Montag, 1. Januar 1917
Am Neujahrstag erschienen in Bonn keine Zeitungen.
Dienstag, 2. Januar 1917
Der Beginn des neuen Jahres wurde, wie immer, durch feierliches Glockengeläut verkündet. Der sonst übliche Lärm ist in Bonn diesmal nur sehr gering gewesen. Nur in den Hauptstraßen ging es etwas lebhafter her. Man rief sich kurze Zeit „Prosit Neujahr!“ zu, vereinzelt wurde auch mit Feuerwerk geknallt oder geschossen, ernstliche Ausschreitungen sind jedoch nirgends vorgekommen. Die Wirtschaften waren bis 1 Uhr geöffnet, so konnte auf das vom neuen Jahr erhoffte Glück noch mit einigen Gläsern oder Schoppen angestoßen werden.
Ueber das Schicksal der beiden Vermißten aus Bonn, des Lederhändlers Hilger und des Dienstmannes Marx, ist bis heute vormittag noch immer nichts bekannt. Gerüchte, daß sie bei Grevenbroich tot aufgefunden worden seien, sind falsch. Es wird aber befürchtet, daß sie, ähnlich wie die beiden Opfer der Mordtat in Köln-Deutz, irgendwohin gelockt und umgebracht worden sind, Hilger, der etwa 7000 Mark bei sich hatte, um ihn zu berauben, Marx, der nur 35 Mark mitgenommen hatte, um ihn als Zeugen zu beseitigen. Hilger ist am 21., Marx am 23. Dezember von Bonn abgereist. Die beiden Mörder von Köln-Deutz sind bekanntlich am 23. und am 27. Dezember verhaftet worden, sodaß sie mit dem Verschwinden der beiden Vermißten unmittelbar oder mittelbar noch in Verbindung stehen könnten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein falsches Gerücht. Auf unsere Anfrage beim Wolff’schen Telegraphenbureau über das hier umlaufende Gerücht betreffend einer Seeschlacht zwischen deutschen und englischen Kriegsschiffen wird uns geantwortet, daß hierüber keine Nachricht vorliege.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ladenschluß 7 Uhr. Am heutigen Abend wird der 7-Uhr-Ladenschluß in Kraft treten. Alle offenen Verkaufsstellen sind um 7 Uhr an Wochentage zu schließen mit Ausnahme von Samstags, wo um 8 Uhr geschlossen werden muß. Ausgenommen von dieser Anordnung sind nur Apotheken und Verkaufsstellen, in denen der Verkauf von Lebensmitteln oder von Zeitungen als Haupterwerbszweig betrieben wird. Diese Betriebe sind um 9 Uhr abends zu schließen.
Ihrer Königlichen Hoheit, der Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe, Prinzessin von Preußen, ist die Rote Kreuz-Medaille erster Klasse verliehen worden.
Hochwasser. Der Rhein erreichte gestern früh einen Wasserstand von 6,65 Metern und stieg während des Tages nur wenig mehr. Das Wasser überflutet das Werft und steht stellenweise bis an die Häuser, zu denen Notbrücken errichtet wurden. Von der Mosel und dem Oberrhein wird Fallen des Wassers gemeldet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 3. Januar 1917
Das Weihnachtsgeschäft in Bonn. Das diesmalige Weihnachtsgeschäft kann nach unseren Erkundigungen im allgemeinen als befriedigend bezeichnet werden; es zeigt, daß Handel und Gewerbe trotz aller Beschränkungen und Veränderungen, die der Krieg notwendigerweise mit sich gebracht hat, auch nach 2 ½ Kriegsjahren kräftig dastehen. Vorweg ist zu bemerken, daß sich die Kaufkraft und Kauflust des Publikums gegen früher sehr verschoben haben. Die reiche und gut gestellte Bürgerschaft hat sich, wie auch schon im vorigen Jahre festgestellt werden konnte, beim Kaufen sehr zurückgehalten. Der Mittelstand, vor allem die festbesoldeten Beamten und Angestellten, ist unter dem Druck der Lebensmittelteuerung ebenfalls weniger als Käufer aufgetreten, dagegen hat sich die vielfach gut bezahlte Arbeiterschaft, namentlich die in der Munitionserzeugung beschäftigte, und die Landbevölkerung sehr kaufkräftig und kauflustig gezeigt und den Ausfall durch den Mittelstand und die gutgestellten Kreise wieder ausgeglichen. Im einzelnen können wir folgendes mitteilen:
Beim Lebensmittelhandel kann, um mit der wichtigen Ernährungsfrage zu beginnen, von einem eigentlichen Weihnachtsgeschäft in diesem Jahre weniger als sonst die Rede sein, da der Verkauf der meisten und wichtigsten Waren durch Karten geregelt und beschränkt ist. Die nicht rationierten Lebensmittel, Gänsebrüste, Pasteten und dergl., Fischwaren, Weine, Erzeugnisse der Zuckerbäckerei usw. wurden trotz der hohen Preise flott gekauft. Flott und gut war auch das Weihnachtsgeschäft in Zigarren und Zigaretten, namentlich zu Anfang des Dezembers; sie wurden vor allem zum Versand ins Feld gekauft. Im Buchhandel war das Weihnachtsgeschäft sehr lebhaft, es beschränkte sich aber zumeist auf Preislagen unter 5 bis 6 Mark, teure Bücher wurden nur wenig gekauft. Im größeren Maße wurden fast überhaupt nur die billigen, aktuellen Kriegsbücher, wie Bölke und Immelmann, verlangt. Das Gesamterträgnis blieb somit hinter dem der Friedensjahre beträchtlich zurück. Auch das Geschäft in Luxuswaren entsprach nicht dem früherer Friedensjahre. In der Gemäldeausstellung des Hauses Zirkel wurden ganz namhafte Verkäufe, auch nach auswärts, abgeschlossen. Der Besuch der Ausstellung, deren Eintrittsgelder dem Roten Kreuz zufließen, war sehr rege. In Gold- und Silberwaren war das Weihnachtsgeschäft verhältnismäßig gut, gekauft wurden hauptsächlich Waren in mittleren Preislagen. Das Bekleidungsgeschäft war durch die Bezugsscheinpflicht sehr stark beeinflußt. Seidenwaren, die nicht bezugsscheinpflichtig sind, wurden viel gekauft. Damenkonfektion ging nur in den teuren Preislagen, der Mittelstand blieb als Käufer aus. Auch teure Wäsche ging gut, nach billigeren Sachen, die sonst viel geschenkt wurden, war diesmal wenig Nachfrage. Kurzwaren wurden rege gekauft, da sie bezugsscheinfrei sind. Das Geschäft in Wollwaren hat ganz besonders unter der Bezugsscheinpflicht gelitten, da namentlich die Landbevölkerung sich nicht an die Bezugsscheine, die zu holen für sie ja auch recht häufig sehr unbequem ist, gewöhnen kann. Für die Herrenkleidungsgeschäfte fiel neben der Bezugsscheinpflicht auch stark ins Gewicht, daß ein sehr großer Teil der Männer im Heeresdienst steht. Trotzdem konnte in allen Zweigen des Bekleidungsgeschäfts der Umsatz des vorigen Jahres ziemlich erreicht werden, weil die Preise sehr gestiegen sind und dadurch ein gewisser Ausgleich entstanden ist. Das Putz- und Damenhutgeschäft war vorzüglich. Die mit den staatlichen Werken in Siegburg in Verbindung stehenden Kreise und die Landbevölkerung legten gute Preise an. Sehr gut und kaum geringer als in Friedensjahren war auch das Geschäft mit Pelzwaren. In Schuhwaren, die bekanntlich genau bis Weihnachten bezugsscheinfrei waren, ging das Geschäft sehr gut, besser als im Vorjahre. Trotz der hohen Preise wurden die besten Waren ohne Bedenken gekauft. Ebenfalls sehr gut war das Geschäft in Spielwaren. Auch hier machte sich die Kaufkraft der Siegburger Arbeiterschaft sehr bemerkbar. Gute Mittelware wurde bevorzugt. Das Geschäft in Haushaltswarengegenständen ist durch die Beschlagnahme vieler Rohstoffe und die dadurch entstandene Warenknappheit etwas beeinträchtigt worden, es ist aber trotzdem zufriedenstellend gewesen. Die im Haushalt gebräuchlichen Maschinen wurden sehr viel gekauft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Daß das Schmuggeln von Waren oft ein gewagtes, ja lebensgefährliches Beginnen ist, möge folgender Fall dartun, der uns aus unserem Leserkreise mitgeteilt wird: Ein hiesiger Kaufmann hatte vor einiger Zeit Nachricht erhalten, daß er in einem Dorf an der holländischen Grenze einen größeren Posten Waren erhalten könne. Der Kaufmann wurde am Abend an Ort und Stelle von zwei Männern in Empfang genommen und auf Umwegen nach einer alleinliegenden Scheune geführt. Auf Hand und Fuß mußte er durch eine niedrige Lücke kriechen und dann erst wurde Licht gemacht, nachdem man sich vergewissert hatte, daß niemand in der Nähe war. In einer Ecke lag ein großer Haufen Reisig, der von den Männern weggeräumt wurde. Dadurch wurde eine Tür freigelegt, die einer der Männer aufhob und dann in die Oeffnung hineinleuchtete. Dort unten waren nun die Waren verstaut, die dem Kaufmann angeboten worden waren. Der Handel ging dann glatt vonstatten; er konnte aber, wie der Kaufmann heute sagt, auch einen anderen Ausgang nehmen. Die beiden Männer wußten, daß der Kaufmann eine große Summe Geldes bei sich führte: wenn er nun in der einsamen Scheune von den Beiden überfallen, ausgeraubt und in den Kellerraum geworfen worden wäre, wer hätte ihn dort gesucht? Niemand wußte etwas von seiner Anwesenheit in der Ortschaft. Für keinen Preis würde er heute noch einmal eine solche Reise unternehmen.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern als erster Markttag im neuen Jahr auffallend schlecht beschickt. Gemüse, wie Wirsing, Rot- und Weißkohl, Spinat, Krauskohl und Butterkohl sowie Rosenkohl war nur verschwindend wenig vorhanden; Feldsalat, Schwarzwurzeln, Möhren, Karotten, weiße Rüben und hiesiger Blumenkohl sowie Obst dagegen etwas reichlicher. Wo sich ein Korb mit Wirsing oder anderem Grüngemüse zeigte, war er im Augenblick von einer großen Anzahl Kauflustiger umringt und ausverkauft. Die Preise waren durchweg fast dieselben wie am Ende der vergangenen Woche. Der Verkauf war im allgemeinen flott, besonders in Grüngemüse und Salat.
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren gestern die Zufuhren nur ganz klein. Gemüse, wie Wirsing, Rot- und Weißkohl, Spinat, Krauskohl und Butterkohl war hier ebenfalls fast nicht vorhanden. Außer einigen Körben mit Rosenkohl, Feldsalat, hiesigem Blumenkohl und einem Korn mit Aepfeln wurde nichts Wesentliches zum Verkaufe angeboten. Die Preise waren ungefähr dieselben wie die am letzte Hauptmarkttage. Der Verkauf war hier ebenfalls flott und der Markt schon früh aufgeräumt.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte gestern bei reichlicher Auswahl in Gemüse, Aepfeln usw. wieder sehr flotten Zuspruch, besonders in frischen Schellfischen zu 1,40 Mark, frische Seemuscheln zu 12 Pfg., Aepfel zu 45 und 50 Pfg. das Pfund und in Rollmöpsen zu 40 Pfg. das Stück. Außerdem wurden noch ausländische Zwiebeln, gelbe Möhren, weiße Rüben, Rot- und Weißkohl, Krauskohl, Wirsing, Schwarzwurzeln zu 60 Pfg. das Pfund, Spinat, Breitlauch und Hamburger Rauchfisch zu 2 Mark das Pfund verkauft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eifelverein. Am nächsten Sonntag unternimmt die hiesige Ortsgruppe eine Wanderung (hoffentlich im Schnee!) durch ihr Arbeitsgebiet von Altenahr über die Steinerberghütte nach Walporzheim (15 Kilometer). Dort findet gemeinsames Kaffeetrinken im Winzerverein statt, wofür Brot und Belag mitzubringen und Anmeldung auf dem Bahnhof Bonn beim Führer Wolff erforderlich ist; im übrigen Rucksackverpflegung. Eingeführte Gäste sind wie immer willkommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag. 4. Januar 1917
Nachrichten aus Deutschland durch Kriegsgefangene. Verschiedentlich haben Kriegsgefangene, die zu Arbeitszwecken überwiesen sind, versucht, verbotene Nachrichten nach ihrer Heimat zu schicken. Sie bitten Mitbewohner, die Verwandte in Kriegsgefangenschaft haben, Briefe den Postsendungen (Liebesgaben) an ihre Angehörigen beizulegen. Sie wollen angeblich dem kriegsgefangenen Deutschen sein Los erleichtern helfen. Darin liegt eine große Gefahr; denn die meisten Angehörigen können die in fremder Sprache geschriebenen Brief, falls sie überhaupt offen übergeben werden, nicht lesen und müssen sich auf die Angaben der Kriegsgefangenen verlassen. Aber auch selbst, wenn einzelne imstande sind, die Briefe zu lesen, vermögen die Kriegsgefangenen durch geheime Zeichen (unsichtbare Schrift usw.) Nachrichten zu geben und dadurch der Landessicherheit schaden. Wer solcher Nachrichtenvermittlung Vorschub leistet, macht sich unter Umständen der Beihilfe zum Landesverrat schuldig und wird schwer, gegebenenfalls mit Zuchthaus, bestraft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Jugendliche Straßenräuber werden in letzter Zeit zu einer gefährlichen Plage. Noch nie sind bei der Polizei innerhalb kurzer Zeit so viele Anzeigen über Räubereien jugendlicher Personen eingegangen wie in den letzten Wochen. In nicht weniger wie fünf Fällen wurden in letzter Zeit Jugendliche unter 16 Jahren festgenommen, die gefährliche Raubanfalle verübt haben. Ein besonders dreistes Räuberstück führten zwei 16jährige Burschen von hier aus. Während einer den Aufpasser spielte, drang der Zweite in ein hiesiges Zigarrengeschäft ein und versuchte der Inhaberin eine Geldbörse aus der Hand zu reißen. Diese setzte sich jedoch zur Wehr, worauf der Bursche auskniff. Er wurde aber von verschiedenen Personen erkannt und konnte nach kurzer Zeit festgenommen werden. Am Rhein wurde dann noch der zweite Täter festgenommen. Bei der Vernehmung ergab sich, daß beide die Tat bis ins kleinste überlegt und sogar ausgelost hatten, wer den Raub ausführen sollte und wer den Aufpasser spielte. Sie wurden beide verhaftet und dem Amtsgericht zugeführt.
Leipziger Soloquartett. Mit der Losung „Deutsches Lied für deutsches Leid“ wird Prof. Bruno Röthig mit seinem weltbekannten Quartett (es sang in fast allen europäischen Staaten und in der neuen Welt) sein heutiges Konzert geben. Das Presbyterium der evangelischen Gemeinde hat in Anbetracht des Liederinhaltes und des guten Zweckes (Kriegshilfe) die Kirche am Kaiserplatz zur Verfügung gestellt. Selbstverständlich sind alle Liebesgaben für Deutsche aus allen Bekenntnissen bestimmt. Das Programm ist diesmal auf die ernste Grundstimmung, die der Krieg in vielen Menschenherzen erzeugt hat, berechnet. Es will Kraft und Trost aus dem Lieder- und Melodienschatz vom 12. Jahrhundert bis zur Gegenwart bieten. Wer sich einen hohen Genuß zugleich eine Stunde der Erholung und Erbauung verschaffen will, wird das Kirchenkonzert sich nicht entgehen lassen wollen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Weihnachtsferien werden in Bonn und Köln nicht verlängert wie in Westfalen. Ein gestern bei der hiesigen Behörde eingegangenes Telegramm der Kölner Regierung hat das ausdrücklich festgestellt. Der Unterricht beginnt also am morgigen Freitag wieder.
Bedienung von Dampfkesseln durch Frauen. Für den Umfang der Rheinprovinz wurde verordnet: Die Polizeiverordnung, betreffend Aufstellung und Betrieb von beweglichen Kraftmaschinen vom 4. Juli 1908 wird dahin ausgedehnt, daß für die Dauer des gegenwärtigen Krieges die Bedienung beweglicher Dampfkessel auch zuverlässigen weiblichen Wärtern über 18 Jahr anvertraut werden darf, sofern diese an einem mindestens achttägigen Ausbildungskursus erfolgreich teilgenommen haben, was behördlich bescheinigt werden muß.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 5. Januar 1917
Die Kriegsküche im Fuhrpark an der Ellerstraße wird Sonntag geschlossen, dafür aber Montag die neue Kriegsküche an der Maxstraße in Betrieb genommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen Fahnenflucht, Betrügereien und Diebstahl wurde ein 22jähriger Musketier von hier festgenommen. Derselbe hat sich vor ungefähr zwei Monaten unerlaubter Weise von seinem Truppenteil entfernt und hielt sich hier in Bonn auf. In Godesberg erschwindelte er sich einen Anzug, Stiefel und Ueberzieher und stahl außerdem noch einen Geldbetrag von 24 Mark. Nach seiner Festnahme gestand er den Betrug ein, will, aber von dem Diebstahl nichts wissen. Nach seiner Vernehmung wurde er dem hiesigen Ersatzbataillon Res.-Inf.-Regt. 160 zugeführt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Fleischverkauf und Brotversorgung. Der Fleisch-Verkauf und die Fleisch-Preise werden jeden Samstag in der Zeitung bekannt gegeben. Soll die Bekanntmachung überhaupt einen Zweck haben, so müßte dieselbe doch schon am Freitag erfolgen, denn Samstags haben die meisten Hausfrauen bei Erscheinen der Zeitung ihr Fleisch längst im Hause und bezahlt. Auch wäre es wünschenswert, daß die auf jede Person entfallende Fleischmenge angeben würde, wie das bei der Butter geschieht.
Das Gewicht des Brotes ist vor einigen Wochen von 3½ auf 4 Pfund erhöht worden, was aufs freudigste zu begrüßen war. Man hat dieses Mehr aber äußerlich kaum gemerkt, da die meisten Bäcker das Brot nicht länger, sondern nur höher und breiter backen. Da man bei der bestehenden Kartoffelknappheit neben Gemüse umsomehr auf das Brot angewiesen ist, ließe es sich gewiß ermöglichen, auf die Bäcker in der Weise einzuwirken, daß die Brote etwas länger gebacken würden; man würde dann entschieden weiter reichen. (?) Eine Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Eine zeitgemäße Bitte möchten wir hiermit an unsere ständigen und gelegentlichen Mitarbeiter richten, nämlich sich in ihren Berichten möglichst kurz zu fassen. Das gilt besonders von Berichten über Vereinsversammlungen und Veranstaltungen, die nur Bedeutung für einen eng begrenzten Personenkreis haben. Von den Zeitungen kann man heute nicht mehr dasselbe verlangen, wie in Zeiten des Friedens, und damit sollten besonders jene Kreise und Personen einmal rechnen, die auch heute noch nicht begreifen können, daß es schon einmal nötig wird, in ihrem „schönen Bericht“ über die „so anregende und unterhaltsame Veranstaltung“ einen Satz zu streichen, dessen Zweck schon ein schmückendes Beiwort erfüllt. Im Kriege haben wir so vieles verstehen gelernt, und auch in dieser Frage dürfen die Zeitungen wohl Verständnis erwarten. Es gilt, auch hier seine Wünsche einzuschränken und im Hinblick auf die Allgemeinheit seine Persönlichkeit zurückzustellen. Heute läßt sich unseres Erachtens über derartige Veranstaltungen wohl ein „schöner“ Bericht schreiben, wenn nicht der Name jedes einzelnen Mitwirkenden genannt, und seine Verdienste lang und breit aus dem Vereinssaal oder –Zimmer hinaus in die Oeffentlichkeit getragen werden. Wenn das Verständnis hierfür ein allgemeines wird, so gewinnen die Zeitungen Raum für Mitteilungen, welche die Allgemeinheit weit mehr angehen und auf die sie daher auch einen berechtigten Anspruch haben dürfte.
Der Bund deutscher Gelehrter und Künstler, eine Vereinigung von etwa tausend der erlesensten Vertreter von Kunst und Wissenschaft, hat es sich zur Aufgabe seiner Kriegsarbeit gemacht, in völliger Unabhängigkeit, wenn auch in Fühlung mit den zentralen Behörden, den Geist in der Heimat stark und fest zu erhalten und dient diesem Zwecke durch eine Reihe von Veranstaltungen in Wort, Schrift und anderen geeigneten Mitteln der Werbetätigkeit. Das erhebendste Beispiel, an dem sich die Heimat immer wieder aufrichten und stärken kann, wird uns durch die anschauliche Schilderung der unerschütterlichen Fronten und durch das Zeugnis des ungebrochenen Geistes gegeben, der unsere tapferen Truppen draußen beseelt. Solche Darstellungen sollen von einem Stabe der bewährtesten Kriegsberichterstatter entrollt werden, deren Mitarbeiter sich der genannte Bund gesichert hat. Als erster wird Herr Kriegsberichterstatter Dr. Fritz Wertheimer am 10 Januar im Bonner Bürgerverein sprechen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 6. Januar 1917
2½ Jahr Zuchthaus beantragte der Staatsanwalt gestern gegen einen Arbeiter, der vor 4 Jahren versucht haben soll, sich in der Mühlengasse an einem damals zwölfjährigen Mädchen zu vergehen. Die Strafkammer sprach den Angeklagten frei, weil die Aussage der Zeugin zu große Widersprüche aufwies.
Im Wartezimmer einer Klinik hatte ein Mädchen aus Bonn die Handtasche der gerade behandelten Kranken gestohlen. Die Diebin erhielt gestern vom Schöffengericht sechs Wochen Gefängnis.
Ein „Dienstmädchen vom Lande“ hatte seiner hiesigen Dienstherrschaft Pflaumen zu besorgen versprochen, sich das Geld dafür geben lassen und war dann, nachdem es noch verschiedene Wertsachen gestohlen hatte, auf Nimmerwiedersehen abgereist. Die Strafkammer verurteilte gestern das schon häufig, zuletzt mit einem Jahr Gefängnis vorbestrafte Mädchen wieder zum einem Jahr Gefängnis.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bei einem Gutsbesitzer liefen in der letzten Zeit wiederholt Klagen aus der Stadt darüber ein, daß die von ihm bezogene Milch auffallend dünn sei und wenig Fettgehalt aufweise. Dem Gutsbesitzer blieb dieser Fall unerklärlich, er konnte aber auch bei aller Aufmerksamkeit nichts Auffälligen entdecken. Ein Zufall klärte gestern den Fall auf. Das Dienstmädchen sollte des Abends in der Milchküche etwas holen, bemerkte aber zu ihrem Erstaunen dort Licht. Da sie an dem sich bewegenden Schatten feststellen konnte, daß sich jemand in der Milchküche befinde, schlug sie die Türe zu und verriegelte sie dieselbe. Der herbeigerufene Herr entdeckte zwei russisch-polnische Arbeiter-Frauen, die von der über Nacht dort aufbewahrten Milch den Fettrahm in eine große – Kaffeekanne abgefüllt hatten. Am anderen Morgen waren die beiden Frauen flüchtig, werden sich aber wohl nicht lange der Freiheit zu erfreuen haben
Kriegsküchen.
Speisezettel für die Zeit vom 8. bis 14. Januar 1917.
Montag: Krauskohl mit Salzfleisch und Kartoffeln.
Dienstag: Gemüsesuppe mit Einlauf.
Mittwoch: Sauerkraut mit Hämmchen.
Donnerstag: Weiße Rüben mit Hammelfleisch.
Freitag: Graupensuppe mit Kartoffeln.
Samstag: Steckrüben mit Sülze und Kartoffeln.
Sonntag: Gemüsefleisch.
Beim Verkauf einer Wochenkarte sind von den Lebensmittelkarten folgende abzuliefern:
1. Die Fleischmarken in Höhe von Gramm (8 Zehntel)
2. Die Fettmarken für die Woche.
3. Die Kartoffelmarken für die halbe Wochenmenge.
Der Preis für die Wochenkarte beträgt:
In Klasse A und B für 1 Liter 2,80 M.
In Klasse A und B für ½ Liter 1,40 M.
In Klasse C für 1 Liter 3,50 M.
In Klasse C für ½ Liter 1,75 M.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Mangel an Kleingeld wird von manchen Städten dadurch bekämpft, daß sie achteckige eiserne Kriegsgroschen prägen lassen, andere wieder geben metallenes Kleingeld in 5-, 10-, 20- und 50-Pfennigstücken aus. Die Saarbrücker Handelskammer läßt für ihren Amtsbezirk 50-Pfennigscheine ausgeben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“
Sonntag, 7. Januar 1917
Am Tag nach dem Dreikönigstag erschien in Bonn nur die Bonner Zeitung.
Besitz- und Kriegssteuer. Der Vorsitzende der Veranlagungskommission für die Kreise Bonn-Stadt und –Land und für den Siegkreis schreibt uns: Zur rechtzeitigen Durchführung der neuen Reichssteuergesetze sind die öffentlichen Aufforderungen zur Abgabe der Besitzsteuer- und Kriegssteuererklärungen vorschriftsmäßig zu Ende des Monats Dezember 1916 erlassen worden. Der darin enthaltenen Mitteilung, daß jeder Steuerpflichtige ein Steuererklärungs-Formular bei der Veranlagungs- oder Gemeindebehörde entnehmen könne, ließ sich aber bisher nicht entsprechen. Die Formulare konnten nämlich aus verschiedenen Gründen, Papierknappheit, beschränkter Arbeitsleistung in den Druckereien und Verzögerungen beim Transport, nicht rechtzeitig angeliefert werden. Eine frühere Bestellung der Drucke war nicht möglich, da noch im vorigen Monat Anträge auf Aenderungen des Gesetzes vom Reichstag angenommen wurden. So werden denn noch zwei Wochen vergehen, ehe alle Steuerpflichtige im Besitze des Formulars sind. Eine Verlängerung der bis zum 15. Februar 1917 gestellten Frist erfolgt nicht. Die Formulare entsprechen im großen und ganzen den bei der Veranlagung zum einmaligen Wehrbeitrag im Jahre 1914 verwendeten. Auf Wunsch können Steuerpflichtige in dringenden Fällen ihre Besitz- und Kriegssteuererklärung auch jetzt schon im Amtslokale des Vorsitzenden der Veranlagungskommission während der Dienststunden vormittags 9 bis 12 Uhr zu Protokoll abgeben.
Die Bonner Bücher- und Lesehalle erfreut sich in den Kriegsjahren eines stets wachsenden Zuspruchs, so daß der Bürgersteig vor ihrem Eingang, besonders abends, oft dicht von Wartenden besetzt ist, die ein Buch begehren. In dieser schweren Zeit greift jeder mehr wie je mit Freuden nach einem guten Buch als einem stillen Helfer und Tröster in trüben Stunden. Wie mancher Feldgraue holt sich in der Quantiusstraße Anregung und Belehrung oder vergnügt sich an einer lustigen Erzählung, die ihn hinaushebt aus den Eindrücken der unmittelbaren Kriegserlebnisse. Es möchten darum alle, die in der glücklichen Lage sind, Bücher, „diese stillen, treuen Freunde“, ihr eigen zu nennen, daran denken, welche große Freude sie vielen dankbaren Unbekannten bereiten können, indem sie unserer Bücher- und Lesehalle eine kleine Stiftung in Büchern machen. Auch durch die Zahlung eines Beitrages läßt sicher der gute Zweck der Bücher und Lesehalle unterstützen. Es sei noch bemerkt, daß die Bücher unentgeltliche ausgeliehen werden.
Das Hochwasser des Rheins geht jetzt zurück. Es hatte sich vorgestern noch den ganzen Tag auf 6,44 Meter (Bonner Pegel) gehalten, gestern morgen 6 Uhr zeigte der Pegel 6,34 Meter und gestern abend 6,28 Meter. Das ganze Rheinwerft ist jetzt vom Wasser wieder frei, dagegen sind die Rheinanlagen noch stellenweise überschwemmt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Montag, 8. Januar 1917
Zur Ersparung von Brennstoffen und Beleuchtungsmitteln wird in einem Rundschreiben des Ministers des Innern an die Regierungspräsidenten darauf hingewiesen, daß die für die Durchführung der Bundesratsverordnung erforderlichen Maßnahmen getroffen werden müssen. Um den Lichtverbrauch in gewünschtem Umfange einzuschränken, ist aber nicht nur der durch die Bundesratsverordnung begründete Zwang, sondern auch die bereitwillige Mitwirkung aller Privatpersonen, der Hausbesitzer und des ganzen Publikums unerläßlich. Ein unmittelbarer Zwang zur Sparsamkeit wird auf sie vorläufig nicht ausgeübt werden, man setzt aber voraus, daß jeder Einzelne die im Nutzen der Allgemeinheit ergangenen Richtlinien zu einer sparsamen Verwendung der Beleuchtungsmittel und Brennstoffe beherzigt. Die Munitionsherstellung erfordert große Kohlemengen, deren schnelle Lieferung durch die Verkehrserschwerungen behindert wird. Der private Kohlenbedarf für Heizzwecke und zur Beschaffung von Beleuchtungsmitteln kann und muß wesentlich herabgedrückt werden, damit die Kriegszwecke auch in dieser Beziehung vor jeder Beeinträchtigung sichergestellt sind. Das Vaterland wird sich in dem Vertrauen auf das Verständnis aller Kohlen- und Lichtverbraucher für die Notwendigkeit der Einschränkung gewiß nicht getäuscht sehen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg, 8. Jan. In der vergangenen Woche wurde hier die vom Freundinnenkreis ins Leben gerufene Kriegskrippe eingeweiht. Die Einrichtung soll Kriegerfrauen, welche morgens zur Arbeit und nach Verdienst ausgehen müssen, der Sorge um ihre unverwahrten Säuglinge tagsüber entheben. Von ausgebildeten Säuglingsschwestern sollen diese Kleinen, die bis zum zweiten Jahre Aufnahme finden, in dieser Tageskrippe gepflegt werden, bis sie dann abends von ihren heimkehrenden Müttern wieder abgeholt werden. Pastor Neumann heilt die Weiherede und Bürgermeister Zander begrüßte namens der Gemeinde das von echter Christen- und Vaterlandspflicht zeugende neue Unternehmen werktätiger Nächstenliebe. Durch Unterstützungen seitens der Spender war dem Freundinnenkreis die Einrichtung dieser Krippe ermöglicht worden. Herr Dr. Fricke hat die ärztliche Leitung ehrenamtlich übernommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Rheinland und Nachbargebiete“)
Godesberg, 8. Jan. Die Eröffnung der hiesigen Speisegemeinschaft wird voraussichtlich nunmehr in der letzten Hälfte dieses Monats beginnen. Von diesem Zeitpunkte ab wird die seit dem 30. Juni des letzten Jahres seither bestandene vorläufige Einrichtung einer Volksküche, welche zuletzt nur hundert Portionen täglich auszuteilen hatte, ihre Betrieb im ehemaligen Hotel Hüttenrauch einstellen. Das vollständige Mittagessen in diesen künftigen ordnungsgemäß eingerichteten Gemeinschaftsküche wird für 75 Pfennig verabreicht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Der Umlauf des Kleingeldes, namentlich durch kurzfristige Leerung der Opferstöcke, möglichst zu fördern. Das Erzbisch. Gen.-Vikariat in Köln macht im Kirchl. Anzeiger bekannt: In Verkehr und Handel macht sich der große Mangel an Kleingeld mehr und mehr unangenehm bemerkbar. Von seiten der geordneten Vertretungen des Handels sei daher darauf hingewiesen worden, daß es wünschenswert sei, die Opferstöcke von jetzt ab häufiger, möglichst am Anfang einer jeden Woche, zu leeren. Die in denselben vorgefundenen Geldbestände mögen den Sparkassen oder sonstigen öffentlichen Kassen baldigst zur unmittelbaren Abführung an den Verkehr zugestellt werden. Neben dem macht sich auch ein großer Mangel an Münzen und kleinen Scheinen aller Art bemerkbar. Schon vor längerer Zeit ist darauf hingewiesen worden, daß im Interesse einer siegreichen Durchführung des Krieges und zur Erlangung eines guten Friedens es erwünscht sei, daß bei den Privaten und in den einzelnen Haushaltungen möglichst wenig Geld verwahrt werde. Was nicht zur alsbaldigen Begleichung von Rechnungen benötigt wird, möge den Sparkassen und öffentlichen Geld-Instituten zugeführt werden, da auf diese Weise den Kriegszwecken am besten gedient wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 9. Januar 1917
Vom städtischen Lebensmittelamt. Die als Ersatz für die leider nicht genügend vorhandenen Kartoffeln verfügbaren Steckrüben werden von den Verbrauchern fast gar nicht gekauft. Die Hausfrauen sollten aber die Rüben, so lange sie gut sind, nicht verschmähen und sie, wenn sie sie nicht frisch verbrauchen wollen, trocknen, in den Monaten März bis Mai, wenn es altes Gemüse nicht mehr und neues noch nicht gibt, werden die getrockneten Rüben gewiß gut zu verwerten sein.
Die Klagen über die schlechte Beschaffenheit der Kartoffeln lassen immer mehr nach. Die schlechten pommerschen Kartoffeln, die natürlich zuerst aufgebracht werden mußten, gehen zu Ende, es kommen die eingelagerten besseren Knollen aus der Provinz Sachsen an die Reihe.
Das Kriegsernährungsamt hat den Städten geraten, Lieferungsverträge über Frühgemüse und Frühkartoffeln so zeitig wie möglich ab zuschließen. Die Stadt Bonn versucht jetzt schon, in Endenich und am Vorgebirge sich Frühgemüse zu sichern, sie setzt dabei voraus, daß der Landkreis Bonn auch die Ausfuhr gestatten wird. Lieferungsverträge über Frühkartoffeln gedenkt die Stadt einstweilen nicht abzuschließen, weil für dieses Gebiet die Reichs- und Provinzialkartoffelstelle da sind.
Der Schleichhandel mit Butter, Fett, Fleisch, Eiern usw. nimmt immer mehr zu. Wenn die Käufer sich durch die hohen Preise – bis zu 10 M. für das Pfund Butter – nicht abschrecken zu lassen brauchen, so sollten sie doch daran denken, daß sie sich an der Allgemeinheit und damit am Vaterland versündigen. Die Grenzaufsicht ist jetzt so scharf, daß so gut wie nichts mehr geschmuggelt werden kann, die angebotenen Waren sind vielmehr gute deutsche Erzeugnisse, und die im Schleichhandel verkauften Mengen werden der weniger gutgestellten Bevölkerung, die nicht so hohe Preise anlegen, den Fettgenuß aber zumeist noch schlechter entbehren kann als die wohlhabenden Kreise, entzogen.
Die Eierversorgung soll in der nächsten Zeit etwas anders geregelt werden. Die der Stadt zur Verfügung stehenden Mengen reichen nicht für die ganze Bevölkerung aus, es wird daher die auf die Lebensmittelkarte aufgedruckte Zahl (1 bis 4) wieder Gültigkeit bekommen und bestimmt werden,d aß in einer Woche Nr. 1, in der folgenden Woche Nr. 2 usw. Eier bekommt.
Die Teilnehmerzahl der Kriegsküchen ist andauernd verhältnismäßig gering. Auch die gestern neu eröffnete Kriegsküche an der Maxstraße (die Küche im Fuhrpark ist Sonntag geschlossen worden) hat keine nennenswerte Steigerung gebracht. Es essen nur etwa 4000 Einwohner täglich bei der Stadt zu Mittag.
Nach der neuen Bundesratsverordnung muß die Stadt nun auch den Althandel mit Kleidern, Wäsche und Schuhwaren übernehmen. Die Althändler dürfen schon jetzt keine getragenen Kleidungsstücke und Schuhe mehr ankaufen, bis Ende Februar müssen sie ihre Betriebe ganz schließen. Eine städtische Annahmestelle wird in diesen Tagen im Hause Stockenstraße 3 eingerichtet, dort werden die Sachen, nachdem sie gereinigt und keimfrei gemacht worden sind, auch verkauft werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vaterländischer Hilfsdienst. Die Bezirkskommandos haben unter Mithilfe der Polizeibehörden Listen derjenigen Personen aufzustellen, die bei den Musterungen, Nachuntersuchungen, kommissarischen und anderen ärztlichen Untersuchungen für dauernd oder zeitig kriegsunbrauchbar befunden, bezw. nach ihrer Einstellung als dauernd oder zeitig kriegsunbrauchbar entlassen worden sind. Diese Personen, werden, sofern sie im vaterländischen Hilfsdienst im Sinne des § 2 des Gesetzes vom 5.12.16 noch nicht tätig sind, demnächst vom Bezirkskommando aufgefordert, sich bei den hierfür in Betracht kommenden Stellen ungesäumt um Nachsuchung von Arbeit zu melden.
Freiwilliger Hilfsdienst für Frauen und Mädchen. Voraussichtlich wird schon Mitte Januar in einem Saal an der Burbacherstraße zu Kessenich eine Werkstätte eingerichtet, in der Frauen und Mädchen die aus den Königl. Werken in Siegburg gelieferten Teile auf ihre Genauigkeit prüfen. Durch diese Maßnahme wird den Bonner Frauen und Mädchen die Arbeitsgelegenheit erleichtert. Wahrscheinlich wird noch in nächster Zeit eine ähnliche Werkstätte in einem anderen Stadtteil eingerichtet werden.
Der Freiwillige Hilfsausschuß hat auf Veranlassung der Vaterländischen Vereinigungen 1500 Weihnachtspakete ins Feld geschickt. Bisher sind von unseren Feldgrauen für die Spenden über 800 Dankschreiben eingelaufen. [...]
Lichtspiele im Stern. Wie wir vor längerer Zeit berichtet haben, ist in Berlin die „Militärische Film-Photostelle“ unter Leitung des Oberstleutnant von Hart, des Majors Steuer und des Hauptmanns von Schroeder errichtet worden, die, zerfallend in zwei Abteilungen, Inland, Ausland, die Propaganda für den Ruhm der deutschen Waffen und für die Ehre des deutschen Namens planmäßig in die Hand genommen hat. Die „Militärische Film-Photostelle“ gibt ihrerseits diese Filme an unsere Filmfirmen ab, und so kann man von heute ab in den Lichtspielen den Siegeszug Mackensens durch die Dobrudscha in Originalaufnahmen sehen.
Welches Unheil durch Kartenlegen angerichtet werden kann, beweist ein Fall, welcher sich in unserer Stadt zutrug. In einer hiesigen Wirtschaft zertrümmerte gestern ein 32jähriges Mädchen verschiedene Fensterscheiben. Als Grund zu ihrem Handeln gab sie an, sie habe häufig einen Kartenleger aufgesucht und dieser habe ihr gesagt, daß Scherben Glück bringen. Später stellte sich dann heraus, daß die Angaben des Mädchens der Wahrheit entsprechen. Ein ärztlicher Gutachter stellte fest, daß ihr Gemütszustand dadurch, daß sie häufig einen Kartenleger aufsuchte, derart beeinflußt war, daß sie in eine Irrenanstalt überführt werden mußte. Der Kartenleger, deren Adresse von der Polizei festgestellt wurde, sieht seiner Bestrafung entgegen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Lebensmittelamt. Ich wollte mir am Sonntag früh um 9 Uhr den Rest der mir für die vergangene Woche zustehenden Kartoffeln besorgen, wurde aber in verschiedenen Geschäften – obgleich Kartoffeln vorrätig waren – mit meiner Karte abgewiesen, weil „die Stadt angeordnet hat, daß die aufgeklebten Kartoffelkarten Sonntags früh vor 10 Uhr von den Geschäftsleuten bei der Lebensmittelverwaltung abzuliefern sind“. Damit sind also die Karten glatt einen Tag zu früh unbrauchbar geworden. Warum? Kurz vor Weihnachten mußte ich, da ich in der Woche verreist war, am Samstag meine Marmelade abholen. Da die betreffende Nummer der Lebensmittelkarte für diesen Samstag noch galt, war ich sehr unangenehm überrascht, als man mir in allen Geschäften, in denen ich fragte, erklärte, „heute gilt die Nummer nicht mehr“. Warum? Für mein heranwachsendes Töchterchen hatte ich ein Viertel Zusatzbrot beantragt und nach Vorlegung des Geburtsscheines auch bewilligt bekommen. Ein diesbezüglicher Vermerk wurde sowohl in meinem Kartenumschlag als auch in der großen, am Lebensmittelamt geführten Liste eingetragen. Zu Beginn des neuen Monats gehe ich zum Lebensmittelamt, um die Karte für Januar zu erbitten. Obgleich mein Umschlag und die Liste am Amt den Nachweis gaben, daß ich die Karte schon ein Mal erhalten hatte, wurde ich abgewiesen mit der Begründung, der Geburtsschein müsse jedesmal wieder vorgelegt werden. Also marschierte ich heim und trete eine Stunde später mit dem begehrten Schein wieder an, worauf ich die Brotkarte erhalte. Nochmals: Warum wird dem Publikum das Durchhalten so unnötig schwer gemacht? Eine Hausfrau.
Honigwucher. Nachdem monatelang kein Honig zu haben war, erscheinen jetzt in Bonner Geschäften Gläser des Bienenzuchtvereins der Rheinprovinz, die früher etwa 1,20 Mk. kosteten, zum Preise von 4,50 Mk. Man kann kaum annehmen, daß die Bienen höheren Lohn fordern. Auch scheint uns selbst die geringe Honigernte des Vorjahres eine beinahe vierfache Preiserhöhung nicht zu rechtfertigen. Offenbar ist der Honig zurückgehalten worden, und soll jetzt bei dem Mangel an Aufstrichmitteln ein einträgliches Wuchergeschäft ermöglichen. Man wird sich den Bienenzuchtverein für die Zukunft merken müssen. P.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Volkshochschulkurse. Herr Professor Dr. Kippenberger wird heute abend 9 Uhr in der Aula des hiesigen städtischen Gymnasiums eine 10stündige Vorlesungsreihe über „Die Chemie als Bundesgenossen im Weltkriege“ eröffnen. Der Vortragende wird die hervorragende Rolle, welche die chemische Wissenschaft und ihre Anwendung in dem gegenwärtigen Weltkriege spielt, in eingehender Weise unter Vorführung von Lichtbildern und Experimenten zur Darstellung bringen. U. a. wird er über die wichtigsten Betriebsstoffe für Luftschifffahrt und Kraftfahrzeuge sprechen, wird die hauptsächlichen Sprengstoffe schildern und den Kampf mit Gasen erörtern. Auch die große Bedeutung, welche die Chemie auf dem Gebiete der Erzeugung vegetabilischer Nahrung, sowie der Ersatzwaren in Handel und Verkehr besitzt, wird einer eingehenden Besprechung unterzogen werden. Die Vorlesungsgebühr beträgt für Minderbemittelte 1,30 Mark, für andere Personen 4 Mark für die ganze Vorlesungsreihe.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 10. Januar 1917
Die Lebensmittelpreise vor 104 Jahren. Zu den Klagen über die teuren Lebensmittel bringt „Haus und Schule“ eine heilsame Erinnerung vom Jahre 1813. Es kosteten damals ein Scheffel Roggen 22 Taler, eine Metze Erbsen 3 Taler, ein geschrotenes Roggenbrot (ein Pfund) 12 Lot und 6 Groschen, eine Metze Kartoffeln (zehn Pfd.) 20 Groschen, ein Pfund Butter 5 Taler, ein Ei 80 Pfennige, eine Zwiebel 60 Pfennige, ein Maß Milch 2 Mark 10 Pfennige, ein Pfund Speck 13 Mark 12 Pfennige, ein Pfund Schinken 13 Mark, ein Hering 1 Mark 20 Pfennige, ein Pfund rohen Talg 3 Mark, ein Huhn 13 Mark, eine Ente 13 Mark 20 Pfennige, eine Mandel grüne Pflaumen 80 Pfennige, eine Mandel Birnen oder Aepfel 6 bis 9 Mark, ein Pfund Zucker 7 Mark 60 Pfennige, ein Pfund Kaffee 5 Mark. Gegen diese Preise sind die heutigen reichlich günstig, zumal damals ein Taler einen größeren Marktwert hatte als heute 5 Mark. Unsere Vorfahren haben es überstanden! Man sollte auch bei uns stiller und dankbarer werden. Die eigentliche Kriegsnot hat unser Volk, wenn man von Ostpreußen absieht, eigentlich noch nicht zu fühlen bekommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die neue Kriegsküche an der Maxstraße macht einen recht freundlichen Eindruck. In einem mit allen neuen Einrichtungen versehenen, schönen und hellen Saal ist den Teilnehmern der Speisegemeinschaft Gelegenheit gegeben, ihr Mittagsmahl zu billigem Preise einzunehmen. Peinliche Ordnung und Sauberkeit herrscht überall. Das Küchenpersonal ist zum größten Teil von der eingegangenen Kriegsküche an der Ellerstraße mit übernommen worden. Geschulte und praktische Kräfte sind am Wirken. Unter Leitung eines städtischen Beamten bereiten die Küchenfrauen in vier großen Kesseln, die je 500 Ltr. umfassen, das Mittagsmahl. Die Aufsicht führt der Restaurateur der Stadthalle Herr Paul Staeps. Es wird mit Luft und Liebe gearbeitet, um die Ansprüche der Kriegsküchenteilnehmer zu befriedigen. Mit einem freundlichen „Gute Mahlzeit“ wird den Leuten, die ihr Essen sofort einnehmen, in einem großen Porzellantopf ihre Mahlzeit überreicht, die sie dann an sauberen Holztischen verzehren. Nach den zufriedenen Gesichtern zu schließen, mundet sie recht trefflich. Die Teilnehmer, welche ihr Mittagessen zu Hause einnehmen wollen, werden ebenfalls schnell und zuvorkommend der Reihe nach abgefertigt. Alles klappt wie am Schnürchen.
Das gestern verabreichte Essen verdient uneingeschränktes Lob. So wurde am gestrigen „fleischlosen“ Dienstag eine kräftige Suppe verabreicht, die jeden Teilnehmer sättigen konnte. Kartoffeln, Rüben, Gemüse, ja sogar Blumenkohl, war in ihr enthalten, und selbst Leuten, die früher ein gewisses Vorurteil gegen das „Durcheinanderkochen“ hatten, wird die Suppe trefflich gemundet haben. Die Mahlzeit genügte, um selbst einen starken Esser zu sättigen. Fett war in der Suppe genügend enthalten, wahrscheinlich mehr, als es sich sonst der einfache Bürger gegenwärtig leisten kann.
Einschließlich der von der Kriegsküche Ellerstraße übernommenen Teilnehmer wird die Kriegsküche in der Maxstraße von über 750 Personen benutzt. Eingerichtet ist die Küche für etwa 2000 Personen. Diese Zahl wird hoffentlich recht bald erreicht.
Daß man es nicht Allen recht machen kann, ist aus der nachstehenden Zuschrift zu ersehen, die so ziemlich das Gegenteil von dem behauptet, was unser Mitarbeiter berichtete. Die Zuschrift lautet:
„Die neu eröffnete Kriegsküche Maxstraße scheint ihrer Aufgabe noch nicht gewachsen zu sein. Das heutige Essen, welches Gemüsesuppe mit Einlauf sein sollte, war eine dünne, ungenießbare Brühe, in der von Gemüse kaum etwas zu sehen war. Auf diese Weise dürfte der Zulauf des Publikums bald ein Ende haben. Weder in der Kriegsküche Sandkaule noch Universität, wo ich schon oft das Essen holen ließ, wurde solches geboten. Im Interesse Aller: Eine patriotische Bonnerin.“
Der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe hat, wie man uns schreibt, sich zu seinem großen Bedauern genötigt gesehen, seine Verkaufsstelle am Hof aufzugeben, da die Stadt die Räume brauchte, vor allem aber, weil die Vorräte fast völlig ausgegangen waren und es unmöglich war, neue zu beschaffen. Die wenigen, noch vorhandenen Vorräte hat die Stadt freundlichst übernommen, es lohnte nicht, um sie die Verkaufsstelle offen zu halten. Die Beratungsstelle ist nebenan in die „Flickschusterei“ verlegt worden, und dort sind nunmehr die verschiedenen Flugschriften für zeitgemäße Ernährung, Kriegskochbücher usw. zu haben. Ganz besonders machen wir auf Rezeptsammlung zur Herstellung von Erdkohlraben aufmerksam, die unentgeltlich abgegeben wird und aus der die Hausfrauen lernen können, wie durch Zusammensetzung mit Kartoffeln, mit anderen Gemüsen, Gewürzen usw. sich aus den Rüben die verschiedenartigsten sehr schmackhaften Gerichte herstellen lassen. Daß in dem neuen Heim der Beratungsstelle nach wie vor bereitwilliger freundlicher Rat in allen hauswirtschaftlichen Fragen erteilt wird, brauchen wir wohl nicht besonders zu betonen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Jugendlicher Messerheld. In der Markusstraße versetzte gestern abend ein Junge seinem Spielkameraden vier Messerstiche, wovon einer 5 Zentimeter tief ist. Es ist dies ein bedauerliches Zeichen der Verrohung unserer Jugend. Vielfach treibt sich die Jugend in der ganzen freien Zeit ohne Aufsicht auf der Straße herum. Auch abends nach 7 Uhr sieht man noch zahllose Kinder auf der Straße trotz des diesbezüglichen Verbotes. Eingreifende Maßnahmen sind dringend geboten, führen aber nur zum Ziel, wenn sie durchgeführt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 11. Januar 1917
Hindenburgs Mauer, d. h. die Ostfront von der Ostsee bis zu den Karpaten, den festen Wall, der bis vor einigen Monaten unter dem besonderen Oberkommando Hindenburgs stand, schilderte gestern abend in einem sehr fesselnden Lichtbildvortrage der Kriegsberichterstatter Dr. Fritz Wertheimer im großen Saal des Bonner Bürgervereins. [...] Der Zweck des Vortrages war, eine wahrheitsgetreue Schilderung des Lebens und der Leiden unserer Truppen und damit eine Ergänzung zu den knappgefaßten Berichten der Heeresleitung zu geben. Der Redner knüpfte an seine Ausführungen dann eine Bitte und Mahnung: keine Klagebriefe an die Front zu schreiben. Unsere Soldaten draußen haben ihr vollgerütteltes Maß von eigenen Beschwerden, Sorgen und Leiden, die Heimat soll ihnen ihr Los nicht noch schwerer machen, sondern im Gegenteil ihren Geist und ihren Mut aufzufrischen suchen. Nachdem das deutsche Friedensangebot von unsern Feinden mit Spott und Hohn abgelehnt worden ist, liegt der ersehnte Friede nicht mehr bei unserm guten Willen, sondern bei unserm guten Schwert. Und das Schwert scharf, das heißt unsere Truppen in jeder Beziehung leistungsfähig zu erhalten, ist unser aller Pflicht. Heer und Heimat müssen in den nächsten Wochen und Monaten zusammenstehen, um aus unserm Volke das Letzte und Größte herauszuholen und damit den Sieg zu erreichen, den wir dringend brauchen, wenn wir den Bestand unseres Volkes erhalten wollen. Wenn wir das aber wollen, dann müssen wir noch viel mehr leisten und dürfen wir uns viel weniger beklagen, als bisher. Nur wenn so alle Kräfte zusammengefaßt werden, werden wir zu einem klaren und guten deutschen Frieden gelangen. – Daß diese Mahnung bei den zahlreichen Besuchern freudigen Widerhall fand, bewies am Schluß der kräftige Beifall. Den gleichen Vortrag hat Dr. Wertheimer gestern nachmittag schon für die Bonner Schuljugend gehalten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine Heldin der Sammelbüchse. Im Verlaufe des Krieges sind von opferfreudigen Damen der Bonner Gesellschaft große Summen für das Rote Kreuz und für unsere Truppen gesammelt worden. Eine der eifrigsten und ausdauerndsten Sammlerinnen dürfte Fräulein Wirth sein, der es durch ihren zähen Eifer gelungen ist, in dieser Woche eine kaum glaubliche Summe mit ihrer Sammelbüchse erreicht zu haben. Es sind sage und schreibe
12.000 Mark,
die Fräulein Wirth meist pfennigweise für den guten Zweck in den hiesigen Wirtschaften, Hotels, in der Lese und im Bürgerverein, an Stammtischen und auf Kegelbahnen, auf dem Staatsbahnhof, am Rheinuferbahnhof und in den Wagen sämtlicher elektrischer Straßenbahnen, die in Bonn münden, sowie auf den öffentlichen Straßen „erfochten“ hat. Fräulein Wirth, die schon während des Feldzuges 1870/71 in Neunkirchen bei Saarbrücken auf der Bahnhofsbaracke im Dienste des Vaterlandes als barmherzige Samariterin gewirkt hat und damals die ehrende Auszeichnung des Eisernen Kreuzes erhielt, versteht es wie wenige unserer im Dienste der Wohltätigkeit stehenden Frauen, ihre ganze Kraft jederzeit einzusetzen, um der guten Sache mit ihrer Sammelbüchse zu dienen. Auch ist es ihr vergönnt, mit Hilfe eines gesunden Instinkts immer den rechten Augenblick wahrzunehmen, wenn irgendwo irgend etwas los ist, um der ihr gegenüber allezeit gebefreudigen Mitbürgerschaft das Kleingeld abzuknöpfen. Haben wir irgend einen Sieg zu verzeichnen, so darf man sicher sein, daß Fräulein Wirth die Konjunktur der erhöhten vaterländischen Stimmung zugunsten einer möglichst reichen Spende im wahrhaften Sinne auszumünzen versteht. Der unendliche nimmerermüdende Fleiß, den Fräulein Wirth bei ihrer steten Opferbereitschaft auszeichnet, gewinnt dadurch noch an besonderer Bedeutung, daß die wackere Dame, - es sei erlaubt, es ausnahmsweise gegenüber einem weiblichen Wesen auszusprechen , - bereits das biblische Alter überschritten hat und gegenwärtig 71½ Jahr alt ist.
Unsere Truppen im Felde dürfen dieser Jubilarin der Sammelbüchse einen ganz besonderen Dankeszoll widmen, denn ihnen gilt ihre vaterländische Aufgabe, und wir zweifeln nicht, daß sie in ihrem edlen Berufe, für das Rote Kreuz zu wirken, auch weiterhin von unserer gesamten Bürgerschaft unterstützt werden wird. Dies sei der klingendste Lohn, der Fräulein Wirth zuteil werden kann.
Eine eigenartige Ehrung ist der Dame kürzlich von Künstlerhand zuteil geworden. Professor Frenz hat nämlich eine Kreidezeichnung dieser unermüdlichen Rote-Kreuz-Kämpferin geschaffen, die in farbiger Ausführung Fräulein Wirth mit der Sammelbüchse in der Hand zeigt, wie sie alle Bonner kennen. Hoffentlich spornt der große Erfolg, den Fräulein Wirth durch ihre Ausdauer bisher erzielt hat, die übrigen Damen der Bonner Gesellschaft, die in der jüngsten Zeit in ihrem Eifer vielleicht etwas erlahmt sind, dazu an, auch ihrerseits sich mit der alten Freudigkeit wieder in den Dienst des großen Hilfswerkes für unsere Truppen und deren Angehörige in ähnlicher Weise wie Fräulein Wirth zu stellen. Der Krieg wird leider noch manches Opfer fordern. Geldmittel sind daher in weiterem Grade für das Hilfs- und Unterstützungswerk des Roten Kreuzes vonnöten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine gekränkte Kriegsküchenbesucherin. Wir hatten gestern einer Zuschrift über die neue Kriegsküche an der Maxstraße Raum gegeben und dabei bemerkt, daß es nicht möglich sei, es allen Leuten recht zu machen. Die Dame sendet uns nun eine weitere Zuschrift, die ihre gestrigen Ausführungen näher begründen sollen.
Die Dame schreibt uns:
„Eine Dame, die an der Kriegsküche Maxstraße hilft, erzählte mir heute, daß die „gute kräftige Gemüsesuppe“ gestern bereits um 12 Uhr alle verausgabt gewesen sei. Dann wurde mit einem Kunstmehl die von mir mit Recht getadelte „dünne ungenießbare Brühe“ schnell hergestellt. Meine Stundenfrau holte das Essen gegen ½1 Uhr, also war meine Klage berechtigt. Das ganze Personal, welches sich zuletzt damit begnügen mußte, war selbst sehr unzufrieden damit. Ob Sie meine Rechtfertigung veröffentlichen wollen, gebe ich Ihnen anheim; mir liegt nichts daran. Ich erbringe Ihnen nur den Beweis, daß die Küche ihrer Aufgabe noch nicht gewachsen ist, denn sie hat zu sorgen, daß das Essen für alle Teilnehmer reicht, deshalb muß man doch die ganze Woche im voraus durch Kartenlösen anmelden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Warnung vor einer Schwindlerin. Am Sonntag vormittag mietete sich ein junges Mädchen im Alter von 18 bis 20 Jahren in der Sürst ein Zimmer mit Pension. Sie gab an, Maria Huber zu heißen und sei die Tochter eines Metzgermeisters aus München. Bisher sei sie als Hilfsschwester des Roten Kreuzes am Kölner Hauptbahnhof tätig gewesen und werde dasselbe nunmehr am Bonner Bahnhof sein. Sie erhielt denn auch Essen und Wohnung. Im Laufe des Tages erzählte sie ihrer Vermieterin, daß sie von ihrem Vater Fleischwaren besorgen könne. Sie ließ sich dafür 35 Mk. geben. Um ihren Angaben zu bekräftigen, schrieb sie einen Einschreibebrief, den sie auch der Vermieterin vorlas. Am Montag entfernte sie sich mit der Angabe, sie wolle nun ihre Tätigkeit am Bahnhof aufnehmen. Sie ist dann spurlos verschwunden. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 12. Januar 1917
Die Wehrpflichtigen des Geburtsjahrganges 1899 müssen sich bis 20. Januar zur Stammrolle anmelden.
Säuglingsgebäck wird vom nächsten Montag ab in einer besonderen städtischen Verkaufsstelle an der Franziskanerstraße verkauft. Wir verweisen auf die heutige Bekanntmachung des Oberbürgermeisters.
Als „städtische Lebensmittel“ werden nächste Woche kochfertige Gerstenflocken, kochfertige Gemüsesuppen, Gerstengraupen, Zwetschenmus und Margarine oder Oel verkauft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zu leichtes Brot zu früh verkauft. Man schreibt uns aus Leipzig, 9. Jan.: Die Ehefrau eines hiesigen Bäckermeisters, die seit der Einberufung ihres Mannes den Geschäftsbetrieb leitete, wurde am 27. Oktober 196 vom Landgericht Bonn zu einer Geldstrafe von 500 M. verurteilt, weil sie entgegen den Bundesratsverordnungen vom 5. Januar und 31. März 1915 und einer Bekanntmachung des Oberbürgermeisters frisches, noch nicht 24 Stunden altes Brot verkauft hatte, außerdem, weil, wie amtliche Prüfung ergeben hatte, bis zu 80 Gramm an den vorgeschriebenen 3½ Pfund des Brotgewichtes fehlten. Die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Revision, die hauptsächlich Prozeßrügen geltend machte, wurde vom Reichsgericht verworfen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Marmelade ohne Karte. Frage an warum die Preise für die Marmelade so hoch sind? Kommt denn dieselbe aus dem Auslande? Früher war das teuerste und genießbarste Kraut 60 – 70 Pfg., und heute ist der Preis für kaum genießbares Kraut 1,50 – 2 Mk. Zurückgehend auf die Friedenspreise, bekam man 1 Pfund bestes Rübenkraut für 0,18 Pfg., und heute bekommt man dasselbe nur für 2 Mk. das Pfund. Kann denn dagegen nicht eingeschritten werden, oder kann man keinen Höchstpreis dafür bestimmen?, denn die ärmere Bevölkerung kann sich dasselbe nicht erlauben. Einer für Viele.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Kriegswohlfahrtspflege. Das Kaufhaus Koopmann in Bonn, Marktbrücke, veranstaltet vom 12. Januar ab zur Unterstützung armer Heimarbeiterinnen im Erzgebirge unter Mithilfe des Ausschusses für Kriegshilfe im Bezirke der Kgl. Amtshauptmannschaft Schwarzenberg eine Ausstellung erzgebirgischer Handklöppel-Artikel. Die ausgestellten und zum Verkauf gelangenden Gegenstände beweisen, wie die Firma mitteilt, die außerordentliche Geschicklichkeit unserer inländischen Arbeiterinnen, die, durch Fortfall überseeischen Absatzgebietes in Not geraten, es verdienen, von weiten Kreisen beachtet und unterstützt zu werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Ein deutsches Wort für Marmelade.
Verehrter, deutscher Sprachverein,
Ich weiß ein schönes Wort,
Das tönt so deutsch, so blank und rein,
Für unsern Sprachenhort.
Es klingt so schmackhaft, köstlich, weich,
Und ist an Wohllaut wunderreich –
Drum flüstre ich, mit deutschem Gruß:
Statt Marmelade: „Misch-masch-muß.“
Heinr. W.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Samstag, 13. Januar 1917
Stadtverordneten-Sitzung. Bonn, 12. Januar 1917.
Oberbürgermeister Spiritus eröffnet die Sitzung um 5.10 Uhr. [...]
Vaterländischer Hilfsdienst für Frauen. Die Verhandlungen mit der Leitung der Siegburger Werke haben dazu geführt, daß in einem Saale an der Burbacherstraße in Kessenich in kurzer Zeit eine Prüfungswerkstätte eingerichtet werden soll. Der Stadt Bonn entstehen dadurch keine Ausgaben. Die Stadt soll jedoch bei der Abgabe von Gas, Elektrizität und Wasser dem Feuerwerkslaboratorium weitgehend entgegenkommen und auch sonst die Einrichtung fördern.
Beigeordneter Piehl: In der geplanten Werkstätte sollen 200 Mädchen und Frauen beschäftigt werden. Eine zweite Werkstätte für weitere 200 Frauen und Mädchen wird voraussichtlich bald eingerichtet werden. Die erste Anregung, den Bonner Frauen und Mädchen in Bonn selbst Gelegenheit für den vaterländischen Hilfsdienst zu geben, sei von den vereinigten Bonner Frauenvereinen ausgegangen. Auch den Damen dieser Vereine werde Gelegenheit gegeben, sich in der gewünschten Weise zu betätigen. Es sei beabsichtigt5, ein Werbebureau einzurichten und in ihm diejenigen weiblichen Kräfte, die sich den Frauenvereinen zu Verfügung stellen, zu beraten und zur Arbeit zu überweisen. Die Vorstandsdamen der Vereine hätten sich schon bereit erklärt, in dem Bureau tätig zu sein. Es werde empfohlen, alle Fragen, die sich in dieser Angelegenheit noch ergeben sollten, dem städtischen Lebensmittelausschuß zur Behandlung zu überweisen. Der Lebensmittelausschuß, in dem auch die Gewerkschaften vertreten seien, solle zu diesen Verhandlungen Frau Berghauptmann Krümmer als Vorsitzende des Vaterländischen Frauenvereins und den Stadtv. Bins hinzuziehen.
Stadtv. Bins: Die Frauenvereine seien nicht so ganz erfreut über die Form, in der die Werkstätte jetzt eingerichtet werde. Es sei daran gedacht worden, Mädchen aller Stände, die noch nicht in Siegburg arbeiten, in Bonn Arbeitsgelegenheit zu geben und mit dem umschlingenden Bande der Arbeit eine ideale Jugendpflege zu verbinden. Der Redner berichtet dann im einzelnen über die Verhandlungen mit Siegburg und über die Wünsche der Frauenvereine.
Beigeordneter Piehl: Alle Wünsche, die Herr Bins angeführt habe, würden durch die Einrichtung erfüllt werden. Der Errichtung einer weiblichen Jugendwehr, wie sie der Vaterländische Frauenverein plane, stehe gar nichts im Wege. Alle durch die Frauenvereine überwiesenen Kräfte würden auch beschäftigt werden können. Es solle aber acht Stunden gearbeitet werden, eine stundenweise Beschäftigung würde mehr oder weniger auf Spielerei hinauslaufen. Es sei nicht zu befürchten, daß Mädchen, die jetzt schon in Siegburg auf Stücklohn arbeiten, dann in Bonn selbst arbeiten wollen, da hier nur Zeitlohn bezahlt werden solle. Er sehe die Einrichtung als sehr gute Lösung der ganzen Sache an, man könne der Leitung der Siegburger Werke dafür nur dankbar sein. Die Genehmigung der Kriegsamts sei heute eingetroffen.
Stadtv. Wellmann: In der vereinbarten Form werde dem Vaterlande weit besser gedient, als es geschehen könnte, wenn die Wünsche der Frauenvereine durchgegangen wären.
Stadtv. Dr. Krantz: Nach den beruhigenden Versicherungen glaube er, daß die Stadtverordneten sich mit den vereinbarten Einrichtungen einverstanden erklären könnten. Ein als Arbeitgeber auftretendes Konsortium würde freilich ebenso gut arbeiten, wie es unter der unmittelbaren Siegburger Leitung zu erwarten ist, aber der Zweck, dem Vaterlande zu dienen und gleichzeitig den Bonner Frauen und Mädchen, vor allem des notleidenden Mittelstandes, Verdienst zu verschaffen, werde auch so erreicht werden. Die Vorstandsdamen der Bonner Frauenvereine hätten schon beschlossen, ihre Kräfte für das Unternehmen zur Verfügung zu stellen.
Stadtv. Schmitz begrüßt die Vorlage und stellt mit Genugtuung fest, daß der gleiche Lohn wie in Siegburg gezahlt werden soll.
Oberbürgermeister Spiritus erwähnt noch einmal die Wünsche der Frauenvereine, wonach neben der Arbeit für das Vaterland auf die weibliche Jugend eingewirkt werden solle, und stellt fest, daß diese Wünsche durch die geplanten Werkstätten erfüllt werden könnten. Er selbst sei von dem Ergebnis der Verhandlungen mit Siegburg durchaus befriedigt. Er halte es auch für gut, daß die Stadt Bonn als Kommunalverband sich nicht mit einer so verantwortungsvollen Aufgabe befasse. Eine G. m. b. H. hätte die Sache ja übernehmen können, sie hätte aber erst gebildet werden müssen. Wenn in den Kapitalistenkreisen Interesse für die Sache gewesen wäre, hätten die Herren sich ja zusammentun und die Sache übernehmen können, das sei aber nicht geschehen. Den Frauenvereinen werde so weit wie möglich entgegengekommen, ihre Vorstandsdamen sollten die Aufsicht führen und das sittliche Element fördern. Erwägungen, ob solche Einrichtungen nicht besser von Bonn fernzuhalten sind, müßten jetzt zur Kriegszeit fortfallen. Die Stadt habe die Pflicht, für ihre unbemittelten und bedrückten Mitbürger zu sorgen, und das tue sie, indem sie ihnen Verdienstmöglichkeiten schaffe. Die Werkstätten würden dem Vaterlande und der Stadt Bonn selbst in hervorragendem Maße zugute kommen.
Die Stadtverordneten heißen die Verhandlungen mit den Siegburger Werken gut. Ueber die gewünschten Preisermäßigungen für Gas, Elektrizität und Wasser soll die Deputation der städtischen Werke, über alle weiteren Fragen in dieser Angelegenheit der städtische Lebensmittelausschuß, der dazu Frau Berghauptmann Krümmer und den Stadtv. Bins hinzuzuziehen hat, beschließen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Unterhaltung der Kriegsbeschädigten in den Bonner Lazaretten. Da Bonn als Lazarettstadt seit Kriegsausbruch unausgesetzt eine große Zahl von Verwundeten und kranken Kriegsteilnehmern in seinen Krankenhäusern und den militärischerseits eingerichteten Lazaretten beherbergt, so ist auch die Frage von besonderer Bedeutung für unsere Stadt, wie die geistige Zerstreuung, wie die anregende Unterhaltung der genesenden Mannschaften, Chargen und Offiziere zu bewerkstelligen ist. Ein großes Verdienst haben sich die Kreise erworben, die das berufliche Talent der einzelnen Kriegsbeschädigten als Ausgangspunkt ihrer Anregungen zur Zerstreuung der Kranken und Genesenden nahmen. Die methodische zielbewußte Tätigkeit auf dem Gebiete der Handfertigkeit des handwerklichen und kunstgewerblichen Könnens hat sehr viel dazu beigetragen, erzieherisch auf die Insassen unserer Lazarette zu wirken, sie moralisch zu kräftigen und ihr Selbstbewußtsein wieder zu heben. Ebenso haben Künstler und geschulte musikalische Kräfte aus der Bonner Gesellschaft, namentlich in den ersten Kriegsjahren, mit Liebe und Freude ihr Können in den Dienst des charitativen Wirkens gestellt, um die Kranken in ihrer Stimmung zu beleben, ihnen durch freudige Stunden, durch gute musikalische Eindrücke über die Einwirkungen des Krieges hinwegzuhelfen und sie möglichst wieder zu lebensfrohen Menschen zu wandeln.
Wir hatten gestern Gelegenheit, einer solchen Veranstaltung in dem Lazarett St. Josef an der Höhe beizuwohnen. Es wurden Lieder zur Laute von Frl. M. Müller-Wesseling und Vorträge des Kriegsbeschädigten Herrn Lehrer Möhle auf der Geige sowie Lieder zum Klavier von Frl. M. Müller gespendet. Die Stimmung, die hierdurch allgemein bei den Soldaten erzeugt wurde, und wiedererwachende Lebensfreude, die man selbst bei den Schwerleidenden wahrzunehmen vermochte, war derart eindrucksvoll, daß man von dem Wunsche überwältigt wurde, die musikalischen Kreise Bonns möchten in stärkerem Grade als dies in den jüngsten Monaten geschehen ist, sich wieder unseren Lazaretten zuwenden und deren Insassen durch ihr musikalisches Können zu erquicken suchen.
Für die Leute, die draußen an der Front waren und nun wochen- und monatelang das Krankenbett oder wenigstens die Krankenstube hüten müssen, gibt es nichts Schöneres, nichts, was sie mehr von ganzem Herzen erfüllt, als die tätige Anteilnahme der Bürgerschaft an ihrem Schicksal. Manche von ihnen gehen ja wieder hinaus, um erneut ihr Leben für den heimatlichen Boden in die Schanze zu schlagen. Die Eindrücke, die sie in den Lazaretten gesammelt haben, bleiben für sie unverwischbar. Glücklicherweise ist die leibliche Fürsorge für unsere Kriegsbeschädigten in den Bonner Lazaretten so ausgezeichnet organisiert und findet durch manche wohltätige Hand eine derartige Förderung, daß nach dieser Richtung hin öffentliche Anregungen wohl kaum erforderlich sind. Aber hinsichtlich der geistigen Nahrung und der moralischen Anregung könnte noch mancherlei geschehen.
Mögen daher alle die Kreise, die namentlich zu Kriegsbeginn fast regelmäßig jede Woche in unseren Lazaretten die Kranken durch instrumentale, gesangliche oder rezitatorische Gaben zu erfreuen strebten, sich erneut in den Dienst unserer Kriegsbeschädigten stellen und durch deren Aufheiterung einer nicht zu unterschätzenden vaterländischen Sache dienen.
Das dritte Kriegsjahr wird ernst. Es soll uns die Entscheidung bringen. Aber dieser Entscheidungskampf wird härter und bitterer werden, als alle furchtbaren Kämpfe vorher. Es wäre deshalb der Bedanke zu erwägen, ob man nicht schon vor dem Frühjahr zugunsten der regelmäßigen anregenden Unterhaltung der Pflegebefohlenen unserer Lazarette Einrichtungen treffen sollte, und zwar dergestalt, daß etwa ein ehrenamtlicher Ausschuß allwöchentlich die Verteilung der Kräfte aus der Bonner Bürgerschaft anordnet, die unseren verwundeten Vaterlandsverteidigern gerne eine Stunde der Freude und Anregung und angenehmen Zerstreuung verschaffen wollen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn.
[...]
Kartoffeln. Es werden bis auf weiteres auf die Kartoffelkarte 4 Pfund Kartoffeln und als Zusatz zu den Kartoffeln in der Woche vom 15. bis 21. Januar 1917 auf Wochenkarte Nr. 167 6 Pfund Steckrüben (Kohlrüben, Wruken) ausgegeben.
Schwerarbeiter erhalten als Zusatz auf die Zusatzkartoffelkarte 3 Pfund Kartoffeln und auf die Zusatzwarenkarte Nr. 5 in der Woche vom 15. bis 21. Januar 1917 weitere 2 Pfund Steckrüben.
Der Verkaufspreis beträgt für Kartoffeln und Steckrüben 5,5 Pfg. für das Pfund.
Jedem Abnehmer von Steckrüben wird in der Verkaufsstelle eine Kochanweisung für Steckrüben kostenfrei ausgehändigt.
Die Nachfrage nach Steckrüben ist nach wie vor sehr schwach. Das ist einfach nicht zu verstehen. Die Steckrübe ist ein Gemüse, das fast den gleichen Nährwert wie die Kartoffel hat und sehr schmackhafte Gerichte gibt. Man versuche doch einmal mit den Kochanweisungen.
Es wird dringend empfohlen, etwa jetzt nicht benötigte Steckrüben für die gemüsearme Zeit zu trocknen. Eine Anleitung zum Trocknen von Steckrüben befindet sich am Schlusse der vorerwähnten Kochanweisung.
[...]
Eier. Der Stadt wurden in dieser Woche rund 20.000 Eier zugeteilt, eine Menge, die zur Versorgung der Bevölkerung bei weitem nicht ausreicht. Es werden deshalb in dieser Woche nur Eier an die Inhaber der mit Nr. 1 bezeichneten Umschläge zu den Lebensmittelkarten abgegeben und zwar 1 Ei für jede Person des Haushalts.
[...]
Obst und Gemüse. Die Beschaffung von Gemüse wird fortgesetzt schwieriger. Dies trifft besonders bei Rotkohl, Weißkohl und Wirsing zu, da die Bestände hiervon nahezu aufgebraucht sind. Den Hausfrauen wird nochmals empfohlen, Zwiebeln einzuschlagen, da im Frühjahr solche im Handel nicht mehr zu haben sein werden. Neuerdings werden in den städtischen Verkaufsstellen auch Apfelsinen zum Verkauf gebraucht.
Milchversorgung. „Milch ist im Haushalt sofort abzukochen.“ Dieser, schon seit Jahren von den mit der Ueberwachung der Gesundheitspflege betrauten Behörden gegebene Rat wird noch immer übersehen. Seine Befolgung ist aber jetzt um so notwendiger, da die durch den Krieg hervorgerufene Art der Ernährung empfindliche Naturen besonders aufnahmefähig für die durch Milch übertragbaren Keime macht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 14. Januar 1917
Den ersten stärkeren Schneefall in diesem Winter brachte uns der gestrige Vormittag. Der Schnee hielt sich aber nicht lange, er wurde schnell zu Wasser und war in der Stadt schon nachmittags wieder vollständig verschwunden.
Im Märchen-Theater (Bonner Bürger-Verein) wird Mittwoch nachmittag 5 Uhr das reizende Märchen „Gänseliesel“ aufgeführt, das im Berliner Lustspielhaus großen Beifall erzielte. Der sehr kurzweilige Naturforscher Confusius, entzückende Elfentänze, der Tanz der Waldteufel und lustige Gesänge mit humoristischen Einlagen werden den Besuchern anregende und genußreiche Stunden bringen.
Eine allgemeine Bestandsaufnahme für Brotgetreide, Gerste, Hafer, Kartoffeln und Steckrüben hat das Kriegsernährungsamt für den 1. Februar in Aussicht genommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Knappheit an Kartoffeln macht eine möglichst starke Heranziehung der Kohlrübe unabweislich, die Kohlrübe hält sich im Gegensatz zu der Kartoffel für den menschlichen Genuß im allgemeinen nur bis zur Mitte des März. Deshalb muß, um für später genug Kartoffeln zu haben, mit Nachdruck auf eine möglichst reichliche Verwendung der Kohlrüben in den nächsten Monaten hingewirkt werden. In Preußen ist die Anordnung ergangen, daß überall, wo genügend Kohlrüben vorhanden sind, die Menge in der Woche auf den Kopf auf drei Pfund Kartoffeln herabgesetzt wird, und daß die entfallende Kartoffelmenge durch mindestens die doppelte Menge an Kohlrüben ersetzt wird. Der Kartoffelzulage für Schwerarbeiter bleibt bestehen.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern auffallend schlecht beschickt. Mindestens zwei Drittel des Marktplatzes waren vollständig frei. An Gemüse, wie Wirsing, Spinat, Rosenkohl, Butterkohl, Krauskohl, Rot- und Weißkohl, sowie hiesigen Blumenkohl war nur ganz wenig vorhanden. Feldsalat, Endiviensalat, weiße Rüben, Erdkohlrabien, Schwarzwurzeln, Kohlrabien, Karotten, Möhren und Aepfel waren etwas reichlicher zu haben. [...]
Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren gestern in fast allen Markterzeugnissen die Zufuhren bedeutend größer als anfangs der Woche. Gemüse, wie Rosenkohl, Krauskohl, Butterkohl, hiesiger Blumenkohl, Wirsing und Spinat, war ziemlich reichlich vorhanden. Auch Aepfel zu 60 und 70 Pfg. das Pfund waren zu haben. Sonst waren die Preise im allgemeinen ungefähr dieselben wie die am letzten Hauptmarkttage. Die Waren wurden, hauptsächlich von auswärtigen Händlern, flott aufgekauft, wodurch der Markt gegen 8 Uhr früh schon fast vollständig geräumt war.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich gestern bei reichhaltiger Auswahl in Gemüse, Aepfeln usw. wieder eines recht regen Zuspruchs, besonders in gewässertem Stockfisch zu 1,20 Mark, Hamburger Rauchfisch zu 2 Mark, frischen Schollen zu 60 Pfg., frischen Seemuscheln zu 15 Pfg. und in Aepfeln zu 60 und 70 Pfg. das Pfund. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Für die Sünden ihrer Eltern mußten heute mehrere Säuglinge in Bonn büßen, indem die städtische Säuglingsmilchanstalt die Lieferung der Säuglingsmilch in all denen Fällen einstellte, wo noch keine Milchkarten abgegeben waren. Weil in diesem Falle nur die Säuglinge die Bestraften waren, kann man die Maßnahmen für verfehlt halten, besonders auch im Hinblick auf den Zweck der Säuglingsmilchanstalt. Wir können daher auch nicht annehmen, daß diese Anordnung vom Dezernenten ausging, da dieser offenbar nicht die Säuglinge bestraft, sondern Mittel gefunden haben würde, um in anderer Weise die säumigen Eltern an ihre Pflicht zu erinnern. Die Maßnahme richtete sich aber in sich selbst, da die Säuglingsmilchanstalt selbst einen großen Irrtum beging, indem sie nämlich die Lieferung der Säuglingsmilch einen Tag früher einstellte, als dies für die Säumigen (Eltern – nicht Säuglinge) angedroht war. Somit hatten diese armen hilflosen Geschöpfe heute auch noch für die Sünden der städt. Verwaltung mit zu büßen. Damit noch nicht genug – in den Fällen, wo die Eltern die erforderlichen Milchkarten bereits lange abgegeben hatten, die Karten aber von den Beamten verlegt waren, - uns ist ein solcher Fall bekannt – wurde ebenfalls die Lieferung eingestellt. In diesem Falle hätte eigentlich derjenige, welcher den Fehler begangen hat, den mühseligen Gang nach der Milchanstalt machen müssen. Fehler sind menschlich und müssen verziehen werden. Und der Zweck dieser Zeilen soll kein Vorwurf sein, sondern die Begründung eines Vorschlages bilden, dessen Durchführung diese Fehler, seien sie von Eltern begangen oder der Verwaltung, mit einem Schlage beseitigt. Wir glauben, daß dieser Vorschlag um so eher Annahme findet, als von der Verwaltung selbst eine fehlerlose Arbeit angestrebt wird, als ferner auch unser Vorschlag viel Arbeit und vor allem viele Lauferei erspart: Ist die Ausstellung neuer Milchkarten erforderlich, so reicht die Verwaltungsabteilung für die städtische Säuglingsmilchanstalt der Abteilung für Milchversorgung am Lebensmittelamt die von ersterer sowieso geführte Liste, gegebenenfalls auch eine Abschrift davon ein, und erhält dann, wenn dies erforderlich ist, die nötigen Milchkarten!
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 15. Januar 1917
3. Konzert von H. Sauer. Herr Kapellmeister H. Sauer dirigierte am dritten Abend seiner ungemein dankenswerten Symphoniekonzerte Bruchstücke aus Richard Wagnerschen Opern. Es hat nie an Stimmen gefehlt, die sich gegen eine Verpflanzung von Opernteilen in den Konzertsaal, auch wenn dieser zufällig ein Theaterraum ist, gewehrt haben. Auch Wagner selbst hat von diesem Notbehelf nur selten und aus besonderen Gründen Gebrauch gemacht. In der konzertmäßigen Darbietung von Opernteilen müssen eben wesentlich Bestandteile der Oper fallen. Als einen Notbehelf kann man solche Aufführungen gelten lassen. Mancher Bonner Musikfreund wird die in diesen Zeiten gerade nicht bequemen Fahrten in die Kölner Oper scheuen. Unter diesen Gesichtspunkten wird sich auch Herr Sauer zu dieser Programmwahl verstanden und den Dank zahlreicher Wagnerfreunde erworben haben. [...] Das Haus war vollständig bis an die Bühne besetzt. Der nächste Abend verspricht eine Brucknersymphonie. Ein Brucknersches Werk zu hören, dazu ist in Bonn nicht oft Gelegenheit. Sch.
Frostwetter hat sich Sonntag abend eingestellt. Die Straßen, auf denen Sonntag noch die schlammigen Ueberreste des letzten Schneefalles der vorherigen Nacht gelegen hatten, waren heute morgen vollständig trocken, die Schnee- und Wasserreste waren zu Eis gefroren.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Umfangreiche Diebstähle verübte ein aus Köln gebürtiger Soldat, der in Bonn als Krankenwärter in der hiesigen Klinik tätig war. Er entwendete verschiedenen Patienten der Klinik Kleidungsstücke und andere Gegenstände im Werte von ungefähr 400 Mark. Darunter befanden sich eine Uhr sowie verschiedene Anzüge, Schuhe usw. die einem Eisenbahnbeamten gehörten. Weiter beging er umfangreiche Diebstähle bei verschiedenen hiesigen Wirten. Er ging hier in einer ganz raffinierten Weise vor, indem er sich einlogierte und wenn die Luft rein war, alles stahl, was eben nicht niet- und nagelfest war. Einem Wirt entwendete er für etwa 300 Mark Kleidungsstücke, darunter Anzüge, Damenkleider, Wäsche und Schuhe. Ein anderer Wirt wurde dadurch, daß der Dieb einen größeren Posten Bettwäsche stahl, ebenfalls schwer geschädigt. Der Kriminalpolizei gelang es, ihn in einer Wirtschaft festzunehmen.
Ein 18jähriger Soldat, der sich unerlaubterweise von einem Truppenteil des hiesigen Ersatzbataillons entfernte, wurde von der Kriminalpolizei in einem Keller, wo er sich verborgen hielt, festgenommen. Er wurde seinem Truppenteil wieder zugeführt.
Die militärische Ausbildung der jugendlichen Mitglieder der Sportvereine ist durch eine Verordnung des Kriegsministeriums neu geregelt worden. Während bisher ein großer Teil der sporttreibenden Jugendlichen verpflichtet war, an den Uebungen der Jugendkompagnien teilzunehmen, haben die Sportvereine, die über eine Jugendabteilung von mindestens 15 Mitgliedern verfügen, jetzt das Recht, die militärische Ausbildung derselben selbst in die Hand zu nehmen. Die Vereine der deutschen Turnerschaft haben schon vor längerer Zeit eine derartige Vereinbarung mit dem Kriegsministerium getroffen. Die Ausbildung soll in der Hauptsache durch Vereinsmitglieder der Sportvereine erfolgen. Sie erfolgt nach den Bestimmungen und Anleitungen für den Heeresdienst und untersteht der Aufsicht des Stellv. Generalkommandos. In Sportskreisen wird die Aenderung jedenfalls mit Freuden begrüßt werden, da die Sportvereine nun in der Lage sind, auch auf dem Gebiete der militärischen Ausbildung mit ihren jungen Mitgliedern zusammen zu arbeiten, und sich der Spielbetrieb dadurch, daß die Vereine die Uebungen nach eigenem Wunsch ansetzen können, bedeutend besser regeln läßt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtischer Gemüseverkauf. In ganz Bonn Süd ist kein Gemüse aufzutreiben. Es wäre zu wünschen, daß die Stadt Bonn auch im Süden eine Verkaufsstelle für Gemüse und Fische einrichtete, da viele Hausfrauen nicht in der Lage sind, nach der Altstadt auf den Wochenmarkt zu gehen. Eine Kessenicher Hausfrau für viele.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Dienstag, 16. Januar 1917
Die Deutsche Kolonialgesellschaft und der Frauenbund der Kolonialgesellschaft beabsichtigen, am 27. Januar zur Feier des Kaisergeburtstages eine Festlichkeit zu veranstalten. Außer einer vaterländischen Vorfeier findet ein Konzert statt, das in seiner Art etwas ganz Neues bietet und bisher in Bonn noch nicht aufgeführt worden ist. Die hier schon bekannte und beliebte Konzertsängerin Frau Bellwidt aus Frankfurt a. M. wird im Verein mit anderen namhaften Künstlern ganz neue Vokalquartette mit erläuterndem Text vortragen. Diese Quartette sind bisher nur in Berlin, Leipzig und Frankfurt a. M. aufgeführt worden und haben dort überall begeisterte Aufnahme gefunden. Der Reinertrag wird der Herzog-Johann-Albert-Spende für die Kolonien zugeführt, es werden also damit die notleidenden Ansiedler deutscher Schutzgebiete unterstützt – wahrlich ein guter Zweck in dieser schweren Zeit, der es lohnt, ein Scherflein auf den Altar des Vaterlandes niederzulegen. Wir empfehlen den Besuch der Festlichkeit aber nicht nur des guten Zweckes wegen, sondern in erste Linie wegen der Vorzüglichkeit des Gebotenen.
Die Vorstände des Deutschen Kriegerbundes und des Preußischen Landeskriegerverbandes fordern die Kriegervereine auf, am Geburtstage des Kaisers überall zu ernsten, feierlichen Kundgebungen zusammenzutreten und „laut zu bezeugen, daß wir in der Heimat eins mit unserem Kaiser sind, eins mit unseren kämpfenden Kameraden der Armee und Marine, und daß der Kampf fortgehen muß bis zum gesicherten, hoffentlich recht baldigen Frieden“. Es wird empfohlen, diese Kundgebungen nicht auf die Kriegervereine zu beschränken, sondern möglichst alle Vereine und Vereinigungen zu einer gemeinsamen Erklärung entschlossener Vaterlandstreue einzuladen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Polizeistunde an Kaisers Geburtstag. Eine Verlängerung der Polizeistunde am Geburtstage des Kaisers hat der Deutsche Gastwirteverband in einer Eingabe an den Reichskanzler, das Oberkommando und an das Polizeipräsidium erbeten.
Der ausgiebige Schneefall der letzten Tage hat unserer Jugend das langentbehrte Vergnügen des Schlittenfahrens und des „Bahnschlagens“ gebracht. Wo nur irgend eine Anhöhe ist oder eine Straße eine Senkung macht, da laufen die kleinen Schlitten daher. Wehe dem, der den Warnruf „Bahn frei“ nicht beachtet. Da der Schnee nun auch die nötige Festigkeit hat, geht Hand in Hand mit Schlittenfahren und Bahnschlagen das Werfen mit Schneebällen. Fast auf jeder Ecke lauern die Jungens auf und im Nu ist eine regelrechte Schneeballschlacht im Gange, bei der natürlich auch mancher Erwachsene, der gar nicht mittut, sein Teil abbekommt. Gar viel wird heutzutage von der Verrohung der Jugend geschrieben, und auch die Behörde hat sich veranlaßt gesehen, energische Maßnahmen zu treffen, um dem gar zu tollen Treiben auf den Straßen und Plätzen Einhalt zu tun. Daß dieses Ausarten auch nicht allgemein ist, muß zum Lobe unserer Jugend auch gesagt werden: Als gestern eine Dame in der Altstadt über den Bürgersteig ging, trat ein junger Knirps an sie heran und meinte treuherzig: Madam, nemmt Uech en aach, he es en Bahn; gevvt me en Hand, söns liegt Ihr en de Dreck!“ Man sieht also, daß es auch noch Jungens gibt, die nicht an der allgemeinen „Kriegskinderkrankheit“ leiden.
Kriegsküche Maxstraße. Die Leitung der Küche schreibt uns: Einen erfreulichen Aufschwung hat die neue Kriegsküche in der Maxstraße genommen. Die Abonnentenzahl ist in der zweiten Woche nach Eröffnung um mehr wie 300 Personen gestiegen und die Literzahl der abgegebenen Speisen auf täglich rund 1100 Liter gebracht worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das Durchfahren der Schiffe unter den Rheinbrücken im Festungsbereich Köln, das von Eintritt der Dunkelheit (spätestens eine Stunde nach Sonnenuntergang) bis zum Tagesanbruch (spätestens eine Stunde vor Sonnenaufgang) für die Rheinschiffahrt im Bereich des 8. Armeekorps vom 7.10.1914 verboten war, ist wieder erlaubt, soweit dies nach der Rheinschiffahrtspolizeiordnung überhaupt zulässig ist.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 17. Januar 1917
Orgelpfeifen. Zu der Verordnung des Gouverneurs der Festung Köln vom 10. Januar 1917 über Beschlagnahme, Bestandserhebung und Enteignung von Prospektpfeifen aus Zinn von Orgeln und freiwillige Ablieferung von anderen Zinnpfeifen, - schalleitern usw. von Orgeln und sonstigen Musikinstrumenten hat der Oberbürgermeister die Ausführungsbestimmungen für den Kommunalverband Stadtkreis Bonn erlassen. Danach sind die Meldungen über Orgelprospektpfeifen bis zum 10. Februar 1917 unter Benutzung eines vorgeschriebenen Meldescheines, der auf dem Rathaus, Zimmer 22, Rathausgasse 10/12, zu entnehmen ist, zu erstatten. Auch wird noch besonders darauf hingewiesen, daß die Sammelstelle (Kirschallee 23) regelmäßig Montags, vormittags von bis 12 und nachmittags von 3½ bis 6 Uhr geöffnet ist. An diesem Tage können bei der Sammelstelle Metalle wie Zinn, Kupfer, Nickel und Messing auch freiwillig abgeliefert werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Infolge Mangels an Kleingeld wird der städtische Gemüse-, Obst und Fisch-Verkauf auf dem Wochenmarkt vielfach in seiner bisher ungewohnten flotten Abwicklung gehemmt. Es wäre deshalb wünschenswert, wenn die Hausfrauen in Zukunft beim Einkauf an den städtischen Verkaufsstellen für möglichst abgezähltes Kleingeld Sorge tragen würden.
Die Kaisergeburtstagsfeier der Universität findet am 27. Januar, vormittags 11½ Uhr statt. Die Festrede hält der ordentliche Professor für Botanik Dr. Johannes Fitting.
Ein erhebendes winterliches Bild voll reizender Schönheit bietet sich dem Naturfreund auf dem Wege nach dem Venusberg dar. Ueberall liegt ein weißer lilienartiger Schnee; die Bäume tragen ihn wie den zarten Schmuck schneeiger Wolle. Um sie herum Stille, die das fühlende Herz beben macht.
Kein Windhauch entkleidet die weißen Aeste der Bäume, ja nicht einmal von der Tanne dort bewegte sich eine Nadel, wenn nicht der muntere freche Sperling unruhig hin- und herhüpfte. Ueber dieser Schönheit bleifarbene Wolkenballen, die die Aussicht auf das Rheintal dem Blicke entziehen. Vergebens sucht das Auge den Drachenfels zu erspähen. Nur einen Kirchturm gewahre ich: wie ein Schatten liegt er vor dem Auge, und wenn nicht eine Turmuhr hin und wieder erklänge, könnte man annehmen, die große Welt sei ausgestorben – und doch tobt um uns der Kampf, der die ganze weiße Schneedecke verfärben könnte.
Da, eine Mutter mit einem lachenden Gesicht; um die Hand ein Seilchen gedreht, zieht sie auf dem Schlitten ihren Jüngsten, einen rotbäckigen strammen Kriegsjungen! „Wie alt“, frage ich? „Zwei Jahre!“ „Und sein Vater?“ „Ist noch gesund im Felde!“ erwidert sie in aller Höflichkeit. Dann verstummt sie. Hab’ ich sie traurig gemacht mit meinen schlichten Worten? Stimm’ uns nicht traurig, Bild des Winters, das ich mit keinem des Frühlings vertauschen möchte! In der deutschen Ernte keimt es zu neuer Frucht und Ernte.
Anbringung von Wohnungs-Briefkästen. Der Mangel an Arbeitskräften, der sich auf vielen Gebieten geltend macht, beinflußt auch den Postbestelldienst ungünstig. Die Heranziehung von Hilfskräften hat ihre Grenzen und bietet auch nicht volle Gewähr für die ordungsmäßige Ausführung der Bestellungen. Hierfür müssen Publikum und Postverwaltung verständnisvoll zusammenwirken. In erste Linie sind die Sendungen mit deutlichen Aufschriften und vollständigen Wohnungsangaben in leserlicher Schrift zu versehen; unter den gegenwärtigen Verhältnissen sich auf die Personenkenntnis oder gar die „Findigkeit“ der Post zu verlassen, ist nicht angebracht. Sodann soll man die Besteller nicht ohne Not an den Türen warten lassen oder mit Geldwechseln, Markenkaufen, Anfragen usw. aufhalten, da die folgenden Empfänger sonst um so später in den Besitz ihrer Sendungen gelangen. Besonders geeignet zur Erleichterung der Briefbestellung ist die Anbringung von Briefkasten oder Briefeinwürfen an den Hauseingängen oder den Wohnungstüren. Die Briefkasten sollten nicht zu klein und die Einwurfsöffnungen nicht zu eng sein, damit größere Briefe, Drucksachen und Zeitungen eingelegt werden können.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Interkonfessionelle Hausfrauenbund veranstaltet auch in diesem Jahre wieder Bügel-, Näh- und Servierkurse. Diese Kurse haben sich immer regen Besuches erfreut und tragen in der jetzigen Kriegszeit ganz besonders einem vielseitigen Bedürfnis Rechnung, da durch sie Frauen und Mädchen eine gute und billige Ausbildung auf den so wichtigen hauswirtschaftlichen Gebieten erlangen können. Die Kurse beginnen am 15 Februar im Volkshaus Sandkaule 13. Näheres ist aus der Anzeige in der heutigen Zeitung zu ersehen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 18. Januar 1917
Ueber Geburtenrückgang und Bevölkerungsfrage sprach Dienstag Abend in der Anthropologischen Gesellschaft der Rektor unserer Universität, Herr Geheimrat Ribbert. Der Geburtenrückgang, der sich seit einigen Jahrzehnten auch in Deutschland bemerkbar gemacht hat und in letzter Zeit stärker wird, ist bisher vorwiegend in Kreisen aufgetreten, die sehr wohl eine größere Anzahl von Kindern aufziehen könnten, die ärmeren Schichten sind noch wenig beteiligt. Der Grund für den Rückgang liegt also nicht in der Not, sondern in dem Wunsche nach einem bequemen Leben. Dazu kommt die Berufstätigkeit der Frau, die sich mit einer größeren Familie nicht vereinigen läßt, die Freude am Kinde und die Gesundheit beeinträchtigt und zu später, für die Fortpflanzung ungünstiger Ehe führt. Was läßt sich gegen den Rückgang tun? Ein Verbot der empfängnishindernden Mittel wird teils nicht helfen, teils die Verbreitung der eine Verminderung der Fortpflanzung herbeiführenden Geschlechtskrankheiten befördern. Wichtig wäre die Einführung frühzeitiger Ehen, aber dem stehen u. a. unsere wirtschaftlichen Verhältnisse und der Frauenberuf entgegen. Besonders viel verspricht man sich von Geldunterstützungen kinderreicher Ehen, durch Steuernachlaß, steigende Beiträge für jedes weitere Kind usw. Aber die Kosten sind außerordentlich hoch, und die an dem Geburtenrückgange bisher beteiligten Kreise lassen sich dadurch nicht beeinflussen. Eher ist zu hoffen, daß die Unterstützungen den Uebergang auf die weniger bemittelten Volksschichten hemmen werden. Doch spielen auch in ihnen Rücksichten auf ein bequemeres Leben eine Rolle. Wie kann man nun auf den Geburtenrückgang in den Familien einwirken, in denen er sich bisher gezeigt hat? Man denkt an ethische Ermahnungen, aber die werden in einer solchen elementaren Frage nicht beachtet. Ferner an religiöse Einflüsse, die sicherlich vielfach maßgebend sind und es erklären, daß im Katholizismus der Rückgang bei uns noch wenig hervorgetreten ist. Aber das wird nicht von Dauer sein; das katholische Frankreich hat das Zweikindersystem, in Deutschösterreich nehmen die Geburten beständig erheblich ab, ebenso in Elsaß-Lothringen und in Belgien, bei uns noch wenig, aber es wird auc hier kommen. Man kann die Familien auf ihre Verpflichtungen gegen den Staat verweisen, der nur bei ausreichender Kinderzahl bestehen kann. Aber dadurch wird man die Eltern nicht zu vermehrter Kinderzahl bringen. Durch Ermahnungen dieser Art wird man also den Geburtenrückgang nicht bessern. Daher denkt man immer wieder ans Geld. Aber das ist kein ideales Vorgehen und nur berechtigt, wenn das Ziel sicher gut ist. Aber ist das unzweifelhaft? Muß das Volk unbegrenzt an Zahl zunehmen? Wie ist es in der Tierwelt? Hier ist die Erhaltung der Art maßgebend, und das gilt auch für den Menschen. Aber dazu ist keine unbegrenzte Vermehrung erforderlich, bei einer Zahl von durchschnittlich vier Kindern wird ein Volk ausreichend zunehmen. Eine weitere Einschränkung freilich ist falsch, ist krankhaft. Mit vier Kindern ließe sich der an sich berechtigte Wunsch nach einem an allem Guten und Schönen teilnehmenden Leben genügend vereinigen. Fraglich aber ist, ob es gelingt, auch nur diese Durchschnittszahl durchzusetzen. Ergänzend können die Bestrebungen nach Beseitigung aller das Leben der Kinder bedrohenden Krankheiten eintreten, aber dadurch wird natürlich der Geburtenrückgang nicht beseitigt, sondern nur verdeckt. So sind die Aussichten, durch unsere Bemühungen den bisherigen Geburtenrückgang zu hemmen, gering. Wir werden aber durch jene Unterstützungen Sorge tragen müssen, daß er nicht auf weitere Kreise übergreift, daß der jetzt noch vorhandene Ueberschuss erhalten bleibt. Wir hoffen, daß der gesunde Kern unseres Volkes sich einem weiteren Geburtenrückgang versagt; wir hoffen es, weil wir überzeugt sind, daß dem Deutschtum im Wettbewerb der Völker noch eine große Rolle vorbehalten ist.
Der Bonner Wehrbund zog am Sonntag zu einer Schneeballschlacht auf den städtischen Spielplatz. Nachdem die Jungmannen sich tüchtig ausgetobt hatten, zogen sie zur Fortbildungsschule zu einem Lichtbildervortrag, der die Einführung in das Kartenlesen bezweckte.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Noch nicht dagewesen! Gestern morgen war auf dem Wochenmarkt nur eine Verkäuferin erschienen und auf dem „Großmarkt“ am Stiftsplatz war dasselbe Bild. Auch dort hatte sich nur ein Landmann aus der Umgegend mit einigen Körben eingefunden. Die Händler, die sich regelmäßig morgens schon um 6 Uhr auf den Märkten zum Einkauf einstellen, konnten infolgedessen nach längerem Warten wieder abziehen, da die beiden einzigen Verkäufer erst nach 9 Uhr hier eintrafen. Die Folge war, daß auch in den hiesigen Gemüsegeschäften gestern nichts zu haben war. Glücklicherweise hatte die Stadt einige Vorräte an Gemüse, die natürlich im Handumdrehen verkauft waren. Unsere Hausfrauen machten große Augen, als sie zur gewohnten Zeit zum Einkauf erschienen und auf dem großen, schneebedeckten Marktplatz nur die eine Verkäuferin vorfanden, die oberhalb der Fontäne ihren Stand aufgeschlagen hatte. Sie war fortwährend von Kauflustigen umringt, konnte aber auch mit nichts anderem als Kornsalat [Feldsalat] und Steckrüben dienen. Dafür hatte die Frau, die aus Lengsdorf herübergekommen war, vollauf zu tun, um alle Fragen zu beantworten, die an sie gerichtet wurden. „Wat es dann loß, Frau Brenig, dat Ihr alleen he stoht, jitt es keen Gemös mie?“ – „Waar jitt et ze baschte [Ware gibt es im Überfluss], ävve et es denne andere ze kalt; ich halde et uus, ich well en minge Gewände blieve!“ Hoffentlich kehren auch bald die übrigen Marktfrauen zu ihrer „alten Gewohnheit“ zurück und nehmen ihre gewohnten Plätze auf unseren Märkten wieder ein.
Kartoffelkarten sind jetzt ein sehr begehrenswerter Artikel und kommen leicht abhanden, wenn man sie nicht vorsichtig behütet. Diese Erfahrung mußte auch eine Dame aus der Sternstraße machen, die in eine Kartoffelabgabestelle ihre Karte „ohne Aufsicht“ auf den Ladentisch legte. Im Augenblick war die Karte verschwunden und konnte trotz sofortiger Nachforschungen nicht wiedergefunden werden. An dem Mittagstisch der Dame, die für 10 Köpfe zu sorgen hat, wird wohl jetzt besonders große „Kartoffelknappheit“ eintreten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Bitte an die Volksküchenverwaltung. „Nudeln mit Kompott“. Wenn das Gericht auf unserem Küchenzettel steht, kommen unsere Kleinen fünf Minuten früher aus der Schule heim, so beschleunigt die Vorfreude ihre Schritte. Wenn die Kriegsküche dasselbe Programm hat, muß ich etwas dazukochen, und selbst dann noch sind wir alle unzufrieden mit dem „Matsch“. Das Wort ist nicht schön, aber durch kein zutreffenderes zu ersetzen. Nudeln sind kein Massengericht. Kochen Sie lieber eine gute Gemüsesuppe mehr in der Woche und geben sie die Nudeln auf Warenkarten aus. Damit ersparen Sie Ihren Abnehmern viel Aerger und machen all denen, die endlich wieder einmal ihren Kindern Nudeln geben können, eine große Freude. Eine Nudelfreundin.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Wissenschaftliche Vorträge. Heute abend spricht der Direktor der Frankfurt-Aschaffenburger Elektrizitätswerke, Herr Dessauer, über die Einwirkung des Lichtes auf die menschliche Gesundheit (mit Lichtbildern). Wir Laien haben wohl den wohltätigen Einfluß des Lichtes auf die menschliche Gesundheit erkannt, aber noch nicht genug gewürdigt. Die Bedeutung der Lichttherapie in der Heilkunde ist bekannt. Der Krieg lehrt und zwingt uns, in der Zukunft alle Mittel zu ergreifen, um unsere Nervenkraft zu erhalten und zu steigern. Der Vortragende, ein bedeutender Physiker, ist uns hier in Bonn schon längst als glänzender Redner bekannt, der uns in klarer, leicht faßlicher Form die nötige Aufklärung zu geben vermag.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 19. Januar 1917
Der Dank der Truppen für die Weihnachtsgaben. Wie der kommandierende General des 8. Armeekorps, hat auch der kommandierende General des 8. Reserve-Armeekorps der Stadt Bonn für die seinen Truppen gesandten Weihnachtsliebesgaben gedankt. Er schreibt: „Die Stadt Bonn hat den Mannschaften des Generalkommandos und den mir unterstellten Truppen zum Weihnachtsfest im überreichen Maße schöne Liebesgaben übersandt und damit den Mannschaften eine große Freude und Ueberrraschung bereitet. Getragen von der Liebe der Heimat und voller Dank gegen die Heimatprovinz und im besonderen gegen die Stadt Bonn, haben wir hier draußen an der Westfront ein schönes drittes Kriegsweihnachten gefeiert. Ich spreche der Stadt Bonn im Namen der Unteroffiziere und Mannschaften des 8. Reserve-Armeekorps und der Korpstruppen meinen herzlichsten Dank aus mit der Bitte, meinen Dank den Bürgern der Stadt gütigst übermitteln zu wollen.“
Eine Wanderausstellung für weibliche Berufskleider wird (so wird uns geschrieben) vom Verband für deutsche Frauenkleidung und Körperkultur geplant. In dieser Zeit, in der die Frauen in so viele männliche Gewerbe tätig eingreifen, soll ihnen die Ausstellung praktische Anregung geben, wie sich eine sachgemäße, schöne, gediegene Kleidung herstellen läßt. Gedacht ist an Kleider für Aerztinnen, Pflegerinnen, Apothekerinnen, Chemikerinnen, Post- und Bureaubeamtinnen, Schaffnerinnen, Land- und Gartenarbeiterinnen, Tapeziererinnen, Munitions- und Fabrikarbeiterinnen, an Turn- und Wanderkleider. Die möglichste Mannigfaltigkeit und Erschöpfung aller weiblicher Berufe wäre erwünscht. Jedermann wird daher aufgefordert, sich mit praktisch bewährten Musterkleidern an der Ausstellung zu beteiligen, die schon im Februar ihre Wanderung durch Deutschland antreten soll. Nähere Auskunft gibt die Vorsitzende der Ortgruppe Bonn Bonn-Süd, Germanenstraße 33.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Städt. Lebensmittelverkauf. In der kommenden Woche werden in den bekannten Verkaufsstellen Hausmachersuppe, kochfertige Mehlsuppe (Schleimsuppe), Teigwaren, Zwetschgenmarmelade und Margarine (oder Rüböl) abgegeben. Die Verkaufsstellen für Rüböl sind im Anzeigenteil unseres heutigen Blattes bekanntgegeben.
Auf dem Wochenmarkt hatten sich gestern im ganzen sechs Verkäuferinnen eingefunden, also schon erheblich mehr als am Vortage, wo bekanntlich nur eine einzige Verkäuferin erschienen war. Aller Voraussicht nach wird sich ihre Zahl am heutigen Hauptmarkttage noch wesentlich erhöhen, da bereits um sechs Uhr heute früh die gestrige Rekordziffer um zwei Verkäuferinnen überschritten wurde.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
An die „Nudelfreundin“. 1. Ein Mensch kann niemals seine Erziehung verleugnen, sie wird sich in allen seinen Handlungen offenbaren. Auch eine Kriegsküche kann’s solchen nicht recht machen. 2. Der sogenannte „Matsch“, gemeint „Nudelbrei“, war übrigens gut und ist von meiner siebenköpfigen Familie zwischen den Suppen als angenehme Abwechselung empfunden und gewürdigt worden, jedenfalls den kochfertigen Suppen entschieden vorzuziehen. Ein Familienvater, der 15 Monate im Felde war.
(Anm. Red. Da wir beide Einsender kennen, möchten wir feststellen, daß die Erziehung der „Nudelfreundin“ zu dem Geschmack obigen Familienvaters in keinerlei Beziehung steht.)
Nudeln mit Kompott. Der Schreiber dieser Zeilen hat das Gericht „Nudeln mit Kompott“ aus der Kriegsküche der Universität holen lassen und im Kreise der Familie mit dem größten Appetit verzehrt. Das Gericht war ganz ausgezeichnet, und gerne wäre man damit einverstanden, daß es zweimal statt nur einmal in der Woche gegeben würde. – Wer wird denn heute so undankbar sein, und über ein Gericht schimpfen, das ebenso nahrhaft wie schmackhaft zubereitet ist. Der Kriegsküche gebührt in diesem Falle volles und uneingeschränktes Lob. – Dahingegen muß es entschieden in Abrede gestellt werden, eine weitere dünne „Suppe“ nach dem offensichtlich auf Abwege geratenen Geschmack der Einsenderin aus der Donnerstags-Nummer des General-Anzeigers in den Wochenplan der Kriegsküche „einzuschieben“. Der dünnen Suppen haben wir leider Gottes viel zu viel; der Magen will auch einmal was „Dickes“ haben, und das soll und muß sich die Einsenderin merken; wenn sie dünne Suppen haben will, dann mag sie sich selber welche kochen, aber mit ihren fragwürdigen Wünschen die Allgemeinheit und die Kriegsküchen in Zukunft verschonen. J. L.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der Flottenverein Jungdeutschland veranstaltet am Samstag. Den 20. ds. Mts., abends 5 ¼ Uhr im großen Saal der Lese- und Erholungsgesellschaft einen Unterhaltungsnachmittag und Musik- und Gedichtvorträge, Fahnenreigen, sowie zwei kleine Lustspiele unter Mitwirkung des lit. Vereins und der Musikgruppe des städt. Gymnasiums.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 20. Januar 1917
Kaisergeburtstag ohne festliche Veranstaltungen, nur mit einem stillen Gedenken und treuer Fürbitte zu feiern, hat Kardinal v. Hartmann für die Erzdiözese Köln angeordnet. Am 28. Januar soll eine kirchliche Sammlung zum Besten der kranken und verwundeten Krieger abgehalten werden.
Der Bonner Wehrbund beabsichtigt, wie in den vergangenen beiden Jahren, auch diesmal zu Kaisers Geburtstag eine öffentliche vaterländische Volksfeier zu veranstalten. Die Feier soll Sonntag, d. 28. Januar, abends 8 Uhr, in der Aula des Königlichen Gymnasiums an der Koblenzer Straße stattfinden. Her Geheimrat Prof. Dr. Dyroff wird die Festrede halten; der Bonner Männer-Gesang-Verein und einige Bonner Künstler werden musikalische Gaben darbieten; auch ein Prolog wird nicht fehlen, während gemeinsame Gesänge das Ganze umrahmen sollen. Die Feier wird das vaterländische Pflichtgefühl, den Entschluß zum Durchhalten bis zum Siege von neuem stärken. Jeder deutsche Mann und jede deutsche Frau werden schon jetzt herzlich dazu eingeladen.
Vaterländischer Hilfsdienst für Frauen in Bonn. Einer Einladung der Vorsitzenden des Vaterländischen Frauenvereins Stadtkreis Bonn, Frau Berghauptmann Krümmer, folgend, traten Dienstag nachmittag die Vorstände der nachstehenden Frauenvereinigungen Bonns: Vaterländischer Frauenverein Stadtkreis Bonn, Bonner Frauen-Verein, Deutsch-evangelischen Frauenbund, Katholischer Frauenbund, Elisabeth-Verein, Verein Frauenbildung – Frauenstudium, Bonner Lehrerinnen-Verein, rheinisch-westfälische Frauengruppe für Volksbildung und der Verein zur Beschäftigung Arbeitsloser zu einer Besprechung über die Einrichtung des Vaterländischen Hilfsdienstes für Frauen in Bonn zusammen. Es handelt sich darum, bisher ungenügend beschäftigte oder brachliegende weibliche Arbeitskräfte für die Filial-Prüfungswerkstätte der Kgl. Geschossfabrik, die seit Anfang dieser Woche in Kessenich in Betrieb gesetzt worden ist, zu gewinnen. Es wurde beschlossen, von Mittwoch, den 17. Januar, ab eine Anmeldestelle in der Wirtschaft von Schmitz, Burbacherstraße 33, während der Vormittagsstunden von 10 bis 12 Uhr einzurichten. Die Leitung wurde Herrn Dr. Krantz übertragen, während die Vorstände der Bonner Frauenvereinigungen diesem neuen Unternehmen, das sowohl aus vaterländischer wie aus sozialer Rücksicht geschaffen ist, dauernd ihre besondere Fürsorge zuwenden werden. Um vielen Frauen und Mädchen, die an eine andauernde mechanische Beschäftigung nicht gewohnt sind, die Beteiligung zu ermöglichen, ist von der Leitung der Kgl. Geschossfabrik in entgegenkommender Weise die Bildung einer besonderen Abteilung vorgesehen, die nur einen achtstündigen Arbeitstag zu erledigen hat, allerdings auch entsprechend weniger verdient. Diese Abteilung B, für die zunächst 70 Arbeiterinnen vorgesehen sind, soll Anfang Februar ihre Arbeit aufnehmen. Obwohl schon eine große Anzahl von Meldungen vorgesehen sind, werden persönliche Anmeldungen noch täglich, mit Ausnahme von Sonntag, in der Anmeldestelle Burbacherstraße 33 während der Dienststunden entgegengenommen. Mitzubringen ist ein polizeiliches Führungszeugnis, eine ärztliche Gesundheitsbescheinigung und Mädchen unter 21 Jahren ein Arbeitsbuch. Mädchen unter 16 Jahren können nicht angenommen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Postdiebereien in größerem Umfang beging ein beim Postamt in Bonn angestellter 27 Jahre alter Aushilfsbriefträger. Er entwendete aus einer ganzen Reihe von Paketchen und Briefen aus dem Feld Geldbeträge. Außerdem öffnete er verschiedene Briefe, in denen er Geld vermutete. Schließlich gelang es aber, ihn abzufassen. Die Strafkammer erkannte auf eine Gefängnisstrafe von einem halben Jahr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nudeln. Da hauen gleich drei auf mich ein, aber daß einer der Einsender meine Zuschrift ordentlich gelesen oder gar begriffen hätte, könnte ich nicht behaupten: Alle Kriegsküchen, die ich kenne, sind unglücklich über das Gericht. Und das ist natürlich; denn Nudeln verlangen ein so aufmerksames Kochen und müssen genau im richtigen Augenblick aufs Sieb gebracht werden, daß eine Massenküche das einfach nicht machen kann. Es läßt die Nudeln in der Brühe und gibt sie damit aus. Das Resultat ist ein Schaden für die Allgemeinheit; denn wenn die Nudeln auf Karten abgegeben und nach Hausfrauenart behandelt werden, so kommt jeder zu seinem Recht. Außerdem kann das jede Hausfrau mit den heute vorhandenen Mitteln machen, während ihrer zu einer der Volksküchen-Gemüsesuppen manchmal rein alles fehlt. Die Nudelfreundin
(Anm. d. Schriftleitung: Da es sich hier um eine wichtige Ernährungsfrage handelt, haben wir der Angelegenheit breiteren Raum gewährt. Wir wolle jedoch die Erörterung nach Rede und Gegenrede jetzt beenden und es dem Ausschuß der Kriegsküchen und dem Lebensmittelamt anheimgeben, die bestmögliche Lösung in der Nudelfrage zu finden.)
Nudeln und Reis für die Warenkarte. Ich habe es mit Genugtuung gelesen, daß endlich eine Nudelfreundin für das Wohl der danach Darbenden eingetreten ist. Auch meiner Meinung nach sind sie zu einer Massenspeisung nicht angepaßt. Zu derselben gehört entschieden eine derbere nahrhaftere Kost. Kindern und Kranken, die sie kaum entbehren können, werden sie durch den Massenverbrauch vollständig entzogen, ebenso wie der Reis, der ihnen auch dadurch genommen ist. Diese Produkte gehören doch richtiger auf die Warenkarte, wäre dieses zu weitgehend, dürfte ein ärztliches Attest für bedürftige Kranke in Frage kommen. Eine alte leidende Dame.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
In begreiflicher Erregung. Eine Näherin aus Bonn, die von ihrem Geliebten, einem Metzgergehilfen, in schnöder Weise verlassen worden war, als er die Folgen seiner Liebe erkannte, hatte in einem Schreiben an Bekannte des Gehilfen diesen des Diebstahls bezichtigt und das Schreiben mit einer falschen Unterschrift versehen. Die Strafkammer billigte ihr mildernde Umstände zu, verurteilte sie zu zwei Wochen Gefängnis, gewährte ihr aber Strafaufschub.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 21. Januar 1917
Arndt-Eiche in Eisen. Freitag morgen erschienen die Beamten und Arbeiter der Firma Eschbaum in Bonn an der Arndt-Eiche, um die feierliche Nagelung einer für die Arndt-Eiche gestifteten Adlerfeder vorzunehmen. Herr Schiefgen brachte das Kaiserhoch aus, worauf die Feier mit dem gemeinsamen Liede: Heil dir im Siegerkranz ihren Abschluß fand.
Auch eine Reihe anderer Firmen hat für sich oder für ihre Angestellten erhebliche Beträge für die Zwecke der Arndt-Eiche gestiftet und Adlerfedern und andere Zierate genagelt bzw. die Stiftung in Aussicht gestellt, so wie die Tapetenfabrik Strauven, die Seifenfabrik Helbach u.a.
Es sei darauf hingewiesen, daß an der Krone der Arndt-Eiche noch mehrere prächtige Wappenschilder zum Preise von je 500 Mark sowie noch andere Zierate zum Preise von 250 bis 100 Mark frei sind. Auch für geringere Beiträge kann in abwechselungsreicher Weise die Nagelung vorgenommen werden.
Für private Feiern oder Festlichkeiten in kleinerem oder größerem Maßstabe empfiehlt sich die Unterstützung der Arndt-Eiche durch An- bzw. Verkauf von Ansichtspostkarten, welche zu 10 Pfg. das Stück an der Arndt-Eiche zu haben sind. Jüngst hat noch eine hiesige Gesellschaft bei Gelegenheit einer kleineren Feier 300 Ansichtskarten abgesetzt und dafür einen Erlös von 70 Mark erzielt. Dieses Beispiel wird zur Nachahmung empfohlen, besonders für etwaige Veranstaltungen am Kaisersgeburtstag.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt war auch gestern wieder auffallend schlecht beschickt. Etwa ein Dutzend Verkäuferinnen waren erschienen, darunter nur eine oder zwei vom Lande. Gemüse war nur verschwindend wenig vorhanden. Dieser Mangel an Gemüse ist hauptsächlich auf die starken Schneefälle und das Frostwetter zurückzuführen. Sobald günstigeres Wetter eintritt, werden die Zufuhren voraussichtlich wieder reicher werden.
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren die Zufuhren verschwindend klein. An Gemüse war hauptsächlich etwas Rosenkohl, Schnittgemüse und Krauskohl, sowie einige Körbe mit Feldsalat vorhanden. Die Preise waren ungefähr dieselben wie am letzten Hauptmarkttage. Um ½8 Uhr früh war der Markt schon vollständig geräumt. Des geringen Angebots wegen mußten die meisten Händler wieder mit leeren Körben nach Hause fahren.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich bei reichlicher Auswahl in Gemüse, Aepfeln und Fischen wieder eines regen Zuspruchs. Kieler Sprotten kosteten 1,50 Mark das Pfund, frische Schollen 1 Mark, frische Seemuscheln 18 Pfg., gewässerter Stockfisch 1,20 Mark, Hamburger Rauchfisch 2 Mark, Aepfel 60 und 70 Pfg. das Pfund. Außerdem wurden noch ausländische Zwiebeln, gelbe Möhren, weiße Rüben, Rotkohl, Krauskohl, Butterkohl, Schwarzwurzeln, Sellerie, Breitlauch und Apfelsinen zu 10 und 18 Pfg. das Stück verkauft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwundetenfürsorge. Gestern abend wurden die Verwundeten des Reserve-Lazaretts Leoninum durch einen Lichtbildervortrag erfreut, der einige der schönsten Bilder der Schweiz zum Gegenstand hatte. Den erläuternden Text sprach Frl. Maria Burghard. In den Zwischenpausen sang die Bonner Liedertafel unter Leitung des Herrn Dirigenten Rech einige prächtige Volksweisen. Allen Mitwirkenden gebührt für die gebotenen Leistungen der herzliche Dank.
Bekanntmachung des städtischen Bekleidungsamtes über die Eröffnung der Annahme- und Ankaufstelle von getragenen Kleidungs- und Wäschestücken, Uniformen und Schuhwaren Stockenstraße Nr. 3.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 22. Januar 1917
Pastor D. Weber in Bonn hat im Namen des Gesamtverbandes der Evangelischen Arbeitervereine Deutschlands an den Kaiser am 16. Januar folgende Adresse gerichtet: „Ew. Kaiserlichen Königlichen Majestät gestattet sich der ehrerbietigst Unterzeichnete im Namen der 150.000 Mitglieder des Gesamtverbandes der Evangel. Arbeitervereine Deutschlands, der im Felde stehenden wie der älteren, in der Heimat weilenden, den ehrfurchtsvollen, aus tiefstem Herzen kommenden Dank auszusprechen für Ew. Majestät hochherziges Friedensangebot an die Feinde, aber auch für die Antwort, die Ew. Majestät der schnöden Abweisung dieses Friedensangebots haben zuteil werden lassen. Wir geloben Ew. Majestät Treue um Treue und stehen mit dem ganzen deutschen Volk geschlossen hinter Ew. Majestät bis zum Aeußersten und Letzten. An Ew. Majestät Geburtstag werden wir zu Gotte bitten und flehen, daß er in seiner großen Gnade Ew. Majestät Kraft und Geduld, Licht und Weisheit von oben schenken möge, Allerhöchst Ihr Königs- und Kaiseramt in Sieg und Segen weiterzuführen und der teuflischen Verschwörung unserer Feinde mit scharfen Schwerteshieben ein Ende zu machen, auch unseren Hauptfeind England, den Tyrannen der Meere, niederzuringen und niederzuzwingen. Gott segne, schütze und schirme Ew. Majestät und Allerhöchst Ihr ganzes Haus!“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wehrbund. Der Abteilung des Kgl. Gymnasiums war folgende Aufgabe zugefallen: Eine Vorpostenkompagnie hat den Waldrand oberhalb von Dottendorf zu sichern, indem sie die 3 auf den Ort führenden Wege besetzt hält. Gegnerische Vortruppen haben die genaue Stellung der feindlichen Vorpostenaufstellung zu erkunden und den Vormarsch auf Dottendorf anzutreten. Das Verhältnis von Verteidigern und Angreifern war 3:2. Die Verteidigung war erfolgreich dank einer genauen Geländekenntnis ihres Führers und geschickter Gruppierung bezw. Umgruppierung. Die Uebung bot insofern etwas neues, als sie die großen Schwierigkeiten kennen lernen ließ, sich in einer tief verschneiten Landschaft zurechtzufinden.
Immer wieder muß man die Geschicklichkeit der Jugend bewundern, wie sie ihren Schlitten zu lenken versteht. Wie die Großen steuern sie, weichen geschickt aus, nehmen die Kurven und bringen mit kleiner Bosheit die Genossen aus der Bahn. Immer wieder muß man die Unempfindlichkeit, selbst der Kleinsten auf der Bahn, bewundern gegen die unvermeidlichen Stürze, Kopfstände, Stöße und Püffe, die niemals unter blauen Malen hergehen. Und immer wieder sieht man mit Staunen, wie Kälte und Nässe und steifgefrorene Glieder mit Gleichmut hingenommen und stundenlang ertragen werden. Selbst schwere Unfälle, wie solche sich gestern an der Rosenau ereigneten, üben keine hemmende Wirkung aus. Es sollen dort zwei junge Leute zu Tode gekommen sein, und zwar ein junger Mann aus Godesberg und ein junger Mann aus Bonn. Ein junges Mädchen erlitt eine Schädelverletzung, der es später erlegen sein soll. Groß und Klein stählt den Mut, erwirbt sich hohe Geschicklichkeit, lernt Strapazen aller Art zu ertragen bei Rodeln. Es ist auch Erziehung zur Tüchtigkeit im Sinne dieser harten Zeit.
Begrenzung des Kerzenverbrauchs. Um eine gleichmäßiger Verteilung sicher zu stellen und übermäßige Preissteigerungen zu verhüten, hat der Reichskanzler eine Verordnung erlassen, nach welcher einzelne Kerzen nur aus den dazu gehörigen Packungen, in der Höchstzahl von drei Stück auf einmal, verkauft werden dürfen. Die Verkaufspreise werden von der Kriegsschmieröl-Gesellschaft m. b. H. in Berlin festgesetzt. Die Kerzenverpackungen müssen an der Außenseite deutlich lesbare Angaben über die Firma und den Ort der gewerblichen Hauptniederlassung des Herstellers enthalten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Fürsorge für kriegsbeschädigte Akademiker ist in der Rheinprovinz in der Weise geregelt, daß im Anschluß an die allgemeine Kriegsbeschädigtenfürsorge der Provinzialverwaltung eine Beratungs- und Unterstützungsstelle in Verbindung mit den drei rheinischen Hochschulen, der Universität in Bonn, der technischen Hochschule in Aachen und der Handelshochschule in Köln gegründet worden ist. Die kriegsbeschädigten Akademiker, die Rat und Unterstützung nötig haben, wenden sich an das Rektorat der Universität Bonn, bzw. an das Rektorat der Technischen Hochschule Aachen, bzw. an den Studiendirektor der Handelshochschule in Köln. Die Beratungs- und Unterstützungsstelle hat auch eine Geldsammlung unter den rheinischen Akademikern veranstaltet, die den Betrag von rund 100.00 Mark ergeben hat. Dadurch, sowie durch weitgehende Heranziehung von Spenden und sonstigen Stiftungen ist vorläufig ausreichende Möglichkeit gegeben, in allen Fällen, wo ein Akademiker infolge einer Verwundung oder Erkrankung im Kriege in Not geraten ist, die nötige Hilfe zu leisten. Glücklicherweise sind ja die Fälle einer Berufsbeeinträchtigung infolge Kriegsbeschädigung bei Akademikern lange nicht so häufig wie bei körperlich Arbeitenden, da die regelmäßige Kriegsbeschädigung in äußerer körperlicher Schädigung, z. B. Verlust oder Verstümmelung von Gliedmaßen besteht, und in solchen Fällen meist der akademische Beruf in der bisherigen Weise fortgesetzt werden kann. Die Beratungs- und Unterstützungsstelle ist aber schon in einer großen Anzahl von Fällen in Anspruch genommen worden. Es handelt sich hier beispielsweise um die Notwendigkeit weiterer Erholungskuren über die von er Militärverwaltung gewährte Heilfürsorge hinaus oder auch um die Notwendigkeit eines Berufswechsels infolge der Kriegsbeschädigung (z. B. bei katholischen Theologen, die infolge der Verstümmelung den kirchlichen Anforderungen inbezug auf die äußere Unversehrtheit der Geistlichen nicht mehr entsprechen). Zur Beratung selbst werden die Professoren der Universität und sonstige sachkundige Herren aus den betreffenden Berufsständen herangezogen. Es ist zu erwarten, daß der größte Teil der Arbeit sich erst nach Schluß des Krieges ergeben wird, es ist aber auch kein Zweifel, daß dann ein etwaiger nochmaliger Aufruf an die Opferwilligkeit der rheinischen Akademiker den nötigen finanziellen Erfolg bringen wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 23. Januar 1917
Dr. Edelstein †. In verhältnismäßig jungen Jahren, noch nicht Mitte der 40er, starb Sonntag nacht nach nur zweitägigem Krankenlager der praktische Arzt Dr. Emanuel Edelstein. Seit einer Reihe von Jahren praktizierte er zuerst in Beuel und dann in Bonn. Er zeichnete sich ebenso sehr durch pflichttreue Liebe zu seinen Kranken wie durch strenge Sachlichkeit und exakte Diagnose aus. Als Mensch human im wahren Sinne des Wortes, lebte und webte er nur für seine Kranken. Unermüdlich im Beruf, ist er schließlich ein Opfer desselben geworden. Als er aus dem fernen Osten zurückkam, wohin ihn der Dienst des Vaterlandes gerufen hatte, war seine Gesundheit schon auf das bedenklichste erschüttert, und trotz der sorgfältigsten Pflege und einer längeren Ausspannung wollten die alten Kräfte nicht wieder zurückkehren. Er war dann längere Zeit in Rolandseck im Reservelazarett tätig, wo seine Liebe und sein warmes Herz den Soldaten ebenso freudig entgegenschlug wie auch seinen anderen Kranken. Auch dort wird man sein Wirken aufs schmerzlichste vermissen, zumal sein Tod ganz unverwartet kam. Auch für die israelitische Gemeinde ist sein Hinscheiden ein großer Verlust. Wo es galt, für seine Glaubensgenossen einzutreten, war er mit Rat und Tat bei der Hand. Ueberall war er bestrebt, die Interessen des Judentums in Wort und Schrift zu fördern. Das Andenken Dr. Edelsteins wird in der Stadt und in seiner Gemeinde noch lange erhalten bleiben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Ernährungsfrage.
Das Kriegsernährungsamt gibt heute bekannt, daß die Ernährungsschwierigkeiten behoben werden können durch immer sorgfältigere und gerechtere Verteilung der verfügbaren Gesamtmenge und durch Einschränkung des Gesamtverbrauchs.
Es ist deshalb nicht unbillig, wenn wir an diejenigen Kreise unserer Bürgerschaft, die in ihren Kellern und Vorratskammern noch reiche Vorräte an Fleischwaren, Konserven und frischen Gemüsen haben, die Bitte richten, die städtischen Warenkarten möglichst unbenutzt zu lassen und den städtischen Verkauf nicht aufzusuchen. Die Kontrolle hierüber ist ja ungemein schwierig, um so mehr sollte hier die Ehrenhaftigkeit und die Vaterlandsliebe der beteiligten Kreise von entsprechendem Einfluß sein.
10 Grad Kälte. Vergangene Nacht sank das Thermometer im Innern der Stadt auf 10 Grad Celsius unter Null.
Die Eisbahn auf dem städtischen Sportplatz am Bonnertalweg ist eröffnet und erfreut sich eines lebhaften Zuspruches der Freunde des Eissports. Alles, was nicht im Gebirge weilte, um dem Rodelsport zu huldigen, nutzte gestern die sich zum ersten Male in diesem Winter bietende Gelegenheit zum Schlittschuhlaufen aus. Farbige Sportkostüme der Damen und flotte Sportanzüge der Herren gaben der Bahn ein buntes und lebhaftes Bild. Neben guten Durchschnittsläufern sah man vereinzelt Kunstläufer, die über ein hervorragendes Können verfügten. Daneben beobachtete man Anfänger, die den Fuß zum ersten Male aufs Eis setzten und öfters mit der glatten Fläche in unsanfte Berührung kamen. Trotz des starken Besuches herrscht auf der Bahn eine musterhafte Ordnung, sodaß der Besuch den Freunden des Eissportes einen wahren Genuß bietet. Bei dem anhaltenden starken Frostwetter ist wohl zu erwarten, daß dem künstlichen Eisplatz, der gegenüber dem natürlichen den Vorzug der Ungefährlichkeit hat, noch eine längere Lebensdauer beschieden ist. Die Eisbahn ist bei günstiger Witterung bis auf weiteres vormittags von 8 – 1 und nachmittags von 3 Uhr bis zum Eintritt der Dunkelheit geöffnet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 23. Jan. Die hiesige Speisegemeinschaft trat mit dem gestrigen Tage ins Leben. Verpflegt werden gegenwärtig im ganzen 600 Personen, 100 aus der Godesberger Bürgerschaft und 500 Mannschaften aus den Reservelazaretten. Die Lazarettinsassen erhalten auch die Abendbeköstigung, während das Frühstück und der Nachmittagskaffee ihnen von den einzelnen Lazaretten geliefert werden. Da die Mittagsmahlzeiten an Ort und Stelle eingenommen werden können, mußten die Räumlichkeiten im ehemaligen Hotel Hüttenrauch freigemacht werden. Die Verkaufsstelle des Volksspeisehauses siedelte deshalb nach Bürgerstraße 8 über, wo bisher die Verpflegungskarten ausgeteilt wurden, während die Kartenausgabestelle in die erste Etage des Gasthofes zum Stern übersiedelte, wo zu diesem Zwecke geeignete Räumlichkeiten von der Gemeinde angemietet wurden. Mit der gestrigen Eröffnung der ordnungsmäßigen Speisegemeinschaft ist die seit Ende Juni verflossenen Jahres bisher bestandene Einrichtung einer vorläufigen Volksküche aufgehoben worden. Den Lazaretten wird das Essen in besonderen Wagen zugestellt, in welchen es warm gehalten wird. Der Preis für das Eintopfgericht von etwa 1 Liter Inhalt beträgt 60 Pfennig für jeden Einwohner, für Kriegsunterstützte und solche, die eine Bescheinigung des Armenbezirksvorstehers über ihre Bedürftigkeit beibringen, 50 Pfennig. Wird das Essen an Ort und Stelle eingenommen, so ist ein Zuschlag von 10 Pfennig zu entrichten. Die Teilnehmer haben für eine Wochenkarte (= 6 Portionen, da Sonntags nicht gekocht wird) abzugeben: 7 Fleischmarken, die Hälfte der Fett-, Kartoffel- und Lebensmittelkarten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Mehrere Unglücksfälle beim Rodeln ereigneten sich gestern nachmittag im Siebengebirge, besonders auf der Privatstraße des Verschönerungsvereins für das Siebengebirge an der Rosenau. Der Schüler Hoffmann aus Godesberg, dessen Vater z. Zt. Im Felde steht, fuhr mit seinem Schlitten derart gegen einen Baum, daß ihm der Brustkorb eingedrückt wurde und der Tod sofort eintrat. Drei andere Rodler erlitten sehr schwere Verletzungen, sodaß man sie ins Krankenhaus bringen mußte. Ferner sind eine Reihe weiterer Verletzungen leichterer Art vorgekommen.
Allerlei Gerüchte durchwirren seit einigen Tagen wieder unsere Gegend. Saarbrücken, wird gesagt, sei geräumt worden, ebenso sollen andere Orte von der Zivilbevölkerung geräumt worden sein. An diesen Gerüchten ist, wie amtliche Stellen mitteilen, kein wahres Wort. In Saarbrücken wurde gegen mehrere Verbreiter falscher Gerüchte bereits Anklage erhoben. Wir warnen dringend vor der Weiterverbreitung unwahrer Nachrichten. Jeder Verbreiter solcher Nachrichten hat strenge Strafe zu gewärtigen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Oberkassel: Einem hiesigen Einwohner, der, in der Hennefer Gegend von einer erfolgreichen Hamsterreise zurückkehrte, wurden aus einem kleinen Handkoffer 3 Pfund und ein Stück geräucherter Speck gestohlen. Der Diebstahl wurde wahrscheinlich ausgeführt von einem einzelnen Insassen desselben Wagenabteils, als der Bestohlene auf einige Augenblicke dasselbe verlassen hatte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Mittwoch, 24. Januar 1917
Die deutsche Studentenschaft wird heute abend dem Kaiser mit einem Fackelzuge huldigen. Zur Teilnahme an dem Fackelzuge ist gestern abend eine größere Anzahl Bonner Studenten nach Berlin abgereist.
Erziehung der heranwachsenden Jugend. Auch an dieser Stelle sei hierdurch nachdrücklich auf die vom Ortsverein zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit auf heute abend 8 Uhr einberufene Versammlung im Katholischen Gesellenhause, Kölnstraße 17/19, aufmerksam gemacht. Diese Frage (so wird uns geschrieben) gehört mit zu den wichtigsten unserer zukünftigen Entwicklung. Es gilt. Die mancherlei zum Teil großen Schäden, die der Krieg hier offengelegt hat, mit Kraft und Entschlossenheit zu bekämpfen, auf daß ferner die Losung bleibt: Deutschlands Jugend ist Deutschlands Hoffnung! Es ist Gelegenheit zur Aussprache gegeben. Der Eintritt ist frei.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Gegen den Handel mit angeblich ausländischem Fleisch richtet sich eine Verfügung des Oberbürgermeisters, die in unserem heutigen Blatte abgedruckt wird. Die Behörde ist der Ansicht, daß das unter Ueberschreitung der Höchstpreise feilgehaltene Fleisch in den meisten Fällen inländischer Herkunft ist und auf ungesetzlichem Wege erworben wird. Da die Einfuhr von Fleisch aus dem Auslande nach den bestehenden Bestimmungen verboten ist, kann der Kleinhändler auf gesetzlichem Wege erworbenes ausländisches Fleisch nicht feilbieten. Um dem ungesetzlichen Treiben ein Ende zu machen, soll von jetzt ab in allen zur Kenntnis der Behörde kommenden Uebertretungsfällen unnachsichtlich das Strafverfahren eingeleitet und außerdem die Beschlagnahme des Fleisches ohne jede Bezahlung verfügt werden.
Säuglingsgebäck. Bei der Beantragung von Karten für Säuglingsgebäck (Kinderplätzchen) braucht bis auf weiteres die halbe Brotkarte des Säuglings nicht mehr abgegeben zu werden. Bezugsberechtigt sind nur Säuglinge im Alter von6 bis einschließlich 14 Monaten.
Strenge Kälte. Der Januar macht in diesem Jahre seinem Namen als Hartung oder Hartmond alle Ehre. Während wir gestern morgen im Innern der Stadt 10 Grad Kälte hatten und in den höher gelegenen Orten der Umgebung sogar 13 Grad festgestellt wurden, fiel das Thermometer in der vergangenen Nacht hier in Bonn ebenfalls auf 13 Grad unter Null. Die alte Bauernregel „Wenn die Tage längen, fangen sie an zu strengen“ bewahrheitet sich auch diesmal wieder, da uns bekanntlich der Dezember an manchen Tagen sogar sommerlich warme Temperaturen brachte.
30 Gramm Butter und 30 Gramm Fett werden in dieser Woche an jede bezugsberechtigte Person abgegeben. Der Preis für Butter beträgt 3,35 Mk., für Margarine 2,20 Mk. das Pfund.
Kartoffelanbau. Der Oberbürgermeister macht darauf aufmerksam, daß jeder Besitzer oder Pächter einer Acker- oder Gartenparzelle im Stadtbezirk Bonn verpflichtet ist, in diesem Jahre einen entsprechenden Teil mit Kartoffeln zu bepflanzen, damit er für sich und seinen Haushalt den Kartoffelbedarf als Selbstversorger decken kann.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwundetenfürsorge. Nachdem in den Weihnachtstagen im Nachmittagsheim für Verwundete (Koblenzerstraße 90) allerlei Veranstaltungen für Feststimmung gesorgt hatten, fanden auch im neuen Jahre schon mehrmals Vorführungen zur Erheiterung der Verwundeten statt. Am Dreikönigstag erschienen die Hl. 3 Könige mit ihrem orientalischen Gefolge, ein farbenprächtiger Zug mit eindrucksvoller Musik. Letzten Sonntag boten die Schülerinnen des Drammerschen Lyzeums ein anregendes Programm. Mehrere Chorlieder wechselten mit lustigen Theaterstücken. Am kommenden Donnerstag will eine fröhliche Kinderschar unsere tapferen Kämpfer in das Märchenreich geleiten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Eine „Nudelfreundin“ beschwört im hiesigen Generalanzeiger unsere Kriegsküchen, die Nudeln doch nicht mehr zu einem „Matsch“ zu verarbeiten, sondern dem Verkauf an die Hausfrauen freizugeben, die sie besser zubereiten könnten. Die „Nudelfreundin“ im Generalanzeiger versteht sich besser auf die Behandlung dieser Speise. Wie sie in den Kriegsküchen aber zubereitet worden ist, war sie, mit den zugegebenen Preiselbeeren, doch auch ein ganz leckeres Essen, und manch einer, der sich an Kohl- und Steckrüben und nicht zu vergessen, Graupen, längst den Magen überladen, mag heimlich gewünscht haben, die Kriegsküchen gäben sie häufiger. Jedenfalls ist dieser „Matsch“ schmackhafter, wie die Rüben, die bei mehrmaligem Abkochen auch sicher angenehmer zu essen sein würden, und die Graupen, die anscheinend mit Dreck (und, beinahe hätte ich gesagt: Speck!) in den Kessel geschüttet und aufgekocht werden; wenigstens enthält die Suppe so viele überflüssige Bestandteile, daß man sich des Verdachts nicht erwehren kann, sie sei eigentlich gar nicht für uns hungernde Menschen bestimmt. Fände Rüben und Graupen doch auch einmal eine Freundin, die sie den Kriegsküchen entziehen möchte! Der Nudelmatsch ist ihnen auf alle Fälle vorzuziehen!
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 25. Januar 1917
Unter überaus großer Teilnahme ist gestern nachmittag der verstorbene Dr. Emanuel Edelstein von der Leichenhalle der Universitätskliniken aus auf dem israelitischen Friedhofe beigesetzt worden. Bei der Trauerfeier in der Leichenhalle nahm zunächst Rabbiner Dr. Cohn, zugleich als Freund des Entschlafenen, das Wort. Er rühmte an Dr. Edelstein den selbstlosen Menschen und vor allem den Nationaljuden, der die zionistische Bewegung in Deutschland mit begründet, im Rheinland zu ihren bedeutendsten Führern gehört und sein ganzes Leben den jüdischen Idealen gewidmet habe. Ferner schilderte er den Verstorbenen als opferwilligen Arzt und Menschenfreund. Es sprachen außerdem Rechtsanwalt Dr. Klee aus Berlin für die zionistische Gesamtorganisation und als Freund sowie Rechtsanwalt Dr. Jonas aus Köln für die rheinischen Zionisten. Der Trauerzug, der sich dann bildete, war ungewöhnlich lang. Der Kapelle des hiesigen Ersatzbataillons folgten zahlreiche Verwundete und eine Abordnung der Kriegervereine, hinter dem Leichenwagen schritten eine Abordnung des Vereins jüdischer Stundeten, deren Ehrenmitglied Dr. Edelstein gewesen war, fast alle männlichen Mitglieder der jüdischen Gemeinde, zahlreiche Militär- und Zivilärzte, sämtliche Aerzte und gehfähigen Verwundeten des Reservelazaetts Rolandseck, an dem der Tote zuletzt tätig gewesen war, und viele andere. Auf dem Friedhofe, wo Rabbiner Dr. Cohn noch die üblichen Gebete sprach, hatten sich auch sehr viele ehemalige Patienten des Verstorbenen eingefunden.
Fahrradbereifungen. Am 25. Januar ist eine Bekanntmachung über Höchstpreise für Fahrradbereifungen in Kraft getreten. Die in der Bekanntmachung bestimmten Höchstpreise treffen alle im Gebrauch befindlichen oder für den Gebrauch bestimmten gummihaltigen Fahrraddecken und Fahrradschläuche, die nach § 8 der Bekanntmachung über Beschlagnahme und Bestandserhebung der Fahrradbereifungen (Einschränkung des Fahrradverkehrs) vom 12. Juli 1916 enteignet werden. Da die Frist zu freiwilligen Ablieferung der Fahrradbereifungen wiederholt verlängert worden ist und noch bis zum 5. Februar läuft, so können die Besitzer der in Betracht kommenden Fahrradbereifungen nur nochmals dringend darauf hingewiesen werden, ihre Bereifungen freiwillig abzuliefern.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Verein zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit hielt gestern abend unter dem Vorsitz des Herrn Pfarrer D. Weber im katholischen Gesellenhause eine öffentliche Versammlung ab, in welcher die Frage der Bekämpfung der zunehmenden Verrohung der männlichen und weiblichen Jugend erörtert wurde. Pfarrer Weber gab in einleitenden Worten einen Ueberblick über die bisherige Arbeit der Behörden vor und während des Krieges, und betonte, daß die Zügellosigkeit der Jugend in erster Linie auf das vielfache Fehlen des Vaters, dann auf die frühe wirtschaftliche Unabhängigkeit der jungen Leute zurückzuführen sei. Es sei deshalb unbedingt notwendig, daß bei dem jetzigen Mangel an geschulten Polizeikräften von privater Seite mit Genehmigung der Stadtbehörde an der Jugendpflege gearbeitet wird. Professor Rauschen schloß sich den Ausführungen des Vorsitzenden im allgemeinen an und betonte besonders, daß die vom Generalkommando erlassenen Verfügungen, die das Herumtreiben der Jugend auf den Straßen, das Besuchen von Lustbarkeiten usw. betreffen, gut sind, es fehle nur an Organen, die in der Lage sind, die Bestimmungen durchzuführen. Infolge der mangelnden Aufsichtsorgane solle Erziehern und Lehrern in erster Linie das Recht gewährt werden, gegen Unbotmäßigkeiten mit allen Mitteln anzukämpfen. Auch sei es notwendig, daß den jungen Leuten Gelegenheit zu Zusammenkünften und Zerstreuungen gegeben wird. I. Staatsanwalt Justizrat Schlösser hält eine dringende Zucht der Jugend für unbedingt notwendig. Für verfehlt hält er es aber, wenn die Jugend durch Polizei und Staatsanwalt geschützt werden soll, sondern der Schutz müsse den Eltern, Erziehern und Vormündern übertragen werden. Gegen Schulpflichtige solle man überhaupt nicht polizeilich einschreiten, bei den Schulentlassenen dagegen müsse eine scharfe Kontrolle stattfinden. Volksschullehrer Jung ist der Ansicht, daß die Verwahrlosung der Schuljugend auf das schlechte Beispiel der Schulentwachsenen im Alter von 14 bis 17 Jahren zurückzuführen ist. Diese wirkten auf die Kinder als schlechtes Beispiel. Zu begrüßen wäre es, wenn ein Sparzwang eingeführt werde, und es ermöglicht würde, daß die Eltern und Vormünder den Lohn der Jugendlichen in Empfang nehmen. Rektor Goch regt die Bildung von Jugendpflegeausschüssen für die einzelnen Bezirke an, auch tritt er dafür ein, daß den Lehrern ein weitergehendes Züchtigungsrecht, welches sich nicht allein auf Schüler ihrer Klasse und Schule erstreckt, eingeräumt wird.
Aus der Versammlung wurden von verschiedenen Herren und Damen Einzelbeispiele angeführt, die auf den sittlichen Zustand unserer männlichen und besonders auch der weiblichen Jugend kein gutes Licht werfen. Besonders wurde betont, daß im allgemeinen die Bonner Bürgerschaft der Sache zu wenig Interesse entgegenbringt.
Ergebnisse der Besprechung wurden in verschiedenen Entschließungen niedergelegt. Es soll der stellvertretende Kommandierende General des 8. Armeekorps in Koblenz ersucht werden, einen Sparzwang für die Jugendlichen und Abführung des Lohnes an die Eltern oder Vormünder anzuordnen. Dann soll an die Stadtverwaltung mit der Bitte herangetreten werden, einer Anzahl Herren und Damen, die sich zur Unterstützung der Polizei bereit erklären, an der Jugendpflege mitzuwirken, polizeiliche Vollmachten zu erteilen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Freitag, 26. Januar 1917
Kaisersgeburtstag als Opfertag. Zum dritten Male muß unser Kaiser seinen Geburtstag ohne Festgepränge im Felde bei unseren tapferen Truppen verbringen. Alle Wünsche von Heer, Marine und Volk weilen an diesem Tage bei unserm Kaiser, der besonders in letzter Zeit durch sein Friedensangebot alle deutschen Herzen wiederum gewonnen hat. Was an Kaisersgeburtstag früher bei Festfeiern geschah, soll jetzt einmütig in werktätiger Liebe für unsere braven Truppen geleistet werden. So hat sich unter dem Ehrenvorsitz der Gemahlin des Generalfeldmarschalls von Hindenburg ein Arbeitsausschuß gebildet, der für deutsche Soldatenheime und Marineheime sorgen wird. Jeder, der weiß, welchen Segen diese Soldaten- und Marineheime für unsre heldenhaften Feldgrauen und Blaujacken bedeuten, die dort nach all den Schrecken und Fährnissen des Kampfes, nach oft wochenlangem Aushalten im Schützengraben unter der ganzen Unbill des Wetters und des Winters Erholung und Erfrischung suchen und einen warmen Hauch der Heimat zu verspüren hoffen, muß sich sagen, daß für diesen Zweck kein Opfer groß genug sein kann. Um für diese Heime weitere Mittel zu beschaffen, soll Kaisersgeburtstag die beste Veranlassung sein. Die Vaterländischen Vereinigungen in Bonn haben es wiederum übernommen, diese Sammlung in die Wege zu leiten. Die Bonner Volksspende wird durch ihre Einnehmer Zeichnungen entgegennehmen und ebenso die Rheinisch-Westfälische Diskonto-Gesellschaft. Auch wird am Kaisersgeburtstag und dem darauffolgenden Sonntage besonders für diese Soldaten- und Marineheime gesammelt werden. Alle Vereine und Gesellschaften, die Kaisersgeburtstag feiern, sollten bei dieser Gelegenheit eigene Sammlungen für die Soldaten- und Marineheime in die Wege leiten und das Ergebnis an die Bonner Volksspende abführen. Mitbürger, reich und arm, jung und alt, Ihr könnt Kaisersgeburtstag in den schweren Kriegswirren nicht edler begehen, als daß Ihr Herz und Hand weit öffnet. Der Opfersinn der Bürgerschaft darf nicht versagen, wenn es sich um das Wohl unserer braven Truppen handelt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die strenge Kälte hält immer noch an. Während wir am Mittwoch im Innern der Stadt 18 Grad Celsius unter Null und in der Umgebung von Bonn sogar 16 Grad zu verzeichnen hatten, ließ die Kälte am gestrigen Tage etwas nach. Heute Nacht sank das Thermometer wieder auf 10½ Grad unter Null und auch für die nächsten Tage sind noch ähnliche Temperaturen zu erwarten. Diese für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich lange Frostperiode wird natürlich von den Eissportfreunden mit Genugtuung empfunden, weniger aber von unseren Hausfrauen, die durch die strenge Kälte gezwungen werden, größere Mengen an Heizmaterial wie sonst zu verbrauchen; doppelt schlimm in der jetzigen Zeit, wo durch den immer fühlbarer werdenden Wagenmangel die Anfuhr von Heizmaterialien sehr erschwert wird. Auch auf die Kartoffelversorgung wirkt die kalte Witterung sehr hemmend ein, da es unter den jetzigen Verhältnissen nicht möglich ist, Kartoffeln anzufahren. Hoffentlich bewahrheitet sich auch diesmal wieder der alte Satz, daß strenge Herren nicht lange regieren. Der Januar geht bald zu Ende und der kommende Februar wird uns wohl wieder Tage bringen, die ahnen lassen, daß der Frühling vor der Türe steht.
Verlängerung der Polizeistunde am Kaisersgeburtstag. Aus Anlaß des Geburtstages unseres Kaisers ist morgen Samstag die Polizeistunde bis 12½ Uhr ausgedehnt worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zum Kaisersgeburtstag. Der Oberbürgermeister richtet nachstehende Bitte an die Einwohnerschaft: Bei der besonderen Bedeutung, die dem Kaisers-Geburtstag als vaterländischer Festtag in dieser ernsten Zeit beizumessen ist, bitte ich meine Mitbürger, ihrer Treue und Anhänglichkeit zu Seiner Majestät dem Kaiser und König durch reiches Beflaggen der Häuser an diesem Tage Ausdruck zu geben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 27. Januar 1917
Die Glückwünsche der Stadt Bonn an den Kaiser zu seinem heutigen Geburtstag hat Oberbürgermeister Spiritus in folgendem Telegramm ausgedrückt:
An Seine Majestät den Kaiser und König.
Eure Majestät bitte ich zum Allerhöchsten Geburtstage den aufrichtigen Glückwunsch der Stadt Bonn huldvoll entgegenzunehmen. Treu und anhänglich, wie einst in schönen Tagen Euerer Majestät glücklichen Jugend, steht die Bonner Bürgerschaft in schwerer Zeit erst recht zu ihrem Kaiser und Herrn, festentschlossen, mit ganzer Kraft durchzuhalten und in unerschütterlichem Vertrauen auf Euerer Majestät Führung zum weiteren Sieg und ehrenvollen Frieden.
Oberbürgermeister Spiritus.
In Sachen des Jugendschutzes haben die Vorsitzenden des Ortsvereins Bonn zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit eine Eingabe an den Gouverneur der Festung Köln und den stellvertretenden kommandierenden General des 8. Armeekorps gesandt. Es heißt darin: Eine gestern stattgehaste Versammlung ernstgesinnter Männer und Frauen aus allen Ständen Bonns hat uns beauftragt, an Eure Exzellenz die Bitte um eine Verordnung zu richten, durch welche folgendes verfügt wird: 1. In Ermangelung der zur Durchführung der Jugendschutzverordnungen nötigen Zahl von Polizeibeamten wird den Lehrern und Lehrerinnen aller Schulen von Bonn, Köln und anderen größeren Städten das Recht verliehen, über alle auf den Straßen sich bewegenden Schüler und Schülerinnen der Volks- und höheren Schule Aufsicht zu üben mit denselben Rechten wie Polizeibeamte. 2. Dasselbe Recht wie ihnen sowie ernsten Männern und Frauen aller Stände, die sich für diesen Dienst melden, über die schulentlassene Jugend bis zum 17. Lebensjahre verliehen, und sie bekommen zu diesem Zweck eine Legitimation seitens der Polizeibehörden.
Feldgraue Ausstellung im Kunsthause Zirkel. Am ersten März soll im Erdgeschosse des Kunsthauses Zirkel eine große Ausstellung unserer Künstler im Felde und daheim eröffnet werden, zu der Einsendungen unserer im Heeresdienst befindlichen Künstler bis spätestens zum 15. Februar erwünscht sind. Um für diese Ausstellung die Räume des Erdgeschosses heranziehen zu können, wird beabsichtigt, die sämtlichen China- und Japanwaren bis zum 15. Februar nach Berlin zu übernehmen. Den Kunstfreunden bietet sich hier eine günstige Gelegenheit, zu sehr mäßigem Preise hervorragende Kunstwerke des Orients zu erwerben, wie japanische und chinesische Vasen, Wandteller, Blumentöpfe, Stickereien, Tee- und Kaffeeservice, Cloisonné-Vasen, Tischlampen für Herren- und Speisezimmer, einzelne Lampenschirme, Blumen- und Obstkörbe in feinem Bambusgeflecht, Paravents, Perlvorhänge, Möbel aller Art, wie Schränke, Hocker, Stühle, Tische, ferner Perserteppiche, Tischdecken, Kelims, darunter großen Seltenheiten, sowie Lanzen, Waffenrüstungen u. a. m. Neben dieser geplanten feldgrauen Ausstellung im Erdgeschoß sollen die Ausstellungen im ersten, zweiten und dritten Geschoß dauernd dem Publikum zugänglich bleiben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Königliche Gymnasium in Bonn feierte gestern nachmittag den Geburtstag des Kaisers in der Aula der Anstalt in erhebender und würdiger Weise. Der Festsaal und Flur der Anstalt waren mit Lorbeerbäumen und Palmen geschmückt. Auf dem Podium hatte eine Kaiserbüste Aufstellung gefunden. Die Freunde und Angehörigen der Schule waren recht zahlreich erschienen. [...] Mit einem Kaiserhoch und dem gemeinschaftlichen Gesang der Nationalhymne fand die eindrucksvolle Feier ihr Ende.
Im Städtischen Gymnasium und Realgymnasium hatten sich in der Aula überaus zahlreiche Angehörige und Freunde der Anstalt eingefunden. [...] Mit einem Kaiserhoch und dem Absingen der Nationalhymne wurde die Feier geschlossen.
Die Städtische Realschule beging gestern durch eine stimmungsvolle Schulfeier den Kaisers-Geburtstag. [...] Der gemeinschaftliche Sang Deutschland, Deutschland, über alles schloß die schöne Feier.
Im städtischen Lyzeum fand gestern nachmittag eine stimmungsvolle Kaisergeburtstagsfeier statt. Chorgesänge wechselten mit ernsten und heiteren Gedichten einzelner Schülerinnen, die durch ihren verständnisvollen Vortrag Zeugnis ablegten für den Ernst und die Siegeszuversicht, die auch in den Herzen unserer jungen Mädchen lebt. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Kaisersgeburtstag in Bonn.“)
Die Preise für Milch dürfen bis auf weiteres weder vom Erzeuger noch vom Milchhändler erhöht werden. Die jetzt bestehenden Preise gelten als Höchstpreise im Sinne des Gesetzes. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldbuße bis zu 10.000 Mark bestraft.
Eisgang. Der Rhein fährt seit gestern Treibeis. Eine ganze Anzahl beladener Frachtschiffe ist in der Nähe der Schutzhäfen vor Anker gegangen. Auf dem Main ist der Eisgang bereits so stark, daß die Schiffahrt eingestellt werden mußte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Fünf Schüler, die gestern abend in der Münsterkirche die Opferstöcke beraubten, wurden abgefaßt und zur Anzeige gebracht. [...]
Ein Diebstahl wurde gestern während der Abendstunden ausgeführt, indem jemand von dem Fenster einer hiesigen Buchhandlung am Hof einen Ausstellkasten entfernte, nach dem Hofgarten schleppte und ihn dort seines Inhaltes beraubte. Als Täter kommen vermutlich einer oder mehrere halbwüchsige Burschen in Betracht, die schon seit längerer Zeit nicht nur während der Abendstunden, sondern selbst am hellen Tage in jener Gegend und wie man hört, auch anderswo durch Hämmern gegen die Fensterscheiben, Einritzen, Eindrücken und Verunreinigungen derselben ihr flegelhaftes Wesen treiben. Einer dieser Burschen wurde kürzlich gefaßt und zur Rechenschaft gezogen; den anderen ist man auf der Spur und wird bei deren Habhaftwerden ebenfalls unnachsichtlich Anzeige erfolgen. An alle Erwachsenen aber ergeht die Bitte, die Bemühungen der wenigen noch anwesenden Aufsichtsbeamten und Verhinderung solch groben Unfuges dadurch zu unterstützen, daß sie beim Durchschreiten der Straßen ein besonderes Augenmerk auf diese sich zwecklos umhertreibenden Burschen richten und durch Zurechtweisung oder Benachrichtigung des nächsten Aufsichtsbeamten weiteren Schaden verhüten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn.
Kartoffeln.
Durch das anhaltende Frostwetter hat die Zufuhr bisher nicht wieder eingesetzt. Eine Erhöhung der Kartoffelration ist daher nicht zu erwarten.
Als Zusatz zu den Kartoffeln werden in der Woche vom 29. Januar bis 4. Februar 1917 auf Warenkarte Nr. 180 6 Pfund Steckrüben (Erdkohlrabi) ausgegeben. [...]
Es wird dringend empfohlen, den Kartoffelverbrauch jetzt schon weiter einzuschränken und dafür die Steckrübe, die fast den gleichen Nährwert wie die Kartoffel hat, in erhöhtem Maße zu verwenden, damit es uns gelingt, mit den geringen Kartoffelvorräten möglichst weit zu reichen.
Jedem Abnehmer von Steckrüben wird eine Kochanweisung für Steckrüben kostenfrei ausgehändigt. Alle Verkaufsstellen sind verpflichtet, genügende Vorräte an Steckrüben zu halten. Es wird dringend gebeten, etwaige Abweichungen hiervon dem Lebensmittelamt mitzuteilen. [...]
Gemüse.
Starker Frost machte den Bezug von Frischgemüse unmöglich. Auch der in der Nähe angebaute Spinat konnte infolge der Schneedecke nicht zum Markt gebracht werden.
Der jetzt herrschende Mangel an Frischgemüse zeigt, wie notwendig es ist, daß für die Erzeugung alle erdenklichen Anstrengungen gemacht werden. Außer den bisher verteilten Schriften zur Belehrung über den Gemüsebau werden neuerdings Gartenkalender im Büro Rathausgasse 16 l unentgeltlich abgegeben, in denen alle vorzunehmenden Arbeiten in Feld und Garten laufend verzeichnet sind. Das Saatgut ist knapp und teuer; es muß daher sehr sparsam damit gewirtschaftet werden. Es wird empfohlen, die Gemüsepflanzen bei hiesigen Gärtnern einzukaufen und nicht eigene Saatbeete anzulegen, da dabei zu viel Samen verloren geht. [...]
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 28. Januar 1917
Kaisersgeburtstag
Der Geburtstag unseres Kaisers wurde gestern, der ernsten Zeit entsprechend, schlicht, aber herzlich gefeiert. Viel mehr als sonst wehten auch von den Privathäusern die deutschen und preußischen Fahnen, vielfach zusammen mit Wimpeln in den Farben unserer Verbündeten. In den Schulen fiel der Unterricht aus. In den Gotteshäusern aller Bekenntnisse fanden Festgottesdienste statt, an ihnen nahmen auch die Truppen, die Verwundeten aus den Lazaretten und die Abordnungen der Krieger- und Militärvereine mit ihren Fahnen teil.
Die Universität
feierte den Geburtstag des Kaisers, wie alljährlich, in der Mittagsstunde mit einem akademischen Festakt. Er war so zahlreich besucht, daß die mit Blattpflanzen geschmückte Aula die Gäste kaum zu fassen vermochte. Sieben Studentenverbindungen hatten je einen Chargierten mit der Fahne entsandt, die Vereine der Studentinnen hatten fünf offizielle Vertreterinnen geschickt. [...]
Alsdann nahm der Festredner, Professor Fitting, das Wort. Die eiserne Zeit habe das deutsche Volk fester denn je mit seinem Kaiser verbunden und den Kaiser selbst dem Geringsten im Volke menschlich nahe gebracht. Niemals habe das deutsche Volk mit wärmeren und innigeren Wünschen seinen Kaiser in ein neues Lebensjahr begleitet, wie diesmal. Freudiger als je müssen wir uns als Deutsche zu Kaiser und Reich bekennen. [...] Professor Fitting faßte zum Schluß die heißen Wünsche für Kaier und Vaterland in eine Kaiserhoch zusammen, in das alle Anwesenden begeistert einstimmten. Unter den Klängen des Torgauer Marsches verließ dann der Lehrkörper wieder die Aula.
Auf der Hofgartenwiese
Versammelten sich gegen Mittag nach den Festgottesdiensten die Offiziere und Unteroffiziere der Garnison sowie die Krieger- und Militärvereine. Der Garnisonsälteste, Generalleutnant Exzellenz v. Boetticher, wies in einer Ansprache auf das Friedensangebot unseres Kaisers, seine Ablehnung durch die Feinde und die sich daraus ergebende Notwendigkeit hin, den Frieden durch weitere Siege zu erzwingen. Die Ansprache schloß mit einem Hurra auf den Kaiser. Es folgte die übliche Paroleausgabe. Dann konzertierte noch eine Weile die Musikkapelle des Ersatzbataillons.
Zur Feier von Kaisersgeburtstag läuteten um 12 Uhr die Glocken der evangelischen Kirche am Kaiserplatz und der Münsterkirche. [...]
Städtische Verkaufsstellen für Briketts werden nächsten Dienstag eröffnet. Wir verweisen auf die heutige Bekanntmachung des Oberbürgermeisters.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Auszeichnung. Herrn Oberbürgermeister Spiritus ist das Eiserne Kreuz 2. Klasse am weiß-schwarzen Bande verliehen worden.
Auf dem Bonner Wochenmarkt hatten sich gestern wieder nur etwa fünf bis sechs Verkäuferinnen eingefunden, darunter keine Züchter. Grüngemüse war überhaupt nicht zu haben, nur etwas Aepfel, Sellerie, Breitlauch und Kohlrabien. Die vorhandenen Vorräte waren selbstverständlich in kurzer Zeit ausverkauft.
Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz war am gestrigen Hauptmarkttag fast keine Zufuhr. Grüngemüse war auch hier in nur ganz kleiner Menge zu haben. Im ganzen waren etwa acht Verkäuferinnen erschienen, die aber ihre Waren meistens gar nicht auszupacken brauchten, da sie von den Händlern sofort erstürmt wurden.
Der städtische Verkauf hatte gestern morgen an seinen Verkaufsständen auf dem Wochenmarkt Tafeln angebracht, mit der Aufschrift, daß der Gemüse-, Obst- und Fisch-Verkauf des Frostwetters wegen bis auf weiteres nachmittags von 3 Uhr ab auf dem Marktplatz stattfindet. Der Fischverkauf findet außerdem noch morgens in dem Gebäude auf der Franziskanerstraße Nr. 8 statt. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kaisersgeburtstag.
Dank des Kaisers auf das Huldigungstelegramm der Stadt Bonn.
Oberbürgermeister Spiritus Bonn.
Meinen herzlichen Dank für die Glückwünsche und das Treuegelöbnis der Bürgerschaft Bonns.
Wilhelm R.
Der 3. Kriegsgeburtstag unseres Kaisers wurde wie im Vorjahre dem Ernste der Zeit entsprechend begangen. Die öffentlichen und fast alle Privatgebäude trugen Flaggenschmuck. Die Angehörigen der Garnison wurden in die Kirchen ihrer Konfession zu Festgottesdiensten geführt. In der Münsterkirche fand ein feierliches Hochamt statt, bei dem Dechant Böhmer die Festpredigt hielt. Das deutsche Volk feiert heute den Geburtstag unseres Kaisers mit besonderem Dank gegen Gott, der uns in ihm einen so hochherzigen, weisen und religionstreuen Monarchen geschenkt hat. Diese herrlichen und segensreichen Eigenschaften im Charakter unseres geliebten Landesherrn treten so recht zu Tage bei seiner erhabenen Tat des Friedensangebots an die feindlichen Staaten. In einem Augenblicke, wo er als Sieger auf allen Fronten glänzend dasteht, wo insbesondere das zuletzt auf dem Plan erschienene treulose Rumänien die niederschmetternsten Schläge erhalten hat, da ist er derjenige, der seinen Feinden die Hand zum Frieden bietet, obgleich er überzeugt sein muß, daß, wenn die Feinde einwilligen, man ihnen jedenfalls annehmbarere Friedensbedingungen zubilligen mußte, als wenn sie, zerschmettert am Boden liegend, selbst um Frieden bitten müßten. Eine Tat der Weisheit und Klugheit ist dieser Akt, weil als unausbleibliche Folge dieses Angebots die Feinde offenkundig vor aller Welt nunmehr ihr wahres Gesicht zeigen mußten, ihre Kriegsziele und Absichten; aus der mehrwöchigen Verzögerung ihrer Antwort geht deutlich hervor, wie verlegen sie um eine Antwort waren und wie viel Mühe es sie kostete, alle die Wünsche der zehn Verbündeten unter einen Hut zu bringen. Ist daher auch die Friedenshand schnöde abgewiesen, so ist doch eins erreicht, - wir sehen nun klar die Niedertracht und Eroberungsgier unserer Feinde, die sie bisher mit heuchlerischen Redensarten zu verbergen wußten und sogar uns in die Schuhe schieben wollten. Der dritte und edelste Zug, den das Friedensangebot unseres Heldenkaisers zeichnet, ist seine tiefe Religiosität, aus der heraus ein starkes Verantwortlichkeitsgefühl ihn antrieb, den Schritt zu tun, um, soviel an ihm liege, dem entsetzlichen Blutvergießen ein Ziel zu setzen, ob sich ihm gleich von vornherein die Gewißheit aufdrängte, daß Spott und schnöde Abweisung ihm zuteil würden, ja, man sich sogar nicht entblöden würde, seiner Absicht die gemeinsten und niederträchtigsten Motive unterzuschieben, wie es ja in der Tat auch geschehen ist. Der Mann aber, der von hoher Warte aus das Heil der Völker überwacht, unser hl. Vater in Rom, hat das herrliche Wort gesprochen: „Gesegnet sei die Hand, die in diesem entsetzlichen Kriege zuerst den streitenden Nationen den Oelzweig des Friedens darreicht!“ Diese gesegnete Hand ist die des deutschen Kaisers, die, wenn Gott weiter mit uns ist, wohl geeignet sein dürfte, der ganzen Welt den Frieden zu diktieren. Und schon macht dieser Segen sich bemerkbar, indem das deutsche Volk, Militär wie Bürgerschaft, noch enger sich zusammenschließt, um wie ein Block aus Stahl allen Anfeindungen Trotz zu bieten, die uns der Himmel zum endgültigen Siege verhilft. Ein kräftiges Gebet für unseres hohen Landesherrn und unseres ganzen Vaterlandes Wohl beschloß die herrlichen Worte des Redners.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 29. Januar 1917
Kaisersgeburtstagsfeiern. [...]
Die Kaisersgeburtstagsfeier des Kreis-Krieger-Verbandes Bonn-Stadt Samstag abend im Bonner Bürgerverein war von den nicht mehr wehrpflichtigen Mitgliedern der Vereine und ihren Angehörigen, Offizieren, Vertretern der Behörden sowie der übrigen Bürgerschaft sehr zahlreich besucht. [...] Der Verbandsvorsitzende, Herr Janssen, forderte in seiner Begrüßungsansprache zum „Durchhalten bis zum letzten Hauch“ auf. Generalleutnant Exzellenz von Boetticher brachte mit kernigen und packenden Worten das Kaiserhoch aus. Geheimrat Schreuer hielt die Festrede. Er streifte die 2000jährige Geschichte unseres Volkes und kam dann auf den von unseren Feinden so sehr gehaßten sog. deutschen Militarismus zu sprechen. Wir haben in Wirklichkeit keinen Militarismus, denn unser Heer dient nicht ehrgeizigen und habsüchtigen Plänen, wie beispiesweise Englands Heer und Flotte. Unser Heer ist vielmehr das um sein Dasein und seine Ehre ringende deutsche Volk selbst, das ehrlos nicht zu leben vermag, aber „jedem das Seine“ gönnt. Unser selbstbewußtes und eigenartiges Volk hat in seinem erblichen König- und Kaisertum die beste und gleichfalls eigenartige Führung. Unser ganzes Volk gelobt dem Kaiser, seinem angestammten Führer, heute, wo es unter seiner Führung dem Schwersten mutig entgegensteht, Treue um Treue. Oberbürgermeister Spiritus betonte, daß die gemeinsame Not die Unterschiede der Stände und Bekenntnisse vollkommen beseitigt habe. Ob hoch oder niedrig, Soldat oder Bürger, wir haben nur einen Glauben, ein Papier, eine Hoffnung: den Sieg. Wir kämpfen einen schweren Kampf; ein Feigling, der nicht mitkämpft, und ein Schuft, der immer noch denken kann: mich geht es nichts an. Es schadet nichts, wenn man – auch auf die Verwaltung – einmal ordentlich schimpft, das schafft dem Herzen Luft, aber den Mut und die Zuversicht soll keiner sinken lassen. Wir haben das Vertrauen: Deutschland wird erstehen zu neuer Größe, neuer Güte und neuer Schönheit. Und wenn dereinst unsere Krieger zurückkehren, dann wollen wir ihnen sagen können: auch wir haben unsere Pflicht getan. Oberbürgermeister Spiritus schloß mit einem Hoch auf die Heimat. [...]
Der Bonner Wehrbund versammelte gestern abend seine Mitglieder, ihre Angehörigen und eine Anzahl Ehrengäste zu einer Kaisergeburtstagsfeier in der Aula des königlichen Gymnasiums. [...] Geheimrat Brinkmann verlas dann, der Verfügung des Kriegsministeriums gemäß, die kaiserliche Kabinettsorder vom 6. Januar über die militärische Vorbereitung der Jugend. Er bemerkte dazu, den Bonner Wehrbund dürfe die kaiserliche Anerkennung mit ganz besonderer Genugtuung erfüllen, habe doch Bonn bei den Wettkämpfen im Wehrturnen im vorigen Herbst allein vier Preise errungen, während andere Orte nicht mehr wie einen Preis erhalten hätten. Die kaiserliche Anerkennung sollte eine Mahnung sein für den Bonner Wehrbund, mit dem gleichen Eifer weiter zu arbeiten und für die Eltern, ihre Söhne an den Uebungen des Wehrbundes teilnehmen zu lassen. Nachdem Professor Schmidt den Mitwirkenden gedankt hatte, schloß die Feier mit dem gemeinsamen Gesang von „Deutschland über alles“.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Beuel, 29. Jan. Die gestrige Kaisersgeburtstagsfeier im Kath. Vereinshause wurde durch das Altniederländische Dankgebet des katholischen Kirchenchors stimmungsvoll eingeleitet, Herr Bürgermeister Breuer erinnerte in seiner Festrede die zahlreich erschienenen Damen und Herren an die gewaltigen Ereignisse, die sich während des Krieges aneinander gereiht und die durch die Tapferkeit des Heeres zu unseren Gunsten gestaltet worden seien. Wie aber die Schicksalsstunde des Vaterlandes von unseren Geldgrauen gewaltige Opfer fordere, so seien auch die Daheimgebliebenen zu jedem Opfer bereit, um uns den endlichen Sieg zu sichern. Wie ganz Deutschland in diesen Tagen machtvoll zusammengetreten, um dem Kaiser das Gelöbnis der Treue zu erneuern, so soll auch die heutige Kundgebung ein Gelöbnis der Treue zu Kaiser und Reich sein, das mithelfen möge, durchzuhalten bis zum letzten Atemzuge. Mit Begeisterung feierte der Redner unseren Kaiser und brachte ein dreifaches Hoch aus, in das die Versammlung jubelnd einstimmte. Herr Pastor Claren gedachte des Kaisers, der sich so gerne Friedenskaiser nennen hörte, nun zum Heldenkaiser geworden sei, aber doch der Friedensfürst werden würde. Durch die Zurückweisung der Friedenshand hätten unsere Feinde nur erreicht, daß sich das ganze Volk um so fester um den Kaiser schare, daß sich das ganze Volk um so fester um den Kaiser schare, der uns den Sieg und auch den Frieden bringen werde. Ein Hindenburglied des Knabenchors gab den kräftigen Worten des Redners beredten Ausdruck. Die echt patriotische Feier schloß mit dem gemeinsamen Gesang des Liedes „Deutschland über alles“.
Godesberg, 29. Jan. Zum Kaisersgeburtstag hatte unser Ort einen reichen Flaggenschmuck angelegt. Die Volksschulen gedachten in Klassenfeiern am Vormittag des hohen Festtages. In den Gotteshäusern aller Bekenntnisse fanden morgens Festgottesdienste statt. Von 12 Uhr mittags ab erklang von allen Kirchen ein feierliches Festgeläute. Die katholische höhere Lehranstalt Collegium Hubertinum beging ihre Kaisersgeburtstagsfeier bereits am Vortage im Festsaale ihres Schulgebäudes mit eindrucksvollen vaterländischen Gesängen und Deklamationen. Herr Kaplan Kreutzwald hielt hierbe die Kaiserrede. Auch das Pädagogium feierte am Freitag in der vollbesetzten Aula den Kaisertag. [...] Am Festtage selbst hielt Herr Oberlehrer Endemann vormittags auf dem Schulhofe des Pädagogiums mit der Jugendwehr eine vorzüglich verlaufene Kaiserparade ab, an deren Schluß Herr Direktor Prof. Kühne des Kaisers gedachte. Für die Kriegsverwundeten in den sämtlichen hiesigen Reservelazaretten fand am Samstag nachmittag eine gemeinsame Feier im evangelischen Gemeindehause statt. Hierbei brachte der Chefarzt, Herr Geheimrat Dr. Brockhaus das Kaiserhoch aus. Den Schlußakt aller hiesigen Festveranstaltungen bildete eine am Sonntag in der Tonhalle abgehaltene allgemeine Bürgerfeier, bei der die Jungmannen Godesbergs unter Leitung des Herrn Fortbildungsschulleiters Forsbach prächtige lebende Bilder stellten und ein militärisches Lustspiel aufführten, die Jugendwehrkapelle des Pädagogiums Militärmärsche spielte und der Männergesangverein Cäcilia einige Vaterlandslieder vortrug. Die zündende Kaiserrede des Herrn Bürgermeisters Zander forderte für die heutige Huldigung ein Wachsen und Erstarken an unbeugsamer Energie in allen Lebensfällen und die markige Ansprache des Hauptmanns der Jugendwehr, Herrn Oberlehrer Endemann, gipfelte in dem Kaiserwort „Werdet zu Stahl!“ Herr Kaplan Schopen führte in begeisternder Ansprache über „Krieg oder Friede“ aus, daß diese Weltfrage nicht eher gelöst werden könne, bis die Entscheidung darüber eingetreten sei, ob der englischen Tyrannengedanke oder deutsche soziale Idee das Schicksal Europas künftighin und auf die Dauer lenke.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Endgültige Anstellung verwitweter Lehrerinnen im Schuldienste. Ein für verwitwete Lehrerinnen wichtiger Erlaß bestimmt, daß gegen die endgültige Anstellung verwitweter Lehrerinnen Bedenken nicht zu erheben sind, sofern die Witwen kinderlos sind. Sind Kinder vorhanden, so ist jedesmal durch die Königliche Regierung sorgfältig zu prüfen, ob die Witwe durch diese Kinder in der Erfüllung ihrer Pflichten als Lehrerin behindert wird. Ist dies nicht der Fall, und liegen sonstige Bedenken nicht vor, so kann die endgültige Anstellung erfolgen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 30. Januar 1917
Kohlemangel. Der Vorsitzende des hiesigen Kriegsausschusses für Konsumenten-Interessen hat den Präsidenten der Eisenbahn-Direktion Köln, den Gouverneur der Festung Köln und den Eisenbahnminister dringende Eingaben wegen des auch in Bonn bestehenden Mangels an Kohlen und Briketts gerichtet. Die Bürgerschaft wird gebeten, den Verbrauch an Brennstoffen dadurch einzuschränken, daß – auch bei Zentralheizungen – nur die unbedingt notwendigen Räume beheizt werden. Die Kohlenhändler sollten nach Möglichkeit ihre Vorräte nur in kleinen Mengen verkaufen, damit recht weite Volkskreise auch weiterhin ihre Wohnungen heizen können. Nicht dringend genug muß aber vor dem eigennützigen Hamstern von Brennstoffen gewarnt werden. Beides, das Nichtverkaufen von Brennstoffen und das Einhamstern auf Vorrat, ist auch hier in Bonn leider beobachtet worden. Mit größter Freude und aufrichtigstem Dank muß es begrüßt werden, daß die Stadtverwaltung für die ärmere Bevölkerung und die Kriegerfamilien gesorgt hat und heute bei zehn Kohlenhändlern besondere Verkaufsstellen für Briketts gegen Gutscheine eröffnet.
Der Ausschank von Branntwein. Zur Behebung von Zweifeln wird darauf aufmerksam gemacht, daß der Ausschank von Trinkbranntwein und Spiritus an Samstagen, Sonntagen und Montagen, ferner an gesetzlichen Feiertagen und den nächsten auf sie fallenden Werktage verboten ist. An den von dem Verbot nicht betroffenen Tagen ist der Ausschank nur von 11 Uhr vormittags bis 8 Uhr abends erlaubt.
Keine Beschlagnahme der Nähgarne. Der Befürchtung, daß der Bestandserhebung demnächst eine Beschlagnahme der Nähfäden folgen werde, ist unbegründet. Die Heeresverwaltung stellt im Gegenteil bereits über Jahresfrist den Nähfadenfabriken vierteljährlich beträchtliche Mengen beschlagnahmter Garne zur Verfügung, um den laufenden Bedarf an Nähgarn zu decken. Es besteht also kein Anlaß, sich über den laufenden Bedarf hinaus mit Vorräten an Nähfäden zu versehen. Nur durch übergroße Käufe könnte künstlich eine Knappheit und eine Preissteigerung in Nähfäden herbeigeführt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn.
Eingangs der gestrigen Pressebesprechung widerlegte Beig. Piehl die in einer statistischen Uebersicht des sozialdemokratischen Volkswirts Richard Calver aufgetretene Behauptung, daß Bonn die teuerste Stadt sei.
Kartoffeln und Steckrüben.
Die Versorgungsschwierigkeiten mit Kartoffeln haben in diesem Jahre ihren Grund in der schlechten Kartoffelernte. Auch die Transportverhältnisse haben sehr ungünstig mitgewirkt. Die Kartoffelvorräte werden sich genau erst feststellen lassen, wenn die Mieten geöffnet sind und das Saatgut ausgelesen ist. Aus diesem Grunde hat sich Reichskartoffelstelle entschlossen, eine weitere Einschränkung des Kartoffelbezuges eintreten zu lassen. So werden auch in Bonn vom 5. Februar ab an die Versorgungsberechtigten nur rund drei Pfund Kartoffeln und vier Pfund Kohlrüben ausgegeben. Die Schwerst- und Schwerarbeiter erhalten eine Zulage von 4 Pfund Kohlrüben. Die Selbstversorger dürfen auch weiterhin sieben Pfund Kartoffeln und vier Pfund Kohlrüben verbrauchen. Dieser ewige Wechsel in der Kartoffelzuteilung ist gerade für das Lebensmittelamt außerordentlich unliebsam, er ist aber leider durch die Zeit bedingt. Zuerst waren es 10 Pfund Kartoffeln, dann sieben, dann fünf und jetzt drei Pfund Kartoffeln. Aber der Schwerpunkt liegt darin, daß wir bis zur Frühkartoffelernte unter allen Umständen mit den vorhandenen Vorräten haushalten können. So werden auch für die neue Ernte schon umfassende Vorkehrungen getroffen. U. a. ist auch im Bonner Bezirk jeder Besitzer oder Pächter einer Acker- oder Gartenparzelle verpflichtet, im Jahre 1917 einen entsprechenden Teil derselben mit Kartoffeln zu bepflanzen, damit er den Kartoffelbedarf für sich und seinen Haushalt als Selbstversorger decken kann. Diese Maßnahme ist notwendig geworden, damit nicht diejenigen Besitzer, wie es jetzt vielfach der Fall ist, die eine bessere Ausnutzung ihres Landes durch Gemüse erhoffen, einfach keine Kartoffeln bauen und sich von der Stadt versorgen lassen. Das soll unter allen Umständen vermieden werden. Auch in vielen Ziergärten sollten an Stelle der Blumen Kartoffeln gepflanzt werden. In Zukunft wird die Stadt derartigen Besitzern oder Pächtern keine Kartoffeln mehr liefern, höchstens nur dann, wenn nachgewiesen wird, daß die fachgemäße Bewirtschaftung der Parzelle den Bedarf nicht aufbringen könnte. Auch an das Bebauen der noch immer brachliegenden Grundstücke muß immer wieder hingewiesen werden. Kein Fußbreit Boden, der sich nur einigermaßen zur Bestellung eignet, darf in diesem Jahre unbebaut bleiben.
Der Verkauf von Steckrüben geht jetzt besser. Die Bevölkerung scheint endlich erkannt zu haben, daß die Steckrübe ein ganz ausgezeichnetes Gemüse ist. Sie ist nicht nur schmackhaft, sondern vor allen Dingen sehr nahrhaft und gesund. Wer die zugeteilten Mengen Steckrüben nicht verbraucht, dem kann nicht genug geraten werden, sich die übrigbleibende Menge für seinen Haushalt zu trocken für die Zeit, wenn weder Frischrüben noch Frischkartoffeln mehr zur Verfügung stehen sollten. Das Trocknen kann in außerordentlich einfacher Weise über dem gewöhnlichen Herd erfolgen. In den nächsten Tagen werden hierüber besondere Flugblätter verteilt und in den Zeitungen veröffentlicht werden. Auch ist eine Anweisung über das Trocknen bereits in den Kartoffelverkaufsstellen unentgeltlich verabfolgten Kochanweisungen enthalten. [...]
Milch
Die Milchzufuhr ist noch etwas geringer geworden, jedoch scheint der Tiefstand insofern bald überwunden zu sein, als durch den Zuwachs an frischmelkenden Kühen wiederum mehr Milch anfällt. Außer den 200 Kühen, die das Lebensmittelamt selbst bereits beschafft und gegen Abmelkverträge eingestellt hat, wird in den nächsten Tagen auf dem Grundstücke des städtischen Fuhrparks in der Ellerstraße eine eigene städtische Molkerei mit 50 Kühen in Betrieb gesetzt. An sich ist die Milchversorgung für die zeitigen Verhältnisse in Bonn als gut zu bezeichnen. Das hier eingeführte System, wonach der Händler seine Kundschaft selbst versorgt, hat sich durchaus bewährt. Die Arbeitslast, die dem städtischen Milchamt obliegt, ist freilich ganz gewaltig. Monatlich müssen über 30.000 Anträge mit vielen ärztlichen Bescheinigungen usw. bearbeitet werden. In erster Linie muß natürlich dafür gesorgt werden, daß die Säuglinge, die Kinder bis zum 6. Lebensjahr, die hoffenden und stillenden Frauen und die Schwerkranken versorgt werden, dann erst kommen die Kinder vom 6. bis 14. Lebensjahre und sodann andere Antragsteller. Es kann nicht genug darauf hingewiesen werden, daß diese Regelung von der Reichsstelle vorgeschrieben und die Stadt gar nicht in der Lage ist, von ihr abzuweichen. Die Landesfettstelle wird in den nächsten Tagen auch Höchstpreise für Milch festsetzen, die für besondere Bezirke einheitlich geregelt werden. Vorerst ist die Bestimmung getroffen, daß die bestehenden Milchpreise unter keinen Umständen erhöht werden dürfen, sondern im Sinne des Höchstpreisgesetztes als Höchstpreise gelten.
Kriegsküchen.
Die Zahl der Kriegsküchenteilnehmer hat sich erfreulicherweise vermehrt und ist auf 5200 angewachsen. Das ist eine erhebliche Zunahme, wenn man bedenkt, daß die Zahl der Teilnehmer Anfang Januar nur rund 3000 betrug. [...]
Noch immer werden von den Hausfrauen im
Schleichhandel
Butter, Speck, Eier, Kartoffeln zu Wucherpreisen erworben. Vielfach behaupten die Verkäufer, es handle sich um Auslandsware. Das ist nach den jetzigen Verhältnissen ganz ausgeschlossen. Es handelt sich durchweg nur um Inlandsware, die zu geradezu sträflich hohen Preisen in den Handel gebracht wird. Jede Hausfrau besinne sich doch endlich auf ihre vaterländische Pflicht und überlege, daß sie durch die Unterstützung eine derartigen Schleichhandels alle behördlich geplanten Rationierungen zuschanden macht. Erst kürzlich hat das Lebensmittelamt eine große Sendung Speck, die aus Hausschlachtungen stammte und nach Elberfeld und Wiesbaden verladen werden sollte, auf hiesigen Bahnhof beschlagnahmt. Der Versender sieht seiner Bestrafung entgegen, außerdem erhält er für die beschlagnahmte Ware auch nicht einen Pfennig bezahlt. Dabei kann noch erwähnt werdne, daß durch die neueren Bestimmungen auch die Postpaketbezüge aus den neutralen Ländern ganz wesentlich eingeschränkt sind.
Haltlose Gerüchte. Die Nachricht von der Mobilisierung einiger Schweizer Divisionen hat zu abenteuerlichsten Gerüchten Veranlassung gegeben. Diese sind teilweise so unsinnig, daß jeder Vernünftige selbst ihre Haltlosigkeit hätte erkennen können. Umso schärfer müssen solche leichtfertige Schwätzereien verurteilt werden. Denn zu irgend welcher Beunruhigung liegt nicht der mindeste Grund vor. Auch hat der Verlauf des Krieges gezeigt, daß unsere Oberste Heeresleitung allen beabsichtigten Maßnahmen unserer Feinde noch immer rechtzeitig zu begegnen gewußt hat. Den gewissenlosen Schwätzer aber, denen nicht das eigene Verantwortungsgefühl den Mund schließt, sein nachdrücklich in Erinnerung gerufen, daß die böswillige oder auch nur fahrlässige Verbreitung solcher Kriegsnachrichten unter strenge Strafe gestellt ist. (W.B.)
Der deutsche Arndt-Bund feierte am gestrigen Abend im Gartensaale der Lese den 57. Todestag des verstorbenen Freiheitshelden Ernst Moritz Arndt in schlichter, würdiger Weise. Nach einigen Gesangsvorträgen eines Chores widmete Dr. Krantz dem verstorbenen Freiheitshelden einige Worte und gedachte dann auch des Geburtstages unseres Kaisers, wobei er den Wunsch aussprach, daß es unserem geliebten Landesherrn vergönnt sein möge, in diesem Jahr einen ehrenvollen Frieden zu schließen. Er ließ seine Worte in ein Kaiserhoch ausklingen, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten. Nach mehreren Musikvorträgen eines Quartetts unter Leistung von Professor Imelmann ergriff Geheimrat Professor Litzmann das Wort zur Festrede. Er gab ein Bild der Bestrebungen des Arndtbundes, der heute auf sein vierjähriges Bestehen zurückblicken konnte, und schilderte in von Begeisterung getragenen Worten die Bedeutung Ernst Moritz Arndts für die Sache des Vaterlandes. Er bezeichnete den verstorbenen Freiheitshelden als einen ganzen Mann, als das Vorbild männlicher Tatkraft, Lauterkeit und Tapferkeit und kam zum Schlusse auf die Friedensbestrebungen im jetzigen Kriege zu sprechen. Seine Ausführungen schloß er mit den Worten: Die tiefe Sehnsucht der ganzen Menschheit nach Frieden ist groß. Auch wir wollen den Frieden, aber den Frieden als Sieger. Das sind wir dem Blute unserer Gefallenen und den kommenden Geschlechtern schuldig. Wir wollen den Frieden Auge in Auge mit jenen schließen, gegen die wir gekämpft haben, einen Frieden im Sinne Ernst Moritz Arndts. Den aufgedrungenen Frieden eines kühl denkenden Geschäftsmannes, der die Hände zur Vermittlung bietet, müssen wir, da diese Hände mit Blut befleckt sind, welches nicht mehr abgewaschen werden kann, ablehnen. An dieser Stelle wollen wir es an dem Todestage Ernst Moritz Arndts geloben, daß wir, wenn es nötig sein sollte, bereit sind, auch das letzte Opfer fürs Vaterland zu bringen. Die Ausführungen des Redners fanden starken Beifall.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Universität. Auf das Telegramm, welches unsere Universität am Kaisersgeburtstag an Se. M. den Kaiser sandte, ist folgende Drahtantwort an Rektor und Senat eingegangen: „Meiner lieben alma mater herzlichen Dank für das erneute Gelöbnis der Treue. Wilhelm R.“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 31. Januar 1917
Das Treibeis des Rheins hat in den letzten Tagen stark zugenommen. Der Rhein führt jetzt nicht nur Schaumeis, auch große, feste Schollen schwimmen auf der ganzen Breite des Stromes. An Stellen, wo die Strömung nur gering ist, wie hinter den Wellenbrechern, hat das Wasser bereits eine feste Eisdecke. Die Schiffahrt ist fast ganz eingestellt.
Seide und Seidenabfälle. Mit dem 31. Januar 1917 tritt eine Bekanntmachung über Beschlagnahme und Bestandserhebung von rohen Seiden und Seidenabfällen aller Art in Kraft, durch die sämtliche vorhandenen, anfallenden und noch weiter eingeführten rohen Seiden und Seidenabfälle aller Art beschlagnahmt werden. Die Beschlagnahme erfasst die Seiden auch in gerissenem Zustand, sowie gemischt mit Baumwolle, Wolle und Kunstseide oder irgendwelchen anderen Spinnstoffen und die aus ihnen oder ihren Mischungen hergestellten Züge, ferner die beim Spinnen, Zwirnen und Weben anfallenden Abgänge. Trotz dieser Beschlagnahme ist die Veräußerung und Lieferung der beschlagnahmten Gegenstände an die Kriegswollbedarfs-Aktiengesellschaft, Berlin S. V. 48, Verlängerte Hedemannstraße 2-6, erlaubt. Ebenso bleibt die Verarbeitung der Gegenstände gestattet, sofern es sich um die Erfüllung von Aufträgen bestimmter Stellen handelt, die in der Bekanntmachung näher bezeichnet sind oder die Verarbeitung mit Zustimmung der Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Kriegsamtes des Königlich Preußischen Kriegsministeriums erfolgt. Die von der Bekanntmachung betroffenen Gegenstände unterliegen auch, sofern die Gesamtmenge bei einer Person mindestens 20 Kilogramm beträgt, einer monatlichen Meldepflicht an das Webstoffmeldeamt der Kriegs-Rohstoff-Abteilung. Die erste Meldung hat für den Bestand vom 1. Februar bis zum 10. Februar auf den vorgeschriebenen Meldescheinen zu erfolgen. Außerdem ist auch die Führung eines Lagerbuches, aus dem jede Aenderung in den Vorratsmengen und ihre Verwendung ersichtlich sein muß, angeordnet worden.
Gleichzeitig ist eine Bekanntmachung über Höchstpreise für rohe Seiden und Seidenabfälle aller Art in Kraft getreten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine Musterung der Kriegsunbrauchbaren (nicht Gedienten) findet für den Stadtbezirk Bonn in den Tagen vom 5. bis einschließlich 13. Februar, vormittags 9 Uhr, im Kölner Hof statt. Die Gestellungspflichtigen (es kommen vom 8. September 1870 bis einschließlich 1898 Geborene in Frage) werden durch besondere Vorladung zur Musterung aufgefordert. Wehrpflichtige, die bis zum 3. Februar keine Vorladung erhalten haben, müssen sich im Militärbureau, Rathausgasse 26, melden. Näheres ist aus einer Bekanntmachung in der vorliegenden Nummer zu ersehen.
Treuegelöbnis unserer Studentenschaft. Wenn der Aufruf S. Majestät in allen deutschen Herzen lodernden Widerhall gefunden, so steht die deutsche Studentenschaft wohl hierin an der Spitze. Die Berliner Studentenschaft hatte aus diesem Anlasse ein Rundschreiben an die Vertreterversammlungen sämtlicher deutscher Hochschulen erlassen mit der herzlichen Einladung, am vergangenen Mittwoch, 24. Januar den Majestäten ihre Huldigung darzubringen und zwar durch einen Fackelzug. Abordnungen von mehreren deutschen Hochschulen waren mit Banner und Fahne nach der Reichshauptstadt geeilt, um sich an dieser patriotischen Feier zu beteiligen. [...]
Bonner Vertreter waren: Die Vorsitzende: Alania, die Burschenschaften: Alemannia, Frankonia, Ripuaria, Evang. theol. Verein, Klass. Philos. Verein, Math. Naturw. Verein, Arminia, Makaria Nassovia, Vereinig. kath Theologen, Hilarias Studentinnen-Verein D. A. F., Deutsch-Akad. Freischar.
Nach dem Fackelzug fand ein Festessen der Wichschargierten statt, bei welchem die Berl. Studentenschaft in beständige Hochrufe auf die Bonner Vertreter ausbrach.
Gleichzeitig sandte der Vorsitzende der Vertreter-Versammlung der Bonner Studentenschaft ein Huldigungstelegramm an S. M., das folgenden Inhalt hatte:
S. Majestät den Deutschen Kaiser.
Großes Hauptquartier.
Die Vertreter-Versammlung der Bonner Studentenschaft legt untertänigst zu Füßen Ew. Majestät das Gelöbnis unverbrüchlicher Treue und eifrigster Pflichterfüllung bis zum siegreichen Ende nieder.
Die Bonner Studentenschaft empfindet es schmerzlich, daß sie bei dem Fackelzuge im Berlin nicht Gelegenheit hatte, Ew. Majestät persönlich zu huldigen.
Untertänigst H. H. Roth,
Vorsitzender der Vertreter-Versammlung
Rheinischer Landfrauentag. Die Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz wird in diesem Jahre mit der Unterstützung der großen Frauenvereine der Provinz in der Zeit vom 4. bis zum 7. März in den Räumen des Bonner Bürger-Vereins in Bonn wiederum den rheinischen Landfrauentag veranstalten. Die Eröffnungssitzung am Sonntag, den 4. März, wird die Frage behandeln: „Was fordert das Vaterland von der Landfrau im dritten Kriegsjahr.“ Der Montag wird im einzelnen den wirtschaftlichen, der Dienstag den sozialen Aufgaben gewidmet sein. Außerdem werden am Dienstag nachmittag die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Stadt und Land durch Vorträge berufener Vertreter beider Interessengruppen erörtert werden. Ferner findet je eine Sonderversammlung für Lehrerinnen und Sozialbeamtinnen statt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Schlittschuhlaufen an gefährdeten Plätzen. Warum läßt man den Kindern nicht das harmlose Vergnügen, auf dem Poppelsdorfer Weiher Schlittschuh zu laufen und Bahn zu schlagen. Statt dessen patrouilliert täglich zwei bis drei Mal ein Polizist auf und ab um die Kinder zu verjagen. Gestern wurde sogar der ganze Weiher von oben bis unten mit Asche bestreut und heute hackt man sogar tiefe Löcher, bis das Wasser hindurchscheint. Wozu erhalten die Kinder denn eigentlich „Eisfrei“, die wenigsten Eltern sind jetzt in der Lage, ihren Kindern täglich 0,25 Mk. zu geben um zum Sportplatz zu gehen; und geschlittet wird doch, wenn nicht auf dem Weiher, dann auf der Straße und auf den Bürgersteigen, und hier sollte die Polizei lieber Asche streuen lassen, damit die Erwachsenen nicht zu Fall kommen.
Man lasse doch den Kindern den Weiher, und ich glaube im Sinne aller Eltern zu sprechen, die ihre Kinder sich lieber warm auf dem Eise tummeln sehen, als jetzt, bei der bitteren Kohlenot, frierend in kaum erwärmten Zimmern. Zudem ist unserer Bonner Jugend so selten ein richtiger Winter beschieden, da hier in Bonn doch meistens Tauwetter ist. Eine Kinderfreundin.
(Anm. der Schriftl. Wir geben der Zuschrift gerne Raum, müssen aber bemerken, daß der Universitätsfiskus offenbar keine Verantwortung für etwaige Unglücksfälle tragen will und daher vorbeugende Maßnahmen trifft. Daß übrigens die Beueler Polizei das Schlittschuhlaufen am rechten Rheinufer gegenüber der Ersten Fährgasse duldet, erscheint uns recht auffällig. Dort ist die Gefahr angesichts des offenen Wassers des Rheins ungleich größer als auf dem Poppelsdorfer Weiher.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Liefert die Fahrrad-Bereifungen ab! Da noch immer Besitzer von Fahrrad-Bereifungen mit der Abgabe im Rückstand sind, wird nochmals darauf hingewiesen, daß die Frist zur freiwilligen Abgabe nur noch bis zum 5. Februar 1917 verlängert ist. Es wird dabei besonders bemerkt, daß alle gemeldeten Bereifungen bis zum obigen Termin abgegeben werden müssen. Die Ablieferer erhalten bei der freiwilligen Abgabe noch den vollen festgesetzten Preis, der sofort ausgezahlt wird. Nach der freiwilligen Abgabe wird zur Enteignung geschritten und die dann zu zahlende Vergütung bedeutend niedriger ausfallen.
Frostschutz für Wasserleitungen. Wegen der anhaltenden Kälte wird wiederholt darauf hingewiesen, daß es nötig ist, Wassermesser und Wasserleitungen vor Frost zu schützen. Fenster von Räumen mit Wasserleitungen müssen geschlossen und nötigenfalls abgedichtet werden. Die Wasserleitungen im Hause sollen, soweit sie nicht frostfrei liegen, für die Nacht abgesperrt und entlehrt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)