Mittwoch, 1. September 1915
Felddiebstähle sind in der letzten Zeit im Süden der Stadt vielfach vorgekommen, namentlich waren Bohnen, Kartoffeln und Futterknollen vielfach Gegenstand des Diebstahls. Die Besitzer legten sich auf die Lauer und es gelang ihnen, mehrere Kartoffeldiebe, sowie Diebe von Futterknollen abzufassen und dem Flurhüter zu übergeben, der sie zur Anzeige brachte. In der Altstadt, so in der alten Bachstraße, sind in den letzten Tagen wiederholt sehr dreist vorgehende Obstdiebe beobachtet worden.
Verbotener Brotverkauf. An der Rheinbrücke wurde vorgestern eine größere Anzahl Brote von einem Beamten angehalten, die von einem hiesigen Bäckermeister nach der rechten Rheinseite verkauft worden war. Der betreffende Bäckermeister wurde zur Anzeige gebracht.
Flaschenpfand. Um den überhand nehmenden Mißbrauch mit den leeren Bierflaschen zu steuern, führen die Brauereien von Bonn und Umgegend und der Sieggegend, sowie der Verein der Bierverleger von Bonn von heute ab das Flaschenpfand ein.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Schreibe deutsch! An hiesigen Mietshäusern sieht man vielfach die Aufschrift: „Parterre und 1. Etage zu vermieten.“ Es dürfte wohl an der Zeit sein, das Wort Parterre durch Erdgeschoß und das Wort Etage durch Obergeschoß oder Stockwerk zu ersetzen. Ein Freund der deutschen Sprache.
Reis. Warum verkauft die Stadt im Sommer keinen Reis? Im Sommer habe ich den Kindern immer mehr Reis gekocht wie im Winter. Eine Mutter, die sieben Kinder hat.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die Bonner Bäcker-Innung hat beschlossen, den Preis für Feinbrot von 86 auf 80 Pfg. zu ermäßigen.
Das Friedrich-Wilhelm-Stift wird vom 1. September d. J. ab für Zivilkranke geschlossen. Als Eröffnungstermin des neuen Hauses ist der 1. November d. J. bestimmt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Die Lust zum „Nageln“ lebte auch hier in Bonn auf, als Köln seinen „Kölschen Boor in Eisen“ vor dem Gürzenich aufgestellt hatte. In einem hiesigen Verein mit großer Mitgliederzahl soll die Idee sofort aufgegriffen und eifrig gefördert worden sein, und es schien, nach den Mitteilungen in der Tagespresse, als bestände in jenem Verein der Ehrgeiz, irgendeine Gestalt zum Vernageln dem Bonner Publikum so bald wie möglich vorzusetzen. Der Männergesangverein, dem auch irgendwie „Beziehungen“ zu den Maßgebenden des Vereins nachgerühmt werden, hat für einen Grundstock zu der zu schaffenden Figur schon ein Konzert veranstaltet, das ohne alle Frage auch den erwarteten Erfolg hatte. Seit der Zeit aber hört man nichts mehr von der Gestalt, die „vernagelt“ werden soll. Anscheinend kann über die Gestalt keine Einigung erzielt werden. Warum soll es kein „Siegfried in Eisen“ sein? Held Siegfried ist uns doch eine sehr vertraute und gleichzeitig symbolische Gestalt, die mit unserm Rhein auch unmittelbar in Berührung steht. Ein „St. Michael in Eisen“ käme auch noch in Frage. Der streitbare Erzengel ist zudem der Schutzpatron unseres Volkes, dem ein eisern Kleid auch gut paßte. Schließlich könnte es ja auch ein „Kreuz in Eisen“ sein, wie es jetzt die Brust so vieler unsrer Tapfern schmückt. Warum wählt man noch immer nicht? Oder ist die Lust zum „Nageln“ hier schon wieder erloschen? Iwo.
Die Bonner Theaterfrage ist in der letzten Stadtverordnetensitzung entschieden worden. Köln hat sich unseres verwaisten Musensitzes wieder einmal angenommen – selbstverständlich nicht ohne klingenden Grund. Stadtverordneter Simon war sogar der Ansicht, die Entscheidung des Theaterausschusses werde der Stadt doppelt so teuer sein, wie ein eigener Theaterbetrieb. Stadtverordneter Geheimrat Schultze aber tröstete: es handle sich ja nur um eine vorläufige Entscheidung, der man unter den obwaltenden Umständen ruhig zustimmen könne. Das Abkommen mit der Stadt Köln ist denn auch mit großer Mehrheit genehmigt worden. Das Kölner Schauspiel wird uns wöchentlich zweimal, die Oper über die andere Woche einmal heimsuchen. Sonntagsvorstellungen sollen, wenn eben möglich, auch veranstaltet werden; doch gehören sie nicht zu den Bedingungen.
Die Bonner Theaterfrage war, nicht ohne Schuld des Publikums, von vornherein gründlich verfahren. Das Interesse des Bonner Publikums für das Theater ist im allgemeinen nicht sonderlich groß, das hat der Besuch in der vorigen Spielzeit bewiesen; hier, wie auch anderwärts, sucht der größte Teil seine geistigen Bedürfnisse im Kino zu befriedigen. Allerdings spielt die Kostenfrage bei vielen auch eine Rolle. Warum setzte man hier die Theaterpreise nicht so niedrig, wie in Köln, wo der teuerste Platz im Schauspielhause, wenn ich nicht irre, mit 1,50 M. bezahlt wird? Auch hätten, als Bonn noch ein eigenes Schauspielpersonal, viel mehr Volksvorstellungen zu ganz niedrigen Preisen gegeben werden sollen. Der Spielplan entsprach auch wenig den Anforderungen der heutigen Zeit. Leider wurden bei den fortgesetzten Einberufungen auch die Leistungen immer minderwertiger. Doch soll nachträglich keine Kritik geübt werden. Unter den heutigen Verhältnissen ist das Abkommen mit Köln wirklich das beste, das getroffen werden konnte: ein minderwertiges eigenes Personal hätte unserm Ansehen weit mehr geschadet. Bei dem Widerstand, dem unser ganzer Theaterbetrieb an einflußreicher Stelle überhaupt begegnet, muß man sich eigentlich wundern, daß noch etwas zustande gekommen ist. Die jetzt gemachten Erfahrungen werden uns aber eine Lehre sein für später. Vorläufig warten wir einmal ab, was Köln dem verwaisten Musensitz Bonn zu bieten haben wird. Rg.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 2. September 1915
Städtische Mehlverkaufsstelle. Um die Klagen in der Bürgerschaft, daß in den Bäckerläden vielfach kein Mehl zu haben sei, zu beseitigen, ist eine städtische Mehlverkaufsstelle eingerichtet worden, in der Weizenmehl zum festgesetzten Höchstpreis von 30 Pfg. für das Pfund gegen Brotbuch abgegeben wird. Die städtische Mehlverkaufsstelle befindet sich Franziskanerstraße 9 (Städt. Lebensmittelverkauf, Toreingang) und ist täglich nachmittags von 3 – 6 Uhr geöffnet. Daneben bleibt der Mehlverkauf durch die Bäckereien bestehen.
Der Bonner Wehrbund unternahm am verflossenen Sonntag mit 30 Teilnehmern aus seinen verschiedenen Abteilungen eine Wanderung in das Ahrtal. Von Walporzheim ging der Marsch über die Katzley, am Häuschen vorbei zum Steinerberg, Horn, Schrock und nach dem Abstieg nach Laach im Tale weiter nach Ahrweiler. Wiederholte Regenschauer beeinträchtigten weder die Marschgeschwindigkeit noch die Stimmung der wanderfrohen Schar, die mit Sang und Klang dem Ziele zustrebte. Verschiedene photographische Aufnahmen, die an schönen Punkten von den Teilnehmern gemacht wurden, werden dazu beitragen, daß die auf der Wanderung erhaltenen Eindrücke von der Schönheit der Gegend nicht so schnell aus der Erinnerung schwinden. Das Wecken und Festigen vaterländischer Gefühle ist doch schließlich der Hauptzweck einer solchen Wanderung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zum Sedantag haben die öffentlichen Gebäude Flaggenschmuck angelegt.
Die Universitätsbibliothek ist vom 20. September bis 2. Oktober wegen baulicher Arbeiten geschlossen.
Metalldiebstähle auf der Eisenbahn. Man schreibt uns: Diebe treiben ihr Unwesen neuerdings wieder auf der Eisenbahn. Sie schrauben Beschläge und Türklinken während der Fahrt oder dann ab, wenn die Personenwagen auf Nebengleisen stehen. Der Eisenbahnverwaltung entstehen dadurch große Schwierigkeiten, da die der Metallteile beraubten Personenwagen zeitweilig aus dem Betriebe genommen werden müssen, weil die gestohlenen Teile nicht sofort ersetzt werden können. Jeder sollte darauf achten, ob sich niemand während der Fahrt an Beschlägen und Klinken zu schaffen macht. Verdächtige Handlungen sind sofort den Aufsichtsbeamten mitzuteilen. Es wird dann gelingen, dem gemeingefährlichen Treiben bald ein Ende zu machen. Die Eisenbahn-Verwaltung setzt hohe Belohnungen auf die Ermittelung von Metalldieben aus.
Unsere Marktfrauen können sich vielfach immer noch nicht mit der polizeilichen Anordnung, die ein Preisverzeichnis für die einzelnen Marktwaren fordert, befreunden. Während die Käuferinnen die Sache für sehr zweckmäßig halten, sind die Verkäuferinnen der Ansicht, daß es „Unsinn ist und gar keinen Zweck hat“. „Ich kann enem doch flöcker sage wat et koß, wie dat et ene gelässe hätt“, meinte eine Marktfrau. Diese Ansicht trifft auch in vielen Fällen zu, denn es ist keine Kleinigkeit, die oft recht rätselhaften Inschriften zu entziffern. Viele Marktfrauen huldigen dem Satz: „Schreibe wie du sprichst“ und so kann man denn auch lesen: Schafue, Andiefe, Oellech, Aeppel, Birre, Promme usw. usw. Doch auch Sachen gibt’s auf den Preisverzeichnissen, die man nur mit größter Anstrengung enträtseln kann. So stand auf deinem Korb zu lesen: „Rhingloten“: ein Blick in den Korb brachte die Aufklärung, es handelte sich um Reineclauden. Da unsere Marktfrauen, und zwar hauptsächlich die älteren Semester, besser mit Schippe und Hacke als mit Bleistift und Kreide umzugehen wissen, ist selbstverständlich. Und gar manche findet auf dem Markt ihre Ruhe wieder, wenn der verflixte Zettel in Ordnung ist. Viele haben im Drange der Geschäfte zu Hause ganz vergessen, daß auf dem Markt ein Preisverzeichnis verlangt wird. Dann ist später guter Rat teuer. Zuerst wird Jagd nach einem Stück Papier gemacht, hat man dies endlich nach langem Hin- und Herlaufen, dann fehlt ein Bleistift. „Marie, häß du ene Bleisteff?“ Die Marie kann leider nicht dienen, „ävver de Frau Breue hat disse morge ene gehabt!“ Endlich ist auch der Bleistift gefunden und nun könnten die schriftlichen Aufzeichnungen vor sich gehen, wenn die Frau Schmitz nicht – ihre Brille zu Hause gelassen hätte. Unter diesen Umständen ist die Frau Schmitz auf die Güte einer der Nachbarinnen angewiesen und wenn sie sich durch Rundfragen über die jeweiligen Marktpreise orientiert hat, kann mit der Abfassung der „Preistafel“ begonnen werden. Kein Wunde, wenn sich die Frau Breuer oder die Frau Schmitz über diesen „Unsinn“ bitter beklagen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Im Lengsdorfer Raubmord. Die Verhandlung in der Strafsache gegen die Wwe. Ludwig Höfer wegen Tötung der Frau Schönefeld in Lengsdorf findet auf Anordnung des Kriegsgerichts am Samstag den 4. September d. J. vormittags 9 ½ Uhr vor dem Kriegsgericht im Geschäftshause des Königlichen Landgerichts in Bonn, Zimmer 29 statt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 3. September 1915
Mindest- und Durchschnittspreise für Lebensmittel. (...) Fleischwaren wurden zu den Mindestpreisen verkauft von folgenden Metzgerei-Inhabern: Heinr. Wahl, Sternstraße 6, Peter Dolff, Sternstr. 59, Jakob Schöneck, Kesselgasse 5, Jakob Samuel, Hundsgasse 26, Jakob Friedrich, Bonnertalweg 25, H. Ries, Weberstraße 5, Ad. Breuer, Bonnertalweg 25, Quirin Schlief, Niebuhrstraße 52, Th. Kürten, Karlstraße 5.
Die Kolonialwaren sind durchweg von den Geschäftsinhabern zu den Mindestpreisen abgegeben worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Am gestrigen Sedantage waren die öffentlichen Gebäude und viele Privathäuser mit Fahnen geziert und um die Mittagsstunde ertönte feierliches Glockengeläute. Die Stadt Bonn hatte am Kaiserdenkmal einen prächtigen Lorbeerkranz mit schwarz-weißer Schleife niederlegen lassen. Um 9 Uhr vormittags hatte die Vorbereitung mehrerer hundert Soldaten auf die Eidesleistung stattgefunden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 2. Sept. Die hiesige Metallsammelstelle bietet an den drei Wochentagen der freiwilligen Abgabe der Metalle durch die Bürger ein interessantes Bild. Mit Handkarren, Kisten und Körben ziehen alle Stände, von der Arbeitersfrau bis zur wirklichen Gnädigen, Geschäftsleute und Rentner mit ihren Kleinodien aus Kupfer, Messing und Nickel zur Wage im Sammellokal. Eine allgemeine Mobilmachung von allerlei längst vergessenen Hausgeräten, Kesseln, Pfannen, Kannen, Lampen und dergleichen fördert unserer Heeresverwaltung ungeahnte Metallmengen ans Tageslicht. Reich ist besonders die Messingsammlung aus Hotels und Herrschaftsbauten, die vom alten Kerzenlicht zum Petroleum, Gas und – um ganz modern zu sein – schließlich zum elektrischen Licht übergehen mußten. Viel vollständig Wertloses, das in Keller und Speicher hinderte, setzt nun der Krieg in bare Münze um. Zur Geltung kommt auch endlich manches Kaffeeservice aus Reinnickel, das bis dahin vom Geschenkstage an in der besseren Stube ein beschauliches Dasein führte. Dienstmädchen bringen mit Stolz sauber geschäuerte kupferne Kessel. An diesen Brief zum Schatz im Schützengraben hatten sie nicht gedacht. Manches alte Mütterchen schaut bedächtig und freundlich auf die oft nicht kleinen Zahlen in der Anweisung zur Zahlung auf der Gemeindekasse. Ansehnliche Sümmchen werden von besseren Damen mit freudigem Stolz geschenkt. Auch hier, wie überall sehen wir den opferstarken Willen deutscher Frauen, dem Vaterlande in ernster Zeit mit der schönsten Küchenzierde – dem Kupfergerät – zu dienen, – nach dem Beispiel der guten alten Zeit vom Jahre 1813: „Gold gab ich für Eisen“.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Für die Verwundeten! werden in allen Lazaretten und Krankenhäusern in genügender Anzahl, entsprechend der Bettenzahl, seit Beginn des Krieges in Bonn und in allen Orten unserer Botenbezirke durch unsere Träger die „Deutsche Reichs-Zeitung“ täglich ausgeliefert. Wo unsere Zeitung an die Kranken durch unsere Träger nicht zur Verteilung gelangt, bitten wir um schriftliche Mitteilung an die Geschäftsstelle: Bonn, Sürst 1.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 4. September 1915
Die Einnahme der Festung Grodno wurde gestern gegen Abend durch Glockengeläut gefeiert. Zahlreiche Gebäude haben Fahnenschmuck angelegt.
Der Vereinslazarettzug K. 1 Bonn hat auf seiner 15. Fahrt in Chauny 245 Verwundete geladen und in Bingen, Mainz und Darmstadt ausgeladen. In Darmstadt wurde der Zug einer gründlichen Ausbesserung unterzogen. Zur Zeit steht er abfahrtbereit in Godesberg.
An Liebesgaben sind dringend erwünscht Zigarren, Zigaretten, Hemden, Taschentücher, Pantoffeln, abzugeben Bahnhofstraße 40, Geldspenden wolle man richten an die Zweigstelle der Deutschen Bank in Bonn. (…)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bonner Stadttheater. Die Kölner Stadtverordneten-Sitzung erklärte sich in ihrer gestrigen Sitzung mit dem Vertrag über das Spielen des Kölner Stadttheaters in Bonn einverstanden. In Bonn sollen bekanntlich in einer Woche zwei Schauspiel- und alle 14 Tage eine Opern-Vorstellung stattfinden; an diesen Abenden muß in Köln mindestens in einem Theater gespielt werden.
In der heutigen Verhandlung gegen die Witwe Höfer aus Lengsdorf wegen Mordes sind 13 Zeugen und 3 Sachverständige vor das Außerordentliche Kriegsgericht geladen. Die Verteidigung führt Justizrat Dr. Abs.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 3. Sept. Ein ereignisfreudiger Tag war es heute für Godesberg: die langersehnten Röggelchen hatten endlich ihren Weg auch nach hier gefunden und waren in dem ehemaligen Hotel Hüttenrauch zum Verkauf ausgestellt. Beheimatet waren diese Röggelchen in Bonn; denn die Bäckerinnung von Godesberg und der gleichnamigen Bürgermeisterei weigert sich bekanntlich zur Herstellung dieser Backware und beharrt unentwegt auf ihren diesbezüglich gefaßten Beschlüssen. Unsere Gemeindeverwaltung hat jetzt kurzerhand den Bezug der Röggelchen von Bonn angeordnet und heute zum erstenmal verkaufen lassen. In hellen Scharen strömten die kauflustigen Godesberger aus allen Schichten unserer Bürgerschaft zur Verkaufsstelle hin, um auf Grund ihrer Brotkarten auch ihren Anteil für 6 Pfennig pro Stück zu erstehen. Die Verkaufszeit war von ½ 11 bis 12 Uhr vormittags bemessen. Doch schon 10 Minuten vor 11 Uhr war kein Röggelchen mehr zu haben. Bis aufs letzte Stück war innerhalb 20 Minuten alles ausverkauft gewesen, und die vielen vielen Spätlinge hatten das Nachsehen. Doch morgen schon werden wieder neue Röggelchen von Bonn nach hier verbracht, und so soll es dem Vernehmen nach jetzt jeden Tag gehalten werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Viktoriabad. Seit dem 1. September ds. Js. eröffnet man die Badeanstalt morgens um 8 Uhr zu einem Zeitpunkt, an dem Kinder von 6 Jahren schon die Schule besuchen und Angestellten, sowie Geschäftsleuten es vollständig unmöglich ist, ein Bad zu nehmen. Ferner ist es einer großen Anzahl Badegästen kaum möglich, Sonntags vormittags zu baden, da der Betrieb jetzt auf drei Stunden verkürzt ist, sodaß um 9 ¼ Uhr die Männerschwimmhalle vollständig besetzt ist und mithin viele Gäste gezwungen sind, umzukehren, ohne das erfrischende Bad genommen zu haben. Wenn eine Anstalt zum Wohle des Publikums errrichtet ist, so muß man doch auch erwarten können, daß Gelegenheit gegeben wird, sie zu benutzen. Auch kommt hier die Rentabilität des Bades in betracht. Hoffentlich genügen diese Zeilen zur baldigen Abhülfe. Mehrere Badegäste.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Schlagsahneverbot. Der Gouverneur der Festung Köln erläßt eine Bekanntmachung, in der er für den Befehlsbereich der Festung (zu dem auch Bonn gehört) 1. die Herstellung und den Verkauf von Schlagsahne und 2. die Abgabe von Schlagsahne zu Speisen oder Getränken einschließlich der Auffüllung und Verzierung von Torten verbietet. Dieses Verbot tritt am 5. September in Kraft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“
Sonntag, 5. September 1915
Der Ausschuß zur Regelung der Brot- und Mehlversorgung hat in seiner gestrigen Sitzung die in der Stadt Bonn zu gewährende Wochenkopfmenge an Brot vom 16. September ab auf 3 ¾ Pfund (bisher 3 ½ Pfund) festgesetzt, nachdem die zu verbrauchende Mehlmenge seitens der Reichsgetreidestelle erhöht worden ist. Entsprechend dem Mehrgewicht wird sich natürlich auch der Preis des Fein- und Schwarzbrotes um 5 Pfg. erhöhen. Jeder körperlich schwer arbeitenden Person darf außerdem noch ¼ des 3 ¾ pfündigen (bisher 3 ½ pfündigen) Brotes wöchentlich mehr verabfolgt werden.
Ferner wurde beschlossen, die neuen Brotbücher für die Zeit vom 26. September 1915 bis Ende September 1916 am Sonntag den 26. September d. J., in noch näher anzugebenden Ausgabestellen zu verabfolgen. Die Aushändigung des neuen Brotbuches erfolgt nur gegen Rückgabe des bisherigen Buches. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das außerordentliche Kriegsgericht verhandelte gestern unter dem Vorsitz des Herrn Landgerichts-Direktors Douqué gegen die Tagelöhnerin Witwe Ludwig Höfer, Agnes geb. Geißhecker, 48 Jahre alt, aus Lengsdorf, wegen Mordes. Am 12. Juli ds. Js. kam die Angeklagte in ein Haus in der Nachbarschaft ihrer Wohnung und sagte, die Ehefrau Gottfried Schönfeld aus Lengsdorf, bei der sie im Hause wohne, liege tot in ihrer Küche. Diese Nachricht überbrachte sie auch dem Ehemann der Toten. An ihrer Bluse bemerkte man sofort Blutspritzer, ebenso an ihrem Gesicht und ihrer Schürze. Der Ehemann entdeckte auch sofort, daß ihm über 300 Mark aus einem Vertikow gestohlen waren. Die Leiche der Ermordeten wies nicht weniger als 23 Verletzungen auf, die mit einem Beil beigebracht waren, das der Angeklagten gehörte und sich in ihrer Wohnung später versteckt vorfand. Auch wurden ein Paar blutbefleckte Pantoffeln auf ihrem Speicher versteckt aufgefunden und in ihrem Holzstall fand man versteckt das Geld bis auf eine kleine Summe, die später in ihrem Bett entdeckt wurde.
Die Angeklagte, eine dunkelblonde, mittelgroße Persönlichkeit, mit ziemlich energischem Gesichtsausdruck, leugnete die Tat. Sie habe der Verstorbenen nichts getan. Sie habe auch nicht gewußt, wo sie ihr Geld gehabt habe. Bei dieser Ausrede blieb sie, obwohl ihr Offizial-Verteidiger, Herr Justizrat Dr. Abs ihr ernstlich zugeredet hatte, die Wahrheit zu bekennen. Die Zeugenvernehmung ergab, daß die Angeklagte wegen Diebstahls dreimal vorbestraft ist. Sie hatte ein Verhältnis mit einem Soldaten, der sie in seinen Briefen wiederholt gedrängt hatte, ihm Geld zu schicken. Sie bezog nur 25 Mark Pension und man war allgemein der Ansicht, daß sie auf unredliche Weise Geld erwerben müsse, um leben zu können. Als sie nach der Tat auf die Blutflecken an ihrer Schürze aufmerksam gemacht wurde, wusch sie die Schürze aus, wurde aber von dem Polizeibeamten Amzehnhoff daran gehindert, das blutige Wasser wegzugießen. Das Beil hatte sie inzwischen gereinigt. Sie behauptete, ihr Liebhaber habe es gebraucht, um Kaninchen damit zu schlachten. Durch eine sachverständige Untersuchung wurde aber festgestellt, daß sich dort, wo der Stiel in das Eisen eingefügt war, Menschenblut befand.
Der Berichterstatter beantragte gegen die Angeklagte die Todesstrafe. Man könnte auf den ersten Augenblick geneigt sein, anzunehmen, daß ein Verbrechen gegen § 214 (Totschlag bei Begehung eines Verbrechens) vorliege. Das sei aber nach dem ganzen Tatbestand ausgeschlossen. Frau Schönfeld habe kurz vor ihrem Tod Gemüse aus dem Garten geholt und sei mit dessen Reinigung beschäftigt gewesen. Wollte man annehmen, daß die Angeklagte von ihr beim Diebstahl überrascht worden sei, so sei es unerklärlich, daß sie das Gemüse schon zum Teil gereinigt habe. Justizrat Dr. Abs war der Ansicht, daß ein Verbrechen gegen § 214 vorliege. Das außerordentliche Kriegsgericht verurteilte die Angeklagte zum Tode und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Die Angeklagte hörte das Urteil größter Gleichgültigkeit an.
Fußballwettspiel. Sonntag Nachmittag findet auf dem Sportplatz an der Rich.-Wagner-Str. ein Fußballwettspiel der 1. Mannschaft des Bonner Fußball-Vereins gegen die 1. Militär-Mannschaft des Inf.-Regt. 16 in Mülheim a. Rhein statt. Die spielstarke Militärmannschaft, die bereits gegen mehrere tüchtige Mannschaften Westdeutschlands mit Erfolg gespielt hat, wird den Einheimischen eine schwere Nuß zu knacken geben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Montag, 6. September 1915
Verbotene Ansichtskarten. Der Guvernör der Festung Köln macht bekannt: Der Verkauf von Postkarten, die aus lösbaren Schichten zusammengesetzten Papiers hergestellt sind oder die in die Papierschichten eingelassene Postkarten usw. enthalten, ist verboten. Zuwiderhandlungen werden auf Grund des § 9, Ziffer b, des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 bestraft.
Urlaubsgesuche zu Erntearbeiten usw. sind nicht unmittelbar an die Truppenteile zu richten, da sie von dort aus den Landrats- und Bürgermeisterämtern zurückgesandt werden müssen. Der hierdurch entstehende Zeitverlust hat häufig zur Folge, daß die Zeit der Ernte längst verstrichen und die Beurlaubung hinfällig oder verzögert ist. Derartige Gesuche sind vielmehr stets an die zuständigen Landrats- oder Bürgermeisterämter zu richten, von wo aus alsdann die Weitergabe an die entsprechenden Stellen veranlaßt wird.
Vorsicht gegen ausländische Anfragen. Wenn Ausländer (auch solche, die in Deutschland wohnen), Auskunft über Fragen der deutschen Industrie einzuziehen suchen, so ist im vaterländischen Sinne Vorsicht geboten. Vor Beantwortung solcher Fragen empfiehlt es sich, mit dem Kriegsministerium wegen der Zulässigkeit in Verbindung zu treten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vaterländl. Frauen-Verein Stadtkreis Bonn. Am 3. September fand in der Beethovenhalle unter dem Vorsitz des Regierungs- und Geh. Medizinalrats Prof. Dr. Rusak von der Königlichen Regierung zu Köln wiederum eine staatliche Notprüfung von 10 Schwestern des Vaterl. Frauen-Vereins Stadtkreis Bonn statt. Alle Schwestern bestanden die Prüfung.
Die Versendung von Feldpostpäckchen (Feldpostbriefe über 50 Gramm Gewicht) nach dem Osten hat einen solchen Umfang angenommen, daß die Feldpost bei den schwierigen Wegeverhältnissen in Rußland die ordnungsgemäße Zustellung nicht mehr leisten kann. Von einigen Dienststellen ist deshalb bereits beantragt worden, den Päckchenverkehr vollständig zu sperren. Im Interesse der Truppen liegt es, wenn die Angehörigen in der Heimat ihre Gebefreudigkeit einschränken und weniger Päckchen zur Ostfront schicken. Sollte dieser wohlgemeinte Rat nicht allseitige einsichtsvolle Beachtung finden, so würde die Heeresverwaltung gezwungen sein, den Päckchenverkehr nach dem Osten vollkommen zu sperren. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Von der Bonner Lazarett-Zeitung ist Nr. 2 gestern erschienen. Sie enthält u. a. einen Aufsatz „Unsere Verwundeten“ von Prof. Dr. Brandt, ferner eine Abhandlung über die Frage: Verliert der Kriegsbeschädigte seine Rente, wenn er arbeitet und verdient?
Verwundetenausflug. Am Sedantage unternahmen die Verwundeten aus dem hiesigen Mutterhaus vom Roten Kreuz in Begleitung von Frau Oberin, dem Landrat und dem Geheimen Regierungsrat von Nell und Geheimrat Dr. Hoerstermann eine Rheinfahrt nach Andernach, von wo sie, einer Einladung Ihrer K. H. der Frau Prinzessin Karl von Hohenzollern folgend, mit Wagen nach Burg Namedy abgeholt und dort mit Kaffee und Kuchen bewirtet wurden. Ihre K. H. unterhielt sich mit jedem Einzelnen auf das huldvollste, dann wurde das schöne und interessante Schloß besichtigt. Nachdem die Verwundeten noch mit reichen Liebesgaben bedacht worden waren, brachte Geheimrat von Nell unter herzlichen Dankesworten ein Hoch auf I. K. H. aus. In gehobener Stimmung unter fröhlichem Gesang ward die Heimfahrt angetreten und noch vom Schiffe aus wurden mit der gastlichen Burg lebhafte Abschiedsgrüße gewechselt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“
Dienstag, 7. September 1915
Das Backen mit Vollmilch oder Sahne ist vom Bundesrat verboten worden. Die Polizeibeamten und die von der Polizei beauftragten Sachverständigen sind befugt, jederzeit in die Räume einzutreten, in denen Backwaren bereitet, gelagert, aufbewahrt, feilgehalten oder verpackt werden, um zu prüfen, ob das Verbot des Bundesrates befolgt wird. Sahne darf auch im Kleinhandel nicht mehr abgeben werden, also auch nicht in Milchläden, Konditoreien, Bäckereien, Kaffeehäusern, Wirtschaften usw.
Ausschank und Verkauf von Branntwein. Der Guvernör der Festung Köln hat seine Verordnung vom 27. März d. J. über den Ausschank von Branntwein und Spiritus außer Kraft gesetzt. Dafür trat am gestrigen 6. September aber eine gleichlautende Verordnung des Kölner Regierungspräsidenten in Kraft. Das Schnapsverbot an bestimmten Stunden und Tagen bleibt also bestehen, ebenso die Beschränkungen im Handel mit Branntwein.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vertilgung des Huflattichs. In der heutigen Nummer unseres Blattes wird eine Polizeiverordnung veröffentlicht, wonach alle Eigentümer, Pächter und Nutznießer verpflichtet sind, zur Vertilgung des Huflattichs die von ihnen landwirtschaftlich genutzten Grundstücke einschließlich der Wiesen, nach diesem Unkraut abzusuchen und es abzustechen, bevor es zur Blüte kommt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
5 Prozent Kriegsanleihe, dritte Ausgabe. Es sein nochmals darauf hingewiesen, daß es keineswegs nötig ist, daß die Zeichner schon bei der Anmeldung über die erforderlichen Beträge verfügen können. Die Einzahlungen erstrecken sich auf lange Termine und da alle Zeichenstellen bestrebt sind, dem Publikum weitgehend entgegen zu kommen, so wird auch Denjenigen Rat werden, die etwa erst Anfang nächsten Jahres Zahlung leisten können. Bei Inanspruchnahme der Darlehenskasse kann die Zahlung ev. noch länger hinausgeschoben werden.
Ein Verzeichnis sämtlicher vermißter Krieger von Bonn und Umgebung wird die Zentralstelle für Auskunfterteilung und für Hülfe jeder Art während der Kriegszeit in Bonn (im Gebäude der Armenverwaltung Franziskanerstraße) herstellen. Diejenigen Angehörigen, die vermißte Krieger dort nicht angegeben haben, werden gebeten, dies bis zum 13. September unter Angabe des Namens, Geburtsortes, der genauen militärischen Personalien und des Kriegsschauplatzes zu tun. Die Liste verfolgt den Zweck weiterer Vermittlung.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 8. September 1915
Die dauernd Untauglichen. Zur Frage der Wehrpflicht der im Frieden dauernd untauglich bezeichneten Wehrpflichtigen verbreitet das Wolffsche Telegraphen-Büro folgende amtliche Mitteilung: In Abänderung des § 15 des Reichsmilitärgesetzes und des § 27 des Gesetzes vom 11. Februar 1888 durch den vom Reichstag bereits verabschiedeten Gesetzentwurf wird eine nochmalige Musterung der früher dauernd untauglich befundenen Wehrpflichtigen im Kriege möglich. Dies entspricht in erster Linie dem Rechtsempfinden des Volkes. Zahlreiche Eingaben erforderten die Einbringung eines solchen Gesetzes aus Gerechtigkeitsgründen. Durch den freiwilligen Eintritt einer großen Anzahl früher als dauernd unbrauchbar bezeichneten Wehrpflichtigen ist erwiesen, daß sich eine Menge jetzt Tauglicher unter diesen befinden. Zeit und Natur beseitigen häufig Mängel, die die frühere Entscheidung begründeten. Es wäre ebenso unbillig wie ungerecht und entspräche nicht dem Grundgedanken der allgemeinen Wehrpflicht, ältere Leute ins Feld zu schicken, so lange noch taugliche abkömmliche jüngere Leute vorhanden sind. Von einer Verlängerung der Wehrpflicht über das 45. Lebensjahr hinaus, wie oft behauptet wird, ist nicht die Rede.
Die Bestimmungen über die polizeiliche Anmeldung werden vom Oberbürgermeister aufs neue in Erinnerung gebracht. Reichsdeutsche, die in Bonn in Gast- oder Privathäusern dauern oder vorübergehend, auch besuchsweise Wohnung nehmen, müssen sich unverzüglich, spätestens 12 Stunden nach Beziehen der Wohnung bei der Polizei anmelden. Für Ausländer ist die Meldepflicht auf acht Stunden nach der Ankunft verkürzt. Erfolgt die Anmeldung nicht rechtzeitig, so werden nicht nur der Mieter, sondern auch der Vermieter mit wenigstens 30 M. Geldstrafe bestraft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Neue Ehrentafel. Unsere Universität hat eine neue, am 1. September abgeschlossene Ehrentafel der im Dienste des Vaterlandes gefallenen Dozenten, Assistenten, Studenten und Angehörigen aufgestellt. Sie zählt Namen, Todestag und nähere Umstände von 3 Dozenten, 3 Assistenten, 176 Studierenden und einem Angestellten der Universität auf. Der Rektor widmet die in Heftform gedruckte Ehrentafel „als Zeichen teurer und dankbarer Erinnerung“ den Angehörigen der Gefallenen. Außerdem wird sie in großem Format am Schwarzen Brett, in der Aula und in den Hörsälen angeschlagen.
Zur Besserung der Aufschriften bei Feldpostsendungen hat das Kriegsministerium ein neues Verfahren angeordnet. Sämtliche Formationen des Feldheeres, nötigenfalls auch des Besatzungsheeres, haben ihren Unteroffizieren und Mannschaften umgedruckte Postkarten mit der richtigen Aufschrift auszuhändigen. Diese müssen den Angehörigen zugeschickt werden. Bei dem Umdruck soll streng darauf geachtet werden, daß die Angabe der Formation einfach, klar und der amtlichen Bezeichnung entsprechend geschieht. Abkürzungen sind nur so weit zulässig, als sie jeden Zweifel ausschließen. Diese Postkarten sollen aber nicht ausschließlich und fortlaufend verwendet werden. Sie dienen vielmehr den Absendern von Sendungen an Heeresangehörige als Vorlage für die Aufschrift. Es genügt deshalb, wenn sie in angemessenen Zwischenräumen und bei Uebertritt eines Truppenteils zu einem anderen Verband oder von Mannschaften zu anderen Formationen verschickt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Petroleum. In Nummer 7814 des Sprechsaals ereifert sich ein „Unus pro multis“ über einen Wucherer und Vaterlandsfeind, der einen Vorrat von 40 000 Liter Petroleum hat und dennoch einer armen Frau kein halbes Liter davon abgeben wollte. Ich halte das für einen guten Witz, denn heute gibt es keinen Grossisten, der ein solches Quantum Petroleum besitzt. Diejenigen Händler, die noch größere Mengen Petroleum hatten, haben in ihrem eigenen Interesse dafür gesorgt, daß es bis zum 1. September, an dem bekanntlich der Höchstpreis von 32 bzw. 34 Pfg. festgesetzt worden ist, losgeschlagen war. Keiner dieser Großhändler hat den Preis wieder bekommen, den er dafür bezahlt hat; er war froh, bis zu dem bestimmten Termin das Petroleum los zu sein, um nicht tausende von Mark zu verlieren. Ich kann Ihnen eine Fall nennen, in dem einige Händler zusammen am 12. Juli 15 000 Liter Petroleum erhielten, die im Einkauf 42 Mark mehr kosteten, als nach dem Höchstpreise, der drei Tage später in Kraft treten sollte, dafür zu erzielen war. In einem anderen Falle hatte zur Zeit der Bundesratsverordnung eine Einkaufsgenossenschaft sechs Tankwagen mit Petroleum unterwegs, die bereits bezahlt waren. Der Unterschied zwischen Einkauf und Höchstpreis betrug hier 50 000 Mark zum Schaden der Einkaufsgenossenschaft. Kann man nun mit Recht von einzelnen Bürgern solche Opfer verlangen? Dem Petroleum-Mangel ist heute noch immer nicht abgeholfen. Einzelne Geschäfte erhalten 10 oder 12 Liter für die Woche zugesagt und Großhändler bis zu 60 Liter. Was das auf jeden einzelnen Kunden für die Woche ausmacht, kann sich jeder selbst ausrechnen. An vielen Geschäftstüren findet man die Aufschrift, daß kein Petroleum zu haben sei. Derjenige Geschäftsmann, der heute noch im Besitz von teuer eingekauftem Petroleum ist, muß ihn zu dem festgesetzten Höchstpreis von 32 Pfg. abgeben oder er behält ihn im Keller und hat garnichts davon. Verkauft er ihn zu einem höheren Preis, als der Bundesrat vorschreibt, so läuft er Gefahr, ins Gefängnis zu wandern. Sie sehen also, geehrter „Herr Unus pro multis“, auch die Sache hat ihre zwei Seiten. Ein Geschäftsmann
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Goldsammlung. Nachdem bei Wiederbeginn der Schulzeit unsere Jugend von Ferienreisen zurückgekehrt ist, sei nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß die hiesigen Sparkassen für Umwechslung von mindestens M. 50 Gold hübsch ausgestattete Gedenkblätter ausstellen, die für die Inhaber wertvolle Erinnerungen an unsere große Zeit darstellen. Mögen also die Schüler und Schülerinnen, die in den Ferien keine Gelegenheit dazu hatten, sich bei Verwandten und Freunden um Sammlung von Goldmünzen bemühen.
Geständig. Die am 4. ds. Mts. wegen der Ermordung der Ehefrau Schönefeld vom außerordentlichen Kriegsgericht verurteilte Witwe Höfer aus Lengsdorf, die in der Verhandlung nicht zu einem Geständnis zu bewegen war, hat nachträglich die Tat eingestanden und ein Gnadengesuch eingereicht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 9. September 1915
Alle als dauernd dienstunfähig aus dem Militärverhältnis entlassenen, militärisch ausgebildeten Personen aus dem Stadt- und Landkreise Bonn müssen sich am übermorgigen Samstag beim Bezirkskommando zur Landsturmrolle anmelden. Wir verweisen auf die Bekanntmachung des Bezirkskommandos in dieser Nummer.
Unsere jüdischen Mitbürger feiern heute und morgen ihr Neujahrsfest. Sie beginnen das 5776. Jahr ihrer Zeitrechnung.
Zwei infizierte Versuchskaninchen sind aus dem Stalle eines hiesigen Instituts gestohlen worden. Da der Genuß ihres Fleisches unbedingt zu Erkrankungen führen würde, seien die Diebe und ihre etwaigen Angehörigen hiermit gewarnt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vorboten des Herbstes. In diesem Jahre haben sich die Morgennebel früher als sonst eingestellt. In den frühen Morgenstunden ist der Nebel oft derart dicht, daß der Fuhrverkehr, namentlich vor der Stadt, nur mit größter Vorsicht aufrecht erhalten werden kann. Auf dem Rhein wogen die wallenden Nebelschwaden so dicht, daß der Frachtverkehr erst in den späten Morgenstunden einsetzen kann. Solche Nebeltage bringen, besonders wenn sie starker Tau mit ihnen verbunden ist, in der Regel tagsüber schönes Wetter.
Deutscher Gruß. In Gerolstein in der Eifel steht über der Tür eines Gastzimmers folgender beherzigenswerter Spruch:
„Gehst, Fremder, du zu dieser Tür hinaus,
Sprich nie den welschen Gruß ‚Adieu’ mehr aus;
Sag: ‚Lebewohl’, ‚Grüß Gott’, ‚Auf Wiedersehn’!
Nur so darfst du als Deutscher von uns gehen!“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Hühnerjagd ist eröffnet und verspricht, wie man allgemein hört, einen guten Ertrag. Die Vermehrung des Wildes ist wohl darauf zurückzuführen, daß viele Jäger beim Militär sind, und dadurch der Abschuß stockte. Aber auch die schöne warme Witterung hat das ihrige dazu beigetragen, weil dadurch auch die jungen Hasen gut aufgekommen sind. Ebenso ist die Jagd auf Wachteln und schottische Moorhühner eröffnet.
Gefährdung von Eisenbahnzügen. Die Königliche Eisenbahnverwaltung in Köln hat darauf aufmerksam gemacht, daß in letzter Zeit häufiger auf fahrende Züge geworfen und auch geschossen worden ist. Die Königliche Regierung ersucht deshalb die Lehrer und Lehrerinnen, die Kinder vor diesem Unfuge nachdrücklich zu verwarnen.
Das Ende der großen Ferien. Die großen Ferien sind zu Ende. Donnerstag, den 9. d. Mts. beginnt für die schulpflichtige Jugend wieder die Zeit der Arbeit. Es gilt aus der Zeit der Ungebundenheit und des sommerlichen Träumens, sich zurückzufinden im Alltag mit seinen nicht immer leichten Ansprüchen. Die Knaben und Mädchen, die nun wochenlang kaum etwas anderes getan haben, als das, was ihnen Vergnügen bereitete, müssen sich wieder an regelmäßige Arbeit, an Pünktlichkeit und Ordnung gewöhnen. Man darf nicht mehr den ganzen Tag im Freien herumtollen, spielend und sorglos dahinleben, ohne an das Morgen zu denken. Die Aufgabe ist es wieder, für den kommenden Tag vorzubereiten, Vergessenes nachzuholen und Schularbeiten zu machen. Reisen wurden während der Kriegsferien nicht so viel wie sonst gemacht. Dagegen wurden hübsche Ausflüge in die prächtige Umgebung unternommen.
Wahrsageunfug. In den Zeitungen wird neuerdings wiederholt und häufiger als früher über das Ueberhandnehmen des Wahrsageunfugs geklagt. Nun ist zwar erfreulicherweise den Wahrsagerinnen schon lange die Möglichkeit genommen, ihre angebliche Kunst öffentlich anzupreisen. Doch finden sie anscheinend noch immer dunkle Wege und Hinterpförtchen, durch die sie ihre leichtgläubige Kundschaft heranlocken. Besonders häufig findet man unter ihren Kunden Frauen und Bräute von Kriegern, in der grotesken aber leider oft festen Überzeugung, daß der abgestandene Kaffeesatz oder die abgegriffene Spielkarte eine Deutung über das Schicksal ihrer Lieben im Felde geben könne. Freilich hat die Erfahrung gelehrt, daß es meist gegen Windmühlen kämpfen heißt, wenn man hartnäckigen Aberglauben besiegen will. Am schlimmsten ist die unerfreuliche Tatsache, daß vielfach auch Damen der höheren Stände, statt Vorkämpferinnen gegen diesen Unfug zu sein, selbst der Unsitte fröhnen, sich wahrsagen zu lassen. Dem Staate kann es aber nicht gleichgültig sein, wenn nicht unbeträchtliche Teile des Vermögens in die Hände skrupelloser Ausbeuterinnen übergehen, wie es die Wahrsagerinnen meistens sind, und so nützlichen Zwecken gerade jetzt im Kriege entzogen werden, ganz abgesehen von der moraischen Verwerflichkeit und ethischen Widersinnigkeit des ganzen Treibens. Möchte daher in der Bevölkerung jeder, der im Besitze gesunden Menschenverstandes ist, die Behörden bei der Unterdrückung dieses Treibens unterstützen, indem er ihnen Mitteilung macht, wenn er Beweise für den Betrieb der Wahrsagerei beibringen kann, der in der Regel nichts anderes ist als Betrug.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 10. September 1915
Die gemeinnützige Stellenvermittlung des Bundes deutscher Offiziersfrauen, Berlin SW.11, Hallesche Straße Nr. 20, hat einen großen Umfang angenommen. Der Bund war bisher in der Lage, Hunderten von Offiziersangehörigen, Witwen und Waisen und auch hin und wieder männlichen Angehörigen des Offiziersstandes standesgemäße Stellungen im ganzen Reiche nachzuweisen. Naturgemäß kann der Bund diese Tätigkeit nur auf Offiziersangehörige beschränken. Die Vermittlung ist von einer Mitgliedschaft unabhängig und für beide Teile kostenfrei. Es wird gewünscht, daß auch die Behörden mehr wie bisher die Stellenvermittlung des Bundes deutscher Offiziersfrauen in Anspruch nehmen möchten.
Sonntagswanderungen. Die Ortsgruppe Bonn des Eifelvereins führt am übermorgigen Sonntag ihre Mitglieder in die Ahrberge. Abfahrt von Bonn 6,47 Uhr, Rückkehr abends 9,02 Uhr. Der Westerwaldklub unternimmt übermorgen eine Nachmittagswanderung Remagen-Erpel-Erpeler Ley. Abfahrt von Bonn 2,29 Uhr.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Ernte der Walnüsse hat begonnen. Die Bäume liefern zwar nicht die reichen Erträge wie im letzten Jahre, doch ist das Ergebnis immerhin zufriedenstellend. Jetzt sind die beliebten Früchte in ihrer Reife so weit fortgeschritten, daß sie sich aus der grünen Hülle lösen und der leiseste Wind sie prasseln zu Boden wirft. Auch die Haselnusssträucher im königlichen Kottenforst wie auch in den Privatwaldungen bringen in diesem Jahre eine große Menge Nüsse.
Die Kriegskinder des katholischen Karl-Kinderhorts benutzten den letzten Ferientag zu einem Ausflug an die Sieg. Oberbürgermeister Spiritus hatte in liebenswürdiger Weise die freie Benutzung der Rheinbrücke gestattet, und so marschierte dann die muntere Schar unter Vorantragen von Fahnen nach Beuel und in die Siegniederungen, wo man sich das mitgenommene Kriegsbrot gut schmecken ließ. Heimwärts ging es über Schwarz-Rheindorf, wo die berühmte Doppelkirche besucht wurde. Herr Pfarrer Bremer hatte die Liebenswürdigkeit, den Kleinen die Kirche und die Malereien zu erklären. Es war für die Kinder ein schöner Ferienabschluß und wird sie anspornen, auch fernerhin gern und fleißig den Hort zu besuchen.
Schützengrabenkrieg auf der Viktorhöhe bei Godesberg.
Wie das kam? In der Pflege der Verwundeten und opferwilligen Liebesgabentätigkeit hatten alle Kreise unsers Nachbarortes mit einander in edlem Wetteifer gewirkt. Als kleine Anerkennung hatten militärische Kreise, an ihrer Spitze Kurdirektor Hauptmann Thomas, den Godesbergern ein interessantes militärisches Schauspiel zugedacht. Verwundete aus den Godesberger Lazaretten hatten im Verein mit Mannschaften unseres Ersatz-Bataillons auf der Viktorhöhe eine feldmäßige Befestigung angelegt. Die wurde gestern kriegsmäßig besetzt, verteidigt und gestürmt und hierzu waren die Godesberger eingeladen und auch sehr zahlreich erscheinen.
Die Viktorhöhe ist von schönem Wald besetzt. Unter den hohen Fichten zogen sich nun die Gräben und Sappen und Unterstände her; die Anmarschwege und das Vorgelände waren durch Stacheldrahtspannungen und spanische Reiter gespickt und boten böse Hindernisse. Um 6 Uhr rückten zwei Kompagnien Infanterie an; die eine besetzte die Gräben, die andere verschwand bald im Waldesdunkel, aus dem sie später als Angreifer auftauchen sollte. Auch lange Reihen von Verwundeten erschienen. Zu ihnen und den erschienenen Gästen sprach Herr Hauptmann Thomas kurze Begrüßungsworte, dankte dem Besitzer des Waldstückes, Herrn Professor Wendelstadt für sein Entgegenkommen und übergab dann einem Pionieroffizier das Wort. Der Herr – das Eiserne sprach von ehrenvoller Kriegstätigkeit – hielt dann einen eingehenden Vortrag über den heutigen Schützengraben, den zweckmäßig zu bauen uns die harte Not des Krieges gelehrt. Mit großem Interesse folgte alles den gut verständlichen Erläuterungen über Gräben, Unterstände, Schützennischen, Horchposten und Hindernisse. Und dann brach der Sturm los.
Im Walde lagen schon die dunklen Abendschatten, da kroch es den gegenseitigen Hang herauf von verblassenden Gestalten, und wie die näher kamen und sich trotz Feldgrau schärfer abhoben, gingen leise Befehle durch die Gräben und dann krachte es auf. Hier, dort, drüben; an dem Ende, an jenem. Das schwoll zu scharfem ohrenbetäubenden Knattern und verklang und verhallte wieder in Einzelschüssen und erwob sich mit rasendem Schnellfeuer und langen und kurzen Feuerpausen. In langen Schützenreihen kam der Feind heran; er ballte sich zu dichten Sturmkolonnen, zog sich wieder auseinander, sprang vor und warf sich nieder. Das Werk mußte fein werden. Das Feuer aus dem Graben aber zwang ihn nieder und trieb ihn zuletzt zurück. Der Angriff war glücklich abgeschlagen. Dann lag lautlose Ruhe über dem Walde und den Gräben und so zog der Abend herauf und auf den Gewehren leuchteten matt die Bajonette. Hundert Augen bohrten sich in die Nacht des Waldes, der in unheimlicher Stille träumte. Und in dieser deckenden Finsternis kroch es wieder heran. Da schoß eine Leuchtkugel aus der Festung über die Bäume und fiel mit weißem Licht zwischen die Stämme und noch eine und wieder eine. Und das Licht zeigte den Büchsen die Feinde. Da knatterten wieder die Gewehre, der Wald hallte wider von Gruppenfeuer und Schnellfeuer. Von beiden Seiten sprachen die Gewehre in überschlagender Hast und dann – kam der Sturm. Die Angreifer hatten die Drahthindernisse zerschnitten, durchbrochen, unterkrochen und in dichten Haufen stürzten sie sich auf die Gräben zur letzten Arbeit mit dem Bajonett. Der Sieg schien errungen.
Tiefe Nacht lag im Walde, da wanderten in langen Reihen die Verwundeten, Bürger und Bürgerinnen den Lichtern von Godesberg zu.
Durch den Wald zogen die Soldaten ab. Seltsam getragen klangen ihre Lieder durch Nacht und Wald.
„Wenn die Schwalben heimwärts ziehen“. Von einem Waldfreund wird uns geschrieben: Hart und kalt hat das Schicksal des Krieges die Menschheit von der Schönheit der Natur und deren Wandlungen abgelenkt. Unser ganzes Sinnen und Trachten beanspruchen die Tagesereignisse auf den Kriegsschauplätzen. Die Vögel brachten uns die frohe Botschaft des Frühlings, mit strahlender Schönzeit zog der Sommer ins Land und nun verkünden bereits lange Reihen auf den Telegraphendrähten sich zum Abschiede sammelnde Schwalben den nahenden Herbst. Nach sorgfältiger Schonung auf heimatlichem Boden winkt ihnen im Süden der Tod. Wir rufen ihnen eine glückliche Heimkehr zu. Auch sie ziehen in Feindesland, wo die Vögel nicht beurteilt werden, wie schön sie sind und wie sie singen, sondern wie sie schmecken. Im Walde drückt die wachsende Herbststimmung mehr als sonst auf Herz und Gemüt. Der beginnende Blätterfall, als Zeichen rascher Vergänglichkeit, mahnt uns unwillkürlich, der großen Zahl der tapferen Krieger zu gedenken, welche auf den Schlachtfeldern bereits hinabgesunken sind in die kühle Erde, ewig auszuruhen für die dem Vaterlande erwiesenen Heldentaten. Die Zauberworte Waldesfrieden und Waldesruhe haben jetzt einen besonders wohltuenden Klang. Trübsal und schweres Leid zeigen unzähligen schwer geprüften Menschenherzen den Weg in die Waldeinsamkeit, dort in kirchlicher Ruhe Trost zu finden für das verlorene Glück. So lange die Welt besteht, nie hat der Wald so viele ruhig dahinziehende Wanderer gesehen, die nach stiller Betrachtung über das Elend des Krieges fromme Wünsche zum Himmel senden, für die in Feindesland mit elementarer Gewalt an den Rand des Grabes gedrängten lieben Angehörigen. Nie hat die Menschheit die Ruhe des Waldes so schätzen gelernt als in dieser bitteren Zeit des furchtbaren Krieges. Überschäumende Lebenslust, die sich mit Vorliege in der nur zu Ende gehenden Wanderzeit im Walde breit machte, bekam durch den Krieg einen schweren Schlag. Wo die Jugend Erheiterung sucht, schallt das Lied vom guten Kameraden über Berg und Tal. Zur bitteren Tatsache ist das wehmutsvoll klingende „Morgenrot“ geworden. Die kraftvollen Baumgestalten des Waldes, der unvergleichlich schöne deutsche Wald in seiner herrlichen Fülle erinnern uns aber zugleich an das starke deutsche Volk, dessen ausdauernde Kraft tief und fest wurzelt wie die deutsche Eiche.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das Viktoriatheater, welches sich seit der Wiedereröffnung der Spiele eines stets wachsenden Besuchs erfreut, bietet auch für diese Tage von Samstag bis Montag einschließlich wieder ein reichhaltiges, in jeder Weise gediegenes Programm. Nach ernsten Dramen sorgen heitere Einakter für die erforderliche Auslösung. Ein Besuch des Theaters bringt nach ernster Arbeit eine recht angenehme Ausspannung und Erholung.
Die Kriegsbeschädigtenfürsorge in der Rheinprovinz lautet der Titel einer im Auftrage des Tätigkeitsausschusses für Kriegsbeschädigtenfürsorge in der Rheinprovinz vom Landeshauptmann der Rheinprovinz in Düsseldorf unter Schriftleitung von Landesrat Dr. Horton, Düsseldorf, herausgegebenen Zeitschrift. Sie erscheint nach Bedarf, in der Regel monatlich und wird den Organen der Kriegsbeschädigtenfürsorge und den in der Kriegsbeschädigtenfürsorge tätigen Behörden unentgeltlich zugestellt. Andere Stellen und Private können das Blatt gegen einen Abonnementsbetrag von halbjährlich 1 Mark beziehen. Nr. 1 vom 4. September enthält: Amtliche Nachrichten – Bestimmungen über die Beratungsstelle für kriegsbeschädigte Handwerker in Köln – Bericht über die Sitzung des Tätigkeitsausschusses für Kriegsbeschädigte – Die autogenen Metallbearbeitungsverfahren im Dienste der Invalidenfürsorge – Literatur zur Kriegsbeschädigtenfürsorge.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 11. September 1915
Taubstumme und blinde Kinder. Blinde Kinder, welche das sechste Lebensjahr, sowie taubstumme Kinder, welche das siebte Lebensjahr vollendet haben, unterliegen, sowie sie genügend entwickelt und bildungsfähig erscheinen, der Verpflichtung, den in den Anstalten für blinde und taustumme Kinder eingerichteten Unterricht zu besuchen. Um die hiernach schulpflichtig werdenden taubstummen und blinden Kinder zu ermitteln, werden die Eltern oder gesetzlichen Vertreter gebeten, die Kinder bis zum 25. September während der Dienststunden im Schulamt, Zimmer 30 des Rathauses, anzumelden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Arbeitsgelegenheit für Kriegsbeschädigte. Beim Bekleidungsamt des VIII. Armee-Korps in Koblenz wird in den nächsten Tagen eine besonders eingerichtete Schneider- und Schuhmacherwerkstatt fertiggestellt, in der Kriegsbeschädigte jeder Berufsart zu Schneidern und Schuhmachern ausgebildet und dann mit Anfertigung von Waffenröcken und Infanterie-Stiefeln beschäftigt werden sollen. Es ist Raum für 100 Leute vorhanden. Einzelnen Arbeiter können auch in anderer Weise Beschäftigung finden. Den Kriegsinvaliden wird neben ihrer unverkürzten Rente vorläufig ein Tageslohn von 3 Mk. und je nach den Leistungen eine tägliche Zulage von 50 Pfg bis 1 Mk. gewährt. Nach erfolgter Anlernung sollen die Kriegsbeschädigten auf Stücklohn arbeiten, sodaß sie in die Lage kommen, noch höhere Lohnsätze zu erzielen. Zu jeder weiteren Auskunft ist das Bekleidungsamt gern bereit.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
In einer neuen Verordnung betr. Marktverkehr wird bestimmt: Das gewerbsmäßige An- und Aufkaufen von Obst, Kartoffeln und Gemüse ohne besondere Genehmigung des Landrates, in Stadtkreisen des Oberbürgermeisters, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird, ist verboten. Der Landrat oder Oberbürgermeister kann allgemein solchen Personen, die vor dem 1. August 1914 den Handel mit Obst, Kartoffeln und Gemüse ausgeübt haben, den Weiterbetrieb ihres Handels gestatten. Die Genehmigung kann versagt oder die allgemein oder im Einzelfalle erteilte Genehmigung widerrufen werden, wenn ein Bedürfnis für den Gewerbebetrieb nicht mehr besteht, oder wenn nach der Persönlichkeit des Gesuchstellers oder nach den sonstigen Umständen die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß von der Erlaubnis zu gewinnsüchtigen Zwecken oder zum Nachteil der Volksernährung Gebrauch gemacht wird. Der Landrat, im Stadtkreisen der Oberbürgermeister, kann anordnen, daß auf den Tages- oder Wochemärkten, auch den sog. Vormärkten, das Aufkaufen von Obst, Kartoffeln und Gemüse durch Händler oder Wiederverkäufer (Vorkäufer) erst zu einer bestimmten Stunde erfolgen darf. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. Die Verordnung tritt am 10. September 1915 in Kraft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 12. September 1915
Bonner Stadttheater. Bekanntlich ist zwischen den Städten Bonn und Köln eine Vereinbarung getroffen worden, wonach durch die Vereinigten Kölner Stadttheater im Bonner Stadttheater wöchentlich zwei Schauspielvorstellungen und alle 14 Tage eine Opernvorstellung gegeben wird. Der Oberbürgermeister ladet in der heutigen Nummer unseres Blattes für die Theaterspielzeit 1915/16 zum Abonnement ein. Für die Vorstellungen werden Dauerkarten für zwei Reihen, A und B ausgegeben, derart daß auf eine Reihe wöchentlich eine Schauspielvorstellung und alle vier Wochen eine Opernvorstellung fällt. Der Preis für die Dauerkarte beträgt für die Zeit vom 1. Oktober bis 1. Januar einschließlich Kartensteuer und Kleiderablagegebühr Reihe A oder B 1. Rang und 1. Sperrsitz 30,50 M, 2. Sperrsitz und Fremdenloge 22,25 M. Wenn man in Betracht zieht, daß neben den Schauspielvorstellungen auch Opernvorstellungen gegeben werden, so darf man den Preis für die Dauerkarte als sehr gering bezeichnen. Ein besonderer Vorteil dürfte auch darin zu erblicken sein, daß die Zeichnung einer Dauerkarte für die erste Hälfte der Spielzeit nicht verpflichtet, auch für die zweite Hälfte eine Dauerkarte zu lösen.
Der Reichsverband der deutschen Gastwirtsverbände hat an die Reichsregierung eine Eingabe gerichtet, in der gegen die zunehmende Beschränkung des Gastwirtgewerbes durch Alkoholverbote, Früherlegung der Polizeistunde, Verbote von Veranstaltungen usw. Einspruch erhoben wird. Diese Maßnahmen ständen im scharfen Gegensatz zu dem hohen Grade von Tugend und Sittlichkeit unseres deutschen Volkes, der sich nicht nur in ernster Schlacht, sondern auch daheim in dem Drange zum Durchhalten und zur Mithilfe offenbare. Unser deutsches Volk verdiene nicht die aus solchen Maßnahmen sprechende sittliche Herabsetzung, es bedürfe nicht solcher polizeilicher Erziehungsmittel.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein weiser Richter. Im benachbarten Beuel wohnt eine sehr reiche Witwe, die vor ihrem Besitztum zwei prächtige Nussbäume stehen hat. Mehrere verwundete Soldaten, die dieser Tage dort vorübergingen, besahen sich mit Wohlgefallen den reichen Ertrag der Bäume und einer von ihnen warf im Weitergehen einen Stein in die Bäume. Dies hatte dir Witwe durch ein Fenster bemerkt: im höchsten Grade aufgebracht, eilte sie vor die Tür und machte den Soldaten in wohlgesetzter Rede das Verwerfliche ihres Tuns klar. Damit aber nicht genug, eilte sie zum Bürgermeister, dem sie den Fall vortrug. Nachdem sich die Frau in etwa beruhigt hatte, frug der Bürgermeister, wie hoch sie den Schaden taxiere. „Mindestens vier Stück haben sie mitgenommen“ entgegnete die Witwe in aufgeregtem Tone. Der Bürgermeister schüttelte bedenklich das Haupt und erklärte dann der Witwe, er werde die Sache in Ordnung bringen. Noch am selben Tag traf bei der Frau ein Paket ein, das ein ganzes Pfund Baumnüsse enthielt und obendrauf lag ein eigenhändiges Schreiben des Herrn Bürgermeisters, daß die Nüsse als Ersatz für die von den Soldaten requirierten vier Nüsse gelten sollen. Die überzähligen Nüsse möge sie als Vorschuß betrachten für den Fall, daß sich noch einmal ein Unbefugter an ihren Nüssen vergreifen würde.
Hausieren in Eisenbahnzügen. In den D-Zügen werden häufiger von mitfahrenden Frauen und Mädchen sogenannte Wohlfahrtspostkarten verkauft. Es sei darauf hingewiesen, daß das Hausieren in den Zügen streng verboten ist und auch für wirkliche oder angeblich wohltätige Zwecke keine Ausnahmen davon gemacht werden kann.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Beförderungsverbot für Ansichtspostkarten nach dem Ausland. Aufgrund des § 5 der Postordnung vom 20 März 1900 werden bis auf weiteres nach dem Auslande gerichtete Postkarten mit Abbildungen von Städten, Stadtteilen, Ortschaften, Landschaften, besonders hervorragenden Baulichkeiten, Denkmälern Deutschlands, Oesterreich-Ungarns, Belgiens, der Türkei und der von den verbündeten deutschen, österreichisch-ungarischen und türkischen Heeren besetzten feindlichen Gebieten mit nachbezeichneten Ausnahmen von der Postbeförderung ausgeschlossen. Unter das Verbot fallende Sendungen sind vorkommendenfalls von den Postanstalten an den Absender zurückzugeben oder, wenn dieser nicht bekannt ist, nach den Vorschriften für unzustellbare Sendungen behandelt. Von dem Verbote werden nicht betroffen 1) Postkarten nach Oesterreich-Ungarn mit Abbildungen von Städten, Stadtteilen, Ortschaften, Landschaften, besonders hervorragenden Baulichkeiten, Denkmälern Oesterreich-Ungarns und 2) Postkarten nach der Türkei mit Abbildungen von Städten, Stadtteilen, Ortschaften, Landschaften, besonders hervorragenden Baulichkeiten, Denkmälern der Türkei.
Brotpreise. Der Vorstand der Bonner Bäcker-Innung hat beschlossen, vom 15. d. M. ab das Feinbrot zu 85 Pfg. und das Schwarzbrot zu 70 Pfg. zu verkaufen. Beide Brote sind ¼ Pfund schwerer als bisher.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 13. September 1915
Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe ist Samstag abend nach achtwöchigem Aufenthalt im Ostseebad Bansin nach Bonn zurückgekehrt.
Kriegsanleihe. Die Concordia, Kölnische Lebens-Versicherungs-Gesellschaft zu Köln, die auch in Bonn eine Niederlassung bestitzt, hat auf die dritte Kriegsanleihe 8 Millionen Mark auf eigene Rechnung gezeichnet, für die ihr angeschlossene Pension-, Witwen- und Waisenkasse für die Beamten der Concordia 50.000 Mark. Die Concordia ist auch wieder als Vermittlungsstelle zugelassen und wird auch diesmal ihre Organisation in den Dienst der Werbetätigkeit für die Anleihe stellen. Auf die erste Kriegsanleihe hatte die Concordia 5, auf die zweite 4 Millionen gezeichnet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg, 12. Sept. Heute vormittag 11 Uhr wurde die Nagelung unseres Kriegswahrzeichens, des „Eisernen Kreuzes“, mit einer öffentlichen Feier begonnen. Auf der mit Lorbeerbäumchen sinnig ausgeschmückten Rheinterrasse über dem Dampfschiff-Stationsgebäude war das Eiserne Kreuz auf einem Postament aufgestellt und mit den zahlreichen Fahnen der zur Feier erschienenen Vereine und Körperschaften umstellt. Der Männergesangverein Cäcilia sang eingangs den Adam’schen Chor „Mein Lieben“, worauf Herr Bürgermeister Zander in einer eindrucksvollen Ansprache auf das große Opfer derer hinwies, die mit glühender Begeisterung hinausgezogen seien in den Kampf gegen eine Welt von Feinden. Mancher Mund, der dabei hoffnungsfreudig gesungen habe „In der Heimat, da gibt’s ein Wiederseh’n“, sei auf ewig verstummt, und vielen unversorgten Hinterbliebenen sei der Ernährer dahingerafft. Die Opfer derer, die in sicherem Schutze daheim bleiben, könnten auch nicht annähernd einen Ausgleich bilden für die Opfer unserer braven Kämpfer. Dank und Liebe wollen wir hineinhämmern in dieses Symbol unserer jetzigen eisernen Zeit zum Zeichen wahrhafter Nächstenliebe. Nach einem brausenden Hurra auf unsern Kaiser wurde gemeinsam die Nationalhymne gesungen, worauf der Sängerchor „Nun, deutsche Schmieden hämmert stahlhart das deutsche Herz“, vortrug. Den ersten Nagel, für den die Bürgermeisterei Godesberg tausend Mark gestiftet hatte, schlug Herr Bürgermeister Zander in das Wappen der Reichskrone ein.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Nochmals die „Gold-Drückeberger“. Warum handeln die Golddrückeberger so verwerflich, gewissenlos, unpatriotische und unklug? 1. Weil das Goldgeld, solange sie es zurückhalten, gleichsam eine Waffe in Feindeshand bedeutet. 2. Weil ihr Goldgeld im Besitze der Reichsbank ein wertvolles Rüstzeug für uns gegen unsere Feinde sein würde, das nicht zum geringen Teile mit dazu beitragen soll, über unsere Gegner zu triumphieren. 3. Weil sie sich eines Verrats am Vaterlande schuldig machen. 4. Weil alle Opfer an Gut und Blut wertlos werden, wenn wir nicht schließlich auch wirtschaftlich und finanziell durchhalten. 5. Weil gerade der Goldbestand der Reichsbank die Grundlage für unsere wirtschaftliche und finanzielle Kraft ist, nach der wir zum großen Teile von unseren Feinden sowohl wie von den Neutralen eingeschätzt werden. 6. Weil sie sich schwer versündigen an unseren tapferen Kriegern, die willig Leiden, Schmerzen und den Tod auf sich nehmen, um dem Vaterlande und auch ihnen zu dienen. 7. Weil sie unseren Interessen und Erfolgen einen geradezu strafbaren passiven Widerstand entgegensetzen. 8. Weil Mißtrauen, Feigheit und kleinliche Profitsucht die eigentlichen Triebfedern ihres unqualifizierbaren Handelns sind. 9. Weil es keinen einzigen triftigen Grund gibt, mit dem sie ihr Verhalten irgendwie rechtfertigen könnten. 10. Weil sie das verheimlichte Gold nutz- und fruchtlos zurückhalten, wogegen sie sonst und besonders jetzt, infolge der neuen Anleihe, damit gute Zinsen erzielen könnten, womit sie sich und dem Vaterlande einen doppelten Dienst erweisen würden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 14. September 1915
Landwirtschaftliche Beratung für Kriegsbeschädigte. Die Provinzialabteilung Rheinprovinz des Deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege hat in Verbindung mit der rheinischen Landwirtschaftskammer eine Landwirtschaftliche Beratungsstelle für Kriegsbeschädigte in Bonn, Bismarckstraße 4, eingerichtet. Diese erteilt unentgeltlich Rat und Auskunft und vermittelt geeignetenfalls auch Unterstützungen allen Kriegsbeschädigten, die dem landwirtschaftlichen Berufe angehören oder die Lust haben, sich dem Landleben zuzuwenden. Ist eine persönliche Besprechung erforderlich, so werden die Anfragenden benachrichtigt. Die Reisekosten nach Bonn werden in diesem Falle von der Provinz getragen und von dem betreffenden Ortsausschuß oder von der Beratungsstelle in Bonn ausgezahlt. Der Beratungsstelle liegen auch bereits eine Anzahl Angebote kriegsbeschädigter Arbeiter vor, die Beschäftigung in der Landwirtschaft suchen.
Der städtische Gemüseverkauf auf dem Markte findet von jetzt ab nur noch vormittags, nicht auch noch Dienstag und Freitag nachmittags statt. In dem Laden an der Sternstraße wird aber nach wie vor auch nachmittags verkauft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Mehl- und Brotversorgung im Stadtkreis Bonn. Nach einer Bekanntmachung des Oberbürgermeisters in der heutigen Nummer unseres Blattes wird vom 16. September ab die Abgabe und Entnahme von Brot und Mehl beschränkt auf 3¾ Pfund Schwarz- oder Feinbrot oder 17 ½ Röggelchen oder 2 Pfund Mehl oder 2 Pfund Zwieback wöchentlich für jede Person ohne Unterschied des Alters. An körperlich schwer arbeitende erwerbstätige Personen darf außerdem noch ¼ eines 3¾ pfündigen Brotes wöchentlich mehr verabreicht werden.
Rheinfahrt. Gestern morgen trafen mit der Staatsbahn etwa 300 Verwundete aus den Lazaretten von M.-Gladbach und der näheren Umgebung samt dem Pflegepersonal hier ein. Die Verwundeten begaben sich, voran ein Musikkorps, zum Alten Zoll und von dort gings an den Rhein, wo der Sonderdampfer „Albertus Magnus“ bestiegen wurde. Unter den Klängen des Liedes „Nun ade du mein lieb Heimatland“ verließ das reich mit Fahnen geschmückte Schiff die hiesige Landestelle und nahm seinen Kurs rheinaufwärts nach Coblenz. Mit fröhlichem Mützenschwenken verabschiedeten sich die Soldaten von den zahlreich am Ufer befindlichen Bonnern.
Im Palast-Theater wird gegenwärtig das fünfaktige Filmschauspiel „Kleine weiße Sklaven“ gezeigt. In packender, lebendiger Handlung führt der Film das furchtbare Elend vor Augen, das Leichtsinn und Gewissenlosigkeit vielen Kindern bereiten. Alle Seiten des schändlichen Kinderhandels werden in diesem Film beleuchtet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 13. Sept. Die allbekannte kleine Sebastianuskapelle in der Mitte des Ortsteiles Schweinheim an der Waldburgstraße, die über ihrer Tür das Wahrzeichen trug „Bis hierher ging die Pest im Jahre 1666“, ist nunmehr nach der Erstehung eines neuen Sebastianuskirchleins völlig niedergelegt.
Godesberg, 13. Sept. Der gestrige erste Tag der Nagelung des auf der Rheinterrasse aufgestellten „Eisernen Kreuzes von Godesberg“ zum Besten der Hinterbliebenen gefallener Krieger aus der Bürgermeisterei erbrachte schon das stattliche Ergebnis von 4703 Mark. Auch heute waren schöne Erfolge zu verzeichnen. Am Nachmittag um 3 Uhr hatten die sämtlichen Klassen der hiesigen katholischen Volksschule mit ihren Lehrpersonen, ihrem Schulinspektor, Herrn Dechanten Dr. Winter, und Herrn Bürgermeister Zander sich am Aufstellungsplatze zu einer Sonderfeier eingefunden. Die Schüler der Oberklassen sangen vaterländische Lieder, und Herr Dechant Dr. Winter hielt eine herzliche Ansprache. Von einem Gönner waren der Schule 200 Mark geschenkweise überwiesen worden mit der Bestimmung, daß diese Schenkung von je 12 würdigen Schülern einer jeden Klasse zum Zwecke der Nagelung verwendet werde. Auch eine erhebliche Anzahl anderer Schüler war von ihren Angehörigen mit der nötigen Beisteuer bedacht worden, und so gestaltete sich diese schöne Feier der Kleinen ebenfalls zu einem recht achtungsvollen Erfolge der Nagelung des „Eisernen Kreuzes“.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Metallsammlung. Die Sammelstelle für Kupfer, Messing und Nickel im Schlachthof genügt ihrem Zweck nicht. Hat man den endlosen Weg dorthin zurückgelegt, so findet man einen solchen Zudrang von Leuten, die ihr Metall loswerden wollen, daß man, wenn man nicht Möglichkeit und Lust hat, viele Stunden zu opfern, unverrichteter Sache wieder nach Hause geht. So ist es dem Einsender ergangen. Es sei daher die dringende Bitte ausgesprochen, auch im südlichen Stadtteil eine Annahmestelle zu eröffnen und sie möglichst alle Tage, für die kurze Zeit, die noch in Betracht kommt, offen zu halten. Oder noch besser, man lasse die Metallsachen auf Anmeldung hin abholen, gegen entsprechende Gebühr. Dann ist auch denen geholfen, die nicht in der Lage sind, die oft recht schweren Sachen zu transportieren. Sicher sind viele Mitbürger gewillt, altes Metall für den so überaus wichtigen vaterländischen Zweck ohne Entgelt oder unter Ueberweisung des Betrages an das Rote Kreuz darzubringen, sehen aber davon ab, weil es ihnen nicht möglich ist, die Gegenstände zum Schlachthaus zu schleppen und dort damit stundenlang im Gedränge zu stehen. P.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Notprüfung. In der Beethovenhalle fand am 11. und 13. d. M. wiederum eine staatliche Notprüfung von zusammen 18 Schwestern und Helferinnen des Vaterländischen Frauen-Vereins Stadtkreis Bonn und zwar unter dem Vorsitz des Herrn Regierungs- und Geh. Medizinalrats Prof. Dr. Rusack aus Köln statt. Sämtliche Schwestern bestanden die Prüfung.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 15. September 1915
Der Vorstand der Allgemeinen Ortskrankenkasse hat gestern beschlossen, aus dem Vermögen der Krankenkasse auf die dritte Kriegsanleihe wieder 100.000 Mark zu zeichnen. An der zweiten Kriegsanleihe hat sich die Kasse mit 75.000 Mark beteiligt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der gestrige Wochenmarkt war gut beschickt und der Verkauf trotz des Regens flott. Obst war in großer Auswahl vorhanden, die Preise aber immer noch hoch. (...)
Der Großmarkt auf dem Stiftsplatze war auch gestern wieder gut beschickt, der Verkauf ließ aber viel zu wünschen übrig. Behördlicherseits ist nämlich den Händlern und Vorkäufern bis auf weiteres verboten worden, vor 10 Uhr morgens irgend etwas im Großen zu kaufen. Den Produzenten blieb hierdurch die Waren größtenteils stehen und viele von ihnen nahmen sie denn auch wieder mit nach Hause. Einzelne boten ihre Ware, da sie unbedingt verkaufen wollten, zu viel billigeren Preisen an. (...)
Der städtische Gemüse- und Kartoffel-Verkauf, der jetzt laut amtlicher Bekanntmachung bis auf Weiteres an allen Wochentagen von vormittags 7 ½ bis 12 ½ Uhr auf dem Wochenmarkte stattfindet, war wieder recht lebhaft. Die Nachfrage war gestern hauptsächlich in Kartoffeln sehr groß. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 14. Sept. Unsere Schuljugend setzt auch nach den Ferien ihre soldatischen Uebungen fort. Es ist eine Lust, die kleinen Burschen in geordnetem Zuge auf der Straße oder bei ihren Uebungen am Steigerturm der Feuerwehr und bei ihren Geländeübungen zu beobachten. Bei der Rückkehr durch die Hauptstraßen erfreuen die Knirpse durch ihr stramm militärisches Auftreten und wenn ein hoher Militär gerade des Weges kommt, weiß die Jugend ihre Ehrerbietung in soldatisch mustergültiger Weise zu erzeigen. Als kürzlich ein hier weilender General, Exzellenz v. M., am Postamte zufällig diesem jungen Nachwuchs begegnete und ihm eine schneidige Ehrenbezeugung erwiesen wurde, äußerte sich dieser sehr anerkennend über das nachhaltige Streben der Godesberger Jugend und meinte angesichts der flott einhermarschierenden Knaben: „Lieb Vaterland magst ruhig sein!“
Godesberg, 15. Sept. An dem jüngst zur Nagelung aufgestellten eisernen Kreuz auf der Rheinterrasse spielte sich Montag nachmittag, wie schon kurz berichtet, eine eigenartige Feier ab. Ein edler Geber hatte 200 Nägel für die besten Schüler der katholischen Volksschule gestiftet. Die 800 Knaben und Mädchen der Anstalt versammelten sich gegen 3 Uhr. Bürgermeister Zander und die Beigeordneten Weyerstall und Fritzen waren zugegen. Dechant Dr. Winter brachte durch eine Ansprache die Kinder in die rechte Stimmung. Redner verglich die jetzige schwere Zeit mit den großen Befreiungskriegen vor 100 Jahren, wo diejenigen, die nicht mit ihrem Blute dem Vaterlande dienen konnten, alles hergaben, was sie besaßen. Die Kinder seien zur Nagelung an das Kreuz geführt worden, um ihnen Anleitung zu geben, wie sie den Krieg miterleben und von ihm lernen und wie sie für den Heldenmut unserer tapferen Feldgrauen sich durch Opfermut in ihrer Weise dankbar erweisen könnten. Er schloß mit einem Hoch auf Seine Majestät den obersten Kriegsherrn und sein tapferes Heer. Bis gegen 5 Uhr nagelten die Kinder und trugen ihre Namen stolz in das historische Buch der Stadt ein.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Eine wahre Völkerwanderung vollzog sich am Sonntag in’s Siebengebirge und die andern Ausflugorte in der Umgebung von Bonn. Schon am Vormittag benutzten zahllose Touristen den schönen sonnigen Tag zum Marsch in’s Freie. Rheindampfer, Staatsbahn, Siebengebirgsbahn kurz alle Verkehrsgelegenheiten wurden in Anspruch genommen und herrschte oft ein beängstigendes Gedränge. Die Heisterbachertalbahn war jedesmal trotz der stark vermehrten Wagen überfüllt, so daß Viele mit Stehplätzen vorlieb nehmen mußten. Der Andrang in’s Siebengebirge war kolossal. Die dortigen Gasthäuser sind sämtlich auf ihre Rechnung gekommen. Auf der Rosenau waren beispielsweise sämtliche Tische und Stühle unausgesetzt vollständig besetzt. Es war aber auch ein herrlicher Tag. Die Luft so rein und die Fernsicht von den Höhen so klar, dabei der prächtige Sonnenschein, der die Menschen zu Tausenden herauslockte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 16. September 1915
Der Wehrbund veranstaltete am vergangenen Sonntag, vom herrlichsten Sonnenschein begünstigt, eine recht fesselnde Geländeübung auf dem Venusberge im dichten Niederwalde zwischen Gut Waldau und der Godesberger Fahrstraße. Eine Abteilung, die von den Angehörigen des kgl. Gymnasiums und der Realschule gebildet wurde, hatte durch eine Postenkette das etwa 1000 Meter lange Waldstück Rheinhöhenweg – Waldau längs der Dottendorfer Allee zu sperren, um drei im Walde versteckt aufgestellte markierte Batterien gegen den Feind zu decken. Einer anderen Abteilung, die sich aus den übrigen Gruppen des Wehrbundes zusammensetzte, fiel die Aufgabe zu, diese Postenkette Mann für Mann zu durchschleichen, um sich der feindlichen Batterien zu bemächtigen. Zwar wurden an den meisten Stellen die schwierigen Durchbruchsversuche abgewiesen; immerhin aber gelang es einigen besonders gewandten Leuten, hindurchzukommen und eine der feindlichen Batterien zu erobern, während die beiden anderen Batterien unerreicht und unversehrt blieben. An diese Uebung, die manchem Teilnehmer willkommene Gelegenheit bot, seine Gewandtheit zu beweisen, schloß sich ein bei dem prächtigen Wetter doppelt schöner Rückmarsch über das Annaberger Feld nach Friesdorf, Dottendorf, Kessenich bis zur Elisabethkirche.
Der kommende Sonntag bringt eine Uebung mit der Odenkirchener Jugendwehr. In der Stärke von 870 Mann fährt diese Jugendwehr am Samstag nach Rheinbach und marschiert über den Tomberg nach Meckenheim, woselbst das Nachtlager bezogen wird. Am Sonntag findet nun das Zusammentreffen der Bonner mit der Odenkirchener Jugendwehr statt. Von Meckenheim abmarschierend, besetzen die Odenkirchener das Forsthaus Schönwaldhaus und Aufgabe der Bonner ist es, zu versuchen, ob sie das Forsthaus erobern können. Leider ist die Bonner Jugendwehr nicht in der Lage, dem Gegner in der gleichen Stärke entgegenzutreten, so daß der Ausgang der Uebung nicht zweifelhaft ist. Etwas mehr Anteilnahme an der vaterländischen Sache der militärischen Vorbereitung dürfte die Bonner Jugend schon zeigen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Metallsammlung. Der Andrang an der Metallsammelstelle im Schlachthof ist jetzt so außerordentlich groß geworden, daß es dringend geboten ist, eine zweite Abfertigungsstelle einzurichten. Diese läßt sich in demselben Abfertigungsraum durch die Verlängerung des Annahmetisches und durch die Aufstellung einer zweiten Wage ohne Mühe erreichen. Wenn dann ein zweiter Sachverständiger und Rechungsbeamter eingestellt wird, die ebenfalls sehr leicht für diese Tätigkeit genommen werden könnten, so würde dadurch eine schnellere Abfertigung gewährleistet sein.
Die Stadtverwaltung sollte endlich den langen Geduldsproben, denen das Publikum ausgesetzt ist, ein Ende bereiten. Sp.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Teuerungszulagen. Der Vorstand der Allgemeinen Ortskrankenkasse hat in seiner Sitzung vom 14. September beschlossen, den Angestellten und Beamten, soweit dieselben nicht zum Militär einberufen sind, vom 1. Juli d. J. an eine widerrufliche Teuerungszulage zu gewähren, und zwar vom Anfangsgehalt für ledige und verheiratete ohne Kinder 5 Prozent, für verheiratete mit zwei Kindern bis zum 18. Lebensjahr 10 Prozent und für Familien mit mehr Kindern 15 Prozent.
Für das Rote Kreuz. Im Gasthaus Hombach, Argelanderstraße – Roonstraße wird am Samstag mit der Nagelung eines „Eisernen Kreuzes“ im runden Stammtisch der Herren Offiziere begonnen. Der Ertrag ist für die Zwecke des Roten Kreuzes bestimmt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 17. September 1915
Zur Zeichnung auf die dritte Kriegsanleihe fordert Bischof Dr. Moog die Geistlichen und Kirchenvorstände der altkatholischen Gemeinden auf. Er sei gewiß, daß die altkatholischen Gemeinden jetzt wiederum nach Maßgabe ihrer Kraft in freudigster Opferwilligkeit sich in den Dienst des Vaterlandes stellen werden. Die Kirchenvorstände, Frauenvereine und alle sonstigen Korporationen und Wohlfahrtskassen der Kirche möchten schleunigst die entsprechenden Entschlüsse fassen. Auch würden die Geistlichen gern von der Kanzel und sonst die Gläubigen zur Beteiligung an der Kriegsanleihe anregen und aufklärend wirken.
Das Kgl. Konsistorium der Rheinprovinz hat für den Rheinischen Vikariatsfonds wie bei der zweiten Anleihe wiederum 50.000 M. für die dritte Kriegsanleihe gezeichnet.
Die Firma A. W. Andernach in Beuel hat 100.000 Mark auf die dritte Kriegsanleihe gezeichnet.
Herr Carl Kalthoff in Firma F. Kalthoff in Beuel zeichnete 100.000 M. gegen 30.000 M. bei der zweiten Anleihe.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Nagelung eines Eisernen Kreuzes. Dem Gastwirt Ferdinand Hombach von hier ist vom Regierungs-Präsidenten die Nagelung eines auf einer Tischplatte befindlichen Eisernen Kreuzes durch seine Gäste zugunsten des Zweigvereins vom Roten Kreuz für den Stadt- und Landkreis Bonn genehmigt worden.
Metallsammlung. Die freiwillige Ablieferung der beschlagnahmten Gegenstände aus Kupfer, Messing und Reinnickel kann von jetzt ab täglich bis zum 25. September erfolgen. Die Sammelstelle, die sich bekanntlich im alten Kühlhause des Städtischen Schlachthofes an der Immenburgstraße befindet, ist auch weiterhin von 9 – 12 und von 3 – 6 Uhr geöffnet. Bekanntlich unterliegen alle beschlagnahmten Gegenstände, die bis einschließlich 25. September nicht abgeliefert sind, der Meldepflicht und sind in der Zeit vom 26. September bis 5. Oktober unter Benutzung des vorgeschriebenen Formulars beim Oberbürgermeister anzumelden. Die vielfach vertretene Ansicht, daß die Enteignung der beschlagnahmten und gemeldeten Gegenstände vorläufig nicht in Frage komme, ist irrig. Mit der Enteignung ist bestimmt für die nächste Zeit zu rechnen.
Die städtischen Rheinbade-Anstalten werden morgen, Samstag abend, geschlossen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
3. Kriegsanleihe. Um den kleinen Sparern eine Beteiligung an der Kriegsanleihe zu ermöglichen, hat die Städtische Sparkasse die Einrichtung getroffen, Zeichnungen bis zu 1000 Mark auch dann anzunehmen, wenn zunächst nur 5 Prozent auf ein Sparbuch bei ihr eingezahlt sind oder vor dem 22. eingezahlt werden. Das Buch wird dann bis zur Höhe der gezeichneten Summe gesperrt. Inzwischen werden die Einlagen verzinst. Für je 100 Mark genügt also eine Einlage von 5 Mark. Die Aushändigung der Stücke mit laufenden Zinsscheinen erfolgt nach geschehener Vollzahlung. Wenn diese nicht bis Ende 1916 geschehen ist, wird die Anleihe für Rechnung des Betreffenden verkauft und der etwaige Ueberschuß ihm zur Verfügung gestellt.
Herbstanfang. Astronomisch ist der Herbst die Zeit vom 21. September bis 21. Dezember, und tatsächlich beginnen schon die Zeichen des herannahenden Herbstes. Dazu gehören in erster Linie die starken Rheinnebel, welche morgens auf dem Wasser lagern und die Schiffahrt vollständig lahm legen. Aber auch ein anderes, untrügliches Herbstzeichen beginnt sich in unsern Gärten und Waldungen einzustellen, das ist die prächtige bunte Laubfärbung. Es beginnt schon an vielen Stellen die Verfärbung des Laubes. Das nimmt jetzt mit jedem Tage zu, bis schließlich der ganze Wald in einer Farbenpracht glänzt, wie es kein Maler auch nur annähernd mit dem Pinsel auf die Leinwand werfen kann. Alsdann entwickelt der Wald einen so kräftigen, würzigen Duft, welcher außerordentlich nervenstärkend wirkt, weit mehr als der süße, schwelgerische Duft des Frühjahres, welcher bekannterweise höchst ermattend auf den Menschen einwirkt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 18. September 1915
Goldsammlung am Königlichen Gymnasium. Die durch die Schüler des Königlichen Gymnasiums unternommene Sammlung von Goldgeld für die Reichsbank hat nunmehr die Summe von 100.000 Mark überschritten.
Die beim Königlichen Gymnasium veranstaltete Sammlung von Gold- und Silbergegenständen für die Hinterbliebenen der Gefallenen („Vaterlandsdank“) hat über 1100 Mark ergeben.
Der Umtausch der Brotbücher erfolgt am Sonntag, den 26. September, vormittags von 8 bis 12 Uhr und nachmittags von 2 bis 6 Uhr in verschiedenen Sälen der Stadt nach den Brotbuchbezirken. Eine ausführliche Bekanntmachung über den Brotbücher-Umtausch wird in den nächsten Tagen veröffentlicht.
Verbotene Kraftwagenfahrten. Die zum Verkehr auf öffentlichen Straßen und Plätzen zugelassenen Privat-Kraftfahrzeuge dürfen nur zu dem Zweck benutzt werden, der in der Zulassungsbescheinigung eingetragen ist. Die Mitbenutzung durch solche Personen, die an dem Zweck der Fahrt nicht beteiligt sind, insbesondere durch Familienangehörige, ist für die Folge verboten. Die Polizeibeamten sind zur scharfen Ueberwachung angewiesen. Zuwiderhandlungen haben die Einziehung der Zulassungsbescheinigungen zur Folge. Außerdem kann das Kraftfahrzeug als für den Staat verfallen erklärt und eingezogen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zeichnungen der dritten Kriegsanleihe. (...) Auch Sonntag, den 19. ds. Mts. bleibt die Städtische Sparkasse in der Mittagsstunde (11 ½ bis 12 ½) für die Entgegennahme von Zeichnungen geöffnet. Denjenigen, welche Werktags keine Zeit haben, die vaterländische Pflicht der Zeichnung zu erfüllen, bietet dieser Sonntag die letzte Gelegenheit dazu. Freilich werden auch schriftliche Zeichnungen angenommen, aber nur bis Donnerstag den 22. ds. Mts. nachmittags 1 Uhr.
Der gestrige Wochenmarkt war gut beschickt, der Besuch lebhaft, aber der Verkauf ließ zu wünschen übrig. Vorwiegend war wieder Obst in reicher Auswahl vorhanden, aber im Preise hoch. Schwedische Preißelbeeren wurden wieder in großen Mengen angeboten, kosteten aber immer noch 50 Pfg. im einzelnen Pfund; die Nachfrage hat etwas nachgelassen. (...) Die reichlich vorhandenen Schnittblumen fanden flotten Absatz. Der Fischmarkt war wieder gut beschickt und der Verkauf flott.
Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz war wieder gut beschickt und der Verkauf recht flott. Die Verordnung, daß vor 10 Uhr morgens nicht an Händler und Vorkäufer im Großen verkauft werden durfte, war nicht lange in Kraft und ist bereits nach ein paar Tagen wieder aufgehoben worden. Während der Zeit des Verbots hatte der Verkehr auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz sehr nachgelassen. (...)
Der städtische Gemüse- und Kartoffelverkauf war gestern wieder recht lebhaft. Die Nachfrage war hauptsächlich in Kartoffeln und Obst sehr groß. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Steinwerfen in den Alleen. Könnte nicht dagegen eingeschritten werden, daß in der Baumschul- und in der Poppelsdorfer Allee sowie im Baumschulwäldchen und im Hofgarten die Kinder mit Steinen und Knüppeln in die Bäume werfen. Für die Bäume ist es nicht nützlich und für die Vorübergehenden gefährlich.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Zur Nachmusterung der dauernd Dienstunbrauchbaren wird, um Zweifeln zu begegnen, darauf hingewiesen, daß auch die in den Jahren 1914/15 im Kriege, d.h. beim Feldheer Beschädigten und als dauernd dienstunbrauchbar Entlassenen sich bei dem zuständigen Bezirkskommando zu melden haben; dieselben bleiben aber von einer Nachmusterung vorläufig befreit.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 19. September 1915
Das Verbot, Sahne und Vollmilch zu verwenden, findet nach den Ausführungsbestimmungen keine Anwendung auf Lazarette, Krankenhäuser, Genesungsheime und ähnliche Anstalten, soweit es sich um die Herstellung oder Verabfolgung von ärztlich verordneter Kost an Verwundete, Kranke oder Genesende handelt.
Die Bundesratsverordnung über die Beschränkung der Milchverwendung muß in den von ihr betroffenen Betrieben, also in Milchläden, Konditoreien, Bäckereien, Gast-, Schank- und Speisewirtschaften sowie in Erfrischungsräumen ausgehängt werden, und zwar in den Verkaufs- und in den Betriebsräumen.
Petroleumwucher. Der Guvernör der Festung Köln macht bekannt: Der Kaufmann Herr Philipp Lütz, Petroleum-Import, zu Bonn, Karlstraße 21/29, hat im August ds. Js. für Petroleum Preise gefordert, die einen durch die Gesamtverhältnisse nicht gerechtfertigten Verdienst für ihn enthielten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein Paar Militärstiefel hatte ein Althändler, wie er behauptete, von einem Unbekannten angekauft, obwohl er sehen mußte, daß es sich um Königliche Dienstgegenstände handelte. Er wurde vom Schöffengericht zu drei Tagen Gefängnis verurteilt.
Eine Stundenarbeiterin, die wegen Diebstahls schon mehrfach vorbestraft ist, hatte in einem Hause in Bonn ein Paar Schuhe und ein Paar Strümpfe entwendet. Sei behauptete, sie habe die Schuhe für herrenlos angesehen, weil sie auf dem Hof gestanden hätten. Diese Behauptung wurde aber widerlegt und die Strafkammer verurteilte die Angeklagte mit Rücksicht auf ihre Vorstrafen zu 6 Monaten Gefängnis.
Ein eifersüchtiger Schuhmacher hatte einen Brief, der an seine angebliche Braut gerichtet war, widerrechtlich erbrochen. Der Schuhmacher behauptete, dazu berechtigt gewesen zu sein, er habe geglaubt, der Brief sei von einem anderen Liebhaber seiner Braut. Das Schöffengericht verurteilte ihn gestern wegen Verletzung des Briefgeheimnisses zu 5 Mk. Geldstrafe.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 18. Sept. Gestern nachmittag erschien die evangelische Volksschule von Godesberg mit ihren Lehrern am „Eisernen Kreuz von Godesberg“, um die Nagelung von 122 Nägeln vorzunehmen, für die ein freundlicher Gönner den entsprechenden Betrag zur Verfügung gestellt hatte. Der Feier wohnten u. a. Herr Bürgermeister Zander, die Herren Beigeordneten Fritzen und Weyerstall und eine große Anzahl von Zuschauern bei. Nach einem gemeinsamen Lied hielt der Ortsschulinspektor Herr Pfarrer Neumann eine Ansprache, in der er betonte, daß das „Eiserne Kreuz von Godesberg“ ein Wahrzeichen sei unserer eisernen Zeit und zugleich ein Wahrzeichen echten deutschen Dankes, des Dankes der Tat. Mit freundlichem Dank erlebten wir gerade in dieser ernsten großen Zeit, was wir an unserem großen, schönen deutschen Vaterlande und besonders an unserem Kaiser haben, der als ein Hort des Friedens in langer Zeit uns den Frieden erhalten habe und nun in diesem uns aufgezwungenen Krieg auch als ein Helden- und Siegeskaiser sich erweise. Die Rede klang in ein Kaiserhoch aus, in das die Versammelten begeistert einstimmten. Nachdem das „Heil Dir im Siegerkranz“ verklungen war, begann die Nagelung. Mit sichtbarer Freude und Begeisterung schlugen die Kinder nun ihre Nägel ein. Diese Feier wird den Kindern unvergeßlich sein und die Erinnerung an diese eiserne Zeit für ihr ganzes Leben in ihnen wach und lebendig erhalten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Schafft das viele Obst herein. Im Kriegsjahr 1915 hat uns der Lenker der Geschicke auch eine seit langen Jahren nicht vorgekommene fast wunderbar reiche Obsternte beschert – zu Nutzen des Vaterlandes, zum Aerger unserer Feinde. Ob des reichen Erntesegens herrscht denn auch überall freudige Dankbarkeit. Alt und Jung ist eifrig mit dem Einheimsen beschäftigt. Doch ist es mehr als fraglich, ob es möglich ist, den Segen voll einzubringen, wenn nicht die Behörden vielleicht mehr als bisher wirksame Hilfe schaffen, da es offenbar an hinreichenden Arbeitskräften fehlt oder die vorhandenen Kräfte nicht sachgemäß nutzbar gemacht werden. An zahlreichen Orten hat man die Wahrnehmung gemacht, daß auf und an Wegen sehr viel Obst verkommt oder zertreten wird. Sollten da unsere Schüler nicht herangezogen werden können?
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Geschäftliches.
Ihre Königliche Hoheit Frau Prinzessin Adolf von Schaumburg-Lippe besuchte heute die Türkische Zigaretten-Fabrik von Fitos in der Poststraße 3 und machte dort Einkäufe.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 20. September 1915
Zum heutigen Geburtsfeste der Kronprinzessin haben die öffentlichen Gebäude Fahnenschmuck angelegt.
Der Westerwaldklub, Ortsgruppe Bonn, unternahm am gestrigen Sonntag eine Tageswanderung von Honnef über die Zickelburg und weiter auf verschwiegenen Waldwegen zum Himmerich, Augusthöhe nach Rhöndorf. Diesmal war eine Dame, Frl. Mürdel, Führerin; sie entledigte sich ihrer Aufgabe in umsichtigster Weise. Die Wanderung war von herrlichstem Herbstwetter begünstigt, auch verstand es die Führerin meisterhaft, die aussichtsreichsten Punkte zu berühren und der Gesellschaft ungeahnte Genüsse zu verschaffen. Weit durch die Wälder schlängelte sich der Weg, verschönert durch die herbstliche Färbung des Laubes und besonders des im reichsten Maße auftretenden Adlerfarrens [Adlerfarn]. Die Aussicht von der Kuppe des Himmerich war entzückend, und fast unbegrenzt lag das prächtige Panorama zu Füßen der bewundernden Wanderer. 29 Personen erfreuten sich dort der schönen rheinischen Heimat. Die Wanderung weiter nach Rhöndorf war ebenfalls sehr schön und wird allen Teilnehmern unvergeßlich bleiben. Daß auch wieder – besonders bei Damen beliebte – photographische Aufnahmen gemacht wurden, sei nur nebenbei erwähnt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Köln-Bonner Kreisbahnen hielten am Samstag nachmittag unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters Spiritus – Bonn im Senatssaal des Kölner Rathauses ihre ordentliche General-Versammlung ab. [...] In seinem Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr bemerkte Direktor Rohlfs, daß das Unternehmen in den bisherigen fünf Monaten des Kriegsjahres die gleichen Einnahmen wie in dem Jahre vor dem Kriege hatte. Der Krieg hat auf die Einnahmen nur den Einfluß gehabt, daß das Unternehmen nicht fortschreitet, aber auch keinen besonderen Verlust bringt. Oberbürgermeister Spiritus brachte im Anschluß an diese Mitteilung im Namen des Aufsichtsrates dessen Freude und Befriedigung darüber zum Ausdruck, daß es trotz der schweren Zeit möglich gewesen sei, den Abschluß der Bahnen in der erfreulichen Weise zu vollziehen.[...] Auf eine Anfrage des Stadtverordneten Rings gab der Vorstand Aufklärung über die Maßnahmen, die angesichts der Teuerung zugunsten der Angestellten und Arbeiter der Bahnen getroffen worden sind. Bereits zu Anfang des Krieges hat man von den Angehörigen der am Kriege teilnehmenden Beamten den Frauen 60 Prozent des Gehalts und für jedes Kind 10 Prozent gewährt, für die Angehörigem der einberufenen Arbeiter, die nur lose mit dem Unternehmen zusammenhängen, 25 Prozent den Frauen und 5 Prozent den Kindern. Die geringer besoldeten Beamten blieben zunächst ohne Unterstützung, da man die lange Dauer des Krieges nicht voraussehen konnte; es wurden dann aber aus einem vorgesehenen Fonds, der für Notfälle geschaffen worden ist, Unterstützungen gegeben. Dann wurde es nötig, den Arbeitern eine 10prozentige Lohnerhöhung zuzubilligen, sowie den Beamten mit einem Einkommen unter 2100 Mark eine laufenden Unterstützung, und zwar, den Familien der verheirateten Beamten monatlich 8 Mark, für jedes Kind außerdem 2 Mark. Für die nächsthöchstbesoldeten ist entsprechend jener Aufbesserung ein Ausgleich herbeigeführt worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Weiterhaltung der Viehbestände. Um eine ausreichende Fleischversorgung auch für die Zukunft zu sichern, ist die Erhaltung der Zuchtviehbestände und eine sachgemäße Verwertung des vorhandenen Schlachtviehes ein dringendes Bedürfnis. Nachdem durch die feuchte Witterung die Futterverhältnisse auf den Weiden eine wesentliche Besserung erfahren haben, kann eine Abstoßung von unreifem Weidevieh unterbleiben. Durch das reichliche Futter wird bei längerer Haltung noch eine wesentliche Zunahme an Lebendgewicht erzielt, zudem sind die Aussichten für eine gute Preisgestaltung günstig. Bei dieser Sachlache muß besonders auch vermieden werden, daß männliches und weibliches Jungvieh, sogenannte Fresser mit einem Lebendgewicht von 300 bis 400 Pfd. in großen Mengen zur Abschlachtung kommen. Der Erhaltung der Zuchtviehbestände und deren Ergänzung durch eine umfangreiche Aufzucht muß eine ganz besondere Fürsorge zugewendet werden. Bei dem bestehenden Mangel an Kraftfutter und bei den hohen Preisen für diese Futtermittel wird man für die Durchwinterung hauptsächlich auf die in der Wirtschaft selbst erzeugten Futtermittel angewiesen sein. Die Aussichten für eine ergiebige Ernte an Herbstfutter sind sehr günstig; die Gewinnung bedeutender Futtermengen für die Durchhaltung wird sich daher ermöglichen lassen. Darum wird es auch nicht notwendig werden, große Mengen von Zuchtvieh für Schlachtzwecke zu verkaufen. Vor allem sollen tragende Tiere, von denen vollwertige Nachkommen zu erwarten sind, ebenso vollwertige Zuchtkälber nicht zum Schlachten verkauft werden, weil dadurch eine sehr empfindliche Schädigung der Viehzucht verursacht wird. Es kann den Landwirten nur dringend empfohlen werden, die Viehhaltung nach den vorstehenden Grundsätzen weiterzuführen, weil dadurch die Fleischversorgung auch für die Folge gesichert wird und dann lästige Schlachtverbote vermieden werden können.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 21. September 1915
Eine graphische Wanderausstellung der Vereinigung nordwestdeutscher Künstler hat die Museumsleitung des Obernier-Museums vom 15. September bis 15. Oktober in ihrem neuen Ausstellungsraum untergebracht. Es handelt sich hauptsächlich um Radierungen, daneben Lithographien, Holzschnitte und einige Linoleumschnitte. Um es vorwegzunehmen, die Fülle des Gebotenen ist so reich, daß zu einer auch nur annähernden Charakterisierung aller 44 Aussteller einfach der Raum mangelt. Es sind wohl meist ältere Arbeiten, die den Käufern vor allem, die nicht allein für die Kriegsanleihe ihr Gehöriges zeichnen, sondern daneben unseren Künstlern gedenken können, in jeder Weise entgegenkommen. Der Krieg selbst wird insoweit auf seine Rechnung gestellt, als man sichtlich bestrebt war, einer möglichen Gediegenheit und – Einfachheit den Platz zu räumen. Launen und Moden, selbst dem so beliebten Impressionismus, ist man nach Möglichkeit aus dem Weg gegangen. Und wie nahe einem die schlichte deutsche Innigkeit wieder gekommen ist, merkt man recht eigentlich an dem duftfeinen Frauenlober Heinrich Vogler (Worpswede). Ich greife allein seine „Lärche“ heraus, diese rein seelische Belebung einer Lenauschen Stimmung. Darin kommt ihm überraschend nahe Else Raydt (Stuttgart) mit ihren fein kolorierten (Schwindt’schen) Märchenbildern. Überhaupt ist das Träumerische, das der Märchenstimmung nah verwandte stille, heimelnde Interieur oftmals liebevoll behandelt, so in den Lübecker Bildern des Behrens-Ramberg (vergleiche sein „Heinehaus“). Oder in dem kleinen Meisterwerk eines „leise verklingenden“ Sonnenstrahls der Anna Feldhusen (Bremen) in „Letzter Sonnenstrahl“. Auch Greve-Lindau (Berlin-Steglitz) findet diese Stimmung im „Garten im Herbst“. Seine wundersam zarten Birkenstämmchen wiegen sich wie verwunschene Märchenprinzeßchen. Cläre Neuhaus (München) in „Alte Gasse“ und Else Ruest (Hannover) in dem gelungenen „Johanneshof“ vor allen verfolgen dieselbe Linie. Ordentlich zurechtsuchen muß man sich dagegen bei den Szenen aus dem „Russischen Ballett“ oder dem übertrieben äußerlich wirkenden „Schwanenbildern“ der Anna Pawlowa des Ernst Oppler (Berlin). „Kenner“ von Friedrich Mißfeldt fällt etwas aus der Linie als zum „Simplizissimus“ gehörend, aber vor dem Kriege. Felix Weckeiser (Hamburg) ist dagegen in seinen „Stromer- und Speckjäger“-Bildern höchst originell und plastisch. So weiß er seinen ganzen Humor gleichsam in einen drollig heruntergelassenen, schmierigen Rockzipfel zu legen. [...] Mit Kopfschütteln geht man dagegen an Prof. Franz Heins (Leipzig) „Höllenzwang“ vorbei, das (man verzeihe!) wie der Titeldruck zu dem „Tagebuch einer Verlorenen“ oder so etwas anmutet. [... Ueberhaupt sind die „Bildnisse“ diesmal recht gut und - - natürlich geraten. Hans Volkert (München) im allerliebsten „Tochter Gertraud“, oder in den reif-herben Porträts vom „Lehrer“, dem „Bildhauer“, der „Großmutter“. Man denkt unwillkürlich an Illustrationen zu Gottfried Keller. Modern und sicher aufgefasst sind das „Frauenbildnis“ von Friedrich Schaper (Hamburg), vor allem sein „Bildnis (J.P.Kaysch)“ – Illustrationen zum Leben. In die gleiche Reihe setze ich Hugo Friedrich Hartmanns „Sklavinnen“. Ein Buch aufgeschlagener Seelenstimmung ist dieser Bildausschnitt. Stumme Resignation neben zerknirschter Lust, dumpfes Hinbrüten neben lachendem „Komme was will!“ Höchst charakteristisch und nicht zuletzt urgemütlich ist die „Bauernvisite“ des Prof. Alex. Eckener (Stuttgart). Sein „Ochsengespann“, ein kleines „Segantini“-Meisterwerk, ist wohl neben Hans am Endes (Worpswede) „Torfkanal“ die rein künstlerische Ausbeutung der Ausstellung. – Die Säle waren bei unserem Rundgang viel besucht von Feldgrauen. Wir bemerkten einen schmucken bayrischen Schifahrer neben einem eifrig in seinem Katalog kritzelnden Infanteristen. Sechs Tage Dienst, und am Sonntag erholt man sich eben auf diese Art. Er mag auch gerade aus dem Schützengraben kommen auf Erholungsurlaub. Ja, ja, wir sind halt „Barbaren“. H.Z.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe stattete gestern den Verwundeten des Reserve-Lazaretts im Leoninum einen längeren Besuch ab. Am kommenden Sonntag wird Prinzessin Viktoria am Kölschen Boor zur Nagelung erwartet.
Abfertigung in der Metallsammlung. Man schreibt uns: Es wird vielfach darüber geklagt, daß man oft stundenlang an der Sammelstelle warten muß, ehe man in der Lage ist, die für die Metallsammlung bestimmten Gegenstände abzuliefern. Nicht selten kommt es vor, daß einem nach längerer Wartezeit erklärt wird, die Annahme werde jetzt geschlossen und man solle am nächsten Tag wiederkommen. Diesen weiten Weg bis zum Städtischen Schlachthaus zweimal machen zu müssen, gehört wirklich nicht zu den Annehmlichkeiten, namentlich, wenn man mit einer Karre kommt, die bezahlt werden muß. Es wäre im Interesse der nationalen Sache wirklich dringend zu empfehlen, daß die Stadtverwaltung an mehreren Stellen in der Altstadt Kartenausgaben einrichtete und dann durch die Zeitung diejenigen Nummern veröffentlichte, die am folgenden Tage abgefertigt werden. Durch eine derartige Einrichtung würde das mehrmalige Hin- und Herlaufen, dazu noch oft mit schweren Lasten, vermieden werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Städtische Schlachthof hat gegenwärtig durch die in der alten Kühlhalle untergebrachten Metallsammlung großen Zulauf von Erwachsenen sowohl als auch von Kindern. Wiederholt habe ich festgestellt, daß Kinder im schulpflichtigen Alter zur Schlachthalle gingen und durch die geöffneten Türen zusahen, wie Vieh geschlachtet wurde. Dies müßte doch verhütet werden, denn ein solcher Anblick ist nichts für ein Kindergemüt. Es wäre rätlich, wenn irgendein Aufsichtsbeamter die Kinder von den Schlachthallen fortwiese. B.
Im Sinne des Deutschtums wäre es sehr zu begrüßen, wenn die vielen noch hängenden Plakate, wie z.B. Grand Marnier, Cusenier, Cinzano Vermouth Torino beseitigt würden. Man kämpft gegenwärtig gegen Fremdwörter wie Adieu, Saison usw., und man sollte sich daher auch gegen die Reklame für ausländische Erzeugnisse wenden. Also herunter mit solchen Plakaten. Das ist auch ein Sieg des Deutschtums. H.L.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Warnung. Trotz wiederholter Warnungen werden immer noch feuergefährliche Gegenstände, wie Streichhölzer, Benzin, Aether usw. mit der Feldpost verschickt. Als beklagenswerte Folge dieser verbotswidrigen Versendung ist wieder ein Brandunfall anzusehen, der in der Nacht vom 5. auf 6. September auf der Strecke Berlin-Thorn einen Eisenbahngüterwagen mit Feldpost für das Ostheer betroffen hat, wobei ungefähr 22.000 Päckchen verbrannt sind. Die Ursache des Brandes ist wahrscheinlich auf Entzündung von Streichhölzern zurückzuführen. Der Vorfall bildet eine neue ernste Mahnung, die Versendung von Streichhölzern oder andere leichtentzündlicher Gegenstände mit der Feldpost unbedingt zu unerlassen. Die Postverwaltung wird künftig jeden zu ihrer Kenntnis gelangenden Fall der verbotswidrigen Verschickung von Streichhölzern usw. in Feldpostsendungen den Gerichten zur Verfolgung auf Grund des § 367 5a des Strafgesetzbuches übergeben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 22. September 1915
Städtischer Vorschuß für Marmelade. Der verstärkte städtische Unterstützungsausschuß und die Finanzkommission empfehlen, dem Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe einen Vorschuß von 2000 Mark zur Beschaffung größerer Mengen von Obstmarmelade für die unbemittelte Bevölkerung zur Verfügung zu stellen.
Abschießen von Schwarzamseln. Eine Polizeiverordnung des Kölner Regierungspräsidenten ermächtigt die Landräte, in Stadtkreisen die Polizeibehörden, das Abschießen gewisser durch das Vogelschutzgesetz geschützten Vogelarten in Weinbergen, Gärten, bestellten Feldern, Baumpflanzungen zu erlauben, soweit es zum Abwenden des durch die Vögel drohenden Schadens notwendig erscheint. Der Oberbürgermeister macht im Anschluß an diese Verordnung darauf aufmerksam, daß Anträge auf Erlaubnis zum Abschießen der Schwarzamseln zur Bekämpfung ihres schädlichen Ueberhandnehmens von den Grundstückbesitzern bei ihm schriftlich unter näherer Bezeichnung der Grundstücke, auf welchen der Abschuß erfolgen soll, zu stellen sind.
Schlachthauszwang in den Vororten. Mehrere Stadtverordneten haben den folgenden Antrag zur übermorgigen Stadtverordnetenversammlung gestellt: „Wir beantrag, den Schlachthauszwang für die Vororte, soweit nicht gewerbliche Schlachtungen in Betracht kommen, für die Dauer des Krieges aufzuheben.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Viehzwischenzählung. Wie der Oberbürgermeister in der heutigen Nummer unseres Blattes bekannt macht, findet am 1. Oktober d. J. im ganzen Deutschen Reich eine Viehzwischenzählung statt, die sich auf Pferde, Rindvieh, Schafe, Schweine, Ziegen und Federvieh erstreckt.
Der Verkehr mit Stroh soll dem Vernehmen nach gesetzlich geregelt werden. Das Stroh ist in erster Linie berufen, die Lücken auszufüllen, die durch die fehlende Einfuhr von Kraftfutter aus dem Auslande entstanden sind. In jedem landwirtschaftlichen Betrieb muß das Stroh mehr als sonst zu Fütterungszwecken herangezogen werden. Für das in den Verkehr kommende Stroh sind Preise in Aussicht genommen, bei denen der Erzeuger seine Rechnung findet.
Sofortige Ablieferung von Kupfer, Nickel und Messing. Man schreibt uns: Vielfach wird die Ansicht vertreten, daß die Enteignung der beschlagnahmten und gemeldeten Gegenstände vorläufig nicht in Frage käme. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Ansicht durchaus irrig ist; mit dem Enteignen ist bestimmt für die nächste Zeit zu rechnen. Am Samstag, 25. September, läuft die Frist zur freiwilligen Ablieferung der Gegenstände ab. Bei dieser freiwilligen Ablieferung wird der mehrfache Preis gezahlt, wie bei der späteren Anmeldung und Enteignung, und werden außerdem die vielen Umständlichkeiten erspart. Die sofortige Ablieferung der Gegenstände in Kupfer, Nickel und Messing wird daher dringend angeraten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegsbriefe. Der Bezirksverein des Verbandes mittlerer Reichs-Post- und Telegraphen-Beamten hat soeben an seine Mitglieder im Felde den sechsten Kriegsbrief versandt. Der Kriegsbrief berichtet über den guten Verlauf und das günstige geldliche Ergebnis der unlängst stattgefundenen Nagelungsfeier des Verbandes, der Kölsche Boor wird im Bilde vorgeführt. Die Ehrentafel und Adressenberichtigungen werden fortgesetzt. Als Neuerung wird mit der Wiedergabe der Bilder der gefallenen Kollegen begonnen, die Kriegsbriefe werden durch diese Abbildungen zu wertvollen Andenken. Die Kriegsgeschichte „Köln zur Kriegszeit“ wird von P. Becker, Köln-Klettenberg, fortgesetzt, sie erzählt den Draußenstehenden von den mancherlei Wandlungen der heimatlichen Verhältnisse infolge der Kriegslage. Zum Schluß spricht der Bezirksvorsitzende zu den Mitgliedern von den im Gange befindlichen Einigungsbestrebungen der gesamten mittleren Postbeamtenschaft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 23. September 1915
Das Ergebnis der Kriegsanleihe-Zeichnungen in Bonn. Die Zeichnungen auf die dritte Kriegsanleihe sind gestern mittag beendet worden. Nach den vorläufigen Feststellungen sind, wie wir hören, in Bonn bei den Sparkassen und Banken rund 26½ Millionen Mark gezeichnet worden, das sind etwa vier Millionen Mark mehr als bei der zweiten Kriegsanleihe. Zu dieser Summe von 26½ Millionen Mark kommen noch die Beträge, die die Städtische und die Kreis-Sparkasse für eigene Rechnung gezeichnet haben, und zwar die Städtische Sparkasse 1½ Millionen Mark, die Kreis-Sparkasse 1.300.000 Mark, außerdem die Zeichnungen der hiesigen Genossenschaftsbank für Rheinpreußen für sich und ihre Mitglieder mit 7¾ Millionen Mark. Das Gesamtergebnis der Zeichnungen dürfte somit in Bonn 36½ bis 37 Millionen Mark betragen. [...]
Die Musterung der bisher dauernd Untauglichen aus dem Stadtkreise Bonn findet vom 28. September bis zum 7. Oktober im Dreikaisersaal des Kölner Hofes statt. Wir verweisen auf die Bekanntmachung des Zivilvorsitzenden der Ersatzkommission in dieser Zeitung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Bonner Wehrbund zog am vergangenen Sonntag gegen die Odenkirchener Jugendwehr zu Felde, die in der Stärke von 870 Mann, von Meckenheim kommend, bei Schönwaldhaus ein Lager bezogen hatte. Gegen 9½ Uhr rückten vier Bonner Abteilungen, etwa 40 Mann stark, von Kessenich mit dem Auftrag ab, ein Lager in der Nähe von Schönwaldhaus zu beziehen, Fühlung mit dem Gegner zu nehmen und das Eintreffen der fünften Abteilung abzuwarten. Als diese, ebenfalls etwa 40 Mann stark, in dem Lager eintraf, konnte ihr gemeldet werden, daß Fühlung mit dem Feinde genommen sei und dieser sämtliche Straßen, die zu seinem Lager führten, besetzt habe. Bei der Schwäche der Bonner Abteilungen hätte jedes Vorgehen auf einer dieser Straßen zum sicheren Untergang geführt. Helfen konnte nur die Strategie und Phantasie. Mit Hülfe der Phantasie wurde ein Bataillon geschaffen, daß 400 Mann stark von Godesberg heranziehend, den Feind angreifen und zurückwerfen sollte. Die in Wirklichkeit vorhandene schwache Kompagnie beschloß einen Umgehungsmarsch, der in den Rücken des Feindes führen sollte mit der Absicht, seine rückwärtigen Verbindungen zu zerstören. Der Plan gelangte zur Ausführung. Mit der nötigen Sicherung wurde auf Waldespfaden marschiert, über Lichtungen gekrochen und als die Vorhut verschiedentlich feindliche Patrouillen meldete, beschlossen, auf die Benutzung von Wegen überhaupt zu verzichten, im Waldesdunkel zu verschwinden, um ungesehen vom Feinde den Umgehungsmarsch zu vollenden. Eine freudige Abwechselung in die Ueberwindung der Geländeschwierigkeiten brachte die Gefangennahmer zweier gegnerischer Unteroffizierposten in der Stärke von 8 Mann. Um 1¾ Uhr war der Umgehungsmarsch vollendet und erfolgte der Sturm auf Schöndwaldhaus. Es gab erstaunte Gesichter, denn der Feind war abgezogen. Er hatte als der klügere Teil nachgegeben, und da er die Bonner trotz der Meldungen seiner Patrouillen nicht auffinden konnte, auf das Zusammentreffen mit ihnen verzichtet und war nach Kessenich gezogen, wo im Gasthaus Schumacher ein Kriegsmahl für ihn vorbereitet war. Gegen 6 Uhr rückten die Odenkirchener auf den Alten Zoll, wo Herr Geheimrat Brinkmann sie mit einer herzlichen, von vaterländischem Geiste durchwehten Ansprache im Namen der Bonner Kameraden begrüßte. In gleicher Weise erwiderte Herr Realschuldirektor Ahrens von Odenkirchen mit einem hoch auf unseren Kaiser, in das alle Anwesenden aus vollem Herzen begeistert einstimmten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Nahrungsmittel-Geschäfte und Konsumenten. Wie aus Berlin gemeldet wird, wird der Bundesrat heute eine Vorlage verabschieden, in der den Aufsichtsbehörden das Recht gegeben werden soll, die Geschäfte wegen Uebertretung der Vorschriften über die Höchstpreise entweder für einige Zeit oder für die ganze Dauer des Krieges zu schließen.
Vollstrecktes Todesurteil. Gestern morgen ½10 Uhr wurde auf dem Hof des Frauengefängnisses an der Viktoriastraße das Urteil an der Witwe Höfer aus Lengsdorf, die vom Kriegsgericht wegen Ermordung und Beraubung der Frau Schönefeld zum Tode verurteilt worden war, durch Erschießen vollstreckt.
Umtausch der Brotbücher. Nach der im Anzeigenteil veröffentlichten Bekanntmachung des Oberbürgermeisters erfolgt die Neuausgabe der Brotbücher am Sonntag den 26. dieses Monats, vormittags von 8 – 12 und nachmittags von 2 – 6 gegen Eintausch des bisherigen Brotbuches in verschiedenen Ausgabestellen der Stadt nach den Brotbuchbezirken. Für die Bezirke A, B und E findet der Brotbücher-Umtausch bereits am Samstag den 25. ds Mts. statt.
Das alte Brotbuch ist zurückzugeben. Jedoch können diejenigen, welche das Brotbuch als Kriegsandenken aufbewahren wollen, dieses nach dem 1. Dezember im städtischen Mehlamt wieder abholen.
Wenn Familienangehörige oder sonstige Personen mit der Abholung des Brotbuches beauftragt werden, müssen diese über die zum Haushalt gehörenden Personen genaue Angaben machen können. Es empfiehlt sich daher nicht, Kinder zu schicken. Der Haushaltungsvorstand hat das Brotbuch zu unterschreiben und übernimmt damit die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben über die Personenzahl. Brotbücher ohne Unterschrift sind ungültig.[...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dankschreiben. Von dem Oberbefehlshaber der Kaiserl. Deutschen Südarmee, Graf v. Bothmer, ist folgendes Dankschreiben eingegangen: “A. H. Qu., den 27. August 1915. Für die in so reichem Maße übersandten Liebesgaben spreche ich im Namen der mir unterstellten Truppen meinen herzlichen Dank aus. Mit dem Ausdrucke vorzüglichster Hochachtung gez. Graf v. Bothmer, General der Infanterie, Oberbefehlshaber der Kaiserl. Deutschen Südarmee.“ Es handelt sich um die seiner Zeit erfolgte Sendung von Liebensgaben nach der Karpathen-Armee.
Zulassung eiserner Gewichte. Durch die Beschlagnahmung von Messing, Kupfer und Nickel ist ein empfindlicher Mangel an Präzisionsgewichten und kleinen Gewichten, die bislang nur aus diesen Metallen hergestellt werden durften, im Handel hervorgerufen worden. Dem Mangel ist jetzt, wie die Kaiserliche Normal-Eichungskommission mitteilt, durch Zulassung von eisernen Gewichten abgeholfen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 24. September 1915
Die zum Tode verurteilte Witwe Höfer sei Mittwoch im Hofe des Frauengefängnisses erschossen worden, meldete gestern ein hiesiges Blatt. Die Nachricht ist falsch. Das vom außerordentlichen Kriegsgericht gefällte Todesurteil ist, wie wir nach unseren Erkundigungen feststellen können, noch nicht zur Vollstreckung reif. Witwe Höfer hat bekanntlich ein Gnadengesuch einreichen lassen, dieses Gesuch ist noch nicht entschieden.
Die Ausfuhr von Fässern, neuen und gebrauchten, die zum Abfüllen von Wein benutzt werden können, aus dem Befehlsbereich des 8. Armeekorps in das Ausland ist vom kommandierenden General des 8. Armeekorps und vom Gouverneur der Festung Köln verboten worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Praktische Liebestätigkeit. Was es heißt, praktische Liebestätigkeit auszuüben, zeigten am Mittwoch sechs Waldorfer Schüler, die unter Führung ihres Lehrers dem Lazarett der Barmherzigen Brüder einen Besuch abstatteten und die Verwundeten durch reichliche Obstspenden erfreuten, während der Lehrer Tabak und Zigaretten verteilte. Die ganze Schulklasse hatte das Obst bei den Bürgern der Gemeinde Waldorf in so großer Menge eingesammelt, daß außer dem Tafelobst für die Verwundeten auch die Lazarettküche der Brüder mit mehreren Zentnern Kochobst und frischem Gemüse bedacht wurde. Eigenhändig durften die munteren Jungen ihre Liebesgaben von Bett zu Bett austeilen und die Dankesworte der durch den unerwarteten Besuch hoch erfreuten Soldaten in Empfang nehmen.
Der Verein Bonner Buchdruckereibesitzer schreibt uns: Ueber das Buchdruckgewerbe in der Kriegszeit hat der Vorstand des Deutschen Buchdruckervereins ein Merkblatt her-ausgegeben, dem wir folgendes entnehmen: Das Buchdruckgewerbe ist vom Kriege ganz besonders hart betroffen worden. Es wurden mit Kriegsbeginn fast alle Aufträge aus den Druckereien zurückgezogen, die Ausgabe von Katalogen und anderen Werbemitteln des Handels und der Industrie unterblieb. Für geschäftliche und private Drucksachen war kaum noch Bedarf, und der Verlagshandel stellte seine Tätigkeit so gut wie ganz ein. Das Erscheinen der meisten Fachzeitschriften wurde eingestellt oder unterbrochen, mindestens stark eingeschränkt. Diese mit Kriegsbeginn sich einstellende Geschäftslage besserte sich etwas, als vor Weihnachten eine gewisse Neubelebung des Geschäftsganges eintrat. Es setzten aber fast gleichzeitig auch neue Schwierigkeiten ein dadurch, daß mehr und mehr Personal eingezogen wurde und vor allen Dingen durch die Verteuerung und den manchmal gänzlichen Mangel an wichtigen Materialien. Farben, Maschinenöle, Waschmittel usw. stiegen zu bisher unbekannten Preisen an, Papiere waren schwierig und nur unter bedeutender Mehrzahlung zu beschaffen, und alle im Betriebe benötigten Metalle wurden beschlagnahmt und waren zeitweise selbst zu den höchsten Preisen nicht käuflich. Auch die Löhne sind gestiegen, denn obgleich der von der Tarifgemeinschaft der Deutschen Buchdrucker zuletzt für die Jahre 1912 bis 1916 vereinbarte Lohntarif von beiden vertragschließenden Parteien, den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, auch unter den so schwierigen gegenwärtigen Verhältnissen gewissenhaft durchgehalten worden ist, so hat doch einesteils die Lebensmittelverteuerung und andernteils der Mangel an Personal eine sehr empfindliche Steigerung auch der Lohnauslagen mit sich gebracht. Es leuchtet wohl ohne weiteres ein, daß ein solcher Zustand nicht auf die Dauer ertragen werden kann. Alle Gewerbe haben schon längst Preiserhöhungen eintreten lassen. Da kann dem Buchdruckgewerbe ein wenigstens teilweiser Ausgleich nicht verweigert werden. Alle Auftraggeber des Buchdruckgewerbes werden somit gebeten, dem Ersuchen der Buchdruckereien um eine Aufbesserung der Preise zu entsprechen, die je nach den Umständen verschieden zu bemessen ist, mindestens aber 10 Prozent betragen wird. Eine große Anzahl staatlicher und städtischer Behörden, an ihrer Spitze die Kgl. Preußischen Ministerien der Finanzen und des Innern, haben nach Prüfung der einschlägigen Verhältnisse dem Verlagen um Erhöhung der bisherigen Preise bereits Folge gegeben und entsprechende Zuschläge bewilligt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Etwas mehr Geduld! In allen Berufen häufen sich die Klagen, daß die Leute so ungeduldig sind, wenn sie einen Auftrag erteilen. Das Publikum kann sich scheinbar nicht daran gewöhnen, daß in Kriegszeiten andere Verhältnisse herrschen, als in Friedenszeiten. Die Mehrzahl der Männer steht im Felde. Manchen Betrieben, die sonst mit 20 Leuten arbeiten, stehen jetzt 2 bis 3 Mann zur Verfügung. Die natürliche Folge davon ist, daß die Arbeiten nicht so schnell erledigt werden können, wie früher. Das sollte sich jeder sagen und infolgedessen etwas geduldiger sein. In Wirklichkeit ist das Publikum aber ungeduldiger, wie selbst in Friedenszeiten. Möglich, daß man innerlich unruhiger ist, wehriger! um nicht das beliebte Wort nervös zu gebrauchen. Alle Berufe leiden darunter. Dabei ist es in der Tat gar nicht so schlimm. Noch können alle Arbeiten erledigt werden.
Seid verschwiegen! Die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie übergibt ihren Mitgliedern nachfolgenden Mahnruf zur Bekanntgabe in den Fabrikbetrieben: „ An die deutschen Arbeiter! Seid verschwiegen! Keine deutsche Erfindung, kein deutscher Fortschritt darf unseren Feinden zugute kommen. Das Wohl des Vaterlandes gebietet strengste Geheimhaltung! Ihr seid die Hüter dieser Geheimnisse! Wer über das, was er in seiner Arbeitsstätte hört und sieht, nicht zu schweigen weiß, begeht Landesverrat, der mit schweren, entehrenden Strafen gesühnt wird. Er leistet dem Feinde Vorschub, und seine Brüder im Feld müssen sein Verbrechen mit ihrem Blute büßen. Feindliche Spione sind bestrebt, Euch unter der Maske des Vaterlandsfreundes auszuforschen. Jede unbedachte Aeußerung kann unermeßlichen Schaden für Euch und Euer Vaterland zur Folge haben. Laßt Euch nicht ausfragen!“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 25. September 1915
Kochlehrgang des Roten Kreuzes. Der diätetische Kochlehrgang, den das Rote Kreuz im Juli auf Anregung des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe einrichtete, hat so großen Anklang gefunden, daß am Dienstag, d. 28. September, ein neuer Lehrgang beginnt, zu dem sich noch einige Damen melden können. Nähere Auskunft erteilt die Beratungsstelle, Franziskanerstraße 9, Zimmer 23.
Sammlung von Stoffresten. Der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe und der interkonfessionelle Frauenbund veranstalten Anfang Oktober eine von der Regierung genehmigte Sammlung von Stoffresten, wie Wolle, Baumwolle-, Leinen-, Garn- und Seidenresten. Wir möchten schon heute die Bonner Hausfrauen auf diese Sammlung hinweisen und ihnen aufs angelegenlichste empfehlen, sich nach Möglichkeit daran zu beteiligen. Sie erfüllen eine vaterländische Pflicht, wenn sie dazu beitragen, den Mangel an notwendigen Rohstoffen etwas herabzumindern.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Stadtverordnetenversammlung stellte gestern verschiedene Sonderrechnungen für 1913 fest und wählte die Beisitzer sowie ihre Stellvertreter zum Wahlvorstande für die diesjährigen Stadtverordnetenwahlen. Ferner setzte sie die Wahltage endgültig fest. Für städtische Beamte und Angestellte werden Teuerungszulagen gewährt, ebenso ein Vorschuß für die Beschaffung von Obstmarmeladen für den Ausschuß der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe. Der Antrag, den Schlachthauszwang für nicht gewerbliche Schlachtungen aufzuheben, wurde vertagt.
Eine Modeschau in Köln. Wir machen darauf aufmerksam, daß am kommenden Montag und Dienstag in Köln eine für unsere Frauen bemerkenswerte Modeschau der Wiener Werkstätten veranstaltet wird. Die Absicht dieser Modeschau ist es, den Weg zu zeigen, wie es möglich ist, die deutsche und Wiener Mode unter künstlerischer Leitung von der französischen Fremdherrschaft zu erlösen. Es ist erfreulich, daß reichs-deutsche Mode-Firmen jetzt ernstlich bemüht sind, eine unabhängige deutsche Mode zu schaffen. Im „Konfektionär“ wird gelegentlich der Ausstellung der Wiener Werkstätten in Berlin u. a. gesagt, daß aus der Zusammenstellung der vorgeführten Modelle in Farbe und Form die Hand des Künstlers spricht und wirkliche Modeschöpfungen in dieser Ausstellung zu sehen sind, bei welchen eigene Ideen zur Ausführung kommen, die sich an keine andere Geschmacksrichtung anlehnen. Angeführt sei, daß die Modeschau der Wiener Werkstätten in Köln zum Besten der Kölner Volksspende stattfinden wird.
Festgenommen wurden eine Frau von auswärts, die in Bonn und auswärts verschiedene Schwindeleien verübt hatte, sowie ein Ackerer aus der Umgegend wegen Erregung öffentlichen Aergernisses.
Die Firma Ludwig Wessel, Porzellan- und Steingutfabrik, hat ihren Arbeitern die Zeichnung auf die dritte Kriegsanleihe möglich gemacht, indem sie auf Wunsch die Zeichnung vornimmt und den Arbeitern die Zahlung in wöchentlichen geringen Raten erleichtert. Sobald der Betrag voll bezahlt ist, werden die Stücke ausgehändigt. Auf diese Art könne sich auch die Arbeiter an dem nationalen Werk beteiligen, und was nicht unwichtiger ist, sie kommen dabei zu einer der vorteilhaftesten Sparanlage. Nach den Erklärungen der Firma scheidet jede Befürchtung aus, als ob dadurch die Arbeiter in ein Abhängigkeitsverhältnis zu der Firma geraten würden. Im Falle einer eventuellen vorzeitigen Lösung des Arbeitsverhältnisse wird der auf die Kriegsanleihe eingezahlte Betrag zurückvergütet. Unmittelbar vorher hat sich die Firma mit der Beschaffung von Briketts für ihre Arbeiter befaßt; ein Großeinkauf von Kartoffeln ist ebenfalls geplant.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Uebt Sparsamkeit. Um den Eltern während der Kriegszeit unnötige Ausgaben zu ersparen, hat der Kultusminister angeordnet, daß neue Schulbücher und Lehrmittel, deren Gebrauch nicht unbedingt notwendig ist, nicht angeschafft werden sollen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Für Raucher. Es gibt Raucher, welche peinlichst darauf sehen, daß sie immer ihre gleiche Zigarrensorte in entsprechendster Farbe erhalten. Diese Raucher sollten sich, so schreiben Fachleute des Zigarrengeschäfts, vergegenwärtigen, daß infolge des Kriegszustandes die Zufuhr an Tabaken ganz ungeheuer erschwert ist. Es herrscht derzeit eine große Knappheit darin. Auch sonst sind naturgemäß gewaltige Schwierigkeiten in der Tabakfabrikation eingetreten, die bedingen, daß einige Fabrikate gar nicht mehr hergestellt werden, auch fallen die Farben nicht mehr so aus, wie es mancher gern wünscht. Auch darauf sei hingewiesen, daß die Preise für die Tabake infolge des Krieges bedeutend gestiegen sind, ohne daß die Zigarrenhändler in der Lage waren, eine Preiserhöhung eintreten zu lassen.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 26. September 1915
Wegen des glänzenden Erfolges der dritten Kriegsanleihe ist gestern der Unterricht in den Schulen ausgefallen.
Die Benagelung des „Eisernen Kreuzes“ in der Wirtschaft Hombach, Ecke Roonstraße und Argelanderstraße hat in den ersten fünf Tagen 70,75 Mark eingebracht. Der Ertrag der Benagelung ist, wie schon mitgeteilt, für das Bonner Rote Kreuz bestimmt.
Landtagsabgeordneter D. Traub wird Montag, d. 4. Oktober, in der hiesigen Germaniahalle einen Vortrag halten und darin die Frage behandeln: „Was lernen wir aus dem Kriege?“
Die Kehrfrauen der Bonner Trottoir- und Straßen-Reinigungs-Anstalt, deren Ehemänner zum Heeresdienst einberufen sind, haben von Ende August 1914 bis 1. September d. J. insgesamt 366 Mark freiwillige Kriegsbeihilfe erhalten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Metallsammlung. Auf Seite 8 unserer heutigen Nummer befindet sich die Verordnung bezüglich der Beschlagnahme, Meldepflicht und Ablieferung von Gegenständen aus Kupfer, Messing und Reinnickel. Sie enthält verschiedene Zusätze über Gegenstände aus obigen Metallen, die freiwillig abgeliefert werden können und außerdem eine Erweiterung über anmeldepflichtige Gegenstände.
Wald, Feld und Weinberge im Herbst. Der Wald beginnt sein Festkleid zu färben. Des Sommers Pracht und Herrlichkeit sind nun dahin. Verblaßt ist der Heide Glanz, verklungen der Vogelchor. Schon rauscht das Laub am Boden. Eicheln und Buchen krachen unter den Füßen. Ueberall Totenstille. Kein Vogelton stört die sich zur Ruhe begebende Waldnatur. Kalte Nächte gaben dem Wiesengrunde der Höhen den ersten Silberstreif. Stolz hebt die Herbstzeitlose das Haupt auf kahler Wiese, als letztes Blütenzeichen. Die Felder werden öde und leer. Kartoffelfeuer rauchen zum Himmel. Fahrende Dreschmaschinen füllen mit ohrenbetäubenden Gebrumme die Getreidesäcke. Neues Brot, neues Stroh. Ueberall, wo wir in die Obsthaine schauen, haben die Sommertage an schwer behangenen Bäumen Aepfeln und Birnen herrliche Farben gegeben. Scharenweise ziehen die fleißigen Obstzüchter beim Morgengrauen zum Markt. Im rheinischen Weinland begrüßt der Winzer in froher Hoffnung den einziehenden Herbst. – Reichlich hat uns die Natur mit ihren kostbaren Gaben bedacht, den Fleiß der Frauen und Kinder im Kriegsjahr anerkannt. Zufrieden und dankbar schauen wir auf des Schöpfers Segen. Neues Vertrauen, neue Hoffnung in ernster Zeit!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Gemeinnützige Schreibstube für stellenlose Kaufleute wurde durch den Krieg gleichfalls in Mitleidenschaft gezogen. Während sie in Friedenszeiten täglich durchschnittlich 18 Stellenlose mit der Anfertigung von Reklamearbeiten (Adressenschreiben und Vervielfältigungen von Briefen für Fabriken und kaufmännische Betriebe) beschäftigte, ließen solche Arbeiten mit Kriegsbeginn fast sämtlich nach. Indessen konnte die Schreibstube als Ersatz für diesen Ausfall eine Anzahl Stellenlose außerhalb ihrer Geschäftsräume bei kaufmännischen Firmen vorübergehen beschäftigen. Wenn auch hierdurch für einen Teil Stellenloser so lange gesorgt ist, bis sie in längere oder dauernde Tätigkeit kommen, so bleibt der Schreibstube doch immer noch ein wesentlicher Teil bedürftiger Leute übrig, die selbst in Aushilfsposten schwer unterzubringen sind und für die sie in anderer Weise besorgt bleiben muß. Es sind hauptsächlich die über 55 Jahre alten stellungslosen Kaufleute und Schreiber, sowie bedürftige und schwächliche Kriegerfrauen, die sich durch einfache schriftliche Arbeiten noch einen kleinen Nebenverdienst sichern wollen. Die Schreibstube kann aber all diesen Personen nur dann etwas Beschäftigung geben, wenn sie – wie in Friedenszeit – seitens der kaufmännischen Firmen durch Ueberweisung schriftlicher Arbeiten unterstützt wird. Darum sei auch an dieser Stelle auf die gemeinnützige Einrichtung erneut hingewiesen. Die Schreibstube befindet sich in Bonn, Münsterstraße 28.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 27. September 1915
Feldpostpäckchen nach der Ostfront im Gewichte von mehr als 50 Gramm werden vor dem 1. Oktober von den Postanstalten nicht mehr angenommen. Etwa aufgegebene Päckchen werden den Absendern zurückgegeben.
Die Bonner Lazarett-Zeitung bringt in ihrer Nr. 3 Ausführungen des Oberpfarrers und Dechanten Böhmer über den Fahneneid, Richard Dehmels Deutsches Fahnenlied, einen Aufsatz von Professor Dr. C. Bachem, Stationsarzt im Reservelazarett Beethovenhalle: „Der schädigende Einfluß des Alkohols, insbesondere auf die Wundheilung“, und unter der Ueberschrift „Ein schöner Traum, der Wahrheit werden soll“ besprechen Sergeant Schmidt und Oekonomierat Dr. Reinhard den Plan des Hauptausschusses für Kriegsheimstätten, jedem Feldzugsteilnehmer ein Eigenheim zu schaffen. Das Nachmittagsheim für Verwundete, Koblenzer Straße 90, wird in der Lazarett-Zeitung in Wort und Bild empfohlen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Umtausch der Brotbücher, der in der Hauptsache auf den gestrigen Sonntag festgesetzt war, ging glatt von statten. In den ersten Morgenstunden war der Andrang zu den Ausgabestellen groß und zwar aus dem Grunde, weil sich noch viele Haushaltungen für den Sonntag verproviantieren mußten. Dies konnte nur nach dem neuen Brotbuch geschehen. Da sämtliche Brotbücher schon fertig ausgeschrieben waren und nur noch die Zahl der Personen eingetragen werden mußte, war der Umtausch bald geschehen, zumal die Bücher – über 20.000 Stück – an fünf verschiedenen Stellen in der Altstadt und ferner noch in Poppelsdorf, Endenich, Kessenich, Dottendorf, Grau-Rheindorf und Dransdorf umgetauscht werden konnten. Vielfach war übersehen worden, daß die Brotbücher mit der Bezeichnung Bezirk A, B oder E, die für Gastwirtschaften und ähnliche Betriebe galten, bereits am Samstag umgetauscht werden mußten, und so kam es, daß gestern eine Anzahl Gastwirte zum Umtausch erschienen und dafür eine Gebühr von 50 Pfg. entrichten mußten. Auch diejenigen, die gestern ihr Brotbuch nicht abgeholt haben, müssen von heute ab diese Gebühr bezahlen. Das neue Brotbuch reicht für 54 Wochen, also bis zum 7. Oktober 1916. Natürlich will die Behörde damit nicht ausdrücken, daß wir bis zum Oktober nächsten Jahres „Kriegsbrot“ essen müssen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 25. Sept. Nach dem Jahresbericht des hiesigen Pädagogiums hatte die Anstalt am Anfang des vergangenen Sommerhalbjahres 383 Schüler, während sie am 1. Februar 1915 infolge der Kriegseinwirkungen auf 328 herabgesunken war. (...) Mit Beginn der Mobilmachung wurden 26 Lehrer zum Heeresdienst eingezogen. Der Lehrer der französischen Unterhaltungssprache wurde in Holzminden interniert. Es gelang, für den Ausfall der Anstaltskräfte genügenden Ersatz an Lehrkräften zu schaffen. Mit Beginn des Herbstes wurde eine Jugendwehr gebildet, der 155 Schüler angehören. Den Heldentod starben im verflossenen Schuljahre 21 Lehrer und 58 Schüler. Mit dem Eisernen Kreuz wurden 10 Lehrer und 81 ehemalige Schüler ausgezeichnet. Vier frühere Schüler erhielten das Eiserne Kreuz 1. Klasse.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Dienstag, 28. September 1915
Anzeigepflicht der Hülsenfrüchte. Zu der Bundesratsverordnung über den Verkehr mit Hülsenfrüchten vom 26. August bestimmt der Oberbürgermeister: Wer Erbsen, Bohnen oder Linsen gedroschen oder ungedroschen mit Beginn des 1. Oktober 1915 in Gewahrsam hat, ist verpflichtet, die vorhandenen Mengen getrennt nach Arten und Eigentümer unter Nennung der Eigentümer spätestens bis zum 5. Oktober 1915 dem Geschäftszimmer für Handel und Gewerbe, Rathausgasse 10/12, Zimmer Nr. 19, in den Geschäftsstunden von 9 bis 12 Uhr vormittags unter Verwendung des vorgeschriebenen Anmeldebogens anzuzeigen. Die Anmeldebogen werden in dem Geschäftszimmer während der Dienststunden unentgeltlich verabfolgt. Nicht meldepflichtig sind u. a. Mengen unter einem Doppelzentner. Die Einzelheiten der Verordnung sind gleichfalls im städtischen Gewerbebüro zu erfahren.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
In den Klostermannschen Anstalten wurden von den Schülerinnen 12.000 Mk. für die Kriegsanleihe gezeichnet und als gemeinsame Schulkriegsanleihe in der Sparkasse eingezahlt.
Die Singknaben des St. Remigius-Kirchenchors folgten vergangenen Samstag nachmittag einer Einladung ins Soldatenheim Koblenzerstraße 90. In großer Anzahl hatten sich die verwundeten Krieger eingefunden, sodaß die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten bis auf den letzten Platz besetzt waren. Ein reiches Programm brachte eine Auslese der schönsten ein- und mehrstimmigen Kunst- und Volkslieder, die in herzerfrischender Weise von dem wohlgeschulten Knabenchor, teils à capella, teils mit Instrumentalbegleitung, vorgetragen wurden. Der verehrte Dirigent, Herr Lehrer Habbig, hatte auf die Lieblingslieder der Soldaten in unserer großen Zeit Rücksicht genommen, und die Stimmen der Verwundeten vereinigten sich wiederholt mit den frischen Knabenstimmen zu einem imposanten, mächtigen Chor. Mehrere stimmungsvolle, dem Soldaten- und Weltkriegleben angepaßte Gedichte der Knaben fanden viele Anerkennung. Als äußeres Zeichen der Dankbarkeit gegenüber unseren verdienten Kriegern überreichten die Knaben eine Zigarrenspende. Nachdem die Leitung des Soldatenheims wiederholt ihre Freude und Anerkennung gegenüber dem Chor und dessen Dirigenten ausgesprochen brachte der letztere die Gefühle und Wünsche seiner Singknaben zum Ausdruck. Zum Schluß stattete ein schwer verwundeter, mit dem Eisernen Kreuz geschmückter Krieger, in schlichten herzlichen Worten seinen und seiner Kameraden Dank ab. Die von den Soldaten an die Knaben gerichteten markigen Worte werden diesen unvergeßlich sein.
Die großen Regenmengen, die am Samstag, Sonntag und gestern niedergingen, waren für Feld und Garten Goldes wert. Ueberall waren die landwirtschaftlichen Arbeiten wegen der großen Bodentrockenheit ins Stocken geraten, und die allenthalben beginnende Rüben- und Kartoffelernte konnte nur mit Mühe ausgeführt werden. Von der Aussaat des Wintergetreides mußte man vorläufig Abstand nehmen, da die Körner ohne Feuchtigkeit nicht aufgehen konnten. Der Boden war derart tief ausgedörrt, daß die Gemüse- und Futterpflanzen in trockenen und sandigen Lagen unten gelb wurden und in ihrem Wachstum ein Stillstand eingetreten war. An dem starken Abfallen des Obstes war zum Teil auch die übermäßige Bodentrockenheit schuld. Der niedergegangene fruchtbare Regen hat allen diesen Uebelständen vorläufig ein Ende gemacht, und wenn sich der Regen in wenigen Tagen nochmals wiederholt, kann sowohl die Saat bestellt als auch die Rüben und Kartoffelernte ohne Schwierigkeit ausgeführt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 27. Sept. Das „Eiserne Kreuz von Godesberg“ erfuhr zur Benagelung in der verflossenen Woche folgenden korporativen Besuch: Die Fortbildungsschule, das Rektorat und die Jungfrauenkongregation an Herz-Jesu, die katholische Kinderbewahrschule, die Volksschulen von Plittersdorf, die Beamten und Arbeiter der Bahnmeisterei 3, das Evangelische Lyzeum, die Schwestern und Verwundeten des Lazaretts von der Heydt, die Schwestern vom Markusstift mit einer Anzahl Kindern, eine Stammtischgesellschaft, die Häuser Waldburg, Unverzagt, Mendelsohn-Bartholdy, Malepartus, Arndt und Philadelphia vom Pädagogium, die Volksschulen von Muffendorf, der Postbeamtenverein, die Jungfrauenkongregation von Plittersdorf, der katholische Jünglingsverein von Godesberg I und der katholische Gesellenverein. Auch goldene und silberne Anstecknägel wurden gekauft. Der letzte Wochenertrag betrug 2013 Mark gegen 2527 Mark in der voraufgegangenen Woche, sodaß mit Einschluß der am Einweihungstag erlösten 4703 Mark innerhalb der erst vierzehntägigen Ausstellungszeit schon der stattliche Gesamtbetrag von 9243 Mark bisher erzielt worden ist.
Godesberg, 27. Sept. Am kommenden Sonntag wird unserer Bürgerschaft ein vaterländischer Abend mit eigenartigem Gepräge geboten werden. Abweichend von der bisherigen Gepflogenheit, werden diesmal unsere Feldgrauen selbst die Veranstalter sein. Etwa 76 Verwundete des hiesigen Reserve-Lazaretts II (Markusstift) haben zusammen mit dem Pflegepersonal einen Musik- und Gesangverein, sowie einen Theaterverein gebildet und werden am kommenden Sonntag zum ersten Mal öffentlich auftreten.
Godesberg-Rüngsdorf, 27. Sept. Von Schülern der hiesigen Volksschule sind mit Einwilligung ihrer Eltern aus ihren Spargroschen insgesamt 1100 Mark auf die dritte Kriegsanleihe gezeichnet worden.
Muffendorf, 27. Sept. Unter Führung des Gemeindeverordneten Jülich hat eine Kommission, bestehend aus dem Bürgermeister Zander, den Beigeordneten Prof. Dr. Wendelstadt und Fritzen, sowie des früheren Gemeindevorstehers Liemersdorf, sich durch eingehende Ortsbesichtigung davon überzeugt, welches Unrecht den hiesigen Bürgern geschehen ist, die seit den Godesberger Eingemeindungsbestrebungen mit teilweise meterhoch stehendem Kellerwasser zu kämpfen haben. Die Kommission erkannte an, daß die durch Zwangsmaßregeln der früheren Gemeindeverwaltung von der Wasserkalamität heimgesuchten Hausbesitzer gesundheitlich in hohem Maße geschädigt sind und alsbald Abhülfe notwendig sei. Die früher den Eingemeindungsgegnern zwangsweise entfernten Röhrchen zur Entwässerung der Keller können nun wieder gelegt werden, bis die Kanalisation des ganzen Ortes zur Durchführung gelangt. Dank der wohlwollenden Einsicht unserer neuen Gemeindeverwaltung wäre damit die Geschichte des Muffendorfer Röhrchens, die eine große Anzahl von Strafmandaten und einige Prozesse zu verzeichnen hat, endlich in friedliche Bahnen gelenkt. Die Muffendorfer werden ihrem neuen Bürgermeister diese gerechte Tat nicht vergessen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Herbstanfang. Vorgestern hatten wir Herbstanfang, und programmmäßig, wie es ihnen die Natur vorschreibt, haben uns mit gestrigem Tage die Schwalben verlassen. Ein altes Volkswort sagt: Maria Geburt – Jagt alle Schwalben furt! Am 24. hatten wir Maria Geburt. Die Folge des Wegzugs der Schwalben wird sich bald, sofern die warme Witterung anhält, in einer lästigen Zunahme der Fliegen und Mücken bemerkbar machen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 29. September 1915
Einen Freifahrschein von Bonn nach Trier hatte sich ein Kellner ausstellen lassen, um sich dort freiwillig zum Militär zu melden, obwohl er im Oktober v. Js. als dienstuntauglich entlassen worden war. Er war mit dem Schein von Bonn nach Köln und wieder zurück gefahren. Als er den Bahnhof verlassen wollte, hielt die Bahnhofswache ihn an. Er behauptete, man habe ihm in Köln verweigert, über Euskirchen nach Trier zu fahren, er müsse über Koblenz fahren. Bei seiner ersten Vernehmung sagte er, der Verkehr sei gesperrt gewesen. Er habe in Bonn seinen vergessenen Regenmantel noch holen wollen. Das Schöffengericht verurteilte ihn gestern wegen Betrugs zum Nachteil des Eisenbahnfiskus zu einer Woche Gefängnis. (...)
Ein Lehrer a. D. aus Beuel hatte der Bonifatius-Druckerei zum Abdruck in dem Leoblatt eine angeblich von ihm selbst verfaßte Erzählung eingesandt. Die Täuschung wurde in der Druckerei erkannt. Ferner hatte der pensionierte Lehrer an zwei weitere Druckereien in Frankfurt Erzählungen eingesandt und unter der Behauptung, sie seien von ihm verfaßt, sich dafür Beträge von 20 bis 40 Mark bezahlen lassen. Das Schöffengericht verurteilte ihn gestern wegen Betrugsversuchs in einem Falle und vollendeten Betrugs in zwei Fällen zu insgesamt 100 Mark Geldstrafe.
Der gestrige Wochenmarkt war gut besucht und die in großen Mengen angebotenen Waren fanden flotten Absatz. Obst war wieder in besonders großer Auswahl vorhanden, aber hoch im Preise. (...)
Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz war gut beschickt und der Verkauf flott. Die Preise waren hier im Verhältnis dieselben wie auf dem Wochenmarkt. (...)
Der städtische Gemüse-, Kartoffel- und Obst-Verkauf war gestern nicht besonders flott. Verkauft wurden: Kartoffeln 10 Pfund zu 45 Pfg., Aepfel drei Pfund zu 25 Pfg., Birnen drei Pfund zu 20 Pfg., Rotkohl das Pfund zu 6 Pfg.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 28. Sept. Unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Zander tagte heute im Rathause eine Bürgerversammlung, um darüber zu beraten, wie der Zentrale für das Rote Kreuz in Zukunft die Mittel zu beschaffen seien, in der bisherigen Weise die Suppenküchen weiter zu führen, Liebesgaben an die Front zu senden, für Frauenbeschäftigung zu sorgen usw. Der Vorsitzende wies mit warmherzigen Worten auf den Beginn der schlechten Jahreszeit hin. Der Soldat sei gezwungen, im Felde jeder Witterung Trotz zu bieten und deshalb müsse die Liebestätigkeit jetzt in erhöhtem Maße einsetzen. Die vornehme Pflicht, nach Kräften die Kriegsfreudigkeit unserer Truppen durch Liebesgaben zu erhalten, sporne alle Bürgerkreise zu gesteigertem Opfermut und Sammelfleiß an. Angesichts der übermenschlichen Leistungen unserer braven Truppen, die uns mit Bewunderung und Stolz erfüllen, dürften wir vor keinem Opfer zurückschrecken. Aus gutem Herzen kommend, wird auch die kleinste Gabe bei der Sammlung von Haus zu Haus willkommen sein. Alle anwesenden Herren erklärten sich bereit, mit frischem Mut an einer Listensammlung teilzunehmen, die nächste Woche beginnen soll. In der Gemeinde werden monatlich rund 4000 Mark für Milch-Suppenverteilung u. dergl. aufgewendet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Für Schwerhörige und Ertaubte. Es ist im allgemeinen noch zu wenig bekannt, daß es auch für die Schwerhörigen die Möglichkeit gibt, sich eine große Erleichterung zu verschaffen, die sie befähigt, sich wieder gut mit ihren Mitmenschen zu verständigen. Es ist dies die Kunst, das Gesprochene vom Munde abzulesen. In dieser Woche eröffnet Frau R. Grosse in Bonn, Gasthof zum goldenen Stern, einen Lehrgang zum Erlernen des Ablesens vom Munde nach einer bewährten, ohrenärztlich empfohlenen Art. Dieser Unterricht ist geeignet, das fehlende Gehör zu ersetzen, indem er befähigt, der Unterhaltung in der gewöhnlichen Umgangssprache zu folgen. Aus den Bewegungen des Mundes und des Kinns wird das Gesprochene abgelesen und verstanden. Der Unterricht ist durchaus dem Leben angepaßt, er wird einzeln erteilt und es wird planmäßig vom Leichten zum Schweren übergegangen. Schon nach einigen Stunden fängt der Schüler an, von anderen Personen das Gesprochene abzulesen. Allerdings erfordert der Unterricht Aufmerksamkeit und festen Willen von den Lernenden, dafür pflegt er aber auch durch überraschend schöne Erfolge gekrönt zu werden. Diese Rückkehr zur leichteren Verständigung wirkt auf die Gemütsverfassung und die Lebenslust des bisher als unheilbar geltenden Schwerhörigen belebend und beglückend. Um sich selbst von dem Nutzen des Absehens zu überzeugen, teilt Frau Grosse jedem Bewerber kostenlos Auskunft und drei Probestunden. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 30. September 1915
Das Bonner Stadttheater eröffnet seine Spielzeit 1915/16 nächsten Mittwoch mit Hebbels Schauspiel Herodes und Mariamne.
Die Kartoffelversorgung im Westen. In Düsseldorf hat Montag auf Veranlassung des Reichskanzlers eine Versammlung stattgefunden, die sich mit der Frage der Kartoffel- und Milchversorgung der westlichen Großstädte und Industriebezirke zu befassen hatte, und an der u. a. das Ministerium des Innern und der Landwirtschaft, ferner der Staatssekretär des Innern, die Oberpräsidenten der beiden Provinzen, zahlreiche Oberbürgermeister und Landräte teilnahmen. Es wurde darauf hingewiesen, daß sehr reichliche Kartoffelvorräte vorhanden sind, und daß alle Befürchtungen über zu geringe Vorräte vollständig unbegründet wären. Das Jahr 1915 habe in den letzten zehn Jahren die reichste Kartoffelernte gebracht. Man rechne mit einer Ernte von mindestens 52 Millionen Tonnen, es können aber auch 60 Millionen werden. Es sei daher dringend vor sogenannten Angstvorkäufen zu warnen. Jeder könne darüber beruhigt sein, daß Kartoffeln in genügender Menge und zu angemessenen Preisen auf den Markt kommen würden. Die Reichsregierung hat in Aussicht genommen, eine Gemeinnütziger Gesellschaft m. b. H. zu bilden, an der die Kommunalverbände, insbesondere die Städte, ferner die Landgenossenschaften und die Händler beteiligt werden sollen und welche dafür sorgen soll, daß den Städten und sonstigen Verbänden auf ihr besonderes Verlangen Kartoffelvorräte als Reserven für die Kälteperiode und für eine gewisse Uebergangszeit im Frühjahr zu angemessenen Preisen verabfolgt werden. Die Beschaffung dieser Reserven soll durch Vermittlung des Handels erfolgen, dessen freie Betätigung im übrigen in keiner Weise gehemmt wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ohne Lehrerinnenprüfung. Das Kultusministerium hat verschiedenen Blättern zufolge beschlossen, die Schülerinnen der Seminarklassen an den oberen Lyzeen mit Osteranfang als Lehrerinnen für Volksschulen heranzuziehen, indem man ihnen die Prüfung als ordentliche Lehrerinnen ganz erläßt und sofort Anstellung gewährt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Sonntagsvorstellungen im Stadttheater erbeten. Der Herr Oberbürgermeister hat bekanntgemacht, daß Schauspielvorstellungen Mittwochs und Freitags stattfinden werden. Von Sonntagsvorstellungen ist keine Rede. Viele aber haben nur Sonntags die Gelegenheit, das Theater zu besuchen. Kann man sich nicht mit der Leitung der Kölner Stadttheater in Verbindung setzen, wenigstens monatlich zweimal auch an Sonntagen hier in Bonn zu spielen? Ein Kunstfreund.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)