Samstag, 1. Mai 1915
Kriegs-Koch-Kurse. Angeregt durch das Beispiel anderer Städte wurden auch hier in Bonn durch den Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe schon im Februar ds. Js. Koch-Kurse eingerichtet. Dieselben bezwecken, Frauen, besonders minderbemittelten, Anleitung und Belehrung zu geben, wie sie in dieser wirtschaftlich schweren Zeit mit kleinen Mitteln wohlschmeckende, gesunde und genügend ernährende Mahlzeiten bereiten können; auch wurde hierbei besonderen Wert auf die Benutzung der Kochkurse gelegt. Die von tüchtigen Hauswirtschaftslehrerinnen geleiteten Kurse umfassen 12 Abende, die auf vier Wochen verteilt, 20 – 22 Frauen oder Töchtern Gelegenheit zur Teilnahme geben. Die bereiteten Gerichte werden nach der Arbeit gemeinsam als Abendbrot verzehrt und hierfür 15 Pfg. entrichtet. Der Ausschuß kann bei diesem Unternehmen auf ein gutes Ergebnis zurücksehen, der 5. Lehrgang konnte in diesen Tagen beginnen.
Im Metropoltheater sind neu eingetroffen interessante Aufnahmen von: Kaiser Wilhelm, Prinz Heinrich und der Kronprinz bei Exzellenz von Mudra im Lager. Außerdem wird noch ein vorzügliches Programm gezeigt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Mai ist gekommen. „Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus!“ Wir alle haben es einmal aus Herzensgrund gesungen und Kindheits- und Jugenderinnerungen verknüpfen sich mit diesem köstlichen Frühlings- und Wanderlied. Da die frische Weise zum Volkslied geworden ist, kennen nur wenige den Komponisten. Es war ein aus Osnabrück gebürtiger Student der Theologie namens Justus Wilhelm Lyra, der im Jahre 1882 als Pfarrer zu Gehrden in der Provinz Hannover starb. Er studierte in Bonn und gehörte der Burschenschaft Alemannia an, die an ihrem Kneiphause zum Gedächtnis bekanntlich die Büste Lyras aufgestellt hat. Einer seiner Bonner Studienfreunde, A. Andrae, erzählt in seinen Lebenserinnerungen mit Entzücken von den musikalischen Abenden, die der junge Liederkomponist auf seiner schlichten Bude in Bonn zu veranstalten pflegte. Lyra bewohnte im Sommer ein kleines Hinterstübchen, dessen eine Wand von einem großen alten Flügel eingenommen wurde. Eines Abends fanden sich so viele junge Musikfreunde dort ein, daß die vier Studenten, die das Gesangsquartett bildeten, und auch eine Anzahl der Gäste aus dem Fenster auf das benachbarte Dach stiegen, wo die Kunstübung (...) bis Mitternacht fortgesetzt wurde. Nach und nach öffneten sich ringsum alle Fensterläden, Lichtglanz drang aus den Stübchen, und eine andächtige Zuhörerschaft ließ es an dankbaren Beifallsbezeugungen nicht fehlen. In dieser glücklichen Bonner Zeit gab Lyra auch ein kleines Buch „Deutsche Lieder nebst ihren Melodien“ heraus, das schnell Verbreitung fand. Es enthielt manche seiner eigenen, später so bekanntgewordenen Lieder wie eben unser „Der Mai ist gekommen“, ferner „Zwischen Frankreich und dem Böhmerwald“, „Mag der Wind im Segel beben“, „Wo solch ein Feuer noch gedeiht“ oder Goethes „Es war einmal ein König“. Seinen Namen aber setzte der bescheidene junge Tonkünstler nicht darüber. Man findet ihn nur wie beiläufig erwähnt im – Druckfehlerverzeichnis. Dort heißt es: „Die neuen Melodien Nr. so und so sind von S. W. Lyra“. Später hat er sich ganz der geistlichen Musik gewidmet, und von seinen Kompositionen, für die sich ein Verleger erst nach seinem Tode fand, erschien schnell die zweite Auflage. Sein äußerer Lebenslauf war, wie er im Kriegsjahr 1870 einem Freunde schrieb, „eine Bahn mit Hindernissen“. Er war 45 Jahre alt geworden, als die Behörde ihn ins Amt berief. Von der Stelle, die ihm zuteil wurde, sagt er: „Sie bietet keinen Ueberfluß, und ihre Dotation ist nicht zu messen nach dem Maßstabe, den man in Pommern und namentlich z.B. auf der Insel Rügen anzulegen pflegt; aber sie bringt mich auch nicht in die Versuchung, den Pfarrer über der Ackerwirtschaft zu vergessen.“
Gern sangen die Alemannen aus frischen Burschenkehlen zur Begrüßung des Wonnemonds das Lied ihres Alten Herrn. Diesesmal sind sie jedoch meist draußen im Felde, im Kampfe für’s Vaterland, und die Walpurgisnacht, die sie mit vielen anderen Verbindungen sonst auf der Godesburg zu verleben pflegten, findet sie bis auf wenige, die auch noch hinaus wollen zu Kampf und Sieg, im ernsten Ringen mit dem Feinde. Und gar mancher junge Mund ist schon verstummt, der sonst im Chorus die schöne Weise mitgesungen hätte. Aber für alle ist doch der Mai gekommen – die sichere frohe Hoffnung, daß die Feinde ringsum niedergerungen werden. Und dazu ist die Melodie unserer Mörser, die jetzt auch vor Dünkirchen klingen, just die richtige Weise.
Eine verabscheuungswürdige Handlungsweise nannte der Vorsitzende des Schöffengerichts gestern das Vergehen zweier junger Mädchen, die für das Rote Kreuz angeblich Bilder verkauft und dabei über 300 Mark gesammelt, aber nicht abgeliefert hatten. Sie hatten das Geld eingestandenermaßen in ihrer Haushaltung verbraucht. Trotzdem die beiden jungen Mädchen noch nicht bestraft waren, erkannte das Gericht gegen sie auf eine Gefängnisstrafe von je einem Monat. Weil sie ohne Gewerbeschein Bestellungen aufgesucht hatten, wurde jede von ihnen außerdem noch zu 5 Mark Geldstrafe verurteilt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Bestellung der Felder ist nunmehr beendet. Die Getreidefelder prangen bereits in saftigem Grün und viele Gemüsearten sind in ihrem Wachstum schon erheblich vorgeschritten. Bald werden die ersten Salatpflänzchen (Hofsalat) und die ersten Rübstiel geerntet werden können. Die Kartoffeln konnten infolge der anhaltend nassen Witterung und unserer meist schweren Bodenverhältnisse erst spät – fast einen Monat zu spät – gepflanzt werden. Die Reife wird ja zur bestimmten Zeit eintreten, aber die Früchte werden, wenn sie alsdann gleich geerntet werden, klein sein. Nichtfachleute, die recht früh Kartoffeln gepflanzt haben, werden teilweise Enttäuschung erleben. Haben sie die Saat zu tief gepflanzt, so kann sie infolge des nassen Wetters verfault sein, wurde sie nicht tief genug gelegt, so kann sie infolge der Nachtfröste erfroren, auch die Keime können durch Nachtfrost zerstört worden sein.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Briefe, die Unheil stiften, werden jetzt leider viel ins Feld geschickt. Frauen und sonstige Anverwandte unserer Krieger halten sich für verpflichtet, dem draußen Kämpfenden ein möglichst „getreues“ Bild der häuslichen Verhältnisse zu liefern. Manche sind gar nicht imstande, ihre eigenen Verhältnisse richtig einschätzen und beurteilen zu können; andern fehlt die Fähigkeit, richtig wiederzugeben, was eigentlich ist. Sie alle aber wollen schreiben. Und schreiben nun darauf los. Einige, was sie gehört oder irgendwo gelesen, andere auch, wie ihre blühende Phantasie sich eine schreckhafte Entwicklung ausdenkt. Wirklichkeitsschilderungen sind schwerer, als die meisten ahnen. Jeder glaubt auch noch etwas „retouchieren“ zu müssen, wenn er die Lage daheim darstellt. Welches Unheil mit solchen Briefen angerichtet wird, ahnt wohl selten einer. Der Empfänger denkt sich selbstverständlich noch alles schlimmer, als der unfähige Briefsteller angibt, was auf den Gemütszustand des Heimgesuchten auch nicht günstig einwirken kann. Schlimmer freilich es noch, wenn solche Briefe in die Hände unserer Feinde gelangen, wie vielfach geschehen ist. Sie werden dann in ihrem Wahne bestärkt, unsere Widerstandskraft sei erschöpft und müsse nun bald zusammenbrechen. Das ermuntert sie zu immer weiterem Durchhalten. Unsere Not ist wohl groß, aber nicht unüberwindlich, unser Volk hat schlimmere Zeiten durchlebt, als die jetzigen. Etwas mehr Mut und Zuversicht dürfen unsere Kämpfer draußen, die täglich den Tod vor Augen haben, auch von den Daheimgebliebenen verlangen. Besonders die deutsche Frau sollte sich auf die Tugenden der bedeutendsten Frauen ihres Volkes besinnen und dem Mann mit gutem Beispiel vorangehen. Ich habe Briefe gelesen von Arbeiterfrauen, die von ganz anderem Geiste getragen waren, die nicht klagten, sondern den im Felde Weilenden noch aufzurichten suchten, nicht durch phrasenhaften Zuspruch, sondern lediglich durch die schlichte Darlegung ihrer Bestrebungen zur Erhaltung der Familie, ihres Bemühens, dem Heimkehrenden ein Willkomm in seinem Heim bieten zu können Das sind Briefe, die den F(???) stärken und dem Feinde Achtung abgewinnen, wenn sie ihm in die Hände fallen. Die andern dagegen sollten einfach verboten werden. Urban.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 2. Mai 1915
Bonner Bücher- und Lesehalle. Die Benutzung der Bonner Bücher- und Lesehalle war in den letzten Monaten wieder eine erfreulich rege. Besonders nimmt die Zahl der militärischen Besucher ständig zu, fast jeden Tag finden sich neue „feldgraue“ Leser ein, die hier Zerstreuung und Belehrung suchen. In den letzten Tagen ist ein Neudruck des Kataloges der Bücherei herausgegeben worden, er weist gegenüber der letzten Ausgabe wieder eine stattliche Anzahl von neuen und neuesten Erscheinungen des Büchermarktes auf. Eine besonders wertvolle Bereicherung erfuhr die Bücherei der Lesehalle vor kurzem von seiten des Herrn Oberbürgermeisters Spiritus, der ihr die große zehnbändige Ausgabe der Werke Friedrichs des Großen mit den Illustrationen von Adolf Menzel als Geschenk überwies.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")
Das Schöffengericht verurteilte gestern einen Bäcker aus Godesberg, der dem Brot keinen Kartoffelmehlzusatz gegeben hatte, zu 120 Mark Geldstrafe.
Wegen Körperverletzung hatte sich gestern ein jugendlicher Fabrikarbeiter aus Mehlem vor der Strafkammer zu verantworten. Er hatte einen Mitarbeiter tagsüber während der Arbeit gehänselt und ihm abends auf der Straße mit einem Messer einen Stich versetzt. Die Strafkammer verurteilte den Angeklagten gestern mit Rücksicht auf sein jugendliches Alter zu einer Gefängnisstrafe von nur sechs Monaten. Der jugendliche Verurteilte erhält einstweilen Strafaufschub und der Vorsitzende stellte ihm in Aussicht daß er bei dauernd guter Führung begnadigt werden könnte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 1. Mai. Das übliche Maiansingen auf dem Godesberg wurde in der verflossenen Nacht nur von dem Männergesangsverein Cäcilia ausgeführt. Es war dies das 75. Mal, daß der Verein den Mai vom Godesberg aus begrüßt hat. Von der sonst üblichen Festfeier hatte man in Anbetracht der ernsten Zeitlage abgesehen. Mit dem Schlage Zwölf fanden sich nach altem Brauch auch wiederum studentische Korporationen aus Bonn mit ihren Lampions auf dem Berge ein. Nach der üblichen Maipauke stieg das ewig junge Lied von Lyra „Der Mai ist gekommen“. Die schlichte eigenartige Feier fand ihren Ausklang in dem Wunsche daß mit dem Wonnemonat auch bald die Segnung eines ehrenvollen Friedens für unser Vaterland einkehren möchte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
Einen Selbstmordversuch verübte gestern abend in der Gronau ein etwa 21 Jahre altes Mädchen der Koblenzerstraße. Sie brachte sich einen Brustschuß bei und wurde zum Krankenhaus gebracht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Montag, 3. Mai 1915
Der erste Maisonntag. Mit welchen Hoffnungen sah man dem ersten Sonntag im Mai entgegen. Das schöne Frühlingswetter in voriger Woche berechtigte zu den besten Erwartungen auf einen genußreichen Sonntag draußen in der knospenden Natur. Man wollte sich einmal wieder erfrischen an der Pracht der in herrlicher Blüte stehenden Bäume und Sträucher. Hinaus in die Baumblüte am Vorgebirge, hinaus in das erste Grün des Siebengebirges, das sollte die Losung sein nach dem so langen und in diesem Jahre durch den Krieg besonders schweren Winter. Mit welcher Sehnsucht wurde der Frühling erwartet; mit welcher Freude seine ersten Vorboten begrüßt. „Nun muß sich alles, alles wenden!“ Die Aprilsonntage hatten ihren üblen Ruf zuschanden gemacht. Sie überraschten uns mit dem schönsten Frühlingswetter, das tausende von Menschen hinauslockte, um sich die Sonne ins Herz scheinen zu lassen. In Wald und Flur verflogen die trüben Gedanken, die der Winter in uns geweckt; sie konnten vor der lachenden Sonne nicht Stand halten. Hoffnungsfroh und hoffnungsfreudig durchwanderte man den jungen, sonnigen Frühlingswald; ergötzte sich an dem Blühen und Knospen ringsum. Vergessen waren die Alltagssorgen, vergessen auch für einige Stunden das grausame, harte Ringen an den Grenzen unseres Vaterlandes. Nur die Freude an Gottes schöner Natur war in den Menschen. Gestärkt und mit froher Zuversicht kehrte man heim, sich freuend auf den ersten Maiensonntag. Welch bittere Enttäuschung! Schon der Samstag brachte Gewitterregen und Hagelschauer. Doch noch einmal steigt die Hoffnung auf, als der Sonntagsmorgen kam, und die Sonne in leuchtender Pracht herniederschien. Wer den Sonntagmorgen zum Ausfluge benutzte, der wurde reich belohnt. Nach dem Regen am vorigen Tage war es nun eine Lust, in die Blütenpracht hinauszuwandern. In dieser reinen und klaren Luft einen Spaziergang über die Berge nach Godesberg, oder an die blütenprangenden Ortschaften der rechten Rheinseite vorbei nach dem Siebengebirge, oder durch die erquickende mit Blütenduft erfüllte Luft des Vorgebirges zu machen, das bot allen denen, die diese schönen Morgenstunden benutzten, eine innige Herzensfreude. Aber diejenigen, die sich auf den Nachmittag gefreut hatten, denen wurde der erwartete Genuß zu Wasser. Drohende Gewitter stiegen in den Nachmittagsstunden auf. Der Himmel, der am Morgen noch den Wanderern ins Herz lachte, öffnete seine Schleusen und verregnete so manche Hoffnung. Niedergedrückt aber nicht niedergeschlagen war die Freude und Zuversicht. Wenn auch der erste Maisonntag seinen Ruf nicht gewahrt hat, so stehen uns doch noch viele Maientage mit ihrer Luft und Pracht vor uns, an denen Herz und Sinne sich erfreuen können an dem Werden und Schaffen der Natur.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")
Der schönste Blütensonntag ist gestern durch die Ungunst des Wetters verdorben worden. Schon am Samstag nachmittag setzte der Mai mit Donner und Blitz, schwerem Regen und Hagelschlag ein. Gestern vormittag hielt sich das Wetter dann noch halbwegs. Am Nachmittag aber ging ein Regenguß nach dem andern nieder, wodurch das Blütenfest am Vorgebirge, wo alle Obstbäume in herrlichstem Blumenschmuck stehen, gründlich verdorben wurde. Was nur abkommen konnte, hatte sich zum Ausflug in die Baumblüte gerüstet. Schon am Morgen waren Unzählige hinausgewandert, um den ersten Maisonntag draußen zu verleben. Die schweren Regenschauer haben allen einen nassen Strich durch die Rechnung gemacht.
Der Regen an sich kommt den Gärten und dem Felde sehr gelegen; es war trocken draußen in der Erde. Seine Einwirkung ist schon an der plötzlich eingetretenen allgemeinen Belaubung augenscheinlich, und draußen in der Flur hat die junge Saat einen ordentlichen Schuß aufwärts getan. Für die sowieso um Wochen verspätet einsetzende Obstblüte – die kalten Nächte mit Nord- und Ostwinden haben sie zurückgehalten – wären einige sonnige warme Tage von großem Nutzen. Sonst können wir mit den bisherigen Maitagen zufrieden sein, denn
Mai kühl und naß
Füllt Scheuer und Faß.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vom Katholischen Frauenbund. Am 3. August 1914 begann das Büro Martinstraße 3 seine Tätigkeit – Auskunftserteilung und Arbeitsvermittlung. Während in den ersten Kriegstagen das Angebot der freiwilligen Hilfskräfte – 399 Anmeldungen – sehr stark war, dann aber allmählich abnahm, steigerte sich das Angebot von Lohnarbeit von Tag z Tag. Von den sich zur „unentgeltlichen“ Arbeit anbietenden Kräften wurden möglichst viele berücksichtigt und in Kinderhorten, Wohltätigkeitsanstalten usw. angestellt. Dann aber galt es die „entgeltliche“ Arbeit zu vermitteln.
Um den vielen Frauen, die um Näharbeit baten, gerecht zu werden, wurde die Nähstube von Frau Direktorin Heyermann, die ursprünglich freiwillige Hilfskräfte mit Nähen für Lazarettwäsche beschäftigte, in eine Arbeitsvermittlung für Heimarbeiterinnen umgewandelt. Die Mittel, um diese Heimarbeit zu unterhalten, erhielten wir zum Teil auf unsere diesbezüglichen Eingaben von der Stadt Bonn, der Kriegshilfe der Stadt Bonn und von privater Seite. Ferner Stoff und Lohn vom Roten Kreuz und Aufträge von Privatpersonen. – Am 14. November veranstalteten wir einen Verkauf der angefertigten Sachen, dessen Einnahmen erfreulich waren. Für Stoffe, Wolle usw. und Lohn wurden bis jetzt etwa 10.000 Mark verausgabt.
Es liegen an Anfragen für Heimarbeit 745 Anmeldungen vor, von denen 205 durch uns Beschäftigung erhalten haben. Davon sind etwa 160 in unsere Heimarbeitsvermittlungsstelle Thomastraße 1, die anderen in der Frauenarbeitsstätte und in Privathäusern untergebracht worden. – Ungefähr 15 Damen widmen sich der Heimarbeit, sei es im Zuschneiden, Bücher und Cartothek führen, Arbeitsausgabe, Aufträge einholen, Einkaufen, Verkaufen. (...)
Von der Heimarbeitsvermittlungsstelle aus wurden verschiedene Sendungen für die Kriegsgeschädigten und für die Front abgeschickt.
1. Im September warme Untersachen für Frauen und Kinder in Ostpreußen. Wert 190 Mark.
2. Eine ähnliche Sendung nach dem Elsaß.
3. Im Oktober durch den freiwilligen Hilfsausschuß eine Sendung an die Front (Socken, Hemden usw.)
4. Im April 3 Sendungen im Werte von je 200 Mark nach Rethel, Königsberg und an die Malthesersammelstelle in Godesberg.
Im Januar kaufte von unseren Beständen der K. F.-B. für 200 Mark Sachen auf, die nach Rethel und Snor bei Stenay abgingen.
Das Büro sah sich außerdem veranlaßt, eine Kriegsfürsorge für kränkliche Frauen und Kinder einzurichten, durch die den Betreffenden Mittagessen in Privathäusern verschafft wird. Es finden nur solche Berücksichtigung, die nicht die städt. Suppenküche benutzen können. Es empfangen 19 Personen durch unsere Vermittlung Mittagessen. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Dienstag, 4. Mai 1915
Vereinslazarettzug K 1 Bonn. Der Bonner Lazarettzug hat am 24. April von Godesberg, wo er abgestellt war, seine achte Reise angetreten. Am 25. April wurden in Chauny 240 Verwundete geladen und am 27. April in Bamberg , Meinberg und Schweinfurt abgeliefert. Nach dreitägigem Aufenthalt in Bamberg zu Reparaturzwecken ist der Zug am Sonntag in Andernach eingetroffen, und wird von dort am Dienstag, vermutlich abends, seine nächste Reise antreten. – Da die von der Militärbehörde neuerdings sehr reduzierten Verpflegungsgelder in keiner Weise ausreichen, um eine ausreichende Kost zu gewähren, ist der Verein genötigt, große Zuschüsse zur Verpflegung zu leisten. Sehr erwünscht sind daher vor allem weitere Geldbeträge (einzuzahlen auf der Deutschen Bank), ferner Naturalien aller Art, wie Erbsen, Bohnen, Schinken, Fleisch- und Gemüsekonserven, Kartoffeln usw. Ferner Zigarren, Zigaretten, Schokolade. Endlich werden frische Gemüse, wenn bis Dienstag nachmittag in der Baracke des Roten Kreuzes am Personenbahnhof, Eingang Quantiusstraße, abgeliefert, mit großem Dank entgegengenommen. Alle übrigen Gegenstände wolle man Bahnhofstraße 40 abliefern.
Die Einjährig-Freiwilligenprüfungen werden demnächst wieder regelmäßig stattfinden. Bisher wurden nur die Notprüfungen für Militärtaugliche, die sofort in das Heer eintreten wollten, abgehalten. Dadurch waren die Militäruntauglichen oder die das 17. Jahr noch nicht erreicht hatten, gezwungen, die Prüfung an den Schulen zu machen; diese prüfen aber nur zweimal im Jahre. Nun sind die gewöhnlichen Einjährigen-Prüfungen durch einen Erlaß des Kultusministers Dr. von Trott zu Solz wieder aufgenommen worden.
Die Aussichten für Obst- und Gemüseernte. In Köln wies der vorsitzende des Vereins für Gartenkultur und Botanik darauf hin, daß wir allem Anschein nach in diesem Jahre eine ebenso gute Obsternte erwarten könnten wie in den vergangenen Jahren. Ein Vorstandsmitglied empfahl die Betätigung in der Landwirtschaft. Deutschland könne namentlich hier im Rheinland, zwei bis drei Ernten hervorbringen. Als Ersatz für Sellerie könne man die Pastinake verwenden. Ein wohlschmeckendes Gemüse lieferten die jungen Brennesseltriebe, die wie Spinat zubereitet würden. Einen dem Ceylontee mindestens ebenbürtiger Tee könne man aus Brombeerblättern gewinnen, ferner aus Erdbeer- und den Schafgarbenblättern.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der erste Alfterer Spargel konnte in verschiedenen Gasthäusern den Besuchern des Vorgebirges vorgesetzt werden. Die Maisonne hat ihn in den letzten Tagen erst zum Sprießen gebracht. Zwar ist seine Menge vorerst noch recht bescheiden aber desto besser mundet er. Und gerade die Spezialität des Vorgebirges lockt ebenso viele Ausflügler hinaus wie auch die Obstbaumblüte.
Anmeldepflicht. Auf Anordnung des Gouverneurs der Festung Köln erläßt der Oberbürgermeister der Stadt Bonn eine Polizeiverordnung, wonach alle Personen (In- und Ausländer), gleichviel ob sie in Gasthäusern oder in Pensionen, Herbergen, möblierten oder unmöblierten Wohnungen oder Zimmern oder als Logiergäste in Privathäusern dauernd oder vorübergehend (auch besuchsweise) Wohnung nehmen, verpflichtet sind, in jedem Falle unverzüglich, spätestens 12 Stunden nach dem Beziehen der Wohnung bei dem Polizeirevier, bezw. der Ortspolizeibehörde, in deren Bezirk die bezogene Wohnung gelegen ist, sich persönlich anzumelden. Personen unter 16 Jahren sind von dieser polizeilichen Anmeldung befreit. Für Militärpersonen gelten nur die militärischen Meldevorschriften. Der Pflicht zur Anmeldung unterliegt auch der Wohnungs- oder Unterkunftgeber der genannten Personen, falls diese die Anmeldung nicht rechtzeitig selbst bewirkt haben. Zuwiderhandlungen werden in jedem Einzelfalle mit einer Geldstrafe von 30 Mark oder 10 Tagen Haft bestraft. Die Anmeldungen für den Polizeibezirk Bonn werden im Polizeiamt Rathausgasse 22 zu jeder Zeit entgegengenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Reger Verkehr auf den Rheindampfern. Einen Rekordtag kann die Düsseldorfer Dampfschiffahrtsgesellschaft den 1. Mai, den Eröffnungstag des Sommerfahrplans nennen und ebenso den 2. Mai, den ersten Sonntag. Die Dampfer waren von Ausflüglern, welche in die herrliche Umgebung wanderten, sehr stark in Anspruch genommen. Im prächtigsten Sonnenschein ging es zur Wanderung, aber das Wetter spielte ihnen einen recht häßlichen Streich. Triefend von Nässe, zitternd vor Kälte, besonders die Damenwelt in den leichten Kleidern, kehrten sie am Spätnachmittag wieder heim, da inzwischen ein starker Regen eingesetzt hatte und das Thermometer von 19 Grad Wärme auf 8 Grad gesunken war. Der April hat nicht nur seine Launen, sondern auch der Mai.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Mittwoch, 5. Mai 1915
Pfingstliebesgaben. Die von der Heeresverwaltung gegen die Oster-Liebesgabensendungen erlassene Erklärung gilt sinngemäß auch für derartige Sendungen anläßlich des Pfingstfestes. Demnach ist es nicht angängig, besondere Pfingst-Liebesgabensendungen an die Front zu schicken. Weder die Militärpaketdepots, noch die Güterabfertigungsstellen übernehmen die Vorführung von geschlossenen Transporten mit Liebesgabenpaketen, die anläßlich des Pfingstfestes etwa geplant sein sollten.
Die Ortsgruppe Bonn des Deutschen Evangelischen Frauenbundes hielt am Montag im ev. Gemeindehause ihre 13. Jahresversammlung ab. (...) Die Versammlung erhielt eine besonders festliche Stimmung durch das Eintreffen der Siegesnachricht aus Westgalizien, die stehend entgegengenommen wurde u. mit dem Gesang „Nun danket alle Gott“ beantwortet wurde. Nach einer kurzen Pause erteilte die Vorsitzende das Wort der Rednerin des Tages, Frau H. Winnecke aus Straßburg, der Vorsitzenden des südwestlichen Verbandes, zu ihrem Vortrage: „Der Krieg und die deutsche Frau“. (...)
Rednerin erinnerte an den vorjährigen internationalen Frauenkongreß in Rom und seine Anträge auf friedliche Erledigung der internationalen Streitigkeiten, die uns heute fast töricht klingen, an die damals auf Grund der Schandtaten des Balkankrieges geforderten völkerrechtlichen Bestimmungen, die sich als wirkungslos erwiesen haben. Die Frau, so oft das wehrlose Opfer, leidet doppelt unter dem Sturm des Völkerringens. Trotzdem braucht sie das gewaltige Menschenlos des Krieges nicht tatenlos, ohnmächtig über sich ergehen zu lassen; nein, sie hat es zu ihrem Trost erfahren, daß man sie braucht, daß unser Volk den Riesenkampf nicht bis zum siegreichen Ende durchhalten kann, wenn die andere größere Hälfte des Volkes nicht auf ihrem Posten ist. (...)
Während öfters schon mit verdächtigem Eifer die Rückkehr der Frau zum Strickstrumpf und Kochtopf als ein schon jetzt zu buchender Erfolg des Krieges gepriesen wurde, muß festgestellt werden, daß eine typische Klasse von „Nurhausfrauen“ in krassem Familienegoismus bei den Forderungen des wirtschaftlichen Kampfes versagten, wogegen die durch die Schule der Frauenbewegung Hindurchgegangenen tatkräftige Organisatorinnen, sozialdenkende und –handelnde Frauen stellten. Als Rednerin noch verschiedene Gebiete berührt hatte, auf denen die Frau Hüterin der sittlichen Kräfte und Erzieherin einer starken zukünftigen Generation sein muß, schloß sie mit der ernsten Forderung, daß wir der Kriegszeit den Segen abzuringen suchen müssen, der in ihr beschlossen liegen kann. Wenn die deutsche Frau ihre Aufgabe darin sieht, Hüterin deutscher Treue und deutscher Sitte zu sein, dann sind alle schweren und blutigen Opfer nicht umsonst gebracht.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Maiständchen der Bonner Liedertafel vor dem Kaiserdenkmal hatte gestern abend eine vielhundertköpfige Zuhörerschaft zum Kaiserplatz gelockt. Obwohl nur etwa 100 Sänger unter Herrn Werths Leitung antraten – bekanntlich sind rund 150 Liedertäfler zu den Fahnen einberufen – kamen die einzelnen Darbietungen klar und schön zum Vortrag. Anstelle der sonst üblichen Mailieder hatte man dem Ernste der Zeit Rechnung tragend, Lieder vaterländischen Inhaltes gewählt; so u.a. das wuchtig „Heil Kaiser und Reich“, „Mädchen, wenn ich von dir ziehe“, „D’ Hamkehr“, „Lützows wilde Jagd“ und „Es braust ein Ruf“. Nur das Schlußlied „Frühling am Rhein“ war dem Wonnemonat gewidmet. Jedes einzelne Lied fand stürmischen Anklang.
Eine wohlgestaltete Riesengurke übersandte uns der Versuchsbetrieb für Gemüse- und Obstbau der Kgl. Landwirtschaftlichen Akademie. Das ungefähr 80 Zentimeter lange Stück ist in den Gewächshäusern des Gutes Marhof bei Sechtem gezüchtet worden. Im Laufe des Winters hat man dort einen Versuchsbetrieb für Freilandkulturen und für Gewächshäuser und Glasanlagen eingerichtet. Die herrliche Gurke, sie hängt in unserem Schaufenster aus, beweist, daß unter sachgemäßer Pflege in Deutschland im Frühgemüsebau dasselbe erzielt werden kann, wie im Auslande.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Kaiser-Wilhelm-Spende Deutscher Frauen veranstaltet an manchen Orten Haussammlungen, wozu das Ministerium des Innern seine Genehmigung erteilt hat. Da die hiesige Sammlung trotz der Kürze der Zeit schon ein erfreuliches Ergebnis gehabt hat, glaubt der Ortausschuß hier in Bonn von einer Haussammlung absehen zu können. Wir wiederholen aber unsere Bitte an alle Frauen Bonns, sich an dieser vaterländischen Sammlung zu beteiligen. Die Sammlung soll dem Kaiser aussprechen, daß trotz aller Sorgen und alles Leids, das der Krieg ihnen bringt, die deutschen Frauen mit alter Liebe und Zuversicht auf ihn blicken. Mehr denn je haben wir Grund zu unerschütterlichem Vertrauen in die Zukunft und in die Führung unseres Kaisers. Indem die deutschen Frauen ihm ihre Spende zu irgend einem, von ihm näher zu bestimmenden gemeinnützigen Zweck zur Verfügung stellen, sprechen sie ihm diesen Dank und dies Vertrauen aus. Ihre volle Bedeutung kann die Sammlung aber nur haben, wenn auch wirklich alle Frauen sich an ihr beteiligen. Es kommt hierbei weniger auf die Höhe der gezahlten Beiträge als auf die Zahl der Beitragenden an, und wir hoffen, daß diese in Bonn auch ohne besondere Haussammlung groß sein wird. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Donnerstag, 6. Mai 1915
Sendungen an die deutschen Kriegsgefangenen im Auslande. Aus Berlin wird amtlich mitgeteilt: Es liegt im Interesse der deutschen Kriegsgefangenen im Auslande, daß die an sie gerichteten Postsendungen nichts enthalten, was nach den in den betr. Gefangenenlagern gültigen Bestimmungen unzulässig ist. – Insbesondere sind zu unterlassen: Mitteilungen über die politische und wirtschaftliche Lage in Deutschland, abfällige Bemerkungen über die feindlichen Länder, Nachrichtenübermittlung in geheimer oder unsichtbarer Schrift. Uebersendung von Zeitungsausschnitten und Einlagen im Brieffutter oder in Paketsendungen und dergl. mehr Verbotswidrige Sendungen haben oft für die deutschen Kriegsgefangenen die unangenehmen Folgen, daß ihr Briefverkehr auf mehr oder weniger lange Zeit gesperrt wird, oder daß ihnen sonstige Vergünstigungen entzogen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Verwundete auf einer Erholungsfahrt am Rhein. Mehrere Hundert in der Genesung befindliche Verwundete aus den Lazaretten in Duisburg, trafen gestern morgen auf dem Bahnhof hier ein und marschierten unter Musikbegleitung durch unsere Stadt. In ihrer Begleitung befanden sich der Oberbürgermeister von Duisburg, die Aerzte und das Pflegepersonal der verschiedensten Lazarette und was die Hauptsache ist, mehrere Zahlmeister.
Der Zug bewegte sich über den Kaiserplatz durch die in schönstem Maienschmuck prangenden Anlagen des Hofgartens nach dem Rhein, wo ein Schiff der Köln-Düsseldorfer Gesellschaft die „Feldgrauen“ aufnahm und sie nach Honnef brachte. Dort wurde im Kurhaus das Mittagessen eingenommen und dann gings zu der herrlich gelegenen Rheininsel Grafenwerth, wo Kaffeerast gehalten wurde. Bei Musik und Gesang verliefen den Kriegern und ihrer Begleitung die Stunden sehr schnell und erst am späten Nachmittag brachte ein Dampfboot die frohgelaunte Gesellschaft wieder rheinabwärts nach Duisburg zurück.
Schulunterricht und Kriegszeit. Man schreibt uns: Trotz der längeren Dauer des gegenwärtigen Krieges und der inzwischen durch vermehrte Einberufung von Lehrern zum Heeres- und Sanitätsdienste noch gesteigerten Schwierigkeiten ist es fast überall gelungen, den Unterricht in den Volksschulen aufrecht zu erhalten. Auch muß dankbar anerkannt werden, daß die Schule in einer Zeit, in der die häusliche Erziehung vielfach durch die Abwesenheit des Vaters mehr oder weniger beeinträchtigt ist, alles aufgeboten hat, um die Jugend in guter Zucht und Ordnung zu halten. Um diesen erfreulichen Zustand an unseren Schulen auch weiterhin aufrecht zu erhalten, hat der Unterrichtsminister durch einen neueren Runderlaß vom April d. J. die Aufsichtsbehörden angewiesen, im Bedarfsfalle auch geeignete technische Lehrerinnen in anderen als technischen Fächern, und auf der Unterstufe auch geeignete Kindergärtnerinnen vertretungsweise zu beschäftigten. Auch können während der Kriegsdauer Lehrerinnen zum Unterrichte älterer Knaben und nötigenfalls auch solche in einklassigen Schulen verwendet werden. Wenn nun auch weiterhin nach Bedarf Kürzung der Unterrichtstunden, Zusammenlegen von Klassen u. dergl. stattfinden darf, so ist doch überall und in jedem Falle genügend Raum zu schaffen, um die großen Ereignisse der Zeit für Unterricht und Erziehung zu verwerten, die Schuljugend auch über die wirtschaftlichen Notwendigkeiten der Gegenwart – ihrem geistigen Gesichtskreise entsprechend – aufzuklären und durch sie nach Möglichkeit auch bei ihren Angehörigen den opferfreudigen Willen zu erfolgreichem Durchhalten zu stärken.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Gegen den Aushungerungsplan unserer Feinde. Am Freitag den 7. d. M. findet im Dreikaisersaal, Kölnstraße, ein öffentlicher Vortrag über „Der Kampf gegen den Aushungerungsplan der Engländer“ statt. Zeitungsnachrichten zufolge gibt derselbe äußerst wichtige Anregungen, zumal der Redner – R. Jakobs-Solingen – es versteht, der so überaus wichtigen Frage neue Seiten abzugewinnen und Mittel und Wege zu zeigen, die uns in den Stand setzen, den Plan der Engländer zu vereiteln.
Zigarettenrauchen der Schulkinder. Die Königliche Regierung, Abteilung für Kirchen- und Schulwesen, macht bekannt: Es ist eine bedauerliche Tatsache, daß das Zigarettenrauchen der Schulkinder in erheblichem Maße immer mehr zunimmt. Diese Unsitte schließt aber für unsere Jugend und damit für unser Volkswohl, in gesundheitlicher, sittlicher und sozialer Hinsicht große Gefahren in sich. Es gehört zu den Aufgaben der Schule, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln, vor allem durch Belehrung und Warnung hiergegen einzuschreiten. Auch empfiehlt sich die gelegentliche Einwirkung auf die Eltern der Kinder durch die Lehrer.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Freitag, 7. Mai 1915
Einquartierung. Die Bürger werden darauf aufmerksam gemacht, daß die Zuweisung der Einquartierung mittels besonderer Quartierscheine erfolgt, daß daher Einquartierung nur gegen Abgabe der von der Stadt ausgestellten und gestempelten Scheine angenommen zu werden braucht.
Eine große Menschenmenge sammelte sich gestern abend in der Brückenstraße an. Eine Zeitlang war ein solches Gedränge, daß man sich kaum hindurchwinden konnte. Eine Frau wurde ohnmächtig.
Ein Mietsdiebstahl wurde gestern bei einer Zimmervermieterin in der Wolfstraße ausgeführt. Ein paar erschien und mietete ein Zimmer unter dem Vorgeben, sie wären Reisende und hielten sich mehrere Monate in Bonn auf. Am anderen Morgen war die „Dame“, die das Zimmer gemietet hatte, unter Mitnahme von Bettwäsche, Hemden und Blusen verschwunden. Dieser Fall, der nicht vereinzelt dasteht, diene als Warnung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Riesige Heringsfänge. Blättermeldungen von der Ostsee berichten über ungeheure Heringsschwärme. Seit einigen Tagen werden in Trawemünde Heringe in solchen Massen gefangen, wie seit vielen Jahren nicht. Der andauernde Südwestwind treibt unabsehbare Heringsschwärme in die Lübecker Bucht. Die Heringe werden buchstäblich aus dem Wasser geschaufelt, anders sind die Riesenfänge nicht zu bewältigen. Die Fische stehen von der Wasseroberfläche bis auf den Grund wie eine Mauer. Die Heringe werden für 1 Pfg. das Pfund abgegeben. Obwohl sie in Lübeck und Hamburg massenhaft auf den Markt kamen, kann der Absatz mit den augenblicklichen Fängen nicht Schritt halten. Hoffentlich werden nun auch die Heringe hier in Bonn etwas billiger.
Zur weiteren Aufrechterhaltung des Volksschulunterrichts sollen die Zöglinge des Oberkursus an den Lehrer- und Lehrerinnenseminaren möglichst bald ihre Entlassungsprüfung ablegen.
Teuerungszulage für die städtischen Arbeiter. Aus christlichen Gewerkschaftskreisen schreibt man uns: Die Stadt Bonn hat kürzlich ihren Arbeitern eine Zulage bewilligt, jedoch mit der Maßgabe, daß sie nur bedürftigen Arbeitern zukommen soll. Feste Grundsätze sind dafür nicht aufgestellt und so herrscht denn in der Arbeiterschaft völlige Unklarheit darüber, wer Anspruch auf eine Zulage erheben kann. Bei der Straßenbahn hat man dagegen allen Leuten eine monatliche Zulage von 15 Mk. bewilligt. Inzwischen sind, wie uns mitgeteilt wird, in einzelnen Betrieben den Arbeitern 10% Zulage bewilligt worden. Wenn auch durch die Gewährung der Teuerungszulage die größte Not der Arbeiterschaft in etwa gelindert ist, so ist der ausgesprochene Wunsch nach Neuregelung der Lohnordnung für die städtischen Arbeiter und Straßenbahner doch wohl verständlich.
Das außerordentliche Kriegsgericht verurteilte gestern einen russischen Feldarbeiter von einem Gut bei Villip, der ohne polizeiliche Erlaubnis nach Neuß gereist war, zu drei Tagen Gefängnis. – Ein russischer Händler, dem mit seiner Familie der Aufenthalt in der Festung Köln untersagt worden war und der jetzt in Godesberg wohnt, hatte ohne polizeiliche Erlaubnis im Auftrag seines Vaters, eines Schusters, eine Reise nach Köln unternommen, um dort Leder einzukaufen. Das Gericht verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von einem Tage. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bischof Karl Jos. Schulte von Paderborn leistete am Mittwoch den 5. Mai, auf seiner Durchreise durch unsere Stadt der Borromäusvereins-Zentrale am Wittelsbacherring einen einstündigen Besuch ab.
Ein kleiner Kreis von Herren hatte sich zur Begrüßung des hohen Gastes eingefunden. Unter Führung einiger Mitglieder des Vorstandes besichtigte er die ausgedehnten Räume des 1913 fertiggestellten Hauses, für dessen Zweckmäßigkeit und einfache Schönheit er nur Worte des Lobes fand. Besonderes Interesse zeigte der Bischof für die Sammelstelle für Soldatenlektüre, die am 1. April bereits 1 ¾ Million Bücher und Schriften für die Mannschaften in der Front und in den Lazaretten unentgeltlich abgegeben hatte. Mit Genugtuung und Freude sprach er sich über die 70jährige Kulturarbeit und die derzeitige zeitgemäße Wirksamkeit des Vereins aus. Mittags 12 Uhr verließ der Hochwürdige Herr das Borromäushaus, um nach Paderborn weiterzureisen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 8. Mai 1915
Wehrbund. Für den 2. Mai hatte die Leitung des Wehrbundes eine Wanderung durch die Baumblüte des Vorgebirges angesetzt. Leider folgten nur wenige Teilnehmer dem poetischen Wanderrufe Geibels; weit mehr Mitglieder hatten sich die zweite Zeile des bekannten Mailiedes so ausgelegt: da bleibe, wer Lust hat ... zu Haus. Möglich, daß auch das regnerische Wetter schuldig war an der geringen Zahl der Wanderfreudigen, obgleich gerade für den zukünftigen Vaterlandsverteidiger Unwetter kein Hinderungsgrund sein sollte. Unter strömendem Regen wurde der Marsch angetreten, der über Endenich zunächst nach Duisdorf führte. Von Duisdorf aus wurde mit Marschsicherung weitergezogen zur Vornahme einer eingelegten Geländeübung, die der Erstürmung von Gielsdorf galt. Diesen Ort hatte eine vorgeschickte Abteilung nämlich besetzt. Trotz der Kriegslage wurde den Teilnehmern auf der Höhe Oedekovens die Stelle gezeigt, von der aus bei klarem Wetter ein schöner Blick auf Bonns Umgebung den Wanderer für die Ersteigung der Höhe belohnt und erfreut. Nach dieser Aussichtspause trat der kriegerische Ernst wieder in sein Recht. Die ausgesandte Vorhut hatte inzwischen festgestellt, wie der Feind Gielsdorf besetzt hatte und wo seine schwächste Stelle war. Auf diese Stelle wurde unter kundiger Führung ein energischer Vorstoß unternommen und Gielsdorf erobert, obgleich der Gegner, der an Zahl schwächer war, es an Umsicht bei der Besetzung nicht hatte fehlen lassen. Vereint zogen nun Freund und Feind auf schmalen, schlüpfrigen Pfaden, die sich zwischen Gärten hinschlängelten, über Olsdorf nach Alfter. Zeigten sich Baum und Strauch, Wald und Flur auch nicht im Sonntagskleide wie bei hellem Sonnenschein und blauem Himmel, sondern im Alltagsgewande der trüben Regenstimmung, fehlte auch der Weitblick auf die Blütenpracht des Vorgebirges, so war die Wanderung doch lohnend. Sie zeigte den emsigen Fleiß der Bewohner dieses ertragreichen Schmuckkästchens unserer Umgebung und die hoffnungsfrohe Aussicht auf eine gute Ernte. Die vorgerückte Zeit verbot die Ausdehnung des Marsches bis Bornheim und so wurde denn von Alfter aus der Rückmarsch angetreten. Am Ziele angelangt, hielt Herr Geheimrat Brinkmann eine Ansprache, in der er auf die hundertjährige Zugehörigkeit der Rheinlande zu Preußen und auf das 500jähr. ruhmvolle Bestehen der Hohenzollern-Dynastie hinwies. Mit einem dreifachen brausenden Hurrah auf unseren Kaiser, dem die Herzen des Volkes in treuer Hingabe entgegenschlagen, schloß die begeisternde Ansprache, die auf die Herzen der Jugend ersichtlich Eindruck gemacht hatte. Mit einem stramm ausgeführten Parademarsch schloß die Wanderung. – Am kommenden Sonntag wird eine Geländeübung auf der rechten Rheinseite, in der Umgebung Holtorfs, unternommen.
Der Sanitätshund und seine Verwendung. Dieser Vortrag, gehalten von Herrn Polizeikommissar Flaccus, ist im Druck erschienen und wird zu Werbezwecken an Freunde der guten Sache kostenlos abgegeben.
Variété-Theater „Sonne“. Die „Sonne“ eröffnet die Sommerspielzeit durch ein unterhaltendes, abwechslungsreiches und in einigen Nummern sogar außergewöhnlich gutes Programm. Die gymnastischen Neuheiten, die von der Oglos-Truppe mit Eleganz und Sicherheit vorgeführt werden, sind wirklich sehenswert. Akrobatische Kunstfertigkeit, verbunden mit einer ganz einzigartigen grotesken Komik, bringen die drei Gastonas. Wer einmal herzlich lachen will, der muß sich überhaupt den zweiten Teil des Programms ansehen. Da ist Sylveros, der sich in komischen Einfällen überstürzt und außerdem ein ganz vortrefflicher Jonglör ist. Groteskkomik im oberbayrischen Gewand bringen die lustigen Wildschützen Karl und Lottie, die mit ihren drolligen Schnadahüpfeln und Gstanzln große Heiterkeit erregen. Hans Lederer ist ein sehr guter Komiker, der seine zeitgemäßen Kuplets geschmackvoll und ausgezeichnet pointiert vorträgt und reichen Beifall erntet. Das Programm wird noch durch einen Tuch-Mal-Akt Willy Sailers, durch die Zauberkunststücke von Osten-Sevarilla und die Vorträge Gusti Hastels vervollständigt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Im Naturheil-Verein sprach gestern abend Herr Richard Jacobs aus Solingen über den Kampf gegen die geplante Aushungerung. Diese perfide Plan Englands müsse und werde mißlingen. Dafür sei aber viel Arbeit zu leisten, weil die deutschen Haushaltungen und die deutschen Küchen ganz anders eingerichtet werden müßten. Die Einfuhr Deutschlands sei zum Teil unterbunden. Die Fleischeinfuhr habe drei Kilo pro Kopf betragen, aber daran werde Deutschland nicht zu Grunde gehen. Viele Krankheiten seien nur auf eine einseitige Fleischernährung zurückzuführen. Die Getreideeinfuhr habe aufgehört, doch diese mangelnde Einfuhr müsse durch Einschränkung der Brauerei und Brennerei wettgemacht werden. Unser Kartoffelreichtum habe sich als ein ausgezeichnetes Mittel zur Streckung unserer Getreidevorräte erwiesen. Es sei ein übertriebenes Verlangen, wenn man jetzt auf einmal alle Schweine schlachten wolle. Pökelfleisch allein sei für den Sommer kein geeignetes Nahrungsmittel. An Eiern, Milch und Fett sei in Deutschland enorm viel verschwendet worden, namentlich durch das Verzehren von Schlagsahne. Daran könne und müsse gespart werden. Die Hausfrauen sollten ihr Fleisch beim Metzger selbst einkaufen, nicht sich bringen lassen, und auch selbst den Markt besuchen. Nichts dürfe in den Mülleimer wandern und daher dürfe man nicht zu viel kochen. Deutschland könne bei weiser Ausnutzung seines Bodens seine Nahrungsmittel selbst erzeugen. Ein Anbauzwang sei für jedes brachliegende Grundstück notwendig. Redner empfahl zum Schluß Anlage von Schrebergärten und die Bepflanzung der Straßen mit Obstbäumen. Den Kriegsinvaliden möge man ein Stückchen Land mit einem Häuschen geben und sie zur Vieh- und Geflügelzucht anleiten. Alle Aufklärungsbestrebungen müßten unterstützt werden. Der Vorsitzende, Herr Vögeli, dankte zum Schluß dem Redner für seine interessanten Ausführungen.
Der Mai warm und naß, den Landleuten so recht nach Wunsch. Bisher war die Maiwitterung gewiß naß genug und den niedergegangenen Regenmengen haben wir das freudige Wachstum der Pflanzen in Feld und Garten, in Wald und Wiese zu verdanken. Der April mit seiner launigen, wechselvollen Witterung hatte den Landmann etwas in Stich gelassenund seine Arbeiten schwer in den Rückhalt gebracht. Die wenigen sonnigwarmen Maitage habe das alles wieder ausgeglichen. Die Aecker konnten bestellt, die anderen notwendigen Arbeiten mit Leichtigkeit erledigt werden, alles ging glatt von Hand und die Saaten und Pflanzen streckten sich zusehends. Alles steht da draußen jetzt üppig und vielverheißend, sodaß wir hoffen dürfen, auch im Kriegsjahr 1915 Scheune und Keller mit reichem Erntesegen füllen zu können. Das Füllen des Fasses wollen wir dann ganz gerne schon den Winzern überlassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wer hilft? Der Kinderhort in der Wilhelmschule, der seit der Kriegszeit auch eine große Zahl nicht schulpflichtiger Kinder aufgenommen hat, erhält einen stetigen Zuwachs dieser Kleinen, sodaß sich die Notwendigkeit ergab, einen regelrechten Kriegskindergarten für sie einzurichten. Da inzwischen auch eine fachmännisch ausgebildete Leiterin sich gütig für die Sache zur Verfügung stellte, sind glücklich alle Vorbedingungen gegeben, um dieses Kriegsliebeswerk nach der bewährten Fröbelschen Methode ausgestalten zu können. Es fehlt nur noch sehr an den nötigen Utensilien, an kleinem Mobiliar und Spielsachen, besonders Baukästen, Bällen usw. In dieser Zeit, wo so gern und freudig überall geholfen wird, finden sich sicher noch manche Kinderfreunde, die ein Scherflein in Bar oder in Material für unsere Kleinen beisteuern würden. Freundlich zugedachte Gaben werden jederzeit in der Wilhelmschule, im Hofgebäude, links vom Eingang, sowie von Frl. Böttrich, Frauenbund-Büro, Martinstr. 3, und Frl. Maria Jansen, Reuterstraße 12, mit Dank entgegengenommen.
Städtischer Kartoffelverkauf. Beim städtischen Lager sind so große Mengen Kartoffeln eingetroffen, daß die Kartoffeln jetzt auch zentnerweise gekauft werden können. Von jeder Familie können so viele Zentner gekauft werden, wie Haushaltsangehörige im Brotbuch eingetragen sind.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 9. Mai 1915
Wahrsagern, Phrenologen und ähnlichen Personen hat der kommandierende General des 8. Armeekorps öffentliche Anpreisungen untersagt; dazu gehört auch das Einrücken von Anzeigen in die Zeitungen und das Aushängen von Schildern.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bonner Frauenverein. Am gestrigen Samstag fand die Hauptversammlung des Bonner Frauenvereins unter der Vorsitze der Präsidentin, Frau Justizrat Conzen, statt. Die Vorsitzende sprach von dem Ernst der großen Zeit, die unter dem Zeichen des Schwertes steht und deren Einwirkung auf den Verein nicht ausgeblieben ist. Die Einnahmen flossen spärlicher, Geschenke blieben fast ganz aus, die Anforderungen aber stiegen und so war es schwer, mit den vorhandenen Mitteln auszukommen. Sie berichtete, daß gleich zu Anfang des Krieges der Bonner Frauenverein sich dem Vaterländischen Frauenverein angeschlossen habe und daß fast alle aktiven Mitglieder sich an dessen Aufgaben beteiligt haben. Der in gab seinem vaterländischen Empfinden ferner Ausdruck durch die Zeichnung der Reichsanleihe im Betrag von 3000 Mark. Die Vorsitzende gedachte in warmen Worten der am 6. April gestorbenen Frau Karl Wolter, sie rühmte deren seltene Pflichttreue und nie erlahmende Arbeitskraft, ihr Verständnis für die Not und die Sorgen der Armen, ihre Opferwilligkeit im Verkehr mit allen Notleidenden, ihr liebenswürdiges Wesen im Vereinsleben. Ihr Gedenken wird weit über das Grab hinaus treu im Verein weiterleben. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Abgabe von Dünger! Das Festungsproviantamt in Metz hat eine große Menge Kunstdünger abzugeben. Der Preis beträgt für eine Tonne 3 Mark frei Waggon Metz. Landwirte und Liebhaber landwirtschaftlicher Vereine werden auf den billigen Bezug von Kunstdünger aufmerksam gemacht und wollen sich mit dem Festungsproviantamt in Metz in Verbindung setzen.
Eine empfindliche, aber gerechte Strafe verhängte gestern das Schöffengericht unter Ausschluß der Oeffentlichkeit über zwei Frauen von Bonn, deren Männer im Felde stehen, weil die Angeklagten sich einem unsittlichen Lebenswandel hingegeben hatten. Sie wurden zur gesetzlichen Höchststrafe von je sechs Wochen Haft und Ueberweisung an die Landespolizeibehörde verurteilt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 10. Mai 1915
Konzert der Musikgruppe Bonn. Zugunsten der Kriegshilfskasse für Musiklehrerinnen gab die Musikgruppe Bonn am Samstag ein Konzert, das erfreulich gut besucht war. Von den Vorträgen nennt man in erster Reihe die Chorgesänge des Axenfeldschen Frauenchors, der unter Leitung von Frl. Elma Axenfeld Schuberts dreistimmigen Frauenchor „Das große Hallelujah“ und das vierstimmig gesetzte „Ständchen“, Ramraths „Seufzer“, einen neuen ansprechenden vierstimmigen a capella-Chor „Im Abendrot“ von Bruno Stürmer und die „Vier Lieder aus dem Jungbrunnen“ und „Märznacht“ von Brahms sang und in all diesen Chören durch das nicht sehr starke, aber gut ausgeglichene und schön zusammengehaltene Stimmenmaterial und den fein empfundenen Vortrag reichen und wohlverdienten Beifall erhielt. Der Axenfeldsche Frauenchor trug so ein wesentliches Teil zum Gelingen des Konzertes bei. Sehr hübsch waren auch die drei Lieder von Brahms, die Frl. Fischbach mit angenehm timbrierter Altstimme und echter Empfindung sang, während ihr für Richard Strauß vorläufig noch die innere Einstellung fehlt. Sie wurde von Frl. Henny Rosenstrauch mit feiner Anschmiegsamkeit begleitet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Hoher Besuch. Prinz Friedrich Karl von Hessen und Frau Prinzessin Friedrich Karl von Hessen weilten letzter Tage hier in Bonn zum Besuch der Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe. Die Nachricht, daß die Großherzogin von Hessen hier anwesend war, beruht auf einer Verwechslung.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Feldpost. Zu den Klagen über die Feldpost schreibt die „Liller Kriegszeitung“ in ihrer Nummer 39: „Es ist noch in jedermanns Erinnerung, welche Flut von Klagen und Beschwerden in den ersten Kriegswochen über unsere Feldpostverwaltung niederging. Man vergaß, daß jedes Ding erst gut eingerichtet sein will, ehe es seine Ausgabe tadellos erfüllen kann, und man übersieht vielfach, daß bei den ungeheuren Truppenverschiebungen in der ersten Zeit selbst bei bester Einrichtung nicht alles so klappen konnte, wie es vielleicht erwünscht war. An die damaligen Klagen denken sicher viele heute nicht mehr gerne zurück. Hat sich doch im weiteren Verlaufe des Krieges gezeigt, daß unsere deutsche Feldpost auf einer Höhe steht, wie sie jedenfalls von der Feldpost keiner anderen kriegsführenden Macht erreicht wird. Es ist keine Seltenheit, daß Briefe aus dem Westen und sogar aus dem Osten, wenn die Aufgabestelle einigermaßen günstig gelegen ist, in 48 Stunden in den Händen der Empfänger sind. Tatsächlich dauert die Beförderung manchmal nicht länger als im Frieden.“ Wir bemerken hierzu, daß neuerdings die Feldpostbriefe usw. im Falle der längeren Zurückhaltung von den Postanstalten mit einem Stempelabdruck „Aus militärischen Gründen verzögert“ versehen werden, wodurch die Empfänger auf die verspätete Zustellung aufgeklärt werden. Diese Maßnahme ist sehr zweckmäßig, da sie zur Beruhigung der Briefempfänger beitragen wird; vielleicht hätte man sie schon früher einführen sollen, da dann sicher auch mancher unberechtigte Vorwurf gegen die Feldpost ausgeblieben wäre.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag,11. Mai 1915
Zensur für Kriegs-Postkarten und Kriegsbilderbogen. Das stellvertr. Generalkommando des 8. Armeekorps gibt bekannt, daß Kriegspostkarten und –Bilderbogen von nun an an der Zensurstelle des Generalkommandos einzusenden sind, bevor sie in den Handel kommen. Auf den Karten und -Bilderbogen muß entweder der Name und Wohnort des Herstellers oder des Verlegers verzeichnet sein. Die Polizei kann geschmacklose oder würdelose Kriegspostkarten und -Bilderbogen beschlagnahmen und der Zensurbehörde zur Entscheidung vorlegen, ebenso die Karten und Bilderbogen, die den Namen des Herstellers oder Verlegers nicht tragen. Zuwiderhandelnde werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft.
Im Metropoltheater weist das Programm zwei große Dramen „Im Zauber der Barcarole“ und „Gewonnene Liebe, verlorene Ehre“ auf, ferner ein Lustspiel „Kümmere dich um Amalie.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Hagelversicherung der diesjährigen Ernte ist unbedingt notwendig und eine wirtschaftliche Pflicht gegen sich selbst wie auch gegenüber dem allgemeinen Volksvermögen. Die Werte der diesjährigen Ernte müssen mehr noch als in rückliegender Zeit gegen die durch Naturkräfte verursachten Schäden, wie Hagelschaden, geschützt werden. Die Ansicht, namentlich allein wirtschaftender Frauen, daß im Kriege die Versicherung ruhen müsse, ist durchaus irrig.
Zur Warnung für die Absender von Feldpostpäckchen. Man schreibt uns: Bei verschiedenen Geschäften, die Feldpostpäckchen versandfertig herstellen und unseren Kriegern im Auftrage ihrer Angehörigen ins Feld senden, war seit geraumer Zeit wahrgenommen worden, daß viele dieser Sendungen entweder ihr Ziel überhaupt nicht erreichten oder den Empfängern nur mit einem Teil des Inhalts zugingen. Die Geschäfte ließen es nicht dabei bewenden, einfach der Post die Schuld an den Verlusten zuzuschreiben, sondern beobachtetenvor allem diejenigen ihrer eigenen Angestellten, denen die Auslieferung der Sendungen bei der Post oblag. Es ergab sich, daß sich viele dieser Personen die Sachen widerrechtlich angeeignet hatten in der Erwartung, daß der Verdacht der Täterschaft nicht auf sie, sondern auf die Post fallen würde. Ähnliche Vorkommnisse sind auch schon wiederholt in Haushaltungen festgestellt worden, indem Dienstmädchen oder andere Beauftragte der Herrschaft Feldpostsendungen, die sie zur Post bringen sollten, unterschlagen oder beraubt haben. Den Absendern von Feldpostpäckchen muß daher dringend geraten werden, die Sendungen nur von durchaus zuverlässigen Personen zur Post bringen zu lassen oder bei Verlusten oder Beraubungen, die ihnen aus dem Felde hinsichtlich solcher Sendungen mitgeteilt werden, ihr Augenmerk auch auf die eigenen Angestellten zu richten. Die Postanstalten werden sicher auch solche außerhalb ihres Betriebes liegende Ermittlungen gern unterstützen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das Branntweinverbot. Ein 30jähriger Wirt von hier hatte am Ostersonntag Branntwein ausgeschenkt, angeblich, weil ihm gesagt worden sei, das Verbot des Generalkommandos sei wieder aufgehoben worden. Er stand jetzt wegen Vergehens gegen das Gesetz über den Belagerungszustand unter Anlage vor dem Außerordentlichen Kriegsgericht. Dieses verurteilte ihn zu einem Tag Gefängnis, wobei betont wurde, daß der Branntweinverkauf und -genuß viel Unheil anstifte, so daß die Beschränkung, die das Generalkommando befohlen hat, strengstens eingehalten werden müsse.
Gegen die fremdländischen Aufschriften.
Der Bonner Handels- und Gewerbeverein versendet an seine Mitglieder das nachstehende Rundschreiben:
„Das Generalkommando des 8. Armeekorps gibt Folgendes bekannt:
In vielen Orten des Korpsbezirks befinden sich immer noch fremdländische, insbesondere französische, englische und auch russische Inschriften, Aufschriften und Anschläge in öffentlichen Straßen, auf öffentlichen Plätzen, sowie an sonstigen für den geschäftlichen Verkehr bestimmten und öffentlich zugänglichen Stellen, insbesondere auch in und an Verkaufsläden, Gasthäusern und Geschäftsräumen. Diese Verhältnisse sind geeignet, in der jetzigen Kriegszeit in weiten Kreisen der Bevölkerung berechtigten Anstoß zu erregen. Ebenso wir auch vielfach für den äußeren Aufdruck auf Geschäftspapieren, Rechnungsformularen, auf Waren und Warenproben eine ausländische Bezeichnung oder eine fremde Sprache gewählt.
Wir bitten die Mitglieder des Handels- und Gewerbe-Vereins ergebenst, zur Abstellung dieser Missstände beitragen zu wollen und auf Unterdrückung der fremden Bezeichnungen hinzuwirken.
Die Bekanntmachung weist darauf noch hin, daß, wenn diese Missstände nicht freiwillig abgestellt würden, dem Generalkommando auf Grund des Gesetzes über den Belagerungszustand die Möglichkeit gegeben ist, denselben durch eine mit Strafandrohung versehene Verordnung entgegenzutreten und benannte Aufschriften entfernen zu lassen.“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 12. Mai 1915
Annahme von Schenkungen. Herr Dr. Georg Böker zu Bonn hat für die Zwecke der sozialen Fürsorge für Kriegswitwen und –Waisen ohne Unterschied der Konfession der Stadt den Betrag von 5000 Mark zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag soll in erster Linie dazu verwandt werden, Bonner Kriegswaisen Beihilfen zu gewähren zu ihrer Erziehung sowie zur Erlernung eines Handwerks. Ferner darf das Geld Verwendung finden, um Erwerbstätigkeit u. Berufstätigkeit der Kriegswitwen zu fördern. – Solange nicht ein in Verbindung mit der Stadtverwaltung arbeitender besonderer Ausschuß für Soziale Kriegsfürsorge besteht, soll der Ausschuß der „Kriegshilfe“ die Verwaltung führen und berechtigt sein, das Geld für die genannten Zwecke zu verbrauchen. – Für die Hinterbliebenen im Felde gefallener Krieger der Stadt Bonn hat Herr Dr. ju. Ewald E. Dieckerhoff, Neuyork, der Stadt Bonn den Betrag von 1000 Mark gestiftet.
Bonner Turnverein. Der zur deutschen Turnerschaft gehörende Kreis VIII b (Niederrhein) hat für seine ihm angeschlossenen Turnvereine auf Christi Himmelfahrt einen Wandertag angesetzt. Auf dieser Wanderung soll unter den Teilnehmern eine Sammlung veranstaltet werden, deren Erträgnis bestimmt ist, für die Aermsten der Armen unserer wackeren Feldgrauen verwendet zu werden, die im Feldzug erblindet sind. In seiner letzten Versammlung hat der Bonner Turnverein beschlossen, der Aufforderung seines Kreisausschusses zu folgen. Er veranstaltet mit allen seinen Abteilungen eine Turnfahrt in das Tal des Katzenlochbaches, die vom Baumschulwäldchen ausgeht. Die Mehrzahl der Mitglieder des Bonner Turnvereins steht zwar im Felde, immerhin ist eine, wenn auch kleine Anzahl älterer Mitglieder vorhanden, auf deren Teilnahmen an der Turnfahrt gerechnet wird, in Anbetracht des guten Zweckes, der mit ihr verbunden ist. Die Frauenabteilungen des Vereins werden auch an der Wanderung teilnehmen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Blumenpflege in den städtischen Schulen. Auch in diesem Sommer gibt der Gartenbauverein durch Vermittlung der städt. Schulbehörden wiederum eine Anzahl Topfpflanzen zur Pflege an Schülerinnen und Schüler ab, um dann im Herbste für die beste Behandlung Auszeichnungen zu verleihen. Auf diese Weise werden die Kinder nicht nur zu einer guten Blumenpflege angespornt, sondern es wird in ihnen auch jene Natursinnigkeit geweckt und gefördert, mit welcher jeder gemütvolle Mensch, insbesondere aber das leicht empfängliche Kindergemüt die Pflanzen und Tiere in ihrer Entwicklung mit Teilnahme und Freude betrachtet. Es ist umso höher zu bewerten, als gerade jetzt zur Frühlingszeit auch vielfach wieder die alten Klagen über Beschädigungen an blühenden Pflanzen, sowie über das Aufsuchen und Ausheben der Vogelnester und das Aufsuchen von Eidechsen, Fröschen u. dergl. seitens der Kinderwelt zum Schmerze aller Naturfreunde anheben.
„Der Ruß hat Läus’; Mut hat der Preuß“. Solchergestalt hat ein dichterisch Veranlagter seinen augenblicklichen Gefühlen mit Kreide an einem Haus am Hof Luft gemacht.
Eine schnapslose Zeit. Bekanntlich ist der Ausschank von Branntwein und Likören an Sonn- und Feiertagen, sowie an den vorhergehenden und nachfolgenden Tagen verboten. Durch den morgigen Christi-Himmelfahrtstag tritt eine Einschränkung des Schanpsverkaufs derart ein, daß in der Zeit von Samstag, 8. Mai bis Dienstag, 18. Mai nur an einem einzigen Tag der Ausschank von Schnaps erlaubt ist. Dieser „Ausnahmetag“ war der gestrige Dienstag. Vor Dienstag, 18. ds. Mts. gibt’s also kein Schnäpschen mehr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Sonntagsruhe am Himmelfahrtstage. Zahlreiche Anfragen veranlassen uns zu der Meldung, daß der morgige Tag Christi Himmelfahrt ein gesetzlicher Feiertag ist. Die Sonntagsruhebestimmungen finden also an diesem Tag entsprechende Anwendung.
Die hundertjährige Zugehörigkeit der Rheinlande zur Krone Preußens soll nach einer Verfügung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz an allen Schulen feierlich begangen werden. Die Feier findet am 15. Mai statt, an dem Tage, an welchem vor 100 Jahren die Vertretung der Rheinlande zum erstenmale in Aachen ihrem neuen Landesherren Friedrich Wilhelm III. ihre Huldigung dargebracht hat.
Das Licht- und Luftbad hält heute abend 8 Uhr im Hähnchen seine Hauptversammlung ab.
Das öffentliche Photographieren, Zeichnen, Malen usw. ist innerhalb des Befehlsbereichs der Festung Köln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Polizei-Präsidenten gestattet.
Die Saat steht gut. Vom Lande schreibt man uns: Nach dem fruchtbaren Regen der vergangenen Woche haben die Feldfrüchte sich sehr verbessert. Roggen, Weizen und Hafer stehen gut. Da auch der Stand der Heu- und Kleefelder zu den besten Hoffnungen berechtigt, wird der Mangel an Futter bald behoben sein. In den Obstgärten blühen die Bäume wie in ganz selten guten Jahren.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 13. Mai 1915
Wegen Christi Himmelfahrt erscheint an diesem Tag nur die Bonner Zeitung.
Der Bonner Wehrbund veranstaltete am verflossenen Sonntag eine Geländeübung bei Oberholtorf, bei der es sich um die Erstürmung dieses Ortes handelte. Die Ausführung dieser Aufgabe war für die angreifende Partei nicht leicht, da zur Vornahme der Operation nur Wege benutzt werden dürfen und nach Oberholtorf nur ein Weg führt. Zweimal schlugen die vortrefflich geleiteten Verteidiger den Angriff ab und erst der dritte Versuch gelang mit Hilfe einer Kriegslist. Der Wert dieser Uebungen steckt ja weniger in der Nachahmung eines kriegerischen Spieles als in der damit verbundenen Marschleistung und der dadurch bewirkten Ertüchtigung unserer Jugend. Durch den Wandermarsch wird der Zustand der Füße verbessert, das Herz gekräftigt, die Ausdauer erhöht und die Willenskraft gestärkt. Ohne die gewaltigen Marschleistungen – 56 Kilometer an einem Tage – würden unsere Armeen im Osten schwerlich die herrlichen Erfolge erzielt haben. Das sollten die jungen Leute, die vor dem Eintritt ins Heer stehen, und auch die zum ungedienten Landsturm gehörenden Männer, die ihre Einberufung zu erwarten haben, wohl bedenken, und durch Beitritt zum Wehrbund und regelmäßige Teilnahme an den Uebungen sich die erforderliche Marschfähigkeit verschaffen, damit sie die kommenden Strapazen ertragen können. Schon mancher erlag zum Schaden seiner Gesundheit den körperlichen Anstrengungen, weil er versäumt hatte, sich körperlich zu üben und dadurch zu kräftigen. Die zeitige Lage ist ernst. Kein Mann ist zu entbehren. Je mehr geübte und gekräftigte Mannschaften eingestellt werden können, umso größer die Gewißheit des Erfolges. Der Bonner Wehrbund bietet die Gelegenheit zur Einübung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Freitag, 14. Mai 1915
Urlaubsgesuche zur Frühjahrsbestellung. Das Oberbürgermeisteramt gibt bekannt, daß Gesuche zur Frühjahrsbestellung für Angehörige der Feldtruppen, welche erst jetzt eingehen, nicht mehr weitergeleitet werden. Da auch bei schnellster Erledigung dieser Gesuche die erst jetzt Reklamierten frühestens gegen Mitte Mai an Ort und Stelle sein können, so wird die Frühjahrsbestellung bis dahin erledigt sein. Auch das stellvertretende General-Kommando sieht sich daher veranlaßt, derartige, jetzt noch eingehende Gesuche, die Feldtruppen oder Truppen im General-Guvernement Belgien betreffen, als „verspätet“ nicht mehr weitergeben zu können.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Maiglöckchen. Der Kottenforst hatte gestern zahlreichen Besuch. Schon in der Morgefrühe, zu Fuß, mit dem Rad und mit den Zügen eilten Tausende in seine im frischesten Grün prangenden Hallen. Die Maiglöckchengründe wurden aufgesucht und da die Pflanze in diesem Jahre zahlreiche Blüten angesetzt, war bald Groß und Klein im Besitze eines mächtigen Straußes der duftigen Waldblume. Mit Rücksicht auf die Maiglöckchenzeit hat die Staatsbahn die Züge, die über Station Kottenforst fahren, bedeutend verstärkt, aber der Ausflugsverkehr war so groß, daß die Wagen de Menschen hin und zurück kaum zu fassen wussten. Und wie im Kottenforst, so war es gestern auch in den anderen Wäldern unserer Heimat. Ihr lieblichstes Kind, das duftende Maiglöckchen, hatte ihnen gestern viele, viele Freunde zugeführt. Nie im Jahre werden die Wälder so besucht, als wie in der Maienzeit, wenn die Maiglöckchen blühen.
„Der Krieg und der K.C.“ Von den 950 Mitgliedern der im Kartell-Konvent vereinigten jüdischen Korporationen (K.C.) stehen derzeit 722 unter den Waffen. 100 von ihnen wurden mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet; 14 erhielten andere Kriegsauszeichnungen. ZU preußischen Offizieren wurden 11, zu bayrischen 2 befördert. Der Verband hat bisher, soweit bekannt ist, den Verlust von 28 Mitgliedern, die den Heldentod fürs Vaterland starben, zu beklagen.
Ausrangierte Militärpferde, die für den Kriegsdienst untauglich geworden sind, wurden früher auf dem linken Hinterbein mit einem DU gebrandmarkt. Nach neuerer Bestimmung wird ihnen jetzt ein rechtwinkliges Kreuz mit 10 Zentimeter langen Balken am linken Hinterbein aufgebrannt, um zu verhindern, daß sie nach Herausfütterung von gewissenlosen Händlern wieder an die Truppenteile verkauft werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Stadttheater. Wegen der langen Dauer der Meistersinger-Aufführung muß die Vorstellung bereits um 5¾ Uhr beginnen. – Die musikalische Leitung hat Herr Kapellmeister Sauer.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 15. Mai 1915
Das Bonner Licht- und Luftbad e. V. hielt am Mittwoch abend in der Hofwirtschaft „Hähnchen“ seine diesjährige Hauptversammlung ab. Nach dem zunächst gegebenen Geschäfts- und Kassenbericht für das Jahr 1914 war der Besuch in diesem Jahr so stark, daß trotz des nach dem Kriegsausbruch sehr spärlichen Zuspruchs die Einnahme des Bades bei einer Zahl von 880 Badegästen nur wenig gegen das Vorjahr zurückstand. Als bedeutsame Veränderung in dem Bad ist die Bepflanzung des südlichen Teiles in einer Größe von 60 Ar mit Kartoffeln durch die Stadt Bonn im Frühjahr 1915 anzuführen. Der Betrieb des Bades erleidet dadurch jedoch keine Einschränkung. Der Verein tritt mit 92 Mitgliedern in das neue Geschäftsjahr ein, gegen 180 Mitgliedern im Vorjahr; der Rückgang ist eine Folge des Krieges. Die Besucherzahl im April d. J. war 222. Der Verein hofft jedoch wieder auf einen stärkeren Besuch, namentlich auch von verwundeten und erholungsbedürftigen Soldaten, denen gemäß einer Mitteilung an die Lazarettdirektion von Bonn seitens des Vereins freier Eintritt in das Bad gewährt wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Ernährung des deutschen Volkes unbedingt sichergestellt. Aus Berlin, 14. Mai, wird berichtet: Von maßgebender Stelle wurden heute in der Pressekonferenz über unsere Getreidevorräte, unseren bisherigen Verbrauch an Getreide und Mehl und über die noch nach der Ernte zur Verfügung stehenden Mittel Zahlenangaben gemacht, die den Beweis für die unbedingte Sicherstellung der Ernährung unseres Volkes erbringen. Die Ernährung des deutschen Volkes ist mit einem erheblichen Reservefonds über die neue Ernte hinaus sichergestellt. Dabei darf das deutsche Volk den Verbrauch an Weizenmehl erheblich ausdehnen. Man wird Weizenmehl und Weizenbrot und selbst Kuchen künftig brauchen dürfen, ohne damit die Ernährung des deutschen Volkes zu gefährden oder den Anschein eines minder guten Patrioten zu erwecken. Bezeichnend ist immerhin, daß in England die Tonne Weizen 46,25 M. teurer ist als in Deutschland. (...) In Friedenszeiten war ein solcher Preis, wie er in England jetzt für Weizen bezahlt wird, einfach undenkbar. Man wird dabei dort noch mit einer weiteren Steigerung des Getreidepreises rechnen können.
Die Stadtverordnetenversammlung hielt gestern morgen eine feierliche Sitzung zur Erinnerung an die hundertjährige Zugehörigkeit der Rheinprovinz zur Krone Preußens. Oberbürgermeister Spiritus hielt die Festrede, in der er die Verdienste der Hohenzollern um die Rheinlande feierte, die besonders durch die Einführung der Schulpflicht und der allgemeinen Wehrpflicht gefördert worden seien. Er schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. (...) Die Versammlung nahm mit Dank eine Schenkung von Herrn Dr. Georg Boeker von 5000 Mark für Kriegswitwen und Waisen sowie von Dr. jur. Dieckerhoff aus New York von 1000 Mark für die Hinterbliebenen im Felde gefallener Krieger an. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 15. Mai. In der gestrigen Gemeinderatssitzung gedachte der Vorsitzende, Herr Bürgermeister Zander, vor Eintritt in die Tagesordnung der hundertjährigen Einverleibung der Rheinlande zu Preußen und brachte in dieser ersten Gemeinderatssitzung nach der Eingemeindung von Muffendorf nochmals seinen aufrichtigen Dank gegen den seitherigen verdienstvollen Gemeindevorsteher Jakob Liemersdorf von Muffendorf für dessen tatkräftige Unterstützung in der Eingemeindungsfrage zum Ausdruck. (...). – Der Vorsitzende machte der Versammlung die Mitteilung, daß die von ihr beauftragte Kur- und Badekommission den Wegfall einer Kurtaxe für dieses Jahr beschlossen habe und daß laut einer Verordnung des Bundesrats vom 8. Mai die Sicherstellung von Fleischdauerwaren eingestellt worden sei. Der von Godesberg angesammelte Vorrat (für über 120.000 Mark) soll demnächst in Verkauf gebracht werden. (...) Sodann teilte Herr Bürgermeister Zander mit, daß zehn Hektar brachliegendes Privatland ackerbaulich nutzbar gemacht worden seien und ebenso 1,60 Hektar vom Gemeindeeigentum. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
Die Mietunterstützungen von Kriegsteilnehmern werden in Bonn und Köln den Hausbesitzern direkt ausbezahlt. Ein solches Verfahren würde sich auch in Godesberg empfehlen, damit die Vermieter in den Besitz der Kriegsunterstützung kommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Eine Gedenkfeier der 100jährigen Zugehörigkeit Bonns zu Preußen veranstaltet der Verein „Alt-Bonn“ morgen abend 6¼ Uhr im oberen Saal des „Goldenen Stern“. Herr Prof. Dr. Knickenberg wird einen Vortrag halten über „Bonn 1814 und 15“.
Rheinbadeanstalten. Die Männer- und Frauen-Schwimmhallen, sowie das Freibad sind von heute ab zur Benutzung geöffnet. Das Freibad ist jeden Dienstag und Freitag, vor- und nachmittags zur Benutzung durch Frauen und Mädchen freigegeben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 16. Mai 1915
Vaterländische Abzeichen. Unsere Vaterländischen Vereinigungen haben beschlossen, auch hier in Bonn ein Abzeichen als Erinnerung an die schwere Zeit herstellen zu lassen. Dieses Abzeichen, das nach einem künstlerisch wohlgelungenen Entwurf aus Geschützbronze geprägt ist, wird als Brosche oder Anhänger in den Verkehr gebracht werden. Der Verkaufspreis wird 2 Mk. für ein Stück betragen. Auch sollen Silber-Prägestücke zum Preise von 5 Mark abgegeben werden. Der Reinertrag wird der Kriegsfürsorge zu Gute kommen.
Eine Vorratserhebung und Beschlagnahme von Gummibereifung (Decken, Schläuchen, Vollreifen) findet am 17. Mai statt. Die Inhaber oder Verwahrer von Gummivorräten sind verpflichtet, ihren Bestand und die Art auf besonderen Meldescheinen an die Kgl. Inspektion des Kraftfahrwesens Berlin-Schöneberg anzugeben.
Von der Strafkammer wurden gestern wieder eine Anzahl von Uebertretungen der Bundesratsverordnung bestraft. Es handelte sich um Bäcker und Kartoffelhändler, die die Bestimmungen nicht eingehalten hatten. Sie wurden zu Geldstrafen von 50, 60 und 100 M. verurteilt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Feier der 100jährigen Vereinigung der Rheinlande mit Preußen hatten am Samstag die städtischen Gebäude Flaggenschmuck angelegt. An sämtlichen Schulen fiel der Unterricht aus; es fanden am Morgen nur kurze Feiern statt, bei denen die Lehrpersonen auf die Bedeutung des Tages für die Rheinlande hinwiesen. Mehrere Schulen machten unter Leitung ihrer Lehrer Ausflüge in die Umgebung.
Zum 15. Mai. Der Maiumzug war in diesem Jahr bei Weitem nicht so groß als früher. Nur hier und das sah man Möbelwagen und kleinere Gefährte, die die Wohnungseinrichtungen von der alten in die „neue“ – natürlich bessere – Wohnung brachten. Der Hauptgrund ist wohl darin zu suchen, daß es den Transportgeschäften an handfesten Leuten fehlt, die den Umzug in sachkundiger Weise auszuführen vermögen. Unter diesen Umständen war es den Speditionsgeschäften nicht möglich, die sonst übliche Garantie für gute Ankunft der Möbel zu übernehmen. Einzelne Speditionsgeschäfte lehnten es dieserhalb ab, Umzüge innerhalb der Stadt auszuführen. Außerdem waren die Transportkosten erheblich größer als in früheren Jahren. Gar mancher, der glaubte, nicht mehr in der alten Wohnung bleiben zu können, ist heute froh, daß er diesmal von den „Umzugsfreuden“ verschont geblieben ist. Sagt doch ein altes Sprichwort: Dreimal umgezogen ist so gut – oder besser gesagt so schlimm – als einmal abgebrannt.
Die Verordnung über die Höchstpreise hatte ein Ackerer aus Ersdorf dadurch übertreten, daß er für 35 Zentner Kartoffeln, die er nach Bonn geliefert hatte, statt 3,05 Mk. für den Zentner 5,00 Mk. verlangt hatte. Die Strafkammer verurteilte ihn gestern dafür zu einer Geldstrafe von 100 Mk.
Wegen Vergehens gegen die Bäckereiverordnung hatte sich gestern eine ganze Anzahl Bäcker aus der Umgegend vor der Strafkammer zu verantworten. Einer hatte dem Schwarzbrot keinen Kartoffelzusatz gegeben, angeblich, weil er keine Kartoffeln erhalten könne, ein anderer hatte die Brote nicht zu dem vorgeschriebenen Gewicht von 4 Pfund, sondern nur zu 2 Pfund gebacken und von dem Datumstempel nur eine Ziffer auf ihnen angebracht. Ein dritter hatte ein falsches Datum auf die Brote gestempelt, wodurch sie älter erschienen, als sie wirklich waren. Das Gericht verurteilte sie zu Geldstrafen zwischen 50 und 60 Mark.
Die Spargelernte am Vorgebirge ist in diesem Jahr überaus gut und liefert von einem Tag zum anderen immer reichere Erträge. Auf den meisten Feldern muß täglich zwei- und dreimal gestochen werden. Daraus erklärt sich auch der plötzliche Preisabschlag. Es weiß sich hier niemand zu erinnern, daß der Spargel um diese Jahreszeit jemals zu einem so niedren Preis verkauft worden ist. – Zur Spargelzeit verlangt man, daß die Stangen schöne weiß und glattgeformte Köpfe haben; leider aber treten auch gekrümmte, schwache und hohle Pfeifen vielfach auf, was auf fehlerhafte Heranzucht der Samenpflanzen zurückzuführen ist.
Einen Wettersturz schlimmster Art haben uns die Eisheiligen seit gestern nachträglich gebracht. Um 11 Uhr morgens ging noch ein warmes Lüftchen, das Thermometer zeigte 19 Grad im Schatten. Von da ab aber wurde es plötzlich kälter; um 2 Uhr waren 14, um 4 Uhr 10 und um 6 Uhr 8 Grad Wärme angezeigt. In der Nacht sank dann hier im Rheintale die Wärme auf 4 Grad. Auf den Höhen der Umgegend aber wurde der Gefrierpunkt erreicht. Dort hat es in der vergangenen Nacht so stark gefroren, daß man über frisch gepflügten Boden nicht einsank und stehendes Wasser Eis ansetzte. – Gleichzeitig mit dem starken Rückgang der Wärme fiel auch das Barometer auf 744 Millimeter; ein starker Sturm setzte ein, der die Gipfel der Bäume derart zerzauste, daß alles dürre Geäst herunterkam. Der Boden im Hofgarten war dicht bedeckt damit. – Die kalte nördliche Luftströmung hält auch heute noch an; die luftigen Sommerkleider sind verschwunden und die Ueberzieher sind wieder zu ihrem Recht gekommen.
Die Obstbaumblüte ist jetzt allenthalben abgeschlossen. Sie hat einen raschen und günstigen Verlauf genommen und vollzog sich bei hellem Sonnenschein, bei zeitweiligen Regenfällen und mäßig bewegter Luft. Dadurch wurden die Blüten einesteils vor dem Abfallen geschützt, andernteils aber von honigsuchenden Bienen und anderen Insekten so stark beflogen, daß die Befruchtung regelrecht und sicher vonstatten gehen konnte. Bei den Frühobstsorten läßt sich der Fruchtansatz schon erkennen. Die Obstbäume blühten am Vorgebirge so reich, daß man sagen darf: „Wenn von hundert Blüten nur fünf Frucht bringen, so werden wir diesmal ein Obstjahr zu verzeichnen haben, das das vorigjährige durch seinen Ertrag weit in den Schatten stellt.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die gefürchteten Eisheiligen Pankratius, Servatius und Mamertus, welche nach dem Volksglauben vom 12. bis 14. Mai die Witterung beherrschen, und wegen ihrer oft so höchst verderblichen Nachtfröste „Die drei gestrengen Herren“ heißen, sind diesesmal glücklich vorübergegangen, ohne den mindesten Schaden angerichtet zu haben, und so werden wir voraussichtlich dieses Jahr ein Obstjahr haben, wie es wohl seit Menschengedenken nicht mehr zu verzeichnen war. Die Bäume und die Beerenobststräucher sind so über und über mit kräftigen schönen Blüten bedeckt, daß wenn auch nur die Hälfte davon Früchte ansetzt, die Bäume die Last nicht zu tragen vermögen. Das junge Gemüse steht üppig und schön im Felde, ebenso die Saat. Der Weinstock hat sich prächtig entwickelt und so kann sowohl der Landmann wie auch der Winzer und Gartenbesitzer und so können nicht minder die Konsumenten den kommenden Dingen in bezug auf die Nahrungsmittelversorgung mit Ruhe entgegensehen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 17. Mai 1915
Ankauf von Pferden für das Heer. Das stellvertr. Generalkommando des 8. Armeekorps hat vom Kriegsministerium Anweisung erhalten, den Bedarf an Pferden durch freihändigen Ankauf oder Aushebung zu decken. Es ist beabsichtigt, so lange wie möglich im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse von Aushebungen abzusehen, die erforderliche Anzahl von Pferden anzukaufen, soweit es irgend möglich ist, unmittelbar bei den Besitzern. Die Bevölkerung wird auf das Vorteilhafte des Pferdeverkaufs unmittelbar an die Ankaufskommission gegenüber der gesetzlichen Aushebung aufmerksam gemacht. Hierbei wird empfohlen, den erforderlichen Ersatz der Pferde ausgiebig durch Ochsen zu decken. Die Ausführung von Pferden in andere Kreise des Reiches ist verboten.
Als Fahrraddieb hat die hiesige Polizei einen 15-jährigen Jungen aus Lannesdorf festgenommen. Der Junge hat drei Fahrraddiebstähle bereits eingestanden, er wird wahrscheinlich aber noch weitere Diebstähle ausgeführt haben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Prozession, die gestern morgen von der Stiftskirche ausging, war vom prächtigsten Wetter begünstigt. Sämtliche Straßen, die von dem feierlichen Umzug berührt wurden, waren reich mit Fahnen und Grün geschmückt. Die Beteiligung war überaus groß. Auch die Zahl der Hausaltäre war größer, als in den vorhergehenden Jahren.
Der gestrige geschäftsfreie Sonntag hatte viele Bewohner aus der Umgegend nach Bonn geführt, um hier ihre Einkäufe für die Pfingsttage zu machen. Die Bonner dagegen, die in der Woche Kaufgelegenheit haben, zogen es vor, bei dem prächtigen Wetter Ausflüge in die herrliche Umgebung zu machen. Sowohl die Vorortbahnen, als auch die Staatsbahn waren nachmittags und spät abends von Ausflüglern dicht besetzt. Auch der nachmittags rheinaufwärts fahrende Dampfer der Köln-Düsseldorfer Gesellschaft hatte viele Fahrgäste. Hoffentlich wird uns an den kommenden Pfingsttagen ein ebenso schönes Wetter beschieden, damit namentlich alle diejenigen, die gestern geschäftlich verhindert waren, den schönen Tag in Gottes freier Natur zu verbringen, auch auf ihre Rechnung kommen.
Kartoffelversorgung durch die städtische Verwaltung. Die von der Stadt Bonn zur Kartoffelversorgung der Einwohner bestellten Kartoffeln sind jetzt alle eingetroffen und werden in jeder Menge zum Preise von 6 Mk. für den Zentner ab Lager abgegeben. Auch können die Kartoffeln gegen einen Fuhrlohn von 30 Pfg. pro Zentner ins Haus geliefert werden. Bestellungen werden schriftlich und mündlich im Hause Thomastraße 1, von 8 – 12 Uhr morgens, entgegengenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Bonner Wehrbund veranstaltete am verflossenen Sonntag eine Geländeübung bei Oberholtdorf, bei der es sich um die Erstürmung dieses Ortes handelte. Die Ausführung dieser Aufgabe war für die angreifende Partei nicht leicht, da zur Vornahme der Operationen nur Wege benutzt werden dürfen und nach Oberholtdorf nur ein Weg führt. Zweimal schlugen die vortrefflich geleiteten Verteidiger den Angriff ab und erst der dritte Versuch gelang mit Hilfe einer Kriegslist. Der Wert dieser Uebungen steckt ja weniger in der Nachahmung eines kriegerischen Spieles als in der damit verbundenen Marschleistung und der dadurch bewirkten körperlichen Ertüchtigung unserer Jugend. Durch den Wandermarsch wird der Zustand der Füße verbessert, das Herz gekräftigt, die Ausdauer erhöht und die Willenskraft gestärkt. Ohne die gewaltigen Marschleistungen – 56 Kilometer an einem Tage – würden unsere Armeen im Osten schwerlich die herrlichen Erfolge erzielt haben. Das sollten die jungen Leute, die vor dem Eintritt in das Heer stehen und auch die zum ungedienten Landsturm gehörenden Männer, die ihre Einberufung zu erwarten haben, wohl bedenken, und durch Beitritt zum Wehrbund und regelmäßige Teilnahme an den Uebungen sich die erforderliche Marschfähigkeit verschaffen, damit sie die kommenden Strapazen ertragen können. Schon mancher erlag zum Schaden seiner Gesundheit den körperlichen Anstrengungen, weil er versäumt hatte, sich körperlich zu üben und dadurch zu kräftigen. Die zeitige Lage ist ernst. Kein Mann ist zu entbehren. Je mehr geübte und gekräftigte Mannschaften eingestellt werden können, um so größer die Gewißheit des Erfolges. Der Bonner Wehrbund bietet die Gelegenheit zur Einübung.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 18. Mai 1915
Universität. Die evangelisch-theologische Fakultät hat zur Erinnerung an die Einverleibung der Rheinlande in Preußen vor 100 Jahren den Generalsuperintendenten D. Karl Klingenberg und den Geheimen Konsistorialrat Lic. Karl Mettgenberg in Koblenz zu Ehrendoktoren ernannt.
Die Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz wird am Donnerstag, den 20. Mai, vormittags 10 Uhr, auf dem Schlachthofe in Köln einen Verkauf schwerer Pferde veranstalten. Es gelangen zum Verkauf 40 belgische Fohlen, 15 Stutfohlen, 25 Wallachfohlen, im Alter von 2 bis 3 Jahren. Als Ankäufer sind nur rheinische Landwirte zugelassen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Katholischer Frauenbund. Der Zweigverein Bonn des Katholischen Frauenbundes feierte gestern abend im großen Saale des Bonner Bürgervereins sein zehnjähriges Bestehen. In verschiedenen Ansprachen wurde die Tätigkeit des Vereins, der sich von einer anfänglichen Mitgliederzahl von hundert auf fünfzehnhundert Frauen gemehrt hat, gewürdigt. (...) Frl. Dransfeld sprach von einer fünffachen Erneuerung, die der Krieg gebracht habe und die die katholischen Frauen als mobile Kraft hinter der Front zu erhalten bestrebt sein müßten. Die religiöse, vaterländische, sittliche, soziale und wirtschaftliche Erneuerung müsse wach erhalten bleiben, um fortzuwirken in der künftigen Zeit.
Der zweite Teil der Gedenkfeier brachte einige Darbietungen des Münsterchores unter Herrn Musikdirektor Veith. Außerdem gab es neben einem Prolog eine Pantomime opfernder Frauen um den Altar des Vaterlandes, die von Frau Maurice-Wittmann geleitet wurde. Mitglieder und Gäste zeigten sich durch Beifallsfreudigkeit für alles Gebotene dankbar.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ippendorf, 16. Mai. Sowohl im Kottenforst als auch in den Privatwaldungen steht für dieses Jahr eine überaus große Ernte an Bucheckern in Aussicht. Wenn diese Früchte, wie sachkundige Forstleute behaupten, nur alle 25 Jahre einmal reichlich geraten, so müssen wir annehmen, daß das gegenwärtige Kriegsjahr in dieser Hinsicht ein gesegnetes ist. Wenn der Reichtum an Bucheckern in der rechten Weise ausgenutzt wird, so kann er für die Bevölkerung der nahegelegenen Walddörfer, aber auch für das gesamte deutsche Volk und seine Ernährung von Wichtigkeit sein. Wie jetzt schon aus dem vorhandenen Fruchtansatz zu erkennen ist, werden zur Zeit der Vollreife, wo die Bucheln aus den Kapseln fallen, mit Leichtigkeit mehrere Zentner in wenigen Stunden in den Buchenwaldungen aufzusammeln sein. Die schönsten und gesundesten Früchte dienen zur Bereitung von Oel und Futterkuchen. Worauf aber gerade jetzt in der schlimmen Kriegszeit besonders Nachdruck zu legen ist, das ist die Verwendung der Bucheckern als Schweinefutter. Sie werden von den Schweinen gern verzehrt, sowohl im Stalle als auch auf dem Weidegang draußen im Walde und fördern die Mast- und die Fleischbildung ebenso wie auch die Eicheln.
Godesberg, 17. Mai. Das stetige Anwachsen unserer Gemeinde macht sich auch bei unserer evangelischen Volksschule bemerkbar. Mit Beginn des jetzigen neuen Schuljahres mußte wieder eine neue Schulklasse errichtet werden. Es ist dies bereits die fünfte; die erste Schulklasse besteht seit 1. Januar 1875. Zum Lehrer der jetzigen neuen Schulklasse hat die Schuldeputation Herrn Wöste, seither Lehrer im Diasporawaisenhaus Godesheim, gewählt. Mit dem neuen Schuljahre ist für die obere Mädchenklasse auch Haushaltungsunterricht eingeführt und in den Stundenplan eingegliedert worden, um dem heranwachsenden weiblichen Geschlecht somit auch in der Schule schon Gelegenheit zu bieten, sich für den späteren Beruf als Hausfrau vorzubereiten.
Godesberg, 17. Mai. Die in verflossener Woche von der hiesigen Ortsgruppe des Vaterländischen Frauenvereins veranstaltete „Kaiser-Wilhelmspende“ hat in der Bürgermeisterei Godesberg 6700 Mark erbracht.
Godesberg 17. Mai. Die ersten Weißbrötchen, die aus beschlagnahmefreiem reinen holländischen Weizenmehl hier gebacken werden durften und ohne Brotbuch in den Bäckereien erhältlich waren, verursachten am vorgestrigen und gestrigen Tage eine wahre Belagerung und Bestürmung der Verkaufsstellen, trotzdem man statt der für zehn Pfennig früher erhaltenen Fünfzahl jetzt nur zwei in gleicher Kleinheit erhielt. Innerhalb einer halben Stunde war jedesmal überall ausverkauft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
Drammersches Lyzeum. Zum Zwecke einer genußreichen Feier der 100jährigen Vereinigung der Rheinlande mit Preußen machten die Lehrpersonen und Schülerinnen des Drammerschen Lyzeums einen Ausflug auf den Drachenfels. Um das Denkmal auf der Höhe geschart, trugen die Schülerinnen patriotische Gedichte vor und aus munteren Kehlen und luftigen Herzen erklangen rheinische und vaterländische Lieder. Der Religionslehrer der Anstalt beleuchtete in der Feierrede die geschichtliche Entwicklung der Rheinlande seit der Zeit der Kelten; insbesondere betonte er, daß die von der Natur in so reichem Maße ausgestattete Provinz seit ihrer Zugehörigkeit zu Preußen mit allen Landesteilen Deutschlands in der raschen Entwicklung auf wirtschaftlichem und künstlerischem Gebiete Schritt gehalten, und in mancher Beziehung dieselben überholt hat. Gegen 12 Uhr mittags nahm die Feier ihren Abschluß und mit der Elektrischen trat man den Heimweg nach Bonn an.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 19. Mai 1915
Für besondere Pfingstliebesgaben-Sendungen werden von der Heeresverwaltung Geleitscheine nicht erteilt.
Ein Bonner an den Dardanellen. Der deutsche Kapitänsleutnant Rudolf Firle, der zusammen mit dem türkischen Kapitän Achmed den Torpedojäger Muawenet-i-Millijeh auf der Siegesfahrt gegen das englische Linienschiff Goliath kommandiert hat, ist ein Bonner Kind. Er ist hier 1881 als Sohn des verstorbenen Sanitätsrates Firle geboren, besuchte das hiesige Kgl. Gymnasium und bestand dort 1900 die Reifeprüfung. Firle trat dann in die Marine ein und wurde 1910 Kapitänleutnant.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die ersten frischen Stachelbeeren vom Vorgebirge werden jetzt auf dem Markte feilgeboten. Sie sind so dick wie eine Erbse und haben eine gesunde grüne Farbe. Literweise werden sie abgegeben und von den städtischen Hausfrauen zum Einmachen, zur Bereitung von Kompott, Marmelade, Torten und Kriegskuchen gerne verwendet. Am Vorgebirge pflückt man sie an den Hecken solcher Gärten, in denen sie bei der Reife dem Diebstahl zu sehr ausgesetzt sein würden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
In der Kath. Akademiker-Vereinigung spricht heute abend Herr Prof. Dr. Gerhard Esser über „Kriegsnot und göttliche Vorsehung“. Der Vortrag findet um 6 Uhr im Bürgerverein statt.
Ludwig Wessel A.-G. Die 27. ordentliche Generalversammlung der Gesellschaft findet am 19. Juni im Verwaltungsgebäude Clemens-August-Straße statt. Dem Bericht des Vorstandes entnehmen wir:
„Die in unserem letzten Bericht bereits erwähnten ungünstigen Verhältnisse der deutschen Steingutindustrie machten sich auch im abgelaufenen Geschäftsjahre noch geltend und wirkten hemmend auf das Geschäft. Mit Ausbruch des Krieges trat naturgemäß eine weitere Verschlechterung ein, da die Erzeugnisse unserer Industrie für den Heeresbedarf nicht in Betracht kommen. Durch die zeitweise völlige Einstellung des Güterverkehrs waren wir gezwungen, den Betrieb vorübergehend ganz stillzulegen. Die vorliegende Bilanz schließt unter Berücksichtigung des Gewinnvortrages aus dem Vorjahre mit einem Betriebsverluste von 188.372,33 Mark ab (... )“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 20. Mai 1915
Der Bonner Wehrbund hatte für seine Geländeübung am verflossenen Sonntag den Versuch eines Durchbruchs nach Bonn und seine Abwehr zur Aufgabe gestellt. Als Uebungsfeld war das Gelände zwischen Rhein und Godesberger Chaussee ausersehen. Trotz geschickter Verteidigung gelang der Durchbruch. Nach beendeter Uebung zogen die Teilnehmer zum Kaiserdenkmal, woselbst eine Ansprache stattfand. Der Redner hob in beredten Worten unter den Herrschertugenden des Begründers des Deutschen Reiches besonders das Pflichtgefühl hervor und ermahnte die versammelte Jugend, in dem schweren Kampfe, in dem jetzt unser Vaterland um sein Bestehen und seine Zukunft ringt, mit starkem Pflichtbewußtsein an der Erfüllung der Zwecke, die der Wehrbund erstrebt, mitzuhelfen. Mit einem Hoch auf unseren Kaiser schloß die eindrucksvolle Ansprache. Es wäre zu wünschen gewesen, daß recht viele der Jünglinge die Mahnworte gehört hätten, die sich leider an den Bestrebungen des Wehrbundes nicht beteiligen. An die Stelle der zunehmenden Teilnahmslosigkeit und abnehmenden Begeisterung muß angesichts der eingetretenen Erschwerung der politischen Lage ein neuer frischer Zug und neue Begeisterung treten und jeder Jüngling es sich zur Pflicht machen, sich die körperlichen Vorteile zu verschaffen, die im Wehrbunde erworben werden.
An den beiden Pfingsttagen veranstaltet der Wehrbund eine Wanderung in die Eifel. Von Rech im Ahrtal aus geht der Marsch über den Steinerberg, Hohe Acht, Nürburg, Kelberg nach Daun. In Kelberg wird kriegsmäßig Quartier bezogen. Da der Zweck der Wanderung die Erhöhung der Marschfähigkeit wird, findet hoffentlich eine entsprechende Beteiligung statt.
Die Bierpreisfrage. Der Rheinisch-Westfälische Wirteverband (Sitz Solingen) hatte an mehrere Generalkommandos eine Eingabe gesandt betr. die von den Brauereien durchgeführte Erhöhung des Bierpreises. Die Bitte des Verbandes ging dahin, durch eine Verfügung den Brauereien den Bieraufschlag zu verbieten oder wieder aufzuheben. Das Generalkommando des 8. Armeekorps hat erwidert, daß einstweilen keine Veranlassung vorliege, gegen die Brauereibesitzer vorzugehen. Eine Einschränkung des Bierverbrauchs sei im allgemeinen Interesse erwünscht, im übrigen sei es nach den bisherigen Erfahrungen wohl überall gelungen, die Bierpreiserhöhung auf die Bierverbraucher abzuwälzen. Der Guvernör von Köln erwiderte, daß eine behördliche Einwirkung auf die Preisentwicklung der Genußmittel gerade in bezug auf das Bier am wenigsten angebracht erscheine. Wenn die Preiserhöhung zu einer Minderung des Bierverbrauchs führe, so sei das im Interesse einer gesunden, zweckmäßigen und sparsamen Volksernährung während des Krieges sehr zu begrüßen. Eine Schädigung des Wirtestandes müsse gegenüber dem allgemeinen Volksinteresse zurücktreten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Haus- und Straßen-Sammlung der Vaterländischen Vereinigungen. Man schreibt uns von geschätzter Seite: Der Herr Oberpräsident hat durch Erlaß vom 15. v. Mts. genehmigt, daß die Vaterländischen Vereinigungen der Stadt Bonn für die vielseitigen Aufgaben des Roten Kreuzes Geldsammlungen mittels Sammellisten und Sammelbüchsen in den Häusern und auf den Straßen und Plätzen abhalten dürfen. Auch hat die Königliche Eisenbahndirektion die Genehmigung dazu erteilt, daß diese Sammlungen auf dem Bahnhofe stattfinden dürfen. Der freiwillige Hilfsausschuß für Truppen hat daher seine bewährten Helferinnen organisiert und wie auch in andern Städten, so klopfen sie auch hier an das gebefreudige Herz des Bürgers, um eine Gabe – wenn sie auch noch klein ist – zu erhalten. Wir hoffen, daß diesen Bestrebungen unsrer Kriegsfürsorge überall mit freudigem Herzen entgegengetreten wird und daß vor allen Dingen Bürger und Bürgerinnen die mit der Sammlung beauftragten Helferinnen in ihrem oft recht schwierigen Amt nach jeder Richtung mit Rat und Tat unterstützen werden. Die Aufgaben, die unsern Vaterländischen Vereinigungen gestellt werden, wachsen von Tag zu Tag und erfordern natürlich große Summen. Es ist hier nicht der Ort, noch einmal das alles zu wiederholen, was seit Kriegsbeginn zum Besten unsrer braven Krieger bereits geschehen ist; darüber ist des öfteren schon berichtet worden. Es sei nur kurz daran erinnert, daß u. a. die Bonner Verbands- und Erfrischungsstelle in Lille fast eine Million Soldaten gespeist und mehreren tausend Verwundeten Pflege hat angedeihen lassen. Gerade in den letzten schweren Kämpfen um Lille hat sich die Stelle wiederum als ein hervorragendes Glied der Kriegswohlfahrtspflege erwiesen und den Bonner Opfersinn durch die aus allen Teilen Deutschlands und der verbündeten Staaten dort herbeiströmenden Krieger in weite Fernen verkündet. Dabei sorgt der Vaterländische Frauenverein mit seinen Arbeitsstuben für die Beschäftigung zurückgebliebener Angehöriger und hat schon manches Elend lindern helfen. Auch ist in nächster Zeit eine Versorgung der Karpathen-Armeen mit Liebesgaben in großem Umfange geplant, der Heeresangehörigen, die zur Zeit in den heißesten Kämpfen ringen und die infolge der schlechten Zufahrtswege am meisten zu leiden haben. Hemden, Handtücher, Socken, Seife, Keks, Schokolade und Tabakfabrikate mangeln dort, und auch hier soll der Opfersinn der Bonner helfend eingreifen. Helft daher alle, die Bestrebungen des Roten Kreuzes unterstützen, nicht nur durch Worte, sondern auch durch die Tat. Jeder überlege sich, daß er hier im sichern Schutz der Heimat nur wenig bis jetzt für die Allgemeinheit geleistet hat, im Verhältnis zu denen, die mit ihrem Leben unser Vaterland verteidigen. Besonders aber gilt es, wenn die Fahnen einen neuen Sieg künden, reichlich Geldspenden fließen zu lassen. Daß hierzu Gelegenheit gegeben wird, dafür werden unsere braven Helferinnen schon Sorge tragen.
Pfingstverkehr auf dem Rhein. Die Köln-Mülheimer Dampfschiffahrts-Aktien-Gesellschaft unterhält an den beiden Pfingsttagen zwischen Bonn und Königswinter eine Dampferverbindung. Die Abfahrtszeiten sind im Anzeigenteil unseres heutigen Blattes angegeben.
Kalte Bäder. Die Rheinbadeanstalten haben seit einigen Tagen den Betrieb auch für kalte Bäder eröffnet. Obgleich die Wasserwärme erst 16 Grad Celsius beträgt, tummeln sich doch schon eine Anzahl Badegäste frisch-fröhlich in den von der lieben Sonne noch nicht recht durchwärmten Fluten.
Gründlich ausgeplündert wurde am Dienstag nachmittag in Köln ein älterer Mann aus Bonn. Er hatte auf der Severinstraße die Bekanntschaft mehrerer Burschen gemacht, mit denen er verschiedene Wirtschaften besuchte. Das Ende der Bierreise war, daß der Bonner einen gehörigen Schwips weghatte. Als sich die freundlichen jungen Leute verabschiedet hatten, vermißte der Mann seine Geldbörse mit annähernd 70 Mk. Inhalt sowie seine Uhr und Kette. Da er seine Begleiter natürlich nicht kannte und auch bei der Polizei keinerlei Angaben machen konnte, scheint es ausgeschlossen, daß der Vertrauensselige wieder in den Besitz seines Eigentums gelangt.
Ein Heilkundiger aus Godesberg, der sich zurzeit wegen eines Vergehens gegen die Sittlichkeit in Untersuchungshaft befindet, stand gestern vor dem Schöffengericht, weil er sich in zwei Fällen unbefugter Weise den Doktortitel beigelegt hatte. Er war im wesentlichen geständig und suchte sich damit zu entschuldigen, daß er in Göttingen die Prüfung für den philosophischen Doktortitel teilweise bestanden habe. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten, gegen den auch noch ein Entmündigungsverfahren schwebt, zu 20 Mark Geldstrafe.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Saatenstand. Im ganzen Rheinland stehen das Getreide, die Wiesen und Kleefelder in einer Ueppigkeit wie nie zuvor. Die Blüte der Steinobstbäume ist in den meisten Lagen sehr gut verlaufen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 21. Mai 1915
Variété-Theater „Sonne“. In der „Sonne“ ist jetzt wieder R. Krauß – Segommer eingekehrt, der sich bei seinem zweimaligen Auftreten als ein wahrer Universalkünstler der Variétébühne erweist und sein Publikum mit Deklamationen, lustigen Zauberkunststücken und in der zweiten Nummer „Zeppelin kommt“ als erstaunlich guter Bauchredner und Verwandlungsschauspieler vortrefflich zu unterhalten versteht. Hans Lederer ist hier schon bekannt und beliebt genug, daß es genügt seinen Namen zu erwähnen, um das Programm zu empfehlen. Er bringt eine Reihe neuer und schlagkräftiger Kuplets, die er wieder sehr wirkungsvoll vorträgt. Weiter nennt man die Tänzerin Thea Seranti, die Sängerin Olga Heyn und vor allem die Xylophonvirtuosin Else Ramacher, die über eine unglaubliche Technik des Xylophonspielens verfügt und aus dem spröden Instrument z.B. in der Ouvertüre zu „Dichter und Bauer“ ganz eigenartige und fein abgestufte Klangwirkungen herausholt.
Erpressung. Vor dem Kriegsgericht in Köln hatte sich ein 40jähriger Geschäftsmann aus Bonn wegen versuchter Erpressung zu verantworten. Der Mann ist geschieden und suchte durch die Zeitung eine neue Frau. Er wurde so mit einer geschiedenen Frau in Köln bekannt und verlobte sich mit ihr. Die Verlobung wurde nach halbjähriger Dauer von der Frau aufgehoben. Nunmehr verlangte der abgesetzte Bräutigam von ihr die Vergütung der infolge des Brautstandes ihm erwachsenen Auslagen, widrigenfalls er die Frau in ihrem Bekanntenkreise am Wohnort ihres vormaligen Gatten „bekanntmachen“ werde. Die Frau zahlte auf diese Drohbriefe hin ihrem ehemaligen Verehrer 100 M. und stellte ihm zudem für später ein Schweigegeld von 500 M. in Aussicht. Die Staatsanwaltschaft bekam von der Angelegenheit Kenntnis. Die Folge war die Anklage wegen Erpressung. Nach dem Urteilsspruch hat der Angeklagte sich der vollendeten Erpressung schuldig gemacht und wurde, weil er einschlägig schon einmal bestraft ist, zu vier Monaten Gefängnis verurteilt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die übliche Blumenverteilung an Schulkinder hat vorgestern nachmittag in den einzelnen Schulen des Stadtbezirks stattgefunden. Nicht weniger als 2000 Blumentöpfe waren vom Gartenbauverein zur Verfügung gestellt worden, die den Schulkindern in Pflege gegeben wurden.
Zum Verkauf von Brot. Der Oberbürgermeister macht in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt, daß mit Rücksicht auf die bevorstehenden Pfingstfeiertage den Bäckereien und Brotfabriken im Stadtbezirk Bonn gestattet wird, bereits am Samstag den 22. ds. Mts. Brot für die Woche vom 23. bis 29. Mai zu verkaufen. Die verkauften Brotmengen sind für Sonntag den 23. Mai einzutragen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verbot des Photographierens usw. Nach einer Bekanntmachung des Gouverneurs ist das Photographieren, Zeichnen, Malen oder sonstige Abbilden der Rheinbrücken, Befestigungs- und Eisenbahnanlagen, der Luftschiffhallen, Luftschiffe und Flugzeuge, der Truppentransporte, der Geschütze und aller anderen militärischen Ausrüstungsstücke verboten. Zuwiderhandlungen werden auf Grund des § 9 Ziffer b des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4.6.1851, falls die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 22. Mai 1915
Rückgang der Kartoffelpreise. Das reichliche Angebot von Kartoffeln, das zu verzeichnen ist, bringt erfreulicherweise einen weiteren Rückgang der Kartoffelpreise, der sich hoffentlich auch bald bemerkbar macht.
Kräftiges Vorgehen gegen fremdsprachliche Firmenschilder. An die Provinzregierungen Preußens ist eine neue Verfügung ergangen, worin diese angewiesen werden, nunmehr nachdrücklich auf die Beseitigung der fremdländischen Inschriften an Firmenschildern usw. einzuwirken. – Bei dieser Gelegenheit werden vielleicht auch die Eisenbahnbehörden angewiesen, daß auf größeren Bahnhöfen die auf französisch und englisch abgefaßten Schilderinschriften: „Vor Taschendieben wird gewarnt“ beseitigt werden. Die Kgl. Eisenbahndirektion Berlin hat sich bereits entschlossen, die fremdsprachlichen Schilder entfernen zu lassen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Undurchdringlicher Nebel lagerte heute früh über dem Rheintal, wodurch die Schiffahrt in den Morgenstunden stark behindert wurde.
Angsteinkäufe in Zucker. Neuerdings werden von den Hausfrauen große Mengen Zucker aufgekauft, da man besorgt ist, es könnte in nächster Zeit eine Knappheit in der Zuckerversorgung auftreten. Eine übereilte und übermäßige Versorgung mit Zucker ist indessen völlig unnötig, da wir 15 Prozent mehr Zucker zu unserer Verfügung haben als in Friedenszeiten. Wenn trotzdem an einzelnen Orten der Preis für Zucker etwas gestiegen ist, so hat das seinen Grund darin, daß infolge des Arbeitermangels die Zuckerraffinerien nicht immer genügend Zucker für den Konsum herstellen können. Auch der Wassermangel spielt oft eine große Rolle bei der Versorgung der Städte. Die Hauptursache aber bilden die Angsteinkäufe unserer Hausfrauen, durch die große Mengen Zucker aus dem Markt gezogen werden. Einen Vorteil von ihren Einkäufen hat niemand, dagegen sind die Nachteile für die Allgemeinheit bedeutend.
Zur Bekämpfung des Zigarettenrauchens der Jugend haben die Polizeiverwaltungen zum Teil ihren Organen Anweisung gegeben, gegen Kinder im schulpflichtigen Alter einzuschreiten, wenn sie auf Straßen und Plätzen beim Rauchen angetroffen werden. Feuerzeug und Rauchmaterial sind ihnen abzunehmen und der Anzeige beizufügen. In der Anzeige ist die Schule, die der Täter besucht, anzugeben. Unter schulpflichtigem Alter versteht man das Alter bis zu 14 Jahren. Noch viel weiter ist das Gesundheitsamt in Lübeck gegangen. Es hat Personen unter 16 Jahren überhaupt verboten, Tabak, Zigarren oder Zigaretten zu rauchen. Es ist ferner verboten, Personen unter 16 Jahren Tabakspfeifen, Tabak, Zigarren oder Zigaretten zu verkaufen oder im Gewerbebetrieb abzugeben.
Pfingsten 1915
„Pfingstglocken läuten am Rheinesstrand,
PFingstglocken läuten in Feindesland;
Sie klingen und singen im Kriegerherz,
Er denket der Heimat, doch ohne Schmerz;
Er weiß, daß dort, wo die Lieben sind,
Bei Vater und Mutter, bei Frau und Kind,
Nur dieser feste Glauben lebt,
Daß „Deutschland nimmer untergeht!"
Drum klinget weiter, ihr Glocken der Freude,
läutet immer zu, verkündet heute
Den Völkern am Rhein, den Lieben zu Haus,
Daß „Deutschland hält noch weiter aus!"
Pfingstglocken läutet, klingt immer fort
Im Vaterland, von Ort zu Ort!"
Josef Heidelmann, Georgstr. 15 (z. Zt. im Felde)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Des Kaisers Dank für die Huldigung aus Anlaß der Jahrhundertfeier.
Bei dem Herrn Oberpräsidenten der Rheinprovinz ist folgendes Telegramm eingelaufen:
„Seine Majestät der Kaiser und König ermächtigen Eure Exzellenz, dem Verein Alt-Bonn und der Bürgerschaft Bonns durch den dortigen Oberbürgermeister Allerhöchstihren herzlichen Dank für das erneute Gelöbnis der Treue auszusprechen und Allerhöchstihren landesväterlichen Gruß zu entbieten.
von Valentini.“
Holzschuhe für Schulkinder. Einer Anregung durch die Schule folgend, tragen seit einigen Tagen viele Kinder Holzschuhe. Der Vorschlag ist auch durch die Reichszeitung mehrere Male an die Eltern ergangen. Nicht nur für die Wenigerbemittelten, auch für die geldlich Bessergestellten sind die Preise für Lederschuhe und ein Paar Sohlen nachgerade unerschwinglich geworden.
Gegen das „Kaufmannsdeutsch“ und die fremdsprachlichen Aufschriften in Geschäftsräumen wendet sich auch die Bonner Handelskammer in einem Rundschreiben: „Jeder Deutsche sollte sich bereit finden, die Ueberbleibsel aus früherer Zeit mit beseitigen zu helfen, und namentlich der deutsche Kaufmann dürfte berufen seine, hier vorbildlich zu wirken und auch dem Auslande gegenüber zu zeigen, daß er sich auch in seiner ganzen Sprache als Deutscher fühlt. Unsere Muttersprache ist so reich und wohlgebildet, daß es nur selten an einem treffenden Ausdruck für den zu bezeichnenden Begriff fehlen wird. Jedes deutsche Wort hat vor einem fremden den Vorzug, daß es von jedermann verstanden wird. Sachkundigen Rat im Bedarfsfalle gibt das Buch „Kaufmannsdeutsch“ von Engels und Eitzen oder die von dem Bonner Zweigverein des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins für Kaufleute herausgegebene Verdeutschungstafel, die zum Preise von 25 Pfg. durch die Handelskammer bezogen werden kann.“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 23. Mai 1915
Universität. Die neue Ehrentafel der im Dienste des Vaterlandes gefallenen Universitätsangehörigen zählt die Namen von zwei Dozenten (Dr. Haniel und Dr. Sassen), einem Assistenten (Dr. Kreutzwald) und 113 Studierenden auf. Der Rektor bringt diese Ehrentafel voll Trauer und Stolz zugleich am Schwarzen Brett zur Kenntnis und bittet, ergänzende Mitteilungen dem Universitätssekretariat bekannt geben zu wollen.
Brötchen aus Kriegsweizenmehl mit Zusätzen von je 5 v. H. Roggenmehl und Kartoffeln und mit Wasser (nicht Milch) verarbeitet wird es, wie in vielen anderen Orten, voraussichtlich auch in Bonn demnächst geben. Der Ausschuß der hiesigen Bäckerinnung wird Dienstag im Einverständnis mit der hiesigen Behörde die Angelegenheit besprechen, sein Beschluß müßte dann allerdings vom Regierungspräsidenten genehmigt werden. Diese Brötchen, sog. Knüppelchen, werden 100 Gramm wiegen und das Stück 8 Pfg. kosten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Mit Rücksicht auf den Pfingstbesuch wird nochmals auf die Polizeiverordnung des Militär-Polizei-Meisters für den Befehlsbereich der Festung Cöln vom 28.4.15 betr. das Meldewesen hingewiesen, wonach alle Personen unverzüglich, spätestens binnen 12 Stunden nach Beziehen der Wohnung zur persönlichen Anmeldung verpflichtet sind, auch die nur vorübergehend (besuchsweise) hier Wohnung nehmen. Diese Verpflichtung tritt ein, gleichviel ob Wohnung in Gasthäusern, Pensionen oder Privathäusern genommen wird. Bei Zuwiderhandlung trifft sowohl die Personen, die sich nicht rechtzeitig anmelden, als auch die Wohnungs- und Unterkunftsgeber für jeden Einzelfall eine Geldstrafe von 30 Mark, an deren Stelle bei Zahlungsunfähigkeit eine Haftstrafe von 10 Tagen tritt. Die Anmeldung kann zu jeder Tages- und Nachtzeit auf der Polizei-Hauptwache erfolgen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Siegesfeiern in den Schulen. Ueber Siegesfeiern in den Schulen hat der Oberpräsident der Rheinprovinz eine Verfügung an die Regierungspräsidenten der Provinz gerichtet. Im Einvernehmen mit dem Provinzialschulkollegium wird darin angeordnet, daß die Entscheidung über das Aussetzen des Schulunterrichts bei Eintreffen bedeutsamer Siegesnachrichten durch die Landräte, in Städten durch die Oberbürgermeister erfolgt. Die Schulleiter sind allgemein angewiesen worden, dem Ersuchen um Aussetzen des Schulunterrichts unversäumt Folge zu leisten. Für Schulen, die den Regierungen unterstellt sind, haben diese das Weitere veranlaßt, während das Provinzial-Schulkollegium die Direktoren der höheren Lehranstalten mit entsprechender Anweisung versehen hat.
Die Fischzucht im Kriege. Von geschätzter Seite wird uns geschrieben: Bei der Volksernährung im Kriege spielen die Fische eine große Rolle. Fast in allen Vorträgen, die in Stadt und Land über Kriegskost gehalten werden, und in allen Kriegskochbüchern wird auf Fischgerichte hingewiesen. In der Tat ist auch Fischfleisch ein gesundes und bekömmliches Nahrungsmittel. Aber es ist nicht überall wohlfeil. Der Grund hierfür liegt darin, daß die Fischzucht nicht überall rationell betrieben wird. Ja, es gibt sogar wasserreiche Gegenden, wo die Fischzucht ganz außer Acht gelassen und hauptsächlich Raubfischerei betrieben wird. Dem sollte unter allen Umständen vorgebeugt werden. Wo es irgend angeht, müssen die Teiche und Gräben mit guten Fischen besetzt und die Fischgerechtigkeiten geregelt werden. Wo eine geordnete Fischzucht vorhanden, sollte sie gerade in der gegenwärtigen Kriegszeit mit Sorgfalt betrieben werden. Jeder Fischzüchter muß sich daran erinnern, daß auch er seinen Teil zur Sicherstellung der Volksernährung im Kriege betragen kann und soll.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 24. Mai 1915
Am Pfingstmontag erschienen in Bonn keine Zeitungen.
Dienstag, 25. Mai 1915
Die Pfingsttage liegen nun hinter uns. Schönere, köstlichere Tage hat uns die Sonne noch selten geschenkt als diese Pfingsttage des Jahres, das uns mitten im furchtbarsten Krieg findet, den je ein Land um sein Schicksal zu führen hatte. Und just zur Zeit des Pfingstfestes kommt die Kunde von dem endgültig vollzogenen Verrat und der Kriegserklärung des langjährigen sogenannten Freundes und Bundesgenossen. Draußen überall frisches, junges Grün, ein Keimen und Sprossen, blühende Bäume und allenthalben die Hoffnung und das Versprechen auf reichen Erntesegen. Jedes Fleckchen unserer deutschen Erde mit liebevoller Hand, mit behutsamer Sorgfalt bestellt. Wie ein Garten dehnt sich das weite Land unter dem seidig blauen Himmel. Wer hinauswandert, der findet draußen die Ruhe und den Frieden der Seele und der erlebt auch von neuem, was es heißt, eine Heimat haben und seine deutsche Erde lieben und verteidigen.
Der Ausflugsverkehr war an den beiden Feiertagen auch sehr stark. Vielleicht weniger lärmend, weniger turbulent als in früheren Jahren. Der Fremdenbesuch, vor allem die Kraftwagen mit den französischen, englischen und holländischen Gästen, die sonst um die Pfingstzeit den Rhein gern aufsuchten, fehlten diesmal. Unser Pfingstfest hat damit gewiß nichts verloren. Der Besuch aus den großen Städten der Umgegend war sogar besonders lebhaft. Unsere Bahnen hatten in diesen Pfingsttagen eine beiweiten größere Arbeit zu bewältigen als im vergangenen Jahre. Alle Züge, rheinauf- und rheinabwärts, waren überfüllt. Auch die Dampfer waren bis zum letzten Plätzchen besetzt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Selten schöne Pfingsttage gab uns das heurige Kriegsjahr. Ungetrübter klarer Himmel, eine brennende Sonne und ein wehendes Lüftchen, das die aufkommende Hitze angenehm milderte. Trotz der Kriegszeit war der Reiseverkehr stärker als im Vorjahre. Die Eisenbahndirektion hatte eine Anzahl Vorzüge eingelegt, trotzdem waren die Züge sämtlich derart überfüllt, daß in den Durchgängen die Reisenden Kopf an Kopf standen. Die Rheindampfer und unsere Vorortbahnen waren an beiden Tagen ebenfalls von Ausflüglern dicht besetzt. Auch hier in Bonn war der Fremdenverkehr außerordentlich groß.
Dieses riesige nach Draußenstreben, gewiß eine Entlastung des gedrückten Gemütes in dieser schweren Zeit, führte dazu, daß vielfach an den bekannten Sammelpunkten des Ausflugsverkehrs „ausverkauft“ war. Hier und in der Umgebung war an beiden Feiertagen in den Gasthöfen nur schwer anzukommen; und vielfach sind die Betten noch für die ganze Woche belegt.
Nicht aller Menschen Geschmack ist es, gerade zur Hauptreisezeit ihren Ausflug zu machen, sich drücken zu lassen auf Bahn und Schiff und nach Essen und Trinken jagen zu müssen. So bleiben viele die Pfingsttage daheim. Auch denen lachte die Pfingstsonne in ihrem Heim, in den Wäldern, die in so dichtem und nahem Kranze unsere Stadt umziehen, in den üppig grünen Anlagen Bonns und in den so wohlgeführten Wald- und Gartenwirtschaften. In der Gronau, auf der Kasselsruhe, im Kottenforst, an der Sieg erholten und erfreuten sich Tausende und Abertausende an den einzig schönen Pfingsttagen des Kriegsjahres 1915.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Futterreichtum. Man schreibt uns vom Lande: Es ist ein derartiger Futterreichtum vorhanden, daß an vielen Orten das über einen Meter hohe, saftige Gras einfach gar nicht gemäht, noch sonst für Futterzwecke benutzt wird, da man den Viehbestand so verringert hat, daß Futter in Hülle und Fülle vorhanden ist.
Vereinslazarettzug K. 1 Bonn. Der Bonner Lazarettzug ist, nach einigen Tagen des Wartens auf einem belgischen Güterbahnhof, für einige Fahrten der vierten Armee überwiesen worden, und hat am Samstag 250 Verwundete aus den Kämpfen bei Ypern in Gent und Thourout [Torhout] eingeladen, und in Köln, Linz und Vallendar ausgeladen. Augenblicklich steht der Zug zu sofortiger Abfahrt bereit in Andernach, wo das Personal einquartiert ist. Auch die nächste Fahrt wird wahrscheinlich nach Gent gehen.
Mit Beginn der wärmeren Jahreszeit werden die beiden Heizwagen ausgeschaltet. An ihre Stelle tritt ein 27. Krankenwagen und ein Kühlwagen.
Da die Heeresleitung nur einen sehr geringen Verpflegungssatz gewährt, sind Lebensmittel aller Art als Liebesgaben dringend erwünscht, besonders Schinken, Dauerwurst, Käse, Erbsen, Bohnen, Linsen, Kartoffeln, Gemüse- und Obstkonserven, ferner Zigarren, Zigaretten, Wein, Mineralwasser oder Geld zum Ankauf. Von weiteren Liebesgaben an Wäsche und wollenen Decken möge man vorläufig absehen, da alles reichlich vorhanden ist.
Einzahlungen für den Lazarettzug bittet man auf der Bonner Zweigstelle der Deutschen Bank zu machen. Liebesgaben werden Bahnhofstraße 10 angenommen. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 26. Mai 1915
Ihre Königliche Hoheit Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe hat Pfingsten ihre Schwester, die Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, auf Schloß Friedrichshof im Taunus besucht. Die Frau Prinzessin wird voraussichtlich heute abend wieder in Bonn eintreffen.
Vorsicht beim Verkauf von Ansichtskarten deutscher Städte. Auf dem Umweg über das neutrale Ausland ist von feindlicher Seite wiederholt der Versuch gemacht worden, Ansichten deutscher Städte, namentlich Süd- und Westdeutschlands durch Buchhändler usw. aufzukaufen. Gewünscht werden besonders solche Bilder (Ansichtskarten), die für die Stadt und deren Umgebung durch besonders auffallendes Gepräge kennzeichnend sind, wie Kirchen, Burgen. Ruinen und andere in die Augen fallenden Bauwerke. Offenbar sind die Bilder dazu bestimmt, feindlichen Fliegern die Orientierung zu erleichtern. Es muß daher dringend davor gewarnt werden, diesen Ansuchen Folge zu geben, Auch wird es sich empfehlen, bei der Versendung von Ansichtskarten nach dem Ausland entsprechende Vorsicht zu beobachten.
Zwei neue Ansichtskarten aus Bonn sind im Verlage der Kunsthandlung M. Plaß erschienen. Die eine zeigt die Bilder des Alten Zolls und der Infanteriekaserne und dazwischen ein Schattenbild vorgehender Infanterie, die zweite die Rheinbrücke und die König-Wilhelm-Kaserne, dazu ein Bildnis des Kaisers und eine kleine galoppierende Husarenpatruille. Beide Karten sind mit deutschen Fahnen sowie Lorbeer- und Eichenzweigen zeitgemäß geschmückt und im ganzen sauber und geschmackvoll ausgeführt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Einspruch gegen weitere Massenschlachtungen. Man schreibt uns: Mit Wirkung vom 8. Mai ist bekanntlich die Bundesratsverordnung vom 25. Januar betreffend die Sicherstellung von Fleischvorräten außer Kraft getreten und die Verpflichtung der Gemeinden zur Ansammlung von Fleischdauerwaren wieder aufgehoben worden. Auch ist die Einstellung der für Preußen eingeleiteten Umlegung von Schweinen auf die Kommunalverbände für die Zentral-Einkaufsgenossenschaft angeordnet worden. Der Deutsche Fleischerverband hat deshalb gegen die Absicht der Zentral-Einkaufsgenossenschaft, zur Erledigung bisher nicht erfüllter Gemeindeaufträge noch Massenschlachtungen von Schweinen vorzunehmen, Einspruch beim Reichsamt des Inneren erhoben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegspokalspiel. Am Pfingstsonntage fand auf dem Sportplatze an der Richard-Wagnerstraße ein Fußballwettspiel zwischen Bonner Fußball-Verein I und Siegburger Sportverein statt. Die Frage war bald gelöst, denn schon nach fünf Minuten Spieldauer führte Bonn mit 2:0 Toren. Bei Halbzeit stand das Spiel 4:1 und zum Schluß 5:2 zu Gunsten Bonns. Das Spiel wurde trotz des warmen Wetters flink und energisch durchgeführt und war auch in Anbetracht der „kriegsstarken“ Mannschaften sehr abwechslungsreich. Sportfreunde hat der Krieg hier in Bonn nur noch wenige hinterlassen.
Beim Spielen fiel gestern ein etwa 4 Jahre alter Knabe in den Rhein. Er wurde von einem vorbeikommenden Manne gerettet.
Der Füllstrich der Biergläser. Der Inhaber einer größeren Gartenwirtschaft erhielt mehrere tausend neuer Biergläser und war in dem guten Glauben vorschriftsmäßiger Lieferung. Indessen fand sich bei der polizeilichen Nachschau eine ganze Anzahl von Gläsern mit falsch angebrachten Füllstrich. Dies hatte nicht nur die polizeiliche Einziehung der betreffenden Gläser, sondern auch eine Bestrafung des Wirtes zur Folge. Er beantragte gerichtliche Entscheidung und behauptete, es sei ihm als Wirt gar nicht möglich, die Richtigkeit des Füllstriches bei mehreren tausend Gläsern nachzuprüfen. Die Verantwortung habe allein der Lieferant zu tragen, dem die Richtigkeit ausdrücklich zur Bedingung gemacht worden sei. Strafkammer und Kammergericht ließen jedoch die Entschuldigung nicht gelten. Die Verantwortung in strafrechtlicher Beziehung trage allein der Wirt,
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Wie kann man noch gegen den Aushungerungsplan der Engländer arbeiten?
Diese Frage kurz beantwortet: man schont die landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Dieses wird aber sehr wenig beachtet. Betrachte man sich einmal die Spaziergänger in Gottes freier Natur. Es wird da neben den Wegen hergegangen, sogar in und durch die Felder, ohne dabei zu denken, welcher Schaden angerichtet wird. Gewöhnlich heißt es dann, der Bauer hat doch genug; ein bißchen macht doch nichts aus. Dabei vergißt man, daß jede zertretene Frucht der allgemeinen Volksernährung abgeht. Mit dem Wegwerfen von Streichhölzern sei man ebenfalls vorsichtig, weil im Sommer sich vieles leicht entzündet. Ferner gibt es sogenannte Kornblumentage. Dieses ist an und für sich sehr hübsch. Die Blumen müßten aber künstlich hergestellt werden. Würden die Kornblumen auf den Wegen gepflanzt, so wäre es ja gut, aber dabei bleibt es nicht. Man läuft vielfach in die Getreidefelder hinein. Ganze Familien sind oft in den Feldern vertreten. In der Regel Sonntags in aller Frühe, weil man dann an keinen Flurhüter denkt. Ein Flurhüterkann ja auch nicht Tag und Nacht anwesend sein, dann müßten schon mehrere für den Posten eingestellt werden.
Was nun für Getreidefelder gilt, kommt auch für andere Felder und Wiesen in Betracht. Da möchte ich auch noch an Fronleichnam und sonstige Feste erinnern. Man erweist dem Herrgott keinen Gefallen damit, wenn man Blumen streut, durch welche andern Schaden zugefügt wurde.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Donnerstag, 27. Mai 1915
Ertrunken ist am Sonntag abend auf der Fahrt zwischen Bonn und Wesseling ein 15jähriger Schiffsjunge des „Albertus Magnus“. Der Junge war gegen das Verbot über die Reling geklettert, um mit einem Eimer Wasser zu schöpfen, dabei stürzte er in den Strom und ertrank.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Schnakenplage. In diesem Jahre treten die Schnaken sehr stark auf und haben manchem Pfingstausflügler arg mitgespielt. Namentlich im Kottenforst machen sich augenblicklich diese kleine, aber recht lästigen Tierchen bemerkbar. Sie stürzen sich auf die ahnungslose Menschheit, um heimtückisch ihre Stacheln einzubohren. Salmiakgeist ist ein gutes Mittel gegen diese Plagegeister, aber auch dieses Mittel hilft nicht immer, wenn man den Stich erst merkt, wenn sich das lästige Jucken bereits bemerkbar macht. Vorheriges Einreiben mit einer scharfriechenden Flüssigkeit ist zu empfehlen. Aber ohne ein Fläschchen Salmiakgeist soll man in dieser Zeit überhaupt keine Waldwanderungen antreten. Vor allem aber muß man diejenigen Stellen nicht zum Lagerplatz aussuchen, an denen sich kleine Sümpfe oder Weiher befinden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Drei sonderbare Erzählungen gingen in den letzten Wochen von Mund zu Mund. Danach wurde von einem Knaben bzw. einer Frau bzw. einem Schäfer schon vor einem Jahr vorhergesagt, daß „in diesem Sommer“ der Krieg kommen werde, und auf weiteres Drängen hätten sie sich dann auch über einen Friedensschluß geäußert, der nach der Vorhersage des Knaben im März, nach der der Frau am 27. April, nach der des hellseherischen Schäfers aber im Mai kommen sollte. Alle drei Erzählungen schlossen mit der Beteuerung der Betreffenden: Dies wird sich ereignen, so wahr ich selbst vorher sterben werde, und dann mit der Bekräftigung: der Knabe, die Frau, der Schäfer – ist dann auch wirklich Ende Januar bzw. Februar bzw. März gestorben. Diese Erzählungen zeigen, wie in angstvoll aufgeregten Zeiten, wie der jetzigen, sich die Volksdichtung betätigt, und wie grausam und berechnend sie in allen drei Fällen das Seltsam-Schauerliche jeder einzelnen Weissagung steigert.
Nur hüte man sich, solchen Phantasiegebilden, die sich in veränderter Form sicher wiederholen werden, Glauben zu schenken.
Die jungen Vögel der ersten Brut haben das Nest verlassen. Unbeholfen flattern sie singend und zwitschernd von Ast zu Ast. Verschiedene, immer die Nesthäkchen der einzelnen Bruten, sind noch wenig flügge, erst in ein paar Tagen können sie ordentlich fliegen, wenn sie nicht von Menschen oder Tieren gefangen werden oder sonst zugrunde gehen. Die Vogeleltern sind von früh bis spät beschäftigt, ihren Jungen Futter herbeizuschaffen. Infolge ihrer Unbeholfenheit in der Flugkunst sind die Jungen vorläufig noch sehr zutraulich, aber wehe wenn sich ihnen Menschen oder gar Katzen oder sonstiges Getier nähern sollten. Die Alten, welche ihre Vogelkinder fortwährend im Auge behalten, erheben dann ein fürchterliches Angst- oder Warnungsgeschrei und umfliegen in allernächster Nähe die Betreffenden, bis er sich entfernt hat oder bis das junge Vögelchen davongeflogen ist.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 28. Mai 1915
Rheinische Lehrer im Krieg. Nach der letzten Aufstellung der „Westdeutschen Lehrerzeitung“ sind bis jetzt aus dem Rheinland 451 Lehrer gefallen, verwundet sind 324 und das Eiserne Kreuz haben 512 erworben.
Das Guvernement der Festung Köln verordnet für den Festungsbereich: Es ist verboten, daß Privatpersonen, ohne schriftliche Genehmigung der zuständigen Polizeibehörde, Waren, gewerbliche Leistungen oder Darbietungen (auch theatralische oder musikalische) mit dem Hinweis anbieten oder ankündigen, daß der Ertrag ganz oder zum Teil zum Besten einer für Kriegszwecke geschaffenen Wohltätigkeits-Einrichtung bestimmt ist. Zuwiderhandlungen werden aufgrund des § 9 des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Strafe bestimmen.
Die Kartoffelpreise beginnen zu sinken, das verspürt man mit Genugtuung auch schon in unserer Stadt. Aller Voraussicht nach werden die Preise noch weiter sinken. Aus Leutesdorf wird uns z. B. berichtet: Dieser Tage wurde hier ein Waggon Kartoffeln zum Verkauf ausgesetzt, der Zentner zu 5 M. Da sich aber wenig Absatz zeigte, wurde der Preis später auf 3 M. herabgesetzt. – Wären die jetzt noch vorhandenen Vorräte rechtzeitig auf den Markt gebracht worden, anstatt da sie nun vielleicht gar keine Abnehmer mehr finden und verkommen, dann wäre eine solche Preistreiberei, wie sie in den Wintermonaten entstanden war, überhaupt nicht eingetreten. Es ist dringend zu wünschen, daß die Kartoffeln der neuen Ernte zu angemessenen Preisen in die Hände der Verbraucher gelangen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Siegeszuversicht. Ein Leser unseres Blattes schreibt uns: Während eines Gespräches, das ich Pfingstsonntag auf dem Bahnhof zu Euskirchen mit der Begleitmannschaft eines Pferdetransportes hatte, erhielt ich auf meine Frage: „Nun, was sagen Sie dazu, daß jetzt Italien auch noch anfängt?“ von einem Soldaten die Antwort: „Ach, da machen wir ein paar Ueberstunden, dann schaffen wir das auch noch!“
Städtischer Verkauf von Lebensmitteln. Der Preis der städtischen Kartoffeln ist auf 5 Mark für den Zentner herabgesetzt worden. Der Reisverkauf, welcher bisher jeden Dienstag stattfand, ist für die Sommermonate eingestellt worden. Da der Andrang zum Fleischverkauf immer stärker wird, findet von nächster Woche ab, außer Samstags nachmittags, auch Dienstags vormittags von 9 – 12 Uhr Verkauf von Schinken, Speck und Dauerwurst zu den bisherigen Preisen statt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Fürstlich Schaumburg-Lippische Kriegsauszeichnung haben wegen ihrer Verdienste um die Bonner Verbands- und Erfrischungsstelle Prinzessin Viktoria in Lille verliehen erhalten: Beigeordneter Richard Piehl, Oberstabsarzt Geheimer Medizinalrat Professor Dr. Hans Leo, Rechtsanwalt Johannes Henry, Bankdirektor Carl Weber und Bureaudirektor Jakob Dietz in Bonn.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 29. Mai 1915
Der Deutsche Wehrmannsbund für Schießen mit Militärwaffen erläßt folgenden Aufruf, in dem es heißt: „Jeder Wehrfähige erfülle seine Pflicht gegen das bedrohte Vaterland und stärke seine Wehrkraft durch Ausbildung im Schießen. Gelegenheit dazu bietet der Deutsche Wehrmannsbund. Er bezweckt die Hebung der Wehrkraft durch Ausbildung und Uebung im Schießen mit Militärwaffen. Unterstützt wird dieses patriotische Bestreben des Wehrmannbundes durch Beitritt als Mitglied, durch Gründung von Unterverbänden, durch Stiftung von Waffen und Barmitteln für seine Zwecke. Anfragen, Beitrittserklärungen, Spenden usw. sind zu richten an die Geschäftsstelle des Deutschen Wehrmannbundes, Berlin, Schloß Schönholz.
Über ernste sittliche Frauenpflichten zur Kriegszeit wird Freitag nächster Woche im Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe Frau Dr. Wegscheider-Ziegler sprechen. Zu dem Vortrag, der im Dreikaisersaal stattfindet und abends 8½ beginnt, ist der Eintritt frei.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eine allgemeine Wallfahrt der katholischen Männer und Jünglinge Bonns zur Erflehung eines siegreichen Friedens findet Sonntag nachmittag 3 Uhr zum Kreuzberg statt. Die Prozession geht vom Martinsplatz vor der Münsterkirche aus. Die Beteiligung verspricht außerordentlich groß zu werden, da sich außer den Angehörigen der verschiedenen Pfarreien eine Anzahl Vereine sowie Soldaten und Verwundete an dieser Bittprozession beteiligen. Auch ein Musikkorps wird die Wallfahrer begleiten.
Verkauf von Waffen. Wie das Generalkommando des 8. Armeekorps entschieden hat, ist der Verkauf von Waffen mit Munition und Degen an Offiziere und obere Militärbeamte ohne weiteres gestattet. Für die übrigen Militärpersonen bleibt es bei dem bisherigen Verfahren. Die Waffenhändler haben über den Verkauf der Waffen genau Buch zu führen.
Unfall. Ein Metzgereiauto stieß heute morgen 7 Uhr an der Ecke Reuterstraße – Bonnertalweg mit einem Radfahrer zusammen. Der Radfahrer wurde schwerverletzt in ein benachbartes Haus gebracht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Café Königshof. Die Direktion des Königshofes teilt uns mit, daß sie, dem Wunsche ihrer Caféhausbesucher entsprechend, von heute ab Café und Terrasse bis abends 11 Uhr geöffnet hält.
Gegen ansteckende Krankheiten. Um den Gefahren der Entstehung und Ausbreitung ansteckender Krankheiten rechtzeitig vorzubeugen, soll nach höheren Orts erlassenen Anordnungen die öffentliche Sanitätspolizei in den Sommermonaten besondere Vorkehrungen treffen. Vorgefundene sanitäre Mißstände sollen unverzüglich abgestellt werden.
Sanitätshunde. Bei der hiesigen Meldestelle hat wieder ein neuer Ausbildungskursus begonnen. In nächster Zeit werden mehrere Ersatzhunde für im Felde unbrauchbar gewordene Hunde erforderlich. Hundebesitzer, die ihre Hunde – auch Hündinnen – zur Ausbildung als Sanitätshund zur Verfügung stellen wollen, werden gebeten, diese bei dem Leiter der Meldestelle, Herrn Polizei-Kommissar Flaccus, Kirsch-Allee 23 wohnhaft, anzumelden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 30. Mai 1915
Bonner Wehrbund. An den beiden Pfingsttagen unternahmen 38 Mitglieder des Bonner Wehrbundes unter Führung von Geheimrat Brinkmann eine gemeinsame Wanderung in die Eifel. Der Marsch begann in Brück an der Ahr und führte am ersten Tage bis Kelberg. Auf der Hohen Acht wurde Mittagsrast gehalten, auf der Nürburg gemeinsam der Kaffee eingenommen. Gegen 7 Uhr rückte die Jungmannschaft mit festem Tritt unter dem Gesang vaterländischer Lieder in Kelberg ein und vor das Pfarrhaus, in dessen Scheune Herr Pfarrer Eisvogel in liebenswürdiger Weise kriegsmäßiges Quartier dargeboten hatte. Am anderen Morgen nach dem Gottesdienst und dem von Herrn Pfarrer und Herrn Dr. med. Zimmer gütigst gespendeten Kaffee verabschiedete sich der Wehrbund mit dankbarem Heilruf von dem gastlichen Pfarrhause und zog durch das Liesertal nach Daun. Auf dem Mäuseberge an einer frischen Quelle wurde gerastet, aus den Vorräten des Rucksackes zu Mittag gegessen, von vielen auch die Gelegenheit zu erquickendem Bade im Gemündener Maar benutzt. Dann ging es zu den beiden anderen Maaren und nach Daun zurück, von wo nach gemeinsamen Kaffee um 6 Uhr die Rückfahrt angetreten wurde. Mit kräftigem Hurra auf Kaiser und Reich trennte man sich um 11 Uhr vor dem Bonner Bahnhof. – Wacker haben die Teilnehmer die Strapazen des Marsches bei großer Hitze und auf meist wenig bequemen Wegen überwunden, wacker haben sie auch treue Kameradschaft unter einander gehalten. So wird ihnen allen die Wanderung mit ihren gemeinsamen Erlebnissen und den herrlichen Eindrücken hoher Naturschönheiten dauernd eine köstliche Erinnerung bleiben. Am Samstag trat der Wehrbund zu einer Abendübung an der Nordschule an.
Die Brotkarten in Kur- und Badeorten. Die Reisezeit hat begonnen, und es wird mancher sich darüber Kopfzerbrechen gemacht haben, wie es an dem Orte, den er als seinen Erholungsaufenthalt wählt, mit der Brotkarte wird. Die Frage ist nunmehr durch einen Erlaß des Ministers des Innern geregelt worden. Kur- und Badegäste erhalten Brotkarten nur gegen Vorzeigung eines Brotkartenabmeldescheins, der vor der Abreise im Wohnort auszustellen ist und auf dem angegeben ist, daß der Abreisende für sich und seine Begleitung für die Dauer der Abwesenheit vom Wohnort keine Brotkarten erhalten hat. Wer also an seinem Erholungsort keine Weitläufigkeiten mit der Brotkarte haben will, versäume nicht vor der Abreise, sich einen Brotkartenabmeldeschein ausstellen zu lassen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bubenstreich. Auf den um 7.42 Uhr hier abends abgehenden Personenzug wurde am Freitag in unmittelbarer Nähe des Wasserturmes und Bahnwärterhäuschens am Marflacherweg in Godesberg von schulpflichtigen Knaben mit Steinen geworfen. Ein Wurf durchdrang das Glasfenster auf der Lokomotive und brachte dem Lokomotivführer eine erhebliche Verletzung am Auge bei. Die polizeiliche Untersuchung wurde sofort veranlaßt.
Ein alter Dieb wurde gestern von der Strafkammer zu drei Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. Er hatte in Kessenich einen Hobel und zwei der Kirche gehörige Tücher, sowie in Poppelsdorf zwei Enten gestohlen. Ferner hatte er versucht, in Poppelsdorf eine Ziege zu stehlen. Dem Tier hatte er bereits einen Stich in den Hals beigebracht, sodaß es am anderen Morgen tot im Stalle aufgefunden wurde.
Wegen Vergehens gegen die Bäckereiverordnung des Bundesrats wurde ein Bäcker aus Godesberg, der mehr Mehl verbacken hatte, als ihm zugestanden war, zu 60 Mk. Geldstrafe verurteilt. In zwei Sachen erfolgte Vertagung. Die eine Angeklagte hatte Keks verkauft. Sie behauptete, dieser Keks hätte genau der für Bonn erlassenen Bäckereiverordnung entsprochen. Eine zweite Angeklagte behauptete, sie habe sich bei der Einreichung ihrer Bestandnachweisung geirrt, indem sie die Zahl der Säcke Mehl statt der Zentner angegeben habe.
Eine Denkmünze aus Kriegsgeschoßmaterial erhielt der Schüler des hiesigen Königlichen Gymnasiums Karl Barthels. Er hatte seine umfangreiche Sammlung von Medaillen und ausländischen Münzen und sein reichhaltiges Briefmarkenalbum dem Zentralkomitee des preußischen Roten Kreuzes in Berlin zur Verfügung gestellt.
Warnung vor überstürzten Zuckereinkäufen. Man schreibt uns: An die Hausfrauen ist schon wiederholt die Warnung ergangen, nicht größere Mengen Zucker einzukaufen, als sie im Augenblick benötigen. In Händlerkreisen wird sehr darüber geklagt, daß Hausfrauen, die früher ein halbes Pfund oder höchstens ein ganzes Pfund Zucker gekauft haben, heute 5, 10 und mehr Pfund fordern. Die Hausfrauen befürchten, daß es demnächst überhaupt keinen Zucker mehr gebe, oder daß unerschwingliche Preise dafür gezahlt werden müßten. Diese Befürchtungen sind grundlos. Die augenblickliche Zuckerknappheit ist in erster Linie auf die Angsteinkäufe der Hausfrauen zurückzuführen; dann aber auch können die Zuckerfabriken dadurch, daß ihnen von der Regierung nur ein bestimmtes Quantum an Rohmaterial geliefert wird, nicht allen übermäßigen Auftragen gerecht werden. Dazu kommt noch der augenblickliche Arbeitermangel, der Mangel an Wagen zum Verladen usw. Von Preistreibereien kann dadurch wirksam entgegengetreten werden, daß jeder heute nur die Menge einkauft, die er benötigt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Viehfutter am Wegrand. Man schreibt uns: „In reichen Gegenden des Westens der Monarchie findet sich an den Wegrändern oft eine üppige Vegetation, die vollkommen unbenutzt bleibt. Ist dies der Fall, so hat der Landmann noch Schaden davon. Die ungenutzten Wegränder sind nämlich eine Heimstätte des Unkrauts. Von hier aus wird der Unkrautsamen vom Wind auf die Felder getragen, wodurch nicht selten das Wachstum der Kulturpflanzen schwer behindert wird. Schon aus diesem Grunde ist ein mehrmaliges Abweiden oder Abmähen der Wegränder dringend zu empfehlen. Der hierfür zu entrichtende Zins kann sehr gering bemessen werden. Unbedingt nötig ist dabei freilich, daß demjenigen, der das Nutzungsrecht erhält, die Nutzung auch zur Pflicht gemacht wird.“ H. P. Wamser.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 31. Mai 1915
Über mutwillige Beschädigungen der Telegraphenanlagen wird besonders in neuerer Zeit wieder geklagt. Hauptsächlich werden durch Kinder zahlreiche Porzellan-Doppelglocken mutwillig zertrümmert und dadurch die öffentlichen und militärischen Interessen gefährdet. Für die Ermittelung der Täter von vorsätzlichen oder fahrlässigen Beschädigungen gewähren die Ober-Postdirektionen Belohnungen bis zu 15 Mark.
Pilze. Die heutigen schwierigen Zeiten erfordern es, alle der Volksernährung gebotenen Mittel voll auszunutzen. In Deutschland gibt es über 200 Pilzarten, von denen über ein Viertel gute Speisepilze sind. Nur sieben Arten sind giftig. Der größte Teil dieses Nahrungs- und Genußmittels, dessen Jahresernte einen Wert von vielen Millionen Mark hat, geht nun in Deutschland verloren. Tausende von Zentnern des schmackhaften und nahrhaften „Pilzfleisches“ kommen jährlich unnütz um. (...) Jedenfalls wäre es sehr erwünscht, wenn die Kriegsnöte mit dazu beitragen möchten, das Interesse für die Schwämme zu wecken und die unglaubliche Unkenntnis auf diesem Gebiete zu beseitigen. Die deutsche Volksernährung würde dadurch um einen wesentlichen Faktor bereichert werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Wallfahrt zum Kreuzberg ging gestern gegen Vormittag unter ungemein starker Beteiligung vor sich. Es nahmen daran teil die katholischen Jugendvereinigungen der Stadt, der katholische Arbeiterverein Kessenich, der katholische Gesellenverein und der Katholische Verein, der Kath. kaufmännische Verein, das Zentralkomitee der Katholiken Bonns, der katholische Arbeitervereine sowie die Junggesellensodalität und die Männerkongregation der Münsterpfarre. Außerdem bemerkte man in dem riesigen Wallfahrtszuge eine große Zahl von verwundeten Soldaten aus den Bonner Lazaretten, sowie zahlreiche Männer aus den verschiedenen Pfarreien. (...)
Die Wallfahrt, die der Erflehung eines erfolgreichen Friedens für unser deutsches Volk und Vaterland galt, bot durch die Stärke der Beteiligung aus allen Schichten unserer Bürgerschaft ein erhebendes Bild der gottgläubigen kirchlichen katholischen Gemeinschaft unserer lieben Vaterstadt.
Hoch oben auf dem Kreuzberg, der die Scharen der Wallfahrer kaum zu fassen vermochte, fand ein Bittgottesdienst in der freien Gottesnatur statt, wo Pater Dosetheus von der heiligen Stiege der Kreuzbergkirche aus über die religiösen Pflichten des katholischen Mannes in der Jetztzeit eine packende, tief zu Herzen dringende Ansprache hielt, die bei allen Teilnehmern unverwischlich im Gedächtnis haften dürfte.
Der geistliche Redner gedachte des Lenkers aller Schlachten, in dessen Hand die Geschicke aller Völker ruhen, und um dessen gütigen Beistand in dem großen Ringen zu bitten, echte Christenpflicht sei. Auch der furchtbaren Folgen dieses Weltkrieges, der armen zurückgebliebenen Witwen und Waisen der auf dem Felde der Ehre gefallenen Kämpfer gedachte P. Dosetheus, bei dessen Worten wohl kaum ein Auge trocken blieb.
Ganz eigenartig berührte es, daß während der Ansprache vor der tausendköpfigen gläubiggen Menge, die dichtgedrängt auf dem im Frühlingskleide prangenden Kreuzberg vereinigt war, die Vögel im Gezweig friedvoll ihre Lieder sangen, während die Herzen der Gläubigen von dem Ernst der kriegerischen Ereignisse, die der Redner vor ihrem geistigen Auge entrollte, tief erfüllt waren.
Möge der Geist, der diese Wallfahrt erfüllte, in unserem Volke lebendig bleiben und unserem geliebten Vaterlande auch tatsächlich der Friede beschieden sein, der gestern von dieser vielköpfigen Schar gläubiger Katholiken auf der Kuppe des Kreuzberges heiß und inbrünstig erfleht worden ist.
Zur neuen Kartoffelernte. Infolge des günstigen Wetters verspricht die diesjährige Kartoffelernte ganz besonders reich zu werden. Die Frühkartoffeln sind teilweise schon an der Blüte und in den nächsten zwei Wochen dürften die ersten neuen Kartoffeln auf den Markt kommen. Es liegt im Interesse vieler, den Bedarf an alten Kartoffeln nur noch pfundweise einzukaufen, da der Preis der neuen Kartoffeln wohl kaum denjenigen der alten übersteigen wird. Auch sonst diene für ängstliche Gemüter zur Beruhigung, daß keine Nahrungsmangel eintreten kann, da für dieses Jahr in allem eine gute Ernte bevorsteht, wie wir sie seit langen Jahren nicht gehabt haben.
Das Ende des zeitweiligen Zuckermangels. In Berlin wird amtlich gemeldet: Der Bundesrat hat in der vorgestrigen Sitzung für die Zeit nach dem 31. Mai 1915 weitere fünfzehn Hundertteile des Kontingents der Rohzuckerfabriken zum steuerpflichtigen Inlandsverbrauch freigegeben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zum Fremdwörterunwesen. Die Zeitungen und Zeitschriften bringen jetzt wieder haufenweise das Wort Saison. Es ist die Modesaison und die Badesaison angebrochen. Was ist denn Saison? Offenbar soll mit diesem häßlichen Fremdwort zweierlei ausgedrückt werden: ein begrenzter Zeitabschnitt, also eine Frist, und ein Etwas, das diesen Zeitabschnitt vor allen anderen heraushebt, also etwas Hohes. Wäre demnach Saison nicht recht gut mit Hochfrist wiederzugeben? Die Hochfrist der Sommermode, die Hochfrist der Badezeit lautet zudem gar nicht übel. P. A.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)