Donnerstag, 1. März 1917
Ein törichtes Gerücht ist zurzeit in Bonn verbreitet, die Bezugsscheine sollten schon in wenigen Tagen 1,50 Mark das Stück kosten. Weil viele Leute jedes, auch das unsinnigste Gerede glauben, werden auf dem Bekleidungsamt jetzt massenhaft Bezugsscheine verlangt für Sachen, die von den betreffenden Familien noch längst nicht gebraucht werden. Selbstverständlich werden die Bezugsscheine auch in Zukunft ohne Bezahlung ausgegeben.
Zu den Erörterungen über den späteren Schulbeginn wird uns von einer Mutter geschrieben: Gewiß ist in diesen bewegten Zeiten für das körperliche und geistige Wohlbefinden unserer Jugend ein gesunder, ausgiebiger Schlaf ganz besonders zuträglich. Sorgen wir deshalb dafür, daß unsere Kinder abends eine Stunde früher zu Bett gehen. Durch eine am Abendschlaf zugesetzte Stunde werden sie mehr Erholung finden als durch längeres Schlafen in den nun bald hellen Morgen. Auch geht dem ganzen Hausbetrieb, der sich doch in vielen Häusern nach der Schulordnung regelt, viel Zeit und Kraft verloren, die morgens in der Regel mehr ausgenutzt wird als abends.
Neue Bekanntmachungen. Am heutigen 1. März treten folgende neue Bekanntmachungen in Kraft: Eine kurze Nachtragsbekanntmachung über Höchstpreise für Baumwollspinnstoffe, eine Bekanntmachung über Beschlagnahme, Enteignung und Einziehung von Bronzeglocken, eine Bekanntmachung über Bestandserhebung und Beschlagnahme von Korkholz, Korkabfällen und den daraus hergestellten Halb- und Fertigerzeugnissen, eine Nachtragsbekanntmachung zu der Bekanntmachung über Bestandserhebung von pflanzlichen und tierischen Spinnstoffen (Wolle, Baumwolle, Flachs, Hanf. Jute, Seide) und eine Bekanntmachung über Beschlagnahme, Enteignung und Einziehung von aus Aluminium bestehenden Gebrauchsgegenständen und im Gärgewerbe üblichen Kellereigeräten. Ferner erläßt die Reichsbekleidungsstelle eine Bekanntmachung über eine Bestandserhebung von Schuhwaren, um einen Ueberblick über die in Deutschland vorhandenen Bestände zu erhalten. Nicht zu melden sind hauptsächlich Schuhwaren, die sich in Gebrauch befinden oder die in Haushaltungen liegen. Stichtag ist der 12. März.
Die Bekanntmachung über Beschlagnahmen, Einziehung und Enteignung von Bronzeglocken sieht, um den Bedürfnissen des Gottesdienstes gerecht zu werden, vor, daß vorerst je eine Glocke im Geläut erhalten bleiben soll. Auf kunstgewerblichen und kunstgeschichtlichen Wert, der durch besonders namhaft gemachte Sachverständige festzustellen ist oder unmittelbar durch die Aufsichtsbehörde anerkannt wird, wird die erforderliche Rücksicht genommen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Im Metropol-Theater zeigt man augenblicklich neben dem üblichen großen Detektiv-Film – der diesmal wirklich spannend ist und manches noch nicht Gesehene bringt – schöne Flugzeug- und Zeppelinaufnahmen vom Gordon-Bennettrennen der Lüfte und eine gute Naturaufnahme: Hirschjagd. In dem Lustspiel „In der Nacht! In der Nacht!“ hatten wir die Freude, einen alten Bekannten vom Bonner Stadttheater, der seinerzeit von hier aus nach Koburg-Gotha ging, wieder zu begegnen: Alexander Adolfi, der einen übermütigen Assessor sehr gut vertrat.
Ueber Deutschlands finanzielle Kraft sprach am Dienstag in Berlin vor der Vereinigung für staatsbürgerliche Bildung und Erziehung der Bonner Universitätsprofessor Herrmann Schumacher. Er betonte, der dauernde Riesenerfolg und das Geheimnis unserer Anleihen liege in unserer Kriegswirtschaft, in unserer deutschen Arbeit, in der Selbstversorgung. Solange wir unseren eigenen Bedarf mit eigener Arbeit deckten, würden wir an Geld nicht Mangel haben. Die Entwertung unseres Markkurses werde mit der Zeit verschwinden, sie greife nicht in die Grundlagen unseres Daseins. Die Entwertung des englischen Wechselkurses aber werde sich, je länger der Krieg dauere, umso stärker zum weltgeschichtlichen Ereignis entwickeln, das den Krieg überdauert, denn England sei ein Rentnerstaat und sein Dasein beruhe auf Kapital und Arbeit. Heute sehe es so aus, als ob das deutsche Volk England nicht nur an Schaffenskraft, sondern auch an Kapitalkraft übertreffen solle. Und das mache England besorgter als die militärischen Ereignisse. Die Zeit, auf deren Hilfe England zu Beginn des Krieges zuversichtlich zählte, habe seit Monaten begonnen, England verhängnisvoll zu werden. Ihre Sichel treffe nach den Worten Lloyd Georges jetzt nach beiden Seiten.
Zur Vermehrung des Kartoffelanbaus. Nach zahlreichen Nachrichten besteht auf dem Lande die Neigung, anstelle der Kartoffel in vermehrtem Maße Futterrüben oder Kohlrüben anzubauen, welche letztere Früchte bei den diesjährigen Preisen und der diesjährigen schlechten Kartoffelernte erheblich höhere Einnahmen gebracht haben. Auch vor dieser Maßregel ist eindringlich zu warnen. Die in nächster Zeit bekannt zu gebenden Preise der Kartoffel und der als Ersatz in Frage kommenden Feldfrüchte werden so bemessen sein, daß ein Missverhältnis zwischen den Preisen der Kartoffeln und denen der Ersatzfrüchte nicht wieder eintritt. Den Kartoffelanbau so weit wie möglich, mindestens im bisherigen Umfange aufrecht zu erhalten, muß jeder Landwirt als seine vaterländische Pflicht ansehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eifelverein. Die für kommenden Sonntag vorgesehene Wanderung in das Braunkohlengebiet am Vorgebirge ist wegen der jetzigen ungünstigen Wegeverhältnisse auf einen späteren Sonntag, der noch bekannt gemacht werden wird, verschoben worden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 2. März 1917
Eine Verordnung des Gouverneurs bestimmt, daß vom 15. März ab musikalische Veranstaltungen insbesondere auch Gesangsvorträge in öffentlichen Wirtschaften und Vergnügungsräumen nicht vor 7 Uhr abends beginnen dürfen.
Knochen dürfen nach einer Bundesratsverordnung vom 15. Februar nicht verbrannt, vergraben oder auf andere Weise vernichtet, noch zu Dünge- oder Futterzwecken verwendet werden; sie sind vielmehr getrennt von anderen Abfällen aufzubewahren. Die Verfütterung an Hunde und Geflügel in der eigenen Wirtschaft bleibt gestattet. Soweit die Knochen nicht schon auf andere Weise, insbesondere durch Abgabe an Händler oder Sammler der Verarbeitung zugeführt werden, sind sie an die von der zuständigen Behörde bezeichneten Stellen zu den von ihr festgesetzten Bedingungen abzuliefern. Für Knochen, die in Haushaltungen anfallen, gelten vorstehende Bestimmungen nur, wenn die zuständigen Behörden es anordnen. Die Anordnung hat zu erfolgen, wenn eine regelmäßige Abholung der Abfälle stattfindet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Bonner Althändler, soweit sie mit getragenen Kleidern, Wäsche und Schuhen handeln, hat nun auch das Kriegsschicksal ereilt. Mit dem 1. März ist die Bundesratsverordnung über den vollständigen Übergang des Althandels in Kleidern, Wäsche und Schuhen auf die Gemeinden in Kraft getreten. Bereits vom 27. Dezember v. J. ab war es den Althändlern verboten, diese Art Bekleidungsstücke anzukaufen; immerhin war es ihnen noch bis zum 28. Februar einschließlich gestattet, ihre Lagerbestände an den Mann zu bringen, jedoch nur gegen Bezugsschein. Die Aufforderung des Oberbürgermeisters an die Althändler, ihre Lagerbestände an getragenen Kleidungs- und Wäschestücken, sowie Schuhen an die städtische Annahmestelle in der Stockenstraße verkaufen zu wollen, ist fast ohne jeden Erfolg geblieben. Es steht aber zu erwarten, daß sich die Händler doch noch eines Besseren besinnen werden, da diese Sachen für sie ein totes Kapital bilden, das ihnen keinerlei Zinsen einbringt. Das städtische Bekleidungsamt verfügt indessen heute schon über einen hübschen Bestand an getragenen Bekleidungsstücken, die zum Teil unentgeltlich abgeliefert wurden. Darunter befinden sich Sachen, die noch „wie neu“ sind und auch schon viele Kauflustige angelockt haben. Der Verkauf kann indes erst in etwa 14 Tagen erfolgen, da sämtliche Stücke vorher desinfiziert, gereinigt und gründlich instand gesetzt werden. Bekanntlich sind die großen Geschäftsräume der Möbelfirma Peter Steiner, am Münsterplatz, von der Stadt als Verkaufslokal angemietet worden.
Das Rheinland und die Entscheidung des Krieges. Man schreibt uns: „Sonntag, den 4. März soll im altehrwürdigen Köln eine große, eindrucksvolle vaterländische Veranstaltung stattfinden, in der namhafte, vaterländisch erprobte Männer über die nahende Entscheidung des Krieges und ihre Forderungen an das deutsche Volk sprechen sollen. Die Versammlung wird veranstaltet von dem „Unabhängigen Ausschuß für den deutschen Frieden“, in dem sich so zahlreiche deutsche Männer aller Stände, Parteien und Konfessionen zur Erreichung dieses notwendigen Zieles zusammengetan haben. Wie wir heute des Näheren mitteilen können, hat sich für diese Veranstaltung eine Ausschuß hochangesehener Männer unserer Rheinprovinz zusammengetan. Als Hauptredner in dieser vaterländischen Veranstaltung sind der preußische Landtagsabgeordnete Paul Fuhrmann und der bayrische Reichstagsabgeordnete Dr. Pfleger gewonnen, also Vertreter der beiden größten Parteien unserer Provinz. Die große Kundgebung soll am kommenden Sonntag vormittag 11 Uhr im alten Kölner Gürzenich stattfinden. Nachmittags 3½ Uhr sollen sich in der „Erholung“ am Marienplatz die Vertrauensmänner des Unabhängigen Ausschusses aus ganz Rheinland vereinen zu gemeinsamen Beratungen und zu einem Zusammenschluß zwecks weiterer gemeinsamer Arbeit. Da der Zutritt zu Veranstaltungen im Kölner Gürzenich nach den städtischen Bestimmungen nur gegen besondere Karten zulässig ist, so sei mitgeteilt, daß kostenlose Zutrittskarten vor der Versammlung beim Pförtner an der Haupttreppe in der Martinstraße von 10 Uhr vormittags an zu haben sind.
Dank dem vielgeschmähten deutschen Militarismus ist unser Rheinland in dem jetzigen Völkerkampfe nicht zum Schauplatz der weißen und farbigen Kriegsscharen Frankreichs und Englands geworden. Um das aber auch in Zukunft zu verhindern, muß gerade unser schönes Rheinland stärker als bisher gesichert werden, im Norden gegen die britischen Gelüste über Belgien her, im Süden gegen die alten französischen Rheingelüste. Diesem Ziel soll auch die bevorstehende große Kundgebung des Rheinlandes dienen, an der teilzunehmen an jedermann der Ruf ergeht.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bonner Stadttheater. Nachdem die Winterstürme dem Herannahen der Wonnemonde in etwa zu weichen beginnen, konnte unser Theater nach mehrwöchentlicher, durch grimme Kälte bedingte Spielruhe wieder seine Tätigkeit anfangen. Es eröffnete am Dienstag abend seine Pforten dem Fliegenden Holländer, dem es in den beheizten Theaterräumlichkeiten wohl recht behaglich zu Mute wird gewesen sein. Umso mehr, da ihm von Seiten der Spiel- und musikalischen Leitung sowie den mitwirkenden Kräften eine recht liebevolle Behandlung zu teil ward. Direktor Hofrat Fritz Remond setzte sich höchsteigen für die Spielleitung ein. Walter Gärtner, der bekannte, temperamentvolle Dirigent, schwang den Direktionsstab und entlockte dem ihm unterstellten Klangkörper herrlichste Wohlfühltöne. Karl Schröder als Erik und Sophie Wolf als Senta waren stimmlich und schauspielerisch überragende Gestalten. Eine Glanzleistung war vor allem die mit die mit prachtvoller dramatischer Belebung vorgetragene Senta-Ballade, die der Sängerin reichen Beifall eintrug. Gute Leistungen boten auch Julius Gleß als Daland und Katharina Rohr als Mary. Die Titelpartie fand in Gustav Dramsch einen geeigneten Vertreter, während Wilhelm Wolf als Steuermann durch eine leichte Erkältung in der sonst bei diesem trefflichen Künstler vorhandenen stimmlichen Kraft etwas behindert wurde. Markig und wuchtig erklangen die Matrosenchöre, leicht und duftig der Gesang der Spinnerinnen. Die Vorstellung fand einstimmigen begeisterten Beifall des ausverkauften Hauses.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 3. März 1917
Soldatenheim. Den Besuchern des Soldatenheims boten letzte Sonntag das Streichquartett Giers (Herr Direktor Giers mit seinen Kindern) sowie die Lehrkräfte des Konservatoriums Brühl-Köln (Direktor Giers) eine Reihe ausgezeichneter musikalischer Genüsse. In einer Ansprache wies Garnisonspfarrer Dechant Böhmer auf unsere günstige militärische Lage und die Bedeutung des deutschen Friedensangebots hin und rechtfertigte vom christlichen Standpunkt aus den uneingeschränkten U-Bootkrieg. Seine Worte klangen aus in die Mahnung, Opfer zu bringen und durchzuhalten bis zum Schlusse, nicht nur im Felde, sondern auch in der Heimat. Den Dank an den Redner sowie an den Konzertgeber sprach das Ausschussmitglied Herr Falkenroth aus.
Der Zigarren-Abschnitt-Sammelverein hielt Donnerstag seine diesjährige Hauptversammlung ab. Aus dem Jahresbericht sei folgendes mitgeteilt: Infolge der Einführung von Bezugsscheinen bot die Bekleidung armer Kinder mehr Schwierigkeiten als früher; sie wurden aber dank des Wohlwollens der Behörden leicht überwunden. Der Verein zählt 133 Mitglieder (141 im Vorj.). Der Verkauf des gesammelten Materials brachte 102,25 Mark ein. Die gesteigerten Preise für Schuhe und Kleidungsstücke erforderten erheblich höhere Ausgaben. Durch größere Zuwendungen wurde es trotzdem möglich, 100 Kinder, in erster Linie solche, deren Väter gefallen oder im Kriege sind, zu bescheren. Seit seiner Gründung hat der Verein 2727 Kinder beschert und dafür insgesamt 86.689 M. aufgewendet. Der Verein besteht 40 Jahre und wird seit 10 Jahren in bester Weise von Polizeikommissar Flaccus geleitet. Dem Vereine gehören die Herren Laqua und Grasnick nunmehr 25 Jahre an. Die ausscheidenden Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Polizeistunde ist im Stadtkreis Bonn für alle Theater, Lichtspielhäuser und für Räume, in denen Schaustellungen stattfinden, sowie für öffentliche Vergnügungsstätten aller Art auf 10 Uhr abends festgesetzt. Diese Bestimmung tritt sofort in Kraft. Die Anordnung, daß alle Gast- und Schankwirtschaften um 10 Uhr abends zu schließen sind, bleibt unverändert bestehen.
In „Groß-Bonn“ tritt augenblicklich der Universalkünstler Karl Scherber mit bestem Erfolg auf. Scherber ist Taschenspieler, Schnellmaler, Jongleur, Papierkünstler, Schattenbildner und Gedächtniskünstler zugleich. Auf jedem Gebiet ist er gleich tüchtig und weiß das Publikum vom Anfang bis zum Ende in Spannung zu halten. Auch die übrigen Nummern des neuen Programms erfreuen sich lebhaften Beifalls.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegsküchen. Dem einen ist’s zu dünn, dem anderen zu dick, nämlich das Essen in der Kriegsküche. Das Charakterbild schwankt in der Geschichte.
Ich für meinen Teil muß dem Einsender zustimmen, der da meint, daß nicht der hervorragende Wohlgeschmack des Essens, sondern die verflixte Notwendigkeit die Menschen zur Kriegsküche zieht.
Oft, recht oft, ist zu viel Wasser am Gemüse.
Mir fällt dabei das Krätzchen von dem biederen Rheinschiffer und der Erbsensuppe ein:
Kaptein, Ihr hat mech dree Mann mähr metgebraach, ech han ewwer men blooß vör veer Mann Aeäzesupp gekooch, wat maache ech doo? –
Koch noch jet Aerdäppel derzu!
Ech han gen Aerdäppel mer door!
Na „de Jonge müsse schwär arbeede, on jet ende Rebbe müsse se han, schöt noch en Emmer Wasser derzu!“
Ein anderer Kriegsküchenbezieher.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Brotversorgung.
Die Nachricht von der Erhöhung der Ausmahlung von 80 auf 82 Prozent hat zu der irrigen Auffassung geführt, als sei eine höhere Ausmahlung als 82 Prozent bisher überhaupt nicht üblich gewesen. Auch bisher ist schon 97prozentiger Roggenschrot und 94prozentiger Weizenschrot hergestellt worden. Aus dem Roggenschrot wurde bisher schon in Bonn unter Zusatz der gesetzlichen Streckungsmittel (Kartoffelmehl, Weizenschrot oder Gerstenmehl) das Schwarzbrot zubereitet. Der Weizenschrot dient zur Herstellung des Weizenschrotbrotes (Grahambrot). Die Neuerung erstreckt sich nur auf das z. Zt. zur Herstellung von Feinbrot benutzte Weizen- und Roggenmehl. Weizenmehl wurde bisher in 80, Roggenmehl in 82prozentiger Mahlart hergestellt. Das neue Weizen- und Roggenmehl wird nur noch in 94prozentiger Ausmahlung geliefert. Die Herstellung des Feinbrotes aus Mehl wird erst in 2 Wochen beginnen. Jedoch ist jetzt schon ein stärkerer Verbrauch von Roggenschrot notwendig. Die Bürgerschaft wird sich daher damit abfinden müssen, daß in den nächsten Tagen vornehmlich Schwarzbrot zum Verkauf kommt. Eine weitere irrige Ansicht ist die, daß die Brotstreckung durch Steckrüben erfolgt. Dieses ist nicht der Fall.
In Bonn hat das Brot bislang noch keinen Zusatz von Steckrüben erhalten. Die Brotstreckung erfolgt z. Zt. durch Gerstenmehl.
Fleisch.
In der Woche vom 25. Februar bis 3. März wird Rindfleisch, Kalbfleisch und Hammelfleisch ausgegeben, das am Samstag in den Metzgereien, das Pfund zu 2,80 M. verkauft wird. Der Preis für die Leberwurst beträgt 1,50 M., für Blutwurst 0,50 M. das Pfund.
Das bisherige Gesamtergebnis der Hindenburg-Spende kann als ein hocherfreuliches bezeichnet werden, zumal im Hinblick darauf, daß in der jetzigen Jahreszeit noch nicht alle Hausschlachtungen stattgefunden haben. Um jedoch der Hindenburg-Spende einen vollen Erfolg zu sichern, muß sich Jeder, der eine Hausschlachtung vorgenommen hat, beteiligen. Die städtische Verkaufsstelle Franziskanerstraße Nr. 8 nimmt noch Spenden entgegen.
Butter und Fett.
In der kommenden Woche werden je 30 Gramm Butter und Margarine auf den Kopf der Bevölkerung verausgabt. An die Schwerstarbeiter wird alle 14 Tage Butter und Margarine in den ihnen zustehenden besonderen Wochenmengen verteilt. Die Butter und Margarine wird unmittelbar an die betreffenden Werke überwiesen. Die Verteilung an die Arbeiter geschieht unter Hinzuziehung der Arbeiterausschüsse.
Kolonialwaren.
In der Woche vom 4. bis 10. März werden in den städtischen Verkaufsstellen ausgegeben werden: Warenkarte 12, kochfertige Bohnensuppe, 13, kochfertige Mehlsuppe je ein Fünftel Pfund, 14, Dörrgemüse je ein Zehntel Pfund, 15, Sauerkraut je ein halb Pfund, 16, Zucker je ein Viertel Pfund, ferner unter Anrechnung auf die Fett- und Warenkarte 17 Margarine oder Rüböl 30 Gramm für die Person, in den Metzgereien an die eingetragenen Kunden unter Anrechnung auf die Fleisch- und Warenkarte 18 Mettwurst ein Zehntel Pfund.
Kohlenversorgung.
Nachdem die Kohlenversorgung in geregelte Bahnen gelenkt ist und den Kohlenhändlern ausreichende Mengen Kohlen, insbesondere Briketts, zur Verfügung stehen, wird die Abgabe von Briketts auf dem Hofe der Feuerwehrkaserne eingestellt. Sollten Händler die Abgabe von Briketts in einzelnen Zentnern verweigern, so wird eine Beschwerde bei dem nächsten Polizei-Bezirksamt sofort Abhilfe schaffen. Die Bürgerschaft wird jedoch dringend gebeten, einerseits keine Brennstoffe zu hamstern, andererseits nach Möglichkeit zu sparen.
Lebensmittelkarten.
In der Bürgerschaft sind in der letzten Zeit wiederholt Klagen laut geworden, daß in den Geschäften die Abschnitte der Lebensmittelkarten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt abgetrennt werden. Das Lebensmittelamt macht es den Geschäftsinhabern daher nochmals zur Pflicht, ihre Angestellten anzuweisen, das Abschneiden der einzelnen Abschnitte der Lebensmittelkarten mit der allergrößten Sorgfalt vorzunehmen, damit in Zukunft solche Klagen nicht mehr vorkommen. Das nachlässige Abschneiden kann zudem auch Schwierigkeiten bei der Abrechnung verursachen, da die Nummern der einzelnen Karten oft nicht mehr zu erraten sind.
Zucker.
Als Zulage zur monatlichen Verbrauchszuckermenge gelangt in kommender Woche ¼ Pfund Zucker auf Warenkarte Nr. 16 zur Ausgabe.
Eier.
Rund 30.000 Eier wurden in dieser Woche an die Inhaber der Lebensmittelkarten-Umschläge Nr. 4 sowie an Kranke verkauft. Wann die nächste Ausgabe von Eiern erfolgen kann, ist noch unbestimmt. Eine Besserung in der Belieferung mit Eiern ist jedoch zu erwarten.
Kartoffeln.
An jeden Bezugsberechtigten werden auf die Kartoffelkarte 3 Pfund Kartoffeln abgegeben. Schwerarbeiter erhalten auf die Zusatzkartoffelkarte weitere 4 Pfund Kartoffeln. Als Ersatz für Kartoffeln werden in der Woche vom 5. bis 11. März auf die Warenkarte Nr. 19, 20, 21 je 3 Pfd. Steckrüben ausgegeben. Die Ausgabe von frischen Steckrüben wird mit dem 3. März eingestellt. Nach diesem Zeitpunkt werden voraussichtlich getrocknete Steckrüben als Ersatz für fehlende Kartoffeln ausgegeben.
Milchversorgung.
Die Milchlieferung an die versorgungsberechtigte Bevölkerung unserer Stadt ist in den letzten drei Monaten von 12.000 Liter auf 9000 Liter täglich zurückgegangen, während im gleichen Zeitabschnitte des Vorjahres die Literzahl von 15.000 auf 12.000 fiel. Die geringe Zufuhr im Vergleich im Vorjahre ist in der Hauptsache auf den Mangel an Kraftfutter zurückzuführen. Außerdem hat der strenge Winter sehr hemmend auf die Milcherzeugung eingewirkt. Es ist zu hoffen und allerlei Anzeichen sprechen dafür, daß die Milcherzeugung nunmehr wieder eine steigende Richtung einnehmen wird, bis wir im Juni zum Monate der höchsten Milcherzeugung im Jahre kommen. Die im städtischen Fuhramt eingerichtete Milchwirtschaft, die zur rechten Zeit ins Leben gerufen wurde, hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, daß ernste Störungen in unserer Milchversorgung bisher verhütet wurden. Die dort gewonnene Milchmenge beläuft sich augenblicklich auf 500 Liter täglich.
[...]
Kriegsküchen.
Speisezettel für die Zeit vom 5. März bis 11. März: Montag: Weiße Bohnensuppe mit Kartoffeln und Schweinerippchen. Dienstag: Nudeln mit Mischobst. Mittwoch: Pichelsteinerfleisch. Donnerstag: Sauerkraut mit Kartoffeln. Freitag: Hering, Kartoffeln mit Tunke. Samstag: Steckrüben mit Schweinefleisch: Sonntag: Grüne Bohnen mit Kartoffeln.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn.“)
Sonntag, 4. März 1917
Volksbelehrungsabend. Die Stadt veranstaltet eine Reihe von Volksbelehrungsabenden. Der erste Abend findet Donnerstag, 8. März im Bonner Stadttheater statt. Lehrer O. Schultheis von der Hindenburgschule wird einen Lichtbildervortrag über „Deutschlands Wirtschaftskräfte“ halten. Da der Redner ein von beweiskräftigen Ziffern gestütztes lebendiges Bild der riesigen Kräfte, die Deutschlands Volkswirtschaft innewohnen, entrollen wird, dürfte der Vortrag für die weitesten Kreise von größtem Interesse sein. Der Bonner Männergesangverein hat es unter Mitwirkung der Kapelle des ersten Ersatz-Bataillons Infanterie-Regiments 160 in dankenswerter Weise übernommen, an diesem Abend durch Liedervorträge für die musikalische Unterhaltung zu sorgen.
Städtische Kräfte für die Landwirtschaft. In einem Aufruf „An unsere Frauen und Mädchen vom Lande“ fordert das Kriegswirtschaftsamt für die Rheinprovinz Frauen und Mädchen, die vom Lande stammen oder Freude an der Landwirtschaft haben und zurzeit nicht mit wichtiger Kriegsarbeit beschäftigt sind, auf, sich bereit zu halten, sofort und freudig aufs Land zu gehen und ihre Arbeitskraft in den Dienst der guten und jetzt wichtigsten Sache, der Volksernährung, zu stellen. Meldungen sind an den örtlichen Arbeitsnachweis zu richten. In einem zweiten Aufruf, „An unsere Landwirte“, den die rheinische Landwirtschaftskammer in Bonn und das Kriegswirtschaftsamt für die Rheinprovinz in Koblenz gemeinsam unterzeichnet haben, werden die Landwirte aufgefordert, in diesem Jahre die vielen in den Städten noch brachliegenden Arbeitskräfte, vor allem der vom Lande stammenden Frauen und Mädchen, der Landwirtschaft nutzbar zu machen. Saget nicht, daß solche Arbeiter nichts wert seien, daß Leute aus der Stadt eher eine Last wie Hilfe seien. Viele Landwirte haben die besten Erfahrungen mit diesen Arbeitskräften aus der Stadt gemacht. Leider lassen sich noch manche Landwirte aus Scheu vor dem Ungewohnten, aus Bequemlichkeit, aus dem Gedanken heraus, daß ein Halten von fremden Arbeitskräften den Betrieb zu sehr verteuere oder sogar unrentabel gestalte, nicht bewegen, solche Arbeitskräfte in Anspruch zu nehmen. Jetzt, da es sich um Sein und Nichtsein handelt, in einer Zeit, in der von Allen das Höchste geleistet werden muß, fallen solche Gründe fort. Kein Acker darf unbestellt, keine landwirtschaftliche Arbeit unausgeführt bleiben. Da unsere Arbeitskraft nicht ausreicht, müssen wir die städtischen Kräfte, sonst kommen keine mehr in Frage, zu Hilfe nehmen. Bei etwas Geduld und sachgemäßer Anweisung werden diese, dem Lande nicht fremden Kräfte bald wertvolle Arbeit leisten.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Kriegsküche in Poppelsdorf weist eine Teilnehmerzahl von 1500 Personen auf. Die weibliche Leitung gibt sich die erdenklichste Mühe. Ueberall freundliche und hübsche Gesichter, die uns das Essen verabreichen. Und doch hatte die Küche in dieser Woche einen Unglückstag – natürlich den Freitag. Ich trete meinen gewohnten Gang an. Oh Schreck! Auf der Straße tummelnde Kinder mit kleinen Esskörbchen, die man so munter in der Luft herumschwang wie den längst verbrannten Kirmeßstrauß von Poppelsdorf. Eine besorgte Mutter, etwas erregt, daß man in dieser Zeit so mit dem Essen umgeht, zupfte ihr liebes Töchterchen an beiden Ohren, weil es nicht mit dem Essen nach Hause komme, sondern den guten Vater warten lasse mit seinem Bärenhunger. Erstaunt blickte die Mutter in das kleine Körbchen: “Du hast noch kein Essen?“ Schon sollte das Strafgericht von neuem beginnen, als die Kleine unter Tränen herausstotterte: „De Erdäppel woren net gar on die Kolle han net su richtig gebrannt! De mieste Lück han Esse gekräch, evve üppe hondet han et noch ze kriehe“. „Dat kütt schon üvveall emol vür; loß me alt stell de Muhl hale,“ sagte die verständige Mutter.
Neben mir sitzt ein etwas älterer Mann, der anscheinend über das dünne Essen, wovon man so oft hört, sich mit seiner Frau unterhält. „Dat dönne Züg eß nix, dat hält net widde. Gersch met Promme es jo ding Lieblingsesse, evve für ene Mann, der arbede moß, eß dat nix. Me könnt drei Kompe voll bruche on dann mehnt me noch, ma hätt eine Perpentickel em Mage, der hin on her waggelt.“ „Jösses, ühr Männer sett doch empfindlich! War dem een sing Uel eß, dat es däm andere sing Nachtigall!“ Die Frau schien über ihren Mann wütend zu sein, und nur die kleine Redensart: „No Frauche, Du beß doch ming Nachtigall“, versöhnte sie wieder.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ungeteilter Arbeitstag. Während in der augenblicklich kalten und dunklen Zeit das ganze private und öffentliche Leben auf größtmögliche Beschränkung des Kohlen-, Licht- und Kraftverbrauchs eingestellt wird und selbst die auf starke Lichtwirkung angewiesene Geschäftswelt sich mit der notdürftigsten Beleuchtung abfinden muß, erstrahlen die Arbeitsräume der großen Verwaltungsbehörden, mit wenigen Ausnahmen aus der Friedenszeit her, in den Abendstunden noch immer im Lichte von tausend und aber tausend Flammen. Während der hellen Mittagsstunden dagegen stehen die Betriebe still und die Arbeitsplätze sind verödet; das große Heer der Beamten und Angestellten aber ist gezwungen, trotz Lederknappheit und unerschwinglicher Stiefelpreise, auf langen Wegen täglich zweimal öfter als nötig, das Pflaster der Städte zu treten. Diese Unwirtschaftlichkeit, Kraftvergeudung und mangelnde Anpassungsfähigkeit in Kriegszeiten wie der gegenwärtigen ist einigermaßen verwunderlich und fordert mit Recht die öffentliche Kritik heraus. Eine grundsätzliche Proklamierung der ungeteilten Arbeitszeit hätte gewiß ihre Bedenken, und es ist verständlich, wenn die stellvertretenden Generalkommandos sich nicht zu diesem Schritt entschließen können. Aber weshalb unterbleibt die Prüfung im einzelnen und die Ausdehnung der ungeteilten Arbeitszeit, soweit es die Verhältnisse gestatten? Tatsache ist, daß bei Tausenden von Dienststellen und Behörden der ungeteilte Dienst jeden Tag einzuführen wäre, ohne daß den öffentlichen Wirtschaftsinteressen im Geringsten Abbruch geschähe. Es würde den Privatbetrieben ebenfalls den Uebergang erleichtern und sie dazu anregen. Es würde aber ferner zahllosen Beamten und Angestellten die Möglichkeit geben, sich auf die Selbstversorgung durch Gartenbau und Kleintierhaltung, die für das kommende Frühjahr als bitter not erkannt ist, einzurichten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 5. März 1917
Kriegsbettag am 11. März. Der Evangelische Oberkirchenrat in Berlin hat angeordnet, daß der Sonntag Oculi, der 11. März, in allen evangelischen Gemeinden als Kriegsbettag gehalten wird, bei dem in Predigt, Gebet und Fürbitte des Ernstes der Stunde und der Aufgaben, die sie an Heer und Flotte stellt, gedacht wird.
Kaninchen und Ziegen finden bei den Spitzbuben jetzt mehr denn je Liebhaber. In der Nacht zum Samstag sind in einem Stalle an der Esche zwei Ziegen und zwei Kaninchen geschlachtet, das Fleisch ist, weil die Diebe wahrscheinlich gestört wurden, aber liegen gelassen worden, und in der Nacht zum Sonntag sind in Grau-Rheindorf drei Rassekaninchen im Werte von 100 Mark geschlachtet und gestohlen worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Lebensmittelkarten. Wir müssen doch dringend bitten, daß das Lebensmittelamt nicht so hart verfährt und das eigene Ausschneiden der Lebensmittelkarten gestattet. Es bekommt doch keiner mehr oder weniger, wenn er die Kärtchen herausschneidet und es werden neben den schon an dieser Stelle gerügten Missstände auch andere beseitigt, z. B. wegen Butter muß man lange stehen, ich schicke mein Kind mit der Butterkarte ins Geschäft und besorge während der Zeit meine Einkäufe im Kolonialwarengeschäft, wo ich auf die Fettkarte Rüböl erhalte. Eines meiner Kinder verlor die ganzen Warenkarten, was bei einzelnen herausgeschnittenen Kärtchen kein so großer Verlust gewesen wäre. Ferner nimmt das Abschneiden in manchen Geschäften, z. B. beim Metzger, sehr lange Zeit weg, die man den Leuten doch ersparen kann. Und endlich ist es viel bequemer, sein Kärtchen schnell ins Portemonnaie stecken zu können, als man die Karten in der Hand halten oder dafür eine Tasche mitnehmen muß, zumal wenn es sich um Waren handelt, die vom Geschäft aus geschickt werden und man sonst nichts zu tragen hat. Einige Hausfrauen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Das Städtische Bekleidungsamt ladet zu zwei wichtigen Versammlungen ein. Die Bekanntmachung der Reichsbekleidungsstelle über die Bestandsaufnahme von Schuhwaren und die Einführung neuer Bezugsscheine sowie andere seitens der Reichsbekleidungsstelle getroffenen Maßnahmen und Entscheidungen geben Anlaß, die Schuhwarenhändler und die Kaufleute der Web-, Wirk- und Strickwarenzweige im Stadtbezirk Bonn in gemeinsamer Besprechung aufzuklären. Zu diesem Zwecke sind die Schuhhändler des Stadtbezirks Bonn auf Dienstag, den 6. ds. Mts. und die Kaufleute der Web-, Wirk- und Strickwaren auf Donnerstag, den 8. ds. Mts., abends 8 Uhr nach dem Saal des Gasthofes Goldener Stern am Mark eingeladen.
Das Ende der Beschränkungen. Die zugunsten der Ersparnisse von Kohlen seit dem 8. Februar in Köln bestehenden Beschränkungen werden, wie die Kölner Blätter melden, durch eine Verfügung des Gouverneurs am Mittwoch, den 7. d. M., wieder aufgehoben. Es werden also demnächst die städtischen Theater und Museen wieder geöffnet werden können, namentlich aber auch die Beschränkungen, die noch für die privaten Theater, Lichtspielhäuser, sonstige Vergnügungsstätten, die Konzert- und Versammlungsräume bestanden, in Wegfall kommen. Ebenso wird die Polizeistunde dann wieder auf 11 Uhr abends ausgedehnt werden. Da Bonn zum Festungsbereich Köln gehört, werden die noch bestehenden Beschränkungen wohl auch hier mit dem gleichen Tage aufgehoben werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“
Dienstag, 6. März 1917
Um wollene Strümpfe zu schonen, gibt es ein recht einfaches und billiges Mittel. Man nehme ein Viertel Löffel Talkum und schütte ihn in die bereits angezogenen Stiefel, nachdem man die hintere Strippe zurückgebogen hat. während das Innere der Stiefelsohle dadurch sozusagen geebnet wird, wird die Wolle ebenfalls reibungsloser. Infolge dieses Mangels an „Reibungsflächen“ wird das Zerreißen der Strümpfe vermieden. Mit einem Vorrat von Talkum für 10 Pfg. dürfte man etwa sechs Wochen auskommen. Die mit diesem Verfahren erzielte Ersparnis an Stoffwolle kann man auf 80 v. H. veranschlagen.
Der Winter hat seine Herrschaft, die man schon überwunden zu haben hoffte, noch einmal von neuem angetreten. Nachdem die beiden Vortage wieder empfindlichen Frost gebracht hatten, begann gestern nachmittag ein starker Schneefall, der die Landschaft in kurzer Zeit mit einer Schneedecke überzog.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Marmelade. Wie wir aus der Zeitung ersehen, steht wieder keine Marmelade in kommender Woche auf dem Programm. Es ist schon die dritte Woche. Was soll blos eine arme Arbeiterfrau, deren Mann von Anfang an im Felde steht, ihrem Haufen kleiner Kinder aufs Brot schmieren? So begütert, um mit der Bahn stundenlang zu fahren und die Krautfabriken aufzusuchen, sind viele nicht, auch ist keine Zeit dazu da. Und wie wehe es einer Mutter tut, wenn sie den Kindern immer wieder trocken Brot muß vorlegen, wird wohl manche Frau wissen. Selbst will man gerne das Brot trocken essen, aber die Kinder jetzt mit trocken Brot zur Schule schicken, wo sie besser begüterte Mitschülerinnen um ihre beschmierten Stullen beneiden, das könnte doch vermieden werden, wenn die Stadt die Marmelade aufkaufte, die Eimerweise von den Leuten in den Fabriken geholt wird, und jede Woche ein wenig austeilte. Mehrere Kriegerfrauen mit Kindern.
Kriegsküche (Universität). Der Speisezettel von Samstag lautete: „Gemüsesuppe“. Im Grunde genommen war dieselbe sehr gut. Nur wäre zu wünschen daß die Kartoffeln, die in der jetzigen Zeit sehr selten sind, wenigstens gar gekocht würden. Dann könnte doch die liebe Kriegsküche auch das Gemüse ein wenig waschen, damit der Sand nicht fühlbar ist. Wenn es auch heißt: „Dreck schürt den Magen!“ Hoffentlich bessert sich die Kriegsküche (Universität). Ein von Anfang an sehr zufriedener Gast.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
2. Rheinischer Landfrauentag. In der gestrigen Versammlung sprach Bürgermeister Zander aus Godesberg über die wichtigsten kriegswirtschaftlichen Maßnahmen, erklärte und begründete sie aus unserer wirtschaftlichen Lage. Alle staatliche Regelung müsse versagen, wenn nicht die verständnisvolle freiwillige Mitwirkung der Bevölkerung zu Hilfe komme, und jeder Deutscher davon durchdrungen sei, daß diese Mitwirkung ebenso wichtig für das Vaterland sei, wie der Kampf an der Front. Das Hindenburgprogramm lasse sich noch immer nicht genau durchführen, und die freiwilligen Ablieferungen für die Hindenburgspende seien trotz der großen Gesamtzahlen noch gering, dagegen blühe der Verkauf der Landwirte an die hamsternden Stadtbewohner und der übrige Schleichhandel. Weiteste Kreise auf dem Lande hätten den furchtbaren Ernst der Lage noch nicht erfaßt, sie lebten wie im Frieden und könnten nicht verstehen, daß die Not in den Städten so groß sei. Durch Aufklärung müsse der Landbevölkerung die Riesengröße ihrer Verantwortung zum Bewußtsein gebracht werden. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung)
Mittwoch, 7. März 1917
Verlängerte Polizeistunde. Der Oberbürgermeister macht im Anzeigenteil dieser Zeitung bekannt, daß die Verordnung des Gouverneurs, die die Polizeistunde für Wirtschaften auf 10 Uhr festsetzte und die Schließung der öffentlichen Theater, Lichtspielhäuser, Konzert- und Versammlungssäle usw. verfügte, aufgehoben worden ist. Die Polizeistunde für Wirtschaften ist von heute ab wieder auf 11 Uhr festgesetzt, Theater, Kinos und Vergnügungsstätten müssen um 10 Uhr schließen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern infolge des plötzlich eingetretenen Schneewetters bei weitem nicht so gut beschickt wie Ende der vorigen Woche. Gemüse, wie Krauskohl, Rosenkohl, Sprutengemüse und Spinat, war nur verschwindend wenig vorhanden. Feldsalat, Sellerieknollen, Möhren, weiße Rüben, Schwarzwurzeln und Zwiebeln waren etwas reichlicher zu haben. Die Preise waren für einzelne Sachen noch gestiegen, im allgemeinen aber fast dieselben wie die der vorigen Woche. Der Verkauf außer in Gemüse durchweg nicht besonders flott.
Der städtische Gemüse-, Obst- und Fischverkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich gestern wieder eines sehr regen Zuspruchs, besonders in Gemüse. [...] Der Vorrat an Salzheringen war in ganz kurzer Zeit schon ausverkauft, sodaß leider eine große Anzahl Käufer nicht befriedigt werden konnte.
Amtliche Bekanntmachungen. In der heutigen Nummer unseres Blattes sind nachstehende Bekanntmachungen abgedruckt: Eine Aenderung der Verordnung über Mineralöle, Mineralölerzeugnisse, Erdwachs und Kerzen, eine Aenderung der Ausführungsbestimmungen über den Verkehr mit Zündwaren, die Polizeiverordnung über die Vertilgung des Huflattichs, die Regelung des Verkehrs mit Kohle, eine Bekanntmachung über den Absatz von Fischen im Küstengebiet der Weser, Ausführungsbestimmungen zur Bekanntmachung der Reichsbekleidungsstelle über eine Bestandsaufnahme von Schuhwaren, sowie eine Bekanntmachung an die Gewerbeunternehmer des Stadtkreises Bonn über den Besuch der Fortbildungsschule der jugendlichen Arbeiter.
Gestohlen wurde in der verflossenen Dienstagnacht aus einer Baubude der Artilleriekaserne in der Rheindorferstraße ein Treibriemen von 3½ Meter Länge und 6 Zentimeter Breite.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Gewissenlose Schleicher und Kettenhändler sind eifrig bei der Arbeit, kleinere Weiß- und Wollwarengeschäfte zu besuchen und Waren aufzukaufen, die nachher gegen einen hohen Verdienst wieder abgesetzt werden. Die Kaufleute werden daher auf solche Machenschaften aufmerksam gemacht und falls ihnen Ankäufe verdächtig vorkommen, diese zur Anzeige zu bringen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 8. März 1917
Sprachverein und Innungsvorstände. Am 6. März fand die schon länger geplante Besprechung zwischen dem Vorstand des hiesigen Deutschen Sprachvereins und Vertretern der Innungsvorstände im hiesigen Rathause statt, um Fragen der Sprachreinigung im Gewerbe sowie die deutsche Ausgestaltung des Straßenbildes im mündlichen Austausch zu erwägen. Schulrat Dr. Baedorf begrüßte die Anwesenden namens der Stadt, die, wie an allen vaterländischen, so auch an den wackeren Bestrebungen des Sprachvereins wärmsten Anteil nehme, und wünschte den Verhandlungen guten Erfolg. Der die Versammlung leitende stellvertretende Vorsitzende des Sprachvereins, Pfarrer Dr. Richter, sprach ebenfalls freudigen Gruß den Versammelten aus und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die persönliche Aussprache und Verständigung dem vaterländischen Ziele näher bringen werde. Er gab einen kurzen geschichtlichen Rückblick auf die Veranlassung und Bestrebungen der Sprachreinigung. [...] Trotz guter, hoffnungsvoller Ansätze und trotz kräftigen Eingreifens der Behörden nahm das Fremdwörterunwesen, diese alte deutsche Krankheit der Liebhaberei an fremder Art und fremdem Wesen, wieder derartig zu, daß selbst die fremden Völker mit Recht sich darüber lustig machten. Da kam als reinigendes Gewitter der Weltkrieg 1914 und mit ihm ein neuer Aufschwung des vaterländischen Wesens, auch der besseren Pflege und Reinigung der Muttersprache. Die höchsten Behörden nahmen sich wiederum dieser Bewegung kräftig an. [...]
Die Anwesenden, die die verschiedenen Gewerbe [...] in Bonn und Godesberg vertraten, sprachen ihre aufrichtige Teilnahme an diesen sprachlichen Bestrebungen aus, wiesen aber auch auf die mancherlei Schwierigkeiten hin, die diesen Bemühungen im Wegen stehen: die Macht der Gewohnheit, der allgemeine Gebrauch fremder Bezeichnungen, zumal bei Bekleidungsstoffen und im Friseurgewerbe, besonders seitens der kaufenden Damen, und der nicht leichte volle Ersatz der betreffenden Ausdrücke durch deutsche. Von anderer Seite wurde die Möglichkeit betont, daß sich, wie auf anderen Gebieten, auch hier bei festem Eingreifen seitens der Behörden sowie bei einheitlichen Bestrebungen doch manches erreichen ließe. [...]
In der Versammlung wurde u. a. anerkennend bemerkt, daß die Stadt Bonn auf der Rückseite der Straßenbahnfahrscheine die Verdeutschung von zwölf bekannten Fremdwörtern aus dem Verkehrswesen hat abdrucken lassen: Abonnement, Bureau, Etage, Hotel, Interesse, Korrespondenz, Parterre, Provision, Qualität, Ratenzahlung, Risiko und Taxe. Das städtische Verkehrsamt wurde gebeten, damit diese wertvolle Gabe nicht übersehen wird, beim Neudruck deutlicher auf diese Benennungen hinzuweisen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Winter hat auch hier wieder seinen Einzug gehalten. In der vergangenen Nacht trat starker Schneefall ein, der den Boden in einer Höhe von über 7 Zentimeter bedeckt. Auch die Kälte hat erheblich zugenommen; der tiefste Stand betrug heute früh 5 Grad Celsius unter Null.
Die kleinen Hamster und die großen Schmuggler. Aus wird uns geschrieben: Ueber die Tätigkeit der Polizei auf den Kölner Bahnhöfen wird Klage geführt. Kölner Bürger, die bei der Lebensmittelknappheit mitleidige Verwandte und Bekannte auf dem Lande in Anspruch genommen haben, mußte ihr Reisegepäck durchsuchen lassen, ob sich nicht etwa Kartoffeln, Eier, Speck oder Butter darin befand. Dies wird als Härte empfunden, da sich eine solche behördliche Maßnahme nicht gegen Hamster, sondern gegen Bedürftige, denen es gerade am Notwendigsten fehlt, richtet. Man ist hier der Ansicht, daß man sich darauf beschränken sollte, den Händlern, die Waren über die Grenze schmuggeln, um sie zu Wucherpreisen abzusetzen, auf die Finger zu sehen, die Privatleute aber, die sich etwas für ihren eigenen Bedarf in der Umgegend gekauft haben, unbehelligt lassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
2. Rheinischer Landfrauentag. Zur Beratung ernster Fragen der Kriegswirtschaft hatten sich den letzten Tagen zahlreiche rheinische Landfrauen in unserer Stadt eingefunden. Sie fanden aber auch am Begrüßungsabend im Bürgerverein Geselligkeit und gute Unterhaltung. [...] Nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten wurde den Teilnehmerinnen durch eine Reihe von Besichtigungen Gelegenheit geboten, mancherlei theoretische Erwägungen der Tagung in praktischer Arbeit verwirklicht zu sehen. Unter sachkundiger Führung fanden folgende Besichtigungen statt: Kriegswirtschaftliche Einrichtungen der Stadt Bonn (Kriegsküche der Universität, städt. Mehl- und Kolonialwarenlager, städt. Fuhrpark nebst Molkerei, Einmietung der Kartoffeln und Kühlhäuser), Kinderkrippe in Alfter bei Bonn, Mutterberatungsstelle des Landkreises Bonn in Beuel, Gutwirtschaft des Herrn Fidelkommißbesitzers Dr. von Joest, Haus Eichholz bei Sechtem.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 9. März 1917
Schule und vaterländischer Hilfsdienst. Der Kultusminister hat bestimmt, daß die durch Vermittlung ihrer Direktoren in den vaterländischen Hilfsdienst eintretenden Schüler zunächst ohne Zeugnis beurlaubt werden sollen. Sie erhalten dann das Versetzungszeugnis zu demselben Zeitpunkt, wie sie die Versetzung bei weiterem Besuch der Klasse erreicht hätten – vorausgesetzt, daß bei ihrem Eintritt in den Hilfsdienst mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, daß sie die Versetzung bei regelmäßigem Schulbesuch erreicht hätten. Bedingung ist dabei, daß sie zu der Zeit sich noch im Hilfsdienst befinden. Sind sie schon ausgeschieden und zur Schule zurückgekommen, so soll auf sie gebührende Rücksicht genommen werden. Sinngemäß findet diese Bestimmung Anwendung auf die nach Obersekunda versetzten Schüler. Die Schüler, die die regelrechte Versetzung nach Oberprima erreicht haben, sind vor Eintritt in den Hilfsdienst zur Notreifeprüfung zuzulassen. Sie erhalten ihr Reifezeugnis aber erst zu dem Zeitpunkt, an dem sie die Prüfung bei regemäßigem Schulbesuch abgelegt hätten. Sind sie zu dieser Zeit wieder zur Schule zurückgekehrt, so müssen sie die regelmäßige Reifeprüfung machen. Auch hier sollen alle gebührenden Rücksichten genommen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der starke Schneefall hat gestern im Straßenverkehr arge Störungen verursacht. Unsere Straßenbahnen hatten durch die Schneemengen fortgesetzt große Schwierigkeiten, zu deren Behebung Militär herangezogen werden mußte. Auch die Lastfuhrwerke konnten nur durch Vorspann mehrerer Pferde den Widerstand überwinden, den ihnen die hohe Schneedecke entgegensetzte. Da das Barometer seit gestern früh stark gestiegen ist, steht zu erwarten, daß wir vor weiteren Schneefällen bewahrt bleiben. Im Ganzen sind seit vorvergangener Nacht 8 Zentimeter Schnee gefallen, eine Menge, wie wir sie hier seit Jahrzehnten nicht gehabt haben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Krähenjagd. In vielen Orten veranstaltet man zurzeit wahre Treibjagden auf die sogenannte Nebelkrähe. Das Fleisch dieser Schwarzröcke ist sehr gesucht und wird nach Bekanntmachung von Geflügelhändlern in Großstädten mit 50 Pfg. für das Stück bezahlt. Nun macht jung und alt Jagd auf die Krähen, ein schwungvoller Handel mit diesen „Rabenbraten“ wird betrieben. Die Krähe ist heute ein begehrter Handelsartikel, ein hochgeschätztes Jagdtier, das man noch ohne Jagdschein erlegen und ohne Bezugs- oder Fleischkarte erstehen und verspeisen kann.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag,10. März 1917
Die Gemüseversorgung in Bonn und Köln. Der Vortrag des Beigeordneten Piehl über die Nahrungsmittelversorgung der Stadt Bonn vorigen Samstag im Liberalen Bürgerverein hat den Kölner Lokalanzeiger veranlaßt, wieder einmal, wie schon mehrfach, die Bonner städtische Verwaltung wegen ihrer Haltung in der Gemüsefrage anzugreifen. Herr Beigeordneter Piehl hat nach unserm Bericht gesagt: „Trotzdem wir mitten im besten Gemüseland wohnen und die Gemüseernten ausgezeichnet sind, besteht doch großer Mangel, weil die Gemüsebauern nach den Industrieorten liefern, wo sie höhere Preise erzielen.“ Dazu bemerkt der Kölner Lokalanzeiger: „Wir sind nun der Ansicht, daß die Stadt Bonn alle Veranlassung hätte, hier einmal nach dem Rechten zu sehen und darauf zu drängen, daß die festgesetzten Richtpreise, wie das in Köln geschieht, von den Gemüsebauern eingehalten werden. Um das zu erreichen, bedarf es allerdings einer umfassenden Organisation, wie sie in Köln besteht.“
Hierzu ist zu bemerken: Die Gemüsefrage beschäftigt die Stadt- und Landkreise Bonn und Köln schon über ein Jahr, eine befriedigende Lösung konnte aber bisher in keinem der vier Kreise erreicht werden. Die Schwierigkeit besteht in erster Linie darin, daß es auf Grund der reichsgesetzlichen Bestimmungen und wegen des Widerstandes der Reichsstellen nicht möglich ist, Ausfuhrverbote zu erlassen, und ferner darin, daß infolge der örtlichen Richtpreise das Gemüse nach Orten, die keine Richtpreise haben, geleitet wird. Erst dann, wenn die Reichsstelle für Gemüse und Obst für das ganze Reichsgebiet einheitliche Richtpreise festsetzt, ist eine Besserung zu erwarten. Die Stadt Köln genießt nun Bonn gegenüber den geradezu ungerechtfertigten Vorzug, daß trotz der reichsgesetzlichen Vorschriften auf Grund einer Vorordnung des Gouverneurs vom 17. April 1916 ein Ausfuhrverbot für die Gemeinden Fischenich, Vochem, Rondorf, Kendenich, Hermülheim, Hürth und Efferen sowie die Stadt Köln das ganze Gemüse erfassen und dabei leicht darauf achten, daß die Richtpreise unbedingt eingehalten werden. Der Stadt Bonn steht ein solches Gemüsegebiet nicht zur Verfügung, ihr Markt ist schon seit Wochen vollständig verödet, nur am städtischen Gemüsestand selbst werden noch einige Gemüsearten verkauft. Wenn trotzdem behauptet wird, die Stadt Bonn halte die festgesetzten Richtpreise nicht ein, sie erhalte darum die sonst nach Köln gegangenen Gemüsemengen und schwelge daher in Gemüse, so ist das eine böswillige Entstellung. Diese Behauptung wirkt auch lächerlich, weil in der Kölner Presse häufig genug über große Gemüsezufuhren nach Köln berichtet wird. So wird vom 6. März, also dem Dienstag dieser Woche, aus Köln berichtet: Dreizehn Jahre besteht die Zentralmarkthalle, aber sie hatte niemals so viel Gemüse aufzuweisen, wie heute. Tausende Zentner waren in der Halle aufgestapelt. Die weitesten Flächen waren mit Kohlrabi belegt, aber auch auf Riesenfeldern breiteten sich Weißkohl, Wirsing und Möhren aus. Der Preis für Wirsing stieg auf 44 Mark der Zentner für Kleinhändler, die im Pfundverkauf 53 Pfg. nehmen dürfen. – In Bonn war am gleichen Tag kein Gemüse auf dem Markte.
Die Bonner Stadtverwaltung läßt ihre Polizei durchaus darauf achten, daß die Richtpreise eingehalten werden, eine ganze Reihe von Uebertretungen sind schon zur Bestrafung angezeigt worden. Es fehlt also in Bonn nicht an der nötigen Organisation, und wenn in Köln zu wenig Gemüse vorhanden ist, so ist Bonn daran am allerwenigsten schuld. Erst wenn die Gemüsefrage reichsgesetzlich geregelt ist, werden Bonn und auch Köln genügend Gemüse erhalten.
Müllabfuhr und Straßenreinigung. Infolge des starken Schneefalls und des Mangels an Fuhrleuten und Gespannen ist es nicht möglich, die Müllabfuhr in den nächsten Tagen in der bisherigen regelmäßigen Weise durchzuführen. Die Haushaltungen werden daher gebeten, auf diesen Notstand Rücksicht zu nehmen, sich bei der Aufbewahrung ihrer Abfälle etwas einzurichten und vor allem den Fuhrpark nach Möglichkeit zu unterstützen. Es brauchen z. B. Aschenreste, die ganz gut im Ziergarten zum Bestreuen der Wege verwendet werden können, jetzt nicht zur Abfuhr bereit gestellt zu werden, Brikettasche eignet sich auch sehr gut als Düngemittel, wenn sie in geeigneter Weise in den Boden gebracht wird. Die durch den Schneefall entstandenen Verkehrsstörungen wären längst nicht so groß gewesen, wenn sich die Bürger ihrer Straßenreinigungspflicht nicht größtenteils entzogen hätten. Nach der betreffenden Regierungspolizeiverordnung müssen die Hauseigentümer die Straße, und zwar den Schrittweg sowohl wie auch den Fahrdamm bis zur Mitte, nicht nur reinigen, sondern auch von Schnee und Eis befreien. Der Schnee ist neben dem Rinnstein in Haufen zusammenzusetzen. Gerade in der jetzigen Zeit, in der es der Stadt an Arbeitskräften mangelt, ist es vaterländische Pflicht jedes einzelnen, der Allgemeinheit zu dienen und nicht erst zu warten, bis mit scharfen polizeilichen Strafen eingeschritten wird.
Aus einem städtischen Lager an der Wesselstraße sind im August und September des vorigen Jahres etwa 12½ Zentner Seife gestohlen worden. Als Dieb ist der Schneidermeister Neufeind ermittelt worden, der in einer auf dem gleichen Grundstück eingerichteten Schneiderwerkstätte beschäftigt war. Er wurde gestern von der Strafkammer zu zwei Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. Der Staatsanwalt hatte drei Jahre Zuchthaus beantragt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern auffallend schlecht beschickt. Im ganzen waren etwa zehn Verkäuferinnen, darunter auch einige vom Lande, erschienen. Gemüse, wie Krauskohl, Rosenkohl, Sprutengemüse und Spinat, sowie Rot- und Weißkohl, war nur verschwindend wenig vorhanden. Die Preise, die gestern verlangt und bezahlt wurden, waren durchweg ausnahmsweise hoch. [...] Trotz der hohen Preise war der Verkauf im allgemeinen sehr flott, besonders in Gemüse.
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren gestern die Zufuhren auffallend klein. An Gemüse, wie Spinat, Rosenkohl, Krauskohl, Sprutengemüse, Wirsing und Weißkohl, war auch hier nur ganz wenig vorhanden. Die an und für sich schon hohen Preise waren für die meisten Waren noch gestiegen. [...] Die sehr zahlreich anwesenden, hauptsächlich auswärtigen Händler schreckten vor den hohen Preisen nicht zurück und kauften trotzdem die vorhandenen Waren im ganzen flott auf, sodaß der Markt um 8½ Uhr früh schon wieder fast vollständig geräumt war. Viele Händler gingen selbstverständlich leer aus.
Der städtische Gemüse, Obst- und Fischverkauf auf dem Wochenmarkt konnte sich gestern wieder eines besonders regen Zuspruchs erfreuen, besonders in Gemüse und Fischen. Leider war auch hier an Gemüse nur Rotkohl zu 45 Pfg. und Weißkohl zu 35 Pfg. das Pfund zu haben. Die Zufuhr hierin war gestern verhältnismäßig groß. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn. [...]
Fleisch.
An die Metzger wird in dieser Woche Rind-, Kalb- und Hammelfleisch abgegeben, das zu 2,80 M. das Pfund am Samstag verkauft wird, ebenso wie Leberwurst zu 1,50 Mk. und Blutwurst zu 0,50 M. das Pfund.
Am Dienstag und Mittwoch den 13. und 14. März wird auf dem städtischen Lagerplatz in der Maxstraße durch die freie Bonner Fleischer-Innung gesalzenes ausländisches Schweinefleisch zum Preise von 6,50 Mk. das Pfund vormittags von 8 – 12 Uhr und nachmittags von 3 – 6 Uhr verkauft. Auf jede Warenkarte Nr. 22 werden 200 Gramm abgegeben, und zwar ohne Anrechnung auf die Fleischkarten. [...]
Kartoffeln.
An jeden Bezugsberechtigten werden in der kommenden Woche auf die Kartoffelkarte 3 Pfund Kartoffeln ausgegeben. Schwerarbeiter erhalten auf die Zusatzkartoffelkarte weitere 4 Pfund Kartoffeln. Als Ersatz für Kartoffeln werden auf die Warenkarten Nr. 29 und 30 je 3 Pfund frische Steckrüben ausgegeben. [...]
Zucker.
Auf Warenkarte Nr. 27 wird in der kommenden Woche ¼ Pfund Kunsthonig zum Preise von 0,12 Mark das Viertelpfund verkauft. Marmelade ist leider noch immer nicht eingetroffen. Es steht jedoch zu erwarten, daß in der nächsten Woche wieder eine Zuteilung erfolgen kann.
Eier.
Eier werden in der nächsten Woche voraussichtlich an alle Bezugsberechtigten abgegeben. Der Beginn des Verkaufs wird noch bekannt gemacht.
Milchversorgung.
Am 1. März d. J. wurden für 22.300 Einzelpersonen, 11.300 versorgungsberechtigte und 11.000 vorzugsberechtigte, Milchkarten ausgegeben. Außerdem wurden für die Insassen der hiesigen Krankenanstalten und Lazarette Bezugsscheine über 2000 Liter Vollmilch ausgestellt. Die für die Versorgungsberechtigten erforderliche Milchmenge beträgt 8125 Liter, die z. Zt. täglich verfügbare Gesamtmilchmenge rund 9000 Liter, sodaß augenblicklich an die 11.000 Vorzugsberechtigten nur 875 Liter Milch abgegeben werden können.
Bekleidungsamt. [...] Auf die Annahmestelle für getragene Kleider, Wäsche und Schuhwaren an der Stockenstraße Nr. 3 und ihre große Bedeutung im vaterländischen Sinne wird erneut hingewiesen. Da die Verkaufsstelle in allernächster Zeit eröffnet wird, ist es dringend notwendig, baldigst alle entbehrlichen Gegenstände genannter Art abzuliefern, damit möglichst weitgehend den gestellten Anforderungen beim Verkauf entsprochen werden kann. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mehlem: In der Nacht zum Freitag haben Diebe in Mehlem einem armen Manne die einzige Ziege, welche er hatte, gestohlen, geschlachtet und mitgenommen. Vorige Woche wurden einer armen Frau, deren Mann den Heldentod gefunden hat, 1100 Mark gestohlen. Bei einem anderen Manne haben Diebe 17 Hühner, Milch und Eier entwendet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Sonntag, 11. März 1917
Die 24. ordentliche Synode der Altkatholiken des Deutschen Reiches wird am 14. März in Bonn tagen. Bischof Dr. Moog bittet die Geistlichen, bei den demnächst für die 6. Kriegsanleihe beginnenden Schulsammelzeichnungen nach Möglichkeit besonders in den kleineren Orten mittätig zu sein.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Beuel, 10. März. Die gestrige Gemeinderatssitzung unter dem Vorsitz des Herrn Bürgermeisters Breuer beschäftigte sich nochmals mit den Teuerungszulagen für Lehrpersonen und beschloß, den Beginn der Zahlung dieser einmaligen Zulage auf den 1. Dez. 1916 für alle zu der Zeit in der Gemeinde angestellten Lehrpersonen festzusetzen. Die Auszahlung erfolgt am 1. April. – Einen breiten Raum nahm die Ernährungsfrage der Bevölkerung in Anspruch, deren Schwierigkeit einmütig erkannt wurde. Es wurde beschlossen, mit der Einrichtung der Suppenküchen sofort zu beginnen. Die Eröffnung soll am 2. April stattfinden. Volksküchen sind, wie im vergangenen Jahre, in Schw.-Rheindorf, Vilich, Pützchen, Küdinghoven und Beuel vorgesehen, für Beuel jedoch in der mittleren Wilhelmstraße. Die Preise betragen pro Liter 40, 50 und 60 Pfg., je nach der Steuerzahlung. Die Vorarbeiten wurden der Nahrungsmittelkommission übertragen und der Wunsch ausgesprochen, daß sich geeignete Kräfte an der Mitarbeit beteiligen möchten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Deutschlands Kriegslasten und seine wirtschaftlichen Kraftquellen. Im Hinblick auf die bevorstehende sechste Kriegsanleihe dürfte es vielfach erwünscht sein, über die wirtschaftlichen und finanziellen Hilfsquellen, durch welche die Anleihen des Deutschen Reiches gesichert sind, von einem erfahrenen Fachmann eingehenderen Aufschluß zu erhalten. Der Direktor des A. Schaafhausenschen Bankvereins in Bonn, Herr Julius Steinberg, hat sich auf Veranlassung der Stadt Bonn bereit erklärt, diese fesselnde Aufgabe in einem Vortrage, der Donnerstag, den 15. März, abends 8½ Uhr im neuen großen Hörsaal der Universität stattfinden wird, zu erörtern. [...] Zu dem Vortrage ladet der Oberbürgermeister die Bürgerschaft ein. Der Eintritt ist unentgeltlich.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 12. März 1917
Godesberg, 12. März. In der Versammlung des Flottenvereins am letzten Samstag wies Oberlehrer Endemann auf die rastlose Tätigkeit unserer Uboote hin, die unsere Bewunderung, aber auch das Gefühl großer Dankbarkeit erregen müßte. Diese Dankbarkeit müsse sich in die Tat umsetzen. Wir müßten unseren wackeren Uboothelden die Sorge um die Ihren nehmen, wenn sie nicht wiederkehrten, und um ihre Zukunft, wenn sie nichtoder verkrüppelt ihre Heimat wiedersähen. Dann sprach Dozent Dr. Koeppen aus Berlin über „Die deutsche Flotte als Kulturträger“. Der Redner zeigte in packenden Bildern, wie sich im Laufe der Jahrhunderte der Deutsche immer und immer wieder auf die See hinausgewagt habe, daß aber alle diese Versuche trotz der Begabung der Deutschen für die See stets wieder im Keime erstickt seien, da keine staatliche Geschlossenheit hinter ihnen stand. Das wurde erst anders im neuen Deutschen Reich unter der weitschauenden Führung unseres Kaisers. Zahlreiche Lichtbilder erläuterten das Gesagte. Eine Tellersammlung für die Uboote ergab 30 Mark.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Rheinland und Nachbargebiete“)
Wo das Gemüse vom Vorgebirge bleibt! Unter dieser Spitzmarke schreibt der Kölner Lokalanzeiger Köln, 10. März: „Die städtische Polizei hatte in Erfahrung gebracht, daß große Mengen Gemüse, das ursprünglich von den Landleuten für die Markthalle bestimmt war, von auswärtigen Händlern außerhalb der Halle angekauft und ausgeführt wurde. Schon am Donnerstag waren ein Dutzend mit Gemüse gefüllte Körbe in einem Hause in der Nähe des Heumarktes beschlagnahmt worden. Gestern hatte es eine Beamtin der Preisprüfungsstelle übernommen, dieser Angelegenheit einmal auf den Grund zu gehen. Sie hielt sich in der Nähe der Markthalle versteckt und veranlaßte dort die Beschlagnahme von acht Fuhren Gemüse aller Art. Die beschlagnahmten Waren wurden in die Hauptmarkthalle geschafft und durch die Kleinhändler an die Bürgerschaft unter Aufsicht von Polizeibeamten zu Richtpreisen verkauft. Dem energischen Zugreifen ist es zu verdanken, daß das Gemüse nicht nach Aachen ausgeführt wurde, von wo die Händler stammten, die es zu hohen Preisen zu erwerben suchten. Wie uns mitgeteilt wird, ist zwar an den Kölner Bahnhöfen eine Kontrolle bezüglich der verbotenen Ausfuhr von Gemüse vorhanden, aber die auswärtigen Händler bringen die Ware auf die Bahnhöfe der Vororte oder nach Löwenich, von wo aus die Weiterbeförderung anstandslos geschehen kann.“
(Wenn solch große Mengen Gemüse vom Vorgebirge nach Köln in die Markthalle bezw. nach Aachen usw. ausgeführt werden, wie der Köln. Lok.-Anz. berichtet, dann ist verständlich, warum der Bonner Gemüsemarkt so schwach beschickt ist. Die Schrftl.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 12. März. Ein Mitbürger stiftete in seiner Freude über die Leistungen unserer U-Boote zu der am 7. März von Herrn Oberlehrer Endemann begonnenen Sammlung für Angehörige und Hinterbliebene unserer U-Boothelden den Beitrag von tausend Mark. Damit hat die erst seit vier Tagen bestehende Sammlung schon 1260 Mark aufzuweisen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Beschlagnahme von Kupfer und Platin. Am 9. März ist eine Bekanntmachung in Kraft getreten, die eine Beschlagnahme, Meldepflicht, Enteignung und Ablieferung der bei öffentlichen und privaten Bauwerken zu Blitzschutzanlagen und zur Bedachung verwendeten Kupfermengen sowie der an Blitzschutzanlagen befindlichen Platinteile vorsieht. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 13. März 1917
Beschlagnahme des Aluminiums. Der Oberbürgermeister hat die Ausführungsbestimmungen zu der Verordnung des Gouverneurs der Festung Köln vom 1. März über die Beschlagnahme, Bestandserhebung und Enteignung von fertigen, gebrauchten und ungebrauchten Gegenständen aus Aluminium erlassen. Danach sind in der Verordnung aufgeführten Aluminiumgegenstände – u. a. alle in den Haushaltungen vorhandenen Aluminiumsachen vom Suppenkessel bis zum Tee-Ei – bis zum 25. März unter Benutzung des vorgeschriebenen Meldescheines dem Oberbürgermeister anzuzeigen. Die Meldescheine können auf dem Rathaus Zimmer 22, Rathausgasse 10/12, in den Dienststunden unentgeltlich in Empfang genommen werden. Ausgenommen von der Beschlagnahme sind mit Aluminium überzogene Gegenstände, die aus einem anderen Metall als Aluminium hergestellt sind. Der Zeitpunkt der Ablieferung und die Sammelstelle zur Entgegennahme der Gegenstände werden bekanntgegeben. Dieser Zeitpunkt ist alsdann unbedingt einzuhalten. Der Uebernahmepreis beträgt für sämtliche beschlagnahmten Gegenstände aus Aluminium 7 Mark für jedes Kilogramm Aluminium ohne Beschläge und 5, 60 Mark für jedes Kilogramm mit Beschlägen. Unter Beschlägen sind Ringe, Stifte, Griffe und Versteifungen aus anderem Material als Aluminium zu verstehen. Das Entfernen der Beschläge vor der Ablieferung ist gestattet.
Die Verordnung greift wieder tief in die wirtschaftlichen Verhältnisse der privaten Haushaltungen ein, denn fast in jeder Küche hat sich dieses leichte, angenehme Metall seit einer Reihe von Jahren eingebürgert. Vielen Hausfrauen wird daher die Beschlagnahme sehr unbequem sein, da sie sich bei den jetzigen hohen Preisen mit anderem Geschirr werden versehen müssen! Das Vaterland verlangt aber auch dieses Opfer. Die gezahlten Preise sind übrigens so bemessen, daß dafür die Aluminiumgegenstände durch andere ersetzt werden können.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Im Liberalen Bürgerverein hielt gestern abend der Professor für Botanik von der hiesigen Universität, Herr Dr. Küster, vor einer sehr zahlreichen Zuhörerschaft in der Lese einen zeitgemäßen Lichtbildervortrag über „Kriegsgemüse, die Nutzbarkeit der einheimischen Pflanzenwelt“. Der Redner beleuchtete die Möglichkeit. Sich kostenlos unseren Gemüsespeisezettel viel reichhaltiger, abwechselungsreicher und auskömmlicher zu gestalten durch unsere eigene Sammeltätigkeit. Es existieren viele Arten wildwachsender Pflanzen, die bisher noch nicht einmal als Viehfutter verwertet worden seien, die aber einen hohen Wert an Nährstoffen, namentlich an Stärke und Zucker, auch Fett und Eiweiß besäßen und zwar vorwiegend in den jungen Blättern. In geeigneter Weise zubereitet, bildeten sie recht schmackhafte Gemüse, Salate und Kompotte. Diese sogenannten Unkräuter führte Redner in anschaulichen Lichtbildern vor mit jedesmaligen gemeinverständlichen kurzen Erläuterungen. Zu nennen sind: Brennessel (Spitzen als Spinat), Löwenzahn (junge Blätter als Salat), Ackermelde oder Gänsefuß (als Gemüse und die Früchte als Hühnerfutter), Giersch oder Ziegenfuß (wie Spinat), Kümmel, alle Distelarten (Blätter als Gemüse, unreife Köpfe als Artischocken); Beinwell oder Symphytum (als Suppengemüse), wilder Hopfen (wie Spargel), alle Arten Sauerampfer, Wiesenschaumkraut (als Salat). Mit Klee will Redner in diesem Sommer eingehendere Versuche anstellen. Als kompottliefernde Pflanzen führte er Holunder (Blüten und Beeren) und Eberesche oder Vogelbeerbaum vor. Einen Vortrag über die Pilze als Kriegsgemüse behielt sich Redner einer späteren Zeit vor. Die Versammlung dankte für die sehr anregend verlaufenden Belehrungen mit reichem Beifall.
Groß-Bonn gab gestern wieder einmal den Verwundeten unserer Lazarette eine Sondervorstellung. Die ausübenden Künstler und Künstlerinnen fanden wie immer in den Feldgrauen ein dankbares Publikum. Namentlich war es der Universalkünstler Carl Scherber, der die Soldaten durch seine Vorführungen in der Gedächtniskunst, als Zauberer, Schnellmaler, Handschattenspieler usw. zu lautem Beifall hinriß. Auch die übrigen Nummern des abwechselungsreichen Programms fanden bei den feldgrauen Gästen gebührende Anerkennung.
Ein Halbfuderfaß mit Weißwein wurde gestern vormittag in der Kasernenstraße beim Abladen so schwer beschädigt, daß sich der größte Teil des köstlichen Fasses auf die Erde ergoß. In Schüsseln und Tellern versucht man noch zu retten, was zu retten war, aber es war nicht mehr viel, das auf diese Weise aufgefangen werden konnte. Schade um den schönen und heute doppelt und dreifach teuren Tropfen!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zeichnet die sechste Kriegsanleihe
Die Kriegsopfer für alle Völker abzukürzen, hat Kaiserliche Großmut angeregt.
Nun die Friedenshand verschmäht worden ist, sei das deutsche Volk aufgerufen, den verblendeten Feinden mit neuem Kraftbeweis zu offenbaren, daß deutsche Wirtschaftsstärke, deutscher Opferwille unzerbrechlich sind und bleiben.
Deutschlands heldenhafte Söhne und Waffenbrüder halten unerschütterlich die Wacht. An ihrer Tapferkeit wird der frevelhafte Vernichtungswille unserer Feinde zerschellen. Deren Hoffen auf ein Müdewerden daheim muß aber jetzt durch eine neue Kriegsanleihe vernichtet werden.
Fest und sicher ruhen unsere Kriegsanleihen auf dem ehernen Grunde des deutschen Volksvermögens und Einkommens, auf der deutschen Wirtschafts- und Gestaltungskraft, dem deutschen Fleiß, dem Geist von Heer, Flotte und Heimat, nicht zuletzt auf der von den deutschen Truppen erkämpften Kriegslage.
Was das deutsche Volk bisher in kraftbewusste Darbietung der Kriegsgelder vollbrachte, war eine Großtat von weltgeschichtlich strahlender Höhe.
Und wieder wird einträchtig und wetteifernd Stadt und Land, Arm und Reich, Groß und Klein Geld zu Geld und damit Kraft zu Kraft fügen – zum neuen wuchtigen Schlag.
Unbeschränkter Einsatz aller Waffen draußen, aller Geldgewalt im Inneren.
Machtvoll und hoffnungsfroh der Entscheidung entgegen.
Einen herrlichen Frühlingstag, den ersten nach dem langen, strengen Winter, hatten wir am gestrigen Sonntag. Alt und jung lockte der warme Sonnenschein hinaus ins Freie. Die elektrischen Bahnen nach Königswinter und Mehlem waren in den Nachmittagsstunden durchweg gut besetzt, zum Teil sogar überfüllt. Außerdem zog eine große Zahl Menschen nach dem Kreuzberge sowie nach dem Venusberge, wobei sie die schlechten, aufgeweichten Wege nicht zurückschrecken konnten. Der herrliche Tag wurde ausgenutzt. Das konnten Godesberg und Königswinter bemerken. Beide waren stark besucht, fast wie im Sommer. Hoffentlich hält das warme Wetter auch weiterhin an, damit mit der Feldarbeit rüstig begonnen werden kann.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 14. März 1917
Lazarett-Arbeitszentrale für Bonn. Der Verwundeten-Arbeitsnachweis, welcher seit Herbst 1914 in stets steigendem Umfange durch die Geschäftsstelle des Reservelazarettdirektors in Bonn vermittelt wurde, ist jetzt auf Veranlassung des Reservelazarettdirektors Oberstabarztes Dr. Blanc in die Abteilung Beethovenhalle des Reservelazaretts III in Bonn verlegt worden. Diese Lazarettabteilung ist als Sammellazarett für arbeitsfähige Verwundete eingerichtet worden und hat den Zweck, den Anforderungen für Ersatzgestellung von Arbeitskräften für kriegswirtschaftliche Betriebe entgegenzukommen und den arbeitsfähigen Verwundeten neben ihrer ärztlichen Behandlung Arbeit und Verdienst zu sichern. Kriegswirtschaftliche Betriebe, denen es an Arbeitskräften mangelt, können sich jederzeit an den Chefarzt des vorgenannten Lazaretts, Oberstabsarzt Professor Schmidt, wenden, welcher den Wünschen der Arbeitgeber nach Möglichkeit entsprechen wird.
Um die Eiererzeugung zu sichern, ermahnt der Oberbürgermeister die Hühnerhalter, die Legehühner nicht abzuschlachten, ihre Zahl vielmehr zu vermehren. Hühnerfleisch darf nur gegen Fleischkarten abgegeben werden. Die Hühnerhalter erhalten vom städtischen Lebensmittelamt für jedes abgelieferte Ei 32 Pfg. und 40 Gramm Futter, das Futter zum Preise von 30 Pfg. das Pfund.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Turn- und Spielklub Nordstern wurde am vergangenen Sonntag auf dem Gautage zu Köln der vom Regierungspräsidenten gestiftete Wanderpreis „Hindenburgschild“ (ein Kunstwerk eigener Art!) feierlichst überreicht. Diesen Hindenburgschild erhält alljährlich die beste Schlagballmannschaft im Siegrheinischen Turngau. Unser Turn- und Spielklub Nordstern, der in der kurzen Zeit seines Bestehens schon recht Tüchtiges geleistet hat, kann mit Recht stolz sein auf diese Auszeichnung, insofern er als erster Besitzer auch schon im vorhergehenden Jahre die Gaumeisterschaft besaß und zuletzt sogar die Kreismeisterschaft (f. Rheinland) erhielt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Brieftauben. Das Oberbürgermeisteramt gibt gekannt, daß alle zugeflogenen und aufgefundenen Brieftauben sofort der nächsten Polizei- oder Militärbehörde abzuliefern sind. Etwa vorhandene Ringzeichen, Stempelfedern, Depeschenhülsen und andere Zeichen dürfen nicht entfernt oder beschädigt werden. Zugeflogene Brieftauben lebend zu fangen, ist erwünscht. Zur Beförderung lebender Tauben kann jeder Behälter (Korb, Holz- oder Pappkasten) von entsprechender Größe verwendet werden, der mit Luftlöchern versehen ist. Die Tauben sind vor der Absendung ausreichend zu füttern und zu tränken; etwas Futter kann in den Behälter hineingestreut werden. Beim Auffinden von toten Tauben genügt es, beide Flügel, sämtliche Schwanzfedern, die Ständer (Beine) mit etwaigen Ringen sowie sonstige Merkmale einzusenden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 15. März 1917
Beschlagnahme von Treibriemen. Am 15. März tritt eine Bekanntmachung in Kraft, durch die alle Treibriemen beschlagnahmt werden, die unter Verwendung von Leder, Gummi, Gummiregenerat, Balaia, Guttapercha, Baumwolle, Kunstbaumwolle, Wolle, Kunstwolle, Kamelhaar, Mohair, Alpaka, Kaschmir und sonstigen Haaren, Hanf, Flachs, Jute und anderen Pflanzenfasern hergestellt sind. Als Treibriemen werden auch Fallhämmerriemen, Transportbänder, Elevatorgurte, sowie lederne Rund- und Kordelschnüre angesehen. Nicht betroffen werden lediglich Papierriemen, die nicht mehr als 10 von Hundert der genannten Faserstoffe enthalten, sowie die Treibriemen, deren Gesamtmenge bei einem und demselben Besitzer nicht mehr als 5 Kilogramm beträgt. Trotz der Beschlagnahme bleibt die weitere Verwendung der Triebriemen, die sich bei Inkrafttreten der Bekanntmachung in Gebrauch befinden, zu ihrem bestimmungsmäßigen Zweck im bisherigen Betrieb erlaubt. Die Veräußerung und Lieferung der beschlagnahmten Treibriemen ist jedoch, soweit sie sich bei Inkrafttreten der Bekanntmachung im Besitze eines Händlers oder Verbrauchers befinden, nur an die Kriegsleder-Aktiengesellschaft in Berlin, im übrigen nur dann zulässig, wenn der Erwerber von der Riemen-Freigabe-Stelle in Berlin W 35, Potsdamerstraße 122 a/b, einen auf ihn ausgestellten Bezugsschein erhalten hat. Die Veräußerung von Treibriemen, die sich im Besitze eines Herstellers befinden, darf nur nach den näheren Bestimmungen der Riemen-Freigabe-Stelle erfolgen. Auch die Abfälle der beschlagnahmten Treibriemen fallen unter die Beschlagnahme. Sie dürfen zur Wiederherstellung und Ausbesserung von Treibriemen in eigenen Betrieben verwendet werden. Ihre Veräußerung ist jedoch nur an bestimmte, in der Bekanntmachung bezeichnete Stellen zulässig.
Gleichzeitig mit der Beschlagnahme ist eine Bestandsaufnahme aller Treibriemen angeordnet worden. Die Meldungen über den am 15. März vorhandenen Bestand sind bis zum 15. April, und, soweit Betriebe mehr als 300 Treibriemen in Benutzung haben, bis zum 30. April an die Treibriemen-Freigabe-Stelle auf den amtlichen Meldescheinen zu richten. Ebenso muß jeder Meldepflichtige ein Lagerbuch über seine Vorratsmengen an Treibriemen führen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kleinzeichnungen auf Kriegsanleihen.
Zur Förderung der Kleinzeichnungen, d. h. solchen, die M. 100.-- bzw. M. 98.—nicht erreichen, hat die Städtische Sparkasse die Einrichtung getroffen, Anteilscheine in kleinen Beträgen – bis zu 1 M. herunter – auszugeben. Das System der Anteilscheine wurde gestern in einer Besprechung, welche unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters, mit Vertretern der Geistlichkeit und der Lehrerschaft, der Industrie, des Handels und der Beamtenschaft im Rathause stattfand, durch den Direktor der Städtischen Sparkasse erläutert. Die Teilnehmer der Versammlung gaben manche schätzenswerte Anregung und zeigten sich bereit, in ihren Kreisen für die Kleinzeichnungen nach Kräften zu werben.
Für den Gesamtbetrag des durch den Verkauf der Anteilscheine erzielten Erlöses zeichnet die Städtische Sparkasse 6 Kriegsanleihen und verwaltet diese für die Anteilscheinbesitzer. Durch den niedrigen Zeichnungskurs ist der Anteilscheinbesitzer mit einem höheren Beitrag an der Kriegsanleihe beteiligt, als seine tatsächliche Einzahlung beträgt. Die Anteilscheine werden mit r5 Prozent verzinst und zwei Jahre nach Friedensschluß zu dem alsdann maßgebenden Kurs der Kriegsanleihen zurückgezahlt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Drogen u. s. w. Am 15. März ist eine Bekanntmachung betreffend Bestandserhebung und Lagerbuchführung von Drogen und Erzeugnissen aus Drogen in Kraft getreten. Hierdurch wird für eine große Anzahl von Drogen und Drogenerzeugnissen, die in der Bekanntmachung im einzelnen aufgezählt sind, eine Meldepflicht eingeführt, sobald die Vorräte eine bestimmte, bei den einzelnen Stoffen in der Bekanntmachung vermerkten Menge übersteigen. Die Meldungen sind für die am 15. März und 15. September eines jeden Jahres vorhandenen Bestände bis zum 1. April und 1. Oktober zu erstatten. Die erste Meldung ist demnach bis zum kommenden 1. April an die Medizinal Abteilung des Königlich Preußischen Kriegsministeriums in Berlin zu richten. Gleichzeitig ist angeordnet worden, daß über eine bestimmte kleinere Anzahl der meldepflichtigen Drogen und Drogenerzeugnisse ein Lagerbuch zu führen ist. Eine Beschlagnahme der Drogen ist nicht erfolgt, sodaß der Handelverkehr mit ihnen unbeschränkt ist. Der Wortlaut der Bekanntmachung, durch welche die früheren Bestimmungen über Bestandserhebung und Lagerbuchführung von Drogen und Erzeugnissen aus Drogen vom 20. Januar 1916 aufgehoben werden, ist an den öffentlichen Anschlagstellen und in den amtlichen Zeitungen einzusehen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Im Interesse einer strengeren Zucht für die städtische Schuljugend, die heute, wie man täglich auf den Straßen und Spielplätzen der Stadt wahrnehmen kann, wegen des großen Mangels an Lehrern und der Abwesenheit der meisten Väter, sich recht ungebührlich und frech beträgt, wäre es sehr angebracht, daß den noch amtierenden Lehrern die mittleren und oberen Knabenklassen übertragen und den Lehrerinnen, resp. den Vertreterinnen die unteren Jahrgänge anvertraut würden. Vielfach kommt es heute vor, daß 10-11jährige Jungen von einer Lehrerin unterrichtet werden, während siebenjährige Kinder einen Lehrer haben. Es liegt doch klar auf der Hand, daß ein 11jähriger Knabe einer strengeren Zucht bedarf als ein 7jähriger. Möge die Schulverwaltung diese Anregung im kommenden Schuljahre zum Nutzen der Jugend verwerten. D.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Freitag, 16. März 1917
Deutschlands Kriegslasten und seine wirtschaftlichen Quellen. Der gestrige Vortrag des Bankdirektors Steinberg über diese Aufgabe war außerordentlich zahlreich besucht. Der Vortragende führte etwa aus: Der Krieg hat uns erst zu vollem Bewusstsein gebracht, welche gewaltigen Kräfte im deutschen Volke schlummerten. Diese Kräfte werden uns unzweifelhaft befähigen, in Zukunft auch die finanziellen Lasten, die der Krieg mit sich bringt, zu tragen. Das wird namentlich dann gelingen, wenn die vorhandenen Kraftquellen und Naturschätze in erhöhter Weise nutzbar gemacht werden, die Ergiebigkeit der Arbeit durch vervollkommnete technische Hilfsmittel gesteigert, unsere Handelsbilanz durch Beschränkung der Einfuhr von entbehrlichen Gebrauchs- und Luxuswaren verbessert, im stattlichen und privaten Leben an den richtigen Stellen gespart wird, die staatlichen Lasten gerecht verteilt und Monopole eingeführt werden bzw. das Reich an bestimmten Betrieben beteiligt wird. Anhand einer Tabelle, die den Besuchern überreicht wurde, wurde die gewaltige Steigerung der Spareinlagen sowie der Erzeugung auf den verschiedensten Gebieten geschildert. Die Spareinlagen sind innerhalb von 30 Jahren von 4,8 Milliarden auf 82 Milliarden Mark gestiegen. Die Kaliförderung ist seit 1900 um das Vierfache, die Kohlenförderung seit 1885 um das 3½ fache gestiegen. Von unseren Wasserkräften ist bislang erst der vierte Teil ausgebeutet, und bei entsprechender Ausnutzung können wir u. a. für etwa 400 Millionen Mark Stoffe, die wir bisher vom Auslande beziehen mußten, im eigenen Lande erzeugen. Unsere schiffbaren Binnenwasserstraßen sind heute schon doppelt so lang wie die Englands und Frankreichs. Der Güterverkehr in den deutschen Rheinhäfen ist seit 1880 bis 1912 von 5½ auf 61 Millionen Tonne gestiegen. Der Ernteertrag unserer wichtigsten Körnerfrüchte hat in 30 Jahren um 75 bis 85 v. H. auf das Hektar zugenommen; er übertrifft in einzelnen Sorten den Frankreichs um 75 bis 90 v. H., den Rußlands um 90 bis 230 v. H. Eine gewaltige Steigerung wird noch möglich sein, wenn die städtischen Abwässer in geeigneter Weise verwertet werden. Man hat ein Berieselungsverfahren empfohlen, das über alle urbar zu machenden Gelände gelegt werden soll und das angeblich einen Mehrertrag von 13½ Milliarden ergibt, während die Anlage selbst nur 8 Milliarden kosten soll. 12 Millionen Morgen Oedland können in Deutschland noch urbar gemacht werden, wobei die Insassen der Gefängnisse und Arbeitsscheue wertvolle Dienste leisten könnten. Auch die Erzeugung von Roheisen, Zement und die Elektrizitätsindustrie bieten noch ungeheure Entwicklungsmöglichkeiten, zu deren Verwirklichung das neue Kohlenforschungsinstitut und das geplante Forschungsinstitut für Eisenlegierung beitragen werden. Während des Krieges hat vor allen Dingen die Chemie bedeutsame Fortschritte gemacht. Besonders wichtig wird es sein, daß in Zukunft nicht nur die mechanischen, sondern auch die menschlichen Kräfte möglichst wirtschaftlich verwertet werden, daß die im deutschen Volke schlummernden Gaben und Kräfte unter dem Gesichtswinkel des staatlichen Nutzens besser entfaltet und volkswirtschaftlich verwendet werden. Die staatliche und private Fürsorge darf nicht als kostspieliges Liebeswerk betrachtet werden, das Bewusstsein muß vielmehr durchdringen, daß unser aller Wohl und Wehe im höchsten Grade abhängig ist von der inneren Beschaffenheit und Kraft unseres Volkstums. Der Redner erörterte die verschiedenen Gebiete dieser „Menschenökonomie“ und stellte dabei die Losung „Freie Bahn dem Tüchtigen“ in den Vordergrund. Durch das Aufhören unseres Außenhandels während des Krieges haben wir zwar zunächst eine wirtschaftliche Einbuße erlitten, sie ist aber durch die uns aufgezwungene Sparsamkeit im Verbrauch reichlich wett gemacht worden. Die Landwirtschaft ist durch den Krieg ebenfalls erheblich kaufkräftiger geworden, was später unserem Wirtschaftsleben zugute kommen wird. Vor allem aber ist unser Geld im Land geblieben, und dadurch haben wir eine beträchtliche finanzielle Ueberlegenheit über unsere Gegner erlangt. Auch nach dem Kriege wird die Einfuhr und werden die Vergnügungsreisen ins Ausland zum Nutzen unserer Währung noch beschränkt bleiben müssen, und auch auf vielen anderen Gebieten wird Sparsamkeit in Zukunft zu den wichtigsten vaterländischen Tugenden zählen. Der Redner tritt für die Beibehaltung der Gemeinschaftsküchen ein, weil dadurch eine große Summe von Frauenkraft erspart werden könnte, er hofft auch, daß bei unseren Rüstungsausgaben im Vernehmen mit den übrigen Großmächten eine Ersparnis erzielt werden kann. Nicht gespart werden darf aber an Volksbildung und Erziehung, wissenschaftlicher Forschung und Hebung der Volksgesundheit, die Ausgaben dafür sind werbende Kapitalanlagen. Die direkten Steuern dürfen niemals so hoch geschraubt werden, daß dadurch die für unser Wirtschaftsleben unbedingt nötige Neubildung von Kapitalien unterbunden würde, immerhin wird jeder einen größeren Teil seines Einkommens als bisher an das Vaterland abgeben müssen. Als besonders ertragreiche Steuern wurden die Erbschaftssteuer, die stärkere Besteuerung der Ledigen unter gleichzeitiger Schonung der kinderreichen Familien, die Kohlen- und Kalisteuer, Steuern auf Bier, Tabak und Luxuswaren, sowie möglicherweise eine einmalige, auf mehrere Jahre zu verteilende Vermögenssteuer genannt. Als Monopole oder Beteiligungen des Reiches würden Lebens- und Feuerversicherung, die Kali-, Stickstoff- und Petroleumindustrie in Betracht kommen. Auf jeden Fall aber ist die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit Deutschlands unbegrenzt, sodaß dem Deutschen Reiche kaum eine finanzielle Last aufgebürdet werden kann, der er nicht gewachsen wäre. Die Kriegsanleihen sind daher immer noch als die sicherste Kapitalanlage zu betrachten. Bankdirektor Steinberg sprach zum Schluß die Hoffnung aus, es möge jeder die Zeichnung auf die sechste Kriegsanleihe als ein Mittel ansehen, unsere heldenhaften Truppen mit umso besserer Rüstung zu bewehren und dadurch den deutschen Sieg und den deutschen Frieden umso schneller zu erkämpfen.
Wie wir hören, wird der Vortrag demnächst als Broschüre im Verlag von Markus und Weber erscheinen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Fürsorge für die in der Landwirtschaft beschäftigte Schuljugend. Da in der Landwirtschaft gegenwärtig mit allen verfügbaren Kräften gearbeitet werden muß, ist es dringend geboten, jeden unnötigen Arbeitsverlust, selbst einer vorübergehenden Behinderung der Arbeitskräfte, vorzubeugen. Der Landwirt muß daher den jugendlichen Beschäftigten stets von neuem Verhaltensmaßregeln geben und sie eindringlich auf die Gefahren der landwirtschaftlichen Arbeitstätigkeiten und Betriebseinrichtungen hinweisen. Es muß verhindert werden, daß die Arbeit in gefährliche Spielerei ausartet und daß die Kinder in den Gefahrenbereich der Maschinen kommen. Die Unternehmer haben selbstverständlich die vorgeschriebenen Schutzvorrichtungen anzuschaffen und die Geräte und Leitern in gutem, haltbarem Zustand zur Verfügung zu stellen. Unfälle, die im landwirtschaftlichen Betrieb vorkommen, müssen sofort beim Bürgermeisteramt angemeldet werden. Auch muß unverzüglich für ärztliche Behandlung gesorgt werden, damit der Schaden möglichst bald behoben wird, oder doch auf das geringste Maß beschränkt bleibt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn.
Kartoffeln.
Auf die Kartoffelkarte werden 3 Pfund Kartoffeln, auf die Zusatzkartoffelkarte für Schwerarbeiter weitere 4 Pfund, als Ersatz für Kartoffeln auf Warenkarte 37 150 Gramm Steckrübenschnitzel (Dörrgemüse) ausgegeben, auf die Warenzusatzkarte für Schwerarbeiter Nr. 11 weitere 150 Gr. Der Preis beträgt für Abt. A 30 Pfg., B 40 Pfg., C 60 Pfg. für 150 Gr. Die Geschäfte, die Trockenrübenschnitzel führen, sind im Anzeigenteil bekanntgegeben.
Einweicharten für Steckrübenschnitzel.
1.Man brüht die gedörrten Steckrüben tags zuvor mit kochendem Wasser, gießt das Wasser ab, läßt sie in frischem Wasser über Nacht stehen und kocht sie darin weich. 2. Man läßt die gedörrten Steckrüben tags zuvor in kochendem Wasser kurz aufwellen, im gleichen Wasser über Nacht stehen und dann darin weichkochen. Beide Arten sind sehr zum empfehlen. Die Hauptsache ist, da die gedörrten Steckrüben zuerst mit kochendem Wasser vorbereitet werden.
Kolonialwaren.
In der Woche vom 18. bis 24. März werden in den städtischen Verkaufsstellen ausgegeben gegen Warenkarte 31 kochfertige Hausmachersuppe ein fünftel Pfund, 32 Haferfabrikate eine fünftel Pfund, 33 Sauerkraut ein halb Pfund, 34 Rübenkraut ein viertel Pfund. Ferner unter Anrechnung auf die Fett- bzw. Fleisch- und Warenkarte 35 Margarine 30 Gr., 36 Speck ein Zehntel Pfund.
Gemüsekonserven
sind beschlagnahmt. In dieser Woche findet bei Groß- und Kleinhändlern im Stadtkreise Bonn eine Aufnahme der Bestände statt. Die Abgabe an die Verbraucher geschieht voraussichtlich in der nächsten Woche auf Warenkarte.
Fleisch.
Ausgegeben wird diese Woche Rind-, Kalb- und Hammelfleisch (Preis 2,80 Mark), Leberwurst 1,50 Mark, Blutwurst 0,50 Mark.
Fleischkarten.
Die Inhaber von Reichsfleischkarten sind verpflichtet, auf der Stammkarte ihren Namen einzutragen. Die Uebertragung der Stammkarte wie der Abschnitte auf Personen, die nicht demselben Haushalt angehören oder in ihm dauernd oder vorübergehend verpflegt werden, ist verboten. Fleischkarten ohne Namensunterschrift sind ungültig. Fleisch und Fleischwaren dürfen auf solche Karten nicht abgegeben werden. Zuwiderhandlungen werden streng bestraft.
Eier.
Auch in der kommenden Woche werden Eier an alle Bezugsberechigte verkauft und zwar für jede Person ein Ei zum Preise von 32 Pfg. Der Verkauf beginnt am Freitag, den 23. ds. Mts. Jede Ansammlung vor den Geschäften ist überflüssig, da genügend Vorräte vorhanden sind.
Milchversorgung.
Die gerechte Milchverteilung wird durch den immer mehr um sich greifenden Unfug der Einstellung von Pensionskühen sehr erschwert. Wohlhabende Leute kaufen, wirklich oder zum Schein, eine Milchkuh, stellen sie beim bisherigen Eigentümer oder an anderer Stelle ein und verabreden außerdem noch, daß die Kuh nach Beendigung der Milchzeit wieder zurückgenommen wird, So glaubt man eine Besserstellung in der Milchversorgung gegenüber der Allgemeinheit herbeizuführen. Gegen dieses Verfahren, das nicht nur sehr bedenklich und in höchstem Grade unsozial, sondern auch verboten ist, wird das Lebensmittelamt ungesäumt und unnachsichtlich vorgehen.
[...]
Kriegsküchen.
Speisezettel für die Zeit vom 19. bis 25. März. Montag: Hausmachersuppe. Dienstag: Möhren mit Kartoffeln. Mittwoch: Sauerkraut mit Salzfleisch. Donnerstag: Grüne Bohnen mit Schweinbraten. Freitag: Stockfisch mit Kartoffeln, Zwiebeltunke. Samstag: Steckrüben mit Salzfleisch. Sonntag: Pichelsteinerfleisch.
Kocht in der Kochkiste!
Anfertigung der Kisten für Jedermann, täglich von 4 bis 6 Uhr im Volkshaus, 1. Stock, Sandkaule 13.
Warnung. In letzter Zeit werden vielfach von Schulkindern von den Plakatsäulen- und Tafeln Anschläge aller Art abgerissen u. a. auch amtliche Bekanntmachungen des Generalkommandos und Gouvernements. Die abgefaßten Täter kamen bisher mit einer Verwarnung davon, für die Folge aber wird die Plakat-Gesellschaft die Betreffenden rücksichtslos strafrechtlich verfolgen lassen. Diese Warnung mögen Eltern und Lehrer den Kindern eindringlich vorhalten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 17. März 1917
Volksbelehrungsabend. Am morgigen Sonntag findet im Stadttheater ein Vortrag über „Deutsches Schwert und deutsches Geld“ statt. Der Vortrag, der auf die Fragen: Was kostet uns und unseren Feinden der Weltkrieg, wie werden die ungeheuren Summen, die er verschlingt, aufgebracht und wodurch unterscheidet sich unsere Art der Kriegsfinanzierung von der unserer Gegner? Antwort gibt, verspricht einen belehrenden und anregenden Abend. Für die musikalische Unterhaltung sorgt die Kapelle des Infanterie-Regiments 160 durch ein reichhaltiges und gutes Programm.
Ein angeblicher Soldat, der sich in der Acherstraße eingemietet hatte, hat einem Schlafgenossen einen Anzug, Hut, Stiefel und Wäsche im Werte von etwa 150 Mark gestohlen. Er ist vermutlich nach Düsseldorf abgereist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern wieder etwas besser beschickt als anfangs der Woche. Außer Spinat und Feldsalat war an Gemüse, wie Krauskohl, Rosenkohl, Sprutengemüse, Wirsing, Rot- und Weißkohl, verhältnismäßig wenig vorhanden. Die Marktpolizei sah auch gestern wieder scharf darauf, daß die Höchstpreise nicht überschritten wurden. Schwarzwurzeln kommen in den letzten Tagen in großen Mengen auf den Markt und werden gerne gekauft, das Pfund wurde gestern durchweg mit 80 Pfg. bezahlt, Holländischer Meerrettich kostete 50 bis 80 Pfg. die Stange, Aepfel 1,20 bis 1,50 das Pfund.
Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte gestern in fast allen Marktprodukten größere Zufuhren als am letzten Hauptmarkttage, besonders in Spinat und Feldsalat. Die Preise waren im allgemeinen dieselben wie anfangs der Woche. Durch die sehr zahlreich anwesenden Händler wurden die Waren im großen flott aufgekauft und war der Markt um 8½ Uhr früh schon fast wieder vollständig geräumt. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Kriegsküche in der Sandkaule, die wohl in jeder Beziehung als Musterfall ihrer Art anzusprechen ist, hat unstreitig gegenüber ihren Schwesterküchen den Vorteil, daß ihre Abonnenten mit der Essenszubereitung sehr zufrieden sind – nach der stets wachsenden Zahl der Kartenabnehmer, den zufriedenen Gesichtern und vor allem nach den immer leeren Schüsseln zu urteilen. Trotzdem ich mich nicht zur Berufsgattung der Nörgler zähle, möchte ich doch auf einen Umstand aufmerksam machen. Die Küche hat nämlich des öfteren auf ihren Speisezetteln das an sich sehr schön klingende Gericht „Pichelsteiner Fleisch“ zu verzeichnen, trotzdem eigentlich der Name „Pichelsteiner – Gemüse“ gerechtfertigter wäre, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil von Fleisch immer sehr wenig oder fast gar nichts zu finden ist. Dieser Umstand hat auch schon an den betreffenden Tagen, an denen dieses Gericht zur Ausgabe gelangt, verschiedentlich die Frage laut werden lassen, ob es denn heute kein Fleisch gebe, worauf seitens der mit großer Opferfreudigkeit dort ehrenamtlich tätigen Damen die Entgegnung folgte, daß das Fleisch sich schon im Gericht befinde. Der Grund hierfür ist darin zu erblicken, daß das Fleisch etwas zu sehr verkleinert wird. Man möge deshalb in diesem einen Punkte vorbildlich auf die anderen Kriegsküchen der Mittelstadt blicken, in welchen das Fleisch mehr in Würfelform zur Ausgabe gelangt. Da ich annehme, im Sinne vieler Sandkaulen-Abonnenten zu sprechen, wird sicher die bessernde Hand nicht lange auf sich warten lassen, wodurch diesem Gerichte eine wesentlichere Ähnlichkeit mit der Lieblingsspeise unseres Alt-Reichskanzlers Bismarck gegeben würde. J.F-s.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Soldatenfürsorge. Vor nunmehr einem Jahre haben sich eine Anzahl Bonner Bürger zu einem „interkonfessionellen Arbeitsausschuß“ geeinigt und in den Räumen des Gesellenhauses, Cölnstraße 17-19, ein Soldatenheim für die in den hiesigen Lazaretten ihrer Genesung entgegensehenden Soldaten der hiesigen Garnison eingerichtet. An allen Sonntagen und Feiertagen sind dort von 2 Uhr ab Lese- und Schreibzimmer geöffnet; von 5 Uhr ab finden im großen Saale Unterhaltungsabende statt. Der Ausschuß beabsichtigt nunmehr seine Tätigkeiten auszuweiten. Er möchte eine sogenannte Zentral- oder Leitungsstelle schaffen, die auf Ansuchen der einzelnen Lazarette geeignete Kräfte zu Verfügung zu stellen in der Lage ist, die in den Lazaretten selbst Unterhaltungsabende einrichten. Trotz des uns bereits zur Verfügung stehenden größeren Angebots von vortragenden Kräften würden diese bei der erweiterten Tätigkeit natürlich nicht genügen. Der Ausschuß richtet daher an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger, sowie Vereine, welche hierzu in der Lage und geneigt sind, die dringende Bitte, sich an diesem dankbaren Werke der Vaterlands- und Nächstenliebe betätigen zu wollen. [...]
Zwei Ziegen, 15 Hühner und ein Kaninchen sind in einem Gehöft in Dransdorf von Spitzbuben abgeschlachtet und gestohlen worden. Die Tiere sind zusammen wenigstens 450 Mark wert.
Freimarken als Kleingeld. Bei dem Mangel an Kleingeld werden als Aushülfe vielfach Freimarken verwandt. Vielfach kann man die Beobachtung machen, daß die Geschäftsleute wohl Freimarken ausgeben, aber keine in Zahlung nehmen wollen. Wenn die Freimarken auch kein rechtes Zahlungsmittel sind, so sollten die Geschäftsinhaber den Käufern doch keine Schwierigkeiten machen, zumal die Freimarken doch immer wieder verwandt werden können. Viel patriotischer wäre es freilich, wenn die zahlreichen Goldhamster die aufgespeicherten Nickel- und Silbermünzen in den Verkehr brächten.
Die Genossenschaften und die 6. Kriegsanleihe. Für die neue Krieganleihe sind die gewerblichen Kreditgenossenschaften wieder Zeichnungsstellen. Nach den in den Genossenschaften getroffenen Vorbereitungen kann es schon jetzt nicht zweifelhaft sein, daß sie wieder mit einem guten Erfolge abschneiden. Die Ablehnung unseres Friedensangebotes hat auch dem kleinsten „Kapitalisten“ zum Bewusstsein gebracht, daß dieser Krieg nur zu einem schnellen Ende gebracht werden kann, wenn jeder das letzte dem Vaterland zur Verfügung stellt, was er an flüssigen Mitteln besitzt. Die engen Beziehungen der Genossenschaften zu jedem einzelnen ihre Mitglieder werden sich, wie so oft auch hier wieder als wirksamstes Förderungsmittel bewähren.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 18. März 1917
Die Hochseeschlacht vor dem Skagerrak. Der Vortrag des Kapitänleutnants von Bebber, zu dem die Deutsche Kolonialgesellschaft, der Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft, der Deutsche Flotten-Verein und der Flottenbund Deutscher Frauen auf Donnerstag, 22. März, in den Bürgerverein einladen, verdient besondere Aufmerksamkeit. Aus den verschiedenen Städten Deutschlands und Oesterreichs liegen Berichte über den Erfolg des zeitgemäßen Vortrages und der vortrefflichen, zum großen Teil aus dem Reichsmarineamt herrührenden Lichtbilder vor.
Rheinische Turner als Helden. Nach den neuesten Erhebungen innerhalb des rheinischen Turnkreises sind bis jetzt 2603 Turner auf dem Felde der Ehre geblieben. 4122 wurden mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Beamtenbestechung. In einer hiesigen Volksschule ereignete sich letzter Tage folgendes: Die Fibelschützen wurden geprüft, ob sie reif waren, in die höhere Klasse aufzusteigen. Ein Kleiner bestand die Prüfung nicht und es wurde ihm angezeigt, daß er die unterste Klasse repetieren müsse. Am folgenden Tag erschien er bei der den Lehrer vertretenden Lehrerin, brachte eine Zigarrenkiste mit und sagte: „Fräulein ich han Kaffeemutt gesammelt, dä well ich Dir schenke.“ Schmeichelnd fragte er dann: „Sag Fräulein, kann ich net doch steige?“ Dabei kramte er in der Tiefe seiner Tasche, zog drei Pfennig heraus, reichte sie der Lehrerin und sagte: „Dann schenke ich Dir die och!“ Tapfer widerstand die Lehrerin der ungewöhnlichen Versuchung, blieb treu ihrem Diensteide und sagte: „Siehst Du, das kommt davon, daß Du im vorigen Jahre so faul gewesen bist, jetzt musst Du wieder zu den Kleinen.“ Als der Versucher sah, daß nichts zu machen war, zog er traurig von dannen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Offensivgeist. Unsere Kriegslasten stehen erst dann im rechten Licht, wenn wir sie in Vergleich setzen mit unseren Kraftquellen und den Lasten der Feinde. Unsere Geldwirtschaft hat den Stürmen des Kriegs getrotzt, sie wird auch den künftigen Anforderungen standhalten.
Zwar steht dahin, ob Begeisterung und Opferfreude der ersten Kriegszeit, das trutzige Zusammenstehen aus der Stunde der Gefahr hinüberzuretten seien in die Zeit des Friedens. Aber was zweifellos als Gewinn aus schwerer Heimsuchung uns bewahrt bleiben wird, ist der geläuterte Ernst der Lebensauffassung, die Arbeitsamkeit und Betriebsamkeit, die gespornten deutsche Erfindungsgabe und Organisationskunst, das deutsche Volksvermögen mit seinen reichen Einkommensquellen, von denen freilich manche neu erschlossen und neu gefaßt werden müssen.
Eine ausreichende Kriegsentschädigung wird uns die Neuordnung der wirtschaftlichen Dinge erleichtern. Mit ihnen werden wir reicher, ohne sie ärmer, aber nicht wirtschaftsunfähig sein. Die Aussichten auf eine solche Entschädigung steigen natürlicherweise in dem Maße, als wir unsere Ueberlegenheit, unseren Sieg vollständig machen, indem wir zu den militärischen Erfolgen den geldwirtschaftlichen Sieg hinzufügen. Können wir das? Die neue englische Anleihe war als Kraftprobe gedacht; sie schließt, wobei nichts verkleinert werden soll, jedenfalls nicht so ab, daß sich die Hoffnungen jenseits des Kanals auch nur halbwegs erfüllt hätten. Das neue Geld deckt knapp den Bedarf von 5 bis 6 Monaten, die ersehnte Umwandlung der schwebenden kurzfristigen Schulden in eine langfristige Anleihe aber ist so gut wie völlig mißlungen. Und das, obwohl der englische Markt eine Schonzeit von mehr als 1½ Jahren genossen hätte! Dabei ist England, dessen Schwierigkeiten sich häufen (U-Bootkrieg, Ernährungssorgen, Beeinträchtigung der Einfuhr und der Ausfuhr, eine Hauptstütze der Entente oder sollte es sein. Daß die Stütze brüchig wird, ist umso beachtlicher, als das Zusammenraffen langfristiger Kapitalien im eigenen Lande den Bundesgenossen nachgerade auf bedrohliche Schwierigkeiten stößt. Zudem wachsen die Verschuldungen ans Ausland (Amerika übte von Anfang an eine zärtlich wohlwollende Neutralität, während es für uns nur Neutralität-„Ersatz“ hatte); und die Kriegsaufwendungen geldlicher Art sind doppelt so hoch wie die unsrigen.
Demgemäß ergibt sich beim Abmessen der beiderseitigen Widerstandskraft ein mehrfaches Missverhältnis zuungunsten der Feinde. Also wird der Sieg auf dem Gebiete der Finanzen unser sein, wenn die Einsicht in die eigenen Kraft und die Erkenntnis der feindlichen Lage bei uns daheim jenen hochgemuten Offensivgeist wecken, den Hindenburg kündigt: „Das deutsche Volk wird seinen Feinde nicht nur mit den Waffen, sondern auch mit dem Gelde schlagen.“ Und einmal muß da drüben die Erkenntnis aufdämmern, daß ein Weiterkämpfen nur die Opfer – und den deutschen Vorsprung steigert.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 19. März 1917
Volksbelehrungsabend. Im Mittelpunkt des gestrigen Volksbelehrungsabends stand ein Lichtbildervortrag des Lehrers Schuldheiß über „Deutsches Schwert und deutsches Geld“. Der Vortragende wies darauf hin, daß der Krieg Deutschland trotz seiner ungeheuren militärischen Machtentfaltung monatlich nur 2,2 Milliarden kostet, während die monatlichen Kriegskosten Englands und Frankreichs sich zusammen auf 5,6 Milliarden Mark belaufen. Unsere Feinde haben zu ihrer schmerzlichen Enttäuschung erfahren müssen, daß Deutschland unerschöpfliche Reserven sowohl auf wirtschaftlichem und finanziellem wie auf militärischem Gebiete zur Verfügung stehen. Unser gewaltiges Nationalvermögen von 375 Milliarden Mark (gegenüber 345 Milliarden Mark in England, 245 Milliarden in Frankreich), unser jährliches Volkseinkommen von 43 Milliarden Mark sind die Quellen, aus denen wir schöpfen können. Zudem tritt auch unsere überlegene Organisationskraft in der Art der Kriegsfinanzierung deutlich zu Tage. Hier Volksanleihen, dort Bankiersanleihen! Wir haben bei allen Kriegsanleihen an dem anfangs gewählten Zinssatze von 5 Proz. festhalten können, England indes, das in Friedenszeiten seine Staatsanleihen nur mit 2½ Proz. zu verzinsen brauchte, hat ihn auf Doppelte steigern und neuerdings 6 Proz. aufwenden müssen. Der Vortragende erörterte ferner die Art der Finanzierung des Krieges durch kurzfristige Reichsschatzwechsel und Kriegsanleihe, den Hergang der Anleihegebung, den Unterschied zwischen fünfprozentigen Schuldverschreibungen und 4½ prozentigen Schatzanweisungen sowie die mancherlei technischen Schwierigkeiten, die bei der Anleihe so ungeheurer Mengen Anteilscheine zu überwinden sind. Zum Schluß wurde festgestellt, daß alle Gerüchte von Zwangsanleihen oder Beschlagnahme von Sparguthaben barer Unsinn sind. Mit vollem Vertrauen kann vielmehr jeder Deutsche auch künftig des Reiches Kriegsanleihe als beste Kapitalanlage erwerben. Vor und nach dem Vortrag spielte die Kapelle des hiesigen Ersatzbataillons unter Leitung des Herrn Kraus eine Anzahl ausgewählter Musikstücke; sie fand dabei den verdienten dankbaren Beifall.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Fußball-Wettspiel. Am gestrigen Sonntage siegte Bonner Turnverein 1 gegen Siegburger Turnverein 1 nach spannendem Kampfe im Meisterschaftsspiel mit 3:2.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwundetenfürsorge. Am gestrigen Abend fand in der Abteilung Nervenklinik ein Unterhaltungsabend statt, wobei Fr. Burchardt einen schönen und interessanten Lichtbildervortrag hielt. Eine Anzahl Herren der Bonner Liedertafel unter Leitung des Herrn Toni Rech erfreuten die Kranken durch mehrere heitere Gesangvorträge.
14 Hühner und ein Hahn wurden in einer der letzten Nächte in einem Stalle in Rheinbach abgeschlachtet und mitgenommen. Einen Zettel ließ man daselbst mit der höhnischen Aufschrift zurück: „Geld für zu kaufen haben wir keins. Besten Dank!“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 20. März 1917
Mit der Gemüseversorgung der Städte Bonn und Köln beschäftigte sich Samstag eine vom Regierungspräsidenten einberufene Besprechung der Vertreter der Stadt- und Landkreise Bonn und Köln im Kölner Regierungsgebäude. Beigeordneter Piehl berichtete dabei über die auch in Bonn bestehende Gemüsenot. Sofort nach der Einführung der Richtpreise habe man eine lebhafte Abwanderung von Gemüse nach auswärts feststellen können, so daß seit Monaten der Bonner Gemüsemarkt verödet und meist nur Auslandsgemüse von der Reichsstelle vorhanden ist. Man hat verschiedene Mittel angewendet, um Aenderungen zu schaffen. Da die Bauern, anstatt auf den Wochenmarkt zu kommen, das Gemüse an den Torstraßen für die die Industriegebiete, sogar für Berlin und Breslau absetzen, erließ man eine Polizeiverordnung, nach der Gemüse nur an bestimmten Plätzen gehandelt werden durfte, um eine bessere Uebersicht zu gewinnen. Für Zwischenhändler wurden Ausweise vorgeschrieben und die Händler verpflichtet, das Gemüse zunächst der Stadt anzubieten. Alle diese Maßnahmen haben nichts genützt, weil eben die Kontrolle der Gemüsebauern zu schwierig ist. Unter der Hand wird in Bonn Gemüse zu enormen Preisen weiterverkauft, beispielsweise Spinat nach Barmen für 90 Pfg. Eine ganze Reihe von Uebertretungen hat man der Staatsanwaltschaft unterbreitet. Man erklärt sich infolgedessen in Bonn für machtlos und erblickt einen Ausweg nur in einem Ausfuhrverbot für den Regierungsbezirk. Landrat Geheimrat v. Nell betonte die Schwierigkeiten, den Gemüsehandel zu überwachen. Eine Reihe von Händlern hat von alters her Niederlassungen im rheinisch-westfälischen Industriegebiet; sie kauft im Landkreise das Gemüse auf und schickt es unter der eignen Adresse an ihre Handelsniederlassung in Düsseldorf, Essen usw., um es dort zu den unbeschränkten Preisen, die dort gelten, abzusetzen. Es läßt sich nicht in einzelnen Fällen feststellen, ob die Erzeuger sich den Richtpreis oder darüber hinaus haben bezahlen lassen. Das jetzige System der beschränkten Richtpreise wird von der Verwaltung des Landkreises Bonn für vollständig unzureichend erklärt; man glaubt, daß man mit Erfolg nur arbeiten könne, wenn sich ein größeres Richtpreisgebiet ermöglichen lasse. Bedauert wird im Landkreise noch, daß die Bauern zu den höhern Preisen vielfach von den Verbrauchern selbst verführt werden; wie es heißt, sind im rheinisch-westfälischen Industriegebiet an Gemüse bis zu 400 Prozent verdient worden; der kleine Erzeuger bekomme in der Tat meist nicht mehr als den Richtpreis. Der Kölner Beigeordnete Adenauer meinte dazu, es lasse sich doch leicht nachweisen, in wieweit die Landwirtschaft die Richtpreise überschreite. Alles Gemüse, das mit der Bahn nach auswärts verschickt werde, sei über Preis verkauft worden, denn sonst würde es nicht in die entferntesten Gegenden versandt, wo man eben die ungeheuern Preise zahle. Bei derartigen Mißständen dürfe man es den Städten nicht verargen, wenn sie zur Selbsthilfe schreiten, und so habe denn auch die Verwaltung von Köln in der Nacht auf Samstag 23 Waggons Gemüse beschlagnahmt, das von auswärtigen Händlern im Landkreise Bonn aufgekauft worden war, um zu 60 bis 65 Mark der Zentner nach entfernten Gebieten versandt zu werden. Auch der Landrat des Kreise Köln-Land, Minten, hielt die jetzigen Zustände für unhaltbar. – Die Besprechung hat die Unzulänglichkeit der jetzigen Gemüseversorgung ergeben. Es darf wohl erwartet werden, daß der Regierungspräsident eingreifen wird, damit außer Köln auch Bonn wieder ausreichend mit preiswertem Gemüse versorgt wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Gemüseknappheit. Die Gemüsebauern haben ihre Drohung vom Samstag, nicht mehr auf den Bonner Wochenmarkt zu kommen, wahr gemacht. Gestern Montag morgen war nur eine einzige Marktfrau vom Lande mit etwa 30 Pfund Spinat erschienen. Natürlich wurde dieser Verkaufsstand sofort von einer großen Anzahl kauflustiger Hausfrauen umlagert und in kürzester Zeit war der knappe Vorrat ausverkauft. Die Stadthalf so gut es ging aus, aber viel war es auch nicht, was abgegeben werden konnte. Was nützen da alle Landfrauentage, Aufrufe und Versamlungen, die den Landbewohnern klar zu machen versuchen, daß es vaterländische Pflicht ist, die Erzeugnisse mit einem angemessenen Gewinn abzugeben. Hoffentlich wird der Beschluß, der am Samstag in Köln gefaßt worden ist, alles, was unter Umgehung des Höchstpreise von auswärts aufgekauft wird, zu beschlagnahmen, auch mit allen Mitteln durchgeführt. Wenn die auswärtigen Händler sehen, daß sie bei dem Schleichhandel nicht auf ihre Rechnung kommen und bei jeder beschlagnahmten Sendung mehrere hundert Mark zulegen, dann werden auch wir hoffentlich wieder Gemüse zu annehmbaren Preisen erhalten können.
Den Lebensmittelfahrten, die oft einen außergewöhnlichen Verkehr nach den Dörfern bringen, schenken auch jetzt noch draußen die Gendarmen ihr Augenmerk und häufig wird zur Beschlagnahme gehamsterter Lebensmittel geschritten. Damit wird ein bedenklicher Weg beschritten in Fällen, wo eine arme Kriegerfrau z. B. von Verwandten oder Bekannten auf dem Lande etwas Kartoffeln oder Gemüse erhalten hat. Das sind kleine Mengen, die der Erzeuger gewiß ohne Schaden für den eigenen Haushalt wie für die Allgemeinheit abgeben kann. Leider kommt es aber auch vielfach vor, daß bessergestellte Stadtbewohner auf dem Lande zu den höchsten Preisen alles Erreichbare zusammenkaufen, um nur selbst keine Entbehrungen erleiden zu müssen. So sollen für Eier 80 Pfg. für das Stück geboten und bezahlt worden sein. Dagegen muß man entschieden Front machen. Es steht eine Regelung der Eierversorgung durch die Landesstelle für Nahrungsmittel und Eier bevor, wobei eine schärfere Kontrolle vorgesehen ist. Den Bauern wird aufgegeben, von jedem Huhn jährlich eine bestimmte Menge von Eiern (etwa 30 Stück) abzuliefern, sodaß die Lieferungen an die Städte wieder reichlicher werden dürften.
Die Stadt als Trödler. Seit einigen Monaten entfaltet die Stadtverwaltung eine rege Tätigkeit bei dem Erwerb und der Ausbesserung getragener Kleidungs- und Wäschestücke, sowie Schuhwaren. Sie ist hierbei von dem Bestreben geleitet, sich für die Bedürfnisse der breiten Bevölkerungskreise einen Vorrat brauchbarer und billiger Bekleidungsgegenstände zuzulegen. Auch hier wieder ist die Stadt zum „Mädchen für alles“ geworden, ein neuer, umfangreicher Geschäftsbetrieb hat sich ihrer Verwaltung angegliedert.
Die Annahmestelle für alte Sachen befindet sich bekanntlich Stockenstraße Nr. 3. Da den Althändlern der Handel mit alten Sachen verboten ist, kommt sie allein für die Entgegennahme alter Sachen in Betracht. Alles, was an Kleidungstücken, Wäsche, Schuhwaren und Uniformstücken in den Haushaltungen irgendwie entbehrlich erscheint, soll dieser Annahmestelle zugeführt werden. Hier wird jedes Stück durch einen unparteiischen Fachmann abgeschätzt und der so festgestellte Kaufpreis sofort ausbezahlt. Schuhwaren werden in jeder Gestalt angenommen, auch wenn sie noch so abgetragen und zerrissen sind. Für Kleidungs- und Wäschestücke kann nur dann ein Entgelt gewährt werden, wenn sie durch Ausbesserung wieder in gebrauchsfähigen Zustand versetzt werden können. Auf Wunsch wird, soweit dies zulässig ist, eine Abgabebescheinigung erteilt, die den Kauf neuer Luxusschuhe und hochwertiger Kleider ermöglicht.
Die Preise für die Sachen richten sich in erster Linie danach, in welchem Umfange die gelieferten Gegenstände für die Allgemeinheit verwendbar sind. So gilt ein feiner Gehrock oder Frackanzug weniger als ein solider Anzug oder Mantel, ein Damenluxuskleid weniger, als ein gutes Jackenkleid. Besonders wünschenswert erscheint es im vaterländischen Interesse, wenn die Bürgerschaft in weitgehendem Maße die alten Sachen unentgeltlich zur Verfügung stellt. Hierdurch wird die Stadt in die Lage gesetzt, im Interesse der weniger bemittelten Kreise die Verkaufspreise der Sachen recht niedrig anzusetzen. Besonders sei noch hervorgehoben, daß auf mündliche, telefonische oder schriftliche Bestellung die Sachen durch Boten abgeholt werden.
Nachdem die Sachen in dem mütterlichen Schoße der Annahmestelle gelandet sind, werden sie zunächst einer liebevollen Säuberung unterzogen. Sie wandern in luftige Desinfektionsräume, wo sie Dämpfen von 40 Prozent Formalinlösung ausgesetzt, einige Tage ein beschauliches Dasein führen. Hierdurch werden alle Krankheitskeime und alles Ungeziefer so gründlich vernichtet, daß selbst der größte Vorsichtsrat diese Sachen unbedenklich seiner Garderobe einverleiben kann. Die wenigsten Sachen sind aber nach dieser Prozedur verkaufsfähig, weitaus an den meisten sind noch mehr oder minder große Reparaturen vorzunehmen. Dies geschieht durch kaufmännisch geschulte Kräfte, zum Teil in eigener Werkstatt des Bekleidungsamtes. Wenn die Sachen dann wieder aus der Arbeitsstätte zurückkommen, sehen sie häufig „wie neu“ aus und so „proper“ aus, daß sie gar nicht wieder zu erkennen sind.
Die Sachen werden dann in die luftige Verkaufsstelle am Münsterplatz geschafft und dort aufgestellt oder auf Bügel gereiht. Vorläufig ist es allerdings den Bürgerinnen und Bürgern noch nicht vergönnt, diese stattliche Kleiderversammlung zu besichtigen und sich ein Stück nach ihrem Herzen – aber nur auf Bezugsschein! – zu erstehen. Erst muß ein solcher Vorrat vorhanden sein, daß alle berechtigten Wünsche befriedigt werden können. Voraussichtlich wird man aber in kürzester Zeit zur Eröffnung schreiten können.
Man sieht also, die Stadt Bonn ist unter die Trödler gegangen! Und doch nicht ganz! – Denn verdient wird bei diesem Geschäft keinen Pfennig. Die Annahme- und Verkaufsstelle sind gemeinnützige Veranstaltungen, die wichtige soziale Aufgaben zu erfüllen haben. Es wird daher auf eine verständnisvolle und recht ausgedehnte Unterstützung der Allgemeinheit, insbesondere der wohlhabenden Kreise, gerechnet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Gemüseversorgung. Was wir am vergangenen Samstag als Vermutung ausgesprochen haben, ist eingetreten. Auch nicht ein einziger Korb mit Gemüse war heute morgen auf dem Wochenmarkte zu sehen. Die Gemüsezüchter haben ihre Drohung vom Samstag wahr gemacht, daß sie in Zukunft zu den Richtpreisen überhaupt kein Gemüse nach Bonn brächten. An dieser Tatsache ändert auch wiederum eine lange Besprechung nichts, die am Samstag in Köln zwischen Vertretern der Stadt- und Landkreise Köln und Bonn über die Gemüseversorgung stattgefunden hat, und in der eine Reihe von Vorschlägen gemacht wurden, die sich aber zum Teil selbst schon unter einander widersprachen. Wir nehmen daher auch nur von der Versammlung Notiz und dem guten Willen der Teilnehmer zu helfen. Vorerst wird es schon bei dem guten Willen bleiben müssen, denn wie die Sachlage heute noch liegt, wird wohl keiner der gemachten Vorschläge zum Ziele führen. Bei der Gemüseversorgung darf man einmal nicht einseitig den Standpunkt des Konsumenten vertreten, sondern man muß auch mit der Ansicht der Gemüsezüchter rechnen, selbst wenn die Ansicht dieser Gruppe nach der Meinung der anderen Gruppe verkehrt ist. Die Gemüsezüchter sind doch diejenigen, auf welche es in erster Linie ankommt. Daher hätte man in jeder Versammlung in Köln auch einmal die Ansichten der Gemüsezüchter zu der Frage hören müssen. Alle gesetzlichen Maßnahmen, die nicht auch in genügender Weise Rücksicht auf die nehmen, welche sie in erster Linie treffen, sondern nur auf die, denen sie zugute kommen sollen, verfehlen ihren Zweck. Anderseits wäre es verkehrt, nur die genügende Versorgung gerade der Städte ins Auge zu fassen, die nun einmal mitten im Gemüseland sitzen oder daran grenzen und nach dem in Wirklichkeit aber nicht zutreffenden Worte eines Kölner Blattes in Gemüse schwelgen. Auch die anderen abgelegenen Großstädte, die auf unser Gemüse angewiesen sind, müssen berücksichtigt werden; das verlangt das Wohl des Großen und Ganzen. Wenn daher Köln einfach 23 Waggon Gemüse , die für Berlin und andere Großstädte bestimmt waren, auf der Durchreise in Köln für seine alleinigen Interessen beschlagnahmt, so dürfte das eine Gewaltmaßregel bedeuten, die zwar Köln zugute kommt, anderseits aber den allgemeinen Interessen schadet und keineswegs zu einer Lösung der Frage beitragen kann. Den richtigen Weg wird man nur dann finden, wenn man, wie gesagt, die Allgemeinheit im Auge behält und die Gemüsebauern berücksichtigt, soweit dies angängig ist. Das könnte, um nur einen Weg anzudeuten, vielleicht mit einem beschränkten Ausfuhrverbot bei angemessenen Preisen möglich sein; die Polizei allein macht es nie.
Zum Schlusse sei uns gestattet, noch auf eine Ursache der Gemüseknappheit hinzuweisen, an der unsere Gemüsezüchter nicht schuld sind, das ist das Ausbleiben des Frühgemüses aus dem Auslande.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 21. März 1917
Universität. [...] Die Ehrentafel der im Dienst des Vaterlandes gefallenen Universitätsangehörigen ist neu gedruckt worden. Sie zählt jetzt fünf Dozenten, neun Assistenten, 360 Studierende und einen Angestellten auf. Die neue Ehrentafel, auf zwei großen Bogen gedruckt, jeder mit einem Lorbeerkranz umrahmt, hängt wieder in der Vorhalle des Universitätsgebäudes am Hof aus. [...]
Ausgabe von Ersatzgeld. Die Bonner Handelskammer hat sich bereit erklärt, für die Kreise Bonn-Stadt, Bonn-Land und den Siegkreis Ersatzgeld auszugeben, und zwar Scheine zu 50 Pfg. und Metallstücke zu 10 Pfg. Den Stadtverordneten wird die Beteiligung der Stadt Bonn unter folgenden Bedingungen vorgeschlagen: 1. Die Ausgabe des Ersatzgeldes erfolgt unter Bürgschaft der beteiligten Kommunalverbände, und zwar nach Maßgabe der Bevölkerungszahl. 2. Vorerst gelangen nur 50-Pfg.-Scheine von zusammen 25.000 Mark zur Ausgabe. 3. Die Einlösungspflicht tritt jederzeit ein. Die Einlösung hat spätestens innerhalb dreier Monate nach erfolgter auffallender Bekanntmachung in den öffentlichen Blättern zu erfolgen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kartoffelanbau im Stadtbezirk Bonn. Der Oberbürgermeister weist in einer Bekanntmachung darauf hin, daß jeder Besitzer oder Pächter einer Acker- oder Gartenparzelle verpflichtet ist, in diesem Jahre einen Teil Bodenfläche mit Kartoffeln zu bepflanzen, um nach Möglichkeit den eigenen Bedarf decken zu können.
Abgabe von Saatgut an Gärtner und Landwirte. Um die Erzeugung von Nahrungsmitteln zu fördern, beabsichtigt das städt. Lebensmittelamt (siehe Bekanntmachung) den Gärtnern und Landwirten dadurch entgegenzukommen, daß versucht werden soll, die notwendigen Saatmengen, die von hiesigen Samengeschäften nicht geliefert werden können, zu beschaffen. Das Lebensmittelamt, Abteilung XII, Obst und Gemüse, Rathausgasse 16, ersucht um entsprechende Mitteilung.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern wieder auffallend schlecht beschickt. Im ganzen waren etwa 8 bis 10 Verkäuferinnen erschienen, darunter nur 1 oder 2 vom Lande. Außer etwas Spinat und Feldsalat war an Gemüse nur verschwindend wenig vorhanden. Wo sich Gemüse irgend einer Art zeigte, war der Verkaufsstand im Augenblick von zahlreichen Käuferinnen umgeben, die den Vorrat in kurzer Zeit aufkauften. Die Marktpolizei hielt ein wachsames Auge darauf, daß keine Waren über die festgesetzten Richtpreise hinaus verkauft wurden.
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatze waren gestern die Zufuhren in fast allen Marktprodukten, besonders in Gemüse, bedeutend kleiner als in der vergangenen Woche. Die vorhandenen Waren wurden leider wieder hauptsächlich von auswärtigen Händlern im großen aufgekauft, wodurch für Bonn selbst nur ganz wenig an Gemüse usw. übrig bleibt. Auch hier führte unsere Marktpolizei eine scharfe Aufsicht und sorgte dafür, daß die Waren nicht über die Richtpreise hinaus und nicht an Händler ohne den vorgeschriebenen Ausweis verkauft wurden. Der Verkauf war im allgemeinen flott und der Markt um 7½ Uhr früh schon wieder fast vollständig geräumt.
Der städtische Gemüse-, Obst- und Fisch-Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte gestern wieder regen Zuspruch, besonders in Gemüse und Fischen. Jeden morgen kommen hier zwei große Fuhren Gemüse usw. zum Verkauf, trotzdem ist die Nachfrage durchweg viel größer als das Angebot. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine vaterländische Kundgebung veranstaltete der Verein der Zentrumspartei im Wahlkreise Bonn-Rheinbach Sonntag, den 25. März 1917, nachmittags punkt 4½ Uhr im großen Saale des Bonner Bürger-Vereins, wozu alle Bürger und Bürgerinnen ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit eingeladen sind. Es werden reden die Herren: Dechant Oberpfarrer Böhmes und Schriftsteller Dr. Cardauns über Das Gebot der Stunde. Die Veranstaltung soll der Einwohnerschaft von Bonn-Stadt und Land Gelegenheit bieten, ihrem unerschütterlichen Willen, in Sturm und Not treu auszuhalten, machtvollen Ausdruck zu verleihen. Es ist deshalb Ehrenpflicht aller Männer und Frauen vollzählig und pünktlich zu erscheinen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 22. März 1917
Eine neue Verordnung über den Ankauf von Lebensmitteln hat der Oberbürgermeister erlassen. Händler bedürfen für den Ankauf von Gemüse, Obst, Kartoffeln, Butter, Eiern usw. im Stadtkreise Bonn sowie für den Verkauf der Waren einer Ausweiskarte des Oberbürgermeisters. Die Erzeuger dürfen nur an Händler verkaufen, die im Besitz der Ausweiskarte sind.
Landaufenthalt für städtische Kinder. Wie in allen größeren Städten Deutschlands, soll auch in Bonn einer größeren Anzahl erholungsbedürftiger Kinder die Wohltat eines längeren Landaufenthalts im kommenden Sommer verschafft werden. Die Vorbereitungen dafür sind schon im Gange. In den hiesigen Volksschulen ist schon begonnen worden, die Namen der in Betracht kommenden Kinder festzustellen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Beschäftigung Jugendlicher. Der Frühling ist da, und mit ihm ist auch wieder regeres Leben in den Hofgarten gekommen. Aber nicht die altbekannten Gesichter der städtischen Gärtner und Gartenarbeiter sind dort zu sehen, sondern ganz junge, die Zukunft von Deutschland, ist dort in eifriger Tätigkeit. Etwa 20 bis 25 junge Leute im Alter von 14 bis 17 Jahren, die sonst ihren Wissensdurst im städtischen Gymnasium stillen, sind im Hofgarten mit Laubrechen beschäftigt; eine Arbeit, die schon seit Herbst der Arbeitskräfte harrt. Die jungen Leute sind der Stadtgärtnerei vom städt. Gymnasium überwiesen und sollen unter fachmännischer Anleitung in allen gärtnerischen wie landwirtschaftlichen Arbeiten unterrichtet werden, um so dem Vaterlande jetzt schon praktisch zu dienen. Daß sie sich bei großem Eifer ganz gut anstellen, ist jedem stillen Beobachter, der von praktischer Arbeit etwas versteht, schon am ersten Tage aufgefallen. Die Arbeitszeit ist vorerst noch auf etwa 3 – 4 Stunden täglich beschränkt; sie wird erst nach und nach etwas erhöht werden. Das zu handhabende Werkzeug ist den Körperkräften entsprechend angepaßt, so daß jeder ohne zu große Uebermüdung leicht damit umgehen kann. Die erworbenen Kenntnisse können sicher auch in späteren Zeiten nutzbringend verwendet werden. Der städt. Fuhrpark, sowohl als auch der Josefshof haben Zöglinge zum praktischen Fahr- und Pferdeunterhaltungsunterricht erhalten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Frühlingsanfang hatten wir gestern bei Schnee, Regen und Sturm. Es ist echtes Märzwetter; die Sonne dringt nur für ganz kurze Zeit durch die Wolken. Lange kanns ja nicht mehr dauern, daß ihre warmen Strahlen wieder die Erde beleben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 23. März 1917
Arndt-Eiche in Eisen. Die Gesamteinnahme beträgt bis heute rund 86.900 M. Die Spenden fließen leider nicht mehr in dem Maße wie früher, immerhin werden aber noch Stiftungen in mittlerer Höhe gemacht und damit die Zwecke und Ziele der Arndt-Eiche gefördert.
In der letzten Zeit wurden u. a. Adlerfedern unter feierlicher Nagelung gestiftet von dem Verein Säuglingsheime e. V. in Bonn und von dem Stammtisch „Linke Ecke“ im Bonner Bürger-Verein. Eine Reihe anderer Zierate, u. a. von den hiesigen Großbanken wird demnächst an der Eiche angebracht werden.
An der Krone ist noch ein Feld zum Preise von 500 Mark frei, das eine vortreffliche Gelegenheit bietet, diesen Betrag zu Gunsten der Witwen und Waisen von Bonner Kriegern zu stiften. Auch Familienfestlichkeiten, wie Vermählung, Kindtaufe, Feier der silbernen oder goldenen Hochzeit, Kommunion oder Konfirmation der Kinder bilden einen geeigneten Anlaß, diese Ereignis an der Eiche auf Plaketten, Tafeln, Adlerfedern oder Adlerschuppen zu verewigen. Mit diesem Zwecke verbindet sich in sinniger Weise die Gelegenheit, für die Hinterbliebenen unserer Bonner Krieger eine Spende darzubringen. Der Name jedes Spenders wird, auch bei dem kleinsten Betrag, in das Eiserne Buch der Stadt Bonn eingetragen, das bisher rund 19.000 Eintragungen enthält.
Deutsche Theaterkultur. Am 21. März trat eine Anzahl deutscher Männer und Frauen im „Krug zum grünen Kranze“ zu einer Besprechung der Frage zusammen, ob auch in Bonn nachdem Vorgange benachbarter Städte (Düsseldorf und Köln) die Bildung eines Zweigvereins des Verbandes für deutsche Theaterkultur empfehlenswert erscheine. Geheimrat Trautmann wies in kräftigen Worten auf die besonders in den letzten Jahrzehnten vor dem Krieg entstandenen Schäden und Auswüchse unseres deutschen Theaterwesens hin. Am betrübendsten und beschämendsten für den deutschen Geschmack und das deutsche Gemüt sind die wachsende Zunahme ausländischer, besonders französischer Schmutz- und Ehebruchsdramen, sowie das Ueberhandnehmen der Operetten und Possen wie auch die vielfache Entartung der Varietés und Kinos. Geheimrat Trautmann schloß mit einem warmen Weckruf an das deutsche Haus und die deutsche Familie, an Schule und Kirche, an Obrigkeit und Vaterland, in den Kampf gegen dieses undeutsche Wesen auf der Schaubühne einzutreten und dem Volke dafür gute gesunde, sittliche Kost zu bieten, wie es schon von manchen Seiten mit erfreulichem Erfolge geschehen ist. Nach einer anregenden Besprechung, an der die Herren Geheimrat Dyroff, Professor Pfennigsdorf, Dr. Günther, Rektor Goehl, Lehrer Schultheiß, Pfarrer Dr. Richter sowie der Vortragende teilnahmen, erklärten die Anwesenden die Gründung eines Ortsvereins Bonn und Umgebung des Verbandes für deutsche Theaterkultur einstimmig für dringend wünschenswert, nachdem auch der mitgeteilte Satzungsentwurf volle Zustimmung gefunden hatte. Um aber der gesamten Bürgerschaft Gelegenheit zur Kenntnisnahme des ganzen Planes sowie zur weiteren Aussprache zu bieten, soll zu einer endgültigen begründenden Versammlung Anfang Mai nach Schluß der Osterferien öffentlich eingeladen werden, auf welcher dann auch fachmännische Vorträge gehalten sowie die Wahl eines Vorstandes und der verschiedenen Ausschüsse vorgenommen werden soll.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Am Kaiserdenkmal wurde gestern aus Anlaß des Geburtstages weiland Kaiser Wilhelms I. ein prächtiger Lorbeerkranz mit schwarz-weißer Schleife niedergelegt.
Osterverkehr. Die Eisenbahnen dienen gegenwärtig in erster Linie der Kriegsführung. Zu Ostern werden für den Personenverkehr nur die fahrplanmäßigen Züge befördert. Reisende, die in diesen Zügen keinen Platz finden, müssen zurückbleiben. Für jeden, der nicht reisen muß, ist es vaterländische Pflicht, hierauf zu verzichten.
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
[...]
Zusatzbrotkarten. In letzter Zeit stellen immer mehr Personen Anträge auf Gewährung von Zusatzbrotkarten, die nicht zu den Schwer- und Minderschwerarbeitern gehören, weshalb die Anträge unberücksichtigt bleiben müssen. Nach den von der Behörde aufgestellten Grundsätzen kann nur die körperlich schwerarbeitende Bevölkerung berücksichtigt werden. Insbesondere gehören dazu: 1. Arbeiter, deren Kräfte durch die Bewegung von Lasten regelmäßig besonders stark beansprucht werden, 2. Arbeiter, welche regelmäßig mit Geräten, Formen oder Werkzeugen schwere Arbeit verrichten, 3. Arbeiter an Kraft- und Arbeitsmaschinen, Hebe- und Transporteinrichtungen, deren Bedienung besonders Kraft oder Aufmerksamkeit erfordert, 4. Arbeiter, welche bei ihrer Arbeit der Einwirkung von Hitze, schädlchen Gasen oder Dämpfen, Rauch, Staub oder Nässe ausgesetzt sind, 5. Arbeiter der Verkehrsgewerbe (Post-, Eisen- und Straßenbahnbetrieb, Fuhrwesen, Schiffahrt und sonstiger Verkehr zu Wasser), soweit sie durch die Art und Dauer ihrer Tätigkeit körperlich besonders stark in Anspruch genommen werden.
[...]
Eier. In kommender Woche werden wiederum Eier an alle Bezugsberechtigten abgegeben, und zwar ein Ei für jede Person. Der Verkauf beginnt Freitag, den 30. d. Mts. Die Eier dürfen nur an Kunden abgegeben werden. Die Geschäfte sind nach Maßgabe ihrer Kundenzahl hinreichend mit Eier versorgt.
[...]
Bekleidungsamt. Die Bevölkerung wird gebeten, das Bekleidungsamt möglichst in den Vormittagsstunden aufzusuchen, da der bisherige große Andrang in den Nachmittagsstunden die Abfertigung sehr verlangsamte. Der Eröffnungstag der Verkaufsstelle am Münsterplatz ist noch unbestimmt; er wird umso früher festgesetzt werden können, je mehr alte Sachen der Annahmestelle in der Stockenstraße zugeführt werden. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Auch aus dem Felde fragen Bonner Schwimmer: „Warum bleibt das Viktoriabad geschlossen?“ Nachdem wir jetzt wieder über 8 Monate draußen sind, und durch den Winter keine Gelegenheit hatten, uns baden zu können, sondern höchstens alle x Wochen oder Monate ein „Fünf-Minuten-Brausebad“ haben konnten, wobei es passierte, daß man wegen Ueberfüllung oder Mangel an Wasser nicht mal ganz naß wurde, haben wir Aussicht auf baldigen Urlaub! Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns den „Somme- und Champagne-Dreck“ mal gründlich abwaschen, und uns als alte Schwimmer der Schwimmhalle des Viktoriabades erfreuen!
Von den in Bonn befindlichen vielen Verwundeten und der Jugend, die schon im Frieden den kräftigenden Schwimmsport treiben sollten, wollen wir nicht auch noch reden, trotzdem dies doch ein Hauptgrund zur Wiedereröffnung des Bades, wenigstens an bestimmten Tagen ist. Hoffentlich widmen sich recht bald unsere Stadtväter dieser Angelegenheit, damit auch die in Urlaub kommenden Badefreunde sich des Bonner Viktoriabades erfreuen können! Mehrere im Felde stehende Bonner Schwimmer.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Zur 6. Kriegsanleihe. Dank dem Entgegenkommen der städtischen Sparkasse ist Gelegenheit geboten, am Sonntag nachmittag während der Vaterländischen Kundgebung im Bonner Bürgerverein Kriegsanleihe zu zeichnen. Diese Einrichtung wird zahlreichen Besuchern der Veranstaltung gewiß sehr willkommen sein und zwar umsomehr, als auch die neuen, schon so sehr beliebten Kriegsanleihe-Anteilscheine zu 1, 2, 5 Mark und höher durch Damen des Drammer’schen Lyzeums zur Ausgabe gelangen sollen. Es bedarf sicher nur dieser kurzen Bekanntgabe, um alle Besucher zu veranlassen, von dieser Gelegenheit reichlich Gebrauch zu machen. Im Uebrigen sei nochmals darauf hingewiesen, daß mit dem Besuche der Versammlung keinerlei Unkosten verbunden sind.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 24. März 1917
3. Volksbelehrungsabend. Am morgigen Sonntagabend wird im Stadttheater Herr Lehrer O. Schultheiß über „Unsere Reichsbank im Kriege“ sprechen und den inneren Sinn der Ordnung unseres Geldwesens und seiner Währung, unterstützt durch erläuternde Lichtbilder, erklären. Die Liedertafel unter Leitung des Musikdirektors Werth und die Kapelle des Bonner Ersatz-Bataillons Infanterie-Regiments 160 haben es in dankenswerter Weise übernommen, für die musikalische Unterhaltung zu sorgen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kleinzeichnungen auf die 6. Kriegsanleihe. Viele haben wohl schon davon gehört, wissen aber nicht, was darunter zu verstehen ist, so dürften denn einige aufklärende Zeilen gerade jetzt willkommen sein, wo das Reich zum sechsten Male mit einer Anleihe an seine Bürger herantritt. Die kleinsten Stücke der 5proz. Kriegsanleihe lauten bekanntlich über 100 Mk. Es sollen aber nicht nur die zeichnen, deren Mitteln es erlauben ein Stück von wenigstens 100 Mk. zu erwerben. Jeder soll die Möglichkeit haben, sich auch mit kleineren Beträgen an der Kriegsanleihe zu beteiligen und des hohen Zinsfußes von 5 Prozent teilhaftig werden zu können. Auch der kleine Sparer soll dem Vaterlande in schwerer Zeit nach seinen Kräften dienen.
Um dies zu ermöglichen, hat die Städtische Sparkasse Bonn eine außerordentlich praktische und vorteilhafte Einrichtung getroffen. Sie gibt Anteilscheine aus über Beträge von 1, 2, 5, 10, 20 und 50 Mark. Für den Erlös aus dem Verkauf der Anteilscheine zeichnet die Sparkasse Kriegsanleihe, die für die Gesamtheit der Anteilbesitzer von ihr auf einem besonderen Konto verwaltet werden. Da die Kriegsanleihe nur 98 Prozent kostet, kann ein größerer Betrag in Kriegsanleihe angelegt werden, als die Gesamtsumme aller verkauften Anteilscheine beträgt; z. B. können für 10.000 Mk. Anteilscheine 10.200 Mk. Kriegsanleihe erworben werden. Auf diese Weise kommt der Kursunterschied von 2 Prozent den Anteilscheinbesitzern ungeschmälert zu Gute. Jeder ist mit einem höheren Betrag an der Kriegsanleihe beteiligt, als seine Einzahlung beträgt. Der Käufer eines Anteilscheines von 1 Mk. ist mit 1,02 Mk., der Käufer eines solchen von 50 mit 51 Mk. an der Kriegsanleihe beteiligt. Die Anteilscheine werden mit 5 Prozent verzinst.
Zwei Jahre nach Friedensschluß wird die Kriegsanleihe zu dem dann maßgebenden Kurs verkauft oder von der Sparkasse übernommen und der Erlös samt den angewachsenen Zinsen unter die Anteilscheinbesitzer im Verhältnis zu ihren Einzahlungen verteilt. [...]
Der Wert eines Anteilscheines über 1 Mk. würde sich also am 1. Januar 1920 auf 1,14 Mk., der eines solchen von 50 Mk. auf 56,90 Mk. stellen. Ist der Kurswert der Kriegsanleihe am 31. Dezember 1919 höher wie 98 Prozent, dann erhöht sich der Wert, umgekehrt erniedrigt er sich. Sollte Jemand infolge ungünstiger Verhältnisse den bezahlten Betrag vor Ablauf der Rückzahlungsfrist nötig haben, so wird die Sparkasse ihm hierbei weitest entgegen kommen. Die Sparkasse selbst hat durch die Ausgabe der Anteilscheine keinerlei Verdienst, sie leistet die ganze Arbeit kostenfrei und trägt die nicht unerheblichen Unkosten.
Schierjott, Sparkassendirektor.
Am Schöffengericht Bonn wurde gestern zunächst gegen vier jugendliche Russen verhandelt, die auf Burg Gudenau als landwirtschaftliche Arbeiter seit längeren Jahren beschäftigt sind, der eine von ihnen bereits seit 6 Jahren. Nach Beendigung der letzten Herbstarbeit glaubten sie ihren kontraktlichen Verpflichtungen nachgekommen zu sein und sich für berechtigt zu halten, für die Zeit des Winters hindurch nach ihrer Heimat in Rußland zu ihren Angehörigen zu reisen, die sie so lange nicht mehr gesehen hätten. Nach ihrer Beteuerung erblickten sie darin keine strafwürdige Handlung und wollen den festen Vorsatz gehabt haben, in diesem Frühjahre die Arbeit in Gudenau wieder aufzunehmen. Das Schöffengericht vermochte auch keinen Kontraktbruch in der Handlungsweise der Angeklagten zu erblicken, und erkannte wegen Uebertretung der Bestimmungen des Belagerungsgesetzes auf zwei Wochen Haftstrafe, die durch die bereits erlittene Untersuchungshaft als verbüßt erachtet wurde.
Eine Brückenkarte schinden wollte eine Frau bei der Fahrt in der Elektrischen von Bonn nach Beuel, indem sie die Brückenkarte von einer anderen Frau dazu verwendete, hierdurch hatte sie die Stadt Bonn um fünf Pfennig geschädigt. Sie erhielt 10 Mark Geldstrafe. Dasselbe Strafmaß wurde einer anderen Frau zuteil, die auf die Streckenkarte ihres in Siegburg arbeitenden Mannes eine Fahrt versuchte und dadurch die Bahn um 45 Pfennig zu schädigen versucht hatte.
Etwa 15 bis 18 Stück Briketts hatte der Fuhrmann S. zu Beuel einer dortigen Frau P. von seiner ihm nicht gehörenden Wagenladung am 7. März abgegeben und hatte sich dadurch einer Unterschlagung schuldig gemacht, die Frau der Hehlerei. Während der Fuhrmann mit 10 M. Geldstrafe davonkam, mußte die Handlung der Frau, die beteuerte, daß die Kältenot sie dazu getrieben habe, mit der auf Hehlerei ruhenden geringsten Strafe von 1 Tag Gefängnis geahndet werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das holländische Speisefett beschäftigte gestern wiederum die Bonner Strafkammer. Ein Bonner Viehhändler hatte im Mai v. J. in einem Grenzorte holländisches Speisefett, das in Wirklichkeit aber Süßrahmbutter war, aufgekauft und es in Bonn wieder an einen Händler verkauft, der es an die Verbraucher abgab. Der Händler war von der Strafkammer im Oktober v. J. bestraft worden, weil er Butter ohne Butterkarte abgegeben hatte. Er legte Revision ans Reichsgericht ein, und dieses verwies die Sache zur nochmaligen Verhandlung an die Strafkammer. Der Staatsanwalt beantragte gestern selbst die Freisprechung des Händlers, da keine gesetzliche Bestimmung vorhanden sei, die verlange, daß auch Butter im Großhandel nur gegen Karten abgegeben werden dürfe. Die Verhandlung endigte daher mit einer Freisprechung des Angeklagten. – Das Schöffengericht in Bonn sprach gestern auch einen Kaufmann frei, der Fleisch in Eupen gekauft hatte, ohne Fleischkarten dabei abzugeben. Der Kaufmann hatte nämlich das Fleisch nicht für seinen Bedarf, sondern zum Weiterverkauf dort aufgekauft. Das Gesetz schreibt aber nur die Abgabe von Fleischkarten durch den Verbraucher an den Verkäufer vor. – Ein Munitionsarbeiter, der sich ebenfalls in Eupen 44 Pfund Fleisch auf die bekannte Art verschafft hatte, wurde dagegen mit 5 Mark bestraft, da er angab, das Fleisch gekauft zu haben, um es selbst zu verbrauchen. In diesem Falle schreibt aber das Gesetz die Abgabe der Fleischkarten vor. Außerdem wurde die gesetzlich zugelassene Einziehung der Fleischvorräte angedroht, (die aber nicht mehr vorhanden sein werden).
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 25. März 1917
Der Bonner Garbe-Verein hat in seiner letzten Versammlung beschlossen, seinen im Felde stehenden Mitgliedern einen Ostergruß mit Liebesgaben zu senden. In der nächsten Versammlung soll eine Blitzlichtaufnahme für die Kameraden an der Front gemacht werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern wieder etwas besser beschickt als anfangs der Woche. Im ganzen waren etwa 18 bis 20 Verkäuferinnen erschienen, darunter aber nur 2 oder 3 vom Lande. Außer etwas Spinat, Krauskohl, Rosenkohl und Feldsalat war an Gemüse fast nichts vorhanden. […]
Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren gestern die Zufuhren in fast allen Marktprodukten, besonders in Gemüse, noch bedeutend kleiner als am letzten Hauptmarkttage. Außer Spinat und Feldsalat war an Gemüse nur verschwindend wenig vorhanden. Der Verkauf war im allgemeinen sehr flott und der Markt um 8 Uhr früh fast vollständig geräumt. Von Donnerstag dieser Woche ab bis auf weiteres ist es verboten, Gemüse an auswärtige Händler abzugeben, da die Ausweiskarten der Händler abgelaufen sind und vorerst auch keine neuen ausgegeben werden dürften, bis wieder mehr Gemüse vorhanden ist. Vorwiegend wird das Gemüse jetzt von der Stadt selbst und von hiesigen Händlern aufgekauft, die es hier wieder im Kleinverkauf abgeben.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich gestern wieder eines recht regen Zuspruchs, besonders in Gemüse und Fischen. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Ortsgruppe Bonn Godesberg des Unabhängigen Ausschusses für einen Deutschen Frieden ladet auf Freitag, den 30. März 1917, abends 8½ Uhr, in den großen Saal des Bonner Bürger-Vereins zu einem Vortrag des Abgeordneten Professor Dr. Schlittenbauer aus Regensburg, Mitglied der Zentrumsfraktion des bayerischen Landtags, über das Thema: „Auf der Höhe des Weltkriegs“ ein. Alle Volksgenossen ohne Unterschied der Partei und Konfession sind willkommen!
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 26. März 1917
Verschönerungsverein für Bonn und Umgebung. In der gestrigen Hauptversammlung berichtete der Vorsitzende, Bürgermeister a. D. Bennauer, über die Vereinstätigkeit im verflossenen Jahre. Sie beschränkte sich darauf, die bestehenden Anlagen zu erhalten. Ausbesserungen im Melbtale wurden leider am folgenden Tage schon durch jugendliche Roheit wieder zerstört. [...] Der vorjährige Vereinsbeschluß, am Treffpunkt der Hindenburg- und Junkerstraße eine Bank auf Vereinskosten aufzustellen, ist von der Stadtverwaltung unter der Bedingung genehmigt worden, daß die Bank in der Form und der weißen Farbe den neuen Bänken am Kaiserplatz und in der Poppelsdorfer Allee entspricht, da nur solche Bänke in Bonn noch aufgestellt werden sollen; mit der Aufstellung der Bank muß aber noch gewartet werden, da die notwendigen gärtnerischen Anlagen vorläufig nicht ausgeführt werden können. [...] Eine Anregung, einen bequemen Aufgang von Dottendorf aus zum Venusberg zu schaffen, wurde beifällig aufgenommen. Bürgermeister Bennauer versprach, sich dieser Aufgabe mit allem Eifer widmen zu wollen.
Die Gemüseversorgung. Auf Einladung des Landrats Geheimrats v. Nell hatten sich Samstag nachmittag die zum Ankauf von Gemüse im Landkreise Bonn zugelassenen Gemüsehändler sowie die Vertreter einer großen Anzahl von Städten, besonders des rheinisch-westfälischen Industriegebietes, im Bonner Bürgerverein zu einer Besprechung über die Neuregelung der Gemüseversorgung versammelt. Landrat Geheimrat v. Nell erörterte die zu erwartenden Maßnahmen der Reichsgemüsestelle und deren Organisation. In Preußen werde eine Landesstelle für Gemüse geschaffen. Es würden Unterbezirke und Kreisstellen für Gemüse errichtet. Ueber einen Teil des im Landkreise Bonn erzeugten Gemüses seien schon Lieferungsverträge abgeschlossen, es solle aber auch das übrige Gemüse erfaßt werden. Die Händler möchten der als Vertrauensmann der Reichsgemüsestelle bestellten Firma Gebrüder Koppel in Bornheim genau angeben, an welche Städte und in welchem Umfange und welche Arten Gemüse sie geliefert hätten. Es solle dann ein Schlüssel aufgestellt werden, nach dem die Städte durch die bisherigen Händler und möglichst auch unter den bisherigen Bedingungen weiter beliefert werden könnten. Die Händler und die Vertreter der Städte waren mit diesem Vorschlag einverstanden. Es wurde dann über den Handelsgewinn gesprochen. Von allen Seiten wurde betont, daß Maßnahmen getroffen werden müßten, um der bisherigen Preistreiberei ein für allemal das Wasser abzugraben. Der Landrat versicherte, daß kein auswärtiger Händler mehr die Erlaubnis zum Aufkauf von Gemüse erhalten werde. Es sei Sache der Händler des Landkreises, unnachsichtig alle Auswüchse zur Anzeige zu bringen, um auch sich selbst die auswärtigen Händler vom Halse zu halten. Man wolle doch, daß nicht nur die oberen Zehntausend mit Gemüse versorgt würden, sondern daß die Masse preiswertes Gemüse erhalte. Die Versammlung stellte die Gewinne für die einzelnen Gemüsearten fest. Bei Spinat sollen 5 M., Rhabarber 2 Mk. verdient werden dürfen, bei den anderen Gemüsen schwankt der Gewinn zwischen 50 Pfg. und 4 M.
Im Anschluß an diese Versammlung der Händler tagte eine Versammlung der Vertreter der Städte unter dem Vorsitze des Landrats Geheimrats v. Nell. U. a. wies Gartendirektor Günther auf den Mißstand hin, daß die Stadt Bonn, obwohl sie mitten im reichsten Gemüselande liege, im vorigen Jahre 50.000 Zentner Gemüse aus andern Gegenden beziehen mußte. Der Landrat bemerkte, der Landkreis Bonn solle vornehmlich für den rheinisch- westfälischen Industriebezirk liefern, dazu würden auch die Städte Bonn und Köln gerechnet. Die Vertreter mehrerer Städte erhoben dagegen Einspruch, daß Städte und große Werke sich durch Ammoniaklieferung Gemüse sicherten. Der Landrat bemerkte, wenn ein solches Tauschgeschäft im Landkreise Bonn vorgekommen sein sollte, so sei die Lieferung auf unvorschriftsmäßigem Wege zustande gekommen. Die Verträge, die die Firma Krupp abgeschlossen habe, seien alle beanstandet worden. Ein Redner teilte mit, daß die Reichsgemüsestelle den Großhandel frei lassen wolle. Landrat Geheimrat v. Nell bedauerte diesen Standpunkt der Reichsstelle, weil dann der Kampf von neuem losgehe. Er bezeichnete die von Gartendirektor Günther mitgeteilte Tatsache, daß Bonn kein Blättchen Gemüse auf dem Markte habe, als geradezu unglaublichen Zustand- und versprach zum Schluß, die in der Versammlung gegebenen Anregungen bei der Reichsstelle für Gemüse vertreten zu wollen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Verkaufssperre für Petroleum. Auch in diesem Jahre wird während der Sommermonate der Verkauf von Petroleum an Private verboten, und zwar darf nach einer Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 1. April bis zum 31. August 1917 Petroleum zu Leuchtzwecken an Wiederverkäufer und vom 1. Mai 1917 auch an Verbraucher nicht mehr abgesetzt werden. (Im vorigen Jahre begann die Verkaufssperre für Wiederverkäufer erst am 1. Mai und für Verbraucher am 1. Juni.) Keine Anwendung findet das Verbot auf den Absatz von Petroleum für Positionslaternen sowie für die im Interesse der öffentlichen Sicherheit polizeilich angeordnete Beleuchtung.
Der Fischverkauf, den die Stadt am Samstag auf dem Wochenmarkt abhielt, hatte unsere Hausfrauen in hellen Scharen angelockt, um sich die seltene Gelegenheit, wieder einmal nach Herzenslust Auswahl unter frischen Fischen zu treffen, nicht entgehen zu lassen. Außer gewässertem Stockfisch gab es vorzüglichen Cabliau, Schollen und Seebutt, und außerdem waren auch noch Heringe zu haben, die das Stück zu 20 Pfg. abgegeben wurden. Trotzdem der Andrang groß war, konnte jedoch Jeder befriedigt werden; bei Marktschluß war sogar noch Vorrat vorhanden. Aller Voraussicht nach trifft heute Montag eine weitere Sendung Fische ein, die ebenfalls auf dem Wochenmarkt verkauft werden sollen. Bei der augenblicklichen Fleischknappheit ist das Eintreffen von frischen Fischen doppelt freudig zu begrüßen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Vaterländische Kundgebung veranstaltete der Verein der Zentrumspartei in den Kreisen Bonn-Stadt und –Land am Sonntagnachmittag im großen Saale des Bonner Bürgervereins, in dem sich trotz des herrschenden prächtigen Frühlingswetters eine recht stattlichen Anzahl Damen und Herren, ohne Unterschied der Partei, eingefunden hatten. Herr Stadtverordneter Görgen begrüßte die Versammlung und wies kurz auf ihren Zweck hin. Es sei notwendig, wenn das Vaterland in großer Gefahr sei, die Pflicht der Stunde klar zu erkennen und auch andere darauf aufmerksam zu machen, um was es gehe. Die Herren Schriftsteller Dr. Cardauns und Dechant Böhmer behandelten dann die Frage: „Das Gebot der Stunde“. Dr. Cardauns gab zunächst einen Ueberblick über die Lage, zeigte dabei, wie wir unser Vaterland bisher ruhmreich verteidigt und mit welchen Erfolgen unsere Waffen geschmückt seien. Weniger klar als die militärische Lage sei die diplomatische Lage namentlich neuerdings in Amerika und Rußland. Alles dränge auf eine letzte endgültige Entscheidung und da gelte es für uns auch in dieser letzten Not unsere Pflicht zu erfüllen. Diese bestehe außer in der Ehre für Gott, in unserem Danke gegen alle, die bisher am Siege draußen und daheim mitgewirkt. Die noch kommenden Opfer müssen wir ertragen in Ausdauer und Geduld. Wir müssen sparen und uns einschränken. In der Beurteilung aller getroffenen Maßnahmen müssen wir Besonnenheit und Gerechtigkeit üben und maßhalten. Die nächste Zeit soll uns zu Arbeit und Opfer bereit finden. Als köstliches Erbe des Burgfriedens wollen wir gegenseitige Achtung und Duldung mit hinübernehmen in die Friedenszeit. Dechant Böhmer führte u. a. aus: Wenn das deutsche Volk auch den kommenden schweren Zeiten erhobenen Hauptes entgegengehen darf, so darf die berechtigte siegesgewissen Stimmung uns nicht dazu verleiten, die Hände müßig in den Schoß zu legen. Nein, wir sollen unsere Tatkraft bis zur äußersten Kraftanstrengung entfalten. Nur die klare Erkenntnis dieser Pflicht und der unbeugsame Wille aller Kreise, diese Erkenntnis opferwillig und beharrlich bis zum Ende des Krieges in entsprechende Taten und Leiden umzusetzen, kann dem deutschen Volke eine glückliche Zukunft verbürgen. Das Wort vom Durchhalten gewinnt seine größte Bedeutung in dieser letzten Periode des großen Krieges. Es geht ums Ganze. Darum müssen alle Kräfte, militärische, finanzielle und volkswirtschaftliche zusammengerafft werden. Wenn auch noch größere Opfer als bisher verlangt werden sollen, so dürfen wir nicht verzagen. Die musterhafte Geduld und Opferwilligkeit unseres Volkes bürgt dafür, daß es auch noch weiter durchhalten werde. Es wäre auch über alle Maßen töricht, gerade jetzt nachlassen zu wollen, wo aller Voraussicht nach die letzten Nöte überstanden werden müssen. Das Gebot der Stunde verlangt zunächst, daß wir alles verfügbare Geld zur Kriegsanleihe hergeben. Das sind wir nicht nur dem Vaterlande schuldig, das liegt auch in unserem Interesse. Denn die Sicherheit des Vaterlandes bedingt auch die Sicherheit des Einzelnen. Wer hilft die Waffen schmieden, hat fast ein ebenso großes Verdienst wie der, welcher sie führt. Wir müssen auch deshalb die Kriegsanleihe zeichnen, weil ein möglichst gutes Ergebnis die Hoffnungen unserer Feinde zu schanden macht und den Krieg abkürzen hilft.
Wer wollte zudem die Schuld auf sein Gewissen laden, das Vaterland in seiner äußersten Gefahr im Stiche gelassen zu haben. Diese vaterländische Pflicht ist leicht erfüllbar; das Geld bringt hohe Zinsen und ist sicher angelegt. Wir müssen nicht nur selbst zeichnen, sondern auch andere dazu veranlassen. Das Gebot der Stunde verlangt weiterhin eine kräftige und dauernde Unterstützung der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen. Diese sind das Vermächtnis unserer gefallenen Helden und wir wollen ihr Vermächtnis in Ehren halten, indem wir unsere Dankespflicht durch tatkräftige Unterstützung der Kriegerwitwen und Waisen erfüllen. Das Gebot der Stunde ist, daß wir den behördlichen Verfügungen bereitwilligst Gehorsam entgegenbringen. Es ist Pflicht, den Behörden ihr schweres Amt zu erleichtern. Verkehrt ist es, die verschiedenen Berufsstände gegeneinander aufzuspielen. Die Landbevölkerung wird von der Stadtbevölkerung vielfach zu hart beurteilt. Wenn der Druck zu stark auf uns lasten sollte, so denken wir an unsere Feldgrauen und das, was sie auszuhalten haben, oder stellen wir uns unsere Lage vor, wenn die Absicht unserer Feinde das Rheinland zu verwüsten, verwirklicht worden wäre. Ermuntern wir uns an dem Beispiel unserer Verwundeten und ihre Geduld. Schöne Worte hat vor kurzem ein junger Redner in Köln gebraucht; ich möchte sie auch zu den meinen machen, sie lauten: Kein Gedanke dagegen, kein Wort dawider, das Herz dabei, das Geld dazu und das Gebet dafür. Prägen Sie sich, so schloß Redner, diese Worte tief ins Gedächtnis ein und lassen Sie dieselben auf sich einwirken. Unser Kaiser hat an den rheinischen Provinziallandtag auf das Huldigungstelegramm geantwortet, er vertraue auf Gott und unser gutes deutsches Schwert. Schließen wir uns unserem Kaiser an. An seiner Stelle, unter seiner Führung wollen auch wir kämpfen. Auf diese Weise erkämpfen wir einen glorreichen Sieg, einen ehrenvollen Frieden und für unser Vaterland eine reich gesegnete und glorreiche Zukunft. Die Ausführungen beider Redner wurden mit größter Aufmerksamkeit und reichem Beifall entgegengenommen. Der Vorsitzende Stadtv. Görgen, brachte den Dank der Versammlung an die Redner noch besonders zum Ausdruck. Er wies wiederholt darauf hin, daß im Saale Gelegenheit geboten werde, auf die sechste Kriegsanleihe zu zeichnen. Die Drammersche Schule warb um Meldungen und Beamte der städtischen Sparkasse nahmen die geworbenen Zeichnungen entgegen. Der Vorsitzende dankte ihnen für ihre fleißige Arbeit im vaterländischen Sinne und konnte als höchst erfreuliches Ergebnis mitteilen, daß von den Versammlungsteilnehmern 46.500 Mark auf die 6. Kriegsanleihe gezeichnet worden seien. Die Versammlung wurde den Vorsitzenden mit einem Kaierhoch geschlossen. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 27. März 1917
Der Liberale Bürgerverein wird, wie schon berichtet, seine eifrige Tätigkeit im März mit einer Bismarck-Gedenkfeier Samstag abend abschließen. Während die bisherigen Märzabende des rührigen Vereins Kriegsfragen, der Lebensmittelversorgung Bonns und dem Kriegsgemüse die beiden ersten, der Neuordnung Deutschlands und die Einheitsschule die dritte, gewidmet und daher allen Mitbürgern und Mitbürgerinnen ohne Unterschied der Partei zugänglich waren, bleibt der nächste Samstag dem engeren Kreis der Mitglieder und Freunde des Liberalen Bürgervereins vorbehalten. Er soll ihnen in diesen schicksalsschweren Kriegstagen eine Gelegenheit geben, sich an- und miteinander zu erheben. Und welcher Tag wäre dazu geeigneter als der Geburtstag Bismarcks, dessen Werk wir jetzt gegen eine Welt der Feinde verteidigen müssen! Die Gedenkfeier wird dieser ihrer innerlichen Art gemäß außer der Bismarckrede Chorgesänge und einen musikalischen Vortrag bieten, auch soll sich eine gemütliche Nachsitzung im Kuppelsaal der Lese anschließen, an der sich jeder nach Belieben beteiligen kann. In dem Vortragssaal selbst (im ersten Stock der Lese) findet wiederum kein Wirtschaftsbetrieb statt, irgendwelche Kosten sind also mit der Gedenkfeier nicht verbunden.
50 Gramm Speck auf den Kopf werden am morgigen Mittwoch von den Metzgern verkauft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Diebstähle. In der Nacht vom 22. zum 23. März wurden einem pensionierten Bahnbeamten in Endenich aus einem verschlossenen Stalle fünf wertvolle Hühner gestohlen. In gleicher Nacht wurde daselbst einer Frau in ihrer Wohnung im Wiesenweg eine Geldkassette erbrochen und ein Fünfzigmarkschein daraus entnommen. In beiden Fällen sind die Täter unbekannt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wir und die Feinde. Von besonderer Wichtigkeit ist der Eindruck des Erfolgs der neuen Kriegsanleihe an sich, daneben aber auch der Eindruck der gesunden Art, wie er zustande kommt bei bewundernswert tragfähiger Verfassung unseres Geldmarktes. Man denke an die zweifelnden Wort, die der englische Schatzmeister über unser weiteres Können vor kurzem sprach, daß das englische Volk seit 1½ Jahren keine Kriegsanleihe mehr hatte und bei so langer Schonzeit der jetzige Erfolg nicht überwältigend ist, vergegenwärtige sich endlich die Wirkung einer glänzenden Zeichnungsziffer in den Reihen der Feinde und der Neutralen. Dieser Eindruck wird um so gewaltiger sein, als Rußland, Frankreich und Italien schon mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen haben, Geld zu beschaffen, von dem unserem Vorgehen entsprechenden, währungspolitisch einwandfreien Wege einer inneren Anleihe gar nicht zu reden, denn dieser hat sich für sie bei mehrmaligen Versuchen als kaum noch gangbar gezeigt.
Es mag im übrigen vielen gegen die Natur gehen, daß bei Besprechung der Deckung des Geldbedarfs unseres Vaterlandes auch einige Worte über die rein geschäftliche Seite mit einfließen. Aber schließlich ist der Kauf von Wertpapieren eben auch ein Geschäft, das rein nüchtern überlegt und nachgerechnet werden will. Und wir brauchen diese bedächtige Nachprüfung nicht zu scheuen: Zu dem hohen Zinsertrag tritt noch der Vorteil, daß die Ausgabe unter dem Nennwerte erfolgt und bei der Schatzanweisung der Vorteil daß schon 1918 die Verlosungen mit recht ansehnlichem Aufgeld erfolgt. Selbst der kühlste Rechner wird nicht umhin können, zu dem Zinssatz noch den Nutzen hinzuzurechnen, der für die Allgemeinheit und damit auch für ihn erfließt, wenn die Landesverteidigung mit wuchtigem Erfolg und der gesundesten Form das Geld erhält, dessen sie bedarf. Daß diese Opferwilligkeit mit derjenigen der Kämpfer draußen nicht in einem Atem genannt werden darf, versteht sich von selbst, aber immerhin mögen die, die nicht aus dem Rechnen herauskommen, sich doch einmal die Frage vorlegen, ob denn unsere Krieger Zinsen auf den Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit beanspruchen. Und wem es nicht ganz bequem liegt, daß er Mittel flüssig macht, er mag sich sagen, daß auch die Siege, über die er sich freut und die er fast wie sein gutes Recht von den kämpfenden Heeren verlangt, wahrhaftig nicht ohne unvergleichlich größere Opferwilligkeit erstritten werden. Und die Sicherheit? Auch in dieser Hinsicht ist eine bedächtige Nachprüfung nicht zu scheuen. Sehr im Gegenteil! Möchte doch endlich die Erkenntnis unserer finanziellen Unterlagen, auf denen fest und sicher die deutschen Kriegsanleihen ruhen, Allgemeingut aller Volksgenossen – und des Auslandes werden! Wie diese ehernen Unterlagen beschaffen sind (zu ihnen zählt übrigens deutscher Fleiß, deutscher Erfindungs- und Organisationsgeist und das, was unsere Heere mit eisernem Ring von feindlichen Gebieten umklammert halten und was ohne Gegenleistung nicht wieder frei werden wird), das ist im einzelnen dargestellt in belehrenden Aufsätzen, die jedermann leicht haben kann. Wie die Mittel für die Kriegsanleihezeichnung und –bezahlung flüssig zu machen sind, das kommt auf den einzelnen Fall an. Zunächst wird der entbehrliche Teil von Barmitteln, Bank- und Sparkassenguthaben, soweit und sobald er von den Einlagestellen flüssig gemacht werden kann, dafür zu verwenden sein. Wer solche Mittel oder Guthaben im Augenblick nicht besitzt, wohl aber im Verlauf der nächsten Monate Bareingänge hat, der kann von den sich weit in den Sommer erstreckenden Zahlfristen Gebrauch machen. Und wer erst später Einnahmen hat, die für den Unterhalt nicht unbedingt nötig sind, der wird sich Rechenschaft darüber abzulegen haben, ob er nicht durch Verpfändung von Wertpapieren bei einer Reichsdarlehenskasse oder anderen Geldanstalten vorher schon die erforderlichen Mittel flüssig machen kann, mit der Maßgabe, daß der aufzunehmende Vorschuß aus eben diesen späteren Einnahmen seine Rückzahlung findet. Daß sich das deutsche Wirtschaftsleben stark und gesund gehalten, daß die Geldmittel für die Kriegsführung so reichlich und währungspolitisch einwandfrei wie all die Male seither wieder flüssig zu machen sein werden, daß die Sicherheit der Kriegsanleihe über jeden Zweifel erhaben ist, das verdanken wir deutscher Tüchtigkeit, deutscher Opferwilligkeit, nicht zuletzt dem Heere und der Flotte. Die glänzenden Waffentaten in Ost und West, die kraftvollen tatenfrohen Vorstöße unserer Unterseeboote, die Verhältnisse bei den Feinden: das unaufhörliche Steigen ihrer Kriegslasten, die Schwierigkeiten der Geldbeschaffung und der Ernährung - England spürt jetzt schon wie Frankreich die Umkehrung des uns angedrohten Hungerkrieges! – die wertvollen Unterpfänder in den mit eiserner Klammer festgehaltenen feindlichen Gebieten, die in Frankreich zu den industriell wichtigsten, steuerlich leistungsfähigsten Staatsteilen gehören, all das gibt uns die Zuversicht auf den endgültigen Sieg. Danken wir unseren Kämpfern, indem wir ihnen die Mittel zur Beendigung ihres Siegeslaufes gern und freudig in die Hand geben. Es geschieht zu unserem eigenen Besten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 28. März 1917
Konzert im Nachmittagsheim für Verwundete. Nachdem in den letzten Wochen den verwundeten Kriegern im täglich geöffneten Nachmittagsheim, Coblenzer Straße 90, verschiedene musikalische und Gedichtvorträge dargeboten worden sind, wird dort für sie am Freitag, 30. März, eine größere Musikaufführung von berufener Seite veranstaltet werden. Das ausführliche Programm ist allen Lazaretten zugegangen. Hier seien nur erwähnt: alte deutsche Volkslieder, für vierstimmigen Frauenchor gesetzt von dem im Kriege gefallenen hervorragenden Bonner Organisten Wilhelm Seidel, und das Forellen-Quintett von Franz Schubert für Klavier, Geige, Bratsche Cello und Baß. Das Konzert beginnt um ½5 Uhr. Vom Herrn Reservelazarettdirektor ist freundlichst die Bewilligung von längerem Urlaub für die Teilnehmer angeordnet worden, und so dürfte wohl zahlreicher Besuch unserer musikliebenden Verwundeten erwartet werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Metropol-Theater. Das neue Programm des Metropol-Theaters bringt u. a. den fünfaktigen Filmroman von Hans Land „Das goldene Friedelchen“, in dem die jugendliche Charakterdarstellerin Lotte Neumann die Hauptrolle spielt. Flotte Handlung und prächtige Bilder zeichnen den Film aus. Ein recht lustiges Stück ist „Fritzis toller Einfall“. Madge Lessing, die bekannte Berliner Filmschauspielerin, führt in diesem Stück als Hotel-Zimmermädchen tolle Streiche aus. Interessante Bilder aus Oesterreich und die neusten Kriegsberichte von allen Fronten vervollständigen das Programm.
Die Kriminalpolizei ertappte gestern morgen am hiesigen Bahnhofe einen Mann, der eine schwere Last Mehl und Butter, sowie 40 Pfund Kaffee bei sich führte. Es hat sich hierbei herausgestellt, daß die Sachen auf unrechtmäßige Weise in den Besitz des Mannes gekommen sind; es wird angenommen, daß dieselben von einem Einbruch in Mehlem herstammen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Fahnenflucht. Aufgrund des Gesetzes über den Belagerungszustand ist im Interesse der öffentlichen Sicherheit für den Befehlsbereich des 8. Armeekorps und den Befehlsbereich der Festungen Köln, Koblenz und Ehrenbreitstein bestimmt worden: 1. Wer von dem Vorhaben der Fahnenflucht einer aktiven Militärperson oder einer Person des Beurlaubtenstandes zu einer Zeit, zu welcher die Verhütung eines solchen Verbrechens noch möglich ist, glaubhafte Kenntnis erhält und es vorsätzlich oder fahrlässig unterläßt, hiervon der nächsten Militär- oder Polizeibehörde unverzüglich Anzeige zu machen, wird, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, für den Fall, daß das Verbrechen der Fahnenflucht begangen oder versucht worden ist, mit Gefängnis bis zu einem Jahre, beim Vorliegen mildernder Umstände mit Haft oder einer Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft. 2. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher von dem Aufenthalt eines Fahnenflüchtigen oder einer Person, welche von ihrer Truppe oder ihrer Dienststellung eigenmächtig sich entfernt hat oder vorsätzlich fern bleibt oder den ihr erteilten Urlaub eigenmächtig überschritten hat und sich verborgen hält oder auf andere Weise der militärischen Kontrolle sich entzieht, glaubhafte Kenntnis erhält und es vorsätzlich oder fahrlässig unterläßt, der nächsten Militär- oder Polizeibehörde von deren Aufenthalt unverzüglich Anzeige zu machen. Diese Verordnung findet auch auf Angehörige der bezeichneten Militärpersonen Anwendung.
Es ist purer Unsinn zu glauben, durch große Kriegs-Anleihe-Zeichnung werde der Krieg verlängert. Leider begegnet man oft dieser verkehrten Anschauung, die auch durch Briefe aus dem Felde von verärgerten Leuten genährt wird. Gerade das Gegenteil ist richtig. Ein Mißerfolg der Kriegs-Anleihe würde den Krieg nicht verkürzen, sondern verlängern. Die Feinde würden daraus den Schluß ziehen, daß die Deutschen zu arm geworden seien, um den Krieg durchhalten zu können. Unsere Feinde würden uns für verzweifelt halten und darin einen Ansporn finden zu weiterem Aushalten, zu neuer Hoffnung, den Krieg doch noch zu gewinnen. Aber ganz abgesehen von diesen schädlichen Folgen würde ein Mißerfolg der Kriegs-Anleihe, wie auch jüngst der bayrische Kriegsminister hervorgehoben hat, die Kriegsführung und damit die Dauer des Krieges nicht im mindesten beeinflussen, die Mittel müßten eben auf andere Weise beschafft werden, sei es auch durch Zwang. – Ein voller Erfolg der Kriegs-Anleihe ist demgegenüber von jedem Einsichtigen zu wünschen. Die Feinde werden erkennen, daß sie gegen unsere Kraft auch in finanzieller Hinsicht ohnmächtig bleiben, sie müssen sich wiederum als Besiegte fühlen und werden dadurch dem Frieden geneigter. Darum zeichnet unbedingt und so viel wie möglich Kriegs-Anleihe. Nur ein großer Erfolg der Kriegs-Anleihe bringt uns dem Frieden näher. Und je größer der Erfolg, um so sicherer unser Sieg.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 29. März 1917
Hülsenfrüchte dürfen auch zu Saatzwecken nur abgesetzt werden, wenn sie von der Reichshülsenfruchtstelle förmlich freigegeben sind, und zwar bedürfen dieser Freigabe auch diejenigen Mengen, welche sich bereits im Handel befinden. Alle Händler müssen deshalb derartige Anträge sofort bei der Reichshülsenfruchtstelle einreichen. An Höchstpreise ist das Gemüsesaatgut auch jetzt nicht gebunden. Es dürfen aber mit Hülsenfrüchtesaatgut zu Gemüseanbauzwecken nur diejenigen Händler verkaufen, welchen eine Erlaubnis zum Betriebe des Handels mit Sämereien erteilt ist oder die ohne besondere Erlaubnis den Handel mit Sämereien betreiben dürfen. Auch die Bestimmungen über Saatkarten gelten für Hülsenfruchtsaatgut. Nur wenn es sich um Mengen unter 125 Gramm handelt, kann das Gemüsesaatgut ohne Saatkarte abgegeben werden.
Hebung der Kaninchenzucht. Mit der demnächst erfolgenden Beschlagnahme der Kaninchenfelle und der Regelung des Verkehrs mit ihnen wird gleichzeitig der Zweck verfolgt, die Kaninchenzucht zu heben. Dementsprechend werden die Preise für Kaninchen verhältnismäßig hoch bemessen werden, um die Züchter zu einer pfleglichen Behandlung der Felle anzuhalten. Auch im Interesse der Volksernährung verdienen alle auf die Förderung und Verbesserung der Kaninchenzucht hinzielenden Bestrebungen Unterstützung. Bei einer zielbewussten Hebung dieser Zucht kann in absehbarer Zeit mit einer erheblich gesteigerten Erzeugung von Fleisch gerechnet werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ortsgruppe Bonn-Godesberg des „Unabhängigen Ausschusses für einen Deutschen Frieden“. Wir erhalten folgende Zuschrift: „In Bonn, wo, wie in der Umgebung schon längst eine Anzahl von Freunden des „Unabhängigen Ausschusses“ zu finden war, wurde in den letzten Wochen eine Ortsgruppe dieses großen über ganz Deutschland verbreiteten Ausschusses gegründet. Vertreter verschiedenster Parteirichtungen gehören ihr an. Die Bestrebungen jenes Kreises deutscher Männer gehen darauf aus, in allen Kreisen Verständnis für die Lebensnotwendigkeiten des Deutschen Volkes zu wecken, den Blick für die mit unserer üblen geographischen Lage zusammenhängenden Grundzüge einer Deutschen Auslandspolitik zu schärfen und den Willen zu einer würdigen Selbstbehauptung unseres Volkes während dieses Krieges wieder zu beleben, zu mehren und zu stärken. In der ersten Mitgliederversammlung vom 23. März legte Herr W. Bacmeister, Mitglied der nationalliberalen Fraktion des preußischen Abgeordnetenhauses in meisterhaften, packenden Mitteilungen „die politische Lage“ dar und erntete allgemeinen, überaus lebhaften Beifall für eine gediegenen Ausführungen. Die anschließende Aussprache war von größtem Interesse.
Am Freitag, den 30. März Abends 8 ½ Uhr findet im großen Saale des Bürger-Vereins die erste öffentliche Versammlung statt. In dieser Versammlung wird Herr Prof. Dr. Schlittenbauer, Mitglied der Zentrumsfraktion des bayrischen Landtages einen Vortrag „Auf der Höhe des Weltkrieges“ halten. Niemand verfehle zu kommen.
Professor Schlittenbauer ist einer derjenigen deutschen Politiker, die seit langem für eine Form des U-Boot-Krieges eintraten, bei der die erhofften Wirkungen auch mit ziemlicher Sicherheit vorauszuberechnen waren. Auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen und Ernährungsfragen genießt der Redner, der an der Seite Dr. Heims arbeitet, in Bayern das größte Ansehen. Er verfügt über treffliche historische und nationalökonomische Kenntnisse, weiß leichtfassliche, lichtvolle Darstellungen mit ernster Auffassung der Dinge zu verbinden und läßt, wo es nottut, auch die volkstümliche Rede und den Humor zu Worte kommen.
Ein reger Besuch der Versammlung am Freitag den 30. März ist somit durchaus gerechtfertigt.
Weitere Vorträge von Vertretern der übrigen politischen Parteien sollen folgen.
Schülerarbeiten im Hofgarten. Am Dienstag war der achte Arbeitstag und sämtliche Rasenflächen sind schon von der Laubdecke befreit. Da täglich nur nachmittags 3 Stunden gearbeitet wurde, haben die jungen Leute innerhalb 24 Stunden den ganzen Hofgarten gereinigt, eine schöne Leistung, wenn man bedenkt, daß das Laub noch sehr naß und in den Boden geregnet und getreten war. Aber nicht allein das Laub haben sie zusammengemacht, sondern auch noch auf Handkarren geladen und auf ein etwa 2 Kilometer entferntes städtisches Grundstück gefahren, was sonst mit dem Pferdekarren geschehen ist. Inzwischen haben sie noch abwechslungweise mit der großen Drummsäge Holzschneiden gelernt. Man sieht, daß bei richtiger Anstellung und gutem Willen auch unsere Jungen noch manches leisten können. Diese Woche werden sie im Umgraben, Rigolen und Spiralstechen unterrichtet. Eine zweite Kolonne hat gestern im Baumschul-Wäldchen mit der Arbeit begonnen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Soldatenheim. Der verflossene Sonntag sah wieder viele Feldgraue im Soldatenheim Gesellenhaus, Kölnstraße, da ihnen dort Allerlei und viel Schönes von den verschiedensten Kräften geboten wurde. Andächtig lauschten sie alle den herrlichen Liedern, welche Frl. Anny Ney mit ihrer wundervollen und kristallklaren Stimme sang und wobei sie Herr Kratzer am Klavier so gut zu unterstützen wußte. Nicht minder starken Eindruck machte das Auftreten der kleinen Heinemann, der Tochter des im Feldgrau steckenden Herrn Musikdirektors Heinemann, der die hinreißend gespielten Geigensolis seines Kindes in meisterhafter Weise auf dem Klavier begleitete. Die ernsten und heiteren Vorträge des Herrn Kuhlmann, waren Schlager, die durch die plastische Vortragsweise sofort zündeten. Als „humoristischen Vortragsmeister am Klavier“ bezeichnete sich Herr Edmund Saltin, ein Feldgrauer. Daß er wirklich ein Meister auf diesem Gebiete ist, das bewiesen seine mit starkem Beifall aufgenommenen Darbietungen. Der Dritte im Bunde war Herr Wallenfang, der auch mit einigen lustigen und köstlichen Gesangsvorträgen aufwartete. Seine Art des Vortags machte die ausgewählten Nummern besonders wirksam. Herr Däntler trug ein selbstverfasstes, von patriotischem Schwung durchwehtes Gedicht ausdrucksvoll vor. Zwei Theaterstückchen sorgten für weitere Ablenkung. „Der Vetter aus Bremen“, ein prächtiges heiteres Spiel, ward in vorzüglicher Weise von Frl. Elise Müller und den Herren Konrad Ritter und M. Däutler gegeben. Um die drastische und wirksame Aufführung des Einakters „Die Kaffeeschlacht oder Folgen der Emanzipation“ bemühten sich mit gutem Erfolg die Damen Lottner, Conrad und Lenzen. Alles in allem: der Abend, den der 1. Vorsitzende, Herr Kaplan Rütters, leitete, war schön und gefiel den Soldaten sehr gut.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 30. März 1917
Die Stadtverordneten erhöhten gestern die Teuerungszulage der städtischen Beamten, Angestellten und Lehrer entsprechend der neusten staatlichen Bestimmungen, sie gewähren ferner den städtischen Arbeitern Lohnaufbesserungen. Durch diese Zulassungen und Aufbesserungen wird die Stadt um jährlich 180.000 Mark belastet. Die Stadtverordneten genehmigten dann den in der vorigen Sitzung vertagten Kokslieferungsvertrag und beschlossen alsdann die Einführung des Gassparpreises. Steuersätze bleiben unverändert. Wir verweisen auf unseren ausführlichen Bericht.
Deutsche Kinder in Holland. Der Erzbischof von Utrecht hat 75 altkatholische Schulkinder aus den Gemeinden Bonn, Koblenz, Essen und dem altkatholischen Waisenhaus Bonn für vier Wochen nach Holland zu besserer Ernährung eingeladen. Die Kinder werden in altkatholischen Familien in Utrecht und Schiedam sowie in den Ferienkinderheimen der altkatholischen Kirche Hollands untergebracht.
Mit dem U-Boot gegen England lautet die Aufgabe eines für den 5. April, abends 7½ Uhr im Bonner Bürgerverein angezeigten Lichtbildervortrages des Kapitänleutnants a. D. von Bebber, der fachmännisch, aber dabei doch allgemeinverständlich Aufklärungen über die Ubootwaffe, ihre Einrichtung, Taktik, Gefahren und Erfolge geben wird. Ein reiches, diesem Krieg entstammenden Bildermaterial, darunter aus großer Nähe aufgenommene Photographien von Torpedotreffern im Augenblick der Entladung vermitteln packende Eindrücke von der an Erlebnissen, aber auch an Entsagungen reichen Tätigkeit unserer Uboothelden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Beschlagnahme von Bronzeglocken.
Der Gouverneur der Festung Köln hat unterm 1. März d. J. eine sofort in Kraft getretene Bekanntmachung über die Beschlagnahmen Bestandserhebung und Enteignung sowie freiwillige Ablieferung von Glocken aus Bronze erlassen. Es wird hiermit die sofortige Beschlagnahme und Meldepflicht sowie die Enteignung und Ablieferung für sämtliche aus Bronze gegossenen Glocken verfügt. Ausgenommen sind die unter 20 Kilogramm wiegenden, die zu mechanisch betriebenen Glockenspielen und die zu Signalzwecken bei Eisenbahnen, Schiffen und Feuerwehrfahrzeugen bestimmten Glocken. Betroffen werden insbesondere auch die im Besitz von kirchlichen oder sonstigen öffentlichen Körperschaften befindlichen Bronzeglocken. Die mit der Durchführung der Bekanntmachung beauftragten Kommunalverbände haben Bronzeglocken, bei welchen ein besonderer wissenschaftlicher, geschichtlicher oder Kunstwert festgestellt wird, von der Enteignung und Ablieferung zu befreien. [...]
Es ist eine wichtige Aufgabe, zu prüfen und festzustellen, welche Bronzeglocken von besonderem wissenschaftlichen, geschichtlichem oder Kunstwert vorhanden sind. Solche Glocken, für welche ein besonderer wissenschaftlicher, geschichtlicher oder Kunstwert nicht in Anspruch zu nehmen ist, sind in der Gruppe A aufzuführen. Hierher sind allgemein zu rechnen alle glatten, d. h. nicht mit Verzierungen oder Inschriften versehenen Glocken, sofern nicht Anhaltspunktee dafür vorliegen, daß eine solche Glocke aus den hohen Mittelalter – vor dem Jahre 1400 – stammt. Die Glocken mit besonderem wissenschaftlichen, geschichtlichen oder Kunstwert sind unter genauer Bezeichnung in zwei Gruppen B und C aufzunehmen. In die Gruppe B sind alle Glocken aufzunehmen, deren Verzierungen nicht über den Durchschnitt der handwerksmäßigen Arbeit ihrer Zeit hinausgehen oder deren Inschriften keine besondere Bedeutung haben. In der Gruppe C sind alle Glocken von erheblichem wissenschaftlichen, geschichtlichen oder künstlerischen Wert aufzuführen.
Landtagsabgeordneter Dr. Schlittenbauer aus Regensburg, der heute abend in Bonn in der Ortsgruppen des Unabhängigen Ausschusses sprechen wird, hielt gestern abend auf Veranlassung der Vereinigten Frauenvereine von Godesberg im Kurparksaal zu Godesberg einen gutbesuchten Vortrag. Dr. Schlittenbauer sprach über den Kampf um unsere Existenz. Er beleuchtete hierbei den von unseren Feinden abgelehnten Verständigungsfrieden. Italien, Frankreich und Rußland seien wirtschaftlich bereits abhängig von der englischen Diktatur. Der Redner legte dar, was Deutschland bevorstände, wenn es in dem Kampf gegen England unterliege. Unser Vaterland würde dann künftighin Tummel- und Schlachtplatz aller Nationen werden. Bis in ihre tiefsten Wurzeln würde unsere deutsche Volkswirtschaft vernichtet werden. 200 Milliarden Kriegsentschädigung hatten unsere Feinde bereits dem deutschen Volke im Falle unserer Niederlage angekündigt. Ueber den Kriegswillen und die Willensstärke Englands dürften wir uns keiner Illusion hingeben. 70 Prozent aller Einnahmen lege England auf den Altar des Vaterlandes. Seine wirtschaftliche Kraft habe verhältnismäßig noch wenig gelitten. Es besitze eine ungeheure Geld- und Menschenquelle in seinen Kolonien. England habe sich ein eigenes Heer geschaffen und auch der englische Volksgeist sei nicht zu unterschätzen.
Gegenüber Amerika hätte die deutsche Diplomatie weniger in Filzpantoffeln, sondern in kräftig genagelten Schuhen auftreten sollen. Unser deutsches Volk müsse sich in der heutigen Lage seinen freudigen Optimismus bewahren, und wir hätten angesichts unserer kriegerischen Errungenschaften auch allen Grund dazu. Unserer militärischen Macht das weitere Durchhalten zu ermöglichen, müsse die gesamte nationale Volkskraft und der Arbeitswille jedes Einzelnen und jedes Berufes eingesetzt werden. Bei der jetzigen Kriegsanleihe müsse sich allerseits die denkbar weitgehendste Opferfreudigkeit kundtun.
Am Schlusse seines Vortrages ging der Redner auf unsere Ernährungsverhältnisse ein. Er forderte eine unnachsichtliche Einziehung aller noch versteckt gehaltenen Vorräte an Kartoffeln, Gerste und Hafer, die zweifellos noch in größeren Mengen vorhanden sein müßten. Für diese Aufgabe dürften nicht einheimische Mitglieder der Kommunalverbände herangezogen werden, sondern fremde Kräfte müßten die Einziehung der vorhandenen Vorräte bewirken.
Zu einer dringenden Notwendigkeit gehöre ferner eine entsprechende Vermehrung der haferverarbeitenden Fabriken, die Einziehung der noch lagernden großen Bestände von Konserven, die staatliche Schaffung eines Bewegungsfonds an Getreide, der von einer Ernte bis zu nächsten reiche, Zuschüsse von der Heeresverwaltung, eine sorgfältige Preisgestaltung und ein vernunftgemäßer Eingriff in den Viehbestand, sowie vor allem auch eine Behebung der Transportkrisis. Ein Nein dürfe es darin unter keinen Umständen geben.
Viktoriabad. Am kommenden Montag werden die Brause- und Wannenbäder wieder eröffnet werden. Für die übrigen Bäder ist der Zeitpunkt für die Wiederbenutzung noch unbestimmt, ist aber in kurzer Zeit zu erwarten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Frauen und Mädchen aus der Stadt auf’s Land! Dieser Ruf geht seit mehreren Wochen durch alle Zeitungen, um für die leider jetzt so kurze Frühjahrsbestellung alle nötigen Kräfte aufs Land zu bringen. Bekanntlich ist dieser Ruf zuerst ausgegangen vom Hauptkriegsamt in Berlin. Leider aber hat die Befolgung, wie uns von befreundeter Seite geschrieben wird, für viele Städte, zu denen auch Bonn gehört, eine wenig verlockende Seite. Es gibt nämlich viele, vom Lande stammenden Kriegerfrauen, deren Mann eingezogen ist, und mit 1, 2 oder gar 3 Kindern, die gern aufs Land möchten zu Verwandten oder Bekannten, um dort zu helfen, die aber dann für ihre Kinder fast überall eine kleine Vergütung geben müssen, was ja bei den heutigen Verhältnissen eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Diese Vergütung wäre vorhanden, wenn solchen Frauen während ihres Aufenthaltes auf dem Lande die städtisch Unterstützung weiter bezahlt würde. Dies ist aber leider nicht der Fall. Soweit dem Einsender dieser Zeilen bekannt geworden ist, verweigern die meisten Städte dann die Unterstützung und die betreffenden Frauen bleiben dann in der Stadt, haben gar kein Interesse, aufs Land zu gehen. Es liegt doch nahe, daß für all diese Städte doch schon eine wesentliche Erleichterung darin besteht, daß für die weiblichen Kräfte, die aufs Land gehen können und wollten, die Ernährung in der Stadt wegfällt. Wir möchten also diejenigen, die es angeht, dringend ersuchen, wenn Arbeit auf dem Lande nachweisbar geleistet wird, die Kriegsunterstützung für diese Zeit weiter zu bezahlen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 31. März 1917
Grüner Salat wie Spinat zubereitet. In diesem Frühjahr werden beträchtliche Mengen von Salat zur Verfügung stehen, sie können jedoch wegen Mangels an Salatöl nicht in der üblichen Weise zubereitet werden. Aus diesem Gründe dürfte folgende erprobte Anweisung, Salat wie Spinat zuzubereiten, vielen Hausfrauen willkommen sein: Der Salat wird mit Salzwasser gargekocht, sodann läßt man ihn auf einem Sieb abtropfen. Nachdem man den Salat nun feingewiegt hat, wird er mit Pfeffer, Salz, etwas geriebener Zwiebel, Bouillonextrakt bezw. Bouillonwürfel nach Geschmack zubereitet. Um den Salat sämig zu machen, kann man etwas Mehl mit zerlassenem Fett daranrühren.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Meldung zum Vaterländischen Hilfsdienst. Wir weisen auf die in der gestrigen Nummer enthaltene Aufforderung der Ortsbehörde zur Meldung zum Vaterländischen Hilfsdienst hin. Die Registrierung der Hilfsdienstpflichtigen hat den Zweck, die Heranziehung zum Hilfsdienst vorzubereiten.
Im §3 Ziffer 1-10 sind von der Meldepflicht ausgenommen die in den dort aufgeführten Betrieben seit dem 1. März 1917 selbständig oder unselbständig im Hauptberuf tätigen Personen.
Ferner sind unter Ziffer 11 als nicht meldepflichtig bezeichnet, die in volkswirtschaftlich wichtig beschäftigten Personen. Die Bestimmung darüber, welche Betriebe hierunter zu rechnen sind, ist seitens der Kriegsamtstelle Koblenz der Ortsbehörde übertragen worden. Diese führt eine Liste dieser vorläufig nicht meldepflichtigen Betriebe. Jeder Betrieb, der als volkswirtschaftlich wichtig bezeichnet worden ist, erhält hierüber eine besondere schriftliche Mitteilung bis zum 2. April 1917.
Alle Hilfsdienstpflichtigen, die in den §3 Ziffer 1-10 der Aufforderung aufgezählten oder gemäß Ziffer 11 durch Bestimmung der Ortsbehörde bezeichneten Betrieben beschäftigt sind, sind demnach von der Meldepflicht befreit. Aber auch nur sie. Alle anderen nach dem 30 Juni 1857 und vor dem 1. Januar 1870 geborenen, nicht mehr landsturmpflichtigen männlichen Deutschen sind meldepflichtig.
Es wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Aufstellung lediglich eine vorläufige ist und nur bezweckt, einen allgemeinen Überblick über die vorhandenen Hilfsdienstpflichtigen zu bekommen.
Ein Grund zur Abwanderung der Angestellten und Arbeiter aus den nicht aufgeführten oder nicht als volkswirtschaftlich wichtig bezeichneten Betrieben liegt also keineswegs vor.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Groß und dankbar ist die Aufgabe, die dem Hirten obliegt, seiner Herde gegenüber. Die geistlichen Hirten können in diesen Tagen ihren Einfluß auf ihre Gläubigenschar zu einem großen vaterländischen Werke ausüben. Ihr Wort kann Hunderte und Tausende an der Ehre packen, kann sie wie Gottes Wort entflammen zu vaterländischer Glut, kann sie herausführen aus Vorurteil und übler Selbstsucht. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist!“ Der Hirte legt das Schriftwort den Gläubigen aus. Andächtig, mit steigendem Interesse folgt die Gemeinde seinen Ausführungen. Wer gestern das Bild der in der Kirche versammelten Leute auf sich wirken ließ, wer den hohen, heiligen Zweck erkannte, der mit dieser plastischen Darstellung erzielt werden soll, der macht immer wieder auf das Bild und seinen Aufruf aufmerksam und fühlt sich veranlaßt, in seinem Sinne für vaterländische Interessen zu wirken. Es gilt die vornehmste Waffe des Heimatheeres von neuem zu schärfen: Ein alles überragendes Ergebnis de Kriegsanleihe.
Generalmusterung alter Sachen. Gar manche Familie verfügt heute über einen Vorrat an Bekleidungsstücken, der in den Schränken und Truhen, auf Böden und Rumpelkammern ein beschauliches Dasein fristet und keinen anderen Zweck zu haben scheint, als den Motten zur Befriedigung ihrer Tafelfreuden zu dienen. Doch es gibt in dieser Zeit für diese Dinge eine ungleich nützlichere Verwendung. Diese Sachen gehören nicht mehr ins Haus, sondern müssen, soweit sie irgend entbehrlich erscheinen, in den Dienst der Allgemeinheit gestellt werden. In der Stockenstraße 3 hat die Stadt eine Annahmestelle für getragene Kleidungsstücke eingerichtet. Hierhin gehören die Sachen, damit sie ausgebessert und dann in einer besonderen Verkaufsstelle der minderbemittelten Bevölkerung wieder verkauft wrden können.
Darum soll jede Hausfrau, die als Hüterin des Hauses hierzu besonders berufen ist, eine Generalmusterung ihrer Garderobenbestände abhalten. Kein noch so verstaubter Winkel, kein Kleider- und Wäschesack dürfen hierbei verschont bleiben. Bei einigem guten Willen und genauer Durchsicht werden sich überall Sachen finden, die entbehrlich erscheinen, während andere, insbesondere minderbemittelte Personen damit ihre spärlich gewordene Garderobe ergänzen und ihrem dringenden Mangel abhelfen können. Jedermann, der alte Sachen von der Annahmestelle Stockenstraße 3 abholen läßt oder sie dorthin bringt, trägt also dazu bei, unsere Bevölkerung mit hinreichender und billiger Kleidung zu versorgen und erfüllt hierdurch eine Pflicht von hoher vaterländischer und sozialer Bedeutung.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)