gehörte sie keineswegs zur ersten, sondern zur fünften Marmeladensorte, die pfundweise für 35 und in größeren Mengen bis zu 30 Pfd. für 32 Pfg. verkauft werden darf nach der für Bonn bestehenden Verordnung. Das Gericht verwarf die Berufung des D. und erhöhte sein Strafmaß von 60 auf 100 Mark unter dem Hinweis, daß gegen derartige Wucherhandlungen mit größter Rücksichtslosigkeit vorgegangen werden müsse. – Ueber die 38jährige Ehefrau des Kaufmanns Jos. Ku. von hier, deren Mann seit drei Jahren im Felde ist, war eine Bestrafung mit zwei Wochen Gefängnis und 50 Mark verhängt worden wegen Ueberschreitung der Höchstpreise, indem sie am 10. Juli in ihrem Geschäfte für Himbeeren 1,20 Mark statt 85 Pfg. pro Pfund gefordert haben sollte. Die gestrige Beweisaufnahme ergab jedoch, daß die öffentliche Bekanntgabe dieser festgesetzten Höchstpreise erst unterm 10. Juli im Bonner General-Anzeiger erfolgt war, also an demselben Tage, an dem die Uebertretung begangen worden sein soll. Die Angeklagte behauptete, daß sie erst am Abend beim Durchlesen des General-Anzeigers Kenntnis von dieser Verordnung genommen und also nur in entschuldbarer Unkenntnis des Gesetzes gehandelt haben könne. Der Gerichtsvorsitzende Herr Geheimrat Dr. Winand vertrat den Standpunkt, daß es dem gewöhnlichen Staatsbürger nicht zugemutet werden könne, sich das Amtsblatt zu halten, um nachzusehen, ob eine einschlägige Verordnung für sein Geschäft darin enthalten sei; im allgemeinen seien diese Leute auf das ausgesprochene Lokalblatt angewiesen, und dies sei hierzulande der Bonner General-Anzeiger. Die Angeklagte Ku. erfuhr daher eine Freisprechung.
Der 47jährigen Handelsfrau D. von hier war zu Last gelegt, daß sie am 16. Juli den Kopfsalat stückweise verkauft habe, während die Kriegsverordnung nur den Verkauf nach Gewicht zuließ. Die festgesetzte Strafe lautete auf 100 Mark. – Der Bierverleger Johann Be. von hier hatte gegen einen Strafbefehl von 50 Mark Einspruch erhoben. Er hatte bei letzterer 25 Mark für den Zentner Schneidkohl als Bezahlung angenommen, während der Höchstpreis auf nur 22 Pfennig stand. „Nicht nur dann macht man sich straffällig“, führte der Vorsitzende aus, „wenn man selber mehr verlangt als erlaubt ist, sondern auch dann, wenn man sich mehr gewähren läßt.“ Die Staatsanwaltschaft hielt das Strafmaß von 50 Mark für zu gering und beantragte eine Erhöhung auf 100 Mark. Das Gericht schloß sich diesem Antrage an.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Gassperre. Zu den vielen Unzuträglichkeiten, die der Krieg für die Bürgerschaft im allgemeinen mit sich gebracht hat, ist nun auch noch die einschneidende Maßnahme der zeitweiligen Gassperre in Bonn getreten. Ob diese Maßnahme praktisch wirkungsvoll ist, kann bezweifelt werden. Die gewerblichen Kreise, die Gas zu Betriebszwecken benötigen, werden die versäumte Nachmittagszeit natürlich nachzuholen suchen und ihre Arbeitszeit zum Teil bis möglichst 11 Uhr abends ausdehnen, wobei sie außer dem Betriebsgas auch noch Leuchtgas in vermehrtem Maße verbrauchen. Die Gasmenge, die nachts in den Röhren steht und durch die völlige Absperrung erspart werden soll, dürfte nicht so bedeutend sein, als die Menge an Leuchtgas, die von den Gewerbebetrieben durch die Ausdehnung der Arbeitszeit nach Inkrafttreten der zeitweiligen Gassperre verbraucht wird. Andererseits bedeutet die Gassperre für viele gewerbliche Unternehmungen eine sehr empfindliche Betriebsstörung, und die Bürger, die Kranke im Hause haben oder aus anderen Gründen nachts Licht benötigen, sind durch diese sehr diskutierbare Maßnahme stark benachteiligt. In Düsseldorf ist die Presse öffentlich gegen die dort beabsichtigte Gassperre vorstellig geworden und hat es erreicht, daß die dortigen städtischen Lichtwerke vorläufig ihren Plan aufgeschoben haben. In Köln hat man von der Gassperre einstweilen überhaupt Abstand genommen, da man in den dortigen Fachkreisen von einer derartigen Maßnahme sich nur einen recht geringen Nutzen versprach. Wir möchten daher unseren Bonner städtischen Gaswerken empfehlen, sich mit den Kölner und Düsseldorfer Fachkollegen in Verbindung zu setzen, um vielleicht auch noch zu einem aufschiebenden Beschluß in der Frage der Gassperre zu gelangen. Man soll in dieser Zeit der wirtschaftlichen Not der Bürgerschaft das Leben nicht unbequemer machen, als es unbedingt notwendig ist. Namens mehrerer Gewerbetreibender.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Abgabe von gelben Erdkohlrabien zum Einkellern. Jedem Einwohner der Stadt Bonn wird auf Antrag sein Winterbedarf an gelbfleischigen Erdkohlrabien zum Einkellern überwiesen. Voraussetzung ist, daß gute trockene Kellerräume vorhanden sind. Bestellungen auf Erdkohlrabien sind bis zum 15. November 1917 schriftlich oder mündlich im städtischen Lebensmittelamt, Zimmer 12, anzubringen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 9. November 1917
[…] Milchversorgung. Mit Beginn des Winters wird bekanntlich die Milcherzeugung erheblich geringer; denn da Grünfutter nicht mehr zur Verfügung steht, sind die Landwirte ausschließlich auf die sogenannte Stallfütterung angewiesen. Auch wirkt die kalte Witterung hemmend auf die Milcherzeugung ein. In diesem Jahre ist zudem die Futterernte nur mäßig ausgefallen. Kraftfutter, wie Kleie und Oelkuchen usw., ist dagegen aus bekannten Gründen nur in geringer Menge zur Fütterung der Kühe verfügbar. Die Milchzufuhr wird daher im Winter erheblich zurückgehen. Die Folge wird sein, daß wir eine Zeitlang nur für Versorgungsberechtigte Vollmilch zur Verfügung haben, während die Belieferung der Vorzugsberechtigten nur in einzelnen Fällen oder garnicht möglich ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.“)
Beerdigung des Generalmajors a. D. Krummacher. Unter zahlreicher Beteiligung ist Generalmajor Krummacher, der trotz seiner 82 Jahre als der älteste diensttuende Offizier des preußischen Heeres im Kriege tätig gewesen, gestern nachmittag beerdigt worden. Die Offiziere der Garnison und zahlreiche militärische Abordnungen aus den Regimentern, denen Krummacher angehört hat, nahmen an dem Trauerzug teil. Der König und die Königin von Württemberg, der Herzog von Sachsen-Meiningen, die Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe, der Oberpräsident, der Kommandierende General, der Kölner Regierungspräsident und andere hatten herzliche Beileidsdepeschen gesandt. Die Stadt Bonn widmete einen Kranz. Im Trauerhause hatte Pfarrer Lorenz eine Gedächtnisrede gehalten, in der er der ehrenvollen Laufbahn des Verblichenen gedachte. Die Beerdigung erfolgte mit militärischen Ehrungen. Der Sarg wurde, während eine Kompagnie die militärischen Ehren erwies und die Militärkapelle einen Choral spielte, auf den Leichenwagen getragen. Den Trauerzug eröffneten die Spielleute und die Kapelle eines hiesigen Truppenteils, dann folgten die Ehrenkompagnie und die Kriegervereine, deren Ehrenvorsitzender oder Ehrenmitglied General Krummacher war. Hinter dem Leichenwagen schritten in langem Zuge die hiesigen und zahlreiche auswärtige Offiziere, darunter mehrere Generäle und Abordnungen der Regimenter, denen der Verstorbene angehört hat, ferner Vertreter vieler Behörden, die Mitglieder der Lese, der Loge usw. Am Grabe, wo Pfarrer Lorenz die Gebete verrichtete, ehrten die Vertreter von Vereinen und Körperschaften den Entschlafenen durch Niederlegen von Kränzen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 8. Nov. Von der Elektrischen überfahren und schwer verletzt wurde gestern abend gegen 7 Uhr das Ehepaar Rentner Ernst von der Bey aus Godesberg. Das Ehepaar befand sich auf dem Heimgange über die Roonstraße nach seiner Wohnung Hochkreuzallee 2 und wich hierbei dem ihm von Bonn entgegenkommenden Zuge der Elektrischen aus dem Wege, ohne zu beobachten, daß auf seiner Rückseite zugleich ein Zug der Elektrischen kam, der auf der Fahrt nach Bonn war. Bei der herrschenden Dunkelheit und durch das völlige Beschlagensein des Betriebswagenfensters vom Regen vermochte der Zugführer auch die Strecke nicht weit genug zu übersehen. Der Mann wurde nach Bonn in das Hospital der Barmherzigen Brüder verbracht, während Frau von der Bey in das Viktoriahospital nach Godesberg kam.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Die Gaswerksverwaltung hat sich wohl nicht vorgestellt, daß die nächtliche Gasabsperrung für die Krankenpflege sehr nachteilig ist. Was macht ein Arzt, der nachts zu einem Kranken gerufen wird. Kann es die Gaswerksverwaltung verantworten, daß Menschenleben dadurch aufs Spiel gesetzt werden, daß die Aerzte ihren Beruf nicht ausüben können? Was soll geschehen, wenn die Geburt eines Kindes bevorsteht, was ja auch nachts häufiger vorkommt? Die Behörde sollte sich die Durchführung dieser Maßnahmen noch dreimal überlegen, bevor sie den Bürgern solche Opfer auferlegt. Eine „weise Frau.“
Zur Rübölverteilung. Anläßlich des dieswöchigen Rübölverkaufs möchte ich unsere Stadtverwaltung fragen: Warum wird das Oel immer nur an einige ausgewählte Geschäfte zum Verkauf abgegeben und nicht an jedes Geschäft, wie die andern Warend? Ich, und mit mir viele anderen Frauen haben von 4½ bis 6 Uhr an einem Geschäft der Arndtstraße gestanden, ohne aber unser Quantum erhalten zu können. Warten haben wir ja genügend gelernt, daß man aber noch bei dem Warten den Hohn und Spott der Angestellten einstecken muß, das ist denn doch hinreichend viel. Die jungen Lehrmädchen und Angestellten sind ja im Warmen und haben gut lachen, wenn wir stundenlang wie die Bettelweiber vor den Türen stehen müssen, um unser armseliges bischen Ware zu erhalten. Jetzt steht der Winter vor der Tür. Wer kommt uns dafür auf, wenn wir durch das lange Stehen uns eine Lungenentzündung oder sonstige Krankheit zuziehen. Die Stadtverwaltung vielleicht, würde die da wohl einspringen? Vielleicht stellen sich die Herren von der Lebensmittelversorgung mal selbst einige Stunden in solches Gedränge. Schaden könnte ihnen dies auf keinen Fall. Es ist traurig genug, daß man für jede Kleinigkeit immer laufen muß. Hierin Wandel zu schaffen, wäre eine lohnendere Aufgabe, als wie vor dem Salzhamstern zu warnen. Zum Schluß bemerke ich noch, daß die Tochter des obengenannten Geschäftes um ½6 Uhr sagte, es werde nicht weiter verkauft, obwohl die Verkaufszeit bis 6 Uhr dauert. Bei solchen Zuständen wird einem das Durchhalten sehr sauer. Eine Bonner Hausfrau.
(Aehnliche Zuschriften liegen uns über andere Firmen im Zentrum der Stadt vor. Auch dort kam es zu großen Aufläufen und stundenlangem vergeblichen Warten für viele Frauen. Red.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die Erscheinungszeit der Deutschen Reichs-Zeitung mußte eine Aenderung erfahren, weil die schlechte Beleuchtung bei eintretender Dunkelheit ein Austragen der Zeitung am Abend unmöglich machte. Auch mußte der technische Teil unseres Betriebes sich auf die Folgeerscheinungen der Gassperre, die heute beginnt, einrichten. Mit dem Druck der Zeitung wird morgens um acht Uhr begonnen. (Nur die Sonntagsausgabe erscheint am Samstagnachmittag, da in sie, wenn möglich, noch der deutsche Heeresbericht Aufnahme finden soll.) Die Zustellung der Zeitung dürfte dann, auch außerhalb noch größtenteils, am Vormittag erledigt werden können. Auch die Post wird dafür sorgen, daß die Bezieher unserer Zeitung möglichst bald am Tage der Ausgabe in den Besitz des Blattes kommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 10. November 1917
Die Stadtverordnetenwahlen der 2. Abteilung finden nur an einem Tage, am heutigen Samstag, vormittags von 10 bis 1 Uhr und nachmittags von 8 bis 6 Uhr statt. Die Bewohner der Altstadt wählen auf dem Rathause und die der Vororte im Verwaltungsgebäude in der Kirschallee, wie früher. – Neu ist dagegen, daß die Altstadt auch den Kandidaten der Vororte und die Vororte auch die Kandidaten der Altstadt, also alle zusammen 4 wählen. Wieder aufgestellt sind bekanntlich unsere bewährten Parteifreunde Baumeister Hans Blömers, Metzgermeister Karl Kaiser und Professor Dr. F. A. Schmidt, ferner der in den Vororten ausscheidende Stadtverordnete Jansen, da die Wahlen im Zeichen des Burgfriedens nach dem Grundsatz des alten Besitzstandes ohne Gegenkandidaten vor sich gehen sollen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
U 35 bei der Arbeit. Der Kommandant von U 35, Arnauld de la Perrière, ist der Held eines dreiaktigen Films, der von heute ab in den Lichtspielen im Stern gezeigt wird. Ein Stück gewaltigster Kriegsgeschichte ist hier aufgezeichnet mit dem ehernen Griffel, den die Wirklichkeit schreibt. Es ist kein Film, der mit fleißiger Kulissenarbeit daheim hinterm warmen Herd „gestellt“ worden ist; draußen auf dem Meere, im Kampf mit dem Feinde, sind die Bilder aufgenommen während der mühevollen Arbeit, die U 35 unter seinem tapferen Führer zu leisten hatte. So ist ein Kulturdokument entstanden, das seinen bleibenden Wert besitzt und allen daheim eine deutliche, kraftvolle Sprache redet. Wir sehen U 35, wie es den Heimathafen verläßt, wir sehen es im Kampf mit den Wogen, wir sehen es im heldenhaften Ringen mit den feindlichen Großhandelsschiffen, aber wir sehen auch die Frucht dieser Arbeit: Schiff auf Schiff versinkt vor unsern Augen in den Tiefen des Meeres. Lücke auf Lücke wird in den Ring gerissen, den England um uns ziehen wollte, immer enger wird der magische Ring, den wir selbst um unsere Feinde legen. Der Film bedeutet eine hervorragende Sehenswürdigkeit und verdient allgemeine Aufmerksamkeit.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 8. Nov. Aus einem Töchterpensionat n der Rüngsdorferstraße wurden in der verflossenen Nacht 16 Paar Damenschuhe gestohlen; im Ortsteile Muffendorf wurden in derselben Nacht einer Kriegerfrau zwei wertvolle Ziegen im Stalle abgeschlachtet und mitgenommen. – Aus einem großen Hotelbetrieb am Rhein, der sicherheitshalber seine notwendigen Vorräte an Fleisch und Fett statt im Keller im allerobersten Stockwerke seines Hotels in einer Kammer verwahrte, vermochten trotzdem die Diebe den ganzen Bestand zu stehlen, indem sie mittels einer sehr hohen Leiter während der Nacht durch das kleine Fenster in die Dachkammer eindrangen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Godesberg. […] Der Vaterländische Frauenverein beabsichtigt, an alle Kriegsgefangenen aus der Bürgermeisterei Godesberg Weihnachtspakete zu senden. Die Angehörigen solcher Gefangenen werden daher ersucht, die genauen Adressen derselben in der Zentrale Rheinallee 26 umgehend niederzulegen. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Sonntag, 11. November 1917
Deutsche Vaterlandspartei. Die Ortsgruppe Bonn und Umgebung hat Freitag abend unter dem Vorsitz von Geheimrat Litzmann wieder eine Mitgliederversammlung in der Germaniahalle abgehalten. Die Versammlung bestätigte den in der ersten Versammlung nur vorläufig gewählten Ausschuß und ergänzte ihn durch eine Anzahl Herren aus den verschiedensten Ständen, darunter auch mehreren aus den Landorten. […]
Man schreibt uns: Die Deutsche Vaterlandspartei ist, wie überall, so auch am Rhein, in unaufhaltsamem Wachstum begriffen. […] Bei der Geschäftsstelle in Köln sind bisher – neben den körperschaftlichen Beitritten von Vereinen – schon über 11.000 persönliche Beitrittserklärungen angemeldet worden. 96 Ortsgruppen mit Hunderten, ja Tausenden von Mitgliedern sind entweder schon gebildet worden oder noch in der Bildung begriffen. So zählen […] Bonn 600 bis 700 Mitglieder. Im Vorstand des Landesvereins sind Mitglieder aller Parteien und Stände vertreten, darunter auch zwei Arbeiter. […]
Ueber die Lage im Orient hält Dienstag abend im Saale der Lese der bekannte Kolonialpolitiker Privatdozent Dr. Wirth aus München einen Vortrag. Die Deutsche Kolonialgesellschaft (Abteilung Bonn-Godesberg) ladet dazu ein.
Sterilisierte Milch zu 85 Pfg. die Halbliterdose wird von Mittwoch bis Samstag dieser Woche an die Inhaber der Lebensmittelkarten A verkauft. […]
Petroleum für Heimarbeiter und landwirtschaftliche Betriebe wird wochentags von 8 bis 12 Uhr auf dem Hofe der Feuerwehrkaserne an der Maxstraße abgegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Schöffengericht Bonn. […] Der 33jährige Monteur Josef Be. von hier war der ihm zur Last gelegten Anklage geständig, daß er am 20. August dieses Jahres gelegentlich einer vollzogenen Ausbesserung des Motors im Bonner Proviantamt bei seinem Weggang sich 25 Pfund reines Weizenmehl aus demselben mitgenommen habe. Er machte geltend hierzu die Erlaubnis des Aufsehers Ke. und die des stellvertretenden Aufsehers Wi. vom Proviantamte gehabt zu haben, denn sonst hätte er nicht des öfteren schon bei jeder Gelegenheit, wo er im städtischen Proviantamte Arbeiten ausführte, ganz ungeniert sich Mehl von dort mitgenommen. Die beiden erwähnten Aufsichtsbeamten widerlegten jedoch bei ihrer eidlichen Vernehmung diese Behauptung bezüglich des Zugeständnisses auf das allerentschiedenste. Dem Antrage der Staatsanwaltschaft entsprechend verurteilte das Gericht den bereits mehrfach vorbestraften Angeklagten zu 3 Monaten Gefängnis. –[…] – Die 32jährige Ehefrau des Kaufmanns Joh. He. zu Bonn hatte in ihrem Geschäfte verbotswidrig pulverisierten Kakao feilgehalten, wovon sich am 15. Oktober eine Frau aus Köln 6 Pfund zu à 10 Mk. aufkaufte, nachdem dieser von dem Ladenfräulein gesagt worden war, daß die Ware gut sei. Die chemische Untersuchung hatte aber ergeben, daß wenigstens 80 Prozent wertloser Kakaoschalen in dieser Mischung waren. Der reine Kakao hatte damals einen Preis von 25 Mk. pro Pfund. Die Verhandlung ergab, daß ihr langjähriger und bewährter Geschäftsführer M. diese Ware für 7,80 M. eingekauft hat. Ein übermäßiger Gewinn, der ihr ebenfalls zur Last gelegt worden war, war also nicht vorhanden, da nach der Zeugenaussage eines Sachverständigen der von Berlin aus genehmigte Gewinnsatz für Kakao sich bis zu 33½ Prozent bewegen darf. Die Angeklagte wurde daher nur wegen fahrlässiger Verfehlung gegen die Kriegsverordnung vom 19. Aug. welche die Führung und den Verkauf von jeglichem pulverisiertem Kakao verbietet, bestraft in Höhe von 100 Mk. Der Staatsanwalt hatte 300 Mk. beantragt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Gesellschaft für Literatur und Kunst machte uns am vorletzten Samstag mit dem Dichter Heinrich Mann bekannt, der einige seiner neuen Werke vorlas. Die Novelle „Die Tote“ interessierte die zahlreich erschienenen Zuhörer sehr und wirkte durch ihren packenden Inhalt. Die Bruchstücke „Aus einem Roman“, in dem aus Geschäftsinteresse eine Verlobung zustande kommt, war recht humorvoll, fiel jedoch gegen die nachfolgenden Märchen, in denen der hervorragende Stil und die scharfe Beobachtung des Erzählers deutlich hervortraten, etwas ab. Schließlich kam man doch in gehobene Stimmung durch das Gebotene und befriedigt verließen wir mit den dankbar Erschienenen den anheimelnden Lesesaal.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 12. November 1917
Bewirtschaftung von Gemüse und Obst. Aus Berlin, 10. November, wird uns geschrieben: Wie Gemüse und Obst im nächsten Jahre bewirtschaftet werden wird, steht zur Zeit noch nicht endgültig fest. In den bis jetzt geführten Verhandlungen, die Freitag zu einem vorläufigen Abschluß gekommen sind, haben sich alle Erzeuger- und auch Verbrauchsverbände, darunter der Deutsche Städtetag, einstimmig für die Beibehaltung der Lieferungsverträge für Gemüse ausgesprochen. Daneben ist von den Verbrauchsverbänden lediglich um ein weiteres Fortschreiten auf dem Wege der Zwangsbewirtschaftung gebeten worden. Eine auch nur einigermaßen ausreichende Befriedigung des fast grenzenlosen Bedarfs an Gemüse ist aus Mangel an Ware, wozu auch noch der Wagenmangel kommt, allerwärts in Deutschland unmöglich. Es hat sich aber gezeigt und kann täglich von neuem beobachtet werden, daß diejenigen Kommunalverbände verhältnismäßig am besten mit Gemüse versorgt sind, welche sich am ausgiebigsten durch Lieferungsverträge eingedeckt haben. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ausgabe von 500.000 Zentnern Marmelade. Mit der Verteilung der von der Kriegsgesellschaft für Obstkonserven und Marmelade für den Winter vorbereiteten Marmelade wird in den nächsten Tagen begonnen werden. Die Gesellschaft hat vorläufig für das ganze Reich 500.000 Zentner freigegeben. Das Pfund wird zum Preise von 90 Pfennig im Kleinverkauf abgegeben. Es wird versichert, daß diese Marmelade, die nur aus Birnen, Aepfeln und Pflaumen besteht, keine Aehnlichkeit mit der berüchtigten „Kohlrübenmarmelade“ des Vorjahres hat, sondern von sehr guter, bekömmlicher Qualität ist. Die Marmeladenfabriken sind noch vollauf beschäftigt, haben auch noch sehr große Bestände am Lager, so daß eine ausreichende Versorgung gesichert ist. […]
Warnung vor einem Schwindler. Ein mit dem Eisernen Kreuz geschmückter junger Mann von etwa 25 Jahren versucht auf alle Art und Weise die Leute zu beschwindeln. Er gibt an, ein Vetter eines Krautfabrikanten aus Alfter zu sein und verspricht den Leuten Kraut und Marmelade zu 0,95 M. und 1,15 M. Er läßt sich Geld im Voraus bezahlen und verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Auch versprach er jemand 7 Zentner Kartoffeln zu liefern, wollte unbedingt die Säcke mitnehmen und auch das Geld. Letzteres hat er glücklicherweise nicht bekommen. In einem anderen Falle wollte er Tabak gegen Marmelade vertauschen und den Tabak gleich mitnehmen, das Kraut andern Tags bringen. Er ist nicht wiedergekommen. Besondere Kennzeichen: an der rechten Hand fehlt der kleine Finger.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dienstag, 13. November 1917
Für unsere rheinischen Krieger regen sich in den Räumen des Freiwilligen Hilfsausschusses für die Truppen (im Gebäude der Rheinisch-Westfälischen Diskontogesellschaft) wieder viele fleißige Hände: rund 18.000 Weihnachtspakete sind für sie anzufertigen. Die ständigen Helferinnen des Hilfsausschusses sind tagaus tagein damit beschäftigt, ihnen leisten Schwestern des hiesigen Vaterländischen Frauenvereins und Schülerinnen des Lyzeums willkommene Hilfe. Es soll ja auch alles nicht nur geschäftsmäßig verpackt, sondern möglichst geschmackvoll und sinnig hergerichtet werden, damit schon die Aufmachung den Empfängern von der Liebe und Dankbarkeit redet, die man in der Heimat für sie empfindet. Es werden fünf verschiedene Arten, natürlich alle gleichwertig, angefertigt; in jedes kommen ein Stück Lebkuchen mit einem Weihnachtsgruß der Bonner Vaterländischen Vereinigungen darauf, eine Pfeife mit Tabak, Zigarren oder Zigaretten, außerdem werden noch die verschiedensten Gegenstände zum Gebrauch und zur Unterhaltung in den Paketen verteilt: Lieder- und andere Bücher, Messer, Hosenträger, Bürsten, Spielkarten, Spiele, Musikinstrumente usw. Jedem Paket wird ferner ein vom Oberbürgermeister Spiritus unterzeichneter Gruß und eine Postkarte mit der Aufschrift des Freiwilligen Hilfsausschusses beigelegt. Sämtliche Pakete müssen bis 1. Dezember nach Koblenz gesandt sein, von dort werden sie zusammen mit den aus anderen Städten und Orten eingehenden an die rheinischen Regimenter der verschiedenen Fronten abgeschickt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg, 12. Nov. Die nächtlichen Einbrüche und Diebstähle mehren sich gegenwärtig in geradezu beängstigender Weise. In der Deutschherrenstraße im Ortsteile Muffendorf wurde kürzlich einer Kriegerfrau der ganze Bestand von Haustieren im verschlossenen Stalle abgeschlachtet und gestohlen, bestehend aus zwei wertvollen prämierten Saanenziegen und einem Volk Hühner. Bei der Begehung der Tat benutzten die Spitzbuben zur Dämpfung ihrer Fußtritte Teppiche, die sie vorher aus einem Nachbarhause entwendet hatten. Ein am Morgen herbeigeholter Polizeihund vermochte nicht die Täter zu ermitteln. Der Kriegerfrau ist ein Schaden von 8 – 900 Mark zugefügt worden. – In die Lessingstraße hatte sich am Freitag nachmittag mit Eintritt der Dunkelheit ein Dieb in ein Wohnhaus eingeschlichen und einen Herrenpaletot nebst Regenschirm gestohlen. Auffallenderweise wurde der wertvolle Paletot vom Dieb nachher verschmäht und in einen Garten an der Römerstraße geworfen, so daß der Eigentümer ihn wieder erhielt. Die gefüllte Zigarrentasche aus dem Ueberrock und ein Paar neue Lederhandschuhe, sowie den Regenschirm hatte der Dieb jedoch zurückbehalten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Flieger-Alarm. Es wird noch einmal darauf hingewiesen, daß am Mittwoch, den 14. ds. Mts., morgens 10.30 Uhr, ein Probe-Alarm für den Fall von „Luftgefahr“ auf die Dauer von 10 Minuten stattfinden wird. Das Garnisonkommando wird die Alarmierung veranlassen, damit die Bevölkerung an einem Ernstfall gewöhnt wird und sich noch einmal überlegen kann, welche Maßnahmen in solchem Ernstfalle zu treffen sind. Die Warnungssignale werden in erster Linie durch das Sirenensignal auf der Umformerstation des städtischen Elektrizitätswerkes am Mülheimer Platz und dann durch die Dampfpfeifen der Bonner Aktion-Brauerei, der Firma Wessel, Aktionsgesellschaft Wessels Wandplattenfabrik, Soennecken, Brühlerstraße, Streck, Römerstraße, und Miesen, Dottendorferstraße gegeben. Es ist für den Probe-Alarm genau so wie im Ernstfall folgendes zu beachten:
1. Straßen und Plätze sofort verlassen und in Häusern Schutz suchen. Dabei sei darauf hingewiesen, daß für den Probe-Alarm kein Zwang für die Hausbesitzer besteht, Schutzsuchenden Einlaß in ihre Häuser zu gewähren. Letzteres ist nur im Ernstfall vorgeschrieben.
2. In Gebäuden obere Stockwerke nach Möglichkeit verlassen, Aufenthalt in der Nähe der Fenster gefährlich, daher Schutz hinter Pfeilern und massiven Wänden suchen.
3. Größere Ansammlungen in einzelnen Räumen sind zu vermeiden.
4. Straßenbahn halten, Fahrgäste und Personal aussteigen und Häuser aufsuchen.
5. Gasleitung in Häusern und einzelnen Wohnungen abstellen.
[…]
Es sei auch darauf hingewiesen, daß im Ernstfalle nur bis Abends 8 Uhr alarmiert wird. Von dieser Tageszeit ab und während der ganzen Nacht findet eine Alarmierung nicht mehr statt.
Um die Schulkinder an den Ernstfall zu gewöhnen, wird auch in sämtlichen Schulen am Mittwoch während des Probe-Alarms ein sogenannter Ernstfall vorgetäuscht werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 14. November 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt. Die Belieferung der Stadt mit Kartoffeln geht jetzt flott voran. Die Stadt hat bald ihren gesamten Winterbedarf in den Mieten und städtischen Kellern eingelagert. Die Haushaltungen haben jedoch von der gebotenen Möglichkeit, Kartoffeln einzukellern, recht wenig Gebrauch gemacht; denn nur insgesamt 22.000 Zentner sind in die Häuser gebracht worden, während es doch eigentlich 70.000 Zentner sein müßten. In der nächsten Woche werden wieder drei Pfund Kartoffeln als Brotersatz auf Warenkarte ausgegeben, ferner werden von nächster Woche ab auch wieder auf die Kartoffelkarte sieben Pfund ausgegeben, ohne daß eine Vorentnahme möglich ist. Alle Vorstellungen auf eine Mehrzuweisung von Kartoffeln, die von der Stadt erhoben und durch den Regierungspräsidenten unterstützt worden sind, scheinen sich nicht zu verwirklichen. Die Reichskartoffelstelle will erst völlige Klarheit über das wirkliche Ergebnis der Kartoffelernte haben. Die letzte Aufnahme ist so schlecht ausgefallen, daß sie der Ernte unmöglich entsprechen kann, es ist deshalb eine Nachprüfung angeordnet worden. […]
Infolge der Verkehrsschwierigkeiten war in der letzten Zeit in den Geschäften der Altstadt eine gewisse Knappheit an Zucker vorhanden. Sie ist jetzt vollständig beseitigt, die Geschäfte konnten wieder reichlich beliefert werden. […]
In der nächsten Woche wird wieder mit dem Verkauf von Altkleidern und Schuhen in der städtischen Altkleiderstelle an der Gangolfstraße begonnen werden. […]
Der städtische Lebensmittelausschuß hat sich auch mit der Frage der öffentlichen Bewirtschaftung gebrauchter Möbel beschäftigt, er wird mit entsprechenden Maßnahmen demnächst an die Oeffentlichkeit treten. Auf diesem Gebiete ist schon seit Monaten eine ungeheure Preistreiberei zu beobachten und das Bestreben einzelner, sich große Mengen gebrauchter Möbel zu sichern, um sie bei noch weiter steigenden Preisen mit großem Nutzen zu verkaufen. […]
Die zum Kriegsdienst einberufenen städtischen Beamten, Angestellten und Arbeiter sollen in diesem Jahre wieder Weihnachtsgaben von der Stadt erhalten. Bei der Stadtverordnetenversammlung werden dafür 4500 M. gefordert. Es sollen berücksichtigt werden Mannschaften (Gemeine und Gefreite) mit Ausnahme der in Bonn dienenden, ferner Feldwebel, Offizierstellvertreter und Unteroffiziere, soweit sie sich an der Front oder in den besetzten Gebieten befinden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die ersten Muscheln wurden gestern morgen am städt. Verkauf auf dem Wochenmarkt zum Preise von 15 Pfg. für das Pfund verkauft. Der Andrang zu der Verkaufsstelle war groß. Allgemein spricht man die Hoffnung aus, daß auch in Zukunft nur die Muscheln selbst und nicht wieder, wie im Vorjahre, sogenanntes Muschelfleisch oder Muschelwurst verkauft wird.
Das Schöffengericht. […] – In der Verhandlung gegen drei Frauen aus Köln, welche sich im Juni im Landkreise Bonn einige Pfund Kartoffeln bei Bauersleuten käuflich erworben hatten und dafür nach der unerbittlichen Gesetzesvorschrift bestraft werden mußten, machte der Vorsitzende die interessante Bemerkung: „Ja, da können wir nicht im geringsten etwas dagegen tun. Von den zur Anzeige gebrachten Uebertretungen der Kriegsverordnungen haben wir hier von dieser Stelle aus allein schon 1500 derartiger Fälle bisher aburteilen müssen und bei der Königlichen Staatsanwaltschaft Bonn lagen bis Ende Oktober schon wieder 4000 neue Sachen dieser Art vor.“ […] – Der 50jährige Ackerer Wilhelm Na. von hier war mit 2 Monaten Gefängnis bestraft worden, weil er im Juli dieses Jahres die Schlachtung von zwei Schweinchen vorgenommen hatte, ohne die schriftliche Erlaubnis des Oberbürgermeisters hierzu gehabt zu haben. Der Angeklagte machte geltend, daß er als Schwerarbeiter die kurz vorher gekauften Schweinchen, welche zusammen nur 70 Pfd. wogen, für sich und seine starke Familie dringend benötigt habe. Seine Verteidigung wies darauf hin, daß, da das Schlachten von Spanferkeln bis zu 30 Pfund gesetztlich erlaubt sei, der Angeklagte nur mit je 5 Pfund das Höchstgewicht überschritten habe. Die Wohlfahrt des Landes sei damit nicht geschädigt worden, vielmehr habe es im Interesse des Vaterlandes gelegen, um dadurch Futter zu sparen. Das Gericht ermäßigte die Strafe auf 1 Monat Gefängnis. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vortragsabend: Wir möchten hierdurch auf den heute Mittwoch abend 8¼ Uhr auf Einladung des „Ortsvereins zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit“ im Katholischen Vereinshaus, Josefstraße 46, stattfindenden Vortragsabend nochmals ganz besonders hinweisen. Herr Bundesdirektor Pastor Stuhrmann aus Godesberg hat seit Jahren Gelegenheit gehabt, auf seinen vielen Reisen durch ganz Deutschland Einblicke in unser Volksleben zu gewinnen: der 2. Redner, Herr Garnisonspfarrer Radermacher aus Cöln-Deutz hat aus der Seelsorge unter unserer waffenfähigen Männerwelt reiche Erfahrungen schöpfen können. Männer und Frauen aller Stände sind zu diesen Vorträgen herzlich und dringend eingeladen. Der Eintritt ist frei.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 14. November 1917
Der Probe-Fliegeralarm fand gestern vormittag in der vorher angekündigten Weise statt. Die Sirene auf dem Mülheimer Platz brummte, die verschiedenen Fabrikpfeifen ertönten, die Straßenbahnen hielten und entließen für kurze Zeit alle ihre Fahrgäste, in den Schulen wanderten Schüler und Lehrer in die Keller. Währenddem kreisten mehrere Flieger über der Stadt und warfen Leuchtkugeln ab.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Keine Weihnachtspfefferkuchen. Das Direktorium der Reichsgetreidestelle hat den Beschluß gefaßt, für das Erntejahr 1917-18 Mehl weder zur Herstellung von Keks noch von Leb- und Honigkuchen den Betrieben zu überlassen. Die Pfefferküchlereien sind daher nicht in der Lage, in diesem Jahre ihre Erzeugnisse auf den Weihnachtsmarkt zu bringen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Kohlenversorgung der Stadt Bonn ist sehr im argen. Heute am 9. Nov. habe ich noch nicht meine Kohlenmenge (die armseligen 5 Zentner Briketts), die mir zustehen, weil der Kohlenhändler noch nicht beliefert ist. Ein größerer Kohlenhändler nahm mich als neue Kundin nicht an. Hätte ich mir nicht einige Briketts gespart, indem ich in der Küche zum Kochen Gas benutze, müßte ich mit meinen Kindern im Kalten sitzen. Wozu war denn die zweimalige Kohlenaufnahme, wobei man sich den Kopf zerbrach, um seinen Verbrauch gewissenhaft anzugeben?, wenn man die 5 Zentner Briketts pro Monat nicht zeitig erhält? Wie ist es überhaupt möglich mit 5 Zentnern Küche und Wohnzimmer zu heizen? Eine bedrängte Hausfrau.
Ja, Kuchen! Wir leben in einer großen Zeit, groß, weil gewöhnliche Maßstäbe nicht mehr ausreichen, besonders auf dem Gebiete der Preise. Aber ein großer Geldbeutel verhilft auch noch heute einem hungrigen Magen zu seinem Recht; auch dem Magen eines Hundes, denn wir haben ja „Auslands“-waren. In der Teestube zu Bonn konnte man am Sonntag nachmittag beobachten, wie eine Dame, deren Aeußeres auf eine „bessere“ Lebensführung schließen ließ, ihr Schoßhündchen, geschmückt mit zwei rosa Seidenbändchen am Näschen und Hals mit solchen Kuchen (das Stück 70 Pfg.) fütterte. Das geschieht in einer Zeit, wo Millionen unterernährt und überarbeitet sind. Oberlehrer Dr. M.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Reichsgericht. Aus Leipzig wird uns geschrieben: Strafbare Benutzung von Schrotmühlen. Um namentlich Selbstversorger zu verhindern, Brotgetreide für die Viehfütterung zu verwenden, ist von den Militärbehörden die Benutzung der Handschrotmühlen verboten worden. Wegen Zuwiderhandlung gegen diese Anordnung ist vom Landgericht Bonn am 22. Juni der Ackerer Anton B. zu einer Geldstrafe von 300 Mark verurteilt worden. Die Strafe ist deshalb so hoch ausgefallen, weil er wegen gleichen Vergehens bereits dreimal vorbestraft ist. Die Schrotmühle des Angeklagten war vom Gendarmen durch Plombieren unbenutzbar gemacht worden, aber die Plombe war auf irgend eine Weise entfernt worden. Der Angeklagte hat dann wieder auf der Mühle Hafer, sogenanntes Hinterkorn, auf der Mühle zerquetscht, um es seinem Vieh zu geben. Der Einwand, daß Haferhinterkorn nicht als Brotgetreide anzusehen sei, hielt das Gericht für unbeachtlich, denn die Verordnung spreche schlechtweg vom Brotgetreide und überdies könnten aus derartigem Hafer noch Haferflocken hergestellt werden. Die Revision des Angeklagten, welcher die erwähnte Auffassung des Landgerichts bekämpfte und darzulegen suchte, daß nur das Schroten, nicht aber das Zerkleinern durch Quetschen verboten sei, wurde am 13. November vom Reichsgericht als unbegründet verworfen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 16. November 1917
Kartoffeln. Vom 19. November ab werden bis auf weiteres auf die Kartoffelkarte sieben Pfund Kartoffeln an die Versorgungsberechtigten in den städtischen Kartoffelverkaufsstellen ausgegeben, als Ersatz für Brot für die Zeit vom 19. November bis 3. Dezember auf Warenkarte Nr. 5 drei Pfund Kartoffeln.
Milchversorgung. Vollmilch darf nach den bestehenden Verordnungen nur an Kinder bis zum 6. Lebensjahre, hoffende und stillende Frauen und Schwerkranke abgegeben werden. Alle übrige Milch ist zu entrahmen und der Fettbereitung zuzuführen. Die einer Stadt zum Frischgebrauch zustehende Vollmilchmenge wird nach der sogenannten Krankenziffer berechnet, die 2 von Hundert der Bevölkerung beträgt. Die so berechnete Vollmilchmenge muß zur Versorgung der Berechtigten ausreichen und darf nicht überschritten werden. Sollte nach Deckung des Bedarfs der Vollmilchversorgungsberechtigten noch Milch übrig sein, so haben Kinder vom 7. bis 14. Lebensjahr ein Vorrecht auf Zuweisung von Milch. Ist also die Zahl der milchbedürftigen Kranken sehr groß, so bleibt für die genannten Kinder keine Milch mehr übrig. […]
Neue Gemüseverkaufsstellen. Auf dem Gelände der früheren Husarenkaserne am Friedrichplatz [heute: Friedensplatz] sind seit dem 15. d. Mts. mehrere Verkaufsstellen für Gemüse und Obst eingerichtet. Die Verkaufsstellen Sternstraße 48 und Maxstraße (Feuerwachgebäude) sind seit diesem Tage geschlossen.
Die neuen Verkaufsstände werden mit allen vorhandenen Arten Gemüse und Obst ausreichend versorgt. Den Käufern wird dringend empfohlen, zur Entlastung der Marktverkaufsstellen ihren Bedarf an den neu eingerichteten Stellen zu decken. Bei gleichmäßiger Inanspruchnahme wird auch das Anstehen vermieden werden können. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.“)
Schöffengericht Bonn. Die beiden Ehefrauen Fi. und Br. von hier hatten am 18. Aug. auf dem Grundstück der Plittersdorfer Aue sich je ein Körbchen Aepfel vom Boden aufgelesen und dafür einen Strafbefehl von je 1 Woche Gefängnis erhalten. In der Berufungsverhandlung wurde in Rücksicht auf die Notlage der beiden Frauen die Strafe auf je 50 Mark herabgesetzt. – Gegen die 28jährige Ehefrau des Bäckers Johann Ei. aus Bonn, deren Mann im Felde steht, wurde festgestellt, daß sie in der Zeit vom September vorigen Jahres bis Juli dieses Jahres als Arbeiterin im städtischen Gartendienst mit dem gleichfalls dort beschäftigten Franzosen Brahm einen gegen die guten Sitten verstoßenden Verkehr unterhalten hatte. Sie erhielt zwei Wochen Gefängnis. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Samstag, 17. November 1917
Deutsche Vaterlandspartei. Die vom Werbeausschuß der Ortsgruppe Bonn und Umgebung für den morgigen Sonntag in Aussicht genommene Versammlung in Bonn fällt wegen der großen Versammlung des rheinischen Landesvereins im Kölner Gürzenich aus.
Arndt-Eiche in Eisen. Seitdem das Bonner Kriegswahrzeichen vom Münsterplatz in die behaglichen Räume des städtischen Bekleidungsamtes in der Gangolfstraße übergesiedelt ist, scheint es dort ein stilles und beschauliches Dasein zu führen: man sieht und hört in der Oeffentlichkeit nicht viel mehr von ihm. Tatsächlich aber gedenken doch noch manche Mitbürger der immer noch zeitgemäßen Zwecke und Ziele der Arndt-Eiche. So sagte vor kurzem ein hiesiger Fabrikant eine Gabe von 500 Mark zu. Eine aus Anlaß unserer großen Erfolge in Italien veranstaltete Sammlung für die Arndt-Eiche, die der Lange Tisch im Bonner Bürgerverein jüngst vornahm, ergab einen Betrag von über 100 Mark; zwei Adlerfedern sollen den großen Sieg der deutsch-österreichischen Waffen an der Arndt-Eiche verewigen! Mögen die Bürger, Gesellschaften und Stammtische in unserer Stadt die Ereignisse unserer großen Zeit durch Stiftung von Adlerfedern oder anderer Zierrate an der Arndt-Eiche verewigen und so durch Unterstützung der Witwen und Waisen von Bonner Kriegern einen Teil unserer großen Dankesschuld abtragen.
Bekleidungsamt. Die Prüfung der Bedürftigkeit und die Ausstellung der Bescheinigungen für entlassene Krieger zur Erlangung von Kleidungsstücken und Schuhen aus den Beständen der städtischen Altkleiderstelle erfolgt nicht mehr durch die Polizeibezirke, sondern durch die Kriegswohlfahrtspflege, Franziskanerstr. 8. Die Vordrucke werden auf dem Bekleidungsamt, Gangolfstraße 2, ausgehändigt.
Nach den neuen Richtlinien der Reichsbekleidungsstelle für die Abschätzung der Altkleider werden wesentlich höhere Preise als bisher bezahlt. Es ist daher zu empfehlen, alle entbehrlichen Gegenstände hervorzusuchen und an die Altkleiderstelle, Martinstraße 18, abzuliefern. Hierdurch wird die minderbemittelte Bevölkerung in die Lage versetzt, sich mit warmer Kleidung zu versehen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Stadtverordneten-Versammlung vom Freitag, den 16. November 1917.
[…] Die Kriegshilfekasse der Stadt, die zur Wiederherstellung der selbständigen Existenz Handwerkern und kleinern Geschäftsleuten Darlehen geben soll, ist dem Ausschuß der städtischen Kriegshilfe zugewiesen worden. Die Versammlung genehmigte gestern eine Geschäftsordnung nach die Kasse zu arbeiten hat. […]
Die Anträge zur Befreiung von Fortbildungsschülern vom Schulbesuch oder zur vollständigen Schließung der Anstalt, die in den letzten Sitzungen der Stadtverordneten zur Beratung standen, haben neuerdings zu einer Vereinbarung von Freunden und Gegnern der Anträge geführt. Dennoch haben die Stadtverordneten Hartmann, Chrysant und Vins den Antrag gestellt, die Schüler der Oberstufe zunächst bis zum Schluß des Schuljahres vollständig vom Unterricht zu befreien. Mit Ausnahme der Kaufmanns-, Kellner- und Kochlehrlinge werden alle Gewerbe davon berührt, auch die Laufburschen. Der Schulvorstand ist bereit, dem Antrage stattzugeben, dem sich dann auch die Stadtverordneten in ihrer großen Mehrheit anschlossen, nachdem ein Antrag Kalt, auch die Kaufmannslehrlinge mit frei zu geben, keine Mehrheit gefunden. […]
Für die Weihnachtsgaben an die zum Kriegsdienst einberufenen städtischen Beamten und Arbeiter fordert die Verwaltung 4500 Mk. Berücksichtigt werden Leute bis zum Feldwebel, die in der Front oder im besetzten Gebiet stehen. […]
Der Stadtverordnete Krantz richtete nach Erledigung der Tagesordnung an die Stadtverwaltung die Anfrage, wie es mit der diesjährigen Kartoffelversorgung der Bürger stehe. In der letzten Zeit dringen beunruhigende Nachrichten in die Oeffentlichkeit, die ihn zu der Fragestellung veranlaßten. Beigeordneter Piehl erwiderte, daß das Bild unserer Kartoffelversorgung ein gutes sei – 100.000 Zentner lagerten bereits in den städtischen Mieten und Kellern: 30.000 Zentner hätte Private von der Stadt eingelagert und mit 4000 Zentnern seien die Selbstversorger des Stadtbezirkes auf längere Monate versorgt. Mit diesen 134.000 Zentnern sei der Kartoffelbedarf bei 7 Pfund wöchentlich vollauf gedeckt. Auch die Brotzulage in Gestalt von anderhalb Pfund Kartoffeln wöchentlich an jeden Bewohner sei bis zum 1. April gesichert. Die Familien hätten sich durch Hamstern noch gute Vorräte darüber hinaus beschafft. Er gebe die Versicherung, daß die Keller diesmal gut gefüllt seien. Das beste Barometer hierfür seien die Kriegsküchen, die bei 5000 Teilnehmern stehen blieben. Geboten erscheine es, die Wochenmenge von 7 Pfund zu erhöhen, aber alle Vorstellungen von uns, die vom Regierungspräsidenten ganz energisch unterstützt wurden, hätten bis jetzt noch keinen Erfolg gehabt. An Gründen, die die Reichskartoffelstelle in ihrer ablehnenden Haltung vielleicht beeinflußten, gab Redner interessante Hinweise auf den Wagenmangel und dann den an, daß die Ernteschätzung vom 20. Oktober einen Fehlbetrag von 200 Millionen Zentnern ergeben habe, gegen die Voreinschätzung von Anfang Oktober. Auch die daraufhin angeordnete neue Einschätzung der vorhandenen Kartoffeln werde noch einen Rückgang auf dem Papier zeigen. Wenn es auch unmöglich sei, daß diese großen Kartoffelmengen einfach verschwunden, so mahne es doch die Reichsstelle zu vorsichtiger Verteilung. Ueber den Winter hinaus sei nicht gut mit einer Erhöhung der Kartoffelration zu rechnen. Blieben wir noch länger von Frost verschont, so könnte die Zuweisung sich vielleicht bessern. Aber immerhin habe man das beruhigende Gefühl, daß wir bis zum 1. April versorgt seien. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 15. Nov. Herr Bürgermeister Zander hielt gestern nachmittag im Rathaussaale eine Sitzung mit einer größeren Kommission von Geistlichen, Lehrern, Vereinsvorständen und Bürgern ab, um über die demnächstige Veranstaltung einer Goldankaufswoche hier in Godesberg während der Zeit vom Sonntag den 9. bis Sonntag den 16. Dezember zu beraten. Bis jetzt habe unsere örtliche Goldankaufstelle – so führte der Versammlungsvorsitzende aus – sehr gut gearbeitet und einen Umsatz von nahezu 40.000 Mk. erzielt, aber immerhin stehe das Rheinland in der Hergabe von Gold anderen ärmeren Provinzen gegenüber noch zurück.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Die Strafkammer verhandelte gestern gegen einen Arbeiter aus Beuel wegen Beleidigung der dortigen Behörde. Der Arbeiter hatte in einer Versammlung des Konsumenten-Ausschusses behauptet, in Beuel bekämen die Reichen die guten und die Armen die schlechten Kartoffeln. Das Gericht stellte fest, die Aeußerung sei unwahr; der Angeklagte habe aber nicht wider besseres Wissen gesprochen, ferner habe er in Wahrung berechtigter Interessen gehandelt. Es wurde deshalb auf Freisprechung erkannt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Sonntag, 18. November 1917
Kundenliste für Fleischbezug. Die Freie Bonner Fleischer-Innung bittet die Einwohnerschaft, bei der Eintragung in die Kundenliste nicht nur sämtliche Fleischkarten bis zum 20. März 1918, sondern auch den Umschlag zu den Lebensmittelkarten mitzubringen, da dies zur ordnungsmäßigen Ausstellung der Kundenlisten unbedingt erforderlich ist und keine Eintragung ohne Umschlag geschehen kann und darf.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Strafkammer verhandelte am Freitag gegen den 61jährigen Arbeiter Wilhelm Leh. aus Beuel, welcher angeklagt war, daß er erdichtete und entstellte Tatsachen behauptet habe, die geeignet gewesen seien, die dortige Ortsbehörde in ungerechtfertigter Weise herabzusetzen und verdächtig zu machen. Angeklagter Leh. hatte in einer am 30. Juni im Gasthof „Rheinlust“ einberufenen Versammlung zur Gründung eines örtlichen Kriegskonsumentenausschusses bei der allgemeinen Besprechung der dortigen Ernährungsverhältnisse die schlechte und ihm ungerecht erschienene Austeilung der Kartoffeln in Beuel gerügt, die nach seiner Beobachtung den Anschein gehabt habe, als hätten die reichen und besser gestellten Leute im Oktober auch die besseren Kartoffeln erhalten, während mit der dann im November angekommenen schlechteren Sorte die ärmeren und weniger gutsituierten Leute sich hätten zufrieden geben müssen. Er erblicke darin ein Unrecht und wisse auch einen Falll, daß einem Beamten weit über das zulässige Maß Kartoffeln im Herbst 1916 geliefert worden wären. Auf Grund dieser Aussprache hatte Herr Bürgermeister Breuer gegen Leh. Strafantrag gestellt wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung. Der Angeklagte machte geltend, daß ihm hierbei jedwede Absicht der üblen Nachrede und Herabsetzung ferngelegen und er auf Grund der vom Versammlungsleiter geforderten freien Aussprache über die örtlichen Ernährungsverhältnisse sich zu diesen Angaben verpflichtet gehalten habe. Daß seine gemachte Aeußerung in der Bürgerschaft von Beuel allgemein für wahr und richtig gehalten worden seien, dafür hätte der allseitige Beifall der Versammlungsteilnehmer ihm Gewißheit gegeben. Unter den angeführten Beispielen, daß einem Beamten eine ungebührlich große Kartoffelmenge angefahren worden sei, darunter verstehe er den Kreissekretär. Es sei doch ganz auffallend, daß gegen den Sprecher Gr. aus Beuel, welcher in dieser Versammlung in gleicher Weise Ausstellungen vorgebracht und unter anderem behauptet habe, daß aus dem Nahrungsdepot ganze Körbe voll Oel weggeschleppt worden seien, nicht eine Anklage erhoben worden wäre. Der als Zeuge vernommene Bürgermeister Breuer gibt zu, daß die im Oktober und November bezogenen Kartoffelanfuhren von ungleicher Güte könnten gewesen sein. Er habe das Zufahren an die Häuser straßenweise angeordnet. Von einer Begünstigung irgendwelcher Art sei ihm nichts bekannt. Zeuge Kreissekretär R. gibt zu, daß ihm damals vom Kreise aus für seine Familie von 7 Personen 23 Zentner Kartoffeln zugewiesen worden seien. – Die Staatsanwaltschaft stellte selbst in Abrede, daß den bisher unbescholtenen Angeklagten die böswillige Absicht, einer behördlichen Herabsetzung wider besseres Wissen geleitet habe könne; in wohlverständlichem Zorn über den herrschenden Ernährungszustand habe er wie viele Leute seinem Unmute mal Ausdruck gegeben, allerdings ohne sich bis ins einzelste zu vergewissern, ob sich auch alles so verhielte. Er beantragte daher gegen ihn eine Geldstrafe von 30 Mark. Die Verteidigung wies darauf hin, daß hier in diesem Falle eine Kritik der behördlichen Ausführung in der Natur der Sache gelegen und der Angeklagte „in Wahrung berechtigter Interessen“ gehandelt habe. Dieser letzteren Ausführung schloß sich das Gericht an und erkannte demgemäß auf Freisprechung.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Katholischer Meisterverein. In der Mitgliederversammlung am verflossenen Mittwoch hielt der Präses des Vereins Herr Kaplan Rütters einen Vortrag über die Notwendigkeit zur Gründung eines katholischen Lehrlingsheims für Bonn. Dem Handwerk werde wohl, so führte der Redner aus, bei dem Mangel an Lehrlingen, besonders in Städten mit Kriegsindustrie nichts anderes übrig bleiben, als sich den Nachwuchs auf dem Lande und ländlichen Bezirken zu sichern. Dann müsse aber bei den großen sittlichen Gefahren gerade in den Städten für die auswärtigen Lehrlinge eine intensivere Fürsorge ausgeübt werden. Dazu scheine nur ein konfessionelles Lehrlingsheim geeignet, bei dem es sich wesentlich um erzieherische Aufgaben handele. Träger eines konfessionellen Lehrlingsheims könne nur eine konfessionelle Organisation von Meistern sein, so daß zur Lösung der vorstehenden Aufgaben kath. Meistervereine nötig seien. In finanzieller Hinsicht sei die Lehrlingsheimfrage am leichtesten und mit geringem Risiko zu lösen, wenn das Lehrlingsheim im kath. Gesellenhause untergebracht werde. Ueber die Art und Weise der Unterbringung von kath. Lehrlingen im Gesellenhause und den zukünftigen Ausbau des Lehrlingsheims machte der Redner noch nähere Ausführungen. Nach einer sehr anregend verlaufenen Aussprache wurde einstimmig beschlossen, daß im Anschluß an das kath. Gesellenhaus ein kath. Lehrlingsheim für Bonn errichtet werde. Für die Kriegszeit soll die Unterbringung kath. Lehrlinge im Gesellenhause in dem vom Herrn Redner angedeuteten Rahmen durchgeführt werden. Den Mitgliedern des Meistervereins werden Vergünstigungen bei der Unterbringung ihrer Lehrlinge zugebilligt. Mit dem Lehrlingsheim, das mit Ostern 1918 eröffnet werden soll, sollen für die sich etwa meldenden Lehrlinge eine Berufsberatung und ein Stellennachweis eingerichtet werden. Es ist nur zu wünschen, daß diese edlen und für das Handwerk so überaus begrüßenswerten Bestrebungen des Vorstandes des Meistervereins sowohl von den Mitgliedern des Vereins als auch von den anderen kath. Handwerksmeistern tatkräftig unterstützt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 19. November 1917
Nähgarn. Die Reichsbekleidungsstelle teilt mit, daß ihr die Bewirtschaftung des Nähgarns vom 1. Januar 1918 ab übertrgen worden ist. In welcher Art diese Bewirtschaftung erfolgen soll, wird in Bälde mitgeteilt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Etwa 30 deutsche Austauschgefangene trafen gestern mittag gegen 1 Uhr mit der Staatsbahn hier ein und wurden mit Musik nach der Kaserne verbracht. Die Soldaten, die sämtlich eine Armbinde mit rotem Kranz trugen und den Waffenrock reich mit Blumen geschmückt hatten, wurden von der großen Menschenmenge, die sich am Bahnhof eingefunden hatte, stürmisch begrüßt.
Groß-Bonn. Der Kölner Humorist und Liederdichter Willi Ostermann ist auch für die zweite Monatshälfte verpflichtet worden und versteht es wiederum ausgezeichnet, das Publikum mit seinen kölschen Liedern und Krätzchen aufs beste zu unterhalten. Recht unterhaltend sind auch die Darbietungen des musikalischen Clowns Promulus, der nicht nur allen Musikinstrumenten, sondern auch Gegenständen, die sonst im Haushalt Verwendung finden, die schönsten Töne zu entlocken weiß. Sogar auf seinem dressierten Schimmel und auf einer „weiblichen Handgranate“, einem ausgewachsenen Stubenbesen, schwingt er den Fiedelbogen. Vorzügliches leisten auch die drei Geschwister Genti am dreifachen Trapez und Abs der Jüngere als Turner. Eine schöne Bereicherung findet die Vorstellung durch das Verwandlungsduett Elmer – Sylt. Während einer dieser beiden Künstler die Sopranpartien singt, verfügt die Liedersängerin Hedwig Mora über eine prächtige Baritonstimme. Sänger-Ersatz!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Feldpostpaketsperre. In der Zeit vom 9. bis zum 25. Dezember dieses Jahres findet keine Annahme von Privatpaketen an Heeresangehörige nach dem Felde statt. Rechtzeitige Anlieferung der Weihnachtspakete ist unbedingt erforderlich. Pakete für Truppenteile in Siebenbürgen, Italien und auf dem Balkan müssen am 1. Dezember bei dem zuständigen Sammelpaketamt sein. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 20. November 1917
Universität. Der Rektor der Universität Geheimrat Marx besuchte heute um 1 Uhr die Kriegsküche der Universität und erinnerte die anwesenden Studierenden daran, daß die Kriegsküche mit dem heutigen Tage ihr erstes Jahr vollendet habe. Er gedachte aller derer, die zum Gelingen der Einrichtung beigetragen und schloß mit einem Hoch auf die Stadt und auf die Frauen, insbesondere alle die Helferinnen und Helfer, die bei der Beschaffung und Anrichtung des Mahles tätig gewesen sind und tätig sind. Ueber 560.000 Einzelmahlzeiten sind bis zum heutigen Tag in der Universität verabreicht worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Gesuche. Es gibt zur Zeit wenig Frauen, die nicht von einer geheimen Sorge bedrückt werden um Mann, Sohn, Bruder oder eigene Angelegenheiten. Ein Gefühl der Befreiung gibt es ihnen, ihre Sorgen in guten Händen zu wissen, sei es, daß es sich um Urlaub, Sicherung ihres gegenwärtigen oder zukünftigen Einkommens, um Unterstützung oder Sonstiges handelt. In solcher Lage kann nicht dringend genug geraten werden, die Gemeinnützige Schreibstube, Bonn, Münsterstraße 28, aufzusuchen, die sach- und fachgemäß an Behörden allerart schreibt, und die eingehende Antworten im Interesse ihrer Auftraggeber weiter bearbeitet. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 21. November 1917
Am Buß- und Bettag erscheinen keine Ausgaben des General-Anzeigers und der Deutschen Reichs-Zeitung.
Der neue Regierungspräsident v. Starck war gestern zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt in unserer Stadt. Sein Besuch galt vornehmlich der eingehenden Besichtigung unserer für die Lebensmittelversorgung getroffenen Maßnahmen. So wurden u. a. das Apfellager in der Stadthalle und die dort vorgenommene Einmietung der Futterrüben und Erdkohlrabis besichtigt. Darauf wurde der Kriegsküche in Poppelsdorf, Ecke Klemens-August-Straße und Sebastianstraße, ein längerer Besuch abgestattet, wobei der Regierungspräsident sich aufs eingehendste über alle Einzelheiten unterrichtete. Dort wurde auch eine Kostprobe des Mittagessens eingenommen, die zur Zufriedenheit ausfiel. Dann wurden der Schlachthof, die Entfettungsanlage und die Kartoffeleinmietung sowie das städtische Bekleidungsamt besichtigt und eine Nagelung der Arndt-Eiche vorgenommen. Im Anschluß daran wurde im Freiwilligen Hilfsausschuß für Truppen die Herrichtung der 16.000 Weihnachtspakete, die für unsere braven Truppen bestimmt sind, angesehen. Lebhaften Beifall fanden dann auch die Kartoffelkeller in der Universität und die Dörrobstlager im Viktoriabad. Ein einfaches Essen im Königshof vereinte dann den Regierungspräsidenten mit dem Oberbürgermeister Spiritus, dem Landrat Geheimrat von Nell, sämtlichen Beigeordneten und den Stadtverordneten, Jansen, Kalt, Dr Krantz, Schmitz, Prof. Schmidt und Simon. Der Regierungspräsident sprach sich über die gesehenen Einrichtungen und die ganze Organisation der Bonner Lebensmittelversorgung sehr lobend aus. Möge er auch weiterhin unserer schönen Stadt Bonn lebhaftes Interesse entgegenbringen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Donnerstag, 22. November 1917
Wissenschaftliche Vorträge. Der heutige Redner Dr. B. L. vom Mackay wird das Thema behandeln: „Deutschland zwischen England und Rußland.“ Es ist dies das überaus wichtige Problem der näheren Zukunft, denn in ihm sind die Grundlagen für unsere äußere Politik enthalten. Gerade die laufenden und bevorstehenden Ereignisse in Rußland drängen zu einer Klärung und Entscheidung dieser Frage. Der Redner hat sich mehrfach in bemerkenswerten Abhandlungen mit dieser folgenschweren Frage beschäftigt und sie so eingehend und scharfsichtig beurteilt, daß die Kritik von ihm sagt, seine Erwägungen seien gedankenvoll und in die Tiefe gehend.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Einbruchdiebstähle. In der Nacht zum Dienstag wurden aus einem Geschäft an der Kaiserstraße für viele Tausend Mark Stoffe und fertige Kleidungsstücke gestohlen. Die Diebe waren durch das Oberlicht eines Fensters in das Gebäude eingedrungen. – Aus dem Keller eines Hauses am Wilhelmsplatz holten Spitzbuben Dienstagnacht für etwa 200 Mark Lebensmittel. Die Diebe waren durch das Kellerfenster eingestiegen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Lebensmittelkarten. Herr Beigeordneter Piehl macht bekannt: Da in der letzten Zeit die Anträge auf Ersatz von verloren gegangenen und gestohlenen Lebensmittelkarten überhand nehmen und in vielen Fällen die Angaben der Antragsteller sich als unwahr erwiesen haben, können fortan verloren gegangene und abhanden gekommene Lebensmittelkarten grundsätzlich nicht mehr ersetzt werden. Die Haushaltsvorstände warne ich daher dringend, vor ungenügender Aufbewahrung ihrer Lebensmittelkarten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 23. November 1917
Kriegsblindenfürsorge. Der im Oktober von Fräulein von Emster veranstaltete Liederabend erbrachte einen Reinertrag von 50 M. Die Künstlerin hat diese Summe der hiesigen Kriegsblindenfürsorge zur Verfügung gestellt. Der gütigen Spenderin wärmsten Dank.
Jubiläumsbrosche für evangelische Dienstmädchen. Die hiesige Ortsgruppe des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes hat im Jahre 1902 als Anerkennung treuer Dienste eine Jubiläumsbrosche für evangelische Dienstmädchen gestiftet. Annähernd 80 Jubilarinnen sind im Laufe der verflossenen Jahre bereits durch eine solche ausgezeichnet worden. Auch in diesem Jahre sollen Jubiläumsbroschen evangelischen Dienstmädchen, die mindestens 10 Jahre derselben Herrschaft ihre Dienste gewidmet haben, verliehen werden. Anmeldungen sind möglichst bald an die 1. Vorsitzende der Ortsgruppe, Frau Charlotte Schumann-Walter, Joachimstraße 10, zu richten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Tödlicher Unfall. Gestern abend wurde ein etwa 13 Jahre alter Knabe auf der Meckenheimer Straße von einem Wagen der Siebengebirgsbahn erfaßt und so schwer am Kopfe verletzt, daß der Tod auf der Stelle eintrat.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Erdichteter Ueberfall. In den letzten Tagen durcheilte eine Geschichte die Stadt, als sei eine Dame von einem Strolch überfallen und mit vorgehaltenem Messer genötigt worden, ihre Schuhe auszuziehen und dem Strolch zu überlassen. Ueber die Zeit und den Ort der Tat gingen die Gerüchte auseinander. Daran allein schon ließ sich feststellen, daß an der ganzen Geschichte kein wahres Wort ist.
Der Landkreis Bonn versendet in diesem Jahre an die im Felde stehenden Kreiseingesessenen Weihnachtspakete. Jedem Paket wird eine Mappe: „Weihnachtsgrüße des Landkreises Bonn“ beigefügt. Jede Mappe enthält einen Schreibblock, eine Anzahl Feldpostkarten, Briefpapier, Briefumschläge und Bleistift. Trotz der herrschenden Papiernot und -teuerung war es der Rhenania-Druckerei in Bonn möglich die große Anzahl der Mappen in recht geschmackvoller Ausführung preiswert herzustellen und jede Mappe wird den braven Landsleuten draußen eine sehr willkommene Weihnachtsgabe sein.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 24. November 1917
Ueber Luthers religiöses Vermächtnis an das deutsche Volk sprach Donnerstag abend Geheimrat Ritschl im dritten der von der evangelischen Gemeinde veranstalteten Vortrage. [...] Luthers Vermächtnis, die unerschütterliche Standhaftigkeit trotz der eigenen Schwachheit, ist an unseren Fronten noch immer im höchsten Grade lebendig. Bei uns in der Heimat gibt es eine doppelte Schwachheit, eine, die sich in mancherlei üblen Erscheinungen auf wirtschaftlichem und sittlichen Gebiete geltend macht, und eine andere, die alles Leiden in Geduld, aber in standhaftem Glauben auf Gottes fernere Hilfe erträgt. Wie unsere todesmutigen Krieger gegen unsere äußeren Feinde, so müssen in der Heimat die Standhaften gegen die Schlaffen die besten Kräfte aufbieten. Nur wenn Luthers standhafte Gesinnung auch bei uns wieder allgemein zur Geltung kommt und alle gegenteiligen Strömungen siegreich überwindet, dann wird auch in unserer Schwäche die Gotteskraft mächtig sein und unser Volk nach einem siegreichen Kriege zum glücklichen Frieden führen. Nur ein Volk, das bis zum Ende beharrt, wird gerettet werden. – Der fesselnde Vortrag wurde mit großem Beifall aufgenommen.
In der Auguststraße wurde gestern abend einer Dame von einem unbekannten Räuber das Handtäschchen entrissen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Ein Soldat, der vorgestern abend in einem Hause in der Breitestraße ein Zimmer mietete, verschwand am anderen Morgen unter Mitnahme der Bettwäsche und verschiedener Einrichtungsstücke.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Soldatenheim. Der unter der tüchtigen Leitung des Herrn Organisten Kölzer stehende Beethovenchor, dessen gute Leitungen wir an dieser Stelle schon öfter hervorheben konnten, gab am verflossenen Sonntag den Feldgrauen im Soldatenheim, Josefstraße 46, wieder mal ein schönes Konzert. Die gewählten Chöre ließen gutes Stimmaterial und gute Schulung erkennen. Voll und klar erklangen die Solis bezw. Duette der Damen Frl. M. und H. Römer, Frl. Triller und Herr von Krafft bewiesen in ihren Musikstücken am Klavier bezw. auf der Violine einen hohen Grad von Kunstfertigkeit. Sehr gut gefielen auch die Rezitationen und die Lieder zur Laute von Frl. Jackson. Die schauspielerischen Kräfte des Beethovenchors, die Damen Frl. M. und H. Römer, Frl. Bröhl und Frl. Völker sowie die Herren E. Ritter und H. Brandt steuerten zum Programm zwei hübsche Einakter bei, die viel Beifall fanden. Die Leitung des Abends hatte Herr Schröder.
Unfall. Eine Schaffnerin der elektrischen Straßenbahn kam gestern auf dem Friedrichsplatz so unglücklich unter den Anhängewagen der Straßenbahn, daß ihr beide Füße gequetscht wurden.
Beim Aussteigen aus der Elektrischen rutschte gestern mittag ein Feldwebel, dem ein Bein amputiert war, mit den Krücken so unglücklich aus, daß man ihn unter den größten Schmerzen in das nächstgelegene Haus bringen mußte. Darum für Verwundete: Vorsicht beim Aussteigen!
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 25. November 1917
Trage als Schmuck Eisen!
Nicht durch Gerede werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Eisen! Otto v. Bismarck.
Eisern die Zeit!
Eisern der Wille zum Sieg!
Das Gold dem Vaterlande!
Goldwoche vom 9. bis 16. Dezember.
Die Goldankaufsstelle am Münsterplatz ist täglich geöffnet von 10 bis 12 und von 3 bis 5 Uhr.
Beim Herannahen des Weihnachtsfestes sei darauf aufmerksam gemacht, daß Anfang Dezember wieder eine Ausstellung mit Verkauf von Arbeiten der Verwundeten hiesiger Lazarette stattfindet. Möchten recht zahlreiche Besucher diese schöne Gelegenheit zum Besten der guten Sache benutzen, dort hübsche und nützliche Weihnachtseinkäufe zu machen. Eröffnung am 5. Dezember.
Für das Soldatenheim wird kommenden Mittwoch, nachmittags, im Saale des Heims, Josefstraße 46, eine große Wohltätigkeitsveranstaltung gegeben. Von 40 mitwirkenden Kindern wird das Weihnachtsmärchen „Weihnachten im Zwergenreich“ aufgeführt werden. Aus dem Reinertrag sollen Weihnachtsgaben für die feldgrauen Besucher des Soldatenheims beschafft werden, so daß dieses Zweckes wegen der Veranstaltung guter Erfolg zu wünschen ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Sonn- und Feiertagsverkehr der Eisenbahnen hat stark nachgelassen, in den D- und Eilzügen durch die bekannten Tariferhöhungen, in den Personenzügen dadurch, daß sie zur Hinreise nur in aller Frühe zu erreichen sind und für die Rückreise in den Abendstunden das Mitkommen zu unsicher geworden ist. Die durch die einschneidenden Maßregeln der Eisenbahn-Verwaltung freigewordenen Lokomotiven werden dringend für den Heeres- und Güter-Transport benötigt und verwandt; es wird sich dies bei der jetzigen Lage sobald auch nicht ändern lassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Rheinische Goldankauf-Woche vom 9. – 16. Dezember 1917.
„Deutschland über alles!“ Warum nicht auch über unsere kleinen und großen Familienschätze? Sind die mehr und wertvoller als unsere Ziele und Träume? – Die Goldankaufsstelle Münsterplatz 1-3 ist geöffnet 10-12 Uhr vorm., 3-5 Uhr nachm., Sonntags 10-12 Uhr.
Jugendpflegetag. Die diesjährige Tagung für den Landkreis Bonn fand in Godesberg unter dem Vorsitz des Landrates statt und beschäftigte sich hauptsächlich mit den durch den Krieg herbeigeführten Schädigungen unserer Jugendlichen und den notwendigen Gegenmaßnahmen, soweit sie sich auf die Familie, den Jugendlichen selbst und auf das wirtschaftliche, berufliche Leben erstrecken. Im Mittelpunkt der Verhandlung stand die brennende, vielbesprochene, aber noch ungelöste Frage, wie wir dem Mißbrauch in der Verwendung der hohen Löhne unserer Jugendlichen steuern können. Nach langer, lebhafter Debatte wurde folgende Entschließung einstimmig gefaßt: „Der Jugendpflegetag des Landkreises Bonn hält die gegen die gesetzliche Einführung des Sparzwangs geltend gemachten Gründe nicht für stichhaltig. Angesichts der Tatsache, daß die überreichen Löhne in den Händen der unreifen Jugendlichen dem materiellen Volkswohlstand vollständig verloren gehen und durch ihren schreienden Missbrauch zerstörerisch auf die sittliche Gesundheit weitester Volkskreise wirken, fordert die Versammlung einstimmig die gesetzliche Einführung des Sparzwanges. Um die betrügerischen Täuschungen den Eltern gegenüber unmöglich zu machen, verlangt er weiterhin das Lohnzahlungsbuch unter genauer Eintragung des Lohnes und des Verdienstes aus Ueberstunden. Als Zahltag eignet sich statt des Wochenschlusses der Wochenanfang, indem der Sonntag erfahrungsgemäß dem Jugendlichen die meiste Gelegenheit zum Missbrauch des Geldes bietet. Die fortwährend wachsenden skandalösen Ausschreitungen bei der Ausgabe des verdienten Lohnes fordert gebieterisch den gesetzlichen Eingriff.“ Im Schlußworte stellte der stellvertretende Vorsitzende, Dechant Dr. Winter, in Aussicht, daß diese Resolution dem Wunsche der zahlreichen Teilnehmer gemäß, bei der zuständigen Behörde weiter vertreten werde.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 26. November 1917
Die Fernsprechleitungen nach allen Richtungen sind infolge des gestrigen Unwetters gestört, sodaß der gesamte Fernsprechverkehr erschwert wird. Auch der telegraphische Verkehr ist beeinträchtigt, hauptsächlich nach Holland, Sachsen und Nordwestdeutschland.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Rechtsanwalt Dr. Henry zu seinen Wählern. Wie uns aus Godesberg, 6. Nov., gemeldet wird, fand am Sonntag nachmittag im Rheinischen Hof zu Godesberg unter Vorsitz des Herrn Dücke eine gut besuchte Versammlung von Zentrumswählern statt, in welcher Reichstagskandidat Rechtsanwalt Dr. Johannes Henry aus Bonn das Zentrumsprogramm entwickelte. [...] Die Verfolgung der Grundsätze der Zentrumspartei habe sich zugunsten unseres Volkes auch im Kriege trefflich bewährt. In der inneren Politik müsse jetzt viel umgelernt werden. Dem Heimkehrenden müsse bei der Regelung der Dinge im Frieden immer wieder vor Augen geführt werden, was die Zentrumspartei groß gemacht habe, um sie als Glieder der Partei zu erhalten.
Die Autorität der Krone solle unerschüttert bleiben. Aber unserem Volke müsse die Gelegenheit gegeben werden, an der Lenkung der Geschicke mitzuarbeiten. Dazu sei unser Volk politisch sehr wohl reif. (Bravo!) Der Redner berührte das Zusammenarbeiten mit anderen politischen Parteien und die Anteilnahme des Zentrums an den Aufgaben der Uebergangswirtschaft, der Steuer- und Sozialpolitik und der Beziehungen zu Kirche und Schule. Auch streifte Redner die Friedensbestrebungen des Papstes. Dr. Henry schloß mit dem Aufruf: „Unser heutiges Programm darf nur heißen: „Durchhalten und schlagen!“
Reichstagsabgeordneter Becker (Arnsberg) trat für die Friedensresolution vom 19. Juli ein. Er erklärte, für uns gibt es heute nur noch zwei Friedensmöglichkeiten: Den Diktatfrieden von unseren Feinden oder den Frieden auf Verständigung und Ausgleich. Die Versammlung nahm einstimmig eine Entschließung an, in der die volle Zustimmung zur Friedensresolution des Reichstages vom 19. Juli 1917 ausgedrückt wurde.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Tödlicher Unfall. Sie brachten kürzlich eine Nachricht, daß ein 13jähriger Knabe auf der Meckenheimerstraße von der Siebengebirgsbahn überfahren und auf der Stelle getötet worden sei. Daß bisher nicht mehr Unfälle dieser Art vorgekommen sind, ist ein wahres Wunder, wenn man sieht, wie unsere Jugend tagtäglich mit dem Tode spielt. Auf einigen Straßen ist es ein beliebter Sport, vor den fahrenden Straßenbahnen herzulaufen, und das Kind, das den Wagen am nächsten an sich herankommen läßt, ehe es die Straße überquert, ist „König“. Die älteren Kinder, namentlich Mädchen, machen es vor, die Kleinen laufen nach. Die Führer der Straßenbahn schweben in tausend Aengsten, wenn sie die spielenden Kinder sehen; sie wissen nie, ob nicht im letzten Augenblick das eine oder andere plötzlich vor dem Wagen herläuft. Aufgabe der Eltern und Lehrer ist es, die Kinder vor diesem gefährlichen Treiben zu warnen, und wenn nötig ganz energisch dagegen einzuschreiten. Es gibt doch jetzt schon wahrlich Leid genug in den einzelnen Familien, das nicht noch durch freventliches Spiel mit dem Leben vermehrt werden muß. X.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Müllabfuhr. In letzter Zeit sind Mülleimer nach erfolgter Entleerung noch längere Zeit und vielfach nachts auf den Schrittwegen stehen geblieben. Dadurch können, namentlich bei der jetzt vorgeschriebenen Verdunkelung, leicht Unglücksfälle herbeigeführt werden. Die aufgestellten Behälter müssen spätestens eine Stunde nach erfolgter Abfuhr wieder entfernt sein.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 27. November 1917
Bischof Dr. Moog ersucht die Geistlichen der altkatholischen Gemeinden in der Rheinprovinz, zu dem günstigen Ergebnis der Goldankaufwoche vom 9. bis 16. Dezember nach Kräften mitzuwirken, ebenso die Geistlichen der übrigen Gemeinden des Deutschen Reiches, wenn inzwischen auch dort ein erneuter Aufruf zur Goldabgabe ergehen sollte. […]
Eine „Goldankaufwoche“ veranstaltet das Metropol-Theater. Für jedes eingewechselte Goldstück gibt es zwei Freiplätze.
Zwei russische Kriegsgefangene, die aus einem Gefangenenlager entwichen waren, sind Sonntag auf der hiesigen Rheinbrücke angehalten und festgenommen worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zentrum und Vaterlandspartei. Die von der Zentrumsversammlung am verflossenen Sonntag in Godesberg einstimmig angenommene Entschließung hat folgenden Wortlaut:
„Die Versammlung erklärt sich mit der Politik der Zentrums-Fraktion des Reichstages einverstanden. Sie ist mit der Fraktion der Meinung, daß im Rahmen der Resolution des Reichstags vom 19. Juli ein Frieden erreichbar ist, der Deutschland politische Sicherheit und freie wirtschaftliche Weiterentwicklung gewährleistet. Sie schließt sich der Erklärung des Reichsausschusses der Zentrums-Partei an, daß das Zentrums-Programm allen Zentrumsanhängern Bewegungsfreiheit genug läßt zur freien politischen Betätigung. Die Versammlung erklärt, daß die Unterstützung der sogenannten Vaterlands-Partei nicht nur die Einigkeit in der Partei, sondern auch die geschlossene innere Front, die zur Herbeiführung eines die deutschen Interessen sichernden ehrenvollen Friedens notwendig ist, verhängnisvoll beeinträchtigt.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kohlen statt Briketts. Infolge Beförderungsschwierigkeiten sind z. Zt. bei verschiedenen hiesigen Kohlenhändlern keine Briketts zu haben, während Kohlen noch vorrätig sind. Die Ortskohlenstelle ersucht, diesem Umstand Rechnung zu tragen und nicht auf die Lieferung von Briketts zu bestehen, wenn man in der Lage ist, mit anderen Brennstoffen auszukommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 28. November 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
[…] Die Gemüseverkaufsstelle am Friedrichplatz ist schon seit etwa 14 Tagen im Betriebe, es werden dort die gleichen Gemüse- und Obstsorten verkauft wie auf dem Markte. Es zeigt sich aber das Bild, daß die neue Verkaufsstelle nur sehr schwach in Anspruch genommen wird, während die Hausfrauen auf dem Markte nach wie vor zu einzelnen Tageszeiten Ketten stehen. Wem seine Zeit lieb ist, der gehe daher die paar Schritte weiter zum Friedrichsplatz, er wird dort viel schneller als auf dem Markte abgefertigt.
Wer Kartoffeln eingekellert hat, muß sie sorgfältig pflegen und gut aufbewahren. Vor allen Dingen darf die wöchentliche Verbrauchsmenge nicht überschritten werden. […] Es sei schon jetzt darauf hingewiesen, daß denjenigen Familien, die ihre Kartoffeln zu schnell aufbrauchen, unter keinen Umständen eine Nachlieferung zugebilligt werden kann, diese Familien werden dann genötigt sein, Steckrüben zu essen.
Zur Sicherung unserer Futterbestände müssen die Schweine, soweit sie nicht zur Zucht nötig sind, in beschleunigtem Maße abgeschlachtet werden. Es sind dafür verschiedene Maßnahmen angeordnet worden. […] Um die für die Abschlachtung vorgesehenen Schweine festzustellen, wird in der Stadt Bonn ein Abnahmeausschuß gebildet werden. Die abgenommenen Schweine werden unter Umständen zum Höchstpreise enteignet und dann hauptsächlich dem Heeresbedarf zugeführt werden.
Kinderhorte und Wohltätigkeitsanstalten, die eine Weihnachtsbescherung Bedürftiger beabsichtigen, können durch das Lebensmittelamt in bescheidenem Maße Mehl und Zucker für Weihnachtsbäckereien sowie Aepfel beziehen. Anträge von Einzelpersonen sind zwecklos und bleiben unberücksichtigt. Die Vereine usw. müssen sich ebenfalls die größte Beschränkung auferlegen, sie haben bei ihren Anträgen an das Lebensmittelamt, Abteilung 1a, die ungefähre Zahl der zu bescherenden Personen anzugeben, wobei es sich nur um wirklich Bedürftige handeln darf.
Der Lebensmittelausschuß hat beschlossen, für das Weihnachtsfest wieder etwas reichlichere Lebensmittelmengen auszugeben. Diese Ausgabe wird sich auf die beiden Wochen vor Weihnachten erstrecken, damit jeder in der Lage ist, sich die ausgelobten Sachen kaufen und herrichten zu können. Das Nähere wird noch mitgeteilt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Einschränkung des elektrischen Stromverbrauchs. Von jetzt ab darf im Stadtkreis Bonn der Verbrauch für Beleuchtung, Kraftbetrieb und sonstige Zwecke im Monat nicht mehr als 80 Prozent der im Jahre 1916 verbrauchten Strommenge betragen. Für jede über die zugelassene Verbrauchsmenge hinaus verbrauchte Kilowattstunde ist ein Aufgeld von 50 Pfg. zu bezahlen. Eine diesbezügliche Bekanntmachung wird in der morgigen Nummer unseres Blattes veröffentlicht.
Ein Sieg der Sammelbüchse. Wir haben vor einiger Zeit mitteilen können, daß Fräulein Mathilde Wirth mit der Sammelbüchse des Roten Kreuzes für die Sache der Kriegswohlfahrtzwecke in Bonner Geldhäusern und gesellschaftlichen Kreisen unserer Vaterstadt die Summe von 15.000 M. zusammengetragen habe. Fräulein Wirth hat seitdem in ihrem Eifer für die Sache des Roten Kreuzes nicht locker gelassen. Und heute, wenige Monate später, hat sie dieser Summe abermals 5000 M. hinzufügen können. Das Gesamtergebnis der von Fräulein Wirth mit der Sammelbüchse erzielten Summe hat somit die Höhe von 20.000 M. erreicht. Die rechte Vorstellung von der vollbrachten einzigartigen Leistung erlangt man, wenn man bedenkt, daß diese Summe von 20.000 M. sich durchweg aus Nickel- und Kupfergeld, sowie kleinen Papierscheinen zusammensetzt. Allerdings hat hier und da auch ein Gönner von Fräulein Wirth, und sie hat deren eine ganze Anzahl, die ihrer Sammeltätigkeit mit Bewunderung gegenüberstehen, eine größere Summe für das Rote Kreuz gespendet.
Auch die erreichten 20.000 M. lassen Fräulein Wirth, wie wir sie kennen, nicht rasten. Sie wird ach weiterhin in ihrer aufopferungsvollen Art ihre Kraft in der gleichen Weise in den Dienst des Roten Kreuzes stellen – trotz ihrer 72 Jahre. Möge man ihr auch ferner gleich freundlich und gebefreudig bei ihrer Sammeltätigkeit begegnen. Das wäre der beste Dank, den man der prächtigen Dame für ihr bisheriges Wirken zum Ausdruck bringen könnte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Als Fälscher und Betrüger hat sich ein junger Soldat, der vor seinem Eintritt ins Heer bei einer Behörde in der Umgegend angestellt war, versucht. Er hat während seines Urlaubsaufenthaltes in Bonn einen Amtsstempel seiner früheren Behörde und in einer hiesigen Druckerei 20 Brotbücher ebenfalls für seine Behörde bestellt und wollte mit dem Stempel die Bücher vorschriftsmäßig ausfüllen. Er hatte aber doch nicht mit allen Möglichkeiten gerechnet, denn als er gestern die Brotbücher aus der Druckerei abholen wollte, wurde er von der benachrichtigten Kriminalpolizei festgenommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 29. November 1917
Die Universitätsbibliothek hat soeben ihren Jahresbericht für das am 31. März abgelaufene Jahr 1916/17 herausgegeben. Der Bericht stellt mit Befriedigung fest, daß das Berichtsjahr in der immer dringlicher werdenden Neubaufrage einen höchst erfreulichen Fortschritt gebracht hat. Durch die hochherzige Schenkung eines Ehepaares, das nicht genannt sein will, wurde es ermöglicht, das vortrefflich gelegene Grundstück Poppelsdorfer Allee 25 zu erwerben. Auch für die Erweiterung durch ein Nachbargrundstück wurden von derselben Seite die Mittel zur Verfügung gestellt. Dadurch wird das Grundstück auch in seiner Größe weitgehenden Anforderungen genügen und auf lange Zeit die ersehnte freie Entwicklung der Bibliothek und ihres Betriebes ermöglichen. Möchte es gelingen, auch die Kosten des Baues bereitzustellen, so daß er sofort nach dem Kriege begonnen werden kann. […]
Hunde an die Front! Es eignen sich der deutsche Schäferhund, Dobermann, Airedal-Terrier und Rottweiler, auch Kreuzungen aus diesen Rassen, die schnell und gesund sind und mindestens 40 Zentimeter Schulterhöhe haben. Sie müssen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Die Diensthunde werden aufs beste gepflegt und gefüttert. Die Hunde werden – von Fachdresseuren ausgebildet – im Erlebensfalle nach dem Kriege an ihre Besitzer zurückgegeben. Bei den ungeheuren Kämpfen an der Westfront haben die Hunde durch stärkstes Trommelfeuer die Meldungen aus vorderster Linie in die rückwärtige Stellung gebracht. Hunderten unserer Soldaten ist durch Abnahme des Meldeganges durch die Meldehunde das Leben erhalten worden. Militärisch wichtige Meldungen sind durch die Hunde rechtzeitig an die betreffende Befehlsstelle gelangt. Obwohl der Nutzen der Meldehunde im ganzen Lande bekannt ist, gibt es noch immer Besitzer von für den Kriegsdienst geeigneten Hunden, welche sich nicht entschließen können, ihr Tier der Armee und dem Vaterlande zu leihen! An alle Besitzer der vorgenannten Hunderassen ergeht daher die dringende Bitte: Stellt Eure Hunde in den Dienst des Vaterlandes! Wer zögert? Anmeldungen nimmt entgegen Sanitätshund-Meldestelle Bonn, Leiter Polizeikommissar Flaccus, Bonn, Kirschallee 23.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Am Kriegsgericht Bonn wurde am Donnerstag der 27jährige Josef Me. aus Lannesdorf, welcher am 24. Oktober in der dortigen Gemarkung auf einen noch nicht abgeernteten Kartoffelacker des Grubenbesitzers Sebastian Me., tagsüber sich 2 Zentner Kartoffeln aufsammelte, mit 6 Wochen Gefängnis bestraft. – Für einen Diebstahl von 116 Pfund Tafeläpfel während der Nacht zum 9. September in der Godesberg-Friesdorfer Gemarkung erhielt der 52jährige Maurer Friedrich Ma. aus Friesdorf eine empfindliche Freiheitsstrafe von 3 Monaten Gefängnis. […] Ein 18jähriger belgischer Arbeiter in der Chamottefabrik zu Mehlem hatte seinen Mitarbeitern verschiedentlich Geldbeträge gestohlen und diese hauptsächlich für Einkäufe von Lebensmitteln verwandt, die er an französische Kriegsgefangene in dieser Fabrik verkäuflich abließ. Laut angebrachten Aushängeschildern an allen Ausgängen ist allen dortigen Arbeitern der Verkehr mit Kriegsgefangenen untersagt. Des Angeklagten Strafmaß lautete auf 1 Woche Haft. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Für die Rheinische Goldankaufwoche vom 9. bis 16. Dezember, unter dem Ehrenschutze des Oberpräsidenten hat Dienstag eine Versammlung in der Lese die nötigen Vorbereitungen für Bonn und Umgegend getroffen. Herr Oberbürgermeister Spiritus begrüßte die von ihm eingeladenen Landräte des Bonner und des Siegkreises, die Vorsitzenden der Vaterländischen Vereinigungen, die Leiterinnen der Frauenvereine und die bei der letzten Reichsanleihe tätigen Obmänner der Werbekreise. Er wies auf die außerordentlich große Bedeutung des Goldankaufs und der Goldankaufwoche für die Rüstung der Reichsbank und damit des Reiches hin und betonte, daß leider die Rheinprovinz in der Goldabgabe noch hinter den Provinzen Sachsen und Pommern weit zurückgeblieben sei. […] Es wurde darauf beschlossen, die Stadt wie bei der letzten Reichsanleihe wieder in Werbekreise zu teilen und in ihnen von Haus zu Haus zu werben. Nach einer eingehenden Aussprache schloß der Oberbürgermeister die Sitzung mit herzlichen Wünschen für ein reiches Ergebnis der Goldankaufwoche.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 30. November 1917
An unsere Leser!
Im Laufe der letzten Zeit sind die Herstellungskosten im Zeitungsgewerbe wieder ungeheuerlich gestiegen. Es seien nur zwei Punkte herausgehoben. Die weitere Erhöhung des Papierpreises, der jetzt mehr als das Dreifache des Friedenspreises beträgt, und der Abschluß neuer tariflicher Bestimmungen mit den Setzer- und Druckergehilfen. Hinzu kommt die allgemeine Teuerung, die unser Gewerbe, das mit besonders teuren Materialien arbeiten muß, empfindlicher trifft, als die meisten anderen. Infolgedessen sind die deutschen Zeitungen in ihrer Gesamtheit dazu übergegangen, Bezugs- und Anzeigenpreise zu erhöhen. Die drei hiesigen Tageszeitungen müssen sich diesem Vorgehen anschließen. Sie sind gezwungen, vom 1. Dezember d. J. ab den Bezugspreis gemeinsam auf monatlich Mk. 1,20 festzusetzen.
Bonner Zeitung
Deutsche Reichszeitung
General-Anzeiger für Bonn und Umgegend.
(Ankündigung in der Bonner Zeitung, der Deutschen Reichszeitung und dem General-Anzeiger für Bonn und Umgegend)
Stadtverordnetenwahl. Bei der gestrigen Stadtverordnetenwahl der ersten Abteilung wurden die bisherigen Stadtverordneten Kommerzienrat Theodor Fleitmann, Kaufmann Hubert Gentrup, Geheimrat Prof. Dr. Ernst Landsberg, Handelsrichter Emil Tilger und Professor Dr. Karl Mönnichmeyer einstimmig wiedergewählt. Zur Wahl erschienen in der Altstadt 27, in den Vororten 8 Wähler. Alle 35 Wähler stimmten für die genannten Herren.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine Gedächtnisfeier für die gefallenen Krieger. Am vergangenen Sonntag veranstaltete der Bezirksverband der kath. Jünglingsvereine von Bonn und Umgegend eine große Kundgebung. Es war ein Gedächtnistag für die gefallenen Krieger. Morgens war in den Pfarrkirchen der Vereine Generalkommunion. Nachmittags ½4 Uhr trafen sich die Vereine der linksrheinischen Seite in der Herz-Jesukirche zu Bonn, wo eine feierliche Andacht gehalten wurde. Herr Kaplan Heppener-Düsseldorf zeigte in seiner Predigt, was die Toten uns allen zu sagen haben. Arbeit müsse der Inhalt des Lebens sein, Liebe zu Eltern, Heimat und Kirche das oberste Gesetz des Lebens, die Ewigkeit das Ziel des Lebens.
Nach der Andacht zogen dann mehr als 1000 Jünglinge in festlichem Zuge zum großen Saale des Bonner Bürgervereins, wo eine weltliche Gedenkfeier stattfand. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Festgenommen wurde in Bonn ein Mann, der zusammen mit einem anderen Diebe am Bußtage in Oberdollendorf aus einer Villa, in die sie eingebrochen sind, einen Posten Wäsche und Kleidungsstücke und aus einem Betriebe in Oberdollendorf einen Treibriemen gestohlen hat. Den Treibriemen hat er zerschnitten und an einen hiesigen Schuhmacher, der sich als Hehler auch strafbar gemacht hat, verkauft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)