Montag, 1. März 1915
Städisches Gymnasium und Realgymnasium. Eine von den Schülen der Anstalt mit regem Eifer betriebene Goldsammlung scheint zu einem außerordentlich erfreulichen Ergebnis zu führen. In der verflossenen ersten Woche sind schon über 40.000 Mark gesammelt worden.
Königliches Gymnasium. Die durch Schüler vorgenommene Sammlung von Goldgeld ergab in den 4 Tagen vom 24. – 27. Februar den Betrag von mehr als 36.000 Mk. Die gesammte Summe wurde vom Königl. Gymnasium bei der hiesigen Reichsbankstelle eingeliefert. Die Sammlung wird fortgesetzt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Verein der Hundefreunde von Bonn und Umgebung hält heute abend im Düsseldorfer Hof (Hundsgasse) eine Versammlung ab, um Stellung zu der Vorlage der städtischen Verwaltung über Steuererhöhung für Luxushunde zu nehmen.
Der hundertjährige Geburtstag Bismarcks wird am 31. März im Saale der Lese-Gesellschaft vom hiesigen liberalen Bürgerverein in schlichter, aber würdiger Weise gefeiert werden. Die Festrede hält Herr Geheimrat Litzmann.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Frauenversammlung in der Stiftspfarre. Heute, Montag abend, 8 Uhr, findet im Gesellenhause eine große Versammlung für die Hausfrauen der Stiftspfarre statt, in welcher über das Thema: „Krieg und Haushaltung“ gesprochen wird. Redner sind: Herr Pfarrer Berndorff und Frau Schulteiß.Außerdem werden ernste Deklamationen vorgetragen. Ein zahlreicher Besuch ist der Versammlung dringend zu wünschen.
Fünf Gebote für Briefschreiber an Soldaten im Felde werden uns aus unserem Leserkreise wie folgt übermittelt:
1. Verschone unsere Soldaten im Felde möglichst mit unangenehmen Mitteilungen aus Haus und Familie. Der Mann im Felde kann die bei deinen kleinlichen Alltagssorgen doch nicht helfen; ihm aber erschwerst du mit deinem Gejammer das Herz, was jetzt eine große Sünde ist.
2. Klage in deinem Briefe nicht über deine Arbeit und deine Mühen und Entbehrungen; denn deine ganze Tätigkeit im gesicherten Heim ist eine Kleinigkeit gegen den Kampf unserer Truppen im Felde.
3. Zähle dem Soldaten im Felde nicht alle Bekannten auf, die schon gefallen sind, aber schreib ihm auch nicht, welche Bekannten schon Ordensauszeichnungen erhalten haben; denn jeder Infanterist vorn im Schützengraben hat von rechtswegen eine besondere Auszeichnung verdient.
4. Schreibe stets zuversichtlich, tapfer, dankbar und voll Vertrauen auf Gott, auf unsere gerechte Sache, auf unsere Führer und auf unser gesundes, tapferes Volk; das kannst du nicht oft genug sagen.
5. Schreibe oft, herzlich, liebevoll und packe dazu Zeitungen und illustrierte Blätter und gute Eßwaren so viel wie möglich, aber alles mit genauer Anschrift.
Wenn du diese Gebote erfüllst, wirst du viel dazu beitragen, unseren bewundernswerten Soldaten den Mut und die Freudigkeit zu erhalten.
(Aus der D. S.-B. Z.)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 2. März 1915
Die Handelskammer zu Bonn gibt die Niederschrift über die Verhandlungen in ihrer Sitzung vom 13. Febr. Bekannt (…) Nach Erledigung der Wahlen brachte der Vorsitzende, Kommerzienrat Soennecken, wie alljährlich, einen Rückblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse im Jahre 1914 zum Vortrag. Er unterschied dabei die Zeit bis zum Ausbruch des Krieges und die darauf folgende Zeit, in der jene Verhältnisse eine vollständige Umgestaltung erfahren, sich aber im allgemeinen günstiger gestaltet haben, als ursprünglich erwartet wurde. Im besonderen verbreitete er sich über den Grad der Beschäftigung, die Geld- und Kreditverhältnisse, den Arbeitsmarkt, die Ernährungsfrage und die Veränderung auf dem Gebiete des Zivilrechts. (…) Im Anschluß an den „Rückblick“ wurde die Frage der Beschäftigung von Kriegsgefangenen erörtert und auch über die Vergebung von Kriegslieferungen verhandelt. Die Kammer beschloß eine Vermittlungsstelle für Kriegslieferungen einzurichten, was sowohl im Interesse der Militärbehörden, wie der im Bezirk ansässigen Firmen liegen dürfte. – Daran schloß sich ein Bericht über wichtigere Eingänge seit der letzten Sitzung.
Vor dem Schwurgericht wurde gestern die Dienstmagd K. wegen Vergehens gegen § 218 zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Auf ein 100jähriges Bestehen kann am 7. März unser Husaren-Regiment König Wilhelm I (1. Rheinisches) Nr. 7 zurückblicken. In Anbetracht der Kriegszeit – das ganze Regiment bis auf ein Ersatz-Eskadron ist im Felde – wird naturgemäß von einer Feier abgesehen.
Das Regiment ist in Wriezen a. O. formiert worden aus Teilen des Schlesischen National-Husaren-Regiments und einer Eskadron der 1. Leib-Husaren. Sein erster Kommandeur war Major Graf Henckel von Donnersmark. Es hatte seine erste Garnison in Posen und wurde 1852 nach Bonn verlegt. Seitdem sind die Husaren unzertrennlich mit Bonn verknüpft. Derselbe jugendfrische Geist, der die Nationalhusaren 1813/14 zu den Attacken von Stößen und Laon begeisterte, derselbe Geist der Vaterlandsliebe und Hingebung, wie er 1870/71 im Husaren-Regiment lebte, ist auch in diesem Kriege nicht untergegangen. Und dieser herrliche Reitergeist unserer „Lehm op’s“ wird sich auch fernerhin bestätigen bis zur hoffentlich baldigen siegreichen Wiederkehr in die altvertraute Bonner Garnison.
Unsere Bonner Bürgerschaft hat ihre freundliche Gesinnung gegenüber unseren „Lehm op’s“ bisher dadurch geäußert, daß sie den im Felde stehenden Husaren Liebesgaben sendet. Gewiß wird dies an dem Jubiläumstage des Regiments in besonders reichlichem Maße geschehen.
Erweiterung der Bestimmung über das Tragen von Kriegsorden. 1. Zum Paletot und zum Mantel darf von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften das Band des Eisernen Kreuzes oder eines preußischen Kriegsordens oder des Militär-Verdienstkreuzes oder eines Militär-Ehrenzeichens oder der Rettungsmedaille am zweiten Knopfloch von oben getragen werden.
2. Ferner dürfen angelegt werden; a) von den Offizieren zum kleinen Dienstanzug: das Militär-Verdienstkreuz, ein Militär-Ehrenzeichen oder ein Band dieser Auszeichnungen nach der Vorschrift für preußische Kriegsorden (Offizier-Bekleidungsvorschrift Ziffer 41); b) von den Unteroffizieren und Mannschaften beim Dienst in Mütze und außer Dienst: das Eiserne Kreuz oder ein preußischer Kriegsorden oder ein Militär-Verdienstkreuz oder ein Militär-Ehrenzeichen oder ein Band dieser Auszeichnungen oder das Band der Rettungsmedaille am zweiten Knopfloch von oben des Waffenrocks.
Osterfeldpostsendungen. Das WTB meldet amtlich: Die Heeresverwaltung macht schon jetzt darauf aufmerksam, daß das ständige Anwachsen des Feldpostverkehrs die Zulassung einer allgemeinen Versendung von Osterglückwunschkarten unmöglich macht. Das Publikum wird daher gebeten, von der Versendung derartiger Karten Abstand zu nehmen. Sonst würde die Heeresverwaltung genötigt sein, die Annahme von Feldpostkarten zur Osterzeit zeitweise gänzlich zu sperren.
Ebenso wird zur Vermeidung einer Sperrung vor besonderen Osterpaketsendungen dringend gewarnt.
Die Schlußprüfung der Teilnehmer an dem letzten Sanitäter-Ausbildungs-Kursus hat am Sonntag nachmittag in der Halle an der Quantiusstraße durch den Inspektor der Sanitäts-Kolonnen im Stadt- und Landkreise Bonn, Stabsarzt Dr. Förster, stattgefunden. Etwa 100 Teilnehmer aus allen Ständen unterzogen sich der Prüfung und fast alle entsprachen den gestellten Anforderungen. Rittmeister d. L. Weyermann betonte namens des Zweigvereins vom Roten Kreuz, daß die zahlreiche und rege Beteiligung an den Kursabenden ein gutes Zeugnis für das Verständnis sei, das der Sache des Roten Kreuzes entgegengebracht werde. Er dankte dem Kursleiter Stabsarzt Dr. Förster für seine unermüdlichen Bemühungen, sowie dem langjährigen Kolonnenführer Herrn Schneider für seine Tätigkeit, und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Bonner Wehrbund unternahm am Samstagabend eine Geländeübung im Dunkeln, zu der die Abteilungen um 9 Uhr am Sportplatz mit großer Beteiligung antraten. Eine Partei rückte dann ab, um alle Zugänge von Dottendorf zu besetzen, der anderen Partei lag es ob, den Einmarsch in Dottendorf zu erzwingen. Der Zusammenstoß beider Parteien erfolgte gegen halb 11 auf der Friesdorfer Seite des Ortes. Um halb 12 rückten die Abteilungen wieder in die Stadt ein.
Am Sonntagabend fand eine Versammlung der Mitglieder und Freunde des Wehrbundes mit ihren Familien im großen Saal von Schumacher in Kessenich statt, die sehr gut besucht war. Nachdem schon bei früherer Gelegenheit im Wehrbund über die Entwicklung der Kriegsereignisse auf dem westlichen und dem östlichen Kriegsschauplatz gesprochen worden war, hielt diesmal Herr Professor Clemen einen Vortrag über den Krieg in den asiatischen und afrikanischen Kolonien Deutschlands. Darauf veranstaltete eine Turnriege der Kessenicher Abteilung des Wehrbundes ein Schauturnen am Barren, das von der vorzüglichen körperlichen Durchbildung der Turner des Wehrbundes aufs glänzendste zeugte. Herr Dr. Brüggemann las sodann eine Reihe von Feldpostbriefen aus Nordpolen vor, die ein anschauliches Bild von den dortigen Defensivstellungen während der Entwicklung der Dinge in Mittelpolen und der Entscheidung in Ostpreußen gaben. Der Vorsitzende des Wehrbundes, Herr Oberstabsarzt Professor Dr. Schmidt dankte den Beteiligten für die reichen Anregungen des Abends. Neue Mitglieder können sich jederzeit zum Wehrbund bei Herrn Goldschmidt, Brückenstraße 10, außerdem bei allen Uebungen in den einzelnen Abteilungen und Sonntags von 12 bis 1 Uhr auf der Geschäftsstelle, Thomastraße 2, anmelden.
Unsere Schülerinnen auf der Goldsuche. Man schreibt uns: Ein recht erfreuliches Ergebnis hatte die Goldsammlung am Lyzeum und der Mittelschule von Fräulein Heyermann. In nur einwöchiger Frist wurde durch den Werbeeifer der rührigen Schülerinnen die Summe von 18.000 M. in Gold umgesetzt und eingebracht. Herzlichen Dank den wackeren Mädchen und der Schule, die stets so freudig den vaterländischen Pflichten dient! Wir dürfen den Emsigen, die so erfolgreich auf Goldpfaden gestreift sind, verraten, daß sie noch in dieser Woche einen „goldigen“ einen schulfreien Tag erhalten werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 3. März 1915
Die Städtische Sparkasse (Friedrichplatz) wird zur Annahme von Zeichnung auf 5%-Reichsanleihe auch an den beiden kommenden Sonntagen (6. Und 13. März) vormittags von 10 bis 12 Uhr geöffnet sein.
Verminderung der Bäume in der Argelanderstraße. Auf den Antrag von Anwohnern der Argelanderstraße empfehlen Bau- und Finanzkommission, einen um den anderen Baum in der Argelanderstraße zu entfernen. Die Kosten im Betrage von 400 Mk. sollen aus laufenden Straßenunterhaltungsmitteln gedeckt werden. Die durch die Entfernung der Bäume notwendig werdende Ausbesserung der Schrittwege soll einstweilen nicht erfolgen.
Straßenbahnunfall. Gestern abend stieß auf der dunklen Rheinbrücke ein Straßenbahnwagen mit einem Möbelwagen zusammen. Der Zusammenstoß war nur leicht. Von dem Straßenbahnwagen wurde ein Handgriff abgerissen. Der Zusammenstoß war dadurch hervorgerufen, daß der Möbelwagen vor dem herannahenden Straßenbahnwagen nicht weit genug vom Geleise ausgewichen war. Von einem Verschulden kann bei der herrschenden Dunkelheit auf der Brücke wohl auf keiner Seite die Rede sein.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Hilfsmannschaften sind bei der Polizeiverwaltung erforderlich, da 46 Polizeisergeanten zum Kriegsdienst einberufen sind. Die Finanzkommission empfiehlt der am Freitag stattfindenden Stadtverordnetenversammlung die Einstellung von zwölf Hilfsmannschaften auf jederzeitigen Widerruf und unter Gewährung eines Tagegeldes von vier Mark.
Zur Vornahme von Feldarbeiten können Mannschaften aus dem Heer auf zwei bis drei Wochen beurlaubt werden, jedoch die im Feld stehenden nur in den allerseltensten Fällen. Urlaubsgesuche sind mit behördlicher Beglaubigung versehen an den Truppenteil, dem der zu Beurlaubende angehört (Ersatz-Truppen und immobile Landsturm-Formationen) zu richten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wohltätigkeitskonzert. Bei den Verwundeten in der Beethovenhalle brachte der Gesang-Verein „Arion“ unter der Leitung des Chormeisters W. Poschadel eine Anzahl gemischter Chöre zu Gehör. Die einzelnen Vorträge gelangten klangvoll und in einer gesunden Schattierung zu Gehör und verrieten ein ernstes Studium in der Erschöpfung der Komposition.
Eine Zeitungsbotin, die einkassierte Abonnementsgelder unterschlagen hatte, wurde gestern vom Schöffengericht mit 3 Tagen Gefängnis bestraft.
Auch eine Folge des Krieges. Auf allen Schlachthöfen im Deutsche Reiche ist seit Ausbruch des Krieges der Schweinemilzbrand rasch und stark zurückgegangen. Daß hier der Krieg nicht selbst die Ursache ist, liegt auf der Hand. Es ist vielmehr die Stockung in der Einfuhr von ausländischen Futtermitteln, die stets für die Verbreitung von Schweinemilzbrand in Verdacht gestanden hat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Der Wildschaden. In letzter Zeit wurde sich immer beklagt über den Wildschaden, welcher von wilden Kaninchen etc. verursacht wird. Da nun die Kaninchen den meisten Schaden anrichten, gewöhnlich aber von Wildschadenersatz ausgeschlossen sind, so wäre es sehr ratsam für Gemeinden, wenn sie mit Einverständnis der Ortspolizeibehörde das Abfangen der Kaninchen an gewisse Leute übergeben würden, welche diese Schädlinge mit Fretchen wegfangen und auch noch eventl. Vergütung geben.
Jetzt wäre aber die höchste Zeit dafür, denn über einen Monat fressen da schon schnell 7 bis 8, wo jetzt nur eins nagt. Sind solche Leute nicht im Ort anwesend, so kann man durch Anzeige in der Zeitung die Adressen erkunden und sich mit ihnen in Verbindung setzen. Einer, der sich für diese Sache sehr interessiert.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Vaterländische Reden und Vorträge
Als in den Augusttagen des Schicksalsjahres 1914 die Sturzwelle Krieg über die deutschen Lande daherflutete, hat sich die Bonner Bürgerschaft trefflich bewährt. Alle Hände rührten sich, um zu tun, was zur militärischen sowie zur wirtschaftlichen Rüstung erforderlich war, und trotz der zahlreichen großen und kleinen Arbeiten ward die geistige Mobilmachung nicht außer Acht gelassen. Entstand doch gleich in den ersten Wochen des gewaltigen Völkerringens der Gedanke, vaterländische Reden und Vorträge zu veranstalten, ein Plan, der bald unter der tatkräftigen Leitung eines dazu berufenen Ausschusses in die Tat umgesetzt wurde. Wenn wir heute, an dem Tage, da zum 25. Male ein solcher Vortrag gehalten wird, unsere Blicke rückwärts wenden, müssen wir anerkennen, daß wohlverdienter Erfolg dem Unternehmen beschieden ist.
Was der Hauptzweck der Veranstaltung ist, bedarf keiner Erwähnung: durch feurige und kraftvolle Reden sollen in der Bedrängnis der Tage die patriotischen Gefühle des Volkes erhalten und zu stärkerer, reinerer Glut angefacht werden, damit nicht Kleinigkeiten und Unliebsamkeiten persönlicher Art dem einzelnen den Blick auf das Ganze trüben. Daß dieses Ziel in vollem Maße erreicht worden ist, beweist die Praxis, das beweist die Opferwilligkeit und der unbeugsame Wille durchzuhalten, die in Bonn herrschen.
Indes hieße es, das Wesen der Vorträge verkennen, wenn man diesen Zweck als den einzigen betrachtete. Vielmehr wollen die „Vaterländischen Reden und Vorträge“ darüber hinaus eine Quelle wahrer Volksbildung in des Wortes bester Bedeutung sein. Und wirklich entsprechen sie in dieser Hinsicht allen Anforderungen.
Erstlich richten sie sich an alle Schichten der Bevölkerung. Jedem ist es möglich, sie zu besuchen. Die Zeit ist günstig angesetzt, ein Eintrittsgeld wird nicht erhoben, und die Form ist derart, daß alle den Ausführungen der Redner zu folgen vermögen.
Zweitens geht das Bestreben der Redner darauf, möglichst alles bei Seite zu lassen, was nur irgendwie bei einer Partei Anstoß erregen könnte, und fast allen Rednern –nur verschwindend wenige nehme ich aus – ist es gelungen, diesem Streben treu zu bleiben.
An dritter Stelle sei betont, daß die Vorträge keineswegs aus patriotischen Phrasen bestanden, sondern geeignet waren, populär-wissenschaftliche Kenntnisse zu verbreiten. Meistens war das Patriotische nur der Rahmen, innerhalb dessen sich die Redner über einen Inhalt aus irgendwelchem Gebiete der Wissenschaft verbreiteten.
So stimmen die „Vaterländischen Reden und Vorträge“ mit den Strömungen überein, die stets an dieser Stelle vertreten worden sind, und wir können unseren Lesern nur dringend empfehlen, die Veranstaltungen zu besuchen, zumal da der bisherige Gang des Unternehmens eine glückliche Entwicklung für die Zukunft verspricht. Mögen die Körner der Volksbildung eine reiche Ernte bringen zum Wohle unseres Volkes und zum Lohne der wackeren Säleute, die in selbstloser Weise ihre Kräfte in den Dienst der guten Sache gestellt haben und fürderhin stellen werden. Z.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 4. März 1915
Die Verlustliste Nr. 168 ist erschienen; (...) Infolge einer Vereinbarung der Zeitungsverleger werden Einzelauszüge aus den Verlustlisten künftig nicht mehr gebracht. Wir bitten, die Listen in unserer Geschäftsstelle einzusehen.
Warnung vor lügenhaften Nachrichten. Das Stellvertretende Generalkommando des 18. Armeekorps teilt mit: In letzter Zeit sind wiederholt beunruhigende Gerüchte über deutsche Niederlagen verbreitet worden; diese Gerüchte entbehren jeglicher Begründung. Es wird dringend gebeten, die Verbreitung derartiger lügenhafter Nachrichten zur Anzeige zu bringen, damit ihre Bestrafung veranlaßt werden kann.
Der Bonner Bergwerks- und Hüttenverein teilt in dem Bericht des Vorstandes über das Geschäftsjahr 1914 mit, daß der erzielte Betriebsüberschuß einschließlich des Gewinnvortrages von 285.189,56 Mark aus 1913 1.163.054 Mark beträgt. Wie für jede Industrie hatte auch für die Zementfabrik der Krieg Schwierigkeiten im Gefolge; besonders durch die Preissteigerung der Jutesäcke, dann auch die Einberufung mehrerer Arbeiter, durch den eingeschränkten Eisenbahntransport. Trotzdem daß einige alte Betriebsanlagen außer Betrieb gesetzt werden mußten, brauchte die Gesellschaft keine Arbeiter zu entlassen oder den Lohn herabzusetzen. Der Bau des Wohlfahrtshauses mußte in Anbetracht der Lage vertagt werden. Die Betriebskrankenkasse beteiligte sich an der Kriegsanleihe mit 10.000 Mark. Seit dem Kriegsausbruch wurden 118 Werksangehörige zum Heeresdienst einberufen, 110 stehen davon im Felde; 8 starben den Tod fürs Vaterland, 24 wurden verwundet, 4 erhielten das Eiserne Kreuz. Die Zuwendungen für Kriegsunterstützung an Familien der einberufenen Werksangehörigen betrugen in den ersten 5 Monaten 8761,38 Mark. (...) Der Bericht schließt: Die wirtschaftliche Lage im allgemeinen, wie der für die Kriegszeit geradezu glänzende Stand unseres Geldwesens, nicht zuletzt auch die Kraft und Einigkeit aller deutschen Volkskreise, berechtigten uns aus voller Ueberzeugung zu dem Ausspruch: Deutschlands Industrie kann und wird durchhalten bis ein Friede erkämpft ist, der den dargebrachten Opfern entspricht und Deutschland die Stellung in der Welt erringt, die ihm zukommt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Böse Folgen eines Studentenulks. Ein 22jähriger Student des Rechtswissenschaft an der hiesigen Universität hat sich vor dem außerordentlichen Kriegsgericht für den Bereich der Festung Köln wegen Widerstandsleistung gegen die Staatsgewalt zu verantworten. Er hatte Mitte Januar abends auf dem Marktplatz mit mehreren Kommilitonen gelärmt, war dem Gebot des einschreitenden Polizeibeamten nicht gefolgt, und hatte sich, als dieser ihn gewaltsam entfernen wollte, von ihm losgerissen und nach dem Beamten geschlagen. Vorher suchte ein anderer Student den Beamten abzulenken, indem er ihn ersuchte, doch einmal nach den Kandelabern auf dem Markt zu sehen, denn er selbst habe soeben einen elektrischen Schlag bekommen. Der Beamte ließ sich aber nicht irreführen und verfolgte den ersten Studenten über den Markt.
Vor dem Kriegsgericht gab der Angeklagte an, er sei von dem Beamten geschlagen worden und habe in Notwehr gehandelt. Das außerordentliche Kriegsgericht entschied: Der Beamte befand sich in rechtmäßiger Amtsausübung gegen den die Ruhe störenden Studenten. Da dieser den Marktplatz nicht verlassen wollte, mußte der Beamte Gewalt anwenden und dagegen leistete der Angeklagte Widerstand. Die Studenten wollten den Beamten hänseln, was aus der Meldung des einen Studenten über die elektrische Ladung des Marktkandelabers hervorgeht. Eine tätliche Widerstandsleistung des Angeklagten liegt somit vor. Unter Annahme mildernder Umstände wurde der Student zu 400 Mk. Geldstrafe, im Nichtzahlungsfalle 50 Tagen Gefängnis verurteilt.
Der Eisenbahner-Verein Bonn veranstaltet angesichts der Notwendigkeit, möglichst weite Kreise unserer Bevölkerung über die zur Sicherstellung der Volksernährung während des Krieges zu ergreifenden Maßnahmen aufzuklären, am heutigen Donnerstagabend im Saale des Kath. Gesellenhauses für seine Mitglieder und deren erwachsenen Angehörigen Vorträge, zu denen auch Nichtmitglieder freien Zutritt haben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
„Lehm op“. Sie brachten in Ihrer gestrigen Nummer die Notiz, daß das hiesige Husaren-Regiment am 7. März sein 100jähriges Bestehen feiert. Von einer Festlichkeit soll, wie ja auch nicht anders anzunehmen ist, Abstand genommen werden. Die Bonner werden es sich nicht nehmen lassen, an diesem Tage der Husaren durch Zusendung von Liebesgaben ins Feld zu gedenken. Wünschenswert wäre es, wenn an diesem Tage auch der bedürftigen alten „Lehm op’s“, die die Feldzüge von 1866 und 1870/71 mitgemacht haben, gedacht würde. Gar manche Veteranen wohnen hier, denen eine kleine „Liebesgabe“ an diesem Ehrentage zu gönnen wäre. Ein alter „Lehm op“.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Es gibt noch Gold. Herr Lehrer Schäfer sammelte in diesen Tagen des 1. und 2. März in der Gemeinde Röttgen, woselbt er tätig ist, noch 730 Mark in Gold.
Eine neue Art der Verlustliste. In nächster Zeit werden am Anfang der deutschen Verlustlisten besondere Listen mit der Ueberschrift „Unermittelt Liste Nr. ....“ erscheinen. Diese Listen erhalten die Namen von Angehörigen der deutschen Armee, die in der Gefangenschaft oder in deutschen Lazaretten gestorben sind und bei denen der Truppenteil nicht festgestellt werden konnte, sowie solche mit Regimentsangabe, deren Richtigkeit aber nicht feststeht. Sie gelangen, mit fortlaufender Nummer versehen, von Zeit zu Zeit zum Abdruck.
Märzwetter. Mit Schneesturm hat der März sich eingeführt und mit Regenschauern und heftigen Windböen scheint er seine Herrschaft fortsetzen zu wollen. Hin und wieder wird der Himmel wolkenfrei. Dann leuchtet hell und warm die Frühlingssonne, unter deren belebender Kraft an Bäumen und Sträuchern Knospen schwellen und junge Zweige ans Licht streben. Aber bald darauf verfinstert sich wieder der Himmel und der Sturm zerrt und reißt in den Baumkronen und eine kalte Regendusche ergießt sich über die Erde.
Sammelt weiter! Obwohl vom Bürgermeisteramt in Beuel seit mehreren Monaten fortwährend Goldgeld gesammelt wurde, hat die Sammlung im Monat Februar noch weit über 12.000 Mark ergeben.
Wer hat noch überflüssige Noten? Deutsche Soldaten, meist Rheinländer, haben in Lille einen Gesangverein gegründet, der an den freien Nachmittagen die Verwundeten in den Lazaretten Lilles und der Nachbarorte besucht, um sie durch Lieder zu erfreuen. Es fehlt den Sängern aber am wichtigsten, nämlich an Noten. Da bitten sie uns, in unserem Leserkreise zu fragen, wer überflüssige Noten, besonders Noten für bekannte Volkslieder und vierstimmige Männerchöre nach Lille schicken kann. In erster Linie richten wir die Bitte an unsere Bonner Gesangvereine, die ganz gewiß altes Notenmaterial in einer staubigen Ecke ihrer Notenschränke aufbewahren, ohne es je zu gebrauchen. Bei unseren sangesfreudigen Kriegern im Felde würden diese vergessenen Noten wieder eine Zweckbestimmung finden. Man adressiere sie an: Reservist Karl Schaefer, Festungsfernsprecher-Abteilung in Lille, Feldpoststation 3. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 5. März 1915
Der unausgebildete Landsturm. Für sämtliche noch nicht gemusterte Jahresklassen des unausgebildeten Landsturms 1. und 2. Aufgebots findet Musterung und Aushebung am Freitag, den 12. März, vormittags 8 ½ Uhr ab, im Kölner Hof statt. Alle Gestellungspflichtigen haben ohne besondere Vorladung zu erscheinen und zwar am Freitag, den 12. März, die unausgebildeten Landsturmpflichtigen der Geburtsjahrgänge 1882 und 1883; (...), Freitag, den 19. März, die Geburtsjahrgänge 1869, 1870 und 1871.
Die Gestellungspflichtigen haben in reinlicher Kleidung und Wäsche zu erscheinen. Militärpapiere sind mitzubringen. Wer der Gestellungspflicht nicht nachkommt, wird nach den Militärgesetzen bestraft.
Das Regiment unserer Bonner Königshusaren kann bekanntlich am Sonntag, den 7. d. M., auf sein hundertjähriges Bestehen zurückblicken. In vaterländisch bewegter, großer Zeit gebildet, hat das Regiment schon während der ersten Monate im Kampfe gegen die Franzosen sich bewähren müssen und steht auch jetzt am hundertjährigen Geburtstage wieder dem alten Erbfeind gegenüber. Um so höher werden an ihrem Ehrentage die Herzen aller tapferen Husaren schlagen in opfermutiger Vaterlandsliebe und in hingebender Treue zu ihrem geliebten Kaiser.
Die Bürgerschaft von Bonn aber wird an diesem Tage, wo das Gefühl herzlicher Anteilnahme und treuer Zusammengehörigkeit mit den wackeren „Lehm ops“ nach einem besonderen Ausdruck sucht, dem feiernden Regiment einen Geburtstagsgruß hinaussenden. Der freiwillige Hilfsausschuß hat es übernommen auf Grund eines gestern gefaßten Beschlusses der drei hiesigen vaterländischen Vereinigungen einen Waggon mit Liebesgaben auszurüsten, der am Freitag, 5. d. M., nachmittags 4 Uhr von hier abgehen wird. Für alle Freunde unserer Husaren bietet sich eine willkommene Gelegenheit, dem Regiment einige Aufmerksamkeiten zu erweisen. Pakete, an bestimmte Personen gerichtet, können des beschränkten Raumes wegen nur in sehr geringer Zahl angenommen werden. Alle Gaben sind abzugeben an der Baracke an der Quantiusstraße bei dem dortigen Aufseher Ebert. Um 4 Uhr nachmittags wird die Annahme geschlossen. Mögen freundlicher Bürgersinn und treue Anhänglichkeit unserem tapferen Husarenregiment eine reiche Geburtstagsfreude bereiten helfen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kriegsbriefe, Tagebücher, Soldatenliederbücher und sonstige Schriftstücke aus Kriegszeiten zu sammeln, damit sie später einmal Kunde von dem Geiste geben können, der im deutschen Heere und in der Bevölkerung daheim herrschte, hat bekanntlich der Unterrichtsminister die Behörden, Vereine usw. gebeten.
Es wird nochmals daraufhingewiesen, daß in Bonn derartige Schriftstücke aus Kriegszeiten an das Oberbürgermeisteramt eingesandt oder im Militärbureau des Rathauses abgegeben werden können. Die Schriftstücke brauchen nicht in der Urschrift abgegeben werden; eine beglaubigte Abschrift genügt. Die Besitzer können sich auch ihr Eigentumsrecht vorbehalten.
K.-K.-B. (Kriegskraftbrot) Von geschätzter Seite wird uns geschrieben: In einer Broschüre von Apotheker J. Block wird ein Gobulinbrot als Kriegskraftbrot von hervorragenden Medizinern empfohlen. In diesem Brote ist das Eiweiß des Blutes geschlachteter Tiere in größerer Menge verbacken. Ich habe ebenso wie viele Bekannte und Freunde das Brot längere Zeit gegessen und kann deshalb aus Erfahrung bestätigen, daß es recht schmackhaft, gut bekömmlich und sehr sättigend ist. Wenn man bedenkt, daß in ein vierpfündiges Brot ungefähr die Nährstoffe von einem Pfund Fleisch durch Blutzusatz hineingekommen sind, so stellt sich der Preis von 75 Pfg. für ein Kriegskraftbrot außerordentlich billig. Zudem wird die Volksernährung durch die Verwertung des Blutes in dieser schweren Zeit wesentlich erleichtert, weil Mehl und Fleisch in ganz erheblichem Maße erspart werden können. (Das K.-K.-Brot ist bei Bäckermeister Winterscheidt, Meckenheimerstraße 6a, zu haben.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Goldsammlung. Den Schülerinnen des Drammer’schen Lyzeums [in Köln] war am Montag ein freier Tag versprochen worden, wenn sie 5000 Mark in Gold zusammenbrächten. Schon am Donnerstag waren annähernd 10.000 Mark abgeliefert, sodaß der Unterricht ausfällt. Jetzt ist für 10.000 Mark noch einmal ein schulfreier Tag versprochen worden.
Ausfall des Schulunterrichts bei Siegesmeldungen. Nach amtlicher Meldung eines großen und entscheidenden Sieges soll – so bestimmt eine neue Verfügung der Kölner Regierung – der Unterricht in den Schulen am Tage der Siegesmeldung oder an dem darauffolgenden Schultage ausfallen. Dafür soll in den Schulen eine „die Bedeutung des Sieges beleuchtende, die Herzen zu Gott erhebende Feier veranstaltet werden.“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 6. März 1915
Die Stadtverordneten stimmten in der gestrigen Sitzung der Verminderung der Bäume in der Argelanderstraße zu, ebenso der Verlegung der Schlachtviehmärkte. Die Hundesteuer wurde auf 30, für den zweiten und folgenden Hund auf 40 Mark erhöht, zahlbar in vierteljährlichen Raten. Frei von der Steuer sind die Ziehhunde, Wachthunde in alleinstehenden Häusern und Hunde, die zu wissenschaftlichen Zwecken benutzt werden. Die anderen Punkte der Tagesordnung, wie Schulgelderhebung, Einstellung von Hilfsmannschaften für die Polizei, Gemeindebesteuerung der zum Kriegsdienst eingezogenen Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes wurden genehmigt. Der Antrag Cosack, betr. Abänderung der Verordnung für Veranlagung und Erhebung der direkten Steuern und die Verteilung des Steuerbedarfs wurde in umgeänderter Fassung angenommen. Außer der Tagesordnung wurde noch eine Anfrage der Stadtv. Kalt betr. Petroleumverbrauch erledigt. Es wurde der Verwaltung empfohlen, Petroleum von Rumänien zu beziehen. Mit dieser Frage wird sich die Teuerungskommission beschäftigen.
Goldsammlung. Wer in dem Zigarrengeschäft von Peter Linden zwei Wohlfahrts- und zwei Rheinische Lose kauft und Goldgeld in Zahlung gibt, erhält die vier Lose statt für 8 Mark für 7 Mark. Das Goldgeld wird der Reichsbank übergeben. Bis jetzt sind 5.000 Mark in Gold der Reichsbank von P. Linden zugeführt worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ausschankverbot von Trink-Branntwein an Militärpersonen. Nach einer Bekanntmachung des Gouverneurs der Festung Köln in der heutigen Nummer unseres Blattes ist jeder Ausschank von Trink-Branntwein, Kognak, Arrac, Rum, Likör, sowie der hieraus bereiteten Getränke, wie Grog, Punsch u. dergl. an Militärpersonen aller Dienstgrade in der Zeit von 7 Uhr abends bis 10 Uhr vormittags verboten. Der Ausschank darf auch nicht durch Automaten erfolgen. Außerhalb der verbotenen Zeit darf der Ausschank an Militärpersonen nur zum sofortigen Genuß auf der Stelle und gegen Barzahlung, auch nicht durch unentgeltliche Ueberlassung erfolgen. Gänzlich untersagt ist der sonstige Verkauf von Trink-Branntwein jeder Art und jeder Preislage, von Weingeist und Sprit in verkorkten und verkapselten Flaschen oder in sonstigen Gefäßen an Militärpersonen, auch der Verkauf durch Vermittlung von Zivilpersonen. Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. Diese Verordnung tritt mit dem 5. März 1915 in Kraft.
5 % Kriegsanleihen. Die Unkündbarkeit der Reichsanleihe bis 1924 wird vielfach insofern mißverstanden, als man glaubt, mit dem Erwerb der Kriegsanleihe sei das Geld für zehn Jahre festgelegt. Freilich kann es dem Reich gegenüber nicht gekündigt werden; doch ist immer Gelegenheit, durch Verkauf der Anleihe oder Beleihung zu jeder Zeit das Kapital wieder flüssig zu machen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kartoffelteuerung! Wenn Hunde schon ihre Klage anbringen dürfen, so ist dies gewiß einer Mutter von acht Kindern gestattet, wenn sie anfragt, warum die Stadtväter nicht dafür sorgen, daß die armen Hausfrauen Kartoffeln in den Keller bekommen, und zwar zu mäßigen Preisen. Die Preise sind jetzt bei den Händlern auf 7,50 M. und im Kleinverkauf auf 8 Pfg. gestiegen. Da ist es nicht mehr möglich, mit einem Verdienst von 5-6 M. auszukommen, wenn man täglich zwei Kriegsbrote und 10-12 Pfund Kartoffeln gebraucht. Das Gemüse ist auf dem Markt auch bald nicht mehr zu bezahlen und das nötige Fett zum Kochen sehr teuer. Wo bleibt dann noch etwas für Kleider, Schuhe und Miete übrig? Von Fleischessen kann schon gar keine Rede mehr sein. Also bitte ihr Herren Stadtväter, sorgt für Kartoffeln zu mäßigen Preisen. Eine sparsame Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der Bonner Wehrbund veranstaltet am Sonntag nachmittag für seine Mitglieder einen Gepäckwettmarsch. Marschiert wird einzeln und in Gruppen. Das Gepäck beträgt für Mitglieder unter 18 Jahren 40 Pfund, für solche von 18 und mehr Jahren 45 Pfund. Das Gepäck wird von 2 Uhr ab auf dem Arndtplatz abgewogen. Der Marsch geht von dort nach Rolandswert und wieder zurück.
Frühlingsboten. Die städtischen Rhein-Badeanstalten sind aus dem Oberwinterer Hafen, wo sie alljährlich überwintern, wieder hier eingetroffen und an ihrer alten Stelle verankert worden.
Vaterländische Reden und Vorträge. Den nächsten Vortrag hält am kommenden Mittwoch abend Herr Geheimrat Professor Dr. Bonnet um 8 ½ Uhr in der Aula des Städtischen Gymnasiums über „Die Hand und ihr Ersatz“. Der Vortrag wird durch Lichtbilder verdeutlicht. Bei den großen Aufgaben, die der Krieg gerade der medizinischen Wissenschaft heute stellt, braucht wohl kaum darauf hingewiesen zu werden, in einer wie nahen Beziehung dieses Thema zu den Opfern steht, die der Feldzug im Osten, Westen und zur See von uns fordert. Dieser Vortrag wird der letzte der ersten Reihe sein. Nach ihm tritt in den Vaterländischen Reden und Vorträgen gemäß den akademischen Osterferien eine längere Pause ein. Die Vorträge sollen aber zu angemessener Zeit in einer zweiten Reihe wieder aufgenommen werden, die sich alsdann der sich beständig fortentwickelnden politischen Lage anpaßt, die ja heute bereits eine ganz andere geworden ist als zu der Zeit, da die vaterländischen Reden und Vorträge ins Leben gerufen wurden.
Eine Kinderkrippe in Beuel. Der Vaterländische Frauenverein des Landkreises Bonn beabsichtigt in Beuel am 15. März eine Kinderkrippe zu eröffnen. Die Gemeinde Beuel hat die Räume der Quarzfabrik (a. d. Haltestelle Pützchen) welche bei Ausbruch des Krieges als Lazarett hergerichtet wurde, nun für diesen Zweck überlassen. In der Krippe werden Säuglinge und Kinder im Alter bis zu 2 Jahren aufgenommen, deren Mütter Arbeits- oder Krankheitsnachweis beibringen können. Als Entgelt müssen täglich 20 Pfg. bei Abgabe der Kinder gezahlt werden. Die Kinder erhalten in der Krippe 4 Mahlzeiten (9, 12, 3 und 6 Uhr) und werden unter Leitung einer ausgebildeten Säuglingsschwester gepflegt. Die Krippe ist morgens 8 Uhr geöffnet, bis ½ 7 Uhr abends müssen die Kinder abgeholt sein. An Sonn- und Feiertagen bleibt die Krippe geschlossen. Aenderungen bleiben vorbehalten. Die Bürger Beuels werden höflich gebeten, nach Kräften ein Scherflein zu dieser Einrichtung beizusteuern. Besonders willkommen sind noch: Kinderwäsche, Kinderbetten oder Körbe, Gummiunterlagen, Kinderbadewannen, Kindermöbel wie: Stühlchen, Laufrahmen usw. und möglichst abwaschbares Spielzeug.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Der Sicherheitsdienst im Stadtgebiet Bonn ist, wie in der gestrigen Stadtverordnetensitzung bekannt wurde, um 46 Beamte, die zum Kriegsdienst einberufen sind, vermindert; sie sollen durch 12 Hilfsschutzleute ersetzt werden, für die die Finanzkommission einen Tagelohn von 4 Mark vorgeschlagen hat. Stadtverordneter Mengden schlug aus Billigkeitsgründen Feldhüter und Nachtwächter vor. Die Versammlung entschied sich aber für den Vorschlag der Finanzkommission und bewies damit entschieden mehr soziales Verständnis. Es ist erstaunlich, wie Stadtverordnet, die, wie man zu sagen pflegt, größtenteils von „kleinen Leuten“ gewählt worden sind, oft so wenig Verständnis für deren Lage aufbringen. Der Ersatz für die ins Feld gerückten Sicherheitsbeamte erscheint übrigens durchaus ungenügend. Die Verminderung um 34 Mann muß und wird sich schon irgendwie fühlbar machen. Oder war dieser Beamtenkörper bisher zu groß? – Urban.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 7. März 1915
Oeffentliche Vorträge über wirtschaftliche Kriegsbereitschaft im Hause finden in den nächsten Wochen statt. Die Hausfrauen werden gebeten zu diesen Vorträgen wegen ihrer großen Wichtigkeit recht zahlreich zu erscheinen. (...)
Generalversammlung der Akt.-Ges. Grand Hotel Royal. In der gestrigen Generalversammlung, deren Vorsitz Herr Beigeordneter Bottler führte, waren 668 Aktien mit 1106 Stimmen angemeldet. Die höhere Anzahl der Stimmen als der Aktien rührt daher, daß die Stadt Bonn 210 Aktien mit 680 Stimmen hat. Zu Punkt 1 der Tagesordnung: Aenderung der §§ 1 und 2 des Statuts verliest der Vorsitzende ein Schreiben des Zweigvereins des Deutschen Sprachvereins von Anfang August, in dem der Gesellschaft vorgeschlagen wird, den Namen des Hotels in Könighof und des Cafés in Königsgarten umzuändern. Der Aufsichtsrat hat dieser Anregung vorläufig nachgegeben und den Namen geändert. Da aber nur die Generalversammlung darüber Beschluß fassen kann, wurde diese Frage der Versammlung gestern zur Entscheidung vorgelegt. Der Vorsitzende bemerkte, daß diese Frage von zwei Seiten zu betrachten sei; einmal, daß mit allen fremdländischen Ausdrücken aufgeräumt werden solle, dann ist aber auch mit der Schwierigkeit zu rechnen: Unser Hotel ist unter dem Namen Grand Hotel Royal im ganzen Reiche und darüber hinaus bekannt. Aendert man den Namen, so fügen sich die Bonner leicht darein; aber die Auswärtigen und Ausländischen wissen von der Aenderung nichts; da könnte dann sehr leicht eine Verwechslung mit ähnlich klingenden Gasthöfen vorkommen. Deshalb ist vom Standpunkt des Geschäftes aus eine vollständige Namensänderung nicht ganz einwandfrei. Der Aufsichtsrat empfiehlt deshalb der Versammlung, den § 1 des Statuts: Namen und Firma der Gesellschaft unverändert beizubehalten, den § 2 abzuändern in: Zweck der Gesellschaft ist der Betrieb des Gasthofes Königshof und des Kaffeehauses Königshof. Herr Dr. Krantz fragt nach den formellen Schwierigkeiten, die entständen, wenn auch der § 1 dahin abgeändert würde: Die Gesellschaft führt den Namen Gasthof Königshof (vormals Grand Hotel Royal). Der Vorsitzende Beigeordneter Bottler erklärt, daß dann alle Aktien eingezogen und umgestempelt werden müßten. – Die Versammlung stimmt der Aenderung des § 2 zu; § 1 bleibt unverändert.
Der Geschäftsbericht wird von dem Vorsitzenden erstattet. Er erwähnt, daß die erhoffte Entwicklung des Geschäftsganges in den ersten sieben Monaten die gehegten Erwartungen durchaus bestätigt habe, daß aber die Einnahmen seit Ausbruch des Krieges um 50. v. H. gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres zurückgegangen seien. (...) – Zum Schluß fragte Dr. Krantz noch an, wie es mit dem Betriebe des Kaffeehauses stände. Der Vorsitzende antwortete, daß der Betrieb zu Anfang des Krieges gänzlich geschlossen werden mußte, später aber, nach 6 Wochen, wieder für die Nachmittagsstunden eröffnet worden sei und sich gut entwickelt habe. Auf die Anfrage von Dr. Krantz, ob es notwendig sei, daß immer die Musik spiele, antwortete Direktor König, daß er anfangs ohne Musik den Betrieb eröffnet habe. Es sei aber eine Unterbilanz entstanden. Sobald er aber dazu übergegangen sei, die Musik spielen zu lassen, sei der Besuch ganz erheblich gestiegen. Da weiter keine Anfragen gemacht wurden, schloß der Vorsitzende die Versammlung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kriegsanleihe. Das bischöfliche Generalvikariat fordert in Nr. 5 des Kirchlichen Amtsanzeigers zu Zeichnungen auf die neue Anleihe auf. Es heißt: „Es ist vaterländische Pflicht für jeden, der dazu in der Lage ist, hier mitzuwirken, zumal es sich um eine mündelsichere, unter der Gewährleistung des Deutschen Reiches stehende Kapitalanlage handelt, unter günstiger (5 Prozent) Verzinsung.
Städtischer Speckverkauf. Trotz der ungünstigen Witterung war der Andrang zum Verkaufslokal in der Rathausgasse am Samstag nachmittag noch größer als an den beiden vorherigen Samstagen. Die Verwaltung hatte für ausreichende Vorräte gesorgt und auch der Verkauf ging flott vonstatten. Mehr als 25 Zentner Speck wurden im Laufe des Nachmittags umgesetzt. Der überaus rege Zuspruch beweist, daß der städtische Verkauf zu billigen Preisen einem wirklichen Bedürfnis entspricht, namentlich jetzt, wo die Preise für Schweinefleisch fast unerschwinglich sind. Aller Voraussicht nach findet auch in der kommenden Woche wiederum ein Verkauf von Speck statt.
Eine raffinierte Diebin wurde am Samstag von der Strafkammer wegen Diebstahls zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt. Die Angeklagte, ein Dienstmädchen, hatte s. Zt. In der Klinik gelegen und einer Frau, die in der Narkose lag, einen Fingerring entwendet und versteckt. Erst nach längerem Leugnen gab das Mädchen zu, den Ring genommen zu haben. Außerdem hatte die Angeklagte einige Kleidungsstücke entwendet. Der Vertreter der Anklagebehörde hatte drei Wochen Gefängnis beantragt. In Anbetracht der schwerwiegenden Umstände erkannte das Gericht auf eine erheblich höhere Strafe.
Bubenstreich. Vor einigen Nächten wurden am oberen Rheinwerft zwei Rettungsringe der Stadt Bonn von einem unbekannten Täter von ihrem Standort weggenommen und wahrscheinlich in den Rhein geworfen. Leider ist es bis jetzt nicht gelungen, den Burschen zu ermitteln, den eine empfindliche Freiheitsstrafe treffen würde.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
„Hindenburgstraße“. Könnte man den Bonnertalweg nicht „Hindenburgstraße“ nennen. Es ist doch längst kein Talweg mehr, rechts und links zweigen Straßen ab, die die Namen großer Männer führen, wie Bismarckstraße, Loéstraße, Moltkestraße, Lessingstraße und Goethestraße. Eine alte Abonnentin.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der unausgebildete Landsturm. Auf mehrfach an uns gerichtete Anfragen teilen wir mit, daß diejenigen unausgebildeten Landsturmpflichtigen, die am 1. August 1914 das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatten, sich nicht zur Musterung zu stellen brauchen.
Zum Jubiläum der Bonner Königshusaren. Mit Rücksicht auf den Ernst der Zeit wird auch die jetzt hier weilende Ersatz-Schwadron von einer Feier absehen. Der Verein ehemaliger Königshusaren legt morgen früh am Kaiser Wilhelm-Denkmal einen Kranz nieder.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 8. März 1915
Zum hundertjährigen Jubiläum unseres Husaren-Regiments ist neben vielen besonders abgesandten Liebesgaben am Samstag morgen ein schwer bepackter Eisenbahnwaggon Liebesgaben als Eilgut direkt zur Front abgegangen. Die vereinigten vaterländischen Vereine und Bürger Bonn’s haben es sich nicht nehmen lassen, unsere „Lehm ops“ mit allen den Dingen zu erfreuen, die Magen und Leib zuträglich sind. Große Mengen praktischer Wollsachen, Unterkleider sind gestiftet, aber auch das leibliche Wohl der Husaren nicht vergessen worden. Was an Delikatessen aufzutreiben ist, was eines jeden Feinschmeckerszunge ergötzt, wurde in reichlicher Fülle zusammengetragen. Unter anderem haben es sich unsere Metzger nicht nehmen lassen, Wurst- und Fleischwaren beizusteuern. Ueber 5.000 Zigarren und Zigaretten kamen dazu. Damit auch der Durst unserer Lehm ops befriedigt werde, haben unsere verschiedenen Brauereien über 10 Fässer Bier in verschiedener Größe dem Liebesgabentransport beigefügt. Die Roisdorfer Brunnenverwaltung stiftete mehrere Kasten Roisdorfer Wasser, eine Firma in Bonn lieferte über 500 Flaschen Boonekamp ab und nicht zuletzt aber waren es die Bonner Damen und besonders die „Bräute“, die mit verschämten Blicken sorgfältig eingewickelte Paketchen und Pakete der Sammelstelle ablieferten und dabei bemerkten, daß das rosafarbene Briefchen auch an die richtige Adresse abgeliefert werden möchte. – Jedenfalls dürfen unsere wackeren Lehm ops mit dem Ergebnis des Liebesgabentransportes wohl zufrieden sein.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg. In der „Erholung“ fand am 3. ds. unter dem Vorsitz der Frau Bürgermeister Dengler die Generalsversammlung des Vaterländischen Frauenvereins Godesberg statt. Der Schriftführer, Herr Direktor Teudt betonte bei Erstattung des Jahresberichts, daß dem Verein seit Ausbruch des Krieges neue wichtige Aufgaben erwachsen seien. In Gemeinschaft mit zahlreichen anderen Vereinen Godesbergs wurden unter dem Zeichen des Roten Kreuzes ein Arbeitsausschuß und eine Arbeitszentrale gegründet, wobei dem Vaterländischen Frauenverein ein wichtiger Teil der Arbeit zufiel. In der Wöchnerinnenpflege wurden 950 Portionen kräftiges Mittagessen an 70 Wöchnerinnen unentgeltlich ausgeteilt und 8 Wöchnerinnen durch Stellung einer Pflegefrau Hilfe geleistet. Auszeichnungen für treue Dienste konnten in diesem Jahre zum Geburtstag der Kaiserin 34 ausgeteilt werden, und zwar an 21 Mädchen , welche 5 Jahre, an 6 Mädchen, welche 10 Jahre und an 7 Mädchen, welche 15 und mehr Jahre Dienstzeit an einer Stelle hinter sich hatten.
Die im Februar d. Jahres veranstaltete Festlichkeit „Der Kurpark im Rosenschmuck“ hatte einen Reinertrag von 1720 Mark. Dem Verein war es dadurch möglich, der Zentrale vom Roten Kreuz zu Kriegsanfang 1000 Mark und dem neugegründeten Vaterländischen Frauenverein Bonn-Land 500 Mark zu überweisen. Durch die Kriegstätigkeit des Vereins ist die Mitgliederzahl auf fast 200 gestiegen. In Kursen, die von hiesigen Aerzten abgehalten wurden, fanden im ganzen 129 Helferinnen ihre mit einem Examen abgeschlossene Ausbildung. Davon konnten bis jetzt 69 im praktischen Hilfsdienst in hiesigen Lazaretten und Genesungsheimen Verwendung finden; 27 sind bereits zu Hilfsschwestern ernannt worden. Dem Vaterländischen Frauenverein wurden fünf Genesungsheime mit zusammen 120 Betten angeschlossen. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Der Gemüsemarkt zu Bonn.
Aus unserem Leserkreise wird uns über die Bonner Marktverhältnisse von einem offenbar recht sachkundigen und scharfen Beobachter folgendes geschrieben:
Angebot und Nachfrage haben zu allen Zeiten die Werte der Waren bestimmt und die Preise gemacht. Nun kommt der Krieg und durchlöchert auch dieses eherne Wirtschaftsgesetz, schiebt die Preise auch da weit hinauf, wo kein Mangel an Ware herrscht, und wo keine übermäßige Nachfrage ist. So scheint es wenigstens, was den Bedarf angeht. Daß kein Mangel herrscht, beweisen die Berge und die Mannigfaltigkeit von Gemüse, die noch tagtäglich und besonders an den Hauptmarkttagen auf die hiesigen Märkte kommen.
Der Bonner tagtägliche Markt trägt sein altes Gesicht. Von der Rathaustreppe bis zur Bonngasse steht Korb neben Korb, Stand neben Stand, gefüllt mit den Landesprodukten unsrer näheren Umgegend und den Früchten des Südens. Es wimmelt von Verkäufern, weniger von Käufern; es wird gefeilscht und gehandelt und abgeschlossen, wie in Friedenszeiten. Die Gesichter der Verkäufer drücken behäbige Ruhe, die Sicherheit des Besitzes aus; die Züge der Käufer sind wie früher kritisch, unzufrieden, drei Falten zerreißen die Stirn; aber es wird gekauft. – Um 12 Uhr aber steht noch mancher Korb voll Gemüse hier, sitzen die Verkäufer noch hinter gutbesetzten Ständen, und nur noch vereinzelt zieht ein Käufer durch die Reihen.
Es kommt mehr auf den Markt, wie gekauft wird, auf dem Markte selbst. Zum größten Teil sind es Händler, die hier ausbieten. Was dann auf dem Markte selbst nicht fortgeht, wird den hauskunden in der Stadt durch „fliegende“ Gemüsehändler angeboten.
Der Markt weist sein altes, für die Jahreszeit maßgebendes Gesicht auf. Krauskohl, Rosenkohl, Spinat, Suppenkräuter, Erdkohlrabi, Möhren, Karotten und was sonst die Küche bedarf. Nur eines fehlt oder ist nur sehr schwach vertreten: unser Hauptnahrungsmittel, die Kartoffel. Das ist ja in der jetzigen Jahreszeit einigermaßen durch die Einkellerung erklärlich; andererseits liegen die Gründe des Fernbleibens der Kartoffeln doch in der bekannten Preisbildungspolitik der Interessenten.
Auch der Markt für den Großhandel scheint vom Kriege gar nicht berührt. Dienstags und Freitags bringen gut ein halbes Hundert große Wagen und wohl nicht weniger wie hundert Hand-, Hunde- und Eselwagen Berge von Gemüse auf den Stiftsplatz. Noch liegt die Nacht über der Stadt und schon rasselt es aus allen Richtungen heran auf diesen neuen und großen Platz. Die Straßen rundum belegen die Gefährte, und auf dem Markt steht dann bald Korb an Korb, und haufenweise lagern Spinat und Krauskohl, das Hauptgemüse auf dem Pflaster. Feilgeboten werden Salat, ferner in großen Mengen die Sprütchen des Rosenkohls, der sich neben dem Krauskohl eine ebenbürtige Stelle als Wintergemüse errungen hat. Von überwintertem Gemüse herrscht der Rotkohl vor; von Wurzelgemüsen Möhren, Karotten, weiße Rüben, Schwarzwurzel; weiter aber ist hier alles zu haben, was der Garten hervorbringt. Es ist sachgemäß durch den Winter gebracht, und präsentiert sich durchweg als vorzügliche, saubere, appetitliche Ware. Auch Raritäten für diese Kriegszeit sind vorhanden: weiße und bunte Bohnen; in Säckchen und Düten verpackt, hütet sie sorgfältig die Verkäuferin und fordert „Marktpreis“. Auch auf dem Stiftsplatz machen sich als weitere Seltenheit, wohl nur auf dem Markt, die Kartoffeln bemerkbar. Ein, zwei Säcke lehnen sich schüchtern an überquellende mächtige Gemüsekörbe. Es ist ja klar, der Züchter bringt nur das auf den Markt, was im marktfähig scheint. Das ist sein gutes Recht. Doch nach allem, was man zu hören bekommt, sind auch noch Kartoffeln im Lande. Auf irgend eine Art werden sie schon auf den Markt kommen. Vielleicht bringt der Sommer sie an den Tag.
Zum Bonner Markt steuert ein nicht zu weites Gebiet und auch das nur teilweise bei. Die Aufschriften der Anlieferungswagen beweisen es. Bornheim, Botzdorf, Hersel, Gr.-Rheindorf, Friesdorf, Witterschlick schließen den Kreis. Was darüber hinaus züchtet, so namentlich am Vorgebirge, arbeitet mit Köln. Aber auch aus diesem engen Gebiete, ja selbst aus dem Gebiete der Stadt Bonn, geht, wie allgemein bekannt, ein großer Teil, für Endenich, Grau-Rheindorf der allergrößte Teil, nach Köln.
Der Markt auf dem Stiftsplatz ist im Gegensatz zum andern Markt am Rathaus ein Umschlagplatz im Großen. Er dient in der Hauptsache dem Handel zwischen Züchter und Großversand. Schon früh ziehen die Händler durch die Stände, mustern die Waren, fragen nach Preis, bieten und kaufen. Gegen die Mittagszeit hin sondiert sich der Markt dann immer mehr. Die Züchter wandern langsam mit leeren Körben und Wagen ab, die Menge der Menschen hat sich verlaufen. Hundegeheul und Eselschreie verhallen, und vier, fünf Großhändler mit ihren Packerinnen lassen den Markt fast einsam erscheinen. Der Markt hat ein anderes, ruhigeres Gesicht bekommen. Hübsch verpackt mit Packleinen, stehen in Reih und Glied die riesigen Körbe mit Gemüse. Rote, gelbe, grüne Leitzettel verraten dem Neugierigen, wohin die Reise geht: nach Berlin, Gelsenkirchen, Elberfeld, ins Industriegebiet meist.
Und dann werden die Wagen hoch mit den Körben beladen und flinke Pferde bringen sie nach Beuel an die Bahn.
(Bonner General-Anzeiger)
Frauenversammlung der Remigiuspfarre. Die auf Initiative des Bonner kath. Arbeitervereins in den einzelnen Pfarreien der Stadt abgehaltenen Frauenversammlungen haben einen vollen Erfolg gehabt. Die Versammlungen der Marien- und Stiftspfarre waren jedesmal von ca. 600 Frauen besucht. Heute abend, punkt 8 Uhr, findet nun im Kath. Vereinshause in der Josephstraße eine solche Versammlung statt für alle Frauen der Remigiuspfarre. Redner sind: Frau Schultheiß, Herr Pfarrer Ludwigs und Herr Rektor Dr. Honnef. Das Thema lautet wieder: Haushalt und Krieg. Außerdem werden einige ernste Deklamationen und Lieder vorgetragen. Hoffentlich finden sich die Hausfrauen der Pfarrgemeinde vollzählig ein.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 9. März 1915
Brotmarken. Wie wir von zuständiger Seite erfahren, werden vom 15. März ab Brotmarken eingeführt. Die näheren Bestimmungen werden noch bekannt gegeben werden.
Der Bonner Wehrbund veranstaltete am Sonntag nachmittag einen Gepäckwettmarsch für eine gemischte Abteilung von Mitgliedern der einzelnen städtischen Sondergruppen von insgesamt 28 Mann. Der Marsch nahm vom Arndtplatz an der Koblenzer Straße seinen Ausgang und führte über Godesberg und Mehlem bis nach Rolandswert und von dort ohne Aufenthalt wieder zurück bis zum Arndtplatz. Es konnte einzeln und in Gruppen von 6 Mann marschiert werden. Die ausgeschickten Gruppen lösten sich alle sehr bald durch Ausfallen einzelner Leute auf, so daß nur noch über Einzelgänger zu entscheiden blieb. Die Teilnehmer sonderten sich in zwei Klassen. Von der ersten Klasse, derer unter 18 Jahren, mit 30 Pfund Gepäck, kehrten 10, von der zweiten Klasse, über 18 Jahre, mit 35 Pfd. Gepäck, kehrten 5 zurück. Alle anderen Teilnehmer schieden unterwegs aus. Die ganze Strecke betrug hin und zurück 24 Kilometer. (...)
Der Geschäftsbericht der Westdeutschen Jute-Spinnerei und Weberei A.-G. zu Beuel bei Bonn ist erschienen. Danach hatte das abgelaufene Geschäftsjahr 1914, für welches die Bilanz nebst Gewinn- und Verlust-Konto bekannt gegeben wird, unter ungünstigen Verhältnissen zu leiden. Im 1. Semester blieb Rohjute sehr teuer. Eine überall abflauende Nachfrage nach Jutefabrikaten gestaltete den Absatz so schwierig, daß der Jute-Spinnerei-Verband die Betriebseinschränkung, die Ende 1913 noch 10 Prozent betrug, auf 20 Proz. Erhöhen und mit den Verkaufspreisen den Auslandsmärkten folgend herabgehen mußte. Mit Beginn des Krieges traten Störungen ein, die sich für die Jute-Industrie um so bemerkbarer machten, als sie bekanntlich für den Bezug unseres Rohmaterials ausschließlich auf Indien angewiesen ist. Unter der Sperre auch dieses Artikels werden vermutlich Indien und England noch schwer zu leiden haben. Die meisten Fabriken waren angesichts der hohen Preise alter Ernte und der in Aussicht stehenden viel billigeren Notierungen für neue Ernte nur mit knappen Vorräten in Rohjute versehen, und alle Versuche, letztere über neutrale Häfen zu beziehen, blieben erfolglos. Infolge des großen Heeresbedarfes an Jutefabrikaten beschlagnahmte das Kriegsministerium alle Bestände an Rohjute und Jute-Erzeugnissen der Fabriken und verpflichtete letztere, fast ausschließlich für Militärzwecke zu arbeiten. Den Fabriken wurden zwar beschlagnahmte Vorräte an Rohjute, die dem feindlichen Auslande in Deutschland gehörten, zur Verfügung gestellt, sie waren indessen so unbedeutend, daß alle Werke ihre Produktion beträchtlich einschränken mußten. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Schwurgericht verhandelte gestern gegen die Ehefrau Th. H. aus Bonn wegen Verbrechens gegen den § 219 Str.-G.-B. Die Angeklagte wurde verteidigt von Rechtsanwalt Dr. Cohn. Die Angelegenheit stand in gewissem Zusammenhang mit der ersten Schwurgerichtsverhandlung gegen die 22jährige Dienstmagd M. K. aus Bonn, die wegen Verbrechens gegen den § 218 Str.-G.-B. unter Anrechnung mildernder Umstände zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt wurde. Im vorliegenden Falle sollte die Angeklagte H. in der bereits abgeurteilten Sache K. Beihilfe gegen Entgelt geleistet haben. Die Geschworenen bejahten die Schuldfragen. Der Erste Staatsanwalt beantragte mit Rücksicht auch darauf, daß die Angeklagte wegen des gleichen Verbrechens erst kürzlich von der Strafkammer zu vier Monaten Gefängnis verurteilt worden war, eine Zuchthausstrafe von zwei Jahren. Das Urteil lautete auf ein Jahr Zuchthaus. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt.
Damit hat die diesmalige Schwurgerichtstagung ihr Ende gefunden. Der Vorsitzende, Landrichter Kraft, entließ die Herren Geschworenen mit verbindlichen Worten für ihre treue Mitarbeit während der verflossenen Tagung.
Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit wurden von der Strafkammer die Ehefrauen Theod. H.-Bonn, Pet. W.-Bonn und Ant. W.-Bonn wegen Verbrechens gegen den § 219, erstere zu vier Monaten und die beiden letzteren zu je zwei Monaten Gefängnis verurteilt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Stadtverordneten-Ersatzwahl.
Eine Zentrumswählerversammlung, die auf gestern abend in den Saal des Katholischen Gesellenhauses einberufen worden war, beschloß einstimmig, für den in der 3. Abteilung durch den Tod ausgeschiedenen Herrn Parmentier Herrn Maler- und Anstreichermeister Franz Hartmann (Kreuzstraße) als Kandidat aufzustellen. Von einer Kandidatenaufstellung für die 1. und 2. Abteilung wurde Abstand genommen. Da wir erst gestern nachmittag in letzter Stunde durch eine Notiz der liberalen Bonner Zeitung Kenntnis von der obigen Zentrumsversammlung erhielten, waren wir nicht in der Lage, Vorkehrungen dafür zu treffen, daß ein längerer Bericht über die Versammlung Aufnahme finden konnte.
Eine gleichzeitig im Hähnchen tagende Versammlung der liberalen Wähler beschloß, in der dritten Klasse keinen Kandidaten aufzustellen und sprach die Erwartung aus, daß von der Zentrumspartei keine Kandidaten für die 1. und 2. Klasse aufgestellt würden, da in diesen beiden Klassen kein Stadtverordneter der Zentrumspartei gestorben sei oder im Felde stehe.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 10. März 1915
Einschränkung des Verkehrs mit Kraftwagen. Durch die neue Verordnung des Bundesrats wird der Verkehr von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen und Plätzen von dem 15. März ds. Js. ab von einer erneuten Zulassung abhängig gemacht, die nur erteilt werden darf, wenn für den Verkehr des Fahrzeugs ein öffentliches Bedürfnis besteht. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kartoffelkarten. (WTB – nichtamtlich) Das Berliner Tageblatt meldet aus Wilmersdorf: Nach dem Muster der Brotkarten beabsichtigt der Magistrat von Wilmersdorf in den nächsten Tagen auch Kartoffelkarten herauszugeben. Die Karte lautet auf den Inhaber, ist nicht übertragbar und berechtigt nach Maßgabe der vorhandenen Vorräte zur Entnahme von wöchentlich 20 Pfund Kartoffeln, gegen Bezahlung von der städtischen Kartoffelverkaufsstelle.
Wirtschaftliche Kriegsbereitschaft im Hause. Um auch die Hausfrauen über Fragen aufzuklären, die augenblicklich für uns alle von Wichtigkeit sind, hat der Oberbürgermeister die Hausfrauen Bonns zu einer Reihe von Vorträgen eingeladen, in denen über die Frage „Wie kann die Frau helfen, den Krieg zu gewinnen?“ gesprochen wird.
Als erste Rednerin sprach gestern abend Frl. Hilfsschullehrerin Leusch-Bonn im Gasthof Degen in Endenich. Der Vortrag war ein Appell an die Hausfrauen Endenichs zur Sparsamkeit mit den Lebensmitteln, mit denen wir haushalten müssen, ein Mahnwort zur Einfachheit früherer Zeit, ein Weckruf, keine Nahrungsmittel verkommen zu lassen, nicht nach Zunge und Gaumen, sondern mit dem Verstande zu kochen, unter Berücksichtigung dessen, was not tut in der jetzigen Zeit. Und was not tut, legte Rednerin mit klaren Worten dar. Sparsamkeit in der Verwendung von Brot, Butter, Fette, Fleisch usw., dagegen reichliche Verwendung von Milch, Käse, Zucker usw., die sämtlich hohen Nährwert haben. Zum Schluß gab Rednerin einige Kochrezepte und empfahl die kleine Schrift „Kocht Kartoffeln in der Schale“, die für 10 Pfg. erhältlich ist und die eine große Menge Kartoffelgericht-Rezepte enthält. – An den Vortrag schloß sich eine Aussprache.
Heute (Mittwoch) abend spricht über das gleiche Thema Frau Landgerichtsrat Frost-Bonn im Gasthof zum Kaisersaal in Kessenich.
Ein zweiter Hauptmann von Köpenick wurde von der Strafkammer wegen verübter Schwindeleien zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten, und sein Gefährte ebenfalls wegen verübter Schwindeleien zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Der erste Angeklagte hatte sich s. Z. in der Uniform eines Leutnants, geschmückt mit dem Eisernen Kreuz, in Bonn aufgehalten und eine Reihe Schwindeleien verübt. U.a. war der „Herr Leutnant“ stets in Geldverlegenheit. Um zu Geld zu kommen, bediente er sich absonderlicher Mittel. So winkte er eines Tages in der Remigiusstraße einen Einjährig-Freiwilligen-Kürassier zu sich heran, redete ihn gnädig mit „Kamerad“ an und bat um Ueberlassung von 10 Mark, da er „augenblicklich nicht bei Kasse“ sei. Der verdutzt dreinschauende Einjährig-Freiwillige klappte die Hacken zusammen, langte aber gehorsam in die hintere Hosentasche und der Pump war fertig. Hinterher jedoch kamen dem Angepumpten Bedenken über den angeblichen Leutnant , und da ein Kriminalbeamter zufällig des Weges kam, machte er ihn auf den Herrn Leutnant aufmerksam. Dieser war inzwischen in eine für Offiziere nicht standesgemäße Kneipe gegangen, um seinen Durst mit Kölsch Bier zu befriedigen. Dort saß auch sein Gefährte in der Uniform eine Sergeanten, der der Tafelrunde mit großen Reden über Schlachtenlärm und eigenem Heldentum aufwartete und sich eins nach dem anderen traktieren ließ. Beide wurden festgenommen, und es stellte sich heraus, daß weder der eine noch der andere überhaupt gedient hatten. Jetzt wollte sich der „Herr Leutnant“ freiwillig gemeldet haben und für hervorragende Tapferkeit mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet und zum Leutnant befördert worden sein. Aber auch da stellte sich heraus, daß der Angeklagte überhaupt nicht im Felde gewesen ist. Beiden konnten noch andere Schwindeleien nachgewiesen werden. Sie mußten aus der Uniform heraus und in die Zivilkleider hinein. Diese aber haben sie inzwischen wieder mit der Gefängnistracht vertauscht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Bonner Ortskrankenkasse zeichnete auf die Kriegsanleihe 50.000 Mark.
Ein etwas merkwürdiger Fund ist auf dem Fundbüro des Polizeiamtes abgegeben worden, nämlich zwei Zentner Kartoffelmehl. Näheres ist beim Polizeiamt zu erfahren.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 11. März 1915
Regelung des Brotverbrauches im Landkreise Bonn. Der Landrat des Landkreises Bonn, v. Nell, hat eine Verordnung erlassen, die den Brot- und Mehlverbrauch im Landkreise Bonn regelt. Nach dieser Verordnung bildet jede Bürgermeisterei ein Versorgungsbezirk. Die Abgabe von Brot und Mehl außerhalb des Bürgermeistereibezirkes ist verboten. Jede Brotbereitung im eigenen Haushalte ist verboten; nur Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe, die bis zur nächsten Ernte im Besitze der erforderlichen Vorräte an selbsterzeugtem Brotgetreide sind, dürfen die vorgeschriebene Menge (§ 82 der Bundesratsverordnung vom 25. Januar 1915) im eigenen Haushalte verwenden. Für alle anderen ist der tägliche Brotbezug für Personen über 4 Jahre auf 250 Gramm, für Kinder unter 4 Jahren auf die Hälfte festgesetzt. Der wöchentliche Mehlbezug beträgt für jede Person 100 Gramm. Die Bäckereien dürfen Brot und Mehl nur gegen Vorlegung der Brot- und Mehlbezugsbücher, bezw. Der Brot- und Mehlkarten verabfolgen. Zuwiderhandlungen sind mit hohen Strafen belegt. Die Verordnung tritt am 15. März in Kraft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Goldsammlung. Die von den Schülerinnen der hiesigen Studienanstalt – mit Ausnahme der Abiturientinnen – in den letzten Wochen angestellte Goldsammlung ergab bisher den Betrag von 24.760 Mark; dies bedeutet im Durchschnitt 221 Mark für jede Schülerin.
Hochwasser. Durch das ungünstige Wetter der letzen Tage ist der Rhein anhaltend gestiegen. Am hiesigen Pegel wurden heute früh 5 Meter Wasser gemessen. Auch vom Oberrhein und von der Mosel wird starkes Steigen gemeldet.
Die neu gestiftete Kolonialdenkmünze für tapferes Verhalten bei der Niederwerfung aufrührerischer Eingeborener ist Herrn Aug. Frings in Godesberg verliehen worden. Herr Frings war mehrfach an den Kämpfen gegen die Admiralitäts-Insulaner und Bainingstämme auf Neu-Pommern und Neu-Mecklenburg in hervorragender Weise beteiligt.
Vaterländische Reden und Vorträge. (Sechsundzwanzigster Abend.) Prof. Dr. Bonnet: „Die Hand und ihr Ersatz“.
Der Vortrag war mehr als in einer Hinsicht lehrreich. Zeigte er einmal die hohe Ehrfurcht, die wir vor dem Meisterwerk der Natur: Mensch, insbesondere auch seiner wichtigsten Gliedmaße, der Hand, haben müssen, so bewies er auf der anderen Seite, daß Menschengeist es zu Wege gebracht hat, daß Bedauernswerte, denen Arme und Hände ganz oder teilweise fehlen, nicht zu verzagen brauchen. Aerztliche Kunst in Verbindung mit Bandagie und Orthopädie vermögen bei Ausdauer des Betreffenden einen fast gleichwertigen Ersatz zu bieten. Prof. Dr. Bonnet, der selbst praktische Versuche in dieser Hinsicht angestellt und eingehende Studien gemacht hat, bewies diese Tatsachen durch eine außerordentlich fesselnde Reihe von Lichtbildern, die einarmige Menschen zeigte (u.a. Graf Zichy), sowie solche, denen beide Hände und sogar Füße fehlen, und die trotzdem ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen können, weil eben die hohe Kunst des Arztes, des Bandagisten oder des Orthopädisten es vermochte, diese Menschen vor dem Elend erwerbslosen Krüppeltums zu bewahren.
Der Vortrag war so gut besucht, daß Viele wieder umkehren mußten. Eine Wiederholung dieses außerordentlich fesselnden Vortrages dürfte daher durchaus geboten erscheinen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Kath. Kaufm.-Verein veranstaltet am kommenden Sonntag (Laetare) einen „Vaterländischen Abend“ im großen Saale des Bürgervereins, dessen Reinertrag zu Kriegsunterstützungszwecken verwendet wird. Herr Benediktinerpater Albert Hammerstede wird sprechen über „Die kath. Kirche und der Krieg“. Der Münsterchor, sowie hervorragende Künstler und Solisten haben ihre Mitwirkung zugesagt, so daß ein voller Erfolg zu erwarten ist.
Der älteste Bürger von Bonn-Dottendorf, Herr Wilhelm Oleff, ist im Alter von 93 Jahren an Herzschwäche gestorben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 12. März 1915
Regelung der Mehl- und Brotversorgung im Stadtkreise Bonn. Der Oberbürgermeister gibt bekannt, daß vom 21. März ab die Abgabe von Brot und Mehl beschränkt wird auf 3½ Pfund Brot oder 2 Pfund Mehl oder 2 Pfund Zwieback wöchentlich für jede Person ohne Unterschied des Alters. Die Abgabe von Brot und Mehl darf nur gegen Vorzeigung des für den Stadtkreis Bonn eingeführten Brotbuches erfolgen.
Wirtschaftliche Kriegsbereitschaft im Hause. Wie wir schon kurz berichteten, fand am Dienstag abend in Endenich der erste der öffentlichen Vorträge statt über wirtschaftliche Kriegsbereitscahft im Hause. Eine stattliche Anzahl Endenicher Frauen hatte sich im Kaisersaal bei Degen eingefunden. Herr Schulrat Dr. Baedorf eröffnete die Versammlung mit einem Hinweis darauf, wie unser tapferes Heer zu Beginn des Krieges in wunderbarerm Siegeslauf vordrang, wie aber dann der Krieg wider Erwarten sich in die Länge zog und wie unsere Feinde – besonders England – zu einem neuen Kampfmittel griffen, zu dem Plan, uns auszuhungern. In warmen Worten forderte der Herr Schulrat die anwesenden Frauen auf, auch ihrerseits dazu beizutragen, daß der schwere Kampf, der dem deutschen Volke aufgezwungen worden ist, siegreich beendet werde. Die deutsche Frau soll aber nicht etwa nach dem Muster der englischen Wahlweiber persönlich in den Kampf eingreifen, sondern sie soll ihrem Vaterland nützen durch treueste Pflichterfüllung und größte Sparsamkeit im Haushalt. – Fräulein Hilfsschullehrerin Lensch hielt sodann einen äußerst interessanten Vortrag. In beredten Worten ermahnte sie unsere Hausfrauen, mit allen Mitteln dazu beizutragen, daß der Aushungerungsplan unsrer Feinde zuschanden gemacht werde. Die Rednerin ging sodann die einzelnen Nahrungsmittel durch und empfahl größte Sparsamkeit in der Verwendung von Brot, Butter, Fett und Fleisch. Dagegen reichliche Verwendung von Milch, Käse, Gemüse, Zucker. Die praktischen Ausführungen fanden allseitig Anerkennung.
Nachdem Herr Schulrat Dr. Baedorf Frl. Lensch den Dank der Versammlung ausgesprochen hatte, dem sich auch Herr Pfarrer Dohm anschloß, gab der Herrr Schulrat eine Uebersicht über die weiteren Vorträge und empfahl den Anwesenden die Teilnahme an den Kriegskochkursen in der Fortbildungsschule.
Am Mittwoch abend sprach Frau Landgerichtsrat Frost in Kessenich über das Thema „Wie kann die Frau helfen, den Krieg gewinnen?“ Die Rednerin sah ihre Hauptaufgabe darin, die Zuhörer aus ihrer Sorglosigkeit aufzurütteln und ihnen den tatsächlichen Ernst der Lage zu zeigen. An der Hand der Elßbacherschen Zahlen, die sie zum bessern Verständnis mit einem konkreten Beispiel verband, wies sie nach, wie wenig Vorräte wir im Lande haben, und wie viel mehr wir gewohnt sind, zu verzehren. Sie sprach von den Heldentaten unserer Truppen, von den vielen Todesopfern und dem vielen Herzeleid und sagte, daß demgegenüber die Pflicht der Frauen, zu sparen und sich mit dem Vorhandenen einzurichten, gar nicht zu vergleichen sei. Es solle den Frauen eine Ehre sein, daß das Vaterland auch sie gerufen habe, zu helfen; jetzt sollten sie zeigen, was sie können. Unsere Feinde hätten bei ihrem feigen Aushungerungsplan nicht mit der Vaterlandsliebe und Opferwilligkeit der deutschen Frauen gerechnet. Jetzt würden diese ihnen zeigen, daß sie durch kluge Sparsamkeit durchhalten würden bis zur nächsten Ernte, sodaß wirtschaftliche Gründe keinen Friedensschluß beeinflussen dürften. Die Rednerin ermahnte dann zur größeren Einfachheit, nicht nur in der Ernährung, sondern auch in der ganzen Erziehung und Lebenshaltung der Bewohner des reichen Rheinlandes und stellte Vergleiche an mit dem schwer geschädigten armen Ostpreußen. Sie wies auf die Tugenden hin, die Preußen und Deutschland groß gemacht haben; nicht Ueppigkeit und äußerer Glanz sei es gewesen, sondern Einfachheit und Wahrhaftigkeit der Sitten und Lebenshaltung, und innere Tüchtigkeit in der Pflichterfüllung. Es sei auch nicht deutsch, nach rechts und links zu schauen, ob einer es nicht vielleicht besser habe, oder reicher sei, sondern man müsse zufrieden sein und dem Platze Ehre machen, auf den Gott einen jeden gestellt habe. Wenn die Frauen ihre Kinder zu rechten deutschen Männern und Frauen erziehen, mit deutschem Fühlen und Denken, so leisten sie damit dem Vaterlande einen großen Dienst. Und wenn sie durch weises Sparen den Aushungerungsplan unserer Feinde zuschanden machen, dann werden sie später unseren heimkehrenden Siegern stolz sagen können: „Auch wir Frauen hier zu Hause haben unsere Pflicht getan. Wir haben auch wohl geholfen, den Krieg gewinnen.“
In seinem Schlußwort gab Herr Schulrat Dr. Baedorf seiner vollen Zustimmung zu den Anregungen der Rednerin Ausdruck und ermahnte mit treffenden markigen Worten die Zuhörer, ihnen Folge zu geben. Fräulein Oberlehrerin Rheinbrecht fordert dann noch zur Teilnahme an dem Besuch der Kriegskochkurse auf und nahm Meldungen dazu entgegen.
Festlich geflaggt war gestern – in Köln, wegen der Erfolge der rheinischen Divisionen gegen den Ansturm der Franzosen in der Champagne.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine Sechsjährige, die das städtische Lyzeum besucht, muß von den Eltern vorgestern abend vernommen haben, daß wir die Franzosen in der Champagne in der großen Winterschlacht zurückgeschlagen haben. Als es gestern früh auf dem Schulweg seinen Klassenschwestern begegnete, machte es sie mit wichtiger Miene auf unsern Sieg aufmerksam und teilte ihnen mit, daß schulfrei sei. Auch Kinder anderer Klassen erfuhren aus dem Munde der Kleinen, daß unser Erfolg in der Champagne durch einen schulfreien Tag gefeiert werde. Die Kleine selbst aber trollte ganz treu nach ihrer Klasse. Die Lehrerin war natürlich ganz erstaunt, daß zu Beginn des Unterrichts ihre Lieblinge fast alle fehlten. Die Kleine gab hierzu die Aufklärung, und als sie gefragt wurde, warum sie denn nicht selbst wegen des angeblich schulfreien Tages zu Hause geblieben sei, antwortete sie treuherzig: „Ich war doch nicht ganz sicher, ob es wahr sei.“
Städtischer Verkauf von Lebensmitteln. Morgen Samstag nachmittag findet wiederum im Hause Rathausgasse 27 ein Verkauf von Speck statt, und zwar wird diesmal nur geräucherter Speck verkauft zum üblichen Preise von M. 1,20. Bis auf weiteres findet in jeder Woche Dienstag nachmittags im Städtischen Verkaufslokal Franziskanerstraße 8a auch der Verkauf von Reis statt. Die Abgabe erfolgt nur an Familien, welche in Bonn wohnen und nur in Mengen von 2 ½ Pfund zum Preise von 1 Mk.
Erhebungen über die Vorräte von Kartoffeln nach einer Bekanntmachung des Oberbürgermeisters (...) finden im Bezirk der Stadtgemeinde Bonn am 15. und 16. März ds. Js. Erhebungen über die gesamten Vorräte von Kartoffeln statt, und zwar durch diejenigen Personen, welche gleichzeitig die Brotbücher an die Haushaltungen zustellen.
Wer mit Beginn des 15. März Vorräte von Kartoffeln in Gewahrsam hat, ist verpflichtet, die vorhandenen Vorräte in jeder Menge anzuzeigen, gleichviel ob er der Eigentümer der Kartoffeln ist oder nicht. (...) Die Vorratsräume und sonstige Aufbewahrungsorte, wo Vorräte von Kartoffeln zu vermuten sind, können von der Ortspolizeibehörde oder von den beauftragten Beamten und Personen untersucht werden. Wer wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafen bis zu 10.000 Mark bestraft. Auch können Vorräte, die verschwiegen sind, im Urteil für den Staat verfallen erklärt werden. Fahrlässigkeit kann mit Geldstrafe bis zu 3.000 Mark oder im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Buschdorf. Am Sonntag fand hier die dritte „Kriegsversammlung“ statt, die zahlreich besucht war. Nach einer Begrüßungsansprache seitens des Vorsitzenden Herrn Rektor Schauf, hielt Herr Lehrer Mertin aus Bonn einen zeitgemäßen Vortrag über: „Die Bedeutung der Landwirtschaft im gegenwärtigen Wirtschaftskriege“. Hierauf wechselten Kinderlieder und Musikvorträge ernsteren Inhalts. Anschließend daran forderte Herr Rektor Schauf nochmals dringend auf, das Goldgeld bei der Reichsbank gegen Papier- oder Silbergeld auszutauschen, warnte vor Kolporteuren mit Kriegsliteratur und empfahl die neue Kriegsanleihe; ferner die Hindenburgspende. Die Versammlung beschloß, alle Krieger der Gemeinde zu versichern, und zwar mit dem Einheitsbetrage von 10 Mark. Eine für diesen Zweck abgehaltene Sammlung ergab die Summe von 61 Mark. Es folgte eine der großen Zeit entsprechende Kinderaufführung: Das beste Kreuz. Zum Schlusse dankte der Vorsitzende allen, die zum Gelingen des Abends beigetragen hatten, insbesondere Herrn Lehrer Hütten, der keine Mühe gescheut habe, durch Mitwirkung der Schulkinder die Versammlung recht anregend zu gestalten. Mit einem Kaiserhoch wurde die Versammlung geschlossen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Umgebung“)
Samstag, 13. März 1915
Der Bonner Wehrbund veranstaltet am nächsten Sonntag nachmittag eine Geländeübung gegen einen markierten Feind, der sich von Godesberg aus Bonn nähert. Zur Benutzung sind alle Wege im Tal freigegeben. Die Markierung wird von der Kessenicher Abteilung mit Flaggen gemacht, deren jede die Stärke einer Gruppeneinheit bedeutet. Sämtliche anderen Abteilungen des Wehrbundes, die diesem Feind unter der Führung von Herrn Geheimrat Brinkmann entgegentreten, vereinigen sich um 8 Uhr auf dem Arndtplatz. Zweck der Veranstaltung ist es vor allem, Meldungen und den Dienst in der Laufkette zu üben.
Ausstellungen im Obernier-Museum. Die dritte Ausstellung der Gesellschaft für Literatur und Kunst wurde gestern geschlossen. Während in der ersten im Oktober nur 240 Besucher erschienen, erreichte die Besucherzahl der beiden anderen Ausstellungen mit durchschnittlich 800 Personen wieder einen Stand, der hinter dem gewöhnlichen nicht besonders zurückblieb. Von den ausgestellten Kunstwerken gingen bei der zweiten Ausstellung 1, bei der letzten 6 in Privatbesitz über.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Polizeiverordnung über den Fang wilder Kaninchen vom 4. März 1909 ist vom Regierungspräsidenten in Köln am 8. März außer Kraft gesetzt worden. Danach war die Erlaubnis zum Kaninchenfang von der Mitführung eines Erlaubnisscheines des Grundstückbesitzers und des Jagdberechtigten abhängig.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das Blutbrot, das im General-Anzeiger wiederholt empfohlen wurde, wird leider nur von einem Bäcker in Bonn gebacken. Da das Brot offenbar dort starken Absatz findet, ist es vielen Familien bisher gänzlich unmöglich gewesen, auch nur ein einzelnes Exemplar dieses Brotes zu erlangen. Immer wieder vertröstet dieser eine Bäcker auf später. Durch das wiederholte vergebliche Aufsuchen dieses Bäckers fühlt man sich geradezu zum Narren gehalten. Die Herren, die für das Blutbrot so stark eintreten, mögen sich dadurch als wahre Wohltäter am Volkswohl erweisen, daß sie sich auch um das Backen ihres Brotes kümmern. K.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal.“)
Die Mehl- und Brotversorgung im Stadtkreise Bonn. Vom 21. März ab muß das Schwarzbrot ein Gewicht von 3 ½ Pfund haben, statt wie bisher 4 Pfund. Die Abgabe von Brot und Mehr wird beschränkt auf 3 ½ Pfund Brot oder 2 Pfund Mehl oder 2 Pfund Zwieback wöchentlich für jede Person ohne Unterschied des Alters. Vom 1. April ab findet der Mehlverkauf ausschließlich durch die Bäcker statt. Die Abgabe von Brot und Mehl darf nur gegen Vorzeigung des für den Stadtkreis eingeführten Brotbuches erfolgen. Die Regelung des Verbrauchs von Brot und Mehl in Gastwirtschaften (Hotels) bedarf in jedem Fall besonderer Vereinbarung bezüglich des Fremdenverkehrs. Eine besondere Abgabe und Entnahme von Brot und Mehl für den Betrieb von Schank-, Speise und Kaffeewirtschaften findet nicht statt. Die Inhaber dieser Betriebe sind verpflichtet, zu gestatten, daß mitgebrachtes Brot in ihren Räumen verzehrt wird. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis oder mit Geldstrafen bis zu 1500 M. bestraft; auch kann die Schließung der Geschäfte angeordnet werden.
Lichtbildervortrag über Ostpreußen unter russischer Gewaltherrschaft. Das Interesse und die Freude an der Vertreibung der Russen wird in allen Teilen unseres deutschen Vaterlandes kaum geringer als in Ostpreußen selbst sein und Anregungen zum Sammeln von Liebesgaben werden auf fruchtbaren Boden fallen. Eine derartige Anregung wird geboten durch Vorträge über „Ostpreußen unter russischer Gewaltherrschaft“ und „Aus der Front unserer im Osten kämpfenden Truppen“, die demnächst hier die Kriegsdelegierten der „freiwilligen Krankenpflege für Ostpreußen“, Generalmajor Freiherr von Gayl, den Bonnern noch aus früherer Zeit in freundlicher Erinnerung, und Hauptmann Blendermann, halten werden. Diese Vorträge beanspruchen besonderes Interesse dadurch, daß sie von noch nicht veröffentlichten Lichtbildern und von erbeuteten Originalaufnahmen eines russischen Generals begleitet werden. Der Reinertrag der Vorträge ist für das Sammelsanitätsdepot Königsbergbestimmt, das die Ostarmeen mit Leibesgaben versorgt. Näheres über die Vorträge, Eintrittskartenverkauf usw. ist aus dem Anzeigenteil der nächsten Nummer ersichtlich.
Unsere Vaterländischen Vereinigungen haben die Veranstaltung des Vortrages in die Hand genommen, und es steht zu erwarten, daß ihm großes Interesse entgegengebracht wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Aus unserer Feldpostmappe
Ein im Felde stehender Landwehrmann erhielt jüngst eine Liebesgabe zugesandt, dem folgendes Gedicht beigelegt war.
Mein lieber Wehrmann Kisteneich,
Hier diese Gab' ich überreich',
Enthaltend Tabak und Zigarren,
Wonach mit großer Sehnsucht harren
Die tapfren Krieger in dem Feld,
Um die es jetzt ist schlecht bestellt.
Schlag tüchtig druff den welchen Feind,
Der es mit uns gar übel meint.
Gebt aber auch verdienten Lohn
Dem ganz perfiden Albion.
Die Gabe hier, sie ist nicht groß,
Sie fället aus nicht einem Schoß –
Doch kommt sie aus nem guten Herz,
Das sich oft wendet himmelwärts,
Daß Gott der Herr sie mög' beschützen
Vor Kugelregen, Schwerterblitzen,
Daß er sie bald zurück –
O, wer beschreibt das große Glück –
Zur Heimat und zu Weib und Kind,
Die Ihnen treu ergeben sind.
A.M.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 14. März 1915
Universität. Unsere rheinischen Regimenter, die sich in wochenlangen heftigen Kämpfen in der Champagne mit unvergänglichem Ruhm bedeckt haben, haben trotz der übermenschlichen Anstrengungen auch noch den Naturprodukten, die sie bei der Anlage von Schützengräben gefunden haben, ihre Aufmerksamkeit geschenkt. So hat vor einiger Zeit Herr General Freiherr Raitz von Frentz an die Universität Bonn eine ungewöhnlich große Schwefelkieskonkretion geschickt, die die Truppen der Brigade bei Perthes nördlich von Chalons ausgegraben haben. Auf Beschluß des Senates ist der Schwefelkies, der eine besonders schöne innere Struktur besitzt, der Sammlung des Mineralogischen Instituts überwiesen worden, in der es aufbewahrt werden wird als ein Zeichen des wissenschaftlichen Sinnes unserer Truppen im Felde. – Demselben Institut ist vor einiger Zeit von einem früheren Zuhörer. Studierenden der Landwirtschaft Paul Schmitz, der bei der Eisenbahnkompagnie steht, eine Sendung von Versteinerungen aus der Juraformation zugegangen, die er bei dem Bau einer strategischen Bahn gesammelt hat.
Verwundetennachmittag der Bonner Frauenvereine. Verschiedene Bonner Frauenvereine haben sich zusammengetan, um am 22. März, als dem Geburtstag Kaiser Wilhelm I., eine vaterländische Feier für Verwundete der hiesigen Lazarette zu veranstalten. Es werden musikalische Aufführungen, Kinderreigen und ein Theaterstück zur Aufführung kommen, und auch für die Verpflegung wird bestens und kriegsgemäß gesorgt werden. Da umso mehr Verwundete eingeladen werden können, je mehr Teilnehmerkarten verkauft werden, ist zahlreiche Beteiligung aus allen Kreisen der Bonner Bürgerschaft dringend erwünscht. Kartenverkauf zum Preise von 1,50 M. bei Baurichter, Markt 11 und bei Neuerburg, Neutor 2, sowie zum erhöhten Preise an der Tageskasse. Näheres siehe Anzeigenteil.
Kaufmännischer Kriegslehrgang für Frauen. Die beiden in Bonn tätigen Beratungsstellen für Frauenberufe haben in ihrer Arbeit die Erfahrung machen müssen, daß eine nicht ausreichende kaufmännische Ausbildung häufig die Einstellung in offene Bürostellen erschwert oder gar verhindert. Um diesem Mangel abzuhelfen und dadurch arbeitslosen gebildeten Frauen und Mädchen (Kriegswitwen und Waisen, Hausvermieterinnen ohne Einnahmen, aus dem Ausland verwiesenen Lehrerinnen und Kontoristinnen u.a.m.) eine Einnahmequelle zu verschaffen, haben die Beratungsstellen dank dem bereitwilligen Entgegenkommen, das sie sowohl bei der städtischen Schulbehörde als vor allem auch bei der Leitung der städtischen Fortbildungsschule gefunden haben, einen viermonatigen kaufmännischen Lehrgang ins Leben gerufen, der in 18 Wochenstunden einem ausgewählten Schülerinnenmaterial eine Ausbildung in den für den Bürobetrieb grundlegenden Kenntnissen vermitteln soll. Mit dieser Einrichtung weichen die Beratungsstellen keineswegs von ihrer Ueberzeugung ab, daß in der Regel eine so kurze Ausbildung, besonders für jüngere Schülerinnen, nicht genügt. Der Notstand der Zeit rechtfertigt indessen außergewöhnliche Maßnahmen und läßt eine besonders vertiefte Arbeit von Seiten der Lehrenden und Lehrenden erhoffen. Für alle Einzelheiten sei auf eine Anzeige in dieser Zeitung verwiesen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Städtischer Speckverkauf. Der Andrang zum Verkaufslokal in der Rathausgasse war am Samstag nachmittag so groß, daß die „Hilfsmannschaften“ verstärkt werden mußten. Demgemäß war auch der Umsatz bedeutend größer als an den vorhergehenden Samstagen. Es wurden insgesamt 40 Zentner geräucherter Speck verkauft. Der größte Umsatz war bisher 25 Zentner und zwar gesalzenen und geräucherten Speck zusammengenommen. Der nächste Verkauf findet voraussichtlich am nächsten Samstag statt.
Sammelfässer. Man schreibt uns: Vor genau sechs Monaten wurden die braunen Sammelfässer aufgestellt. Sie brachten bis heute bar 2.271,86 M. Es wurden abgeliefert: 53.793 Zigarren, 25.805 Zigaretten, Tabak und eine Menge nützlicher Sachen, vorige Woche noch auf Wunsch des Roten Kreuzes ausnahmsweise 60 Paar wollene Fingerhandschuhe, weil für von hier ausrückende Truppen dringendster Bedarf vorlag.
Seit Neujahr hat der Ertrag leider erheblich nachgelassen, was sehr zu bedauern ist. Mit welcher Dankbarkeit von unseren Helden im Felde Zigarren angenommen werden, zeigt das Dankesschreiben eines vor Ypern liegenden Truppenteils, bedeckt mit 100 Unterschriften. Es dürfte einzig in seiner Art sein und liegt beim General-Anzeiger bis einschl. 16. d. Mts. zur Ansicht aus. Wer dabei seine milde Hand öffnen will, ist des herzlichsten Dankes gewiß, der hiermit auch allen Gebern und Helfern ausgesprochen wird, welche die Fässer so treulich beschützen. Zigarren sind immer noch die begehrtesten Liebesgaben, weshalb gebeten wird, die braunen Sammelfässer wieder besonders kräftig zu bedenken. Danken wir auch dadurch den tapferen Rheinlandsöhnen, die in diesen Tagen in der Champagne den Sturm einer sechsfachen Uebermacht abwiesen. – Durchaus verwerflich ist es, Zuckerwerk in die Fässer zu tun; es verdirbt in der Regel die gespendeten Sachen, wenn zufällig die Öffnung nicht geschlossen wird.
Also, die braunen Sammelfässer werden nach wie vor der Freigiebigkeit und dem Schutz der Bürgerschaft empfohlen.
Bonner Jungen, von der leichten Munitionskolonne, 2. Abt. Res.-Feld-Art.Reg. Nr. 15, 3. Res.-Korps, 15. Res.-Div. in St. Morel bedanken sich in einem humorvollen Brief für die Zusendung des General-Anzeigers, der dort mit Heißhunger verschlungen werde. Gleichzeitig teilt der Briefschreiber, Gefr. S. Apfel, mit, daß er und seine Kameraden eine Kriegs-Musikkapelle gegründet habe. Da wirkliche Instrumente fehlten, mußten sie sich mit selbstgefertigten Instrumenten behelfen, die zwar ihren Dienst verrichten, allerdings mehr laut als schön. Um aber volle Harmonien zu erzielen, bedürfe es vor allem einer B-Trompete, einer Ziehharmonika und einer Querflöte. Das alles aber sei in der dortigen gottverlassenen Gegend nicht zu haben. Eine photographische Aufnahme dieser humoristisch geschmückten Kriegskapelle ist im Schaufenster unserer Geschäftsstelle zu sehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
„Schande über jeden, der sich ausschließt!“
Obwohl Behörden, Sparkassen, Banken und Gesellschaften sich sofort mit hohen Summen an der zweiten Kriegsanleihe beteiligten und auch kapitalkräftige Einzelpersonen ansehnliche Beträge zeichneten, lassen die kleinen Sparer sich noch vielfach durch eine aus Unwissenheit kommende Aengstlichkeit davon abhalten, auch ihr Kapital dem Kriegsschatz zur Verfügung zu stellen. Ihnen sei das Wort aus der Rede des Reichsschatzsekretärs zugerufen:
„Das ganze Volk muß erkennen, daß dieser Krieg mehr als irgend einer zuvor nicht nur mit Eisen, sondern auch mit Geld geführt wird. Für diesen Krieg besteht nicht nur eine allgemeine Wehrpflicht, sondern auch eine allgemeine Spar- und Zahlpflicht.
Keiner darf sich diesen Pflichten entziehen! Der Verschwender notwendiger Lebensmittel und der Mammonsknecht, der sich von seinen Schätzen nicht trennen kann, steht dem Deserteur gleich. Niemand darf sagen, auf meine lumpigen Ersparnisse kommt es nicht an. Es kommt auf alle Ersparnisse an. Das deutsche Volk muß leisten, was es irgend leisten kann. Schande über jeden, der sich ausschließt!
Die fünfprozentige Kriegsanleihe ist die beste Sparkasse des kleinen Mannes. Daß die Unkündbarkeit bis 1924 nicht gleichbedeutend ist mit einer vollständigen Festlegung des Kapitals, haben wir in der Deutschen Reichzeitung mehr als einmal betont. Es liegt sowohl im Interesse des Einzelnen als auch in dem großen Interesse unseres kämpfenden Deutschland, daß sich alle, alle ohne Ausnahme an dieser hochverzinslichen Kapitalanlage beteiligen. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 15. März 1915
Durch die Musterung und Aushebung des ungedienten Landsturms in Bonn sehen jetzt viele dieser bevorstehenden Dienstzeit entgegen, die vielleicht gar nicht mehr mit einer solchen gerechnet hatten. Für all diese bietet sich bis zum Tag ihrer Einstellung noch Gelegenheit genug, durch Beitritt zum Wehrbund ihre Körper an wachsende Anstrengungen zu gewöhnen und sich mit den Elementen des militärischen Dienstes vertraut zu machen. Die Anmeldung zum Wehrbund kann bei den Uebungen der einzelnen Abteilungen und jederzeit bei Herrn Emil Goldschmitt, Brückenstraße 10, erfolgen.
Vaterländische Reden und Vorträge in Bonn. Im 26. Vortrag sprach Geheimrat Bonnet unter Vorführung zahlreicher Lichtbilder über „Die Hand und ihr Ersatz“. Nach Schilderung der Bedeutung der Hand, unseres wichtigsten Schutz-, Trutz- und Arbeitsorgans, und der Wechselbeziehung zwischen Hand und Hirn, die sich beide gegenseitig in ihren Leistungen fördern, wurde betont, daß die Hand durch Herstellung von Werkzeugen und Waffen ihre Leistung über sich selbst hinaus vervollkommnete und den Menschen, das an natürliche Waffen ärmste Wesen, zum Beherrscher der Natur machen half. Eine kurze Besprechung des Baues der Hand und des Armes erleichterte eine richtige Auffassung von deren mechanischen Leistungen und von der Möglichkeit des Ersatzes der Ausfälle in den Leistungen der Finger und der Hand bei Verstümmelungen oder Verlusten durch die vorhandenen anatomischen Reserven. Es besteht somit die Möglichkeit, unsere Dankbarkeit gegen die heldenhaften Verteidiger unseres Vaterlandes dadurch zu betätigen, daß wir sie möglichst früh diese Reserven kennen und üben lehren oder daß wir ihnen Ersatz für verlorene Glieder durch künstliche und geeignete Ergänzungsstücke (Prothesen) schaffen. Die richtige Wahl wirklich brauchbarer Ersatzstücke an Stelle der meist recht unzulänglichen und teuren, bisher üblichen, könnte dem Staat ungeheure überflüssige Ausgaben und unseren Invaliden viele Unbequemlichkeiten ersparen. Unter Hinweis auf die genial erdachten Prothesen Dr. Höftmanns in Königsberg i. Pr,. die einem arm- oder fußlosen Manne die Befriedigung aller Tagesbedürfnisse und die erfolgreiche Ausübung seines Handwerks gestatten, wurden Bilder von Prothesen und Geräten vorgeführt, welche die Ausübung der verschiedensten Handwerke und Tätigkeiten ermöglichen. Der zufällig anwesende einarmige Schmied, Herr Matthias Natius aus Godesberg bewies die Richtigkeit der Behauptungen des Redners. Aber auch ohne Prothesen lassen sich mit handlosen Armstümpfen fast unglaubliche Leistungen ausführen. Redner besprach und zeigte ferner die Ergebnisse seiner eigenen Schreibversuche zum Teil unter Anwendung von ihm erdachter Schreib- und Zeichenringen, sogar mit einzelnen Fingern oder gar nur einem Fingerstummel unter Vorlage der Schreib- und Zeichenproben. Ebenso hat der Vortragende im Anschluß an das „Buch des Einarmigen“ des Grafen Zichy sehr rasch gelernt, sich mit einem Arme an- und auszukleiden u.a.m. Herr Kommerzienrat Soennecken teilte mit, daß ein besonderer Schreibkursus an der hiesigen Fortbildungsschule für Verletzte oder verstümmelte Kriegsinvaliden mit Erfolg abgehalten werde, und zeigte eine mit Hilfe der Zähne und eines Armstummels und eine mit den Füßen verfertigte kalligraphische Schriftprobe aus früheren Jahrhunderten vor.
Bei voller Einsetzung der zu überwindenden Schwierigkeiten darf unseren Kriegsinvaliden bei Anwendung der nötigen Willenskraft die Möglichkeit der Ausübung der verschiedensten Berufe und Handwerke in Aussicht gestellt werden. Wie ihre Kriegsleistung durch heldenmütige Tapferkeit, so wird ihr Leben in Frieden durch ihre in Arbeit betätigte Vaterlandsliebe geadelt werden. (...)
Eine Schweinezählung findet auf Beschluß des Bundesrates heute im Deutschen Reiche statt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Lederpreissteigerung. Von der seit Ausbruch des Krieges anhaltenden Preissteigerung für Leder, auf die der General-Anzeiger wiederholt hingewiesen hat, werden ausnahmslos alle Kreise der Bevölkerung – vorwiegend jedoch die kleineren Bürger – betroffen. In erster Linie bekommt naturgemäß der Schuhmachermeister Klagen und Vorwürfe – in den verschiedensten Tonarten – zu hören. Das große Publikum ist allzu leicht geneigt, im Schulmacher das schuldige Karnickel zu erblicken, weil er für eine lappige Schuhsohle oder Absätze „unverschämt“ hohe Preise fordert, sodaß es fast nottut, barfuß zu laufen, um der „unerschwinglich hohen Schusterrechnung“ aus dem Wege zu gehen.
Wie unrecht diese Ansicht ist, bewies die gestrige außerordentliche Mitglieder-Versammlung des Vereins selbständiger Schuhmachermeister Bonns im Bonner Hof, die sehr gut besucht war.
Der Vorsitzende, Schuhmachermeister Eismann, führte die enorme Preissteigerung des Leders in der Hauptsache auf eine gewissenlose Spekulation, die sich zwischen Militärverwaltung und Händler geschoben habe, zurück. Seit Beschlagnahme der Ledervorräte durch die Militärbehörde sei diese Spekulation doppelt spürbar geworden. (...) Die Lage sei so kritisch, daß viele Schuhmacher ihren Beruf aufgegeben und einen anderen ergriffen hätten, um ihre Existenz behaupten zu können. Nur eine Aufklärung es Publikums könne die Lage ändern. (...)
In der sich anschließenden lebhaften Aussprache wurde u.a. darauf hingewiesen, daß es vorteilhaft gewesen sei, wenn der Staat neben anderen Höchstpreisen auch solche für Leder angesetzt hätte. Auf diese Weise hätten ungeheure Summen gespart werden können. (...) Allgemein wurde betont, daß der Schuhmacher, um existenzfähig zu bleiben, alle Scheu von sich werfen und einen Aufschlag fordern müsse, der angesichts der schwankenden Preislage für Leder, vielleicht von Monat zu Monat festgesetzt werden könne. (...)
Die Hühnerfütterung, wenigstens die, die auf Eierlegen hinausläuft, wird bei dem Mangel an Körnerfrucht Schwierigkeiten bereiten. Es empfiehlt sich, alle Küchenabfälle, alle Reste von Speisen, ja sogar das Satz- und Spülwasser hierfür zu verwenden. In diesem Satz- und Spülwasser werden die Nahrungsreste gekocht und dann durch Hackmaschinen getrieben und gestampft. Knochen würden zweckmäßig gemahlen; sie müssen aber mindestens klein gestoßen werden. Dieses Futter wird zweckmäßig vor dem Verfüttern etwas angewärmt. Am besten für Eierleger ist und bleibt der Auslauf, wie die Hühner ihn auf dem Lande haben. Dort streifen die Tiere durch Wiesen, Hecken, über Gärten und Felder, und ihr natürlicher Trieb läßt sie vieles finden, was ihnen gut bekommt. Auf dem Futterplatz hängt man zweckmäßig eine Knolle oder Erdkohlrabi auf, woran die Hühner picken können.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Spielplan des Stadttheaters vom 14. bis 21. März. Sonntag, den 14. März, nachm. 4 Uhr. Die Rabensteinerin, Schauspiel in 4 Akten von Ernst von Wildenbruch. Abends 8 Uhr. Als ich noch im Flügelkleide. Ein fröhliches Spiel von Albert Kehm und Martin Frehsee. – Dienstag, den 16. März, abends 6½ Uhr 24. Vorst. Reihe A. Im weißen Röß’l. Lustspiel in 3 Akten von Blumenthal und Kadelburg. – Donnerstag, den 18. März, abends 8 Uhr, zugunsten des darstellenden Personals. Zum letzten Male: Der Verschwender. Original-Zaubermärchen in 3 Aufzügen von Ferd. Raimund. Musik von Konradin Kreutzer. Unter Mitwirkung des Städtischen Orchesters. Kapellmeister Heinr. Sauer. – Freitag, den 19. März, abends 8 Uhr. 24. Vorst. Reihe B. Kabale und Liebe. Ein bürgerliches Trauerspiel von Friedrich v. Schiller. – Sonntag, den 21. März, nachm. 4 Uhr. Im weißen Röß’l. Abends 8 Uhr. Unbestimmt.
Der Vaterländische Frauen-Verein Stadtkreis Bonn hält am Donnerstag nachmittag in der Lese seine Generalversammlung ab.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 16. März 1915
Ein deutscher Dank. Die Schülerinnen der hiesigen Klostermannschen Anstalten hatten wiederholt der Besatzung des Linienschiffes „Rheinland“ Liebesgaben gesandt. Darauf ist in diesen Tagen eine gerahmte Vergrößerung einer photographischen Aufnahme des Schiffes eingetroffen, mit einem Begleitschreiben, in welchem es u.a. heißt: „Das Bild soll Ihnen ein Zeichen dafür sein, daß die Besatzung Ihnen eine stete Dankbarkeit für die reichen Liebesgaben bewahrt, die die fleißigen Hände Ihrer Schülerinnen gearbeitet haben. Und es soll das Band, das unser stolzes Schiff mit Ihrer schönen Rheinprovinz, deren Namen es zu tragen die Ehre hat, verbindet, fester und fester knüpfen. Mögen Sie alle beim Anblick dieses Bildes stets daran erinnert werden, daß es hier am Nordseestrande ein Schiff gibt, dessen tausendköpfige Besatzung vom Kommandanten bis zum jüngsten Matrosen nichts sehnlicher wünscht, als im offenen Kampfe mit den Engländern die ersten Kriegslorbeeren zu erwerben und damit dem deutschen Vaterland und insbesondere der Rheinprovinz alle Ehre zu machen. Mit besonderer Versicherung der größten Hochachtung . R. , Leutnant zur See
In den Lichtspielen (Stern) werden in dieser Woche drei große, wirkungsvolle Dramen im Film vorgeführt: „Verklungenes Liebeslied“, „Der Tod und die Mutter“ nach Andersens Märchen und „Ein Liebesopfer“.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Frühling ist im Anzuge. Das künden untrüglich die schwellenden Knospen der Bäume und Sträucher, die näher rückende Tag- und Nachtgleiche, die blühenden Schösslinge der Pflanzenwelt und der Jubelgesang der Vögel. Noch graut nicht der Tag, da balgen sich schon die Amseln im Baum und Strauch und im höchsten Wipfel, von dem höchsten Dachfirst schallt der siegreichen Männchen tiefer Flötenton dem anbrechenden Morgen entgegen. Der Buchfink schmettert sein Lied den ganzen Tag der Gattin zu Lieb, dem Nebenbuhler zu Aerger, die Rabenkrähen haben ihre Flugkünste beendet und streichen paarweise durch die Landschaft auf der Suche nach Niststellen, dem die grauen Nebelkrähen vergrämt zuschauen. In ihrer östlichen und nördlichen Heimat ist noch lange nicht an Frühling zu denken. Die Stare zwitschern sich verliebt an und lassen die spärlichen Sonnenstrahlen auf ihrem Gefieder spielen. Da dürfen die Möwen auf dem Rheine nicht zurückbleiben! Ihre Seßhaftigkeit an den Futterstellen am Schänzchen haben sie aufgegeben, unruhig streifen sie auf und ab und schwärzer sind die Schwarzköpfe unter ihnen geworden. Auch sie suchen sich zu paaren, im grauenden Abend pflegen sie Zwiesprache über den Wassern des Stromes: wer es sein soll, wo das Nest stehen soll.
Die Märzveilchen an sonnigen Hängen stehen in Knospen, die blaue bescheidene Skilla, das Fürwitzchen, blüht auf den Oberkasseler Bergen, Lungenkraut, Schlüsselblumen, Anemone recken ihre Blütenstengel aus den Blattrosetten, die Weidenkätzchen glänzen silbern am Bach und im Wald und die Hasel stäubt schon seit Monaten. Auf den Beeten der städtischen Anlagen und in den Hausgärten blühen vollauf Schneeglöckchen und Krokus, und auch schon Primeln. Prächtige, gelbblühende Krokusbeete zieren die städtischen Anlagen am Bahnhof; In den hinteren Partien blüht auch die gezüchtete Skilla als feines, zartes Pflänzchen. Sogar vereinzelte Obstbäume, frühe Aprikosen, machen schon hier und da Anstalten zum Blühen. Viele Frühbirnen stehen in dicken Knospen.
Die Zeit ist da. Volle 12 Stunden lichtet schon der Tag. Wenn auch die liebe Sonne sich rar macht und sich noch spärlich zeigt: es muß doch Frühling werden. Auch sie wird und muß die Wolken durchbrechen, wird sie verjagen und uns in neuem, schönen Lichte strahlen. Sie wird den vollen Frühling bringen.
Die Schaffnerin. Nachdem ein großer Teil des Stammpersonals der Straßenbahnangestellten ausgehoben worden ist und sich die Zahl durch die jetzt angesetzte Landsturmausmusterung noch weiter erhöht, hat sich unsere Verwaltung veranlaßt gesehen, ähnlich wie in Koblenz, Düsseldorf, Aachen, Berlin und anderen Städten, ebenfalls weibliche Schaffner auszubilden und anzustellen. Dabei hat die Verwaltung zunächst die geeigneten Frauen des gehobenen Personals berücksichtigt. Von heute ab werden ungefähr zwölf Frauen ausgebildet. Die Fahrgäste werden also demnächst von weiblichen Schaffnern bedient werden. Wir hoffen, daß das Dichterwort „Tritt den Frauen zart entgegen“ auch auf die Schaffnerin mit der Ledergeldtasche angewandt wird.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Geldsammlung. Die Schüler und Schülerinnen der hiesigen höheren Schulen haben im Verlauf von drei Wochen im ganzen über 250.000 Mark Goldgeld gesammelt. Am diese außerordentlich günstigen Ergebnis sind die beiden Gymnasien mit 150.000 Mark beteiligt.
Ein neues Verbot des stellvertretenden Generalkommandos des 8. Armeekorps untersagt Privatpersonen, die im Bezirk dieses Korps (also auch in Bonn und Umgebung wohnen) ohne schriftliche Genehmigung der Polizeibehörde Waren anzubieten oder musikalische und theatralische Darbietungen mit dem Hinweis anzukündigen, daß der Ertrag oder ein Teil desselben einer für Kriegszwecke geschaffenen Wohltätigkeitseinrichtung zufließe.
Für solche Veranstaltungen bedarf es also von jetzt ab immer der Erlaubnis der Polizeibehörde.
Vaterländische Reden und Vorträge. Da viele den Lichtbildervortrag von Herrn Geheimrat Bonnet über „die Hand und ihr Ersatz“ wegen Ueberfüllung des Saales nicht haben hören können, sondern am Saaleingang leider zurückgewiesen werden mußten, so wird dieser Vortrag um vielfach geäußerten Wünschen zu entsprechen, im Laufe dieser Woche noch einmal wiederholt werden. Der Tag der Wiederholung steht noch nicht fest, wird aber in den nächsten Tagen durch die Zeitungen bekannt gegeben werden.
Eine Bitte an die Rheinländer. „Wir entbehren hier die Musik, die erhebende und begeisternde Musik,“ schreibt uns ein rheinischer Bataillonstambour. „An Leuten, die Lust und Liebe zum Musizieren haben, fehlt es bei uns nicht, wohl aber an Instrumenten. Aus diesem Grunde richte ich an Euch, Ihr lieben Rheinländer (denn Eure Söhne sind es, die hier im Dienst fürs Vaterland unterrichtet werden), die Bitte, mir zu letzteren zu verhelfen. Was ich notwendigerweise brauche, wären je 6 Stück Trommeln, Militärflöten und Signalhörner. Erklingt erst Horn und Trommel an der Spitze, dann wird der junge Soldat mit Freude und Begeisterung den schweren Dienst machen, der ihn befähigt, dem Feinde wirksam entgegentreten zu können.
F. Gassenschmidt,
Feldwebel und Bataillonstambour.
Rekr.-Abt. Hülsmann
Et.-Insp. Der 3. Armee, 3. Batl.“
Wir zweifeln nicht, daß sich Rheinländer finden werden, die dem Wunsche unserer Landsleute gerne entsprechen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 17. März 1915
Vorsicht vor Spionen! An die Eisenbahnbediensteten ist eine Warnung ergangen, worin es heißt: „Es ist festgestellt worden, daß sich noch immer zahlreiche Spione und vor allem Spioninnen in Deutschland befinden, die sich namentlich an öffentlichen Orten, auf Bahnhöfen, in Restaurationen usw. aufzuhalten pflegen, um durch Anhörungen laut und unvorsichtig geführter Unterhaltungen Kenntnis von militärischen Angelegenheiten zu erlangen. In Hinblick hierauf kann es nicht oft genug betont und immer wiederholt werden, daß für jeden Eisenbahner äußerste Vorsicht geboten und unbedingte Verschwiegenheit in allen militärischen Angelegenheiten, insbesondere auch über Truppentransporte irgendwelcher Art, strengste Pflicht ist. Auch auf Fragen anscheinend harmloser Art darf unter keinen Umständen Auskunft erteilt werden.“
Bismarckfeier. Wie man uns schreibt, wird am 31. März von mehrerenvaterländischen Vereinen im Bürgerverein eine Bismarckfeier stattfinden, in der Herr Superintendent Klingemann aus Koblenz die Festrede halten wird. Jeder hat zu dieser Feier Eintritt.
Die Bonner Frisör-Innung schreibt uns: Die Innung beschloß in ihrer außerordentlichen Versammlung eine allgemeine kleine Preiserhöhung für die Bedienung der Damen- und Herrenkundschaft. Bei dem überaus starken Rückgang an Kunden durch Einberufung zum Heeresdienste und der andauernden Erhöhung sämtlicher Verbrauchsartikel und Lebensmittel sind die Existenzen des Berufes in Frage gestellt. Diesem unhaltbaren Zustande wird das verehrte Publikum volles Verständnis entgegenbringen und ferner den Frisörberuf wohlwollend unterstützen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Massenankauf von Brot. Wie uns mitgeteilt wird, wird in den letzten Tagen in Bonn massenhaft Brot angekauft, das in Körben über die Rheinbrücke nach der rechten Rheinseite befördert wird. Der Umstand, daß in Bonn das Brotbuch erst vom Samstag an gilt, auf der rechten Rheinseite aber die Brotkarten bereits am 15. März zur Geltung gelangt sind, dürfte die hauptsächliche Veranlassung zu diesem „Ausfuhrgeschäft“ sein.
Studentische Soldatenkurse. Das Sekretariat Sozialer Studentenarbeit macht uns darauf aufmerksam, daß im Interesse derjenigen Soldaten, die durch den Krieg den Verlust von Gliedmaßen usw. zu beklagen haben, und denen die Fortsetzung ihres bisherigen bürgerlichen Berufs unmöglich ist, studentische Soldaten-Kurse eingerichtet werden, und zwar sollen sich die Kurse mit Einzelunterricht, Wiederholungsstunden unter Anpassung an die persönliche Vorbildung des Einzelnen, kleinere Kurse für einzelne Lazarettzimmer, Vorträge usw. befassen. Als Unterrichtsfächer kommen in Betracht Deutsch, Heimat-, Naturkunde, Rechnen, fremde Sprachen, Maschinenschreiben, Stenographie und Linksschreiben. Die Kurse sollen in Bonn schon während der Osterferien eingerichtet werden. Studenten und Studentinnen, die sich zur Erteilung derartigen Unterrichts bereit erklären, werden gebeten, ihre Adresse umgehend an Frl. stud. rer. pol. Hermine Albers, Bonn, Schumannstraße 28 einzusenden, von wo aus die Arbeitsvermittlung erfolgt und wo jede nähere Auskunft erteilt wird.
Eine allgemeine Zwischenzählung der Schweine hat am 25. März in Deutschland stattgefunden und wird am 15. April wiederholt. Ueber den Besitz an Schweinen des einzelnen ist das Amtsgeheimnis zu wahren. Die Angaben dürfen namentlich nicht zu Steuerzwecken genutzt werden.
Schaffnerinnen. Wie wir gestern mitteilten, werden von der Verwaltung weibliche Schaffner herangebildet und angestellt. Bereits heute kann man die weiblichen Schaffner mit Dienstkappe auf verschiedenen Linien beobachten. Die Schaffnerinnen erhalten später eine Litewka [Uniformjacke].
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Schuhmacherarbeiten werden noch teurer. Der Verein selbständiger Schuhmachermeister Bonns nahm in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, die unter dem Vorsitz des Schuhmachermeisters Eismann im „Bonner Hof“ tagte, folgende Entschließung an:
„In Anbetracht der in letzter Zeit weiter stark angestiegenen Lederpreise beschließt die Versammlung, einen weiteren Aufschlag für Schuhmacherarbeiten von 25 Prozent mit dem heutigen Tage eintreten zu lassen, zumal ein Ende der Preissteigerungen noch nicht abzusehen ist. Sie richtet daher einen warmen Appell an den gesunden Sinn der verehrlichen Kundschaft, auch das Schuhmacherhandwerk über die schwere Zeit durch Zuerkennung der notwendigen Preisnotierungen hinwegzuhelfen, damit nicht noch mehr Schuhmacher gezwungen werden, in anderen Berufen ihr Fortkommen zu suchen.“
Der Vorsitzende gab der Hoffnung Ausdruck, daß das Publikum die Zwangslage der Schuhmacher verstehen werde. Er forderte die Schumachermeister zu einem nochengeren, festen Zusammenschluß auf.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 18. März 1915
Der Bonner Lehrerinnen-Verein hat das Kapital seiner Pensions-Zuschuß- und Bibliothekskasse (14.000 Mark) auf Kriegsanleihe gezeichnet.
Für die Kriegsanleihe hat die Krankenkasse der Freien Wirteinnung 6000 Mark gezeichnet.
Die Städtische Sparkasse, welche zur Förderung der Zeichnungen auf die Kriegsanleihe auf Innehaltung aller satzungsmäßigen Kündigungen verzichtet hatte, ist in der Lage, einen Beitrag anzumelden, welcher den ihrer Beteiligung bei der ersten Kriegsanleihe (vier Millionen) recht erheblich überschreiten wird. Die Zeichnung wird morgen um 1 Uhr geschlossen.
Das „Deutsche Kriegskochbuch“ nebst Anleitung zum Gemüseanbau für den eigenen Haushalt, erschienen im Frauenverlag, Jena, enthält in systematischer, übersichtlicher Einteilung eine gedrängte Fülle leicht ausführbarer, als schmackhaft erprobter Kochrezepte, die es fertig bringen, dem verwöhnteren Geschmack die notwendigen Einschränkungen mundgerecht zu machen, die unsere Zeit gebietet. Es lehrt vernünftig sparen und unterweist die Hausfrau, wie sie mit den vorhandenen Vorräten am nutzbringendsten und ausgiebigsten wirtschaftet. Einer gedrängten Fülle schmackhafter, erprobter Kochrezepte ist am Schluß eine kleine Anleitung zum Gemüsebau für den eigenen Haushalt angefügt, die knapp und leicht verständlich auch den bisher Ungeübten unterweist. Ladenpreis im kartonierten Einband 1 Mark. Frauen-Verlag, Jena.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Winke für den Gartenbesitzer! Die Landwirtschaftskammer macht darauf aufmerksam, daß, sobald das Land gut abgetrocknet ist, mit der Aussaat von Möhren, Erbsen, dicken Bohnen, Rübstielen, Zwiebeln, Steckzwiebeln, Schwarzwurzeln, Spinat, Petersilie und Kohlgemüse begonnen werden kann.
Zuschuß zur Quartier-Verpflegungs-Entschädigung. Der Stadtverordnetenversammlung wird empfohlen, infolge der jetzigen Preissteigerung der Lebensmittel vom 1. April d. Jahres ab den Quartiergebern 25 Pfg. für den Kopf und Tag der Einquartierung bis auf weiteres als Zuschuß zu zahlen und diesen Zuschuß durch Erhebung einer 4prozentigen Serviceumlage zu decken.
Blockbrot. Wie wir erfahren, hat sich das Blut-Kraftbrot, das nach dem Rezept unseres Mitbürgers, des Herrn Apothekers Block hergestellt wird, gut eingeführt. Aus verschiedenen Kreisen hören wir, daß das Brot als schmackhaft und wohlbekömmlich bezeichnet wird. Leider kann das Brot noch nicht allgemein von unseren Bonner Bäckern gebacken werden, da es bisher nicht möglich war, die erforderliche Menge Blut und Mehl hierfür zu beschaffen. Sowohl die Bonner Schlachthof-Verwaltung als auch die Kölner Schlachthof-Verwaltung geben das Blut der geschlachteten Tiere bisher restlos zu anderen Zwecken ab und die Nachfrage seitens der Bonner Bäcker nach Blut begegnet deshalb gewissen Schwierigkeiten, die hoffentlich unter wohlwollender Unterstützung der Behörden bald behoben werden können.
Von dem guten Herz unserer Marktfrauen haben sich die verwundeten Soldaten des öfteren schon überzeugen können. Obst, Eier und „Groschen für Tabak“ wird den Kriegern zugesteckt, wenn sie des Morgens über den Marktplatz humpeln. Weniger bekannt dürfte sein, daß auch jeden Freitag eine Sammelbüchse durch die einzelnen Reihen geht und jede der Frauen gibt nach ihrem besten Können. Eine rührende Szene gab’s gestern morgen, als ein Verwundetentransport in den Sanitätswagen unserer Straßenbahn den Markt passierte. Als einer der Wagen in der Nähe der Fontaine für kurze Zeit hielt, sprang eine hiesige Händlerin eiligst auf, nahm eine Korn Apfelsinen von ihrem Stand und schüttete ihn in den Sanitätswagen. Eine Nachbarin folgte schnell ihrem Beispiel, leerte einen Korb von Aepfeln in ihre Schürze und lieferte diese ebenfalls „für die ärm Junge“ dem Sanitätspersonal ab. Der ganze Vorgang spielte sich in kaum einer Minute ab, jedoch war er vielen Marktbesuchern nicht entgangen und manch anerkennendes Wort lohnte die wackeren Frauen für ihre schöne Tat.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Dank unserer Husaren. Zum 100jährigen Jubiläum des Bonner Königs-Husaren-Regiments hat bekanntlich der Freiw. Hilfsausschuß dem Regiment im Namen der Bonner Bürgerschaft einen Waggon Liebesgaben geschickt. Darauf ist jetzt beim Vorsitzenden des Freiw. Hilfsausschusses, Herrn Dr. Krantz, folgendes Schreiben eingetroffen:
Das Regiment bestätigt den Empfang des sehr gefl. Schreibens vom 6. ds. Mts. und teilt gleichzeitig ergebenst mit, daß die Liebesgaben wohlbehalten hier angekommen und durch den Offizierstellvertreter Zahn von der Ersatz-Eskadron abgeliefert worden sind.
Die überaus reichlichen Gaben erweckten große Freude und wurden gern in Empfang genommen.
In treuer Anhänglichkeit haben unsere lieben Bonner am Ehrentage des Regiments erneut bewiesen, wie innig sie sich mit dem Regiment verbunden fühlen; ein Zeichen, das das Regiment mit besonderem Stolz erfüllt. Offiziere wie Mannschaften gedenken im Feld der Bonner Bürgerschaft gern und mit besonderer Zuneigung und Dankbarkeit.
Den hochherzigen und freundlichen Spendern von Liebesgaben übermittele ich hiermit den Dank des Regiments und erwidere gleichzeitig die guten Wünsche und freundlichen Grüße.
(gez.) Frhr. Von Stein
Rittmeister und Führer des Husarenregiments König Wilhelm I.
Ausgestellt ist im Schaufenster der Firma Nolden in der Wenzelgasse ein Karussell von 1 ½ Meter Umfang, das elektrisch betrieben werden kann. Die Arbeit wurde von einem verwundeten Krieger in seinen Mußestunden angefertigt und ist käuflich zu haben.
Leicht verderbliche Waren (frische Wurst, Obst, Butter usw.) dürfen nicht in Feldpostbriefen versandt werden. Es ist klar, daß den Soldaten der Empfang überriechender Päckchen usw. mehr Aerger als Freude bereitet. Vor allem wird auf diese Weise viel Geld ganz unnütz ausgegeben, sowie zum Nachteile der Volksernährung mit Lebensmitteln Vergeudung betrieben.
Sanitätshunde. Von der Bonner Meldestelle des Deutschen Vereins für Sanitätshunde sind wieder zwei weitere Führer mit Sanitätshunden zur Front abgegangen. (...) Erneut wird die Bitte ausgesprochen, dem Deutschen Verein für Sanitätshunde Unterstützungen zukommen zu lassen. Das segensreiche Wirken der Sanitätshunde im Felde solle jeden, der einen Angehörigen draußen hat, veranlassen, sein Scherflein für den guten Zweck zu opfern, denn niemand weiß, ob nicht das Leben eines Angehörigen durch einen Sanitätshund gerettet werden kann.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 19. März 1915
Warnung vor dem Ankauf belgischer Kohlpflanzen. Die Landwirtschaftskammer warnt vor dem Ankauf von belgischen Setzpflanzen, von Weiß-, Rot- und Wirsingkohl. Der Samen von diesen Setzlingen wird aus Kohlpflanzen gewonnen, die keine Köpfe, sondern nur Blätter bilden, sog, Bastardpflanzen. Die belgischen Setzlinge bilden niemals, auch nicht im besten Boden, Köpfe.
Der Schnepfenstrich hat begonnen. In der Umgebung Bonns ist die erste Schnepfe erlegt worden. Auch in der Eifel und an der Mosel sind, wie uns mitgeteilt wird, bereits verschiedene Schnepfen geschossen worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Teuerungszulage. Die Betriebsdirektion der Bonner Elektrischen Straßenbahnen hat aus Anlaß der hohen Lebensmittelpreise ihren sämtlichen Schaffnern und Fahrern vom 15. März an eine Gehaltserhöhung von 15 Mark monatlich bewilligt.
Zur Verminderung der Schweinebestände. Der preußische Minister des Inneren hat soeben einen umfangreichen Erlaß an die ihm unterstellten Behörden gerichtet. Es wird darin betont, daß die Abschlachtung von fünf bis sechs Millionen Schweinen nicht genügt, eine erhebliche Ueberschreitung dieses Quantums wird als notwendig erachtet. Es soll deshalb auf eine Verminderung der Schweinebestände entschieden hingewirkt werden. Insbesondere kommt es darauf an, daß der Ankauf von Schweinen durch die Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern nach bestem Vermögen gefördert wird. Sodann aber ist zu veranlassen, daß auch in den Gemeinden bis zu 5000 Einwohnern entweder die Gemeinde selbst oder die einzelnen Einwohner im möglichst weiten Umfange Schweine einschlachten. Eine bestimmte Grenze läßt sich nicht allgemein vorschreiben, unter allen Umständen muß aber eine schleunige weitgehende Verminderung der Schweinebestände erreicht werden. Nicht vermeidbar ist, daß auch zahlreiche noch nicht schlachtreife Schweine von der Schlachtung betroffen werden, denn eine Beschränkung lediglich auf voll ausgemästete Tiere würde nicht die notwendigen Wirkungen erzielen. Keineswegs darf aber die Tötung von Zuchttieren, die an Stamm und Grund der Schweinezucht rühren würde, erfolgen.
Der Deutschen Turnerschaft gehören im Sieg-Rhein-Gau, wozu auch Bonn zählt, 188 Vereine mit 6797 Mitgliedern über 17 Jahre an, ferner 1956 Jugendturner und 378 Frauen und Mädchen, insgesamt 9130 Turnbeflissene.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegsanleihe. Die Sterbekasse freie Hülfskasse des Wirtschaftlichen Vereins Bonner Bäckermeister zeichnete 5000 Mark Kriegsanleihe.
Der Freiwillige Hilfsausschuß hält am Samstag abend 8½ Uhr im Bürgerverein eine Versammlung ab, in welcher der Vorsitzende über die Tätigkeiten des Freiwill. Hilfsausschusses während des letzten Vierteljahres berichten und auf neue Aufgaben des Ausschusses hinweisen wird. Es ist ferner ein Vortrag über „Lille vor 4 Monaten und heute“ angekündigt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 20. März 1915
Die Zeichnung für die zweite Kriegsanleihe ist gestern mittag 1 Uhr geschlossen worden. Soweit sich bis jetzt feststellen läßt, hat die Zeichnungssumme in Bonn die der ersten Kriegsanleihe weit übertroffen, durchschnittlich wohl um 50 v. H. Die Städtische Sparkasse hat für ihre Sparkunden und für eigene Rechnung 7½ Millionen Mark gezeichnet, doppelt so viel wie bei der ersten Kriegsanleihe. Die Kreissparkasse hat 1 Million Mark für eigene Rechnung und für ihre Kunden 3.322.600 M., zusammen 4.322.600 Mark gezeichnet, etwa 50 v. H. mehr als bei der ersten Anleihe. Die Genossenschaftsbank für Rheinpreußen e.G.m.b.H. zu Bonn hat für sich und ihre Mitglieder 4.800.000 Mark der zweiten Kriegsanleihe übernommen. Von den übrigen hiesigen Geldinstituten konnten uns auf unsere Anfrage noch keine Mitteilung über die Höhe der von ihnen übernommenen Zeichnungen gemacht werden. Vielfach schätzte man, daß die Zeichnungen diejenigen der ersten Kriegsanleihe um 50 v. H. übertreffen würden, so beim Schaafhausenschen Bankverein, bei der Diskontobank, beim Barmer Bankverein. Die Deutsche Bank schätzte die Zeichnungen um 80 v. H. höher als bei der ersten Kriegsanleihezeichnung. Das Gesamtergebnis der Zeichnungen auf die Kriegsanleihe in Bonn dürfte demnach, bei Zugrundelegung der Ergebnisse der ersten Kriegsanleihezeichnung, 95 Millionen Mark übersteigen.
Wirtschaftliche Kriegsbereitschaft im Hause. Den dritten Vortrag hielt am Donnerstag, den 11. März, Frau Dr. Wegschneider im katholischen Gesellenhaus. Der erste Teil ihres Vortrages behandelte die Ernährungsfrage. Es wurde besonders betont, daß es jetzt darauf ankommt, die Preise für die Milch niedrig zu halten, indem man möglichst den Gebrauch von Rindfleisch und Butter beschränkt; dagegen wurde dringend geraten, die nicht zu Dauerware geeigneten Teile des Schweines, ebenso Blut- und Leberwurst und das frische Schweineblut zu kaufen, damit weitere Schweine geschlachtet werden könnten und so Kartoffeln und Magermilch für die menschliche Ernährung frei würden. Die hohen Preise sollten nicht abschrecken. Sorgfältigstes Kauen und möglichst trockene Bereitung der Nahrung macht diese ausgiebiger und erlaubt es mit etwa zwei Drittel des bisherigen Bedarfes auszukommen. Im zweiten Teil warnte die Rednerin die Frauen und Mädchen sehr ernstlich vor der großen Gefahr, die unserem Heere und Volke durch die Geschlechtskrankheiten droht. Sie mahnte zur strengsten Zurückhaltung den Soldaten gegenüber, damit nicht die Kraft und das sittliche Selbstbewußtsein des Volkes erschüttert werde. Mit außerordentlich warmen Worten mahnte zum Schluß Herr Schulrat Dr. Baedorf zur Treue im großen und kleinen für Heer und Volk und Vaterland.
Den vierten Vortrag hielt am 12. März in Poppelsdorf bei Vianden Frl. Reinbrecht, Bonn. Nach einigen einleitenden Worten von Herrn Dr. Baedorf sprach sie in eindringlichen Worten über das Thema: „Wie kann die Frau helfen, den Krieg gewinnen“ und „Was haben wir zur Ernährung, und wie können wir es verwenden.“
In der Aussprache wurden verschiedene Fragen beantwortet und auf zwei weitere Kochkurse aufmerksam gemacht, von denen der erste, kürzere, von sechs Abenden, für Frauen und Mädchen, die schon kochen können, am Donnerstag, 18. März, in der Fortbildungsschule begonnen hat und am 27. März endet; der zweite Kochlehrgang wird jedoch wieder 12 Abende umfassen, wie die früheren, und am 13. April beginnen. Zahlreiche Frauen zeichneten sich in die ausliegende Liste ein. Weitere Anmeldungen werden in der hauswirtschaftlichen Beratungsstelle in der Franziskanerstraße 9, Zimmer 24 – Dienstags und Freitag von 10 – 12 – angenommen. Daselbst sind auch die Kochbücher zu haben. Die vorhandenen wurden alle beim Ausgang des Saales verkauft. Zum Schlusse wies Herr Dr. Baedorf zur Ergänzung der Ausführungen von Frl. Reinbrecht, aufs eindringlichste noch auf dreierlei Pflichten hin: Gold sammeln, Reichsanleihe zeichnen, sittlich sich als echte deutsche Frau bewähren. Alsdann dankte Herr Dr. Baedorf im Namen des Oberbürgermeisters all den Rednerinnen, die sich uneigennützig in den Dienst der guten Sache gestellt hatten, und lud zur Ergänzung der mehr auf das allgemeine gerichteten Vorträge, zu den ins einzelne gehenden ein, die im katholischen Gesellenhaus, Kölnstraße 17/19 stattfinden: Mittwoch, den 17. März, Hauswirtschaftslehrerin Frl. Zwick (Bonn): „Was sollen wir jetzt kochen“. Mittwoch, den 24. März, Herr Lehrer Hannes (Bonn): „Wie nütze ich meinen Hausgarten aus“. Montag, 29. März, Hauswirtschaftslehrerin Frl. Braun (Bonn): „Kochkiste und Eintopfgerichte“.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Neue Festsetzung der Brotpreise in Bonn. Die Bonner Bäcker-Innung (Zwangs-Innung) macht bekannt, daß laut Vorstandsbeschluß vom 21. März ab 1750 Gramm (3 ½ Pfund) Schwarzbrot 75 Pfg., 1750 (3 ½ Pfund) Feinbrot 95 Pfg., 500 Gramm Zwieback 80 Pfg., 500 Gramm Mehl (reines) 35 Pfg. und 500 Gramm Mehl (gemischtes) 30 Pfg. kosten.
Bonner Lazarettzug. Man schreibt uns: Die 6. Fahrt führte den Vereins-Lazarettzug wieder nach Chauny. Auf dem Weg bot sich dem Personal durch eine Aufenthalt in Lüttich die Gelegenheit, diese interessante Stadt zu sehen und Leben und Treiben im okkupierten Teile Belgiens aus eigener Anschauung kennen zu lernen. In Chauny erfolgte die Aufnahme von 250 Verwundeten, namentlich Leichtverletzten. Das Endziel war Höchst und Frankfurt.
Ein bisher unerfüllter Wunsch für den Lazarettzug ist die Ausrüstung des Zuges mit einer zweiten Wäschegarnitur. Er würde damit sehr an Leistungsfähigkeit gewinnen. Sofort nach dem Ausladen der Verwundeten werden wohl sämtliche Wagen vollkommen gereinigt und unter Umständen desinfiziert. Wäre eine zweite Wäschegarnitur da, so könnte schon nach 1 – 2 Tagen wieder vollkommene Fahrtbereitschaft gemeldet werden und die Zwischenpausen zwischen den Fahrten würden sich verkleinern. Es fehlt zur Vollendung der 2 Wäscheausrüstung noch an Bettüchern. Etwa 400 sind nötig, 2 Meter lang und 1 Meter breit; alles Uebrige ist schon in genügender Menge da. Eine Spende von Bettüchern wäre sehr willkommen. Ferner ist vor allem an eingemachten Gemüsen und Früchten Bedarf. Auch mit Orangen kann man manchem appetitlosen Fiebernden helfen. Durch die Liebenswürdigkeit eines Frankfurter Herrn ist der Zug jetzt auch mit Milch, die nach einem besonderen Verfahren haltbar gemacht wurde, in größerer Quantität ausgerüstet. Wir hoffen mit allen solchen Maßnahmen die Fürsorge für unsere Verwundeten entsprechend zu heben und ihnen damit zu nützen. (...)
Einzahlungen für den Lazarettzug bittet man auf der Bonner Zweigstelle der Deutschen Bank zu machen, Liebesgaben werden Bahnhofstraße 40 angenommen.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Abteilungen des Bonner Wehrbundes vereinigen sich am Sonntag nachmittag um drei Uhr auf dem Exerzierplatz auf dem Venusberg zu einem gemeinsamen Exerzieren, bei dem besondere Rücksicht auf neueintretende jetzt ausgehobene Landsturmleute genommen wird. Neue Mitglieder können sich Sonntag nachmittag auf dem Exerzierplatz melden.
Das Brotbuch als Legitimation. Die städtische Verwaltung in Bonn hat neuerdings die Einrichtung getroffen, daß nur solche Personen, in den städtischen Verkaufsstellen Speck, Reis, Kartoffeln kaufen können, die sich durch Vorzeigen ihres Brotbuches als Einwohner der Stadt Bonn ausweisen können. Schon aus diesem Grunde ist das Brotbuch sorgfältig aufzubewahren und keinem andern zu überlassen.
Speckverkauf findet in der Regel Samstags nachmittags statt, Reisverkauf Dienstags nachmittags von 3 Uhr ab, solange der Vorrat reicht, der an dem Tage zum Verkauf gelangen soll. Wahrscheinlich wird auch in einiger Zeit wieder der städtische Kartoffelverkauf eröffnet werden.
Bei dem Reisverkauf am Dienstag nachmittag war die zur Verfügung gestellte Menge von 10 Ztr. In der kurzen Zeit von 10 Minuten ausverkauft, so daß viele Kaufliebhaber unbefriedigt zurückkehren mußten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 21. März 1915
Die Zeichnungen zur Kriegsanleihe in Bonn. Wie uns von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, dürfte sich der in Bonn und nächster Umgebung gezeichnete Betrag, soweit er sich auf Grund der verfügbaren Unterlagen schätzen läßt, auf mehr als dreißig Millionen belaufen. Der gezeichnete Betrag dürfte denjenigen der 1. Kriegsanleihe um 70 Prozent übertreffen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der städtische Speck-Verkauf in der Rathausgasse wickelte sich am Samstag nachmittag viel ruhiger ab als an den Vortagen. Am verflossenen Samstag war der Andrang derart, daß zwei Fensterscheiben im Flur eingedrückt wurden. Der ruhigere Geschäftsgang ist dem Umstand zuzuschreiben, daß nur an solche Personen Speck abgegeben wird, die mit dem Brotbuch der Stadt Bonn versehen sind. Durch diese Maßnahme sind die außerhalb Bonn Wohnenden, namentlich diejenigen, die zahlreich von der rechten Rheinseite hierherkamen, ferngehalten worden. Im ganzen werden wohl etwas 35 Zentner geräucherten Speck verkauft worden sein, trotzdem sich der Preis um 10 Pfg. das Pfund höher stellte, als an den früheren Verkaufstagen.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Teuerungszulage. Die Betriebs-Direktion der Elektrischen Straßenbahn hat ihren Schaffnern und Fahrern eine monatliche Gehaltszulage von 15 Mk. bewilligt, was sehr anerkennenswert ist. Nur frage ich mich: Warum werden wieder Unterschiede gemacht? Das soll doch in dieser schweren Zeit durchaus nicht sein. Wie steht es mit den Arbeitern des Städt. Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerks? Für diese Leute ist doch alles ebenso teuer wie für die Straßenbahnbeamten. Dabei hat das Städt. Gaswerk während seines Bestehens der Stadt Riesensummen eingebracht und die Arbeiter beziehen keinen zu hohen Lohn. Ich denke, was dem einen recht ist, ist dem andern billig, sodaß für diese Leute auch gesorgt wird. Ein rechtdenkender Bürger.
Mißstände an der Freibank. Sobald der Verkauf von Freibankfleisch abends bekannt wird, sammeln sich sofort schon von 5 Uhr nachmittags an die Käuferinnen in der Immenburgstraße an, obwohl erst am anderen Morgen um 7 oder 8 Uhr geöffnet wird. Die Ansammlung betrug in der Nacht zum vorigen Samstag über 50 Personen, meistens Frauen, die ein solches Gejohle, Gelächter und Geschrei machten, daß die Anwohner der Straße an eine Nachtruhe nicht denken konnten. Nicht genug, daß die dortigen Anwohner durch das Elektrizitätswerk, die Gasanstalt und das Blöken des Viehs, das öfters nachts vor den Markttagen auf der Straße aufgestellt wird, in der Nachtruhe gestört werden, müssen sie sich jetzt auch noch das Gejohle der auf die Oeffnung der Freibank Wartenden gefallen lassen. Könnten nicht numerierte Karten ausgegeben oder das Fleisch nicht schon nachmittags verkauft werden? Vielleicht lassen dann auch die Felddiebstähle in jener Gegend etwas nach. Einige Anwohner.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Vaterländische Feier für Verwundete in der Gronau. Da die Karten zu Teilnahme an der Feier schon im Vorverkauf ausverkauft worden sind, kann kein Verkauf an der Tageskasse mehr stattfinden. Dagegen bitten uns die veranstaltenden Frauenvereine, darauf hinzuweisen, daß die verkauften blauen Karten nur für nichtmilitärische Teilnehmer gelten, daß es also keinen Zweck hat, sie, wie gelegentlich geschehen ist, in Lazarette zu schicken. Die Soldaten werden direkt eingeladen, resp. der Festleitung von den Aerzten, denen die Lazarette unterstehen, zugeteilt, da nur auf diese Weise die notwendige Urlaubsverlängerung gesichert werden kann. Wünsche über Einladung einzelner bestimmter Verwundeter, die den Veranstalterinnen mitgeteilt worden sind, werden tunlichst berücksichtigt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 22. März 1915
Der freiwillige Hilfsausschuß f.d. T. hielt am Samstag abend im Bonner Bürgerverein eine Versammlung ab, in der der Vorsitzende Herr Dr. Krantz Bericht erstattete über die Tätigkeit des Ausschusses während des letzten Vierteljahres. Er stellte fest, daß durch die Aufhebung der Erfrischungsstelle am Personenbahnhof in Bonn eine Arbeitsstätte verloren gegangen ist, die einen großen Teil der Mitglieder in erfreulichem Zusammenwirken 5 Monate hindurch anregende Tätigkeit geboten hatte. Die Rücksicht auf Ersparung von Brot und Nahrungsmitteln rechtfertigte diese Maßnahme. Die Sammelstelle des Freiwilligen Hilfsausschusses in der Diskontogesellschaft war unausgesetzt geöffnet und hat der Bürgerschaft Gelegenheit geboten, Liebesgaben aller Art für unsere Truppen zu sammeln. Es sind eine große Anzahl Liebesgabensendungen ins Feld gegangen, besonders wurden dabei unsere Bonner Regimenter bedacht. Aber auch Lazarette, in denen sich augenblickliche Notzustände zeigten, und entfernt von dem großen Strom der Liebesgaben liegende Truppenteile erhielten mannigfache Sendungen. Auch für die Gefangenen in Frankreich sind 100 Pakete mit Liebesgaben zur Zentralsammelstelle in Stuttgart abgegangen. Ein Waggon mit Kleidungsstücken und Hausgerät ist nach Ostpreußen (Ortelsburg) geführt worden. Nachdem 2 Waggons mit ähnlichem Inhalte nach Elsaß-Lothringen abgeliefert waren, konnte auch das Ergebnis der Barsammlung für die dortige notleidende Bevölkerung abgeliefert werden in Höhe von 3269,33 Mark.
Auch die zweite allgemeine Wollsammlung in Bonn hat ein befriedigendes Ergebnis geliefert. Es wurden gesammelt 2362 wollene Decken, 1009 Lappendecken, die in den Arbeitsstätten der Fortbildungsschule, des Antoniusstiftes, des Agnesstiftes, des Freiwilligen Hilfsausschusses und in der Loestraße fertiggestellt wurden, ferner 254 Steppdecken 7116 Handtücher, ungefähr 6800 brauchbare Kleidungsstücke, 3205 Kilogr. Lumpen, woraus 641 M. gelöst wurden, 71 Kilogr. Wollreste, die 85,20 M. einbrachten, 12 Säcke Wäsche und Weißzeug, 228 Aermelwesten, die in der Arbeitsstätte des Freiwilligen Hilfsausschusses fertiggestellt wurden, dann wurden noch gesammelt: Muffe, Pelzsohlen, Filzsohlen, Fußsäcke, Schlafsäcke, Kissen usw. Die Arbeit des Sortierens war sehr schwierig gewesen. Unter den Damen, die sich in aufopfernder Weise dieser anstrengenden Arbeit unterzogen haben, seien genannt: Frau Geheimrat Ribbert und Frau Major Stubenrauch. Ein Teil der Kleidungsstücke ist der hiesigen Armenverwaltung überwiesen, ein anderer nach Ostpreußen versandt worden. Eine größere Anzahl von gut erhaltenen Männeranzügen wird in der Sammelstelle in der Quanitusstraße, die Räume hat Frau Rottmann freundlichst zur Verfügung gestellt, aufbewahrt, um an Soldaten verteilt zu werden, die als geheilte Invalide in ihre Heimat entlassen werden.
An der Sammlung am Kriegshilfstage (Kaisers Geburtstag) hat sich der Freiwillige Hilfsausschuß mit seinen Mitgliedern erfolgreich beteiligt. – Die Einrichtung der Verwundeten-Auskunftstelle wurde Mitte Januar in die Geschäftsstelle des Freiwilligen Hilfsausschusses verlegt. Der Betrieb ist dadurch in zweckmäßiger Weise erweitert worden, daß auch die Auskunft über die rechtsrheinischen Lazarette, bis nach Königswinter, aufgenommen wurde. (...)
Konfirmation. Gestern wurde in der Kirche am Kaiserplatz von Herrn Pfarrer Lorenz 36 Knaben und 30 Mädchen, in der Schloßkirche von Herrn Strauß 21 Knaben und 27 Mädchen konfirmiert.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der erste Frühlingssonntag brachte uns gestern noch einmal nach langer trüber Wartezeit ausgiebigsten Sonnenschein und bei schwachem Luftzuge 16 Grad Wärme. Dabei war die Luft klar und rein; sie ließ die nachbarlichen Siebenberge, die Rheinlandschaft stromauf, stromab wie neugeboren frisch und froh vor unsere Augen treten. Da zog der Frühling auch in die Herzen; die Augen strahlten in neuer Hoffnung, der winterliche Druck fiel wie Schlacken vom Gemüte. Tausende zogen gemütlich in den lachenden Sonnenschein, hinaus in die keimende, sprossende Natur. – Die Stadt war trotzdem belebt wie an außergewöhnlichen Verkehrstagen; die starke Garnison bringt das mit sich; die jungen Soldaten hatten Besuch aus der Heimat.
Die zweite Bezirksvorturnerstunde des 1. Bezirks des Sieg-Rheingaues fand gestern in der Stiftsturnhalle statt. Trotz des Krieges hatte sich eine stattliche Anzahl Turner der verschiedenen Vereine eingefunden, die das Turnen wieder aufgenommen haben. Die anschließende Versammlung war ebenfalls gut besucht. Nach Erledigung des geschäftlichen Teiles ermahnte der Bezirksturnwart die Turner, zusammenzuhalten und weiter zu arbeiten zum Wohle des Vaterlandes. Mit dem Liede „Frei und unerschütterlich“ wurde die Versammlung geschlossen.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe reiste gestern vormittag nach Frankfurt a. M. und kehrte in der vergangenen Nacht wieder zurück.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 23. März 1915
Die Stadtverordneten bewilligten in ihrer gestrigen Sitzung ohne Debatte einige Vorlagen, wie die Verminderung der Bäume in der Bismarckstraße, Gewährung eines Zuschusses zur Quartierverpflegungsentschädigung usw. Als wichtigster Punkt stand die Festsetzung des Haushaltsplanes auf der Tagesordnung. Da zeigte sich eine im Stadtverordnetenkollegium seltene Einmütigkeit. Nach den begründenden Ausführungen des Herrn Oberbürgermeisters beantragte Herr Stadtv. Dr. Krantz, der Etat möge in seiner Gesamtheit ohne weitere Debatte angenommen werden. Herr Stadtv. Henry schloß sich dem Antrage an. Dem Ernste der Zeit entsprechend verzichteten die Stadtverordneten auf kleinliche Ausstellungen. Einstimmig wurde der Etat in seiner Gesamtheit angenommen.
Freiwilliger Hilfsausschuß. (Fortsetzung.) Der Redner bezeichnete dann als neue Aufgaben des Freiwilligen Hilfsausschusses die Sammlung von Liebesgaben für unsere Ostarmee, für die Provinz Ostpreußen, für welche besonders Kleider und Hausgerät erwünscht seien, die Absendung von Osterliebesgaben für unsere Bonner Soldaten in der Champagne, die sich in den letzten Kämpfen in der Champagne in so hervorragender Weise ausgezeichnet hatten, schließlich eine Sendung von Liebesgaben für unsere verbündeten Truppen in den Karpathen. Bei Spendung von Liebesgaben mögen die Bürger aber auch nicht des Lesestoffes vergessen. Um diese Aufgaben durchführen zu können, bedarf der Hilfsausschuß großer Betriebsmittel. Dr. Krantz schlug zur Erlangung dieser Mittel vor, an zwei Tagen in der Woche in Bonn eine Geldsammlung zu veranstalten, außerdem am Bahnhof eine Geldsammelstelle zu errichten. Ferner empfahl er, Gefäße aus Kupfer, Messing, Zinn, Bronze, die im Haushalt entbehrlich sind, dem Hilfsausschuß zur Verfügung zu stellen. (...)
Am Schluß seiner Ausführungen betonte der Redner als die wichtigste Aufgabe des Hilfsausschusses, den Geist des Pflichtbewußtseins und der opferfreudigen Hilfe immer wieder aufs neue anzuregen. In dieser ernsten, vaterländischen Zeit hat ein jeder die Pflicht, nicht nur bei bescheidener und anspruchsloserer Lebensführung seines bürgerlichen Berufes mit besonderer Treue sich zu widmen, sondern er muß auch mitwirken an dem großen Werke. Auch für uns, die wir zurückgeblieben sind, heißt es, handeln und nicht bloß reden. Wir dürfen nicht ruhen und nicht rasten, denn es ist keine Zeit der Ruhe, sondern der Unruhe. Wir müssen immer bereit sein, zu helfen und nochmals zu helfen, um den Mut unserer tapferen Soldaten durch Zuversicht und unerschütterliche Treue zu heben und zu halten. (...)
Dann ergriff Herr Rechtsanwalt Henry das Wort zu seinem Vortrage über „Lille vor vier Monaten und heute“. Die Bonner Verbands- und Erfrischungsstelle Prinzeß Viktoria hat sich in den vier Monaten durchaus bewährt und allseitige Anerkennung gefunden. Die durchschnittliche Ausgabe der Portionen beläuft sich auf 4–5000 täglich. An einem Tage wurden sogar 9000 Portionen ausgeteilt. In Lille selbst hat sich wieder der normale Verkehr eingestellt. Der Vortrag wurde durch gut getroffene Photographien unterstützt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
An der großen Samariterübung, welche am Sonntag im Kottenforst von der Freiwilligen Sanitätskolonne, dem Pfadfinderkorps Bonn, dem Verein für Sanitätshunde, den Sanitätern des Herrn Grafen Döhnhoff und dem Pfadfinderinnenkorps Bonn veranstaltet wurde, nahm unter reger Anteilnahme eines zahlreichen Publikums über 200 Personen und mehrere Fuhrwerke teil. Nach einem flotten Marsch fand als erste Uebung das Absuchen der teils recht sumpfigen und mit Unterholz bewachsenen Steppe hinter Röttgen nach Verwundeten, die Errichtung eines Feldlazaretts und das Verladen auf Wagen statt. Dann gings zum Tomberg, wo sich ein vergnügtes Lagerleben entwickelte und ein großes Kriegsspiel mit Sanitätsübungen stattfand, das außerordentlich interessante Bilder bot. Gegen 10 Uhr rückten die letzten Teilnehmer wieder in Bonn ein.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Daß unsere Truppen im Felde nicht immer zu hungern brauchen, geht aus dem Feldpostbrief eines Bonner Jägers hervor, der an den Kämpfen vor Warschau teilnimmt. Er schreibt: „...Heute mittag gabs Hühnersuppe mit Kartoffelpurre, jetzt zum Kaffee essen wir russisches Brot, Wurst, Eier, Schinken, Honig. Wenn Ihr mich beim Futtern sehen könntet, kriegtet Ihr Respekt“.
Das ist so Kriegers Los: Heute Entbehrungen aller Art, morgen Ueberfluß an Speise, Trank und Kleidung.
Merkt es euch! Ein Krieger schreibt von der Front: „Wie schwer wird daheim die Einschränkung des Brot- und Mehlverbrauches empfunden. Und wie viel wird gejammert deswegen! Herrgott, jeden Einzelnen möchte ich das an den Schultern nehmen und ihm sagen: Mensch, sei doch zufrieden! Wie wäre es heute, wenn unsere Sache krumm gegangen wäre? – Komm’ herüber, sieh dir die Leute an, die die ganzen Schrecken des Krieges durchzukosten haben, denen Haus und Hof, Hab und Gut zu einem Trümmerhaufen geschossen wird von der Artillerie der beiden Gegner. Und dann gehe heim und – jammere weiter, wenn du es vermagst! – Ein Feldgrauer.“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 24. März 1915
Liebesgaben für den Wehrbund. Der Bonner Wehrbund bedarf keiner Liebesgaben wie unsere tapferen Krieger im Felde, und doch könnten Freunde des Wehrbundes diesem mit einem geringen Opfer einen großen Dienst erweisen. Die Uebungen sollen von jetzt ab ausnahmslos mit einem nach Alter und Dauer der Beteiligung verschiedenen Gepäck ausgeführt werden, damit sich die jungen Leute frühzeitig an eine Belastung des Rückens bei jeder körperlichen Betätigung gewöhnen. Dazu bedarf es für jeden Teilnehmer eines Rucksackes. Viele Mitglieder des Wehrbundes sind im Besitz eines solchen, aber bei weitem nicht alle. Die Anschaffung eines Rucksackes darf den Unbemittelten grundsätzlich nicht zugemutet werden, weil niemand sich durch Unkosten von einer Beteiligung an den Uebungen des Wehrbundes abgehalten fühlen darf. In wie manchem Hause liegt aber ein alter Rucksack, der von niemandem mehr gebraucht wird. Besitzer solcher abgelegten Rucksäcke würden sich daher verdient machen, wenn sie diese dem Bonner Wehrbund geschenkweise überließen. Die Rucksäcke können jederzeit bei Herrn Emil Goldschmidt, Brückenstraße 10, und Sonntags von 12 bis 1 Uhr auch auf der Geschäftsstelle des Wehrbundes im Hause Thomastraße 1 abgegeben werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Verein „Neue Frauenkleidung und Frauenkultur“ stattete sechs Konfirmandinnen und zwei Kommunikantinnen mit Kleidern und vollständiger Unterwäsche aus. Die Sachen wurden teils von Näherinnen, teils von Mitgliedern des Vereins angefertigt.
Stadttheater. Neuerdings sind wieder Mitglieder des Künstlerpersonals einberufen worden, wodurch Spielplanänderungen nötig wurden. Es hat sich jedoch trotzdem eine durchaus angemessene Besetzung der für den Rest der Spielzeit angesetzten Stücke ermöglichen lassen. Die beliebte rheinische Komödie von Müller-Schlösser: „Schneider Wibbel“ wird neu einstudiert. Auf vielfachen Wunsch soll Sonntag abend „Preziosa“, deren Aufführung stets großen Beifall fand, noch einmal gegeben werden, und zwar unter Mitwirkung des Städt. Orchesters.
Wegen Vergehens gegen das Gesetz über die Höchstpreise wurde ein Kartoffelhändler aus der Umgegend von der hiesigen Strafkammer zu einer Geldstrafe von 100 Mk. verurteilt.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Teuerungszulage. Mit Rücksicht darauf, daß den Schaffnern und Fahrern der elektrischen Straßenbahn eine Gehaltserhöhung von monatlich 15 Mk. bewilligt worden ist, haben sich in einem Eingesandt die Arbeiter des Gas-, Wasser- und Elektrizitäts-Werks bereits gemeldet, um auch eine solche Erhöhung zu erhalten. Sicher wäre es gerecht, wenn auch die Arbeiter des Fuhrparks, namentlich die der Müllabfuhr, eine Zulage erhielten, denn sie haben durch den Staub und den unangenehmen Geruch der Gefäße sehr zu leiden und sind durch die Teuerung doch ebenso belastet. Man möge also auch an sie denken und nicht sagen, die Stadt sei zu sehr belastet. Ein Arbeiter des Fuhrparks.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Keine Ostereier in diesem Jahre. Nun kommt Ostern. Da möchten wir die Frauen daran erinnern, daß auch an Eiern gespart werden muß. In Friedenszeiten werden Eier in ungeheurer Zahl aus dem Auslande eingeführt. Das ist jetzt nicht möglich. Darum muß in diesem Jahre das so beliebte und auch gewiß sehr schöne Eierfärben unterbleiben. Es bedarf gewiß nur dieses Hinweises, um die Frauen zu bestimmen, auch hier ihre vaterländische Pflicht zu tun.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnertag, 25. März 1915
Städtischer Reis- und Kartoffelverkauf. Auch am Dienstag nachmittag wurden in der kurzen Zeit von einer Stunde 1000 Pfund Reis verkauft. Der Andrang war ein sehr starker. Um das Gedränge zu vermeiden, ist von der städtischen Verwaltung die Vorkehrung getroffen worden, daß beim nächsten Verkauf an fünf Ausgabestellen im Hofe Franziskanerstraße 8a zugleich Reis abgegeben wird. Ferner ist in Aussicht genommen, am Freitag von morgens 8 – 12 und nachmittags von 2 – 6 und am Samstag bis nachmittags 5 Uhr Kartoffeln aus dem städtischen Lager, Bachstraße, Ecke Thomastraße, zu verkaufen. Die Kartoffeln werden nur in Mengen von 50 Pfund zum Preise von 3 Mark abgegeben und nur an solche Personen, die sich durch Vorlage des Brotbuches als Einwohner der Stadt Bonn ausweisen können.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Saatenstand am Rhein ist bedeutend besser als voriges Jahr. Die Frucht- und Kleefelder sehen frisch aus. Die Obstbäume haben vielfach Tragknospen angesetzt. Die Weinberge zeigen schönes, gesundes, ausgereiftes Holz.
Im Gartenbau-Verein sprach Herr Gartendirektor Günther über die öffentlichen Anlagen in Lille und Brüssel. Lille sei eine ziemlich langweilige Fabrikstadt. (...) Die Stadt sei verhältnismäßig wenig beschädigt, die öffentlichen Gebäude fast gar nicht. Redner ging dann auf die Tätigkeit der Bonner Verbands- und Erfrischungsstelle ein, die viele Arbeit habe. U. a. seien an einem Tage über 4000 Verwundete dort verpflegt worden. Die Militärverwaltung, die Post und die Bahnhof- Kommandantur werde von den Bayern geleistet. Brüssel biete ein ganz anderes Bild. Die Bevölkerung sei dort von großer Verbissenheit gegen die Deutschen, was sich im äußeren Auftreten bemerkbar mache. (...) Die Parkanlagen seien zum Teil sehr hübsch, zum Teil sehr schlecht. (...) Aufgefallen sei ihm die große Menge Beschäftigungsloser, die sich ballspielend auf den Boulevards umhergetrieben hätten. Reicher Beifall dankte dem Redner für seine Ausführungen.
In der Aussprache über die Volksernährung wurde betont, daß der Krieg das Gute mit sich gebracht habe, daß man auf die Pflege der Hausgärten wieder mehr Mühe verwende. Man müsse sich aber immer darüber klar werden, daß man in einem Hausgarten in der Stadt sehr beschränkt im Anbau sei. (...) Der Vorsitzende bemerkte, damit, daß man alle Oedländereien, alle Baustellen, alle Zierrasen und alle Blumenbeete mit Gemüse bepflanze, sei nichts erreicht, das sei nur eine Verschwendung an Samen und Arbeit. Auf Gelände, das vorher nicht geackert worden sei, könne man keine Kartoffeln, sondern höchstens Hafer ziehen.
Mit der üblichen Pflanzen-Verlosung wurde die Versammlung geschlossen.
Städtischer Kartoffelverkauf. Morgen (Freitag) wird der Verkauf von Kartoffeln aus dem städtischen Lager Bachstraße, Ecke Thomastraße, wieder aufgenommen.
Die Kartoffeln werden in Mengen von 50 Pfund zum Preise von 3 Mk. abgegeben, und zwar nur an solche Personen, die sich durch Vorlage des Brotbuches als Einwohner der Stadt Bonn ausweisen können. Ein Abtransport der gekauften Kartoffeln durch die Stadt erfolgt nicht mehr, es muß also jeder die Wegbringung selbst übernehmen. Um zu verhüten, daß ein und dieselbe Person in einer Woche mehr als 50 Pfund abholt, wird in dem Brotbuch an dem Tage, an dem die Kartoffeln gekauft werden, eine Durchlochung vorgenommen. Um unliebsamen Aufenthalt zu vermeiden, kann jede Person nur für sich allein einkaufen, es ist also nicht gestattet, daß mehrere Brotbücher mitgebracht werden. Es werden bezifferte Zettel an die Käufer abgegeben, um so jedes Vordrängen zu vermeiden. Der Verkauf findet morgen Freitag von morgens 8 – 12 und nachmittags von 2 – 6 Uhr statt; am Samstag nur bis nachmittags 5 Uhr.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Vorratserhebung über Malz und Malzkeime ist vom Oberbürgermeister für Samstag den 27. März angeordnet worden. Alle Vorräte an Malz und Malzkeimen von mehr als einem Doppelzentner müssen bei dem zuständigen Revier-Polizei-Kommissar angegeben werden.
Stadtverordneten-Ersatzwahl. Die Ersatzwahl in der zweiten Abteilung, zu der von liberaler Seite Herr Kaufmann Gustav Blume als Kandidat aufgestellt worden war, schloß gestern abend 6 Uhr mit einem Ergebnis von 69 Stimmen. Die Zentrumspartei hatte bekanntlich keinen Kandidaten benannt. Herr Blume ist somit gewählt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 26. März 1915
Der Deutsche Industrieschutzverband, Sitz Dresden, hat eine Stelle zur Unterbringung von Kriegsinvaliden errichtet. Aus den Kreisen seiner über 5.300 Mitgliedsbetriebe liegt eine große Anzahl von Angeboten freier Stellen vor. Die Arbeit suchenden Invaliden werden aufgefordert, sich an den Deutschen Industrieschutzverband, Dresden-A., Sidonienstraße 25, 1. Etg., zu wenden. Auch können Nichtmitglieder des Verbandes, die Kriegsinvaliden in ihre Betriebe aufnehmen wollen, dies dort melden. Die Vermittlung ist völlig kostenlos.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Goldsammlung des Kgl. Gymnasiums, die heute vor einem Monat begann, hat bis jetzt 86000 Mk. eingebracht. Die Schüler hatten deshalb gestern einen freien Tag.
Das Kriegsgericht verhandelte gestern in mehreren Fällen wegen unerlaubter Entfernung. Angeklagt waren u.a. einige polnische Arbeiter und Arbeiterinnen, die ohne polizeiliche Erlaubnis ihren Aufenthaltsort verlassen hatten. Das Gericht erkannte auf Gefängnisstrafen von 3 – 4 Tagen.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
In einer Bismarck-Gedenkfeier, die gestern abend im Bürgerverein stattfand, (sie war nicht sehr gut besucht) sprach der Bismarckdichter Max Bewer von „persönlichen Erinnerungen“ an den Eisernen Kanzler während dessen Aufenthalt in Friedrichsruh. Er sprach, ohne viel Neues zu sagen, mit Wärme und Begeisterung von Otto von Bismarck, rühmte vor allem seinen, auf dem Fundament eines unerschütterlich starken Glaubens an das Christentum beruhenden Nationalliberalismus und stellte diesen dem christentumsfeindlichen internationalen Sozialismus gegenüber. Frau Auguste Thiery, die man in diesem Winter als Rezitatorin in Wohltätigkeitsveranstaltungen schätzen gelernt hat, trug Bismarckgedichte von Fontane und Max Bewer vor. Frl. Henny Wolff sang mehrere Lieder, zu denen sie von Herrn Musikdirektor Heinrich Sauer auf dem Flügel begleitet wurde. Das Publikum spendete starken Beifall.
Sanitätshunde. Der Deutsche Verein für Sanitätshunde in Oldenburg hat die hiesige Meldestelle angewiesen baldmöglichst noch weitere 20 Führer und Hunde auszubilden. Militärfreie oder landsturmpflichtige Herren, die sich diesem Dienste widmen wollen, können sofort eintreten. Meldung bei dem Leiter der Meldestelle Herrn Polizei-Kommissar Flaccus, Kirsch-Allee 23 wohnhaft. Die Sanitätshundführer werden unter Berücksichtigung früher erlangter Dienstgrade, als aktive Soldaten bei einer Sanitätskompagnie eingestellt. Sie werden, soweit erforderlich, bei der Meldestelle auch schon militärisch ausgebildet. Die Angehörigen derselben haben daher dieselben Ansprüche wie alle übrigen Militärpersonen. Der Bedarf an Hunden ist vorläufig gedeckt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 27. März 1915
Kaiser-Wilhelm-Spende deutscher Frauen. Der Gedanke, dem Kaiser in dieser für ihn so schweren Zeit eine mit einer Huldigungsschrift verbundene Spende zu überreichen, hat in den weitesten Kreisen der deutschen Frauenwelt festen Boden gefaßt. Es entspricht offenbar einem Herzensbedürfnis der Frauen, gerade jetzt dem Kaiser eine Freude zu machen. Es ist zwar schon viel gesammelt worden, aber der Krieg erfordert ja auch immer neue Opfer. Und es ist den Frauen, die oft nicht recht wissen, zu welcher der vielen Sammlungen sie beisteuern sollen, äußerst sympathisch, dem Kaiser die Verteilung ihrer Spenden zu überlassen, da sie mit Recht annehmen, daß er am besten wissen wird, wo es am nötigsten ist. So wird die Kaiserspende zu einer Zentralsammelstelle für die deutsche Frauenwelt. In vielen größeren Orten und in den meisten Landkreisen haben sich bereits örtliche Ausschüsse gebildet, welche die Sammlung der Namen und Spenden in die Hand genommen haben. Auch in Süddeutschland gewinnt der Gedanke immer mehr Boden, und dort ist eine feste Organisation im Werden. Schon jetzt sind – fast nur aus kleineren Orten – bereits bedeutende Summen eingegangen, so daß die Spende u. a. in der Lage war, sich mit 150.000 M. an der Zeichnung der Kriegsanleihe zu beteiligen. Nähere Auskunft über die Spende und über die Ortausschüsse erteilt die Hauptgeschäftsstelle Berlin-Zehlendorf, Gymnasium.
Tätigkeit unserer Verwundeten. Womit sich unsere braven Verwundeten beschäftigen, zeigt eine reizende Schnitzarbeit, in Form eines Bilderrahmens, welche von Verwundeten des hiesigen Johannis-Hospitals aus Linoleum, das die Firma den Verwundeten zur Verfügung gestellt hatte, sehr sauber und geschmackvoll hergestellt wurde. In einem Schreiben, unterzeichnet von mehreren Verwundeten, danken diese der Firma für die freundliche Überlassung des Linoleums. Der geschnitzte Rahmen ist ausgestellt im Schaufenster der Bonner Tapeten-Manufaktur A. Schleu, Münsterplatz 19.
Abgabe von Waldstreu während des Krieges. Die von der Kgl. Regierung in Köln, durch Erlaß des Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen und Forsten vom 24. August 1914 erteilte Ermächtigung, den Anwohnern des Waldes zur Erleichterung der Viehhaltung während des Krieges Waldstreu aus den Staatsforsten abzugeben, ist auf die Abgabe von Torfstreu ausgedehnt worden. Ferner ist die Kgl. Regierung zur Abgabe von Waldstreu aller Art an Gärtner und Gärtnereibetriebe als Ersatz für Pferdedünger zum Packen von Frühbeeten für Gemüseaussaat usw. ermächtigt worden. In der Regel sind für diese Streuabgaben an Gärtner und Gärtnereibesitzer die vollen Taxsätze zu entrichten; bei vorliegender Bedürftigkeit kann aber zur Zeit der Abgabezins auf ½ der Taxe – zuzüglich der von der Verwaltung etwa aufgewendeten Werbungskosten – ermäßigt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bonner Soziale Wohlfahrtsvereinigung. In der letzten ordentlichen Hauptversammlung erstattete der Vorsitzende, Bankdirektor Steinberg, den Jahresbericht. Daraus ging hervor, daß die Städt. Volksunterhaltungsabende gut besucht waren und die wissenschaftliche Volksbibliothek beträchtlich erweitert wurde. Seit Kriegsbeginn sind fünf vaterländische Volksabende veranstaltet worden. Weitere Abende mußten wegen der hohen Kosten unterbleiben. Das Speisehaus für weibliche Personen wird täglich von etwa 100 bis 120 Personen besucht, ein Beweis, daß die Besucher mit der Küche zufrieden sind. Auch das Volksheim erfreut sich eines regen Besuchs. Die Abgabe billiger Nahrungsmittel, insbesondere von Pflaumenmus, Obst, Kunsthonig und Roggenzuckerbrot hat lebhaften Anklang gefunden. Aus finanziellen Gründen ist das Volksheim von der Vereinigung abgezweigt und als besonderer Verein „Bonner Volksheim“ gegründet worden. Gerichtsassessor Küppers berichtete über die Rechtsauskunftstelle für Männer. Im Laufe des Jahres sind 561 Ratsuchende erschienen, denen in 648 Sachen 1014 Auskünfte erteilt oder Hilfe gewährt wurde. Die Stadt unterstützt die Auskunftstelle mit einem jährlichen Betrag von 300 Mk. Im Anschluß hieran berichtete Justizrat Meyer, daß die Stadt in Gemeinschaft mit den Rechtsauskunftstellen ein Miet-Einigungsamt eingerichtet habe, dessen Leitung ihm übertragen sei. Der Wohlfahrtsvereinigung wurde für ihre Kriegshilfe 2000 Mk. zur Verfügung gestellt, Anstelle von fünf ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern wurden Prof. Dr. Sadóe, Dr. Schaffnit, Privatdozent Dr. Coenders, Lic. Weber und Rektor Dicke gewählt. Die übrigen Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt. Aus dem Vermögen der Vereinigung sollen weitere 500 Mk. dem Volksheim bewilligt werden. Demnächst sollen im Volksheim Zusammenkünfte stattfinden zur Aussprache über wichtige Fragen. Lic. Weber wird am ersten dieser Abende über die Beschäftigung Verwundeter in den Lazaretten sprechen.
Fleißige Goldsammlerinnen. Noch in den letzten Wochen haben die Schülerinnen des Drammer’schen Lyzeums wiederum 11.700 Mk. Gold gesammelt, so daß ihnen noch ein schulfreier Tag am Montag beschieden sein wird. Im ganzen sammelte die Anstalt 21.700 Mark Goldgeld.
Die Neun-Milliarden-Anleihe würde in Tausendmarkscheinen aufeinandergelegt eine Säule von 900 Metern Höhe ergeben; in Zwanzigmarkstücken würde sie 360 Doppelwaggons füllen, was einem Güterzug von 3 ½ Kilometer Länge entspricht.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Schlagsahne. Es tut einem in der Seele weh, zu hören, wie die armen Leute klagen, daß sie bei den hohen Lebensmittelpreisen nicht wissen, wie sie die Ihrigen sättigen sollen, wenn man dabei sieht, wie sich in den Konditoreien die Menschen drängen, um Kuchen zu essen und Berge von Schlagsahne zu vertilgen. Dabei wird noch die Besorgnis laut, daß Milch und Butter teurer werden. Der Gedanke drängt sich auf, ob nicht von der Milch, die sich im Handel befindet und oft so fettarm ist, ein Teil der Sahne abgenommen wurde. Wie wäre es sonst zu verstehen, daß der Preis für Milch und Vollmilch verschieden und Vollmilch auch bedeutend besser ist. Alle Milch, die im Handel ist, sollte Vollmilch sein und es müßte dafür gesorgt werden, daß diese Nahrungsmittel in voller Güte und in reichlichem Maße dem Volke zum alten Preise erhalten bliebe. An Milch kann ja kein Mangel sein, nachdem die großen Mengen frei wurden, die früher zum Weißbrotbacken verwendet worden sind. Die Konditoreien haben den Beweis erbracht, daß auch sie jetzt noch imstande sind, wohlschmeckenden Kuchen zu bereiten. Am Kuchen sollten sich die Leckermäuler aber genügen lassen und die Sahne, die zur Schlagsahne verarbeitet wird, der Volksernährung nicht entziehen. H.H.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Eine große Wehrbund-Übung im Siebengebirge. Der Düsseldorfer Wehrbund veranstaltet am heutigen Samstag und am morgigen Sonntag mit seinen sämtlichen Kompagnien unter Leitung des Bezirkskommandeurs von Düsseldorf eine zweitägige Geländeübung im Siebengebirge. Die Wehrbundkompagnien aus Bonn, Godesberg, Oberkassel, Königswinter werden zu gegebener Zeit als Verstärkungen dieser Uebungen eingesetzt werden. Die Bonner Abteilungen, die vom Königlichen Gymnasium und von der Realschule gestellt werden, nehmen bereits am Samstag nachmittag teil. Die übrigen Abteilungen des Bonner Wehrbundes treten Sonntagmorgen um halb acht in der Doetschstraße an. Sie werden von Beuel aus mit der Bahn nach Königswinter befördert, wo sie weiterer Anordnung gewärtig bleiben. Die Kritik der Uebung findet in Honnef statt.
Stückgutverkehr. Die durch den Krieg herbeigeführte Beschränkung der Entladeverhältnisse haben eine Ansammlung von Güterwagen im hiesigen Bahnhofe bewirkt, die der Entladung harren. Um Verkehrsstockung zu vermeiden werden am Sonntag den 28. März die Güter wie an Wochentagen zugestellt. Da Sonntag freier Geschäftsverkehr ist, wird die Ablieferung der Güter ohne Schwierigkeiten möglich sein, indessen wird auch das Privatpublikum im Interesse ungehinderten Verkehrs hiervon in Kenntnis gesetzt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Ein „Bismarck-Gedenk-Abend“
vereinigte einen mittelgroßen Hörerkreis am vergangenen Donnerstage im großen Saale des Bonner Bürger-Vereins. Den Mittelpunkt der Veranstaltung bildete die Festrede, die „nach persönlichen Erinnerungen in Friedrichsruh“ über „Bismarcks Geist in der Zukunft“ der Bismarckverehrer Max Bewer aus Dresden-Laubegast hielt. Für Bewer ist Bismarck Mittelpunkt der Weltanschauung; nach ihm orientiert er sich nicht allein in politischer und sozialer, sondern auch in ethischer und religiöser Hinsicht. Obgleich Bewer versprach, seine Rede in der Zeit des Burgfriedens nicht zu einer politischen werden zu lassen, obwohl er Worte höchster Anerkennung für unseren Kaiser fand, dessen berühmtes Wort dem Streite der Parteien Einhalt gebot, war seine Rede doch durchsetzt von Spitzen gegen Gesinnungsfremde, und es fehlte nicht einmal an persönlichen Angriffen. Um nicht in einen ähnlichen Fehler zu verfallen, muß ich mir jede Beurteilung der Rede versagen und mich auf einige tatsächliche Feststellungen beschränken. Bewer sprach von „Nietzsche, Napoleon und anderen überflüssigen Gestalten“, Ludwig Frank erschien ihm „wie ein dürres Blatt, das der Wind aufgewirbelt hat“, und soziale Pastoren, wie Paul Göhre – wenn ich mich nicht irre, steht er als Kriegsfreiwilliger unter Waffen -, den bekannten Verfasser der Bücher „Drei Monate Fabrikarbeiter und Handwerksbursche“ und „Lebensgeschichte eines modernen Fabrikarbeiters“, bringt der „Sozialaristokrat“ Max Bewer mit „theologischem Sansculottentum“ in Zusammenhang.
Einige Dichtungen Bewers, denen künstlerischer Wert nicht abging, trug Frau Auguste Thiery zwar ungekünstelt, aber ohne innere Anteilnahme und technisch keineswegs vollendet vor. Dagegen verdienen die Leistungen Hanny Wolfs, die an Stelle des zum Militär einberufenen Dr. J. M. Verweyen mit wohltönender Stimme verschiedene Lieder sang, uneingeschränktes Lob. Z.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 28. März 1915
Osterliebesgaben. In einem Aufruf im Anzeigenteile unserer heutigen Nummer wird die Bonner Bürgerschaft gebeten, ihren bewährten Opfersinn auch darin zu zeigen, daß sie unseren braven Bonner Regimentern zu Ostern zahlreiche Liebesgaben spendet. Wir sind der festen Zuversicht, daß die Vaterländischen Vereine, die den Aufruf erlassen, nicht vergebens bitten werden, daß alle nach ihren Kräften dazu beitragen werden, unseren tapferen Soldaten eine Osterfreude zu bereiten.
Mehr als genug Wollsocken! Dem Vernehmen nach werden im Wege der Heimstrickerei noch große Mengen Wollsocken für das Heer gefertigt. Der Bedarf an solchen Socken ist indes laut Mitteilung des Kriegsministeriums auf absehbare Zeit überreichlich gedeckt, da sowohl bei den betreffenden militärischen Dienststellen, als auch im Handel große Vorräte lagern. Es erscheint deshalb wünschenswert, die Herstellung von Wollsocken für das Heer bis auf weiteres einzustellen, und die Wolle für andere Verwendung verfügbar zu machen.
Die Kriegspflichten der Hausfrau, der von Frau Edith Schumacher, geb. Zitelmann, zum Besten des Bonner Säuglingsheims gehaltene Vortrag ist soeben im Bonner Verlag der Deutschen Vereinigung in Druck erschienen und kann durch den Buchhandel zu dem billigen Preise von 30 Pfg. (10 Stück 2,50 M., 100 Stück 20,50 M.) bezogen werden. Wir machen auf die nützlichen und beherzigenswerten Anregungen des Vortrages nochmals aufmerksam. Die Ratschläge und Hinweise, die von Frau Edith Schumacher gegeben werden, sind wie ein Katechismus der Hausfrauenpflichten in ernster Zeit. Sie sollten von jeder Hausfrau gelesen, bedacht und befolgt werden, die mitwirken will im Kampf gegen Gedankenlosigkeit und Bequemlichkeit.
Kriegsbilder aus dem Osten. Das städtische Verkehrsamt hat den Vertrieb einer Postkartenreihe mit sechs Aufnahmen vom östlichen Kriegsschauplatz übernommen. Die Postkarten, deren interessante Bilder durch klaren und schönen Druck ausgezeichnet sind, können im Verkehrsamt (Poststraße) sowie an den Konzertkassen in der Stadthalle zum Preis von 1 Mark gekauft werden. Da der Reinertrag für unsere im Osten kämpfenden Truppen bestimmt ist, sei hier besonders auf diese Postkarten hingewiesen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Erhebung der Anleihescheine. Obgleich nächste Woche der erste Zinsschein der vorigjährigen Kriegsanleihe fällig wird (auch schon vorher eingelöst werden kann), zögern viele Zeichner mit Erhebung ihrer Anleihescheine. Wie wiederholt im Inseratenteil, so wird hiermit auch an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht, daß die Anleihescheine erster Ausgabe an den Zeichnungsstellen zum Abholen bereit liegen.
Wegen der Hühner waren zwei Einwohner aus Pützchen in Feindschaft geraten. Beide erfreuen sich des Besitzes eines Hühnerstalles. Die Hühner des einen flogen nun auf das Grundstück des anderen und umgekehrt. Hier wie dort erfolgte Strafanzeige. Am 9. Januar wurde ein Hühnerbesitzer vom Schöffengericht zu einer Geldstrafe von 1 Mk. verurteilt. Gegen diese Strafe legte der Verurteilte Berufung ein. Gestern behauptete er vor der Strafkammer, es handele sich um einen Racheakt, seine Hühner hätten nie den umfriedeten Hof verlassen. Das Gericht nahm an, daß die Hühner recht wohl auf das benachbarte Grundstück hätten fliegen können, und da dies auch von der Gegenseite bestätigt wurde, wurde die Berufung verworfen.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Tennishöfe auf dem städtischen Sportplatz an der Reuterstraße sind spielbereit.
Eine Aussprache über die Ergebnisse der Nachforschungen nach Kriegsgefangenen findet wieder am Montag abend 8½ bei Lücking am Weiher statt.
Gegen das Branntweintrinken. Das Stellvertretende Generalkommando des 8. Armeekorps hat für den Bezirk des Korps jeden Ausschank von Trinkbranntwein sowie von Getränken, die aus Branntwein gemischt sind, an Samstagen, Sonntagen, Montagen, Feiertagen und dem auf sie folgende Wochentage verboten. An den übrigen Tagen ist der Ausschank nur von 11 Uhr vormittags bis 8 Uhr abends gestattet. Er darf nur zum sofortigen Genuß auf der Stelle, nur gegen Barzahlung und nicht durch Automaten erfolgen. Die Ortspolizeibehörden können den Ausschank einzelnen größeren Gasthöfen und Wirtschaften, insbesondere Bahnhofswirtschaften, ausnahmsweise auch an den Tagen und zu den Stunden, an denen er sonst nach dieser Verordnung verboten ist, gestatten. Der sonstige Verkauf von Trinkbranntwein, Weingeist, Sprit, Rum, Kognak, Arrak, Likör u. dgl. ist mit wenigen bestimmten Ausnahmen verboten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 29. März 1915
Der Palmsonntag, von dem man sonst erwartet, daß er ein warmer Frühlingssonntag ist, brachte gestern trotz des Sonnenscheins einen frischen Ostwind. Spaziergänger sah man nur wenige draußen. Die Stadt selbst bot auch nicht das lebhafte Bild, wie es in früheren Jahren der für die Geschäftsleute freie Sonntag mit sich brachte.
Die als Sanitätsmannschaften unter Vorbehalt entlassenen medizinischen Studierenden können nach dem Bestehen der ärztlichen Vorprüfung und nach dem Besuch von zwei klinischen Semestern auf ihren Antrag für den Mobilmachungsfall in Stellen von Unterärzten verwendet werden.
Rhabarberblätter als Gemüse. Aus dem Felde wird uns folgendes Rezept zugesandt: Es wird nur wenigen Hausfrauen bekannt sein, daß die Rhabarberstaude nicht nur die fleischigen Stiele als wohlschmeckenden, gesunden Nachtisch liefert, sonders daß auch die großen Blätter, nach der Entfernung der Rippen, wie Spinat gekocht, ein wohlschmeckendes Gemüse geben. Da in dieser Zeit alles nach Möglichkeit verwendet werden muß, sollte jede Hausfrau die sehr ergiebigen Rhabarberblätter in der angegebenen Weise verwenden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Deutsche Frühlingsmode
Das „Los von Paris" ist namentlich in der Mode zum Schlagwort geworden. In einer französichen Zeitung erschien vor kurzem ein Bild, auf dem unter dem Titel: „Dank dem aufgeklärten Patriotismus seiner Eleganten hat Deutschland endlich eine selbständige Mode ganz allein für sich geschaffen", grotesk-komische Damen in Uniformen und mit Helmen, Federbüschen und Stulpenstiefeln einherspazieren. Jawohl, Deutschland hat sich auch eine selbständige Mode, eine Mode ganz allein für sich zurecht gemacht, aber keine häßliche, unkleidsame und lächerliche, sondern eine sehr reizvolle, ansprechende und elegante.
Den ganzen Winter hindurch haben die Damen mit großer Selbstverleugnung ihre Mußestunden dem Anfertigen von Halstüchern, Pulswärmern und Westen gewidmet und seit 8 Monaten freiwillig auf alle Vergnügungen seligen Angedenkens verzichtet, um nur von den draußen im Felde Stehenden zu sprechen und für sie zu arbeiten. Die feinen Finger strickten und häkelten und dienten auf diese Weise dem Vaterlande. Das verdient doch eine Belohnung: Und der Frühling bringt sie. Die Freuen zeigen wieder ein ganz klein wenig Freude am hübschen Anziehen. Schon sieht man überall auf den Verkaufstischen und bei den Schneiderinnen die leichten Leinen, Batiste und feinen Spitzen liegen, und bei den Putzmacherinnen weiden sich die Augen an den blumenbesetzten Hüten. Wir werden eine neue, eine deutsche Mode in diesem Sommer bekommen. Vielleicht eine Schützengrabenmode? Ach nein! Aber beinahe könnte man es glauben, so kurz sind die Röcke und so hoch die Stiefel! Aber die Mode ist es sich schuldig, jede schmerzhafte Erinnerung aus ihrem Gesichtskreis zu verbannen! Heute kämpfen wir noch, aber morgen rufen wir: „Sieg!"
Die Kleider sind reizend und eigenartig mit ihren weiten Röcken, die die engen winterlichen verdrängt haben, ohne sich aber deswegen bis zur Krinoline zu versteigen. Immerhin haben manchen den liebenswürdigen Umfang von 4 bis 41/2 Metern. Die einen verlegen ihre Weite – Bäuerinnenröcken ähnlich – um die Taille herum, andere sichern sie sich durch mehr oder weniger breite Falten. Es gibt auch solche, bei denen die Weite von einem um den Oberkörper fest herumgelegten Mieder ausgeht. Manche sind gerade, andere schräg geschnitten, was ihnen gestattet, tütenförmige Falten zu bilden, die zusammen mit Volants die größten Triumphe davontragen. Fast alle beschließen jedoch ihre Laufbahn dort, wo der hohe Stiefel die seinige beginnt.
Dagegen verlängern sich die Aermel zusehends und fallen graziös auf die Hände herab. Die meisten Blusen lassen die Körperformen vorteilhaft zur Geltung kommen, manche haben Kragen, andere jedoch bleiben dem dreieckigen Halsausschnitt getreu.
Um die Harmonie dieser weiten, kurzen Kleider zu vervollständigen, werden schöne Seiden für die schwarzen Lackstiefel am Tage und die gekreuzten Kattune des Abends verwandt. Für Schneiderkleider gibt man Serge und Wolle den Vorzug. Immerhin braucht man sich mit dem Weitermachen der Kleider noch nicht allzusehr zu beeilen. Es gibt noch eine ganze Menge von Schneidern und Schneiderinnen, die den Saum der Röcke nur aus dem Grunde eng lassen, um ihre Kundinnen am Fortlaufen zu verhindern. Denn es gibt nichts Häßlicheres als eine Frau, die zu große Schritte nimmt.
Und die Hüte? Das ist ein sehr unterhaltendes Kapitel, wenn die kleinrandigen auch im allgemeinen Herrscher zu sein scheinen. Garniert wird nur wenig, denn der Reiz liegt hauptsächlich in den Farben, die sehr kühn sind. Viele Bänder, Schleifen, Schluppen, die sogar zum Schmuck der Hutnadeln verwandt werden. Bisweilen schlängeln sich auch zwei parallel laufende Kränze von Feldblumen um die hohe, runde Hutform herum: Primeln, Veilchen, Anemonen, Reiher und Federn scheinen etwas vernachlässigt zu werden. Der Blumenschmuck ist billiger und schon aus diesem Grunde für die jetzige Zeit praktischer.
(Bonner Zeitung)
Scharfer kalter Märzwind stritt gestern mit warmem Sonnenschein um die Herrschaft des Tages. Wo der Wind, der aus Nordosten kam, einen faßte, erschauderte man vor Kälte bis ins Mark. Wo die Sonne im Windschutz strahlte, war es mollig warm. In der Nacht, auch schon in den vorhergehenden Nächten, fror es wie mitten im Winter. Die Fenster zeigten in Ostlage Eisblumen. Ein selten klarer Tag war gestern. Vom Kreuzberg aus sah man Köln mit allen seinen Türmen, mächtig überragt von seinem Dom, und auf diesem sogar, auf der First des Kirchenschiffes den Dachreiter; eine Seltenheit.
Der Kreuzberg war gestern das Ziel vieler frommer Beter, die am Palmsonntag, als den letzten Fastensonntag hierhergekommen, um ihre Andacht zu verrichten. Bis spät in den Abend zogen kleinere und größere Gruppen betend den Berg hinan und zur Wallfahrtskirche. Dem Ernst der Zeit entsprechend fehlten die Fastenbrezeln sowie alle Verkaufsstände.
Der geschäftsoffene Sonntag hatte gestern viele Käufer nach Bonn geführt. Vom frühen Morgen schon an zogen aus der Umgegend die Menschen in überfüllten Zügen und kleinen und großen Trupps in die Stadt, um am Nachmittag mit Paketen geladen heimzukehren. Die Abendzüge waren derart besetzt, daß die Zugbeamten die Heimreisenden kaum unterzubringen vermochten.
Zusammensetzung des Einheitsbrotes. Nach einer Bekanntmachung des hiesigen Landrats wird mit der Zustimmung des Regierungspräsidenten bestimmt, daß bis auf Weiteres Feinbrot aus 10 Teilen Weizenmehl, 20 Teilen Roggendoppelschrot und 10 Teilen Kartoffelmehl bereitet wird. Schwarzbrot ist bis auf Weiteres aus 80 Teilen Roggenschrot, 10 Teilen Weizenmehl oder Weizenschrot und 10 Teilen Kartoffelmehl herzustellen. (Siehe Bekanntmachung im Anzeigenteil)
Ein Nichtrauchertag. Die Raucher von Breslau beabsichtigen, am 6. Mai, dem Geburtstag unseres Kronprinzen, einen allgemeinen Nichtrauchertag zum Besten unserer tapferen Truppen im Felde einzurichten. Jeder Raucher, ob arm oder reich, soll seinen Tagesverbrauch an Tabak, Zigarren oder Zigaretten gewissenhaft berechnen und das Geld für den 6. Mai bereit halten. Die Tabakindustrie wird durch diesen Nichtrauchertag keine Einbuße erleiden, da in erster Linie wiederum Rauchwaren für unsere Truppen eingekauft werden sollen. Die Breslauer Raucher hoffen, daß alle übrigen deutschen Städte dem Plane zustimmen werden und auch ihrerseits am 6. Mai einen solchen Nichtrauchertag veranstalten. Man hofft auf diese Weise einige Millionen Mark zum Besten unserer im Felde stehenden Soldaten aufzubringen.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Hauptvorstand vom Eifelverein hielt gestern Mittag im Bonner Bürgerverein eine Sitzung an, die der stellvertr. Vorsitzende Dr. Andreae leitete. Die Versammlung genehmigte nachträglich die Zeichnung von 50.000 M. auf die Kriegsanleihe. Der Rechnungsabschluß wurde in der vorgelegten Form genehmigt. Das Vereinsvermögen beträgt 59.000 M. Dann wurde Bericht erstattet über die einzelnen Gebiete der Vereinstätigkeit. Von der geplanten Herausgabe eines Eifelführers in französischer Sprache wurde Abstand genommen. Die Sommerfrischen sollen auch im kommenden Jahr offen gehalten werden. Die Instandsetzung der Oberburg in Manderscheid, die 6 ½ tausend Mark kostet und für die gestern ein Vorstandsmitglied 1500 M. zur Verfügung stellte, soll sofort in Angriff genommen werden. Die Hauptversammlung soll am Sonntag nach Pfingsten in Wittlich abgehalten werden. Folgender Antrag der Ortsgruppe Bonn:
„Die zum Militärdienst eingezogenen Vereinsmitglieder sind von den Ortsgruppen allgemein für das laufende Jahr von der Zahlung der Vereinsbeiträge freizustellen. Für diese Mitglieder sind von den Ortsgruppen Beiträge an den Hauptverein nicht zu entrichten“ wurde in dem Sinne angenommen, daß es jeder Ortsgruppe überlassen bleibt, die Mitglieder von der Zahlung der Beiträge zu befreien.
Weil er „geschwefelte“ Leberwurst verkauft hatte, ist ein Metzger von hier im Januar von der Strafkammer zu einer Geldstrafe von 10 Mark verurteilt worden. Das Nahrungsmittelamt stellte auf 100 Gramm Wurst 7 bis 8 Milligramm schweflige Säure fest. Der Angeklagte legte gegen das Urteil Berufung ein, weil er die Säure der Wurst nicht „zugesetzt“, sondern nur Schwefeldämpfe beim Räuchern verwendet habe, wie das bei den Bonner Metzgern seit über 10 Jahren üblich sei. Das Reichsgericht verwarf die Berufung mit der Begründung, jeder Schwefelsäurezusatz zur Wurst sei strafbar, gleichviel, ob die Säure durch das Räuchern oder auf andere Weise in die Wurst eingedrungen sei. Daß das Schwefeln bei den Bonner Metzgern üblich sei, schütze den Angeklagten nicht vor Strafe.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 30. März 1915
Keine besonderen Osterliebesgaben-Sendungen. Wie aus verschiedenen Zeitungsanzeigen ersichtlich ist, werden anläßlich des bevorstehenden Osterfestes größere Liebesgaben-Paketsendungen für die Feldtruppen geplant und Aufrufe zur Sammlung von Geldspendungen für diese Zwecke erlassen. Die Heeresverwaltung macht wiederholt darauf aufmerksam, daß es nicht angängig ist, besondere Liebesgaben-Sendungen an die Front zu schicken. Weder die Militärpaketdepots noch die Güterabfertigungsstellen übernehmen die Vorführung derartiger besonderer Transporte. Eine Massenauslieferung von Osterpaketsendungen würde eine Sperrung des Militär-Paketdepots nach sich ziehen können. Soweit Sammlungen für Osterliebesgaben bereits im Gange sind, sind die Pakete auf dem einzig zulässigen Wege, nämlich durch die im Bezirke stellvertr. Generalkommandos errichteten amtlichen Abnahmestellen vorzuführen. Diese Abnahmestellen sorgen für die Weiterleitung unter Berücksichtigung des Bedarfs und der Möglichkeit der Weiterverfrachtung, ohne sich jedoch an einen bestimmten Zeitpunkt, wie das Osterfest, binden zu können.
Verbot der Sendungen von Osterkarten. Ein neues Armeeverordnungsblatt enthält u.a. folgende Verordnungen: Verbot der Versendung von Oster- und Pfingstkarten, in gleicher Weise wie die Versendung von Neujahrsglückwunschkarten wird Angehörigen des Heeres auch die Versendung von Oster- und Pfingstglückwunschkarten untersagt.
Kein Osterkuchen! Man schreibt uns: Es ist eine durch alte Gewohnheit geheiligte schöne Friedenssitte, alle Hauptfeste auch auf dem Familientisch mit Kuchen und Gebäck aller Art über den gewöhnlichen Alltag hinauszuheben. Niemand wird an ihr, schon wegen der Kinder, in gewöhnlichen Zeiten rütteln wollen. Im Frieden ist die Kuchenbäckerei Privatsache und jede Hausfrau hat frei, selbst zu entscheiden, ob sie einen oder mehrere Kuchen backen oder beim Bäcker bestellen will. In diesem Kriegsjahr ist es anders. In ihm müssen wir wohl auf vieles, auch wichtiges verzichten. Wir werden uns daher auch beim Osterfest von liebgewordenen alten Gewohnheiten, so selbstverständlich sie uns auch erscheinen mögen, trennen können. Kuchen, ob sie im eigenen Haus von den eingelegten Mehlbeständen gebacken oder in Konditoreien aus Bananen-, Reis- oder Maismehl, Eiern und Schlagsahne hergestellt werden, bedeuten einen unzeitgemäßen Aufwand, da sie nicht aus Nahrungsbedürfnis, sondern darüber hinaus aus Wohlgeschmack verzehrt werden. Ein jeder weiß aber, wie bitter Not Sparsamkeit mit allem, insbesondere mit Eiern, Sahne und Mehl jeder Art uns tut. Es sollte daher die Herstellung von Osterkuchen in diesem Jahr unterbleiben und die Festlichkeit des Ostertisches stattdessen durch Zugabe von Honig und Fruchtmarmeladen zum gewöhnlichen Kriegsbrot hergestellt werden!
In den Lichtspielen (Stern) wird in dieser Woche das große Drama aus der Zeit der Christenverfolgung „Quo vadis?“ in vollständig neuem Gewande vorgeführt. Außerdem gelangt ein Film zur Vorführung, der auch das Interesse der Besucher erregen wird: „Der Sanitätshund im Kriegsdienst“.
Kanonen, Kochlöffel und Pflugschar! Der bayrische Abgeordnete Steets hat in den letzten Tagen Vorträge über die sozialen und wirtschaftlichen Maßnahmen des Bundesrates gehalten. Dabei sagte er u.a. Jeder Haushalt müsse jetzt in Kriegszustand gesetzt werden. Kanonen, Kochlöffel und Pflugschar seien die drei Faktoren, die uns den Sieg erringen werden. Ein gutes, beherzigenswertes Wort!
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Pfadfinder-Uebungen. Da demnächst der stellvertr. Landes-Feldmeister Dr. Brunzlow erwartet wird, macht sich beim Pfadfinderkorps eine lebhafte Uebungstätigkeit bemerkbar. An die große Sanitätsübung vom vorletzten Sonntag schloß sich am Samstag ein Uebung gegen die Höhe über Godesberg, die besonders den Radfahrer-Vortrupps Gelegenheit zu wirkungsvollem Eingreifen bot. Eine weitere Uebung unter Führung der 4. Kompagnie und Beteiligung aller Kompagnien findet am Mittwoch nachmittag statt.
Sollen wir Ostereier essen? Wir haben bisher Darlegungen veröffentlicht, die sich gegen das gefärbte Osterei richteten. Nun mehren sich aber die Angaben, daß wir Eier genug haben, daß wir also auf unser geliebtes Osterei nicht zu verzichten brauchen. So schreibt ein Einsender dem Berl. Lok.-Anz.: In Berlin wurden in der Zeit vom 12. d. Mts. bis zum 19. d. Mts. also in einer Woche ca. 200 Waggonladungen Eier, darunter etwa die Hälfte Doppelladungen zugeführt. Der Inhalt einer Ladung beträgt ca. 60 Kisten, einer Doppelladung ca. 110 Kisten; im Durchschnitt also ca. 85 Kisten pro Wagen, oder im ganzen 17.000 Kisten. Eine Kiste enthält 1440 Stück. Es sind somit in einer Woche in Berlin eingeführt worden 17.000 Kisten à 1440 Stück = 24.480.000 Eier. Nimmt man die Bevölkerung von Groß-Berlin und seinen weiteren Vororten mit 3 ½ Millionen an, so ergibt sich pro Tag und Kopf der Bevölkerung ein Ei. Es kann also jedermann, ohne Kranke und Schwache zu schädigen, täglich ein Ei essen. Gerade in der jetzigen Jahreszeit kommt das Ei ganz frisch an den Markt, ist darum sehr fein im Geschmack und äußerst nahrhaft. Die weitere Zufuhr dieses für die Volksernähring so wichtigen Lebensmittels ist dauern gesichert. Während Ungarn sonst seine Hauptproduktion nach England, Frankreich und Belgien exportiert, liefert es jetzt ausschließlich nach Deutschland. Dazu kommen die großen Importe aus Dänemark, Schweden, Holland, und schließlich bleibt noch die gerade in den nächsten Monaten sehr starke Inlandsproduktion, so daß von einer Knappheit in Eiern in absehbarer Zeit gar keine Rede sein kann. Würde nur jeden fünften Tag ein Ei pro Kopf verbraucht werden, so müßten innerhalb fünf Tagen vier Eier pro Kopf der Bevölkerung zugrunde gehen, oder auf 3 ½ Millionen Einwohner 14.000.000 Eier. Da Eier leicht verderblich sind und nicht aufgespeichert werden können wie etwa Dauerwurst oder Dörrgemüse, so würden in fünf Tagen, das Ei zu 10 Pfg. gerechnet, 1.400.000 Mark dem Volksvermögen entzogen werden. Es kann also nicht dringend genug empfohlen werden, Eier zu essen; gerade dieser Artikel ist jetzt im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln sehr wohlfeil geworden und wird täglich aus dem Auslände neu ersetzt. Die Eierimporteure Berlins sind in der Lage, mit Leichtigkeit noch erheblich größere Mengen an den Markt zu bringen, sobald der Konsum das verlangen sollte. Wenn also die Hausfrau und Mutter ihre Kinder zum Osterfest durch Schokoladeneier und sonstige Süßigkeiten erfreuen will, so läßt sich nichts dagegen einwenden, aber als Nahrungsmittel allerersten Ranges steht das Hühnerei obenan, und niemand braucht sich den Genuß desselben verkürzen zu lassen.
Kälte. In vergangener Nacht sank das Thermometer am Wetterhäuschen im Hofgarten auf 2 Grad unter Null.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Bonner Wehrbund beteiligte sich unter der Führung von Herrn Geheimrat Brinkmann am Samstag und Sonntag an einer Geländeübung in größerem Verbande, die auf Anregung von Düsseldorf im Siebengebirge stattfand. Am Samstag abend vereinigten sich Teile des Bonner Wehrbundes mit den Freiwilligen-Regimentern und Jugendkompagnien von Düsseldorf, Beuel, Godesberg und anderen Orten der Umgegend in Niederdollendorf, um im Nachtgefecht den durch die Jugendwehren von Königswinter, Rhöndorf, Honnef und anderen rechtsrheinischen Ortschaften besetzten Petersberg zu erstürmen. Gegen 10 Uhr führte die Siebengebirgsbahn die Bonner aus Königswinter zurück, während die Düsseldorfer später in den verschiedenen Ortschaften Quartier bezogen. Am Sonntag vormittag galt es, den Gegner, der sich auf der Linie Drachenberg-Hirschberg-Ofenkaule festgesetzt hatte, umfassend anzugreifen und auf dem Drachenfels einzuschließen. Litt die Uebung am Samstag abend einigermaßen unter dem Mangel einheitlicher Leitung, so wurden diese Fehler am Sonnatg glücklich vermieden. Die Uebung gestaltete sich infolgedessen für alle Teilnehmer sehr lehrreich und anregend. Die Bonner Abteilungen, die morgens um 8 Uhr mit der Eisenbahn von Beuel nach Königswinter befördert worden waren, trafen nachmittags bereits um 3 Uhr nach flottem Rückmarsch wieder in der Stadt ein.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 31. März 1915
Im Interesse der Landesverteidigung muß jeder Rückgang in der Fertigung der Heeresbedürfnisse, insbesondere der Munition, vermieden werden. Hierzu ist es erforderlich, daß auch die in der Heimat stehenden Männer hinter ihren im Felde stehenden Brüdern an Opferwilligkeit nicht zurückstehen, sondern sich bereit finden, während der bevorstehenden Feiertage den dringen nötigen Heeresbedarf zu fertigen. Daher werden die deutschen Arbeiter dem Wunsche der Heeresverwaltung, die Arbeit während der bevorstehenden Feiertagen in den staatlichen Betrieben als auch in den mit Heereslieferungen betrauten Privatfirmen nur am ersten Feiertag ruhen zu lassen, gern entsprechen.
Fahnen heraus am Bismarcktage. Berliner Blätter teilen mit, daß die Stadt Berlin zur Feier von Bismarcks 100. Geburtstage beflaggt sein wird. Auch die Stadt Bonn wird diesen bedeutungsvollen Tag wohl im Schmucke der vaterländischen Fahnen sehen.
Bismarckfeier des Städtischen Gymnasiums und Realgymnasiums. Kein im üblichen Rahmen sich bewegender Schulakt in der Aula war es, durch den das Städtische Gymnasium den 100. Geburtstag Bismarcks feierte. Der ganze letzte Schultag wurde dem Gedächtnis des großen Kanzlers gewidmet. Um 9 Uhr zog die Schülerschar unter Führung der Lehrer, die Schulfahne voraus, den Rhein entlang zur Bismarcksäule. Mit Richard Dehmels „Gebet ans Volk“ leitete der Chor die Feier ein. Wohlgelungene Gedichtvorträge („Wo Bismarck siegen soll“ und „Bismarck als Führer zum Siege“) atmeten den Geist, der alle an diesem Festtag beseelt. Machtvoll drang die Ansprache des Direktors Dr. Riepmann in die Herzen der um die Säule gescharten Zuhörer. Wie die alten Germanen ihren Göttern in der freien Natur, in Hainen und auf Bergeshöhen ihre Huldigung dargebracht hätten, so feierten auch wir den ganz großen Helden unseres Volkes am würdigsten unter freiem Himmel, dort, wo ein wuchtiger Turm oder eine Riesensäule ihre überragende Größe der Nachwelt versinnbildlicht. So großes die Helden der Befreiungskriege, deren Andenken die Schule vor 1 ½ Jahren auf der Terrasse des Drachenfelses gefeiert hat, geleistet haben, das größte Ziel, die staatliche Einigung der verschiedenen deutschen Stämme, war einem Größeren zu erreichen, vorbehalten. Daher ist Bismarck kein Mann der Vergangenheit, sondern eine Gegenwartsgröße. Er lebt in uns und ist ein Volksheld geworden. Gerade in unserer großen, eisernen Zeit wird uns die belebende Kraft, die von seiner Persönlichkeit und seinem Werk ausströmt, besonders kund in der festen Zuversicht, die Heer und Volk beseelt, daß der stolze Bau, den des Reiches Baumeister geschaffen, alle Stürme überdauert und gefestigt daraus hervorgeht. Mächtig ertönte der Heilruf, in dem die Versammelten dem Gefühl der Dankbarkeit und Verehrung Ausdruck verliehen, begeistert erklang das gemeinsame Lied: „Deutschland, Deutschland über alles“. Die rauschenden Wogen des Rheins gaben den Rhythmus, die Sonne sandte Strahlen der Verheißung, die lichtdurchflutete Landschaft verlieh der Feier eine weihevolle Stimmung. Auf dem Rückmarsch gab sich die Begeisterung der Schüler noch in manch flott gesungenem Lied, so auf Hindenburg und Zeppelin, kund.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Stadttheater. Mit der Aufführung des Müller-Schlösser’schen „Schneider Wibbel“ schließt heute die Reihe B. Nicht ohne Berechtigung haben viele Bühnen dieses Stück gerade im Kriegswinter neu eingeübt. – Schildert es doch in seiner Weise das französische Joch, unter dem unsere Rheinlande vor hundert Jahren seufzten. Der echt rheinische Humor treibt in diesem harmlosen Volksstück reiche Blüten. Mit Rücksicht auf die nahenden Ostertage und zum Abschluß der Spielzeit, die durch einige Feiertagsvorstellungen verlängert werden dürfte, soll morgen, am Gründonnerstag noch einmal „Faust“, und zwar als Volksvorstellung gegeben werden, eine Veranstaltung, welche alle Freunde klassischer Werke mit Freuden begrüßen werden.
Die belgische Zichorie. Nach Meldungen aus Belgien wird dort bereits jetzt im großen Maßstabe ein Gemüse gesammelt und auch für die Ausfuhr auch Deutschland vorbereitet, das man bei uns kaum kennt, obwohl es einer weiteren Verbreitung wert wäre: die Zichorie. Bei uns in Deutschland kennt man diese Pflanze nur als Kaffee-Ersatzmittel, oder als farbgebenden Zusatz zu allerlei Kaffee-Essenzen. Die junge Zichorienwurzel, die der Wurzel des Löwenzahns oder der Schwarzwurzel sehr ähnlich ist, liefert dagegen, wenn sie in jungem Zustande, bevor sie etwas hart zu werden beginnt, ein überaus feines, schmackhaftes Gemüse, dem außerdem noch eine medizinische Wirkung zukommt. Es kann weil Schwarzwurzel in einer mit Mehl gespeisten Buttertunke, oder abgekocht und mit brauner Butter begossen zubereitet werden. An manchen Orten kennt man ja den Zichorientee als Mittel gegen die Bleichsucht, sowie als Blutreinigungsmittel. Man kann deshalb den Gartenbesitzern nicht eindringlich genug den Anbau dieser Gemüseart empfehlen. Gerade jetzt wäre die richtige Zeit dazu.
Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtische Realschule. Aus dem Jahresbericht ist folgendes zu entnehmen: Die Mobilmachung brachte für das Schulleben durchgreifende Veränderungen. Von den neun angestellten Lehrpersonen sind bis heute fünf zum Heeresdienste einberufen, zwei davon verwundet und einer von diesen ist mit dem Eisernen Kreuzeausgezeichnet worden. Sechs Schüler meldeten sich zum freiwilligen Heeresdienst. Von den früheren Schülern starben sieben den Heldentod, während noch drei als vermißt bezeichnet werden. An den Uebungen des Wehrbundes, an der Woll- und Goldsammlung beteiligten sich die Schüler mit großem Eifer. Die Goldsammlung ergab in einer Woche die Summe von über 18.000 Mark. Durch Entscheidung des Kgl. Provinzialschulkollegiums in Koblenz vom 4. Februar 1915 wurde der Antrag auf Ausbau der Realschule zur Oberrealschule in dem jetzigen, durch einen Aufbau zu vergrößernden Gebäude abgelehnt und als Bedingung ein Neubau verlangt. Am Schlusse des Schuljahres erhielten 14 Schüler das Zeugnis für den einjährig-freiwilligen Dienst. Die Schülerzahl betrug im Winterhalbjahr 192. Neuanmeldungen werden Mittwoch, den 14. April, von 10 – 1 Uhr, im Schulgebäude entgegengenommen. Die Aufnahmeprüfungen sind Donnerstag, den 15. April, von morgens 8 Uhr ab. Das alte Schuljahr wurde mit einer Bismarck-Gedenkfeier geschlossen.
Königliches Gymnasium zu Bonn. Dem Jahresbericht über das Schuljahr 1914 entnehmen wir: Mit dem Ende des Schuljahres 1913/14 ist Prof. Dr. Jos. Schmitz in den Ruhestand getreten. Am Freitag den 3. April 1914 schloß das Schuljahr mit der feierlichen Entlassung von 41 Abiturienten. Schon am Spätnachmittag und am Abend des 1. August erhielten zahlreiche Schüler der oberen Klasse Urlaub, um sich als Kriegsfreiwillige zu stellen. Am 3. August begannen die Notreifeprüfungen. Insgesamt haben 32 Oberprimaner und 3 Unterprimaner die Notreifeprüfung bestanden, dazu ein Auswärtiger. Ferner meldeten sich 35 als Kriegsfreiwillige und 4 erhielten das Einjährigen-Zeugnis. Mit dem Ausbruch des Krieges traten acht vollbeschäftigte Lehrer in das Heer ein, drei Schüler sind bereits den Heldentod gestorben. Für die Goldsammlung haben die Schüler der Anstalt bis jetzt 85.000 Mark an die hiesige Reichsbankstelle abgeliefert. Zwei Lehrern wurde das Eiserne Kreuz verliehen.
Die ersten Maikäfer haben Schulbuben gestern auf den Venusberg gefunden.
Bauernregeln im April: Dürre im April, kein Bauer will. – Aprilregen verheißt Segen. – Ist der April nicht gut, schneit’s dem Hirten auf den Hut. – Der Fledermäuse Abendflug macht’s Wetter im April sehr gut. – Auf Aprildonner folgt der Sommer. – St. Georgi und Marks (25.) machen oft noch Arg’s.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)