Dienstag, 1. September 1914
Bonner an der Spitze der deutschen Verwaltung Belgiens. Sowohl der neue Zivil-Verwaltungschef Belgiens, der bisherige Aachener Regierungspräsident Dr. v. Sandt, als auch der gleichfalls nach Belgien berufene bisherige Landrat von Euskirchen, Kaufmann, sind geborene Bonner. Auch der bisherige Erste Staatsanwalt in Frankfurt a.M., Dr. Bluhme, der soeben zur Mitwirkung in der deutschen Zivilverwaltung nach Belgien berufen wurde, ist in Bonn geboren.
Frau Tony Werntgen, die Mutter des vor mehr als Jahresfrist auf dem Hangelarer Flugplatz abgestürzten Fliegers Bruno Werngten, hat sich der Armeeverwaltung als Kraftfahrzeugfahrerin zur Verfügung gestellt. Der Generalkommissar hat Frau Werntgenfür ihr Anerbieten gedankt und mitgeteilt, daß es zu gegebener Zeit davon Gebrauch machen werde.
Schickt Zeitungsausschnitte an unsere Krieger! In einem Feldpostbriefe vom 21. d.M. aus Brüssel, am Tage nach dem siegreichen Einzug in die belgische Hauptstadt, heißt es: „Schreibt doch bitte, wie es sonst auf dem Kriegsschauplatze aussieht. Man erfährt hier nichts! Schickt uns vor allem Ausschnitte der amtlichen Depeschen!“ Diese Bitten wiederholen sich, wie wir hören, zahlreich in anderen Feldpostschreiben. Den Wunsch unserer Krieger wird jeder Angehörige gern erfüllen. Und es ist ihm so leicht gemacht, da der Feldpostbrief bis zu 50 Gramm wiegen darf, ohne einen Pfennig zu kosten. So vernünftig wird ein jeder wohl selbst sein, daß er nur wirklich wertvolles schickt. Also hinein in den Feldpostbrief und hinaus damit!
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Die beiden katholischen Studentenkonvikte in Bonn als Kriegslazarette
Von geschätzter Seite wird uns geschrieben:
Gleich zu Beginn des Krieges hatten die Direktoren der zwei hiesigen katholischen Studentenkonvikte in hochherziger und patriotischer Gesinnung ihre schönen und behaglichen Studentenheime der Militärverwaltung als Lazarette zur Verfügung gestellt. Während das Konvikt Leoninum an der Endenicher Straße sofort eingerichtet werden konnte, wurde das Konvikt Albertinum zunächst tagelang als Schlafstelle für Schwestern des Roten Kreuz benutzt, die des Befehls harrten, ins Feld zu ziehen. 200 Betten waren andauend so besetzt. Vor wenigen Tagen ist das Haus von den Schwestern frei geworden und konnte nun sofort die Einrichtung als Lazarett ins Werk gesetzt werden.
Die Einrichtung beider Lazarette war in wenigen Tagen vollendet. Im Leoninum wurden aus Speisesaal, Aula, Vorlesungssaal usw. vier große Krankensäle geschaffen. Ein Konferenzzimmer wurde zum Operationszimmer umgewandelt, Waschbecken angebracht usw. Außer den vier großen Sälen sind eine große Anzahl Einzelzimmer vorhanden, so daß Schwerverwundete die nötige Ruhe haben können. Daneben haben Chefarzt und Stationsärzte ihre besonderen Zimmer bekommen. Frau Berghauptmann Krümmer, die unermüdliche und verdienstvolle Vorsitzende des Bonner Vaterländischen Frauenvereins, stellt sofort acht Schwestern zur Pflege zur Verfügung, die in der Bibliothek des Hauses ihr gemeinsames Aufenthaltszimmer erhielten. Als dann die ersten großen Transporte von Kranken und Verwundeten eintrafen, konnte sofort die Probe auf die Leistungsfähigkeit des neuen Lazarettes gemacht werden, indem an einem Tage 120 Kranke und Verwundete Aufnahme fanden. Zunächst hatten die ersteren die Ueberzahl, Fußkranke und sonstige Kranke, daneben nur einige Leichtverwundete. Inzwischen hat sich aber das Bild des Lazarettes ganz wesentlich verändert: die Kranken wurden in die Lazarette der Umgebung von Bonn, z.B. Siegburg abgeführt und gegenwärtig sind nur noch Verwundete, und zum Teil sehr schwere, dort untergebracht. In den letzten Tagen fanden auch 50 verwundete Franzosen dort Unterkunft.
Auch das Albertinum, das in ähnlicher Weise wie das Leoninum hergerichtet wurde, musste sofort, obwohl die Einrichtung noch nicht ganz vollendet war, mit Schwerverwundeten, und zwar über 100 an der Zahl, belegt werden. Auch hier konnte, dank des Entgegenkommens von Frau Berghauptmann Krümmer, sofort eine Anzahl Schwestern vom Roten Kreuz eingestellt werden. Nicht unerwähnt darf bleiben, daß die beiden Direktoren der Anstalten dreimal wöchentlich in den schönen Kapellen der Konvikte militärischen Gottesdienst ohne konfessionellen Charakter halten, dem alle Soldaten, die dazu fähig sind, beiwohnen können. Die großen Gärten der Anstalten dienen den Kranken zur Erholung.
Die beiden so geschaffenen Lazarette sind Abteilungen des Reservelazaretts II, dessen Chefarzt Geheimrat Wald ist, und das jetzt aus sieben Einzellazaretten besteht. Geheimrat Wald erwarb sich infolge seines gegen jedermann liebenswürdigen und entgegenkommenden Wesens bei den Aerzten, dem Personal und nicht zuletzt bei den kranken Kriegern rasch allgemeine Wertschätzung. Es gehören dazu das Marienhospital auf dem Venusberg, das Herz-Jesu-Hospital, das St. Franziskus-Hospital in Kessenich, die genannten beiden Konvikte, die Universitäts-Ohrenklinik und das Vereinshaus vom Roten Kreuz in der Luisenstraße, dessen Protektorat Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe übernommen hat. Die hohe Frau hat schon zu wiederholten Malen die einzelnen Lazarette besucht und dabei eine bewundernswerte Art, mit jedem einzelnen Verwundeten zu sprechen und ihre Anteilnahme zu bekunden, an den Tag gelegt. Besonders interessierte sie der Umstand, daß in verschiedenen der Lazarette Angehörige ihres Leibregiments Nr. 53 in Kalk vorhanden waren, denen sie natürlich ihre besondere Aufmerksamkeit widmete.
Eine große Anzahl Bonner Aerzte von hervorragender Bedeutung und bekannten Namen sind in den verschiedenen Abteilungen des Reservelazaretts tätig (...) Dazu noch die Assistenten der verschiedenen Institute und die Wachhabenden Aerzte. 600 Betten sind vorhanden und stets fast ganz besetzt. Es ist dies indessen nur ein Bruchteil der zur Verfügung stehenden Betten, da es vier Reservelazarette in Bonn gibt, die zusammen annähernd 2000 Lagerstellen beherbergen.
(Bonner General-Anzeiger)
Feldpostbriefe und Feldpostkarten treffen jetzt fast tagtäglich in großer Zahl bei uns ein. Sie alle zeugen davon, daß die Bonner Jungens sowohl wie die zu den Fahnen Einberufenen aus der Umgebung trotz der ernsten Zeit den Humor nicht verloren haben. Nicht nur aus allen Teilen unseres alten Vaterlandes, sondern auch „aus den eingemeindeten Vororten“ in Frankreich, Belgien und Russisch-Polen treffen Grüße an uns und die Bewohner Bonns und der unliegenden Ortschaften ein. Gar viele schildern den Gang der Gefechte, die sie mitgemacht haben; wieder andere berichten über die Besichtigung des Ersatztruppen im Hauptquartier durch den Kaiser am vergangenen Samstag. Natürlich ist es uns nicht möglich, die Einsendungen alle im Wortlaut wiederzugeben, da sich naturgemäß viele Aufzeichnungen decken. Wir werden jedoch wie bisher die uns zugehenden Soldatenbriefe sorgfältig prüfen und einzelne markante Episoden wiedergeben. Heute morgen ging uns eine Feldpostkarte von 32 Bonner Jungens der Ersatz-Maschinen-Gewehr-Komp. des Inf.-Reg. Nr. 69 zu, in der wir gebeten werden, der ganzen Bürgerschaft Bonns die besten Grüße zu übermitteln. Sie schreiben, daß sie „das reinste Sportfest“ veranstalteten. Und doch sind wir nicht klein zu kriegen, erklären sie mit Stolz. Jedem wollen sie auch einen Franzosen mitbringen.
Falsche Beschuldigung. In den ersten Kriegstagen wurde, wie wir berichteten, ein hiesiger Geschäftsinhaber wegen Ueberforderung verhaftet; wie wir hören, hat die Untersuchung die Haltlosigkeit der Beschuldigung ergeben, so daß das Verfahren eingestellt wurde.
Allerlei Gerüchte über wichtge Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz waren gestern im Laufe des Tages in Bonn verbreitet. Den ganzen Tag erfolgten telephonische und persönliche Anfragen bei uns, ob es wahr sei, daß England Holland ein Ultimatum gestellt habe, oder der Kaiser der Königin der Niederlande 100.000 Mann zur Verteidigung der holländischen Küste zur Verfügung stellen wolle, ob Belfort gefallen sei und ob Antwerpen in unserem Besitz und der König der Belgier gefangen genommen worden sei.
Soweit wir feststellen konnten, sind diese Gerüchte auf dem Eisenbahnwege nach Bonn gelangt. Soldaten, die vom Kriegsschauplatze verwundet zurückkehrten, Sanitätsoffiziere und sonstige Militärs, die in Bonn eintrafen, erzählten, was sie in Koblenz, in Köln, Aachen, Lüttich usw. gehört hatten, und je mehr der Abend heranrückte, umso stärker traten die Gerüchte auf, sodaß wir uns der Anfragen schließlich kaum noch zu erwehren vermochten.
Wir verkennen keineswegs das gewaltige vaterländische Interesse, das aus diesen Anfragen hervorleuchtet, müssen aber doch die Bitte an die Bürgerschaft richten, nicht jedem Gerücht ohne Weiteres Glauben zu schenken und weiterhin darauf zu vertrauen, daß über entscheidende Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz von uns sofort durch Sonderausgaben öffentlich Kenntnis gegeben wird.
Anfragen, namentlich wenn sie sich derart häufen, wirken störend auf den geregelten Gang unseres täglichen Redaktions- und Expeditionsdienstes.
Die Verlustliste Nr. 15 wird soeben veröffentlicht. Soweit ersichtlich, sind aus Bonn und Umgebung keine Namen aufgeführt.
Größere Verwundeten-Transporte sind im Laufe des gestrigen Tages hier angekommen. Die Soldaten wurden nach den einzelnen Lazaretten übergeführt. Bei einem Transport, der von der Westgrenze nach Bonn kam und nach Köln weiterfuhr, befanden sich sehr viele Franzosen und Turkos.
Die Bonner Sterbekasse hat in ihrer vorgestrigen Hauptversammlung einstimmig beschlossen, daß das Sterbegeld auch den Mitgliedern gezahlt werden soll, die im Felde fallen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Unwürdige Neugier. Man rege sich wegen des Angaffens der Verwundeten nicht so auf! Sie so sehr empörter Deutscher! Erstens läßt sich keiner die Augen verbinden, noch hält sich einer bei solch ungewöhnlichem Transport die Augen zu. Zweitens ist es ja jedem freigegeben, dahin zu schauen, wohin er will. Drittens hat der Empörte wohl keinen lieben Angehörigen oder guten Freund, daß ihm der Gedanke nahe liegen könne, einmal zuzuschauen, ob sich vielleicht einer bei den Verwundeten befände, denn diese Möglichkeit ist doch heute nicht ausgeschlossen. Verwehre man dem Volke resp. den Heimgebliebenen nicht das Zuschauen. Allerdings muß für Platz und Ordnung beim Passieren der Verwundeten Rücksicht genommen werden. War ich doch verschiedentlich, da ich selbst drei Söhne und drei Brüder im Felde habe, Zeuge, daß Männer sich nicht der Tränen erwehren konnten. Und hört man nicht leises Schluchzen in der Menge der Zuschauer. Dankbare Blicke werden den tapferen Soldaten gezollt, die vielleicht gar in heimtückischer Weise kampfunfähig wurden. Ja, mir selbst traten die Tränen in die Augen, wenn man so nahe am Transportwege wohnt und so oft Gelegenheit hat, diese traurigen Züge passieren zu sehen. Wer auch nur einen seiner Lieben unter den Kämpfenden hat, weiß, was er in diesen Tagen befürchtet und empfindet beim Anblick der Verwundeten. Der Einsender sieht auch lieber einem lustigen Studentenumzug zu; das würden wir Bonner wohl alle lieber tun. Dem Empörten rate ich, sich bei seinen Ausgängen ein paar Scheuklappen mitzunehmen, damit er nicht in Versuchung falle, auch hinzuschauen. Eine tief fühlende Bürgerin
„Unwürdige Neugier“. Auf das Eingesandt „Unwürdige Neugier“ nehme ich an, daß der Einsender gemütskrank ist. Sollte es aber nicht zutreffen, so kann ich ihm nur sagen, daß er absolut keine Ahnung von den wahren Gefühlen der Zuschauer hat, Schreiber dieses hat selbst zufällig am 29. August am Güterbahnhof gestanden, ebenso verschiedene Verwundetentransporte in der Stadt gesehen und ist ihm die allgemeine, innige würdevolle Anteilnahme der Zuschauer für die Verwundeten aufgefallen. Der Ausdruck „unwürdige Neugier“ ist eine Beleidigung für fast alle Bonner Bürger oder „Volk“, wie es der Einsender zu nennen beliebt. Ich bin überzeugt, wer einmal einen solchen Transport zerschossener Krieger gesehen hat, geht zum zweitenmal nicht wieder absichtlich des Weges als Zuschauer. Verschiedene Bekannte hat der Anblick so ergriffen, daß er ihnen ein ganz außerordentlicher Ansporn zur Mildtätigkeit geworden ist. Ein verwundeter deutscher Soldat schämt sich nicht, wenn die ganze Welt zuschaut, im Gegenteil, je mehr Zuschauer je lieber; der deutsche Soldat kennt die inneren Gefühle seiner vernünftigen Mitbürger. Nur Leute, welche nie Soldat waren, maßen sich solche Ausdrücke, wie „unwürdige Neugier“ usw. an. Es wird überhaupt in letzter Zeit von einigen Kleinigkeitskrämern um Lappalien gleich nach der Behörde geschrieen, daß allgemein der Wunsch laut wird, für solche Schreier eine Freistelle für kalte Douchen zu stiften. Ein 1900 verwundeter deutscher Soldat (Verzichtet auf Antwort)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der M.-G.-V. Apollo hatte am Sonntag seine Kräfte in den Dienst des Roten Kreuzes gestellt. Obschon der Vorsitzende, Herr Landrichter Kaufmann, und der Dirigent, Herr Henrici, nebst sehr vielen Sängern zur Fahne geeilt sind, waren doch von den noch anwesenden Mitgliedern eine recht stattliche Zahl dem Rufe des Vereins gefolgt. Eingeleitet wurde das Konzert durch Musikvorträge. Recht patriotisch wurde die Stimmung, nachdem der Apollo die ersten, alle dem jetzigen Zeitgeist entsprechenden Volkslieder zu Gehör gebracht hatte. Der zweite Vorsitzende, Herr Klug, hielt eine kurze Ansprache und brachte ein dreifaches Hoch auf den Kaiser aus, worin alle Anwesenden begeistert einstimmten. Mehrere patriotische Lieder wurden gemeinsam gesungen. Einen weiteren Glanzpunkt bildete die Vorführung von lebenden Bildern. Reicher Beifall lohnte die Mitwirkenden, Frau Landrichter Kaufmann veranstaltete persönlich noch eine Sammlung, welche mit den Eintrittsgeldern eine recht stattliche Summe einbrachte. Der Apollo darf mit dem Resultat seiner Veranstaltung nach jeder Hinsicht hin vollkommen zufrieden sein. Die unter der Leitung des Herrn Eschweiler zu Gehör gebrachten Vorträge des Vereins waren trotz der geringen Sängerzahl stimmlich vollwirkend, wie durch Aussprache und Technik erstklassisch, was durch reichen Beifall der Anwesenden anerkannt wurde. Besonderer Dank gebührt allen Mitwirkenden und auch dem Besitzer der Casselsruhe, Herrn Kessel, welcher durch sein Entgegenkommen viel zu dem Gelingen der guten Sache beigetragen hat. 150 Mark konnten für die Zwecke des Roten Kreuzes abgeliefert werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Nach einer grausigen Schlacht, die gestern stattfand, viele Grüße an Euch alle, Ihr Lieben. Wir haben unter schweren Verlusten gesiegt. (...) Kinder, wir haben in der Nacht gebetet. Unser halbes Bataillon ist weg. Zu Eurer Beruhigung nur diese Zeilen. Euer August
(August Macke an seine Ehefrau, Feldpostkarte)
Mittwoch, 2. September 1914
Am Tag zuvor hatte die Schlacht bei Lemberg begonnen, in deren Verlauf sich die österreichisch-ungarischen Truppen zurückziehen mussten und die Festung Przemsyl von den Russen eingeschlossen wurde.
Zur Veröffentlichung der Verlustlisten. Das Oberkommando hat an den Verein deutscher Zeitungsverlegen in Magdeburg ein Schreiben gerichtet, wonach die Zeitungen die Verlustlisten nicht mehr namentlich veröffentlichen sollen, höchstens soweit ein lokales oder provinzielles Verhältnis vorliege. Die Listen selbst werden bei den Landratsämtern usw. ausgelegt. Es ist auch ein besonderes Postabonnement auf die Verlustlisten eingerichtet.
Keine Veröffentlichung von Feldpostbriefen mehr. Uns ist folgende Verfügung zugegangen. „Gemäß Bestimmung des Guvernements (sic) Köln hat mit Rücksicht darauf, daß die Veröffentlichung von Feldpostbriefen wiederholt zur Preisgabe von geheim zu haltenden Einzelheiten über Kriegsgliederungen und Truppenverschiebungen geführt hat, der Abdruck solcher Briefe zu unterbleiben.“
Eine Anzahl erbeuteter französischer Geschütze sind schon in Köln angekommen und werden auf dem Neumarkt aufgestellt. Hoffentlich kommen auch bald einige nach Bonn, wo sie auf dem alten Zoll Kriegsveteranen aus alten Zeiten treffen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Der Wehrbund, dessen Aufruf in dem Anzeigenteil dieses Blattes erscheint, ist, nachdem vorher in engerem Kreise Besprechungen stattgefunden hatten, Montag abend in einer gut besuchten Versammlung im „Krug zum grünen Kranze“ gegründet worden. Er verdankt seine Entstehung der Beobachtung, daß von den zur Fahne einberufenen Reservisten und Landwehrleuten naturgemäß viele den Anstrengungen des Dienstes, namentlich den Anforderungen, die an ihre Marschtüchtigkeit gestellt werden, nicht sofort gewachsen waren, daß sie daher zunächst in größerer Anzahl krank geschrieben werden mussten und erst nach einigen Tagen ihrem Truppenteil zugeschickt werden konnten. Auch an die einberufenen Landstürmer werden Anforderungen gestellt, die sie nicht mehr gewöhnt sind und die sie daher vielfach nur schwer erfüllen können. Ebenso sind endlich für die Freiwilligen und die Ersatzreservisten, die erst jetzt ausgebildet werden, da diese Ausbildung schneller als sonst geschehen muß, die Anstrengungen größer als in Friedenszeiten und können nur von denjenigen gut überstanden werden, die ihren Körper schon vorher gestählt haben. Der Wehrbund will, ohne der militärischen Ausbildung vorzugreifen, allen denen, die sich ihm anschließen, eine solch körperliche Erziehung zuteil werden lassen, daß sie, wenn sie einberufen werden, ihre Pflicht ohne Schwierigkeiten und in vollem Umfang erfüllen können. Er wendet sich also an alle Wehrpflichtigen, d.h. alle Jünglinge und Männer vom 17. bis zum 45. Lebensjahre, die noch ausgebildet werden sollen oder dies schon sind und ihre Einberufung zu gewärtigen haben. Wann und wo der erste Appell stattfindet, ist aus der Anzeige zu ersehen. Wer aus irgend welchem Grunde verhindert ist, zu der angegebenen Stunde zu erscheinen, kann sich auch schriftlich oder mündlich bei einem der Unterzeichner des Aufrufes anmelden.
Die Verlustliste Nr. 16 wird soeben ausgegeben. (...) Ferner starben den Heldentod für das Vaterland Alexander Weyermann, Königl. Forstassessor und Leutnant der Reserve des westf. Jäger-Bat. Nr. 7, aus Bonn, und Beigeordneter Hoffmann, Leutnant d. R.. Er war genau ein Jahr lang als Beigeordneter in Godesberg tätig.
70.000 Russen gefangen. Beim Lesen dieser Siegesnachricht an unseren Schaufenstern wurden, wie immer, mehr oder minder gute Witze gerissen, die sich alle darum drehten, was wir „mit all’ denne Käels“ anfangen sollen und wie sie zu beköstigen seien. Einer meinte: „Donnewädde, do moß ävve ne ganze Gasometer voll Aehzezupp für jekoch wäede, öm die all satt ze krise.“ Ein anderer schlug vor, man solle eine „Billige Woche“ veranstalten und drei Russen für 95 Pfg. abgeben. Bei Mehrabnahme könne man ja noch einen Franzosen oder Engländer drauf geben.
Die Wache im Feuerwehrgebäude ist infolge der Einziehung der Feuerwehrmannschaften zum Militär tagsüber um drei Mann ergänzt worden, damit im Falle eines Brandes der Auto-Mannschaftswagen besetzt werden kann. Dadurch entstehen täglich 12 Mk. Kosten. Der am Freitag tagende Stadtrat wird um Bewilligung der Mittel ersucht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Aufklärung dringend erwünscht. Kann vielleicht jemand sagen, wie es kommt, daß die deutschen Soldaten, Väter, Söhne, Brüder usw., von ihren Angehörigen keine Nachricht erhalten? Zum Teil sind sie doch schon vier Wochen fort. Manche Karte und manchen Brief hat man ihnen geschrieben, um zu erfahren, wie es ihnen geht, und manche Erfrischung wurde ins Feld geschickt, aber man erfährt nicht, ob die Sachen dort angekommen sind. Hier und da kommt eine Karte hier an, auf der ganz trostlos geschrieben steht: „Warum schreibt Ihr nicht, schreibt doch, wie es Euch geht“, oder „Habe bis jetzt noch nichts von Euch erhalten!“ Sollte die Post oder die Heeresverwaltung so sehr in Anspruch genommen sein, daß sie nicht imstande sind, die Nachrichten oder die kleinen Erfrischungen den Tapferen ins Feld nachzusenden? Wenn dies zutrifft, dann müssten die Angehörigen doch von dieser Tatsache in Kenntnis gesetzt werden, um nicht unnützes Geld auszugeben. Einer für viele.
Sport und Krieg. Im General-Anzeiger, der mich auch im Kriege über die Ereignisse und Neuigkeiten meiner Vaterstadt auf dem Laufenden hält, lese ich eben die Sprechsaal-Bemerkung über die sportliche Betätigung junger Bonnerinnen in diesen Zeiten. Ich möchte das abfällige Urteil des Herrn Einsenders umso weniger unwidersprochen lassen, als ich in den letzten Tagen wieder und wieder feststellen konnte, um wie vieles widerstandsfähiger, ausdauernder und gewandter im allgemeinen der turnerisch oder sportlich vorgebildete Soldat ist. Diese durchaus nicht vereinzelte Erfahrung bestärkt mich in der Auffassung, daß der Sport eine vaterländische Notwendigkeit darstellt, die herabzusetzen und bespötteln der Herr Einsender keinen ungünstigeren Zeitpunkt hätte auswählen können, als den gegenwärtigen. Pro patria est, dum ludere videmur. H. O. S., III. Arm.-Bat., 4. Komp.
Zigeuner. Seit etwa acht Tagen lagert an der Kölner Chaussee in der Nähe des Friedhofes auf einem früheren Ziegelfelde eine zahlreiche Zigeunerbande. Während die Männer tagsüber schmauchend und Branntwein trinkend unter oder in den Wagen liegen, belästigen die Mädchen und Frauen der Bande durch ihre dreisten Betteleien die Vorübergehenden. Eine Alte aber bietet gegen „weißes Geld“ ihre Kunst im Wahrsagen und im Kartenlegen an, und man muß sich wundern, wie jemand in der gegenwärtig ernsten Zeit noch Geld für solchen Unfug hat. Am Sonntag nachmittag besichtigten mehr als 80 Personen das Lager der Zigeuner und viele davon gingen auf den Leim ein, gegen Entgeld von 50 Pfennig einen Blick in die Zukunft zu tun. Die Dummen werden nicht alle. Wir fragen nun: Warum werden die drei starken jungen Männer, die bei der Bande sind, nicht zwangsweise zum Militärdienst herangezogen? Wenn dies aber nicht angängig ist, warum wird die ganze Bande nicht ausgewiesen, da sie doch nur vom Betteln und vom Diebstahl lebt? Ein Familienvater, der drei Söhne im Heer hat.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Kriegshilfe. Aus weiten Kreisen der Bürgerschaft ging an die Stadtverwaltung die Anregung, in der Stadt eine Sammlung für Kriegshilfe zu veranstalten. Die Not in den Familien der zum Heer Einberufenen ist in zahlreichen Fällen groß; auch mittelbar leiden viele Bonner an den Folgen des Krieges, der ihnen die zur Lebensunterhaltung nötigen Einnahmen nimmt, oder erheblich mindert; manche Wohltätigkeitseinrichtungen, deren Tätigkeit gerade in dieser Zeit dem Gemeinwohl besonders nutzbringend ist, bedürfen weiterer Mittel. Die vom Reich und der Gemeinde zu gewährenden Unterstützungen sind oft nicht ausreichend, um eine Familie vor Not zu schützen, auch gibt es zahlreiche Fälle, wo diese Unterstützungen nicht eintreten können und doch nach Lage der Sache Hilfe dringend geboten ist. Es ist daher erforderlich, durch private Zuwendungen reichliche Mittel für diese Zwecke zu sammeln, und zwar möglichst bald. Aus diesen Erwägungen wird den Stadtverordneten vorgeschlagen, sofort mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit zu treten, als Zahlstellen für die Sammlungen die städtische Sparkasse und die hiesigen Großbanken zu bestimmen und die Verwendung der eingehenden Beträge einem aus Stadtverwaltung, Stadtverordneten und Bürgern zu bildenden Ausschuß zu übertragen, der in enger Fühlung mit dem bereits bestehenden städtischen Unterstützungsausschuß seine Tätigkeit ausübt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
An unsere Jugend.
Wer in dieser schlimmen Zeit nicht große Opfer bringt, der kennt die Zeit nicht und handelt nicht pflichtgemäß. Was sind es aber für wichtige Opfer, welche ein jeder ohne Ausnahme bringen muß? Unser innigstgeliebter, erhabener Kaiser hat es allen seinen Untertanen warm ans Herz gelegt, daß hinter der Armee von Streitern eine Armee von Betern stehen müsse. Die Gottesdienste sind wohl besser besucht, als seither, aber die Scharen der Jugend vermißt man schmerzlich. Möchten doch die Eltern für zeitiges Schlafengehen und frühzeitiges Aufstehen derselben sorgen, daß sie mit Rosenkranz und Gebetbuch unter Andacht einer hl. Messe beiwohnten! Das Gebet der Kinder durchdringt die Wolken! Eltern, geht euren Kindern mit gutem Beispiel voraus, das wird den Streitern im Felde helfen! Wie schön wäre es, wenn die altchristliche Sitte wieder Platz griffe: Lautes Tischgebet, abends gemeinschaftlicher Rosenkranz. In der werktätigen Liebe eifere man so, daß man die Witwe im Evangelium zu erreichen suche! Freudig verzichte man auf Kleiderpracht, leckere Mahlzeiten und Vergnügungen, dann winkt die Siegespalme bei uns und auf den Schlachtfeldern! Ein alter Kriegsveteran.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Donnerstag, 3. September 1914
Am Vortag waren deutsche Truppen bis an die Marne vorgedrungen und standen damit kurz vor Paris. Im Osten hatten russische Truppen Lemberg besetzt.
Eine Lese- und Schreibstube für unsere Verwundeten errichtet heute um 2 Uhr der Freiwillige Hilfsausschuß in dem zu diesem Zwecke freundlichst zur Verfügung gestellten Ruckerschen Hause, Markt 34. Die Ausstattung mit Stühlen und Tischen wird der Städt. Verwaltung verdankt. Die Lesestube ist täglich von 9 bis 12 Uhr und von 2 bis 6 Uhr geöffnet und bietet zahlreichen Leichtverwundeten außer den neuesten Zeitungen und Zeitschriften auch anderen Lesestoff an Büchern und Zeitschriften. Gleichzeitig ist Gelegenheit zum Schreiben gegeben. (...)
Eine Bitte des Rheinischen Jäger-Bataillons: Wir werden um Aufnahme des folgenden gebeten: „Die unterzeichnete Abteilung nimmt Liebesgaben für das Rheinische Jäger-Bataillon Nr. 8 entgegen. Besonders gewünscht sind Strümpfe, Fußlappen usw. (...)“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Sedantag. Den ganzen Tag über stand gestern die Sonne in heller Schönheit am blauen Himmel. In den Straßenzeilen wogten bunte Fahnen, und viele Menschen, die den Tag ausnutzten, sah man mit patriotischen Abzeichen. Man hatte – eben weil der Tag so schön und weil es eben Sedantag war – noch eine recht schöne Siegesnachricht erwartet. Als Vorspeise vielleicht zu der noch kommenden „Sedanstag-Siegesmeldung“ kam die Nachricht, daß die französische Feste Givet gefallen sei. Auch diese Nachricht wurde mit Befriedigung aufgenommen. Einige Lokale veranstalteten patriotische Konzerte, und vor dem Kaiser Wilhelm-Denkmal war, wie bereits erwähnt, ein großer Lorbeerkranz mit schwarz-weißer Schleife niedergelegt worden.
Daß die Bürgerschaft noch auf eine besondere Siegesnachricht wartete, bewies der Umstand, daß sich bis zur späten Abendstunde ein über tausendköpfiges Publikum vor unserer Geschäftsstelle angesammelt hatte. Es lag so etwas von einem deutschen Erfolge in der Luft. Man fühlte es gleichsam bis in die Fingerspitzen. Und in der Tat, so war’s. Gegen ½ 9 Uhr rasselte das Telephon und meldete, daß zehn französische Armeekorps zwischen Reims und Verdun zurückgeworfen und verfolgt worden seien. Diese Nachricht, die bald durch Extrablätter bekannt gegeben wurde, weckte ungeheure Begeisterung, die sich zu patriotischen Kundgebungen steigerte. Mit ganz besonderer Freude wurde dabei die Nachricht aufgenommen, daß sich unser Kaiser selbst auf dem Schlachtfelde befindet. Bis spät in die Nacht hinein waren die Straßen belebt mit einer begeisterungsfreudigen Menschenmenge.
Auf dem Felde der Ehre sind aus Bonn gefallen: Leutnant Hans Heidermanns, Einj.-Freiw. Oskar Hupe und Einj.-Freiw. stud. med. Hermann Müller.
Keine öffentlichen Tanzbelustigungen. Dem Ernste der Zeit entsprechend wird darauf hingewiesen, daß mit einer Erlaubnis zur Abhaltung öffentlicher Tanzbelustigungen bis auf Weiteres nicht gerechnet werden darf und daß gegen alle Umgehungsversuche strenge vorgegangen wird.
Ein Wiedersehen! Auf dem Marktplatz trafen gestern morgen unvermutet zwei Verwundete zusammen, die, der Sprache nach, aus einem Dorfe der näheren Umgebung stammten. Einer trug den rechten Arm in einer Binde, während der andere Kopf- und Beinverletzungen hatte. Der erstere reichte seinem Kameraden die gesunde linke Hand und erkundigte sich nach dessen Befinden. Dann deutete er auf seinen verwundeten Arm und meinte: „Es ist ne Schande, so kurz vor Paris, und da schießen einem die Lumpen die Knochen kaputt.“ Trotz der sichtlich schweren Verletzungen entgegnete sein Freund: „Den Einzugsmarsch in Paris machen wir doch mit, in der Zeit sind wir wieder so weit hergestellt.“
Vaterländischer Volksabend. Ueber der besten, hehrsten und weihevollsten Feiern eine, die wir je bisher erlebten, haben wir zu berichten. Ein Abend, der eine Erinnerung an die Heldentat auf Sedans Feldern sein sollte, der uns aber die überwältigenden, Herzen brennende Kunde von einem vielleicht noch größeren Siege deutscher Waffen brachte … ein ewig unvergeßlicher Augenblick. – Als Einleitung die Kaiserhymne. Dann ein Vorspruch (von unserem Mitbürger Julius Steinberg) , der in kurzen, kraftgewaltigen, inhaltsschweren Worten alles das kennzeichnete, was heut jeden Deutschen bewegt. Er sagte: Die Siegesfanfaren schmettern, das Volk steht auf, … neu ist geschmiedet der Einheit Band … Der Feinde sind überviele, aber „Wir wollen sie dreschen!“ Und wir werden sie dreschen! Denn ein Gedanke, ein Tun und Trachten nur noch gibt es: das deutsche Vaterland! (Herrn Wittmanns Vortrag dieses Spruches war in jeder Hinsicht hervorragend.) – Ein gemeinsamer Gesang: „Deutschland, Deutschland über alles“, in den alle die vielen, vielen Zuhörer mit einer ruhigen, aber tief-innerlichen und stolzen Begeisterung einstimmten. Prof. Dr. Hashagen entrollte weiterhin in anschaulicher Weise ein Bild der Kriegslage. Er leuchtete hinein in die lügenerfüllten Intrigen, in die schamlosesten Verstöße gegen jedes göttliche und menschliche Gesetz. Gesindel ringsum. Aber dennoch: Hoch unseren Mut, hoch unser Vertrauen, denn eben unser, nur unser und unser teuren Verbündeten ist die gerechte Sache. Ein kurzer Rückblick auf Sedan. „Hoffentlich aber erleben wir noch ein englisches Sedan“; und dieser Ausruf löste spontanen, tosenden Beifall aus. Und danach die neue Siegesbotschaft … Darauf spendete Frau Landrichter Dr. Kaufmann, der wir an dieser Stelle schon öfters lobende Zeilen widmen durften, einige Lieder, von denen besonders das Lied Klärchens aus Goethes „Egmont“ von Beethoven große Anerkennung finden mußte und fand. Mit einer Novelle des Prinzen von Schönaich-Carolath, die die Ruhmsucht, die Grausamkeit und die Zuchtlosigkeit vieler franzmännischer Soldaten brandmarkt, erfreute Dr. Wilrath Dreesen die Hörer. Und eine patriotische Marschfolge „Soldateska 1870/71“, von H. Sauer schwungvoll und schneidig vorgetragen, schloß stimmungsvoll den erträgnisreichen Abend.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Siegestrophäen. Im Schaufenster der Firma J.J. Reeb in der Poststraße sind eine Reihe von Waffen ausgestellt, die im gegenwärtigen Kriege unseren Feinden abgenommen worden sind, auch solche von Franktireurs.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Das rote Kreuz in Bonn.
Zu den Vorbereitungen, die die Vereine vom Roten Kreuz im Frieden treffen, um mit dem Eintritt der Mobilmachung gerüstet zu sein, gehören unter anderem: die Ausbildung von Sanitätskolonen, die Einrichtung von Vereinslazaretten, die Uebernahme einzelner Verwaltungszweige in staatlichen Lazaretten (Wäsche und Küche), die Gestellung von Pflegepersonal und die Einrichtung von Verbands- und Erfrischungsstellen. Diese Vorbereitungen waren auch in Bonn geschehen.
Nach Eintritt der Mobilmachung haben sich dann zur Vermeidung einer Zersplitterung von Hilfskräften und freiwilligen Spenden der Zweigverein vom Roten Kreuz für den Stadt- und Landkreis Bonn, der Vaterländische Frauenverein Stadtkreis Bonn und der Freiwillige Hilfsausschuß zur Verpflegung durchfahrender Truppen zu gemeinsamer Arbeit zusammengeschlossen.
Zuerst mußte die Erfrischung und Verpflegung durchfahrender Truppen einsetzen. Alle am Tage und in der Nacht durch Bonn fahrenden Militärzüge wurden in der Weise verpflegt, daß den Truppen kalte und warme Getränke (Kaffee, Tee, Mineralwasser), belegte Brote, Zigarren usw. verabreicht wurden. Eine Maßnahme, die bei unsren braven Kriegern großen Anklang fand und ihnen namentlich an heißen Tagen viel Erquickung brachte.
Dann wurde im Hause Luisenstraße Nr. 6 ein Vereins-Lazarett eingerichtet, das mit 23 Betten und allem Zubehör eines neuzeitlichen Krankenhauses, Operationszimmer usw. eine besonders freundliche Stätte für die armen Verwundeten ist.
Bald trafen die ersten für die Lazarette in Bonn bestimmten Verwundeten ein; zuerst kleinere Trupps, dann ganze Züge, die oft über 400 Kranke mit sich führten. Um eine einwandfreie Ausladung und Beförderung der Verwundeten nach den hiesigen Lazaretten durchzuführen, wurde der Eilgutsschuppen nördlich der Viktoriabrücke für diese Zwecke hergerichtet und mit Verbandsmitteln und einem Erfrischungsraum versehen.
Die Ausladung der Krankenzüge erfordert eine sehr gewissenhafte und umfangreiche Verwaltung. Diese ist jedoch durch viele in uneigennützigster Weise sich in den Dienst gemeinsamer Arbeit stellende Mitbürger glücklich gelöst worden. Die Sanitätskolonne vom Roten Kreuz, die freiwillige Krankenträgerkolonne und die Krankenträgerkolonne unserer Feuerwehr haben sich dort vereinigt, um die Kranken aus den Zügen auszuladen und nach den eingerichteten Reserve-Lazaretten zu bringen.
Ein Stab von Aerzten unter Leitung des Direktors der Reservelazarette in Bonn, Herrn Generaloberarzt Dr. Jäger, ist anwesend, um jeden Verwendeten sofort zu untersuchen und ihn je nach seiner Beschädigung dem geeigneten Lazarett zu überweisen. Zwischendurch sorgt die Erfrischungsmannschaft für Verpflegung und die Schwestern und Helferinnen für Erquickung der Verwundeten. Soweit es möglich ist, werden die Verwundeten mit Fahrgelegenheiten nach den Lazaretten gebracht. Diese Fahrgelegenheiten werden durch besonders eingerichtete Straßenbahnwagen, Möbelwagen, den Kraftwagen der Feuerwehr und andere Kraftwagen in glücklicher Weise unterstützt.
Zur Zeit sind in Bonn 4 Reservelazarette vorhanden, denen zunächst fast alle vorhandenen Krankenhäuser und die Universitätskliniken zugeteilt sind. Außerdem sind besonders für diese Zwecke hergerichtet: das Vereinslazarett in der Luisenstraße, die Beethovenhalle, das Wilhelm-Augusta-Stift, das Erzbischöfliche Konvikt Leoninum, das Kollegium Albertinum, die Erziehungsanstalt St. Josef auf der Höhe und ein Privatlazarett von Frau Schürmann, Koblenzerstraße 67. Ferner ist das städtische Kontagienhaus für übertragbare Krankheiten eingerichtet.
Damit stehen in diesen Lazaretten annähernd 2000 Betten zur Verfügung, denen alle neuzeitlichen Hilfsmittel der Kriegschirurgie in vollendetem Maße zuteil werden können. Das erforderliche Pflegepersonal, Schwestern, Helferinnen und Krankenpfleger, wird teilweise vom hiesigen Zweigverein des Roten Kreuzes und von dem Vaterländischen Frauenverein gestellt. Mit Rücksicht auf die kurze Zeit, in der alle diese umfangreichen, wohldurchdachten Einrichtungen geschaffen wurden, kann man von einer geradezu erstaunlichen Leistung sprechen. Unsere Stadt ist gut gerüstet gewesen!
Während so für die in Bonn bleibenden Verwundeten und deren Beförderung nach den Krankenhäusern gut gesorgt ist, mußte andererseits Vorsorge getroffen werden, um die durch Bonn durchfahrenden Krankenzüge vorschriftsmäßig zu behandeln. Auch dies ist geschehen, dadurch daß an der Weststraße eine Verbands- und Erfrischungshalle eingerichtet ist.
Bevor auf den Zweck und die Einrichtung dieser Halle eingegangen wird, seien einige Ausführungen über die Beförderung der Verwendeten aus der Gefechtslinie gemacht. Die Verwundeten werden zunächst nach den Truppenverbandsplätzen gebracht, die zur Sammlung der Verwendeten dienen. Dort werden die ersten Verbände und unaufschiebbaren Operationen vorgenommen. Hinter diesen Truppenverbandsplätzen liegen die Hauptverbandsplätze, auf denen den Verwundeten ärztliche Hilfe in größerem Umfange geleistet werden kann. Von beiden Verbandsplätzen werden dann die marschfähigen Verwundeten nach den weiter zurückliegenden Leichtverwundeten-Sammelplätzen gebracht und von dort entweder zum Truppenteil oder nach dem nächsten Etappenort abgesandt. Die übrigen Verwundeten werden mittels der Krankenwagen, leeren Lebensmittelwagen usw. oder beigetriebenen Fahrzeugen in die Feldlazarette befördert. Dort bleiben sie, bis ihr Zustand ein weiteres Zurückbringen ermöglicht. Um die Feldlazarette von den nicht beförderungsfähigen Kranken wieder frei zum Weitermarsch nach der Gefechtslinie zu machen, werden Kriegslazarette eingerichtet. Diese Kriegslazarette liegen daher schon an festen Punkten hinter der Gefechtslinie. Eine schnelle Räumung der Lazarette des Kriegsschauplatzes ist die erste Vorbedingung für die glatte Abwicklung des gesamten Kriegs-Sanitätsdienstes. Daher werden die Verwundeten aus diesen Kriegslazaretten auch so bald wie angängig, nach den sogenannten Reservelazaretten überführt, die in großer Zahl auf der ganzen, hinter der Front liegenden Etappe (Aufmarschlinie) vorhanden sind. Der Anfangspunkt für unsere Etappe ist. z.B. Hannover und an den Verbindungslinien zwischen Hannover und den Kriegslazaretten befinden sich die Reservelazarette. Nach diesen Reservelazaretten werden die Kranken durch die Lazarettzüge, die Hilfslazarettzüge und die Krankenzüge befördert. Die Lazarettzüge bestehen zumeist aus etwa 40 Wagen. Es sind Wagen 4. Klasse, die als Durchgangszug gekuppelt und in denen die Kranken in Betten untergebracht sind. Für die Aufhängung der Betten sind schon zu Friedenszeiten Gestelle hergerichtet, die nur in den Wagen aufgestellt werden, um zur Aufnahme der Betten und Tragbahren bereit zu sein. Die Züge sind mit Küchenwagen, Operationswagen und Verbandswagen und dem nötigen Arzt- und Pflegepersonal versehen. Die Hilfslazarettzüge sind ähnlich eingerichtet, jedoch fällt hier zumeist der Verpflegungswagen und Verbandwagen fort, auch ruhen die Kranken nicht in Betten, sondern auf Tragbahren. Beide Züge haben etwa 300 Lagerstellen. Die Krankenzüge werden nach Bedarf aus Personenwagen aller Klassen zusammengestellt. Ihnen wird kein Arzt mitgegeben, sondern nur Pflegepersonal, welches meistenteils als Transportführer bestimmt ist. Alle Hilfslazarett- und Krankenzüge unterbrechen die Fahrt an den von den Etappenbehörden schon zur Friedenszeit vorgesehenen Verbands und Erfrischungsstellen, um dort verpflegt und soweit notwendig, ärztlich behandelt zu werden. So ist auch die Verbands und Erfrischungstelle für diesen Zweck bestimmt und eingerichtet. In ihr sind also die Kranken und Verwundeten ärztlich zu behandeln, zu verbinden, zu erfrischen und zu verpflegen, um sie dann nach den im Etappengebiet weiter rückwärts liegenden Reservelazaretten zu befördern. Eine Vorbedingung für die Errichtung der Verbandsstelle ist ein am Orte befindliches Reservelazarett. Denn es ist notwendig, Kranke, deren Zustand sich verschlimmert hat und die eine Fortsetzung der Fahrt nicht mehr vertragen, auszuladen und in dem Reservelazarett unterzubringen; auch hat dieses mit den Kranken zu geschehen, bei denen sich während der Fahrt Anzeichen einer übertragbaren Krankheit eingestellt haben.
Im allgemeinen muß es als Grundsatz gelten, daß die Leitung der Verbands und Erfrischungsstelle alles aufbietet, damit die zur Ueberführung nach den weitergelegenen Reservelazarette bestimmten Verwundeten und Kranken auch in erträglichem Zustande bis an ihr Ziel geführt werden können.
Der Umfang der Einrichtung und die Ausgestaltung der Halle in Bonn ist so getroffen, daß vollbesetzte Krankenzüge mit etwa 800 Kranken in kurzer Zeit erfrischt und ärztlich versorgt werden können. Für diesen Zweck ist eine große Speisehalle mit anschließender Küche, Spülküche und Vorratsraum vorhanden. Die Speisehalle, die mit Tischen und Bänken versehen ist, bietet zu gleicher Zeit 500 Soldaten Gelegenheit zum Mittagessen. An die Speisehalle gliedert sich der Verbinderraum, der die gesamten ärztlichen Geräte, Verbandsmittel, Apothekengeräte, Arzneimittel aufnimmt und an den ein Zimmer für unaufschiebbar operative Eingriffe angeschlossen ist. Neben dem Verbinderaum sind dann noch Räume für den Arzt, für die Leitung der Erfrischungshalle und für das Personal vorgesehen. Da ein Krankenzug in spätestens 45 Minuten verpflegt und ärztlich behandelt werden muß, so läßt sich ermessen, welche Anforderungen an das gesamte Personal gestellt werden. Neben mehreren Aerzten unterstützen Schwestern und Helferinngen die Verbindearbeit. Die Leitung des Verbinderraumes hat Professor Leo, unterstützt von mehreren Aerzten, übernommen.
Krankenträger besorgen die Beförderung der Verwundeten per Speisehalle und zum Verbinderaum, soweit sie in ihrer Fortbewegung behindert sind. Eine große Zahl von Mitbürgerinnen, an deren Spitze Frau Justizrat Conzen steht, führt den Wirtschaftsbetrieb. In vier großen Kesseln kann etwa 1000 Liter schmackhafte Kost bereitet und den Truppen in der Halle verabfolgt, oder denjenigen, die die Züge nicht verlassen können, in die Züge selbst gebracht werden. Die Kranken werden bei der Nahrungsaufnahme, beim Waschen usw. unterstützt; das Gleiche geschieht auch beim Briefschreiben an ihre Angehörigen. Ein eigener Briefkasten sorgt für schnelle Beförderung der Ansichtskarten, denn nur solche schätzen unsere Vaterlandsverteidiger.
Die übersichtliche Anordnung, die große Sauberkeit und abends die tageshelle Beleuchtung der Halle finden bei den Verwundeten ungeteilten Beifall. Dankerfüllten Blickes loben sie die Einrichtungen und die gute Verpflegung. Wer aber die Tätigkeit beim Wechseln der Verbände beobachtet hat, wer die Schwierigkeiten geordneter Wundbehandlungen und die Erleichterung, die dadurch den Kranken bereitet werden, kennt, der mag in erster Linie den Segen ermessen, den solche Einrichtungen im rauhen Kriege bringen können!
Auch Ihre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe bekundet der Anstalt ihr hohes lebhaftes Interesse und ist fast bei den meisten Krankenzügen anwesend, um in huldvoller Weise die Soldaten durch Liebesgaben oder durch ihre Unterschrift auf Postkarten zu erfreuen. Dabei bricht dann oft der Humor über seine Grenzen.
Wenn aber die Züge den Bahnhof verlassen und die Truppen trotz aller Verwundungen siegesbegeistert aus rauhen Kehlen einstimmen in den zum nationalen Choral anschwellenden Sang:
Es braust ein Ruf wie Donnerhall
Wie Schwertgeklirr und Wogenprall
Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein,
Wir alle wollen Hüter sein!
Dann sind alle die freiwilligen Helfer und Helferinnen reichlich belohnt für ihre Liebesmühe. Sie wissen, daß sie den braven Söhnen unseres Vaterlandes ihre Leiden auf kurze Zeit gelindert haben!
(Deutsche Reichs-Zeitung)
Der gleiche Artikel erscheint am folgenden Tag im General-Anzeiger, wobei als Verfasser der städtische Beigeordnete Piehl angegeben wird.
Freitag, 4. September 1914
Die Theaterfrage
Sollen wir in diesem Winter Theater spielen? – Diese Frage, die in den letzten Wochen für die meisten deutschen Städte entschieden werden musste, beginnt nun auch für Bonn zur Entscheidung zu drängen. Wir haben nur noch wenige Wochen bis zu dem Tage, an dem die Spielzeit beginnen soll. Länger können die Künstler nicht im Ungewissen bleiben. (...) Gewiß, wir haben Krieg, und viele, sehr viele von uns sind dadurch auch wirtschaftlich vor harte und grausame Notwendigkeiten gestellt. Das gibt uns aber doch wohl kein Recht zu unnötiger und überflüssiger Härte gegen andere. Und daß die Schließung des Theaters eine unnötige Härte gegen unsere Schauspieler sein würde, das scheint nicht schwer nachzuweisen.
Was spricht denn eigentlich gegen die Eröffnung der Theaterspielzeit? Die Gründe, die hier angeführt werden, lassen sich in zwei Gruppen teilen. Da sind einmal Erwägungen wirtschaftlicher Art. Man sagt, in einer Zeit, in der alle Kräfte zusammengehalten werden müssen, um für das Notwendige und Unentbehrliche die Mittel aufzubringen, dürfe man weder den städtischen noch den privaten Etat mit überflüssigen Ausgaben belasten. Wobei nun freilich gleich zu fragen wäre, ob denn ein Geld, das für das Theater aufgewendet wird, wirklich ohne weiteres als überflüssige Ausgabe zu buchen sei. Damit wäre man dann schon bei jener zweiten Gruppe von Gründen gegen das Theater angelangt. Es sind Bedenken, die man vielleicht „moralische“ nennen könnte, obwohl sie mit Moral nichts zu tun haben, sondern ganz einfach ein Missverständnis sind. Man sagt, es gehe nicht an, in diesen schweren Zeiten des Krieges, der Kriegspflichten und der Kriegsopfer Theater zu spielen. Wäre das Theater nichts anderes als eine Stätte leichter und seichter Unterhaltung, eine Art billiger und oberflächlicher Zerstreuung, dann hätten gewiß die recht, die in den schweren und ereignisvollen Zeiten, die jetzt über uns stehen, das Theaterspielen und den Theaterbesuch empfinden wie eine Taktlosigkeit und eine schlecht angebrachte Frivolität. Aber ich denke, die wissen wenig vom deutschen Theater und noch weniger von der deutschen Dichtung, die diese Meinung ernsthaft vertreten. (...) Es gibt Dramen von Schiller und Hebbel, von Grillparzer und Heinrich v. Kleist und von Goethe, in denen die Kraft der Seele, die Glut und Flamme der Empfindung und der ganze hinreißende deutsche Idealismus lebt und brennt und wirkt, der nun auch draußen auf den Schlachtfeldern mithilft, unsere Siege zu erfechten. (...)
Vaterländische Reden und Vorträge. Der erste Abend, der unter dem Vorsitz des Rektors der Universität stehenden Vereinigung für vaterländische Reden und Vorträge findet am nächsten Montag, den 7. September, abends 8 ¼ in der Aula des städtischen Gymnasiums in der Doetschstraße statt. Herr Professor Dr. Karl Sell, der Vorsitzende des Arbeitsausschusses, wird den ersten Vortrag halten über Recht und Würde des Krieges. (...)
Vaterländischer Volksabend veranstaltet von der Bonner Sozialen Wohlfahrts-Vereinigung. Ein Vaterländischer Volksabend am 2. September 1914. Es ist freilich eine Sedanfeier ganz eigener, ja einziger Art. Denn alles, was vor so vielen Jahren die Deutschen ergriff und erschütterte, was sie mit Stolz und Freude, mit einer stillen Trauer und der starken tiefen Begeisterung erfüllte, was das Beste zur Reife brachte und ein ganzes Volk über sich hinaushob, daß jeder einzelne die Wiedergeburt und den Feiertag seines Ichs erlebte: Das alles will nun von neuem auferstehen und gesteigert ins Riesengroße, dreifach Gewaltige Besitz von uns nehmen. Die Kunde, daß unsere Fahne siegreich und der Ansturm unserer Heere unüberwindlich, die stolze Freude über den Mut unserer Soldaten und die Manneszucht unserer Truppen und über dem allen das große, dankbare und andächtige Staunen, daß aus unserer deutschen Heimat, die sonst von einem Volke schlichter, arbeitsamer Bürger bewohnt ist, in der Stunde dunkler Gefahren ein Heer von Helden losbricht, alles ist wieder wie ehemals. (...)Das ist der Sedantag 1914, an dem alles, was über unser deutsches Vaterland gesagt wurde, die erhöhte Bedeutung gewinnen mußte. (...)
Keine Tanzbelustigung. Das Landratsamt gibt bekannt: „Dem Ernst der Zeit entsprechend wird darauf hingewiesen, daß mit einer Erlaubnis zur Abhaltung öffentlicher Tanzbelustigungen bis auf weiteres nicht gerechnet werden darf und daß gegen alle Umgehungsversuche strenge vorgegangen wird.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Herr Generaloberarzt Professor Dr. Jaeger teilt uns folgendes mit:
Aus zahlreichen hierher gelangenden Anfragen ist ersichtlich, daß in Bonn die Meinung verbreitet ist, die hiesigen Lazarette seien überfüllt. Dies ist durchaus unrichtig. Durch regelmäßigen Abschub der transportfähigen Kranken wird dafür gesorgt, dass besonders die größeren Krankenhäuser stets reichlich Raum für zu erwartenden Transport Schwerverwunderter bieten. Die Leichtverwundeten werden zur Zeit noch tunlichst landeinwärts verteilt. Eine Belegung der hiesigen Privatpflegestätten, die sich angeboten haben, darf den Bestimmungen gemäß nicht unmittelbar vor den eintreffenden Transporten erfolgen und ist erst dann zulässig, wenn die jetzt hier liegenden Schwerverwundeten soweit hergestellt sind, daß sie der strengen Krankenhausbehandlung nicht mehr bedürfen. Die Vereinslazarette und Privatpflegestätten werden den Reservelazaretten angegliedert, damit die Uebersicht und Kontrolle über die Verwundeten gesichert bleibt. Aus dem gleichen Grunde dürfen auch Verwundete sich nicht in ihren Familien – sei es hier oder anderswo – behandeln lassen, sondern müssen in den genannten, unter Aufsicht der Militärverwaltung stehenden Unterkunftsstellen behandelt werden.
Die in leichtfertiger und gewissenloser Weise ausgestreuten Behauptungen von Bevorzugungen der französischen oder belgischen Gefangenen seitens der militärärztlichen Pflege weise ich zurück und werde jede derartige Verleumdung auf dem gesetzlichen Wege rücksichtslos verfolgen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die ganze Bestialität der Belgier hat leider auch ein junger Offizier, der Sohn eines Kölner Bürger, auskosten müssen. Der Bejammernswerte war schwer verwundet, beide Beine von feindlichen Kugeln getroffen. Hyänen des Schlachtfeldes überfielen ihn später und raubten ihn vollständig aus. Da es ihm gelang, einen der Räuber mit dem Revolver zu verwunden, fielen noch andere Personen, darunter auch ein Weib, über ihn her, stachen ihn, wahrscheinlich mit einer Heugabel, in den Rücken, daß das Gedärme heraustrat und versetzten ihm einen Stich in den Unterleib, der die Blase traf. Der Unglückliche wurde bewußtlos und völlig nackt in einer Düngergrube aufgefunden. Man brachte ihn in ein Lazarett, von wo sein herbeigeeilter Vater seine Ueberführung mittels Automobils nach Bonn veranlaßte. Dort liegt er in dem von Prof. Garré geleiteten Spital. Hoffentlich gelingt es dem berühmten Chirurgen, den natürlich tödlich Verwundeten zu retten und zu heilen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
(...) Wir sind in den letzten Tagen viel durch diese sonnige Gegend gelaufen. Wie der Teufel hinter den Franzosen, die ganz zersprengt vor uns herlaufen. Alle Augenblicke fangen wir welche. Unsere Kerls saufen Sekt und tragen frische französische Damenunterwäsche. Bei allem Elend muß man oft lachen. Wir rasten hier. Feindliche Granaten platzen über uns. Wir sind über Chalons südlich hinausgegangen. (...) Ich denke viel an Euch alle. Hoffentlich ist bald Frieden. (...)
(August Macke an seine Frau Elisabeth, Feldpostkarte aus Marson)
Samstag, 5. September 1914
Die deutschen Truppen haben Reims und Amiens erobert, ein militärischer Erfolg, der von den Bonner Zeitungen bejubelt wird.
Der Zweigverein Bonn des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins hat an den stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrats der A.G. Grand Hotel Royal eine Eingabe gerichtet, den Namen des Gasthofes zu ändern. Wir können wegen Raummangel den Wortlaut dieser Eingabe erst morgen veröffentlichen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
In der gestrigen Stadtverordnetensitzung wurde nach einer Ansprache unseres Oberbürgermeisters einstimmig beschlossen, eine Sammlung für Kriegshilfe in der Stadt zu veranstalten, um die Not in den Familien der zum Heer Einberufenen und sonstigen Bürger, die an den Folgen des Krieges leiden, zu lindern. (…) Der für die geheime Sitzung vorgesehene Punkt der Tagesordnung: Theaterbetrieb für den kommenden Winter wurde in öffentlicher Sitzung verhandelt. Es entspann sich eine sehr lebhafte Aussprache namentlich darüber, ob der Theaterbetrieb in diesem Winter eröffnet werden solle oder nicht. Der Oberbürgermeister war in einer längeren Ansprache gegen eine Eröffnung der Spielzeit und begründete dies damit, indem er auf den Ernst und die Not der Zeit und auch auf die finanzielle Lage der Stadt hinwies. Hierbei trat der Verwaltungschef mit Nachdruck der Aeußerung des Herrn Oskar Simon entgegen, daß in der jetzigen Zeit in Bonn frivole Unterhaltung aufgesucht [werde]. Ein Vertagungsantrag wurde abgelehnt und schließlich die Vorlage der Theaterkommission angenommen, die eine Eröffnung des Spielbetriebs auf beschränkte Zeit vorsieht.
Stadttheater-Konzert zum Besten der im Felde stehenden Bonner Bürger und deren Angehörigen. Da fast alle Plätze des Stadttheaters zum Konzert am Sonntag, 6. September, ausverkauft sind, so soll heute Samstag, den 5. September, eine öffentliche Generalprobe zu volkstümlichen Preisen stattfinden, um allen Bürgern Gelegenheit zu geben, ihr Scherflein zu dem schönen Zwecke beizutragen. Es kommen alle Konzertnummern zum Vortrag mit Ausnahme der Klaviervorträge von Frau Elly Ney-van Hoogstraten.
Die Verlustliste Nr. 19 wird soeben veröffentlicht. Aus Bonn und Umgegend sind keine Namen darin aufgeführt.
Patriotische Festspiele. Ab Samstag, 5. Sept., finden im Varieté Sonne täglich patriotische Festspiele mit Reklamationen statt. Die erste Vorstellung ist zugunsten des Roten Kreuzes.
Die Freiwillige Krankenträger-Kolonne sucht noch eine Anzahl Radfahrer zur Benachrichtigung der Träger. Geeignete Persönlichkeiten (keine Schüler) werden gebeten, sich in den nächsten Tagen, vormittags zwischen 10 und 12 Uhr oder nachmittags zwischen 5 und 7 Uhr am Eilgüterbahnhof zu melden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hilfstätigkeit. Von den im Laufe des Monats August in der Lese, der Hauptsammelstelle des Vaterländischen Frauen-Vereins Stadtkreis Bonn, eingegangenen zum größten Teil von Arbeitslosen gegen Entgelt verarbeiteten Wäschestücken usw., und aus dem Lager des Vaterländischen Frauen-Vereins in der Maargasse sind bis heute folgenden Lazaretten: Garnisonslazarett, Santa Clara, Beethovenhalle, Leoninum, St. Josefs-Hospital, Genesungsheim, Ohrenklinik, Chirurgische Klinik, Friedrich-Wilhelm-Stift, Franziskus-Hospital, Albertinum, Frauen-Klinik, Medizinische Klinik, Vereins-Lazarett Glück Auf, Verbandsstelle am Güterbahnhof und an der Weststraße, im Ganzen 886 Bettücher, 248 Deckbezüge, 364 Kissenbezüge, 400 Handtücher, 542 Hemden, 112 Paar Pantoffeln, 70 Bettschuhe, 419 Paar Socken, 365 Taschentücher, 45 Krankenanzüge, viele Operationstücher, Mitellen usw. überwiesen worden. Außerdem konnte den Lazaretten eine größere Menge von Bedarfsgegenständen wie Seife, Seifenlappen, Schreibpapier, Postkarten, Zigarren, Kissen usw. zur Verfügung gestellt werden. Die Nachfrage nach all diesen Dingen ist andauernd stark, namentlich jetzt, wo eine recht erhebliche Anzahl Verwundeter in den Lazaretten untergebracht worden ist. Der Vaterländische Frauenverein wird es daher mit Freuden begrüßen, wenn seiner Hauptsammelstelle auch weiterhin Wäsche und Gebrauchsgegenstände aller Art zufließen. Bei dem bewährten Opfersinne Bonner Bürgerschaft ist daran ja wohl nicht zu zweifeln.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 6. September 1914
Am Vortag hatte die Schlacht an der Marne begonnen, die zunächst für die Truppen erfolgreich verlief.
Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe besuchte gestern Nachmittag die als Augenlazarett eingerichtete Universitäts-Augenklinik. Unter Führung des Direktors, Geheimrat Kuhnt, ließ sie sich alle Verwundeten vorstellen und richtete an jeden einzelnen in liebenswürdigster Weise freundliche und tröstende Worte. Die Verwundeten, an die sie Liebesgaben austeilte, waren durch die Teilnahme der hohen Frau freudigst bewegt.
Eine Auskunftsstelle über Verwundete in Bonner Lazaretten ist durch den Erntebund errichtet worden. Die Geschäftsstelle befindet sich im Korpshause der Saxonia, Bahnhofstraße 40. Alle Angehörigen von Verwundeten können dort auf mündliche Anfrage erfahren, in welchem der zahlreichen Lazarette der Gesuchte sich befindet. Schriftliche Auskünfte werden nicht erteilt.
Gefangene Franzosen, die als Leichtverwundete hier in Behandlung waren, wurden gestern Nachmittag in einer Reihe von Wagen und Kraftwagen über die Rheinbrücke gebracht.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Vaterländische Reden und Vorträge. Der erste Vortrag von Professor Karl Sell über „Recht und Würde des Krieges“ findet Montag abend in der Aula des Städt. Gymnasiums um 81/2 Uhr statt. Die Eintrittskarten dazu werden unentgeltlich verausgabt. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verkehr der Verwundeten mit ihren Angehörigen. In allen hiesigen Lazaretten – mit Ausnahme eines einzigen – ist es den leichtverwundeten Soldaten gestattet, ihre Angehörigen zu sehen und zu sprechen oder auch zusammen mit ihnen spazieren zu gehen. In dem einen Lazarett aber bekommen selbst Bonner Jungens, die an mehreren Gefechten beteiligt waren, und leicht verwundet sind, diese Vergünstigung nicht. Sie dürfen nicht mal durchs Fenster gucken. Warum? Es ist doch wohl nicht nötig, daß Verwundete wie „Gefangene“ behandelt werden. – Hoffentlich bedarf es nur dieses Hinweises, um für Abhilfe dieses Zustandes zu sorgen. Drei Bonner Jungens.
Leichtverwundete in Privathäusern. Es ist mir zu Ohren gekommen, daß gutgestellte Bonner Familien sich angeboten haben, Leichtverwundete und Genesende ohne Entgelt aufzunehmen. Wenn dies der Wahrheit entsprechen sollte, würde ich dies im Interesse vieler Pensionsinhaberinnen sehr bedauern, denen durch dieses Anerbieten eine, wenn auch kleine Einnahme entzogen würde. Eine gern arbeitende Frau.
Unterbringung Leichtverwundeter. Endlich rührt man sich im General-Anzeiger zur Frage der Unterbringung Leichtverwundeter. Als Anwohner der Poppelsdorfer Allee glaube ich im Namen vieler zu sprechen: gern werden wir sie aufnehmen! Grad die Straßen: Poppelsdorfer Allee, Argelanderstraße, Königsstraße, Baumschul-Allee sind wie kaum andere Straßen durch die große Nähe der Krankenhäuser (Barmherzige Brüder und Friedrich-Wilhelm-Stift) dafür geeignet, da die Verwundeten nur eine kurze Strecke täglich ein- oder zweimal, je nach ärztlicher Verordnung, bis ins Krankenhaus zur Beobachtung und Behandlung ihrer Wunden zu gehen brauchen. Es scheint mir nicht nötig, daß man erst seine Bereitwilligkeit meldet. Die Stadt hat ja vor kurzem erst eine Aufnahme machen lassen, wieviel Offiziere, wieviel Mann sie in genannte Straßen in Quartier legen kann, - schickt sie uns nur! I. J. Z
Schutz den Zugtieren! Dadurch, daß viele und dabei die kräftigsten Pferde von der Militärbehörde angekauft wurden, sieht man jetzt öfters Pferde vor Fuhrwerke gespannt, die schon längst das Gnadenbrot verdient hätten. Es wäre wirklich zu wünschen, daß die Führer solcher Fuhrwerke auf dieses Pferdematerial Rücksicht nehmen und nicht gleich ungeduldig werden, wenn solch ein altes müdes Tier plötzlich nicht mehr weiter kann, oder wenn die Fahrt zu langsam geht. Namentlich an unserer Rheinbrücke kann man vielfach beobachten, daß Pferde, die jetzt zum Ziehen von Lastfuhrwerken usw. benutzt werden, beim besten Willen die starke Steigung bis zur Brücke nicht oder nur unter äußerster Anstrengung überwinden können. Erst wenn die Führer sehen, daß es gar nicht geht, dann werden andere Vorspannpferde genommen. Doch nicht allein den Pferden, sondern auch anderen Zugtieren wird an jener Stelle zu viel abverlangt. So kann man täglich mehrere Male ein Milchfuhrwerk von der rechten Rheinseite beobachten, vor dem ein altes Grautier geht. Nicht nur, daß das Tier außer den Milchkannen usw. noch die Lenkerin, eine Frau, die gut und gern 150 bis 160 Pfund schwer ist, zu ziehen hat, oft befinden sich bis zu vier Personen, eine weitere Frau und noch zwei erwachsene Kinder auf dem Wagen. Ein Militärposten frug nach Ende voriger Woche, als er sah, daß als vierter noch ein 14jähriger Junge auf der steilen Rampe den Wagen bestieg, ob nicht noch mehr Personen auf das Fuhrwerk gingen. Dies wurde anscheinend nicht verstanden, oder man wollte es nicht verstehen. Da wäre es doch Sache der Behörde, gegen eine derartige Tierquälerei energisch vorzugehen. Ein Tierfreund.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Keine Ausländer an den preußischen Schulen mehr. Der Kultusminister hat die folgende Verfügung an die Leiter sämtlicher Unterrichtsanstalten im Königreich Preußen herausgegeben: In den mir unterstellten öffentlichen Schulen sind Angehörige der Staaten, die Krieg gegen uns führen, zu einer Lehrtätigkeit ferner nicht zuzulassen. Dies gilt auch für die Universitäten und Technischen Hochschulen. Es ist also in dem gegebenen Falle Privatdozenten das Ankündigen und Halten von Vorlesungen bis auf weiteres nicht zu gestatten. Angehörige dieser Staaten sind aber auch als Schüler und Schülerinnen in die bezeichneten Lehranstalten bis auf weiteres nicht zuzulassen. Es kann daher auch den immatrikulierten Studierenden aus diesen Ländern der Besuch der Vorlesungen nicht ferner gestattet werden, und Neuaufnahmen solcher Studierenden finden nicht statt.
Gebt Arbeit! Der Verein Frauenbildung – Frauenstudium schreibt uns: Beim Beginn des Krieges erfaßte auch unsere Frauenwelt der Sturm der Begeisterung und jede Einzelne ersehnte eine Betätigung im Dienste des Vaterlandes. Man war zu jeder Arbeit, zu jeder Einschränkung bereit; man wollte im Opferbringen nicht hinter den Männern zurückstehen. Man glaubte, die durch die allgemeine Mobilmachung dem Lande entzogenen männlichen Arbeitskräfte durch weibliche ganz oder teilweise ersetzen zu müssen. Das war ein Irrtum: es hat sich sofort in den ersten Tagen des Krieges herausgestellt, daß nicht ein Mangel an Arbeitskräften, sondern ein Mangel an Arbeitsgelegenheit vorliegt. Zahlreiche männliche und weibliche Arbeiter jeder Art sind plötzlich ohne Verdienst. Viele Fabriken haben ihren Betrieb ganz oder teilweise eingestellt, die Geschäfte und Handwerker sind auch oft aus Mangel an Aufträgen gezwungen, ihr Personal zu entlassen oder zu verringern. So ist ein Notstand entstanden, nicht nur in den Familien der ins Feld ziehenden Krieger, sondern ebenso sehr in anderen Kreisen, ein Notstand, den die Frauen nicht bedachten, als sie in der ersten Begeisterung ihre freiwillige Hilfe für alle und jede Arbeit zur Verfügung stellten. Nachdem wir nun aber einmal erkannt haben, woran es zur Zeit am meisten fehlt, möchten wir immer aufs neue allen Frauen zurufen: „Schafft Arbeit!“ Es ist in diesen Wochen schon oft gesagt und kann doch nicht oft genug gesagt werden: „Arbeit ist besser als Almosen.“ Möchte das doch jede Frau beherzigen. Wer jetzt seine Dienstboten entläßt, wer die Bestellung seines Gartens selbst besorgt, statt wie bisher den Gärtner zu beschäftigen, wer seine Putz-, Wasch- oder Flickfrau abbestellt, handelt zu dieser Zeit wahrlich nicht vaterlandsfreundlich. Wohlan Ihr Frauen, die Ihr Euch so begeistert zu jedem persönlichen Opfer bereit erklärtet, bringt dieses Opfer, wenn auch in anderer Form, als ihr es euch zuerst dachtet. Gebt Arbeit für die Arbeitslosen und entzieht nicht denen, die ihr bis jetzt beschäftigt habt, ihren Verdienst. Ueberlegt, ob nicht da und dort in Eurem Hause, an Eurer Einrichtung Schäden sind, die Ihr jetzt ausbessern lassen könnt. In den unter städtischer Kontrolle stehenden Nähstuben in der Fortbildungsschule und in den Vermittlungsstellen für Heimarbeit, Riesstraße 11 und Martinstraße 3, wird jede Art von Näh-, Strick- und Stickarbeit vermittelt und wir möchten allen Hausfrauen ans Herz legen, dorthin Bestellungen gelangen zu lassen. Wer es irgend kann, benütze diese Gelegenheit, seinen Wäschebestand zu ergänzen, seine Wintergarderobe in Stand zu setzen. Man sorge schon jetzt für Weihnachtsgeschenke, soweit sie Arbeitsgelegenheit bieten. Ein so frühzeitiger Einkauf, der vielleicht zu anderen Zeiten unpraktisch und wenig empfehlenswert sein mag, wird heute zu einem vaterländischen Dienst. Man entziehe aber auch nicht seinen alten Lieferanten die Kundschaft und man verabsäume vor allem nicht, alle Handwerker und Arbeiter bar zu bezahlen.
Königshof. Der Aufsichtsrat des bisherigen Hotel Royal hat in einer besonderen Sitzung beschlossen, den Namen des Gasthofes in „Königshof“ umzuändern. Eine Aenderung der Firma, welche eine Satzungsänderung darstellt, kann nur die Generalversammlung mit drei Viertel Stimmenmehrheit beschließen. Die Angelegenheit soll der nächsten Hauptversammlung unterbreitet werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 7. September 1914
Am Vortag hatte eine serbische Offensive an der Save begonnen.
Bekanntmachung: Das Landratsamt macht bekannt: „Nach Mitteilung des Guvernements (sic) Lüttich sind deutsche Vergnügungsautomobile in Belgien nicht erwünscht. Außerdem laufen sie Gefahr requiriert zu werden.“
Dem Freiwilligen Hilfsausschuß ist eine so große Anzahl von Büchern usw. zugeschickt worden, daß der Bedarf reichlich gedeckt ist. Wir sagen allen Gebern herzlichen Dank und bitten von weiteren Zusendungen Abstand zu nehmen. Erwünscht sind noch Gesellschaftsspiele und neueste illustrierte Zeitschriften.
Die Einfuhr von frischer Milch und Sahne aus Holland ist vom Herrn Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten bis auf weiteres gestattet worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Edelmütiges Handeln. Bei einem Besuch im Lazarett der Barmherzigen Brüder zur Ueberreichung von Liebesgaben äußerte ein schwerverletzter Krieger, der beide Arme verloren hatte, den Wunsch, noch einmal seine, ihm erst vor vier Wochen angetraute Frau zu sprechen. Leider habe sie kein Geld, um von Breslau hierher fahren zu können. Nachdem der Arzt den besuchenden Damen – es waren Telegraphen-Gehülfinnen vom hiesigen Telegraphenamt – erklärt hatte, daß der Schwerverwundete voraussichtlich die Ankunft seiner Frau erleben werde, sammelten die Telegraphen-Gehülfinnen unter sich 40 Mk., die sie der Frau telegraphisch als Reisegeld überwiesen. Gleichzeitig wurde ihr telegraphisch mitgeteilt, sie möge sofort zu ihrem Mann kommen. Für freie Unterkunft sei gesorgt. Die Frau des Kriegers ist inzwischen hier eingetroffen, hat ihren Mann noch gesprochen und bei den Eltern einer Telegraphengehülfin freundliche Aufnahme gefunden. So konnte durch opferwilliges Handeln einem Krieger, der sein Leben für das Vaterland in die Schanze geschlagen hat, sein Herzenswunsch erfüllt werden.
Ein größerer Transport französischer Gefangener, die als geheilt aus hiesigen Krankenhäusern entlassen werden konnten, wurde am Samstag nachmittag von hier über die Brücke nach der rechten Rheinseite gebracht, von wo man sie mit der Bahn nach Wahn verbrachte. In hellen Haufen lief die Bonner Jugend neben den Franzosen her, die in Automobilen, Geschäftswagen usw. befördert wurden. Ein junger Franzose, der den Knaben lächelnd zusah, schien das Bonner Platt zu verstehen, denn auf die Bitte eines Jungen: „Herr Franzos gävv me ne Knopp“ riß er sich lachend die Knöpfe von seinem Uniformrock und warf sie den Jungen zu.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Flaggenbrauch: Schön und lobenswert ist die Sitte, die Kunde von deutschen Siegen durch Beflaggung zu feiern, aber viele unserer Landsleute sind, wie in dieser Woche zu beobachten war, mit dem Flaggenbrauche nicht ganz vertraut. Eigentlich soll die Flagge nur über Tag wehen und bei Sonnenuntergang eingezogen werden, eine Regel, die jedoch nur von der Marine streng eingehalten wird. Zudem soll eine Siegeskunde auch nur einen Tag lang durch Beflaggung gefeiert werden und dann die Fahne wieder eingezogen werden, um hoffentlich bald, bei neuen glücklichen Nachrichten wieder zu erscheinen. Setzt sich aber die Beflaggung ohne Unterbrechung fort, so verliert sie Wert und Bedeutung, und zudem läuft man Gefahr, daß, wenn eines Tages etwa eine minder erfreuliche Nachricht einläuft, zwischen ihr und der durch sie erzeugten Stimmung und dem Siegesprangen der Flaggen ein empfindlicher Missklang entsteht. Man richte sich bei der Beflaggung am besten nach den amtlichen Gebäuden, die nach jeder Siegesnachricht für einen Tag die Flaggen hissen. Dann erst wird jeder Siegestag auch äußerlich als ein Festtag wirken und das Auge nicht abgestumpft werden durch den Flaggenschmuck.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
(...) Heute morgen erhielt ich Eure Karten vom 26., 27ten. Wir sind in einer schweren Schlacht. Hoffentlich geht alles gut. Das Schlößchen auf dieser Karte existiert nicht mehr. Gestern habe ich in schwerem Feuer gelegen. 70 Mann an Seilen durch den Marnekanal gezogen, wobei fast einer ertrank. Es ist schrecklich dies alles, und ich wünsche oft, ich wäre wieder bei Euch. Aber der Gedanke, daß man das von Euch fernhält, tröstet einen. (...)
(August Macke an seine Frau Elisabeth, Ansichtskarte aus Luxémont)
Dienstag, 8. September 1914
Am Tag zuvor hatte eine Schlacht an den Masurischen Seen begonnen, die die russischen Truppen schließlich zum Rückzug aus Ostpreußen zwang.
Sammlung von Kriegsbriefen, Tagebüchern und Soldatenliederbüchern. Bekanntlich hat der Unterrichtsminister die Behörden und Vereine usw. gebeten, Kriegsbriefe, Tagebücher, Soldatenliederbücher und sonstige Schriftstücke aus Kriegszeiten zu sammeln, damit sie später einmal Kunde von dem Geiste geben können, der im deutschen Heere und in der Bevölkerung daheim herrschte. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß in Bonn derartige Schriftstücke aus Kriegszeiten an das Oberbürgermeisteramt eingesandt oder im Militärbüro des Rathauses abgegeben werden können. Die Schriftstücke brauchen nicht in der Ursprache abgegeben werden; eine beglaubigte Abschrift genügt. Die Besitzer können auch ihr Eigentumsrecht vorbehalten.
Auf dem Feld der Ehre sind fürs Vaterland gestorben: Amtsrichter Dr. Rudolf Schierenberg, Oberleutnant d.R. – Chemiker Ernst Wasserfuhr, Leutnant d.R. – Gerichtsassessor Dr. Wilhelm Möbius, Leutnant d.R. – Referendar Fritz Hoeler, Leutnant d.R. – Kapellmeister Kurt Bohler, Einjährig-Freiwilliger.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Hoflieferant. Der Firma Gustav Coblenz, Münsterplatz, ist der Titel eines Hoflieferanten des Fürsten Adolf zu Schaumburg-Lippe verliehen worden.
Die Verlustliste Nr. 21 ist erschienen. Aus Bonn und Umgebung sind folgende Namen darin enthalten: Vom Infanterie-Regiment Nr. 70 in Saarbrücken Musk. Lorens Fuchs aus Niederpleis schwer verw., Musk. Jos. Köp aus Bonn schwer verw., Musk. Jos. Weißenfeld aus Bonn leicht verw.
Den Heldentod für das Vaterland starb Dr. Rudolf Schierenberg, Amtsrichter.
Als vermißt wird aufgeführt der Dragoner Josef Will aus Bonn von der 3. Eskadron des Dragoner-Regiments 15 (Hagenau.)
Ein Dankeswort. Frau Pritzel aus Breslau, deren Mann im gefecht beide Hände verlor, dankt allen Wohltäterinnen von ganzem Herzen für die Reiseunterstützung, die es ihrermöglichte, nach Bonn ins Lazarett zu ihrem verwundeten Mann zu kommen, sowie für die liebevolle Aufnahme bei einer hiesigen Dame.
Vaterländische Reden und Vorträge. Der gestrige Abend bewies, wie sehr der Bürger in dieser eisernen, waffenklirrenden Zeit ein ernstes, besinnliches Wort zu schätzen weiß. Die Aula des Städtischen Gymnasiums war überfüllt: Soldaten, Gelehrte, Kaufleute, Beamte, Arbeiter, Frauen und Jugendliche. Es war eine Heerwanderung zur Doetschstraße, von der viele wieder umkehren mussten. Die sich im geräumigen Saal, in den Gängen bis weit in die Tür, auf der Galerie und auf der Galerietreppe ein Plätzchen erobert hatten, wird der Abend unvergesslich sein.
Zunächst wies der frühere Universitätsrektor, Geheimrat Prof. Schulte, mit knappen Worten auf den Ernst dieser Zeit hin und meinte, daß alle die, die nicht mit hinausgezogen seien, fast das Gefühl einer Scham hätten, so sehr drängte das Innere in uns hinaus zum Kampf, zur Tat um unsere gerechte Sache. Da sei für uns Zurückgebliebene der Gedanke aufgetaucht, sich von Zeit zu Zeit nach der Tagesarbeit zusammenzufinden, um bei vaterländischen Reden und Vorträgen uns zu erbauen, zu erheben und das vaterländische Gefühl in unserer Brust zu helleren Feuern anzufachen.
Als erster Redner sprach Prof. D. Karl Sell über Recht und Würde des Krieges. Der stumme Ernst, mit dem die Menge den tiefschürfenden Gedanken des Redners bis zum Schluß lauschte, mag ihm Beweis und Dank dafür gewesen sein, wie sehr er das Publikum im innersten Wesenskern packte. Der jetzige Krieg sei gleichsam eine Wiederholung des Jahres 1813, das wir durch Erinnerungsfeiern im vorigen Jahr würdig begangen haben. Unsere Aufgabe in diesem Kriege sei der Sieg. Die Vorbedingung hierzu, – ein gutes Gewissen – hätten wir, denn wir kämpften nicht aus Habsucht, um materielle, sondern um ideelle Interessen. Deutschland als Mittelpunkt geistiger Arbeit sei von allen Seiten her bedroht. Zu seinem Schutz nehme es notgedrungen die Waffen zur Hand. Denn es handele sich um einen vorbereitenden Schlag aller Feinde Deutschlands zu einem Ueberfall auf deutsches Wesen, deutschen Handel und Wandel, seine Errungenschaften und Kolonien. „Krieg aber ist nichts anderes als eine fortgesetzte Staatspolitik mit anderen Mitteln“; ein Mittel zur Erhaltung des Staates. Der Staat habe bisher in Treue für uns alle gesorgt, nun sei es umgekehrt. Jetzt gelte es für uns alle, für einen zu sorgen, für den Staat. So tauschen wir freudig unser Leben, Hab und Gut, unser ganzes Sein ein gegen das Unsterbliche unserer Nation. Da es sich um den Staat handle, höre die innere Politik und ihre Gegensätze auf. Das habe der 4. August, der größte Augenblick in der deutschen Geschichte gezeigt. Und darum habe der Bürger die hohe Pflicht, das deutsche Reich zu schützen. Wer einen Krieg anhebt, der appelliert an das Gottesurteil des Volkes. Wer den Fehdehandschuh aufhebt, der erklärt, daß er bereit ist, das Urteil zu vollstrecken, die Niederwerfung des Feindes mit allen Mitteln ehrenhafter Kriegsführung zu vollenden. Diese Mittel sind durch das Völkerrecht bestimmt und das halten wir. Der jetzige Krieg entspringe aus dem Haß unserer Feinde gegen Deutschland und sein stetiges Voranschreiten auf allen Kulturgebieten. Da es gelte, diese Güter zu verteidigen, sei unser Krieg gerecht. Es gelte die künftige Freiheit Europas. Sie zu befreien von der russischen Knute, der französischen Prahlerei und des englischen Geldsacks, das ist das Ziel. Und also führen wir das blutige Ringen opferfreudigen Herzens, denn auf unserer Seite steht das Recht und die Würde Deutschlands, die zu verteidigen wir bis zum letzten Blutstropfen bereit sind.
Langanhaltender Beifall lohnte des Redners eindrucksvolle Worte.
Vom Borromäusverein , der offiziellen Sammelstelle von Lesestoff für die verwundeten Krieger erhalten wir folgende Zuschrift:
Tagtäglich laufen zahlreiche Bücherspenden bei uns ein. Wir danken dafür und bitten um weitere Gaben, da der Bedarf in den Lazaretten sehr groß ist. Wir möchten aber bitten, für unsere verwundeten Krieger nicht nur das zu geben, was man gar nicht mehr brauchen kann, wie alte Zeitschriften, schlecht erhaltene Bücher. Wir dürfen nicht vergessen, die langen bangen Stunden auf dem Krankenbett werden leichter ertragen, wenn wir den Verwundeten gute Bücher in die Hand geben. Das darf nicht wahllos geschehen. Nur das Beste ist gut genug für unsere verwundeten Krieger, die ihr Leben eingesetzt für uns und das Vaterland. Gute religiöse Bücher z.B. A. Stolz, Keppler u.a. sind sehr willkommen.
Den ersten Uebungsmarsch unternahm am Sonntag kurz nach Mittag der neugegrüdete Wehrbund. Unter Leitung des Turnwarts Lauser marschierten etwa 150 Teilnehmer zur Waldau. Auf dem Exerzierplatz wurden Freiübungen abgehalten. Die Märsche, die sich ausdehnen sollen, werden in den kommenden Sonntagen fortgesetzt. Montags und Donnerstags finden für ältere und Dienstags und Freitags für die jüngeren Mitglieder des Wehrbundes Uebungen statt.
Beim Wettspiel Borussia–Eiche zugunsten des Roten Kreuzes ergab die Sammlung 20.10 Mk., die dem Roten Kreuz überwiesen wurde.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Französische Mode! In letzter Zeit wird so sehr viel über die französische Mode in Damenkleidung geschimpft – und mit Recht –, aber da möchte ich bemerken, daß auch die Herren eine Mode fallen lassen dürften, und zwar den gestutzten „englischen“ Schnurrbart. Ich bin der Ansicht, daß der Schnurbart als Zierde des Mannes wachsen darf, ohne daß er bis auf drei Härchen unter den Nasenlöchern entfernt wird. Eine, die sich immer darüber ärgerte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Hilfsbereitschaft . Der Geh. Studienrat Dr. Weidgen, der jetzt in Bonn wohnende frühere Leiter des hiesigen Kaiserin-Augusta-Gymnasiums, der nicht weit vom 70. Lebensjahr entfernt ist, hat sich dem Provinzialschulkollegium als „Kandidat“ für das Gymnasium in Bonn zur Verfügung gestellt, falls durch den Krieg ein Mangel an Lehrkräften eintreten sollte. Er möchte nur dann verzichten, wenn er einem jungen, Beschäftigung und Vergütung suchenden Lehrer im Wege stände.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 9. September 1914
In seinem apostolischen Schreiben Ubi primum vom 8. September hat der frisch gewählte Papst Benedikt XV. zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes aufgerufen – war damit aber kaum auf Resonanz gestoßen.
Das Eiserne Kreuz hat sich ein Student unserer Hochschule, Herr stud. Phil. Hermann Frings aus Dülken beim Sturm auf hinter Sedan verschanzte Anhöhe erworben.
Die Verlustlisten, sowie die Auszüge aus derselben, bezüglich derjenigen Toten und Verwundeten, welche dem Stadtkreise Bonn angehören, liegen im Rathause, Zimmer Nr. 33, sowie in den Polizei-Revier-Büros Breitestraße 113, Königstr. 12, Kirschallee 45 und Endenicher Straße 24 zu jedermanns Einsicht offen.
Vaterländische Reden und Vorträge. Montag abend wurde die Reihe der aus Universitätskreisen hervorgegangenen Reden und Vorträge eröffnet. Schon mittags waren keine Eintrittskarten mehr zu haben, und eine halbe Stunde vor Beginn des Vortrages war die Aula des städtischen Gymnasiums bis auf den letzten Platz gefüllt. Zahlreiche Besucher mussten leider abgewiesen werden, weil kein Platz mehr vorhanden war. Man wird bemüht sein, einen größeren Saal für die Vaterländischen Reden und Vorträge zu gewinnen, es wird aber schwer halten, die Eintrittskarten dann noch ganz unentgeltlich abgeben zu können. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Schulbeginn der städtischen Volksschulen. Mit morgen, Donnerstag den 10 ds. Mts., wird der Unterricht an den hiesigen Volksschulen unverkürzt aufgenommen. Für die im Felde stehenden Lehrer treten die übrigen Lehrpersonen aushilfsweise ein.
Es findet morgen auch zugleich auf Anordnung des Ministers die Schulentlassung aller Schüler und Schülerinnen des letzten Jahrganges statt, die bis zum April nächsten Jahres 14 Jahre alt werden.
Auch an den höheren Lehranstalten wird der Unterricht morgen wieder aufgenommen.
Militärarbeit für Sattler. In dem Bestreben, während der jetzigen Kriegszeit Arbeit für den selbständigen Handwerker zu beschaffen, hat sich die Handwerkskammer Köln mit Erfolg um Militärarbeit für Sattler bemüht.
Sattlermeister wollen umgehend an die Handwerkskammer zu Köln berichten, ob sie Arbeit wünschen und wieviel Hilfskräfte sie evtl. noch zur Verfügung haben. Es handelt sich um Arbeiten, wofür der Zuschnitt geliefert wird, hauptsächlich Geschirrteile und kleinere Aurüstungsstücke.
Der deutsche Verein für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege (Provinzialabteilung Rheinprovinz) regt an, man möge an den Sonntag Nachmittagen die Dorfbewohner versammeln und ihnen in einfacher Weise berichten über Geschichte, Erdkunde, Völkerkunde der kriegsführenden Staaten, über die Einrichtungen unseres Landheeres und unserer Flotte, über Kriegssanitätswesen, Feldseelsorge, Verpflegungswesen der Truppen usw. An Hand einer Karte wäre dann eine Uebersicht über die Kriegsereignisse der letzten Wochen zu geben, wobei Briefe von Dorfeingesessenen, die im Felde stehen, verlesen werden oder heimgelehrte Krieger ihre Erlebnisse erzählen können. Die Provinzialabteilung sei gerne bereit, ihren Geschäftsführer zu einem ersten orientierenden Vortrag zur Verfügung zu stellen und bittet um Anträge an die Provinzialabteilung in Bonn, Bismarckstraße 4.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Patriotismus eines Arbeitgebers! Wir sind bei einer Firma in Arbeit und haben vor dem Kriege 4.25 Mk. Tagelohn erhalten. Jetzt zahlt uns die Firma nur 3 Mk. täglich oder nach Abzug des Krankengeldes 16.97 Mk. Davon soll man mit Familie Miete und Steuer bezahlen und auch noch leben. Wie ist das möglich? Mehrere Arbeiter.
Die Schmucksachen unserer Frauen. Eine, die ihren ganzen Schmuck beim Rathaus als Liebesgabe überwiesen hat, wollte damit veranlassen, daß ein Aufruf an die Frauen Bonns erginge, in dieser Art mitzuhelfen. Es scheint, daß man solche Hilfe nicht begehrt, denn es ist bis jetzt nichts in dieser Sache geschehen. Vielleicht bestimmt man eine Sammelstelle, dann werden gewiß viele deutsche Frauen und Mädchen durch Hergabe von Schmuckstücken ihr Scherflein zum Wohle unserer Krieger beitragen. Ein deutsches Mädchen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ein untauglicher Kriegsfreiwilliger. Der 19jährige Bankbeamte Herberg stahl im Laufe des Monats Juli in Berlin für 37.000 Mark Aktien der Niederlausitzer Kohlenwerke und ließ sie durch eine Bank zu Geld machen. (...) Bei Ausbruch des Krieges stellte sich Herberg in Bonn zum Militärdienst, wurde aber nach einigen Tagen als untauglich entlassen. Man nimmt an, daß er sich in Berlin verborgen hält.
Auf dem Feld der Ehre starb der wissenschaftliche Hilfslehrer Dr. Franz Joseph Fritz Biederlack, Leutnant der Reserve im Inf.-Reg. Nr. 137, 30 Jahre alt, ais Bonn. Biederlack vermählte sich am Abend des 1. August nach erfolgter Mobilmachung mit Frl. Maria Reuter aus Bonn, der Tochter des verstorbenen Gymnasiallehrers Reuter in Bonn.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
(...) Seit drei Tagen liegen wir hier in einem Gefecht, das sich von Paris bis Verdun hinzieht. Von frühmorgens bis in die Nacht tobt der Kanonendonner. Es ist alles so grauenhaft, daß ich Dir nichts darüber schreiben mag. Unser aller Gedanke ist Friede. Unser Gespräch heißt: „Wat hätt dä für ene Schoß dä ärme Kähl.“ Der Krieg ist von einer namenlosen Traurigkeit. Man ist weg, eh man's merkt. Wir haben mit unserer Kompagnie so heftig gekämpft, daß wir jetzt zur Reserve der Division liegen. Man sagt, der Kronprinz fällt unserm Gegner in den Rücken. Über all dem Kanonendonner schwebt eine sonnige Wolke, die Liebe zu Euch allen, Ihr Guten. (...)
(August Macke an seine Frau Elisabeth, Feldpostkarte aus Perthes)
Donnerstag, 10. September 1914
Die im „Septemberprogramm“ des Reichskanzlers Bethmann Hollweg vom 9.9. formulierten deutschen Kriegsziele sehen Annexionen in Russisch-Polen, Belgien und Frankreich und eine allgemeine deutsche Hegemonie in Europa vor.
Das Eiserne Kreuz hat sich der Lt. d. Res. Dedreux vom Inf.-Reg. 143, der bisher an fünf Schlachten teilnahm, in diesen Kämpfen erworben.
Schwer verwundet liegt zurzeit im St. Josephs-Hospital ein Stabsarzt, der in Ausübung seiner Tätigkeit hinter der Front von einer feindlichen Kugel getroffen wurde. Sein Oberstabsarzt, der auch dort tätig war, wurde von einer feindlichen Kugel getötet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zur Nachahmung empfohlen! Gestern morgen erschien auf der Sparkasse ein einfaches Dienstmädchen und übergab als Beitrag zur Kriegshilfe 20 Mk. mit der ausdrücklichen Weisung, den Namen nicht in die Zeitung zu setzen.
Eine größere Anzahl politischer Gefangenen befindet sich z. Zeit im hiesigen Gefängnis. Es handelt sich um Gefangene der verschiedensten Nationen. Die Leute sind in Einzelhaft.
Ein gutes Beispiel des Sachsenkönigs. König Friedrich August von Sachsen hat angeordnet, daß sämtliche abgeschossene Rebhühner der ihm gehörigen Jagdreviere den Lazaretten überwiesen werden sollen, und er ist auch schon selbst für die Verwundeten auf die Rebhuhnjagd gegangen.
Die Dresdner Jäger haben sich seinem Beispiel insofern angeschlossen, als sie 15 Prozent aus den vorjährigen Jagdergebnissen für Liebeszwecke zur Verfügung stellen. Die rheinischen Jäger werden es den sächsischen Nimrod sicherlich nachtun.
Beamten- und Arbeiter-Entlassungen in größerem Umfange sind leider auch in Bonn erfolgt oder in Kürze zu erwarten. Die hiesigen größeren Fabriken, die in überwiegendem Maße auf die Ausfuhr ihrer Erzeugnisse angewiesen sind, schränken ihre Betriebe stark ein. Die Firma Franz Anton Mehlem hat bei Kriegsausbruch die sofortige Entlassung von Beamten und Arbeitern, die ins Feld zogen, vorgenommen, bezw. die Kündigung ausgesprochen. Aehnliche Maßnahmen mußte die Wessel'sche Fabrik treffen, und auch die Firma Fr. Soennecken sieht sich zu dem gleichen Schritt veranlaßt. Es kommen dort zunächst etwa 100 Arbeiter und 40-50 Meister zur Entlassung, sowie ungefähr 130 Personen in Beamtenstellung. Es befinden sich bei den Entlassenen und Gekündigten viele Leute, die bereits Jahrzehnte bei den genannten Firmen gearbeitet haben.
Um den Umfang der Entlassungen nach Möglichkeit einzuschränken, hat man Arbeiter und Angestellte zum Teil zu geringeren Löhnen und halben Gehältern behalten und die Betriebszeit eingeschränkt. Auch machen einzelne hiesige industrielle Unternehmungen den Versuch, ihre Betriebe den Zwecken der Militärverwaltung nutzbar zu machen, um die gefährdete Existenz ihrer Angestellten nach Möglichkeit zu schützen.
Für die Arbeiter und Angestellten, die durch ihre Entlassung gänzlich ohne Einkommen sind, wäre die Bildung eines sozialen Hilfsausschusses etwa aus dem Kreise des Hansabundes oder der Bonner Handelskammer von großem Wert, um sie vor dem bitteren Schritt zu bewahren, die Hülfe der Armenverwaltung in Anspruch nehmen zu müssen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Warum werden nicht auch Mädchen und Frauen zum Kriegsdienst herangezogen? Zu dieser Frage schreibt eine Bonner Arbeiterfrau: Ich bin mit der Godesbergerin und besonders der Kölnerin, die die Sache humoristisch behandelt, nicht ganz einer Meinung. Strapazen, wie unsere Krieger sie ertragen müssen, kann der weibliche Körper nicht aushalten. Erst müssen unsere Mädchen und Frauen sich einmal daran gewöhnen, etwa 60 Kilometer am Tage oder 14 Stunden mit nur drei Stunden Pause zu laufen. Uebrigens erscheint es mir fast unmöglich, daß ein deutsches Mädchen oder eine Frau ohne zwingenden Grund Blut vergießen kann. Allerdings zur Verteidigung würde es nicht unweiblich sein.
Aber diese Fragen kommen eigentlich schon zu spät. In Zukunft könnten die Frauenstimmrechtlerinnen sie einmal gründlich behandeln. Inzwischen ist die Lage ganz anders geworden. Aber ehe ich mich unter die russische Knute oder sonst eine Fremdherrschaft gebeugt hätte, wäre ich lieber freiwillig mit meinen Kindern in den Tod gegangen! Fr. G. R.
Schmucksachen unserer Frauen und Mädchen . Bezugnehmend auf das Eingesandt ,,Die Schmucksachen unserer Frauen“ möchte ich auf das Vorgehen österreichischer Frauen hinweisen, die ihre goldenen Eheringe zugunsten des Roten Kreuzes für eiserne Ringe eintauschen. Auf diesen ist eingeprägt ,,Gold gab ich für Eisen 1914“. Sollte diese edle Handlungsweise nicht auch bei uns Nachahmung finden, gilt es noch durch den Erlös zur Linderung der Not beizutragen. M.M.
Jugendliche Faulenzer. Unsere Gemeinde hat 1200 Einwohner, aber keiner braucht Hilfe. Nur Arbeit müssen war haben. Vor 14 Tagen waren wir in Köln an den Festungsbauten. Wir mußten wiederkommen, schließlich hieß es, die Arbeiten sind eingestellt. Die Fahrkosten waren aber 1.80 Mk. In Siegburg waren Leute an der Geschoßfabrik genug, daher konnten wir auch dort nicht angenommen werden. In Lüttich werden auch keine Arbeiter mehr angenommen. In den Brikettwerken in Brühl wurde uns gesagt, die Lokomotiven seien weggeholt worden und deshalb könne man keine Leute mehr einstellen, weil die Briketts nicht abgefahren werden könnten. Sogar das Kaiserl. Postamt hat am 7. August junge Leute die Arbeit aussetzen lassen. Schreiber dieses hat sechs Brüder, drei davon sind ausgehoben zum Militär, die anderen sind noch zu jung. Von 16 Jahren an müssen wir Steuern zahlen und müssen auch Soldat werden, und wenn wir keine Arbeit haben können, werden wir noch oberdrein als Faulenzer angesehen! Das ist doch zu stark! J. S., Kripp.
Ausländischer Sport. Französische Bordeaux-Doggen, französische Zwergbulldoggen mit Fledermaus-Ohren, französische Affenpinscher, Griffons-Bruxellois, englische und russische Windhunde, englische Bulldoggen, russische Schnauzer, englische Foxterrier, japanische Chin-Hündchen, englische Wachtelhündchen und wie all das fremdländische Zeug noch heißt, hat sich in den letzten Jahren bei fast allen deutschen Hundeliebhabern so fest eingewurzelt, daß es einem deutschen Hundezüchter rein unmöglich wurde, seine noch so rein und edel durchgezüchteten deutschen Hunderassen an den Mann zu bringen. Es wurden sogar für ausländische Hunde unglaublich hohe Preise bezahlt. Endlich wird wohl der deutsche Hundeliebhaber zur Einsicht kommen und die Rassen für besser halten, welcher ein Deutscher gezüchtet. Ein Liebhaber deutscher Hunderassen.
Beteiligung der Hausangestellten an der „Kriegshilfe“. Den Dienstmädchen wurde ein Aufruf zugeschickt, in dem gebeten wurde, daß auch sie etwas für den Krieg tun möchten. – Mit einem Mal erinnert man sich auch der Dienstmädchen, die sonst überall, mag es sein, wo es will, im Hintergrunde stehen und nicht beachtet werden. Wir Dienstmädchen wissen am besten, wie wir gestellt sind, was wir verdienen und welche Stellung wir einnehmen. Wir sind von selbst aufs Sparen angewiesen, denn bei den paar Mark Lohn, die wir von den Herrschaften bekommen, hält es wahrhaftig schwer, noch etwas zurückzulegen. Dabei sollen wir immer ordentlich und sauber gekleidet sein. Kostet das kein Geld? – Jetzt kommen die Herrschaften und sagen: „Dienstmädchen beteiligt Euch!“ Aber man scheint nicht daran zu denken, daß viele von uns gerade jetzt zur Kriegszeit ohne Kündigung entlassen wurden. Manches Dienstmädchen steht jetzt ohne Brot und Geld da. Ist das die berühmte Vaterlandsliebe der Herrschaften? Auch daran scheint man nicht zu denken, daß die meisten Dienstmädchen ihre Angehörigen noch mitunterstützen müssen. Wovon? Dabei reden viele Damen große Töne und sorgen mit Eifer dafür, daß ihr Name überall genannt wird, und zwar auch in solchen Fällen, wo ihre Gatten Arbeiter und Beamte auf die Straße setzen. Als einfaches Dienstmädchen denke ich, zunächst sollen die Herrschaften dafür sorgen, daß wir Dienstmädchen besser gestellt werden, und daß uns ein anständiger Lohn und (leider muß es gesagt werden) anständiges Essen gegeben wird. Dann wird immer noch so viel übrig bleiben, daß die Herrschaften ihre Vaterlandsliebe betätigen können. - Trotzalledem aber haben viele von uns auch ohne Aufruf schon Beiträge gegeben, denn dafür haben die Dienstmädchen ein viel zu gutes Herz für unsere tapferen Soldaten. Ein Dienstmädchen für viele.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Das Kaffeehaus des Königshofes wieder eröffnet. Wie die Direktion des „Königshofes“ uns mitteilt, wird vielfachen Wünschen entsprechend das Kaffeehaus „Königshof“ (Royal) in beschränktem Maße am Samstag den 12. d. M. während der Nachmittagsstunden versuchsweise wieder eröffnet werden.
„Vorwärts“. Bekanntlich darf beim Passieren der Rheinbrücke kein Fahrgast der Elektrischen auf der Plattform stehen. Der Schaffner gebot daher dieser Tage mit Stentorstimme den daselbst sich aufhaltenden Fahrgästen, als ein Zug der Siebengebirgsbahn sich in Bonn in Bewegung setzte, um die Brücke zu passieren: „Alle durchgehen!“ Da erwiderte eine patriotische Dame: „Der Deutsche geht nicht durch, der geht nur vorwärts!“ Mit Beifall nahm das Publikum und der Schaffner dieses auf und der Schaffner rief wieder mit Stentorstimme: „Alle vorwärts! ... vorwärts!“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 11. September 1914
An der Marne hatte am Vortag der allgemeine Rückzug der deutschen Truppen eingesetzt. Der GA meldet weiter deutsche Erfolge vom westlichen Kriegsschauplatz.
Auf dem Feld der Ehre sind fürs Vaterland gestorben: der Gerichtsassessor Hans Merkel, Reserve-Leutnant, Mitglied der hiesigen Burschenschaft Franconia – der Oberlehrer Dr. Franz Biederlack, Leutnant der Reserve – Referendar Georg Frank, einj. Unteroffizier.
Zigarren und Tabak. Von einem Herrn beim Oberkommando des deutschen Kronprinzen erhält die Köln. Ztg. folgendes Telegramm: „Bitte sofort Wohltätigkeitsaktion einleiten; unsere heldenmütigen Truppen lechzen nach absolut fehlenden Zigarren und Tabak.“ (...)
Tornister Wörterbücher. Für unsere ins Feindesland einrückenden Soldaten sind vom Mentor-Verlag G.m.b.H., Berlin Schönefeld, unter Mitarbeit von Offizieren des Großen Generalstabes und auf Anregung des KriegsministeriumsTornisterwörterbücher herausgegeben worden. Es sind praktische, für den Feldzugsdienst bearbeitete Bändchen, die in französischer, russischer, polnischer und englischer Ausgabe erschienen sind und dem Soldaten beim Aufenthalt im fremden Lande von großem Nutzen sein können. (...)
Der Dank der Brücken Kompanie. Die zweite Kompanie des Ersatzbatallions Nr. 160, die in diesen Wochen die Wache an der Rheinbrücke gestellt hat, sagt den Bonnerund BeuelerBürgern Lebewohl und zugleich den herzlichsten Dank für all die Liebesgaben (Obst, Zigarren und Zigaretten), die die Bonner und Beueler Bürger den Wachhabenden in so reichlichem Maße verabreicht haben. (...)
Das Bonner Stadttheater beginnt seine Darstellungen am Freitag, d. 2. Oktober. (...) Folgende Stücke sind in Aussicht genommen: „Prinz von Homburg“, „Die Hermannschlacht“, „Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist; „Die Nibelungen“ und „Judith“ von Hebbel; „Minna von Barnhelm“ von Lessing; „Götz von Berlichingen“, „Iphigenie“, „Faust“, „Die Mitschuldigen“ von Goethe; „Das Leben ein Traum“, „Der Richter von Zalamea“ von Calderon de la Barca; „Wilhelm Tell“, „Die Braut von Messina“, „Wallenstein-Trilogie“, „Demetrius“, „Don Carlos“ von Schiller; „Weh dem, der lügt“ von Franz Grillparzer; „Torgauer Heide“, „Der Erbförster“ von Otto Ludwig; „Florian Geyer“, „Elga“ von Gerhard Hauptmann; „Colberg“ von Paul Heyse; „Generaloberst“, „Der neue Herr“, „Die Quitzows“, „Der Menonit“, „Das Testament des Großen Kurfürsten“ von Ernst von Wildenbruch; „Die Annaliese“, „Wie die Alten sungen“ von Max Hirsch; „Zopf und Schwert“ von Karl Gutzkow; „Drei Siege“ von Leopold Adler; „Vorwärts“, „Der große Krieg“ von Josef von Lauff; „Vaterland“, von Heinrich Bötticher; „Das Eiserne Kreuz“, „Die gnädige Frau von Paretz“ von Ernst Wichert; „Das Volk steht auf“ von E. Hagen und W. Frey; „Claus von Bismarck“ von Walter Flex; „Graf Pepi“ von R. Sandeck und A. Halm; „Der eiserne Heiland“ von Axel Delmar; „Des Königs Befehl“ von A. Töpfer; „Fröschweiler“ von H. Wentzel und F. Runkel; „Wörth“ von Georg von Ompteda.
Städtisches Gymnasium und Realgymnasium. Vor Beginn des Unterrichts im Winterhalbjahr versammelten sich Lehrer und Schüler gestern morgen in de Aula des Gymnasiums, wo Herr Direktor Riepmann in einer Ansprache auf die bedeutungsvollen Ereignisse einging, die seit der Entlassung der Schüler vor 5 Wochen eingetreten sind, und unter denen nunmehr die Schüler wieder ihre Arbeit beginnen. Die großen Taten unserer Heere, der Aufschwung und die Einmütigkeit unseres nationalen Gefühls enthalten für die Zurückbleibenden, vor allen für die junge Welt, den stärksten Appell zu treuer Arbeit und Pflichterfüllung an der Stelle, wo sie stehen. Die Oberprimen sind gänzlich aufgelöst, die übrigen Oberklassen haben sich gelichtet. 71 Schüler, dazu 20 Lehrer sind unter die Fahnen getreten und teils schon in Feindesland, teils in der Ausbildung begriffen. Herr Direktor hat einige der Übungsplätze besucht und die ins Heer eingetretenen Schüler bei ihrer neuen Tätigkeit gesehen, überall habe er gleichen Feuereifer und gleiche Begeisterung gefunden, und mit fröhlichem Jugendmut und ungeduldiger Kampfeslust warten die jungen Kameraden auf ihren Auszug zur Front. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Rückgabe einer englischen Ordensauszeichnung. Wie wir erfahren, stellte der ordentliche Professor in der hiesigen juristischen Fakultät, Herr Geheimer Justizrat Dr. Philipp Zorn, den ihm verliehenen englischen Orden, das Ehrenritterkreuz des Order of the Hospital of St. John of Jerusalem, dem Kurator der Universität mit dem Antrage zur Verfügung, denselben dem Herrn Kultusminister in Berlin zur Weitergabe an die englische Regierung bezw. deren Vertreter in Berlin zu übermitteln. - Das Beispiel verdient Nachahmung.
Liebesgaben an unsere Soldaten. Der Aufruf um Liebesgaben an unsere im Feld stehenden Soldaten und an diejenigen Krieger, die im Felde verwundet wurden, hat natürlich auch hier in Bonn seine Wirkung nicht verfehlt. Und doch scheint es auch Leute zu geben, die der Ansicht sind, daß man bei dieser Gelegenheit seinen Schund los werden kann. So wurde uns gestern abend von einem Landwehrmann eine größere Pappschachtel vorgezeigt, die etwa 50 Zigarrenspitzen in Holz, Ton oder Meerschaum enthielten, die sämtlich schon benutzt waren und zwar ihrem Aussehen nach Monate, ja Jahre lang. Sogar benutzte Papierzigarrenspitzen waren darunter.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Bonner Museen. Im Septemberheft des „Kunstwart“ lese ich unter anderem folgendes: „Das Kulturleben wachhalten. Viele Museen sind schon geschlossen. Auch große, größte. Möglich, daß es zunächst bei vielen auch gar nicht anders geht. Aber wir haben bei zu wenigen die ausdrückliche Versicherung gehört, daß sie so bald wie möglich wieder aufgemacht werden. Das müssen sie, denn das Kulturleben muß im Gange bleiben. Fehlt es an Wärtern, so lassen sich doch wohl anderswo Stellenlose finden, vielleicht sogar junge Kunst-Studenten oder Künstler und dergleichen, die einspringen. Für wenige Stunden vielleicht nur, aber eben doch für einige usw.“ – Auch unser Provinzialmuseum hier in Bonn ist geschlossen. Ganz entschieden wäre zu wünschen, daß ebenfalls dieses wieder geöffnet würde, wenn auch nur Sonntags, zumal da die Wärterfragen gar nicht in Betracht komme, weil nur ältere Leute dieses Amt besorgen; auch diesen wäre wohl hiermit gedient. Dasselbe gilt auch für das Akademische Kunstmuseum. B.D.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Arbeitslose. Daß der Krieg trotz aller Bemühungen unserer Arbeitsnachweise, aller Aufrufe von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, aller Fürsorgetätigkeit für Arbeitsvermittlung vielen die Gelegenheit genommen hat, ihrer Beschäftigung in gewohnter Weise nachzugehen, davon gibt eine Zusammenstellung Zeugnis, die vom rheinischen Arbeitsnachweisverband veröffentlicht worden ist. (...) Am 24. August gab es nicht unterbringbare Arbeitssuchende (die sich bei den Arbeitsnachweisen gemeldet hatten): (...) in Bonn 162 m., (...) Aachen 1209 m., Köln kaufm. Angestellte 2001 m., 653 w. (2654); sonstige Berufe 2049 m, 1000 w. (3049), insgesamt 5703; (...)
Nicht besetzbare offene Stellen standen gegenüber: in Bonn 10, Essen 3, Saarbrücken 7 (...)
Heldentod. Als erster hiesiger Burschenschaftler fiel vor dem Feinde der Gerichtsassessor Hans Eduard Merkel, Alter Herr der Bonner Burschenschaft Frankonia.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Aus einer außergewöhnlich schweren Schlacht, die uns viele Verluste kostete, bin ich bis jetzt unversehrt herausgekommen. Ich führe jetzt die 5. Komp. 180. Es ist alles sehr grausig und ich mag Dir nichts über Einzelheiten schreiben. Ich denke viel an Dich und die Kleinen. Die Leute, die in Deutschland im Siegestaumel leben, ahnen nicht das Schreckliche des Krieges. Aber ich bin guten Mutes und gesund, und ich weiß, wofür ich gestorben bin, wenn wir den Sieg behalten und unsere Gaue von diesen Verheerungen verschont bleiben, denen Frankreich anheirnfällt. Ich habe bis jetzt mitgemacht die Gefechte bei Porcheresse, Biièvre, Montgon, Lissy, Luxémont, Vitry. (...)
(August Macke an seine Frau Elisabeth, Feldpostkarte aus Vitry-le-François)
(...) Ich war als Zugführer bis jetzt in den Gefechten bei Porcheresse (Nachtgefecht, in dem unser Bataillon ein Regiment aus einem Dorf hinauswarf), Bièvre (in dem ein französisches Regiment 135 vollständig vernichtet wurde), Montgon, Lissy und jetzt bei Vitry Luxémont. Wir liegen hier scheinbar in der Entscheidungsschlacht. Und schießen mit unserer und der 6. Kompagnie 160. InfantrieRegiment zuerst auf den Gegner (die marokkanischen Regimenter). Wir haben uns furchtbar geschlagen. Unsere Kompanien haben noch die Hälfte der Leute, das Bataillon noch zwei Offiziere. Ich führe die 5. Kompanie 160. Viel Grausiges haben wir erlebt, und ich würde es als ein unerhörtes Glück betrachten, wenn ich aus diesem Krieg zurückkäme. (...)
(August Macke an Bernhard Koehler aus Vitry-le-François)
Samstag, 12. September 1914
Seit dem 11. September befinden sich die österreich-ungarischen Truppen in Galizien auf dem Rückzug vor den siegreichen russischen Armeen.
Die Kriegsanleihe und die Vereine. Man schreibt uns: Allerwärts zeigt sich ein lebhaftes Interesse für die neue Kriegsanleihe. Auch den Vereinen, die nach ihren Satzungen ihr Vermögen lediglich zu Vereinszwecken verwenden können, die aber bezüglich Anlage ihres Vermögens nur an die nötige Sorgfalt gebunden sind, bietet sich Gelegenheit, der vaterländischen Sache zu nutzen. So hat der Vorstand des Bonner Theaterbau-Vereins seine ganzen greifbaren Mittel in der neuen Kriegsanleihe angelegt und damit gewiss im Sinne seiner Mitglieder gehandelt. Ebenso ist das bescheidenere Vermögen des Bonner Konzertverein zur Zeichnung von Kriegsanleihen verwendet worden. Andere Vereine werden gewiss folgen, denn jede Zeichnung stärkt die allgemeine Lage, und den Vereinen erwächst kein geldlicher Nachteil; sie erhalten vielmehr eine vorzügliche Verzinsung bei unbedingter Sicherheit.
Auf dem Feld der Ehre starb den Tod fürs Vaterland Dr. Philipp Helle, Leutnant der Res.
Radrennen. Für das am Sonntag, den 20. d. M., zugunsten des Rotes Kreuzes stattfindendem Radrennen der Radfahrer-Vereinigung Bonner Fernfahrer haben auch der Weltrekord- und Sechstage-Fahrer Jean Esser sowie der in Sportskreisen sehr bekannte Dauerfahrer Jakob Esser ihre Zusage gegeben. Außerdem haben auch schon viele andere bekannte Fahrer zugesagt. Bonn wird also ein Rennen sehen, wie bislang noch keines in seinen Mauern stattgefunden hat.
Das Café Königshof (Royal) wird auf vielfaches Verlangen versuchsweiseheute Nachmittag in beschränktem Maße wieder geöffnet werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Vaterländische Reden und Vorträge. Dienstag abend, 15. September, abends 81/2 Uhr, wird Professor Dr. Hashagen in der Aula des Städtischen Gymnasiums über „die Entwicklungen der Beziehungen zwischen Deutschland und England seit dem Jahre 1870“ sprechen. Eintrittskarten werden in den Buchhandlungen von Cohen und Hanstein und in der Musikalienhandlung von W. Sulzbach unentgeltlich abgegeben.
Stadttheater. Die in Vertretung des Herrn Hofrat Beck Herrn Oberspielleiter Georg Wittmann unterstellte Leitung des Stadttheaters, das am 2. Oktober seine auf drei Monate eingeschränkte Spielzeit beginnt, versendet eine Voranzeige, aus der ersichtlich ist, daß man Stücke in Aussicht genommen hat, die der Zeit entsprechen und die Bühne wieder ganz ausschließlich zur moralischen Anstalt machen. Wie auf allen deutschen Bühnen, so wird auch auf der Bonner jetzt Heinrich von Kleist, der verländischste unter den deutschen Dichtern, das Wort haben. Sein „Prinz von Homburg“, seine „Hermannschlacht“, werden, wie das schon in Berlin geschah, große Begeisterung auslösen. Und eindringlichst wird sich in Goethes „Faust“ und „Götz von Berlichingen“, in Schillers „Wallenstein“-Trilogie, im „Demetius“ und „Don Carlos“, in Hebbels „Nibelungen“ und in Otto Ludwigs „Torgauer Heide“ und „Erbförster“ das Deutschtum in der Dichtung wieder auf neue herrlich offenbaren. „Florian Gayer“ von Gerhart Hauptmann wird Zeugnis ablegen von deutscher Art, und Lessings „Minna von Barnhelm“ wird erheben und erfreuen zugleich. Ernst von Wildenbruch soll wieder besonders zu Worte kommen und zwischendurch manch hingegangenes Stück, das wieder Klang bekam in dieser Zeit, zur Aufführung gelangen. Außerdem verspricht die Leitung, Neuheiten, die im Laufe der Spielzeit erscheinen, nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Ein Teil der früheren Schauspieler und Schauspielerinnen wird zurückkehren; auch werden neue Kräfte kommen. Für die zum Heere einberufenen Darsteller verspricht die Leitung noch vollwertigen Ersatz zu schaffen.
Tabak-Niederlagen für unsere Truppen.
„Unsere Truppen lechzen nach absolut fehlenden Zigarren und Tabak; bitte sofort Wohltätigkeitsaktion einzuleiten,“
so depeschierte ein Herr vom Oberkommando des deutschen Kronprinzen an die Presse.
Zur Erfüllung dieser Bitte werden von einem Mitbürger vorläufig je ein Sammelfaß für Zigarren und Zigaretten auf dem Münsterplatz, Friedrichsplatz und Kaiserplatz von Sonntag ab aufgestellt; weitere sollen folgen.
Tabak, leere Zigarrenkisten und Zigarettenschachteln zur Verpackung werden direkt an die Sammelstelle der Diskontogesellschaft erbeten. Die Gaben sind für unsere Helden im Felde bestimmt.
Die Sammelfässer werden dem Schutze der Bürgerschaft empfohlen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
„Lieb Vaterland, magst ruhig sein.“ Man schreibt uns: Diese Ueberzeugung wird sich gewiß manchem unserer Bonner Mitbürger in den letzten beiden Tagen aufgedrängt haben, wenn er Gelegenheit hatte, mit unserer jüngsten Einquartierung, einer „Feld-Train-Kompagnie“ in Berührung zu kommen. „Prachtkerls“ in des Wortes wahrster Bedeutung sind diese aus verschiedenen Garde-Regimentern rekrutierten Hünengestalten, die gegenwärtig in unseren Mauern allenthalten Bewunderung und Staunen erregen. Wie sehr diese Urgermanen „ins Gewicht fallen“, mag die Tatsache beweisen, daß ihrer ein halbes Dutzend, im Quartier „Zur Rose“, Markt 5, untergebracht, die Kleinigkeit von ca. 15 Zentnern wiegen! Schade, daß man da die Herren Franzosen nicht zu einer „maßnehmenden“ Besichtigung einladen darf, hocherfreulich aber, daß wir denken und fühlen dürfen: „Lieb Vaterland magst ruhig sein.“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 13. September 1914
Die nach der Marne-Schlacht an die Aisne zurückgezogenen deutschen Truppen werden seit dem 12. September von den Alliierten angegriffen und beginnen mit dem Bau von Schützengräben und befestigten Stellungen.
Recht und Würde des Krieges. Wir sind in der Lage, auf die sich mehrenden Anfragen bekannt zu geben, daß die am Montag, den 7. September, in der Aula des städtischen Gymnasiums von Herrn Professor Dr. Sell gehaltene Rede: „Recht und Würde des Krieges“ in einigen Tagen zu mäßigen Preisen im Verlage von Friedrich Cohen in Druck erscheinen wird.
Der Freiwillige Hilfsausschuß bereitet einen Liebensgabentransport vor, zunächst bestimmt für die beiden Bonner Regimenter (Husaren und 160er) und das hier zusammengestellte Landwehrbatallion (29er). Besonders erwünscht sind: Tabak in jeglicher Form, Schokolade, Gemüse-Konserven, Dauerwurst, Hemden, Fußlappen und überhaupt wollene Unterkleider.
Es wird gebeten, Gaben an der Zentralstelle des Freiwilligen Hilfsausschusses (Diskontobank) zu liefern. Über den Abgang des ersten Transportes wird noch näheres bekanntgegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Tabak für die ,,Bönnsche Junge“. Den vielen Anfragern und Einsendern von Tabak an uns diene zur gefl. Nachricht, daß der Tabak direkt an die rauchlustigen Soldaten zu senden ist. Die Adresse lautet: ,,An die Reservisten und Landwehrleute vom 3. Batl. Reserve-Inf.-Regt. 29 16 Res.-Division, 8. Res.-Korps, 4. Armee.“
Ein größerer Transport französischer Gefangener wurde Samstag morgen von hier über die Brücke nach der rechten Rheinseite gebracht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegsanleihe, Sparer und Kapitalisten.
An alle Besitzenden ergeht die Aufforderung zur Zeichnung auf die Kriegsanleihen des Deutschen Reiches. Ob kleine oder große Sparer, ob Vereine oder Aktiengesellschaften, alle haben die vaterländische Pflicht, einen Teil ihres Vermögens zum Erwerb der 5 Prozent Kriegsanleihen zu verwenden. Der Ausgabekurs beträgt nur 97,50 Prozent. Die Zahlung ist mit 40 Prozent bis 5. Oktober, mit 30 Prozent bis 20. Oktober und mit 27,5 Prozent bis 25. November zu leisten. Anmeldungen zur Zeichnung nehmen alle Banken, Sparkassen, Reichsbankstellen und Lebens-Versicherungsgesellschaften entgegen.
Wer Schatzanweisungen erwirbt, erhält sein Geld in vier, spätestens in sechs Jahren zu 100 Prozent, also mit einem Gewinn von 2,5 Prozent zurück.
Er erzielt mithin in Wirklichkeit eine Verzinsung von 5 5/8 Prozent.
Eine Deutsche Reichs-Anleihe ist trotz der Kriegszeit zu den sichersten Wertpapieren der ganzen Welt zu rechnen. Sämtliche deutsche Bundesstaaten mit ihrem gesamten Vermögen und der vereinigten Steuerkraft ihrer Bürger sind für die Sicherheit dieser Papiere haftbar. Das in Eisenbahnen, Domänen und Bergwerken angelegte Vermögen des Preußischen Staates allein ist auf nahezu 10 Milliarden Mark zu beziffern.
Der Erwerb dieser Anleihen ist mithin kein Opfer, das den Besitzenden zugemutet, sondern ein ausgezeichnetes Geschäft, das ihnen dargeboten wird.
Ein winziges und vorübergehendes Opfer würde nur dann vorliegen, wenn jemand das Papier erwirbt und die erforderlichen Mittel hierfür durch Beleihung von Vermögenswerten bei der Reichsdarlehnskasse sich beschaffen muß. Hier zahlt er sr. Zt. die 6 Prozent Zinsen für das Darlehn, während er für die Reichsanleihe nur 5 5/8 Prozent empfängt. Er würde mithin bei je 10 000 Mark eine jährliche Einbuße von 37,5 Mark erleiden, falls der Leihzins der Kasse nicht vorher herabgesetzt wird und der Besitzer innerhalb Jahresfrist nicht zur Rückzahlung des Darlehns im Stande sein sollte. Angesichts der gewaltigen Opfer aber, welche Millionen unserer Brüder durch Einsetzung von Leben und Gesundheit auf dem Schlachtfelde bringen, erscheint es fast wie eine Lästerung, in dem vorliegenden Falle den Ausdruck ,,Opfer“ zu gebrauchen.
Wir wollen und wir müssen siegen.
Und dazu genügt nicht allein die Tüchtigkeit unserer Heerführer, der Mut und die Ausdauer unserer wackeren Krieger, die Ueberlegenheit unserer Waffentechnik – sondern wir bedürfen dazu ebenso sehr des Geldes. Kein Vaterlandsfreund aber wird sich weigern, für seinen Teil dem Reiche in dieser Schicksalsstunde die notwendigen Mittel unter so überaus günstigen Bedingungen leihweise zur Verfügung zu stellen.
Unsere Feinde wollen uns aushungern. Wir könnten ihnen keinen größeren Triumph bereiten, als durch einen Mißerfolg der Kriegsanleihe den Anschein finanzieller Schwäche zu erwecken. Darum bedeutet ein Erfolg der Anleihe mehr als eine gewonnene Schlacht. Dank der Stärke des Reiches und seiner Waffen erfreut sich die Mehrzahl der Besitzenden der Gewährleistung ihres Gutes, der ruhigen Sicherheit ihres Lebens. An ihnen liegt es nun, auch die finanzielle Schlacht zu gewinnen und damit an ihrem Teil beizutragen zum glücklichen Ausgang dieses Krieges, von dem das Sein oder Nichtsein der Gesamtheit, das Wohl oder Wehe jedes Einzelnen und ganz besonders der Besitzenden abhängt.
Zeichnungen für die Kriegsanleihe. Die hiesige städtische Sparkasse wird für die 5prozentige Kriegsanleihe bis zu einer halben Million Mark zeichnen, desgleichen die Stadt Bonn aus ihren Reservefonds 100 000 Mark. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß auch die Kgl. Kriegskasse – Argelanderstraße 47 – Zeichnungen auf die Kriegsanleihe entgegennimmt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 14. September 1914
Von Brieftauben-Liebhaber-Verein Kriegspost in Bonn erhalten wir folgende Zuschrift: „Sehr verehrte Redaktion! Trotz wiederholter Warnungen sind noch verschiedene, so ganz wilde Schläge in Bonn und Umgebung, die ihre Tauben frei fliegen lassen und so zu Meldungen bestimmten Tauben Gelegenheit geben, sich in die Schläge der vorgenannten Brieftaubenbesitzer zu verirren. – Aber nicht genug damit, wir mussten in den letzten Tagen zu unserem Bedauern feststellen, daß auch über 15 hiesige Tauben angeschossen worden sind, außerdem sind unzählige Tauben, die im Felde ihr Futter suchen, einfach erschossen worden. Wir bitten im Interesse der Militärverwaltung, noch mal an geeigneter Stelle in Ihrer gesch. Zeitung auf das Strafbare dieser Handlungsweise hinzuweisen. Man soll es kaum für möglich halten, daß es bei der jetzigen ernsten Lage noch Leute gibt, die, um sich einen Braten auf die billigste Art anzueignen, sich an Tieren vergreifen, die zu Kriegszwecken verwandt werden!“
Aus Kunst, Wissenschaft und Leben.
Die Wörterbuchkommission der K. Bayr. Akademie der Wissenschaften verbreitet ein Schreiben an die Sammler des bayrisch-österreichischen Wortschatzes und ihre Freunde, worin es heißt: „(...) Um eines aber möchten wir alle Sammler bitten, die noch in der Heimat sind (...), Aug und Ohr scharf offen zu halten für all das neue Wortmaterial, das jetzt entsteht, die Worte des Ernstes und die Worte des Witzes, den wir uns trotz allem nie rauben lassen, die neuen Redensarten und Scherze, die jetzt aufflattern, die alten Worte, die jetzt wieder Wert erhalten, die Lieder, Schnurren und ernsten Geschichten, die nun umlaufen und an Schwung bekommen, (...) und sende alles (...) an die Wörterbuchkommission.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Liebesgaben-Fässer, die auf dem Kaiserplatz, dem Münsterplatz und auf dem Friedrichsplatz aufgestellt wurden, haben sich gestern sehr bewährt. Nicht allein Zigarren, Zigaretten, sondern auch bares Geld floß reichlich. Die stärkste „Einnahme“ hatte das Faß auf dem Münsterplatz, das bereits um die Mittagszeit halb gefüllt war. Viele Damen und Herren hatten sich auch mit Rauchtabak versehen, mußten jedoch in Erfahrung bringen, daß die Oeffnung für Tabakpakete nicht ausreichte. Wie es heißt, sollen in Anbetracht des guten Erfolges noch mehrere Fässer an verkehrsreichen Punkten der Stadt Aufstellung finden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städt. Rheinfreibad. Sicherem Vernehmen nach ist beabsichtigt, die Badeanstalten schon am Dienstag den 15. ds. Monats zu schließen. Der Bürgerschaft, den Schulen und nicht zuletzt den hier einquartierten Soldaten wäre es sehr angenehm, wenn diese herrliche, gesundheitsfördernde Wohlfahrtseinrichtung noch bis auf Weiteres offen bliebe. Bisher wurde, wie ich selbst als häufiger Badegast beobachtet habe, diese Anstalt viel besucht, weil die Wärme des Wassers fast jeden Tag noch 19 bis 20 Grad betrug. Wie erfrischend ein Rheinbad wirkt, wird jeder bestätigen, der solches nimmt. P.H.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der Verein ehem. 28er Bonn hat in seiner Monatsversammlung beschlossen, die ihm seiner Zeit von dem früheren Regimentschef, dem Herzog von Cambridge, verliehene Fahne, welche das englische Wappen trägt, nicht mehr zu führen, da es jetzt eines Deutschen unwürdig sei, hinter einer derartigen Fahne zu marschieren.
Verwundete Krieger können ihre Briefe, Karten usw. kostenlos im Institut „Blitz“, Abschreibe-Büro und Eilboten-Zentrale, Münsterstraße 2, schreiben lassen, sie können die Briefe direkt in die Schreibmaschine diktieren, doch wird auch Handschrift geliefert.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 15. September 1914
Am Vortag war Moltke, der für das Scheitern des Schlieffen-Plans und den Rückzug der deutschen Truppen verantwortlich gemacht wurde, als Generalstabschef von Falkenhayn abgelöst worden.
Die Bonner Zeitung enthält eine lange Verlustliste unter städt. Meldungen. Der General-Anzeiger meldet nach den ständigen Siegesmeldungen aus Frankreich „schwere, bisher unentschiedene Kämpfe“. Die Reichszeitung beschränkt sich in ihrer Berichterstattung auf die Siege im Osten.
Die Benutzung des Telefons zu Ferngesprächen im Reichsgebiet können laut Bekanntgabe des stellvertretenden Generalkommandos des 8. Armeekorps die Telegraphenämter und Postanstalten für Personen und Firmen, die sich durch polizeiliche Bescheinigungen als durchaus einwandfrei ausweisen, gestatten, wenn es im kommunalen oder staatlichen Interesse liegt, oder wenn dadurch die Zwecke der Heeresverwaltung gefördert werden.
Pferdesamariterkorps. In dem Organ des „Bayrischen Vereins für Frauenstimmrecht“ regte Fräulein Dr. Anita Augspurg die Bildung eines Pferdesamariterkorps an, zur Tötung schwerverletzter Kriegspferde. Die „Pferdeschutz-Vereinigung über ganz Deutschland“ nimmt hierzu Stellung und gibt bekannt, daß kein Anlaß zur Bildung eines solchen Korps vorliegt, da nach den gemachten Erfahrungen in dem letzten und auch in dem gegenwärtigen Kriege und nach ministeriellen Anordnungen jeder Offizier und jeder Veterinär nach eigenem Gutdünken schwerverletzten Pferden den Gnadenschuß geben kann. Dann kann die Heeresleitung auch keine Zivilleute hinter ihren Truppen dulden, um nicht dem Marodörwesen Vorschub zu leisten!
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Für die Kriegsanleihe. Die Kreissparkasse Bonn zeichnete für die Kriegsanleihe 1 Million Mark.
In den Sammelfässern wurden am ersten Tage vorgefunden: 1000 Zigarren, 487 Zigaretten, 4 Spitzen, 2 Rollen Kautabak und 1 Feuerzeug, ferner 87,86 Mark Bargeld, welches zum Ankauf von Zigarren und Tabak verwendet wird. Den freundlichen Gebern herzlichen Dank!
Einige Fässer werden noch aufgestellt. Es wird dringend darum gebeten, die Schuljugend darauf aufmerksam zu machen, daß sie die Fässer weder belagert, noch Kastanien und sonstige nicht erwünschte Sachen hineinwirft. Erneut werden die Sammelfässer dem Schutze der Bürgerschaft empfohlen, weil ein Schloß schon unbrauchbar gemacht war.
Ein größerer Transport verwundeter Soldaten ist gestern hier angekommen und in die Lazarette untergebracht worden. Im Laufe des Nachmittags ging ein Lazarettschiff mit verwundeten Kriegern von Bonn nach dem Oberrhein. – Gegen 8 Uhr abends kam ein großer Zug mit französischen Gefangenen durch die hiesige Station.
Freiwillige gesucht. Das Ersatzdepot des Infanterie-Regiments „Hessen-Homberg“ Nr. 166 in Bitsch in Lothringen stellt jederzeit Kriegsfreiwillige ein. Auch wird es dankbar begrüßt, wenn sich ehemalige Feldwebel, Unteroffiziere, Gefreite zwecks Ausbildung der Freiwilligen melden.
Die Sammlung für die Kriegsnotleidenden in Ostpreußen hat im ganzen bis jetzt 6913.50 Mark ergeben. Der Betrag der letzten Woche mit 4051.50 Mark ist ebenfalls an die Hauptsammelstelle in Berlin abgeführt worden.
Notschrei Bonner und Beueler Krieger
Hart an der Grenze liegen wir,
Es fehlt uns vieles. Vor allem das Bier
Ist uns ausgegangen schon lange Zeit
Und Bonn und Beuel ist allzuweit.
Fliegen und Flöhe und Wanzen und Läuse
Sind uns’re Gefährten, dazu noch die Mäuse
Teilen mit uns Geschirr und Gemach,
Fürchten nicht Schuß, noch Pulverkrach.
Ueber uns, seitwärts und vor uns sind Feinde.
Nicht zu trauen ist der Dorfgemeinde. –
Doch unsere Bajonette sind blank und spitz
Nicht umsonst sind wir Enkel vom alten Fritz.
Wir sehen zwar aus wie die Zigeuner,
Vielleicht noch struppiger und etwas „bräuner“
Wir haben kein Hemd und keinen Tabak
Noch weniger Bier und Kaiserkognak.
Aber Mut für Zehn in unserm Herzen!
Wenn auch bei manchem die Wunden schmerzen
Von den beiden letzten Gefechten. –
Doch woll’n wir mit dem Kriegsgott nicht rechten.
Hätten wir nur etwas Gutes zu trinken.
Hopfenfelder genügend hier winken.
Darum lindert die Not und schickt Bier.
Noch sind wir in Bir – wir warten hier. –
Jetzt kommt die Adresse, paßt auf, ohe!
Wir sind das Ersatz-Korps der 6. Armee.
8. Division, 29. Brigade,
Wären wir anderswo, `s wäre schade!
2. Regiment und 2. Bataillon,
5. Kompagnie, jetzt habt Ihr’s schon!
Unteroffizier Blasius,
(Namens vieler Bonner und Beueler Jungens.)
Immer mehr Tabak! Von allen Seiten kommen Feldpostkarten an uns, wir möchten doch ein gutes Wort bei den Bonnern dafür einlegen, Tabak und Zigarren für unsere im Felde stehenden Soldaten zu stiften. Heute bittet uns die 6. Komp. des 65. Res.-Inf.-Regim., 8. Korps, 21. Inf.-Div., auf sie aufmerksam zu machen, da auch bei diesem Truppenteil eine große Anzahl Bonner Jungens dienten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Auf der Suche nach Angehörigen. Zu der Feldpostkarte des Kessenicher Wehrmannes, der auf der Suche nach seinen Angehörigen sich sogar an die Zeitung wenden muß, möchte ich noch folgendes mitteilen: Mein Sohn, auch ein Kessenicher Wehrmann, der vor fünf Wochen ins Feld gezogen ist, hat bis heute noch kein Lebenszeichen von sich gegeben. In den letzten vier Wochen habe ich vier Briefe und zwei Karten, die letzte sogar mit Rückantwort an seine Adresse geschickt, und bis heute bin ich noch ohne Antwort; ein Zeichen dafür, daß er meine Briefe nicht erhalten hat. Hieraus ergibt sich, daß es unseren Kriegern genau so ergeht, wie den Angehörigen. Von beiden Seiten wird geschrieben, aber – es kommt nichts an. Woran das liegt, kann ich nicht sagen. Jedenfalls werden die Sachen an einer Stelle zurückgehalten. Wenn die Militärbehörde Karten, deren Inhalt im Interesse des Staates nicht veröffentlicht werden darf, zurückhält, so ist das wohl zu verstehen. Meine Briefe enthielten aber nur Mitteilungen über die Familien, und den gleichen Inhalt werden auch die meisten Karten und Briefe an die Angehörigen haben. Ich selbst habe die Feldzüge von 1866 und 1870/71 mitgemacht und darf sagen, daß uns damals trotz der viel schlechteren Verbindungen alle Karten und Briefe erreicht haben. Johann St.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Katholischer Verein. Um in der gegenwärtigen ernsten Zeit des Krieges seinen Mitgliedern etwas Anregung zu geben, hatte der Katholische Verein e.V. auf Sonntag abend dieselben mit ihren Familien zu einem der Zeit angepaßten Vortrage eingeladen. Herr Kaplan Fuhrmanns, der neue Präsident des Vereins, sprach nach kurzer Begrüßung über die Päpste Pius X. und Benedikt XV. in wohldurchdachter, ansprechender Weise. Hierauf folgte ein Lichtbildvortrag über Belgien, erläutert durch Herrn Realschullehrer M. Rech. Schöne Bilder über das leider so verblendete Belgien wurden gezeigt und mit einer gewissen Wehmut nahm man von den schönen Städtebildern Notiz, von denen ein Teil infolge des belgischen Volkskrieges der Vernichtung anheimfiel. Zum Schlusse gedachte Herr Rech noch in kurzer Rede unseres Kaisers, dessen Grundsatz es stets war, den Frieden zu erhalten. Er schloß mit einem dreifachen Hoch auf unseren Monarchen, worauf begeistert die Nationalhymne gesungen wurde.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Vereins-Nachrichten aus Bonn“)
„Das ist der Krieg“ betitelt sich ein Sensationsdrama, welches diese Woche im Viktoria-Theater, Gangolfstraße, zur Aufführung gelangt. Der Dreiakter ist eine Zugnummer, womit das Viktoria-Theater das Recht für sich in Anspruch nehmen kann, Bilder vorzuführen, welche das Wort „Krieg“ mit seinen wildaufjagenden Leidenschaften lebenswahr vor Augen führen. Die Handlung versetzt uns in die Balkangegend. Naturgetreu sehen wird das Volk zu den Waffen greifen und die Mittel angewandt, womit der grausige Krieg seine Opfer fordert. Die nervenpeitschenden Momente, wo Erkundungsritte, stürmische Verteidigung einer Blockhütte und deren Entsatz durch Truppen, dann wie das moderne Erkundungsmittel, der Aeroplan, in den Kriegsdienst gestellt wird, alles das entrollt ein Bild, wie es naturwahrer nicht geschildert werden kann. Die Kriegsbilder lassen auch das edle Menschliche nahe treten und so flicht sich eine Handlung zwischen Kriegsbildern ein, welche ergreift und mit liebevoller Herzlichkeit die Seele des Menschen berührt. Diesem Kriegsdrama schließt sich ein zweiaktiges Schauspiel „Der Thronfolger“ an. Es bringt uns die Pflicht- und Mannesstärke eines zum Wohle des Volkes berufenen Thronfolgers nahe. Wenn sich ihm im Wechsel des Lebens Episoden einschieben, welche seine ihm angeborenen hohen Ziele und Stand ins Wanken bringen, so tritt mit doppelter Stärke die Charaktereigenschaft in Erscheinung, welche ihn über das Alltägliche erhebt. Das Viktoria-Theater bringt auch mit diesem Film ein lebensvolles Bild zur Aufführung. Ein Besuch ist sehr zu empfehlen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Geschäftliches“)
Mittwoch, 16. September 1914
Auf dem Feld der Ehre starben den Tod fürs Vaterland Ulrich Hoffmann, Hauptmann d. Res. und Kompanieführer, Rechtsanwalt Dr. Schierenberg, Leutnant d. Res., Rechtsaktuar Ferdinand Falk, Offizierstellvertreter.
Die Bonner Gruppe des Alldeutschen Verbandes. Der Vorstand der Bonner Gruppe hat einstimmig folgende Entschließung gefasst und an die Reichsregierung abgesandt: „England hat Deutschland heimtückisch den Krieg erklärt. Seine Absicht, unsere Seegeltung zu vernichten, können wir nur durch eine genügend starke Flotte verhindern. Die Unterzeichneten bitten die Regierung des Deutschen Reiches inständig, mit großer Beschleunigung so viele Kriegsschiffe auf Stapel zu legen, wie nötig sein werden, England das zu tun, was es Deutschland tun will.“
Notstandsarbeiten. Die Bauleitung des Johanniter-Krankenhauses Friedrich-Wilhelm-Stift ist bereit, die auf ihrem Grundstücke auszuführenden Garten- und Wegearbeiten durch die Stadt zur Beschäftigung für den Fall von Arbeitslosigkeit ausführen zu lassen. – Die Finanzkommission erklärt sich einverstanden.
Strickarbeiten für Soldaten. Wir werden um Aufnahme der folgenden Notiz ersucht: Auskunft über Strickarbeiten für solche, die sich die Wolle selbst kaufen, jeden Dienstag und Freitag nachmittags von 4 – 6 im vegetarischen Speisehaus, Gangolfstr. 3 I.
Gebt noch nicht die Trauringe! An das Zentral-Komitee vom Roten Kreuz ergehen fortgesetzt von vielen Seiten Vorschläge, die dahin abzielen, goldene Trauringe gegen eiserne einzutauschen. So opferfreudig dieser Gedanke auch ist, so wird doch gebeten, zunächst noch von der Übersendung von Trauringen abzusehen. Wir sind überzeugt, daß das deutsche Volk, wenn die Not wirklich aufs höchste steigt, auch vor diesem letzten Opfer nicht zurückschrecken wird. Aber jetzt ist noch nicht die Zeit der höchsten Not gekommen. (...) Erst alles andere opfern, der Trauring ist das letzten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
1½ Millionen Kriegszigarren für unsere tapferen Truppen im Felde – das ist in zwei Tagen das Ergebnis des an den „Berliner Lokal-Anzeiger“ gerichteten telegraphischen Aufrufs des Kronprinzen.
Für die Uebungen des Wehrbundes und der Jungdeutschland-Mannschaften wird auf Anregung der Stadtverordneten Henry und Schmidt beantragt, die städtischen Turnhallen und Spielplätze kostenfrei zur Verfügung zu stellen und einen Zuschuß zur Deckung der Kosten beizusteuern.
In den drei Sammelfässern befanden sich gestern 225 Zigarren, 286 Zigaretten und 40.80 Mark in bar.
Der Vaterländische Frauen-Verein hielt gestern in Gegenwart der Frau Prinzessin Viktoria zu Schaumburg-Lippe eine gutbesuchte Mitgliederversammlung im großen Saal der Lese ab.
Die Vorsitzende, Frau Berghauptmann Krümmer, begrüßte zunächst die hohe Protektorin und warf einen Rückblick auf die Geschichte des Vereins. In Gemeinschaft mit dem Zweigverein für das Rote Kreuz habe der Vaterländische Frauenverein am ersten Mobilmachungstage das Vereinslazarett in der Luisenstraße errichtet. (…) Die Ausbildung von Hilfsschwestern sei unter Leitung von Dr. Wenzel schon in Friedenszeiten eingeleitet worden und es sei möglich gewesen, eine ganze Anzahl Hilfskräfte zur Verfügung zu stellen. Exzellenz von Rheinbaben berichtete dann über das Lazarett „Glück auf!“ in der Luisenstraße. Nur ein Zimmer mit einem Bett und drei Zimmer mit 2 Betten seien für Offiziere bestimmt und es befänden sich dort höchstens vier Offiziere. Außerdem könnten 20 Mann aufgenommen werden. Auf die Aufnahme der Mannschaften habe der Verein gar keinen Einfluß, sondern sie würden von dem General-Oberarzt auf die einzelnen Lazarette verteilt. Erst am 17. August seien fünf Verwundete eingetroffen, am nächsten Tage drei Offiziere und 19 Mann und am 29. sei die Höchstzahl von 25 Verwundeten erreicht worden. Die Oberleitung des Lazaretts habe Geheimrat Dr. Walb. Die Kosten des Lazaretts auf der Luisenstraße würden ausschließlich vom Roten Kreuz getragen. Frau Prinzessin Viktoria habe dazu 10 000 Mark gespendet. Voraussichtlich würden die laufenden Kosten nicht mehr wie 4000 Mark monatlich betragen. Die Lieferanten hätten durchweg hohen Rabatt bewilligt, nur die Firmen für Verbandsmaterial hätten recht wenig Entgegenkommen gezeigt, sondern im Gegenteil erhebliche Aufschläge genommen.
Bis jetzt sei die Heilung der Verwundeten sehr günstig fortgeschritten. Drei Offiziere ständen schon wieder in der Front, zwei würden in den nächsten Tagen entlassen. Einzelne Offiziere seien in hiesigen Familien aufgenommen worden und nur zur ambulanten Behandlung ins Lazarett gekommen. Es liege ein Angebot vor aus Friesdorf, solche Verwundete, die der ärztlichen Behandlung nicht mehr bedürfen, aufzunehmen, aber der Generalarzt sei nicht sehr geneigt dazu, weil dort keine ärztliche Kontrolle ausgeübt werden könne.
Frau Justizrat Conzen berichtete dann über die Verpflegungs-Station, in der seit dem 18. August weit über 15 000 Mann verpflegt worden sind.
Es folgte der Bericht über die Zentral-Sammelstelle, in der die Sammlungen einer Reihe von Vereinen zusammengeflossen sind. Für die Beschaffung von Frauenarbeit seien von der Hauptsammelstelle 5000 Mark zur Verfügung gestellt worden, wofür Stoffe zur Verarbeitung beschafft worden seien.
Es folgte der Bericht über die Bereitstellung von freiwilligen Krankenpflegerinnen und Helferinnen, von denen augenblicklich 110 zur Verfügung ständen. Die 17 Heilanstalten von Bonn und Umgegend sind in vier Reserve-Lazaretten mit 2176 Betten zusammengefaßt. Das Vereinslazarett gehört zum Reserve-Lazarett Nr. 2.
Alle gesammelten Gelder sind an die Zentralstelle, die Diskonto-Gesellschaft, geflossen. Ueber die Ausgaben verfügt unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters eine Kommission. Es sind bis zum 10. September 305.356 Mark zusammengekommen. Ausgegeben sind bisher 33.630 Mark, so daß ein Bestand von mehr als 271.000 Mark bleibt. Auch die Sammlung Kriegshilfe hat bis zum 10. September über 30 000 Mark ergeben, und in den letzten Tagen sind noch erhebliche Beträge eingegangen. Das Vereinsvermögen besteht in Wertpapieren in Höhe von 228.000 Mark, ferner sind an barem Geld und Sparkassenbüchern 2959,20 Mark vorhanden und das Geschäft Am Hof, das nach Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten 17.000 Mark an Bestand hat. Im vorigen Jahre seien 72 ordentliche und 320 außerordentliche Mitglieder im Verein gewesen. Bis zum 10. September sei die Zahl der ordentlichen Mitglieder auf 159 gestiegen. Der Verein könne an regelmäßigen Vereinsgaben für dieses Jahr auf rund 4000 Mark rechnen. Im Notfalle könne aber auch das Vermögen angegriffen werden. Die Vorsitzende dankte zum Schluß der Frau Prinzessin Viktoria und allen Erschienenen für ihr großes Interesse an der schönen Vereinssache.
Vaterländische Reden und Vorträge (zweiter Abend). Prof. Dr. Hashagen: Die Entwicklungen der Beziehungen zwischen Deutschland und England seit dem Jahre 1870. Mit Grimm und Wut im Herzen denkt man an das perfide Albion. Kein Wunder, daß man alles, was diese teuflische Hetzpolitik Englands ins rechte Licht rückt, mit doppeltem Interesse verfolgt; kein Wunder auch, daß uns während des jetzigen Krieges nichts mit so grimmiger Freude erfüllt, als wenn eben dieses perfide Albion von unseren wackeren deutschen Soldaten Hiebe, fürchterliche Hiebe wegkriegt.
Der gestrige Vortrag war überfüllt. Die Aula des Gymnasiums vermochte nicht alle Besucher zu fassen. In ausgezeichneter Weise legte Redner die deutsch-englischen Beziehungen seit 1870 dar. (...)
Von dem gegenwärtigen Krieg sagte der Redner, daß die Beschwerde Englands über den deutschen Bruch der belgischen Neutralität nur ein Vorwand für England gewesen sei. Der Krieg war von England langerhand vorbereitet, wie das Kriegsbündnis zwischen Frankreich und England beweist. England hat den Krieg vergiftet und dadurch wendet sich der Zorn mehr gegen England, als gegen die anderen Mächte, mit denen wir im Kriege liegen. Sind wir also davon überzeugt, daß der Krieg gegen England gerecht ist, so müssen wir ihn auch zu Ende führen; alles andere ist nur ein Waffenaufschub. Wenn aber schließlich der Sieg für uns Deutsche kommt, dann wollen wir hoffen, daß die deutsche Diplomatie von dem Geiste Bismarcks erfüllt werde, damit Deutschland endlich Ruhe bekommt vor diesem „perfiden Albion“.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ueber die Tätigkeit der vaterländischen Vereinigungen (Zweigverein vom Roten Kreuz für den Stadt- und Landkreis Bonn, Vaterländischer Frauen-Verein für den Stadtkreis Bonn und freiwilliger Hilfs-Ausschuß für durchfahrende Truppen) ist folgendes mitzuteilen: Zunächst ist für die Erfrischung der in großer Zahl mit der Eisenbahn hier durchbeförderten Truppen in reichlicher und bester Weise, unter Aufwendung erheblicher Mittel gesorgt worden. Die in erfreulichem Umfange gespendeten Naturalien fanden dabei zweckentsprechende Verwendung. Zur Erfrischung der hier durchfahrenden Verwundeten und zur Anlegung neuer Verbände wurde an der Weststraße gegenüber dem Güterbahnhof eine große Halle errichtet, die allen Anforderungen auf das Beste entspricht. Hier sind bisher auch größere Truppentransporte vollständig verpflegt worden.
Das Ausladen der für die hiesigen Lazarette bestimmten Verwundeten erfolgt an dem Eilgüterschuppen des Güterbahnhofes. Für solche Fälle, in denen sofortige ärztliche Hülfe eintreten muß, sind die nötigen Einrichtungen getroffen. Für den Transport der Verwundeten zu den Lazaretten, wobei die Sanitätskolonne vom Roten Kreuz und die für diesen Zweck gebildete Krankenträger-Kolonne anerkennenswerte Hilfe leisten, werden die städtischen Straßenbahnen in ausgiebiger Weise benutzt.
Infolge der zu Friedenszeiten von dem Zweigverein vom Roten Kreuz eingegangenen Verpflichtung ist in dem Hause Luisenstraße Nr. 6 auf eigene Rechnung ein Vereinslazarett mit 25 Betten eingerichtet und in Betrieb gesetzt. Das Lazarett ist fortdauernd mit Verwundeten belegt und verursacht große Kosten.
Um dem hervorgetretenen Mangel an Wäsche und Kleidung für die Verwundeten in den hiesigen Lazaretten abzuhelfen und andererseits beschäftigungslosen Heimarbeiterinnen lohnende Arbeit zu verschaffen, haben die Vereinigungen größere Mittel bewilligt. Die Beschaffung der Stoffe, die Vermittlung der Anfertigung der Wäsche usw. und deren Verteilung an die einzelnen Lazarette erfolgt durch eine besondere Kommission. Dem neugebildeten Vaterländischen Frauen-Verein für den Landkreis Bonn ist für seine Zwecke ein Betrag von 3000 Mark überwiesen worden. Ferner wurden den hiesigen Volksschulen und Kinderhorten zur Anfertigung von Strümpfen und Pulswärmern für die im Felde stehenden Truppen Mittel zur Verfügung gestellt. Im Rucker’schen Hause am Markt ist für die Verwundeten eine Lesehalle eingerichtet, die dank der Gebefreudigkeit der Bürgerschaft über einen ansehnlichen Bestand an Büchern, Zeitschriften, Zeitungen usw. verfügt.
Die Vereinigungen sind fortgesetzt bemüht, die hier untergebrachten Verwundeten mit Tabak, Zigarren, Gebrauchsgegenständen usw. zu versorgen. Es schweben Erwägungen, den im Felde stehenden Truppen Liebesgaben mittels Automobilen direkt zu übermitteln. Die große Opferwilligkeit der Bürgerschaft, die sich sowohl in der Spendung von Geldmitteln und Naturalien, wie in der bereitwilligen und uneigennützigen Hülfeleistung auf allen Gebieten der Kriegsfürsorge in hervorragender Weise bekundet, verdient vollste Anerkennung.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
„Patriotismus“ auf Kosten anderer.
Kürzlich war in diesem Blatte die Rede von einer „Herrschaft“, die ihr Dienstmädchen weiter halten will, wenn es nur für Kost und Wohnung, ohne sonstige Vergütung, arbeiten will. Eine andere Dame eröffnete ihrem weiblichen Personal, dass sie ihren monatlichen Lohn um einen bestimmten Betrag kürzen werde, den sie an die Sammlung des roten Kreuzes abliefern werde. Selbstverständlich auf ihren, nicht auf der eigentlichen Spenderinnen Namen. Ein derartiger „Patriotismus“ bringt zwar nicht unmittelbar etwas ein, er kostet aber auch nichts.
Aehnlich zu bewerten ist der „Patriotismus“ jener gutsituierten Damen, deren Gatten, Brüder, Söhne, Verlobte oder sonstige Anverwandte im Felde stehen und die nun an hiesige Geschäftsleute, von denen die Männer das eine oder andere bezogen haben, das Ansinnen stellen, an diese Gratispakete zu schicken. Man weiß wirklich nicht worüber man mehr staunen soll: über die Unverfrorenheit oder über die Einfalt dieser Antragstellerinnen. (...) Auch Kegelbrüder haben sich, wie mir erzählt wird, an diesem „Patriotismus“ auf Kosten anderer beteiligt. Sie haben beschlossen, die Benutzungsgebühr für die Kegelbahn nicht mehr an die Besitzer, die Wirte, sondern an das rote Kreuz abzuführen. Sie wollen sich also in ihrem Vergnügen nicht einschränken, aber doch auch etwas zur Linderung der Not beitragen: die Kosten soll der Wirt bestreiten. Ein edles Beginnen, fürwahr, und billig vor allen Dingen! Noch andere „Patrioten“ und „Patriotinnen“ können hier vorgeführt werden, wie beispielsweise eine „Liebesgabenspenderin“, die hundert Zigarren stiften, aber dafür keine drei Mark anlegen wollte; „es sollte doch nur für Soldaten sein“. (...)
(Volksmund, aus einem mit „Urban" gezeichnetem Artikel in der Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 17. September 1914
Die Bonner Bücher- und Lesehalle (Quantiusstr. 5) ist nach Vornahme der alljährlich stattfindenden Instandsetzungsarbeiten wieder täglich von 10 Uhr vorm. bis 9 Uhr abends geöffnet und erfreut sich regen Zuspruchs. Auch von unseren Kriegern wird die Lesehallegerne aufgesucht. Wir verweisen auf die dort stets in den neuesten Nummern ausliegenden illustrierten Zeitschriften und Tageszeitungen.
Sanitätshunde. Nachdem sich die Sanitätshunde im Krieg bewährt haben, ging der hiesigen Sammelstelle des Deutschen Vereins für Sanitätshunde die Aufforderung zu, 5 Führer mit Sanitätshunden an das stellvertretende Generalkommando des 7. Armeekorps in Münster i.W. zu senden. (...) Wie nötig die Sanitätshunde im Feld sind, geht aus einer Postkarte hervor, die ein Mitglied des hiesigen Zweigvereins an den Vorsitzenden, Polizeikommissar Flaccus, aus Frankreich geschrieben hat. U.a. heißt es wörtlich. „Mein Weg hat mich schon wiederholt durch die Schlachtfelder geführt, und es ist mir dabei klar geworden, daß gute Sanitätshunde manche armen Verwundeten, die schon längere Zeit vergebens auf Hilfe warteten, hätten früher auffinden können.“ Nunmehr werden weitere 18 Armeekorps-Sanitätshunde zugeteilt, denen man nur die besten Erfolge wünschen kann.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Verlustliste Nr. 25 wird soeben herausgegeben. Soweit ersichtlich, sind Verluste aus Bonn und Umgegend nicht darin enthalten.
Musik für unsere Soldaten . Die Bitte der „Kuhle-Jungen“ um eine Mundharmonika ist, wie nicht anders zu erwarten war, in weitgehendstem Maße erfüllt worden. Auf einer Feldpostkarte teilen die Bonner Jungens uns mit, daß sie jetzt sämtlich im Besitz eines Instruments sind. Sie bitten uns, allen, die ihrer gedacht haben, den herzlichen Dank auszusprechen. Denjenigen, die ihre Adresse beigefügt haben, hätten sie selbstverständlich schon schriftlich gedankt.
Franktireur-Waffen. In unserem Schaufenster haben wir eines der Stockgewehre ausgestellt, die von den belgischen Franktireurs gegen die deutschen Truppen benutzt wurden. Der harmlos erscheinende Krückstock wird mit zwei Kugeln geladen und kann durch einen einfachen Druck auf einen Knopf abgefeuert werden.
Eine große Anzahl französischer Verwundete wurde gestern morgen aus den hiesigen Lazaretten nach dem Güterbahnhof verbracht, um in auswärtigen Lazaretten gepflegt zu werden. Viele Schwerverwundete wurden in Straßenbahnwagen befördert, die mit Tragbahren ausgestattet waren. Auch im Laufe des Abends sind Verwundeten-Transporte hier angekommen und in die verschiedenen Lazarette überführt worden.
Zigarren und Tabak für die 65er. Ein Landwehrmann aus Bonn, der soeben aus Frankreich hierher zurückgekehrt ist, hat von seinen Kameraden im Landwehr-Regiment Nr. 65, speziell von der 6. Komp., den Auftrag erhalten, den Bonnern mitzuteilen, daß es ihnen in Frankreich an Tabak, Zigarren usw. fehlt. Sie hoffen, nicht umsonst die Opferwilligkeit der Bonner Mitbürger anzurufen.
Fahrpreisermäßigungen für Lazarettbesucher . Minister von Breitenbach hat angeordnet, daß den Angehörigen der kranken oder verwundeten deutschen Krieger, die sich innerhalb Deutschlands in ärztlicher Pflege befinden, bei Fahrten zum Besuche ihrer im Felde verletzten oder erkrankten Anverwandten eine Fahrpreisermäßigung gewährt wird. Diese soll in der zweiten, dritten und vierten Wagenklasse die Hälfte der gewöhnlichen Sätze betragen. Bei Benutzung von Schnellzügen ist außerdem der tarifmäßige Zuschlag zu entrichten. Die Vergünstigung tritt in den nächsten Tagen für das gesamte Gebiet der deutschen Staatseisenbahnen, jedoch nur im Verkehr mit Stationen, die mehr als 50 Kilometer von dem Ausgangspunkt der Reise entfernt sind, in Kraft. Als Angehörige gelten: die Eltern, Kinder, Geschwister, die Ehefrau und Verlobte des verwundeten oder erkrankten Kriegers. Wer für den Besuch solcher die Fahrpreisermäßigung in Anspruch nehmen will, muß sich von der zuständigen Ortspolizeibehörde einen Ausweis ausstellen lassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Gabenfässer. Sehr schön und lobenswert ist die Einrichtung der Gabenfässer für Zigarren, Zigaretten usw. für unsere Bonner Jungens. Für sehr praktisch halte ich diese Fässer jedoch nicht, da man nur einzelne Zigarren und Zigaretten oder Geld einwerfen kann, nicht aber Tabakpakete oder Zigarrendüten [-beutel]. Wenn nicht zufällig ein die Aufsicht führender Herr anwesend ist, so kann man die zugedachten Tabakpakete usw. wieder mit nach Hause nehmen. Man gibt doch, wenn man es dazu hat, gern mehr, und es ist nicht Jedermanns Vergnügen unter den Augen zahlreicher Zuschauer aus einer Kiste jede einzelne Zigarre herauszunehmen und einzuwerfen. Abhülfe ist dringend nötig, damit nicht das Interesse an der guten Sache bald erlahmt. Spatz
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die ersten Liebesgaben für die im Felde kämpfenden Truppen wurden gestern von den Sammelstellen des Roten Kreuzes, des Vaterländischen Frauen-Vereins und des Freiwilligen Hilfsausschusses für durchfahrende Truppen (Rheinisch-Westfälische Diskonto-Gesellschaft) nach der Front befördert. Es handelte sich um Hemden, Strümpfe, Fußlappen, Dauerwurst, Konserven, mehrere tausend Zigarren, mehrere tausend Zigaretten, Kautabak usw. Die Sachen wurden in zwei Kraftwagen unter Leitung der Herren Dr. Krantz, Bankdirektor Weber und Beigeordneter Piehl zunächst nach Aachen gebracht, um dort den regelmäßig verkehrenden Kraftwagen-Beförderungen nach der Front übergeben zu werden. Das Rote Kreuz in Aachen hat eine tägliche Beförderung von Liebesgaben in das Feindesland eingerichtet und hat diesen Verkehr bereits bis Reims und St. Quentin ausgedehnt. Da der Bestand an Liebesgaben in Aachen aufgebraucht war, auf der anderen Seite aber gerade auf den Formationsbahnhöfen Lüttich und Charleroi großes Elend herrschte und Verwundete von Paris her ganz erschöpft nach dem Heimatsgebiet befördert werden müssen und unterwegs viel Not leiden, so wandte sich das Aachener Rote Kreuz hilfesuchend telegraphisch an mehrere Städte, darunter auch an Bonn. Diesem Hilferuf wurde hier sofort durch die Entsendung der beiden Kraftwagen mit Liebesgaben entsprochen. Es ist außerdem beabsichtigt, auch von Bonn aus sogleich einen regelmäßigen Kraftwagenverkehr mit Liebesgaben nach den im Feld befindlichen Truppen einzurichten. In erster Linie sollen hierbei die in Bonn stehenden Truppen, das Infanterie-Regiment Nr. 160 und das Husaren-Regiment König Wilhelm I. Nr. 7 berücksichtigt werden. Entsprechende Anträge bei dem Königlichen stellvertretenden Generalkommando des 8. Armeekorps sind bereits gestellt, und es wird alle Bonner mit Freude erfüllen, daß die hier garnisonierenden Truppen in erster Linie berücksichtigt werden sollen. Schleunigste Hilfe tut tatsächlich not, denn die Millionen Heere erfordern Anspannung aller Kräfte zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Zur Zeit, namentlich bei der kühlen Witterung, sind Wollsachen dringend notwendig und es ergeht nochmals an alle Bürger der Aufruf, den Sammelstellen reichlicher wie bisher Liebesgaben zu senden, damit man den braven Kriegern manche Not lindern und viel Freude bereiten kann!
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Freitag, 18. September 1914
Eine große Anzahl franz. Verwundete, ungefähr 200, wurde Mittwoch morgen von hier nach auswärtigen Lazaretten gebracht. Im Laufe des Nachmittags und Abends kamen Verwundeten-Transporte hier an, die teils den hiesigen Lazaretten überführt, teils weitergeführt wurden.
Fußballspiele zugunsten der Kriegsspende und des Roten Kreuzes! Durch die großen Kriegsereignisse in den letzten Wochen war wenig Gelegenheit geboten, dem Fußballspiel Beachtung zu schenken. Damit nun dieser schöne Sport, der die für den Dienst des Vaterlandes heranwachsende Jugend stärkt und stählt, nicht ganz in den Hintergrund gedrängt wird, hat sich der Bonner Fußball-Verein entschossen, seine Spielzeit, dem Beispiele anderer Städte folgend, wieder zu eröffnen. Um den Spielen in dieser schweren Zeit auch einen fürs Vaterland guten Zweck zu geben, hat der Vorstand beschlossen, die bei diesen Spielen erzielten Einnahmen der Kriegsspende und dem Roten Kreuz zu überweisen. Wir sind überzeugt, daß auch viele, die bisher dem schönen Fußballsport noch fern standen, sich für die gute Sache begeistern und ihr Scherflein gerne opfern, um der Not der Mitbürger zu steuern. (...) Am kommenden Sonntag findet ein Spiel gegen die 1. Mannschaft der Bonner Borussia auf dem Richard-Wagner Platz statt. Näheres wird noch bekannt gegeben. (...)
Vor dem Zuzug von Arbeitern nach Lüttich wird nochmals gewarnt. Infolge starker Arbeitslosigkeit und Stillstand der Betriebe ist dortselbst eine Beschäftigung gänzlich ausgeschlossen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Den Heldentod für das Vaterland starben Musketier Hermann Haupt aus Bonn, Leutnant Dr. Franz Josef Sassen aus Bonn, Reservist Mathias Heimbach und sein Bruder Josef Heimbach, Offizier-Stellvertreter aus Kessenich.
Bonner Jungens mit dem Eisernen Kreuz. Dr. Walter Gerhardt, ein Sohn des früheren Stadtverordneten Carl Gerhardt, der als Feldwebelleutnant beim 65. Infanterie-Regiment am Kriege teilgenommen hat, ist mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet worden. Die gleich Auszeichung erhielt Malermeister H. Plenter, Reserve-Unteroffizier im Reserve-Inf.-Reg. Nr. 29.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Fast in jedem Hause (ausgenommen die Aermsten) liegt zinslos, unbenutzt, tot, Silber und Gold, mehr oder weniger; Tafelbestecke, Nippsachen, Schmucksachen, Mobiliarstücke, Lieblingssachen, in Gold und Silber von hohen und höchsten Geldwerten. – Es ist heilige Pflicht, Alles und Jedes auf den Altar unseres Vaterlandes zu legen! Diese Erfüllung heiligster Pflicht, ist und wird sein in jeder Familie für immer „die höchste Zierde, der allerschönste Schmuck, auf dem das Auge Gottes und die Augen aller edlen Menschen mit Wohlgefallen ruhen! Der Rauch des Schmelzofens von diesen Liebesgaben wird wie Dank zum Himmel steigen und herabrufen auf die edlen Familien, die Geber und Entsager dieser Ueppigkeiten von Gold und Silber zur Rettung unseres gottesfürchtigen Deutschlands, ewigen Segen des Allerhöchsten für sich und ihre Nachkommen! Leben wir einfach und ohne Prunk! Essen wir Gottes Gaben mit gewöhnlichem, geringwertigem Metall, so wird die Nahrung noch gedeihlicher wirken und weit köstlicher munden, als in Silber und Gold, umgeben von eitlem Prunk, welcher auch keinen wahren, süßen Herzenserleben in die Familien auf Erden bringt, wenn kein Segen Gottes darauf ruht! Gebe Gott, daß mit Hilfe dieser Geldmittel der blutige Krieg bald zum Siege und Ende gelange! Eine alte Bonner Dame.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Eure Karten und Briefe sowie Schokolade und Zigaretten habe ich bekommen und mich sehr gefreut. Wir sind sozusagen seit 14 Tagen ununterbrochen im Gefecht und furchtbarem Granatfeuer. Unser Bataillon hat sich furchtbar geschlagen. Wir sind deshalb jetzt zur Reserve des Armeekorps. (...) Heute morgen erfuhr ich, daß Walter [Dr. Walter Gerhardt, Mackes Schwager] verwundet ist. Es soll ein Fleischschuß durch die Schulter sein und harmlos. Ich freue mich für Euch alle. Es ist ziemlich sicher, daß wenigstens Walter Euch erhalten bleibt. Ich hörte immer in der Nacht das Gefecht der 65er neben unserm und hatte Sorge um ihn. (...)
Wir haben sehr viel Regen und Kälte. Ich halte aber alles gut aus. Aber wir alle hoffen, daß der Krieg bald zu Ende geht und wir heil heimkehren. Man wird ja abgehärtet gegen alles, die französischen Verwundeten hört man seit drei Tagen in der kalten Regennacht stöhnen. Verbrannte Dörfer sind unser Quartier. Es ist gut, daß Ihr vom Krieg verschont seid. In Liebe Euer August
Chokolade, Hemd, Strümpfe und Zigarren freuen mich jederzeit. Es kann viel sein.
(August Macke an seine Ehefrau, Feldpostkarte aus Sommepy[-Tahure])
Samstag, 19. September 1914
Beim Beschuss durch deutsche Artillerie wird zwischen dem 18. und dem 20. September die Kathedrale von Reims schwer beschädigt.
Das Eiserne Kreuz: Dr. Walter Gerhardt, Feldwebelleutnant der Res., der verwundet im Josefs-Hospital in Beuel liegt, hat das Eiserne Kreuz 2. Klasse erhalten. Der Bonner Malermeister Heinrich Plentner hat das Eiserne Kreuz 2. Klasse für Umsicht und Tapferkeit vor dem Feinde bei einem Patruillengang (sic) erhalten.
Auf dem Feld der Ehre starben den Tod fürs Vaterland Oberleutnant der Res. Dürselen und Leutnant der Res. Commes, beide vom Infantrie-Regt. N. 160. Major Fritz Bockmann, Werner Tiemann, cand. jur. und Leutnant der Res., Dr. jur. Sassen, Privatdozent der Bonner Universität und Leutnant der Reserve. Kurt Schroeder, stud. med. und Vizewachtmeister d. R., Mitglied des hiesigen Korps Rhenania.
Die Züge mit Verwundeten sind durchschnittlich 500 Meter lang. Sollen alle Verwundeten nebst der Begleitmannschaft gelabt werden, so ist es notwendig, daß schon vor der Ankunft des Zuges das Verpflegungspersonal sich auf eine Strecke von der angegebenen Länge verteilt, weil sonst nur immer ein Teil des Zuges bei der Darreichung von Erfrischungen berücksichtigt werden kann. Ebenso wäre es wünschenswert, wenn außer den Erquickungsgetränken auch Gefäße mit klarem Trinkwasser bereitgehalten würden, damit das Zugpersonal seinen Vorrat erneuern kann, ohne genötigt zu sein, mehrere hundert Meter darum laufen zu müssen, was bei kurzem Aufenthalt ganz unmöglich ist. Es wird gebeten, diese Mahnung in den Zeitungen weiter zu verbreiten.
Der Stadtausschuß für Jugendpflege hat sich am 15. d. Monats dahin ausgesprochen, daß die von den Herren Ministern der geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten, des Krieges und des Inneren gegebenen Anregungen für die militärische Vorbereitung der Jugend während des mobilen Zustandes für Bonn in dem bereits bestehenden Wehrbunde für gelöst angesehen werden können. (...) Es wird erwartet, daß unsere männliche Jugend vom 16. Lebensjahre an sich vollständig an den Uebungen des Wehrbundes beteiligt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Unser Generalanzeiger im Felde. Die Zusendung des General-Anzeigers an unsere Soldaten kann auch während des Krieges erfolgen. Die Zeitung geht regelmäßig täglich ab und wird als Feldpostsache befördert. Der Bezugspreis stellt sich auf 70 Pfg. für den Monat.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwertung der reichen Zwetschenernte im Landkreise Bonn. Der Landkreis Bonn kauft einen großen Teil der in seinem Bezirke sehr reichlich ausgefallenen Zwetschenernte auf und läßt denselben zu Zwetschemus (Pflaumenmus) auf seine Kosten verarbeiten. In den Wintermonaten soll dieses Mus an Lazarette, sowie auch an die Bevölkerung des Landkreises Bonn zum Selbstkostenpreis in 5 und 12 ½ Kilogramm Bleicheimerpackung abgegeben werden. Dieses Vorgehen verdient volle Anerkennung und Nachahmung, das das Zwetschemus namentlich für die ärmeren Volkskreise seiner Billigkeit halber als teilweiser Ersatz für Butter dienen kann.
Wehrbund. Der Bonner Wehrbund unternimmt am Sonntag nachmittag wieder mehrstündige Marschübungen. Die Abteilung Poppelsdorf des Wehrbundes tritt hierzu um 3 Uhr an der Endhaltestelle der Kleinbahn in der Argelanderstraße am Fuße des Venusberges bei jeder Witterung an. Auf dem Exerzierplatz werden dann gemeinsame Uebungen aller Abteilungen des Wehrbundes vorgenommen. Deutsche Jünglinge und Männer zwischen 16 und 45 Jahren, die sich auf den Kriegsdienst körperlich vorbereiten wollen, werden gebeten, sich in noch viel größerer Zahl als bisher dem Wehrbund anzuschließen. Außer den Marschübungen wird wöchentlich zweimal geturnt, um vor dem militärischen Dienstantritt eine größere körperliche Gewandtheit und Kräftigung zu erzielen. Unter den älteren Landsturmleuten haben sich viele nur deshalb nicht zum freiwilligen Kriegsdienst melden können, weil sie zu der schmerzlichen Erkenntnis kamen, daß sie den körperlichen Anforderungen des Krieges durch Mangel an Uebung nicht mehr gewachsen seien. Im Wehrbund bietet sich ihnen Gelegenheit, sich allmählich wieder an wachsende körperliche Anstrengungen zu gewöhnen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 20. September 1914
Auf dem Feld der Ehre starb fürs Vaterland der in vielen Bonner Kreisen bekannte Fritz Cronenberg aus Euskirchen. Er fiel als Vizefeldwebel der 8.Reserve im 1. bayrischen Leibregiment, von einem Granatsplitter tödlich verwundet, am 2. September. Der Gefallene war vor einigen Jahren als Dramaturg und Spielleiter am Bonner Stadttheater tätig und zuletzt als Spielleiter in Berlin.
Auf dem Feld der Ehre starb den Tod fürs Vaterland Stadtsekretär Adolf Simon.
Unsere Fortbildungsschulen suchen ihre Schüler in das Verständnis unserer großen Zeit in der Weise einzuführen, daß sie an jedem Unterrichtstage die anwesenden 200 – 300 Schüler im großen Saale zu einem patriotischen Vortrag versammeln. Derselbe Vortrag wird an sechs Wochentagen gehalten, so daß ihn alle 2000 Schüler zu hören bekommen. Begonnen wurde in der ersten Woche mit „Innere und äußere Veranlassung unseres heutigen Weltkrieges.“ In dieser Woche ist das Thema „Aufmarsch der Truppen“ behandelt worden. Aufmerksamere Schüler haben die Fortbildungslehrer wohl noch nie gehabt, und man merkt an dem Verhalten der Jungen – viele ihrer Schulkameraden haben sich als Kriegsfreiwillige gemeldet -, daß sich ein großer Teil des Ernstes unserer Zeit wohl bewußt ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
17 ½ Millionen Mark Kriegsanleihe in Bonn.
Für die Kriegsanleihe, deren Zeichnungsfrist bekanntlich Samstag mittag 1 Uhr abgelaufen war, sind in Bonn insgesamt 17 ½ Millionen Mark gezeichnet worden. Gewiß ein erfreuliches Zeichen für das vaterländische Interesse und den Opfersinn unserer Bürgerschaft.
Davon wurden bei der Städt. Sparkasse Bonn über 4 Millionen Mark gezeichnet (die Sparkasse allein zeichnete 1 Million Mark) und bei der Kreis-Sparkasse des Landkreises Bonn gingen Zeichnungen für rund 2 ½ Millionen Mark ein.
Bei der Kreis-Sparkasse des Siegkreises erfolgten Zeichnungen im Betrage von einer halben Million Mark. Die Sparkasse des Kreises Ahrweiler zeichnete 500.000 Mark und die Allgemeine Ortskrankenkasse Ahrweiler 15.000 Mark.
Der Westerwaldklub (Ortsgruppe Bonn) hat seine Zweigvereinskasse in Höhe von 2000 Mark für die Kriegsanleihe gezeichnet. Ebenso beteiligte sich der Kavallerie-Verein für Bonn und Umgegend mit 2000 Mark.
Die Landwirtschaftliche Akademie Bonn-Poppelsdorf bittet die Angehörigen gefallener oder verwundeter Akademiker um entsprechende Nachrichten, um das Andenken ihrer Studierenden dauernd in Ehren zu halten.
Den Sammelfässern wurden am 19. ds. entnommen: 164 Zigarren, 157 Zigaretten, Kautabak, 57,30 Mk. bar und 3 Mk. Erlös für altes Silbergeld, ferner ein paar Strümpfe. Am 18. ds. wurden 20 Mk. der Bestimmung gemäß für Ostpreußen der Deutschen Bank übergeben. In den nächsten Tagen werden durch die Sammelstelle der Diskontogesellschaft 10.000 Zigarren, 1900 Zigaretten und 250 Pakete Tabak unseren Helden im Felde aus den Sammelfässern zugeführt. Herzlichen Dank für alle; es wird weiter gesammelt. Drei Fässer wurden noch aufgestellt am Wilhelmplatz, in der Brückenstraße und auf dem Platze, wo Roon-, Argelander- und Moltkestraße sich treffen.
„Die musikalischen Kuhlejungen“ teilen uns auf einer Feldpostkarte mit, sie hätten so viele Instrumente erhalten, daß sie jetzt die schönste Musikkapelle zusammen hätten. Unsere Husarenkapelle könne an ihre Musik nicht tippen. Ein Unteroffizier, ebenfalls ein Bonner, habe das Amt des Kapellmeisters übernommen. „Wenn das so fortgeht, und der Feind hört unsere Musik, dann reißt der schon von selbst aus“. Die Bonner Jungens sagen zum Schluß nochmals allen Instrumentenspendern herzlichen Dank.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Arbeitsplan unserer Fortbildungsschule hat auch eine zeitgemäße Aenderung erfahren. Auf dem Schulhofe hängt eine Kriegskarte mit dem markierten Standpunkt unserer Heere; und jeden Morgen versammeln sich die 2-300 anwesenden Schüler zu einem vaterländischen Vortrag im Vortragssaal. Derselbe Vortrag wird für sämtliche 2000 Schüler gehalten. Bis jetzt sind behandelt: „Innere und äußere Veranlassung des Krieges“ und „Aufmarsch der Truppen und Stellung der Heere“. Es sollen folgen: Organisation unseres Land- und Seeheeres. Armierung und Befestigungen. Ersatz der Munition im Felde. Verproviantierung, der Train. Biwak und Lagerleben. Die Feldschlacht. Die Seeschlacht. Granatfeuer bei Namur. Die deutsche Luftflotte. Zeppelin über Lüttich und Antwerpen. Der Sanitätsdienst im Felde. Recht, Transport und Unterkunft der Kriegsgefangenen. Feindliche Lügenfabriken, Kriegshumor, Kriegspoesie. Die Vorträge werden durch Landkarten, Skizzen und Lichtbilder unterstützt und finden eine äußerst dankbare Zuhörerschaft, die durch spannende Ruhe und helle Begeisterung ihr lebhaftes Interesse bekundet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Deinen Brief vom 9. erhalten. Wenn Ihr ein Hemd schickt, bin ich zufrieden (im Brief) oder mal eine Unterhose oder dicke Strümpfe. Ich habe noch, aber man braucht oft, und Feldpost erreicht uns öfter wie Bagage. Geh mal ins Lazarett zu Feldwebel Schröder, der gestern verwundet wurde. Seine Frau ist in der Kaserne. Er hat Beinschuß und war mein liebster Kriegskamerad. Er wird Dir viel erzählen. Ich habe heute zu meiner Freude das Eiserne Kreuz bekommen. Für heute das. Ich bin eilig, weil gerade ein Befehl kommt.
(August Macke an seine Ehefrau, Feldpostkarte)
Montag, 21. September 1914
Das Eiserne Kreuz. Herr Adolf Albert Balthazar, Leutnant d.R. im 19. Dragonerregiment, der bei den 7. Jägern zu Pferde im Feld steht, hat am 14. September das Eiserne Kreuz erhalten. (...) Herr Balthazar hat drei Söhne im Feld stehen.
Kriegsregeln für die Zuhausebleibenden. Pfarrer Gottfried Traub veröffentlicht in der Frankfurter Zeitung folgende beachtenswerten Kriegsregeln für die Zuhausebleibenden. Nicht nur das Schlachtfeld, auch deine vier Wände wollen Helden sehen.
Zahle deine Rechnungen.
Halte dich und die Deinen gesund, damit ihr niemandem zur Last fallt.
Gib Gelegenheit zu Verdienen, wo du kannst.
Halte das Deine in Ordnung, damit du jederzeit große Opfer bringen kannst.
Überlege dir, was du kannst, und verlaß dich nicht auf andere.
Rechne nicht mit lauter Siegen und setze deinen Kopf doppelt stark in den Nacken, wenn einmal eine Schlappe kommen sollte.
Jeder kann jeden Tag etwas Gutes tun, und wäre es nur ein freundlicher Händedruck.
Kopflosigkeit im Inland ist schlimmer als eine verlorene Schlacht im Felde.
Laß deine Kinder diese hohe Stunde miterleben und führe keinen Hauskrieg.
Sei stolz auf diese unvergleichliche Schicksalsstunde deines Volkes.
Wir haben groß begonnen. Aber die Probe kommt erst, sie darf keinen kleinen unter uns finden. Dann wären wir der Unsrigen im Felde wert. Ein Volk, ein Schicksal!
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Kronprinzessin Cecilie beging gestern ihren Geburtstag. Der hohen Frau, die ihr 28. Lebensjahr vollendet, und deren Gemahl im Felde mit seinen braven Truppen Sieg auf Sieg an seine Fahnen heftet, bringt das deutsche Volk herzlichste Glückwünsche entgegen. Die hiesigen öffentlichen Gebäude trugen aus Anlaß des gestrigen Tages festlichen Flaggenschmuck.
Ein größerer Verwundeten-Transport ist gestern hier angekommen. Die Soldaten wurden auf die hiesigen Lazarette verteilt.
Die Bonner Liedertafel erfreute gestern in der Beethovenhalle die dort untergebrachten Verwundeten durch den Vortrag einer Reihe von Liedern. Musikdirektor Werth hatte dafür eine abwechslungsreiche Auswahl getroffen. Neben partriotischen Weisen wurden ernste und heitere Chöre zu Gehör gebracht. Die braven Verwundeten bekundeten für die Darbietungen das lebhafteste Interesse. Als „Der gute Kamerad“ gesungen wurde, füllte sich in wehmütiger Erinnerung manches Soldatenauge mit Tränen.
Der Fußballklub „Germania 1901“, aus dessen Mitte bis jetzt 25 Mitglieder dem Rufe des Vaterlandes gefolgt sind, hat die Arbeiten an seinem neuen Sportplatz so weit fortgesetzt, daß die Spiele demnächst wieder aufgenommen werden können. Das erste Spiel findet am nächsten Sonntag gegen die Spiel-Abteilung des Bonner Turnvereins statt. Der Eintrittspreis ist auf 25 Pfg. festgesetzt und fällt der Platzunterschied weg. Der Erlös ist für das Rote Kreuz bestimmt.
Der Güterverkehr ist zurzeit wieder recht lebhaft. In den Güterzügen laufen jetzt viele belgische Kohlewagen, die auf den deutschen Strecken beladen werden.
Immer mehr Tabak. Von der Ersatz-Bespannungsabteilung in Diedenhofen (Lothringen) geht uns durch einen Mehlemer Vaterlandsverteidiger folgender poetischer Sehnsuchtsschrei nach Tabak zu:
Wo alles ruft, können wir allein nicht schweigen,
Und wollen auch mal den alten Pegasus besteigen;
Wir wenden uns aus der Diedenhofener Knollenwüsterei
Nach Mehlem, der zukünftigen Bürgermeisterei.
Denn wo jetzt die Bonner Jungen kräftig schmauchen,
Haben wir noch immer nichts zu rauchen.
Was Bekleidung anbetrifft, sind wir noch fein im Lack.
Doch fehlt es uns an Pfeife und Tabak.-
An Frankreichs Grenze liegen wir zum Kampfe froh bereit,
Beim Kanonendonner zu paffen, wäre eine Seligkeit.
Drum Ihr lieben Leutchen vom Gemeinderat, nur nicht eitel,
Geht mal im Villenorte rund mit dem Klingelbeutel!
Für die Ersatz-Bespannungsabteilung Wehrmann Ludwig Kuckertz im Namen der Mehlemer Jungen und Umgegend. Lothringisches Fußartillerie-Regiment Nr. 16, Ersatz-Bespannungsabteilung in Diedenhofen (Lothr.).
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Im Kollegium Leoninum, welches jetzt verwundeten Kriegern dienstbar gemacht ist, fand Sonntag nachmittag ein Konzert statt, welches durch Frau Elly Ney-von Hogstraaten, den Herren von Hogstraaten und H. Ney veranstaltet wurde. Es war wirklich zu begrüßen, daß die Vortragenden die schöne Kunst in den Dienst der Unterhaltung der Verwundeten gestellt hatten. Man konnte offensichtlich feststellen, daß es den Kriegern ein Genuß war, den prächtigen Gaben zu folgen, Frau Elly Ney-van Hogstraaten hatte einige Nummern gewählt, wo Kraft und Wucht starken Ausdruck fanden, wie in dem Militärmarsch von Schubert oder der Chopinschen Asdur-Polonaise. Herr Ney sang einige treffliche Balladen wie Prinz Eugen und Fridericus Rex, ferner die Strauß’sche Wachparade. Die Wiedergabe war durchflutet von echter patriotische Begeisterung. Eingangs spielte Herr van Hogstraaten einige Geigensolis, welche sehr die Gemüter der Hörer bewegten. Mit einem allseitig angestimmten „Deutschland, Deutschland über alles“ und einem Hoch auf den Kaiser fand das Konzert seinen Abschluß.
Die evangelische Gemeinde Bonn hat zur Linderung der Kriegsnot ihrer Gemeindemitglieder vorläufig den Betrag von 10.500 Mark bereitgestellt. – Auf die Kriegsanleihe zeichnete die Gemeinde den Betrag von 50.000 Mark.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Deutsche Sprache. In unserer deutschen Orthographie (soll wohl heißen Rechtschreibung. D. Red.) befinden sich leider auch Wörter französischen Ausdruckes, wie z.B. Perron, Billet, Coupé. Beim Abschiednehmen wird nun einmal das Wort Adieu gebraucht. Wir müssen uns doch unsere deutsche Sprache viel zu hoch halten, als daß sie weiter mit diesen französischen Wörtern verunziert wird. Für die obigen bemängelten Wörter müssen wir nun ein- für allemal die richtig deutschen Ausdrücke und zwar Bahnsteig, Fahrkarte, Abteil usw. gebrauchen, Morgens wird das Wort „Adieu“ nicht gebraucht, sondern man sagt doch, wie allbekannt, „Guten Morgen“ beim Kommen und beim Gehen, das gleiche gilt auch für Abends. Nur den Tag über wird das gehässige Wort „Adieu“ gebraucht. Könnte man da nicht ebenso wie morgens und abends die Tageszeit sagen und zwar wenn man geht, ebenso das Wort „Guten Tag“ gebrauchen, als auch, wenn man kommt. Haben die Franzosen denn auch deutsche Ausdrücke in ihren Sprachen? Hoffentlich finden wir Anhänger. F.S. Dr. K.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Gestern schrieb ich Dir noch eine Karte, die ich aber abbrechen musste. Ich habe gestern von unserm Oberst das Eiserne Kreuz überreicht bekommen. Du kannst Dir meine Freude denken. Ich schicke es Dir in diesem Briefe. Tu es in Deinen Schmuckkasten und verwahre es. Es ist viel damit verbunden. Und wenn ich das später noch einmal sehen werde, so wird es mir eine Erinnerung sein an das Grausigste, was ein Mensch erleben kann. Vorgestern hatten wir ein Gefecht, in dem wir mit schwachen Kräften den überlegenen Gegner festhalten mußten, damit er nicht entkäme bei einer geplanten Umschließung. Wir kamen in einen Hohlweg. Einer nach dem anderen schrie auf und fiel. Ich führte die Kompagnie sofort aus diesem Loch, und wir kratzten uns mit Händen, Kochgeschirren und Spaten Deckungen, die allmählich größer wurden, so daß wir bis an die Knie eingegraben waren. Da lagen wir den ganzen Tag, schoßen vorsichtig. Manch einer, der leichtfertig sich zu hoch aufrichtete, fiel hinten über. Dabei schlugen die Granaten ein, daß die Tornister, die dicht hinter den Gräben lagen, haushoch emporflogen. Wir sahen das, wußten nicht, welcher von uns lieben Kameraden jetzt wieder getroffen war, und so ging es fort bis zum Abend. Und keiner von uns ist von der Stelle gewichen, bis beim Dunkelwerden der Befehl kam, wir sollten uns hinter eine, inzwischen hinter uns angelegte, stärkere Linie zurückziehen. Ich ließ die übrigen Leute nun die Schwerverwundeten auf Gewehren und Zeltbahnen tragen. Stundenlang haben wir zwölf stöhnende, schwere Menschen durch dicken Morast im Dunkeln geschleppt. Ich habe dann in der Nacht gesucht, bis ich in einem Erdloch einen sächsischen Brigadegeneral traf, der Sanitätswagen telefonierte. Inzwischen habe ich bei einem sächsischen Regiment Krankenträger geholt. Jetzt sind die Armen im Lazarett. Viele liegen noch vorne und stöhnen auf dem Kampfplatz. Es ist so kalt dabei.
Seit 14 Tagen liegen wir nun immer in solchen Gefechten und Schützengräben und beobachten durch Gläser, wie sich französische Verwundete aufrichten, schreien und wieder hinlegen. Ab und zu hat sich von uns einer vorgewagt und solch einem armen Kerl Wasser gebracht. Seit gestern sind wir hier in Ruhe, und diese Nacht haben wir seit langem geschlafen. In den Schützengräben steht man die Nacht mit aufgepflanztem Seitengewehr und muß immer wachen. Jetzt kommt der Befehl Marschbereitschaft, und ich muß bald schließen. Aber es sickert schon ein Gerücht durch, daß unsre Division vielleicht geschont wird. Wer weiß es. Wir hätten es alle verdient. Unsere Kompagnie besteht noch aus 59 Mann, mir und einem Feldwebel, keine Unteroffiziere. Gestern erhielten wir Ersatz aus Bonn, und jetzt haben wir wieder 150. (...)
(August Macke an seine Ehefrau, Feldpostbrief aus Sommepy[-Tahure])
Das 8. Gefecht mitgemacht. Ich führe eine Kornpagnie (...) gestern hat mir unser Oberst das Eiserne Kreuz überreicht. Also alter Freund, wir hauen weiter drauf. Manchmal liegen wir im Granatfeuer. Stundenlang. Tornister fliegen haushoch empor. Schon wieder einer hin. Aber wir bleiben. Keiner geht einen Schritt zurück. Von unserer ursprünglichen Kompagnie sind von 250 Mann noch 59 da. Heute Ersatz angekommen. (...)
(August Macke an Hans Thuar, Feldpostkarte)
Dienstag, 22. September 1914
Beruhigungszigarre Nr. 120. Einen guten Witz hat sich ein Kölner Zigarrenhändler geleistet. Als ihm die Nachfragen nach neuen Telegrammen vom Kriegsschauplatz zu viel wurden, hing er folgendes Plakat aus: „Denjenigen, die glauben, alle Stunden müsse ein neues Telegramm vom Kriegsschauplatz eintreffen, empfehle ich meine Beruhigungs-Zigarre Nr. 120“. Eine derartige Beruhigungszigarre würde auch hier in Bonn reißenden Absatz finden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Universität versendet zur Zeit Anfragen an die sämtlichen Studierenden, die im Sommer-Semester hier immatrikuliert waren, über ihre Verwendung im Kriege oder im Sanitätsdienste usw. Manche dieser Anfragen müssen an die angegebene Bonner Wohnung gerichtet werden. Es ergeht an die Wohnungswirte die Bitte, im Falle der Abwesenheit der Studenten, die Heimatadresse den Briefboten genau mitzuteilen, damit diese Studierenden für die Universität erreichbar werden.
Nach den bisherigen Feststellungen haben bereits 11 Studierende der Universität ihr Leben dem Vaterlande geopfert. Es sind die Herren stud. med. Theodor Bers aus Jülich, stud. agr. Curt Geisler aus Köln, stud. phil. Karl Hermann aus Ueberlingen i.B. , stud. jur. Leopold Hopmann aus Bonn, stud. agr. Oskar Hupe aus Bonn, stud. theol. Ev. Benjamin Kossuth aus Ellern, stud. med. Hermann Müller aus Bonn, stud. phil. Franz Ricken aus Bonn, stud. med. Curt Schröder aus Berlin, stud. jur. Werner Tiemann aus Göttingen und stud. cam. Theodor Waldschmidt aus Bonn.
Fußballspiel zum Besten des Roten Kreuzes. Am Sonntag standen sich auf dem Sportplatze an der Richard-Wagnerstraße Bonner Fußball-Verein und Bonner „Borussia“ gegenüber. Der gute Zweck dieses Fußballspieles und der zu erwartende gute Sport hat zahlreiche Fußballfreunde herbeigelockt. Viele Soldaten, auch Verwundete, sah man darunter. Das Spiel verlief sehr abwechslungsreich, die erste Hälfte torlos, zeitigte jedoch zahlreiche spannende und schöne Momente. In der zweiten Hälfte trat die Ueberlegenheit des Bonner Fußballvereins zutage und bis zum Schluß war die Zahl der errungenen Tore vier. „Borussia“ errang trotz aufopfernden, guten Spiels kein einziges Tor, sodaß der Bonner Fußballverein mit 4:0 Sieger blieb. Dem Roten Kreuze konnte ein ansehnlicher Betrag überwiesen werden. Kommenden Sonntag soll wieder ein Wohltätigkeitsspiel stattfinden. Bonns Ligamannschaft tritt voraussichtlich ungeschwächt der Ligamannschaft des Kölner Ballspielklubs gegenüber.
Verlegtes Radrennen. Das für Sonntag den 20. cr. [des laufenden Monats] von der Radfahrer-Vereinigung Bonner Fernfahrer in Aussicht genommene Radrennen zum Besten der Kriegshilfe für die Stadt Bonn konnte an diesem Tage wegen Unfahrbarkeit der Radfahrbahn nicht stattfinden und ist dieserhalb auf Sonntag den 27. cr. verlegt worden.
Der 2. Vaterländische Volksabend, welchen die Bonner Soziale Wohlfahrts-Vereinigung veranstaltet, wird am Freitag den 25. September, abends 5 ½ Uhr, in den Sälen des Bonner Bürger-Vereins stattfinden. Das städtische Orchester wird eine historische Marschfolge von Schreiner (250 Jahre deutschen Lebens), zwei Stücke aus den altniederländischen Volksliedern und die Fantasie aus Lohengrin spielen. Im Mittelpunkt des Abends wird ein Lichtbildvortrag „Der Krieg 1870/71“ stehen, welchen die bekannte Rezitatorin Fräulein Tony Eid sprechen wird. Der Vortrag wird durch 87 Lichtbilder erläutert werden und zahlreiche in der jetzigen Zeit besonders ansprechende Erinnerungen auffrischen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Der Kriegsfilm, welcher ja großen Beifall gefunden hat, wird auf vielseitigen Wunsch noch bis Freitag im Viktoria-Theater, Gangolfstraße, gegeben. Die Bilder müssen auch jedes Herz eines Patrioten begeistern, wenn man sieht, wie der Kriegsapparat in allen seinen Teilen funktioniert. Wir sehen da den alten Haudegen Exzellenz Graf Haeseler, die Ausbildung von Rekruten und Kriegsfreiwilligen, Zeltleben und Alarm, Felddienst, Auffahrten der Munitionswagen, die Maschinengewehre klar zum Gefecht, der Schrecken unserer Feinde: die Maschinengewehrabteilung, Artillerie in Parade, Parade der Grenadiere vor Sr. Majestät und als Schlußbild: Se. Majestät Kaiser Wilhelm II. Es dürfte sich lohnen, dem Viktoria-Theater einen Besuch abzustatten, zumal obiger Kriegsfilm nur als Zugabe gedacht ist und sonst noch ein reichhaltiges Programm mit erstklassigen Schlagern wie z.B.: Um die Million zu gewinnen, abgewickelt wird. Es wird zu zahlreichem Besuch höflichst eingeladen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Geschäftliches“)
Mittwoch, 23. September 1914
Das deutsche U-Boot U-9 versenkt am 22. in der Nordsee drei britische Panzerkreuzer, wobei 1.500 Seeleute ums Leben kommen. In der Bonner Presse wird das Ereignis als großer Erfolg gefeiert.
Das Eiserne Kreuz erhielt der Fürst Adolf zu Schaumburg-Lippe. Ferner erhielten das Eiserne Kreuz Regimentsarzt Dr. Solbach aus Siegburg; Leutnant d. R. Fritz Engels, Marienforst; Oberleutnant d. R. und Regiments-Adjutant Trimborn.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Liebesgabentransporte. Großes Hauptquartier, 22. Sept. (Amtlich). Nachdem es bisher nur möglich war, den Truppen im Felde im bescheidenen Maße Zigarren, Rauchtabak, Tabakspfeifen und Schokolade zuzuführen, sollen demnächst größere Liebesgabentransporte bis auf Widerruf freigegeben werden, und zwar von den Sammelstationen für jede Armee täglich ein Zug von höchstens 80 Achsen. Den Vorrang in der Beförderung müssen jedoch Truppentransporte, Munitions-, Verpflegungs- und Lazarettzüge jederzeit erhalten.
Hausfrauen und Nahrungsmittelnot. Ueber die Frage: „wie rüsten sich unsere Hausfrauen in der Kriegszeit gegen Nahrungsmittelnot?“ wird Herr Dr. Junge am morgigen Donnerstag in der Germaniahalle einen Vortrag halten. Der Vortrag geht von dem Gedanken aus, daß es in der Hand der Hausfrauen liegt, durch zweckmäßige Wirtschaftsführung die Ernährung der Familien, auch in den schweren Zeiten, denen wir vielleicht entgegengehen, zu erleichtern. Der Vortragende will den Hausfrauen wichtige Winke und Ratschläge geben. Veranstaltet wird der Vortrag von den Bonner Frauenvereinigungen: Kath. Frauenbund, deutsch-evangel. Frauenbund, Altkath. Frauenbund, Israelitischer Frauenbund, Verein Frauenbildung-Frauenstudium, Bonner Lehrerinnenverein, Verein Frauenkleidung-Frauenkultur, Hausfrauenbund, Kath. Mütterverein, Rheinisch-Westfäl. Frauenverband, Ortsgruppe Godesberg, Freundinnenverein, Kath. Kinderhortverband und Mädchenhort.
Vaterländische Reden und Vorträge. (Vierter Abend) Prof. Dr. Becker: Deutschland, die Türkei und der Islam. Auch dieser Vortrag war überfüllt. Einleitend bemerkte der Redner, daß Deutschland in der ganzen Welt fast ohne Freund dastehe. Da sei es gut, zu wissen, daß Deutschland der Freund der Mohammedaner und auch umgekehrt die Türkei der Freund Deutschlands sei. Zwischen beiden Reichen bestehe eine Interessengemeinschaft und so sei der gegenwärtige Kampf auch ein Kampf um Konstantinopel, um die Türkei.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Direktion der elektr. Bahn Bonn-Mehlem wird freundlichst gebeten, einen Abendzug gegen 10.25 oder 10.55 ab Bonn bis Mehlem einzulegen. Den Bewohnern von Godesberg-Mehlem ist es unmöglich, die patriotischen Vorträge, die in Bonn gehalten werden, zu besuchen. Ich bin überzeugt, die Direktion wird sich auch den Dank mancher anderer, die später fahren möchten, erwerben. A.P.
Fort mit den Fremdwörtern! Das ist die „Parole“ in dieser ernsten und doch so erhabenen Zeit. Vieles ist schon geschehen, vieles wird noch folgen. Aber etwas ganz Naheliegendes hat man vergessen. Wie oft wird wohl täglich, ja stündlich gesagt: Adieu – adjö ! Warum nicht „Ade“ oder „Guten Tag“. In meiner Schule hieß es früher auch „Adieu Herr Lehrer“; dieses hat bei mir schon lange aufgehört. Mit dem echt deutschen Gruße „Guten Tag Herr Lehrer“ scheiden die Kinder. Also auch hier: „Fort mit dem „Franzosen“, nur deutsch gesagt: „Ade“ oder „Guten Tag“. Schiffberg, Lehrer, (z.Zt. Wehrmann 4. Komp. 2. Landsturmbataillon, Ahr).
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ihre Königliche Hoheit Frau Prinzessin Adolf von Schaumburg-Lippe gibt in diesen schweren Tagen der Not, wie wir früher bereits mitteilten, ein bewundernswürdiges Beispiel edler Menschenliebe und opferwilliger Nächstenliebe. Kein Tag vergeht, an dem sie nicht das eine oder andere Krankenhaus besucht, um den verwundeten Kriegern Trost zu spenden und sie durch Liebesgaben zu erfreuen. Auch die Lazarette in Brühl, Beuel, Godesberg und Mehlem waren wiederholt Zeuge ihrer werktätigen Liebe. Damit aber noch nicht genug. Ihre Königliche Hoheit nahm auch Gelegenheit, mehrere verwundete Soldaten ins Palais Schaumburg einzuladen und dort im Park zu bewirten. In unserem Schaufenster sind einige photographische Aufnahmen ausgehängt, welche die Prinzessin im Kreise der Verwundeten zeigen und die uns von Baronesse von Loe freundlich zur Verfügung gestellt worden sind.
Gute Pflege. Daß die verwundeten deutschen Soldaten in Frankreich auch in guter Pflege sind, beweist eine Postkarte, die ein verwundeter deutscher Krieger aus dem Marine-Hospital in Toulon an seine hiesigen Eltern geschickt hat und die uns vorgelegt worden ist. Er schreibt: „Ich bin hier sehr gut aufgehoben und verpflegt.“
Hilfstätigkeit. In der gestern abgehaltenen Versammlung der Bonner Friseur-Innung wurden durch freiwillige Spenden der Betrag von Mark 51,20 sowie größere Mengen Zigarren, Zigaretten und Tabak aufgebracht, als Liebesgaben für eingezogene Kollegen, auch für solche, welche nicht der Innung angehören.
Private Nachrichten aus dem Kriege sind mit der größten Vorsicht aufzunehmen. So fand in der vorigen Woche in einem Orte der Umgegend ein Seelenamt für einen angeblich in Frankreich gefallenen Krieger statt. Jedoch stellte sich später heraus, daß derselbe nur verwundet war. Ein ähnlicher Fall wird aus einem zweiten Ort berichtet, daß hier seitens des Pfarrers mit Recht bekannt gegeben wurde, es würden nur dann noch Seelenämter für gefallene Krieger gehalten, wenn deren Tod amtlich bescheinigt sei.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 24. September 1914
Das Eiserne Kreuz erhielt der 2. Vorsitzende des Bonner Turnvereins, Rechtsanwalt Dr. Schneiders
Die Reservisten wären jetzt zur Entlassung gekommen, wenn nicht zu Ende ihrer Dienstzeit der Krieg an die Stelle des Kaisermanövers getreten wäre. Gar mancher von ihnen, die jetzt des Kaisers Rock mit dem bürgerlichen Kleide hätten vertauschen sollen, ruhen jetzt schon in fremder Erde, gefallen im Kampfe für das Vaterland.
Hochwasser. In den letzten vier bis fünf Tagen ist der Rhein bedeutend gestiegen. Auch von seinen Nebenflüssen wir ein fortdauerndes Steigen gemeldet. Die Mosel hat einen Wasserstand von über drei Meter.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Neun Automobile, hochbepackt mit Liebesgaben, Strümpfen, Pulswärmern, Leibbinden, Unterzeugen usw., auch Lebens- und Stärkungsmittel gehen heute morgen gegen ½ 10 Uhr von Bonn nach dem westlichen Kriegsschauplatz ab.
Die Bonner Reservisten und Landwehrleute des 3. Batl. Res.-Inf.-Reg. Nr. 29 sagen hocherfreut vom Schlachtfelde an der Marne aus für die ihnen aus Bonn gesandten Liebesgaben herzlichen Dank.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Gebt Wolle umsonst! Nicht Jeder ist in der glücklichen Lage, fortwährend Wolle kaufen zu können. Es könnte bedeutend mehr für unsere Krieger gearbeitet werden, wenn Wolle in größeren Mengen unentgeltlich ausgegeben würde. K.v.H.
Ein Auto mit Bekleidungsstücken soll demnächst an die aus Bonn zur Zeit im Felde stehenden Regimenter abgehen. Aber sollen denn die in Bonn gebildeten Bataillone der Reserve-Regimenter 29, 65 und 160 nicht berücksichtigt werden, die meist aus Familienvätern aus Bonn und Umgebung bestehen? In banger Sorge ist man daheim, weil man seine Angehörigen doch allem Unwetter preisgegeben. Pakete werden auf der Post nicht angenommen. Wie soll man nun seinen Lieben warme Unterkleider zukommen lassen, die ihnen so sehr not tun. Jede Familie hat das Erforderliche sicher zu Haus, nur müßte sich ein edler Menschenfreund mit seinem Auto zur Verfügung stellen, um die Sachen zur Front zu schaffen. Wieviel Dank würde ihm hier dafür zuteil werden und wie glücklich würden die Männer sein, die einen Liebesbeweis der Ihrigen erhielten. Eine Mutter eines im Felde Stehenden aus Godesberg.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Vaterländische Reden und Vorträge. Die Wiederholung des Vortrags von Herrn Professor Dr. Becker über „Deutschland, die Türkei und der Islam“ findet bereits Donnerstag abend um 8 ½ Uhr in der Aula des städtischen Gymnasiums statt. Die Eintrittskarten sind vergriffen. Der Bericht über den Vortrag folgt noch.
Die Benutzung des Telefons zu Ferngesprächen im Reichsgebiet können die Telegraphenämter und Postanstalten für Personen und Firmen, die sich durch polizeiliche Bescheinigung als durchaus einwandfrei ausweisen, gestatten, wenn es im kommunalen oder staatlichen Interesse liegt, oder wenn dadurch die Zwecke der Heeresverwaltung gefördert werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Es geht mir noch immer gut! Wunschzettel, wenn Ihr mir was schickt. Für alles Bisherige vielen Dank! Möglichst täglich viel Schokolade, Schokoladepastillen, Navy Cut oder englischen Tabak, ab und zu ein Paar dicke Socken, Blockwurst (geschnitten bis ein halb Pfund) oder Pam [sic!] oder Schinken, warme Handschuhe, wollene Hemden oder Unterhosen (Sporthemden, wenn auch bunt), Cigarren, Cigaretten, Sardinen oder so ähnliches. Wir bekommen oft Post, und besonders Schokolade ist sehr beliebt. Die Schlacht tobt hier weiter.
(August Macke an seine Frau Elisabeth, Feldpostkarte)
Freitag, 25. September 1914
Am 24. beginnt die Belagerung der in Galizien gelegenen österreichischen Festung Przemysl durch russische Truppen.
Das Eiserne Kreuz haben erhalten: Oberleutnant Brunek, der bei Vitry schwer verwundet worden ist und zurzeit hier im Herz-Jesu-Hospital liegt, und Dr. Reichensperger, Leutnant d. R. und Adjutant im Inf.-Rgt. Nr. 65.
Mit neun Kraftwagen voller Liebesgaben zur Front. Gestern Vormittag 10 Uhr fuhren neun Kraftwagen, schwer beladen mit Liebesgaben, vom Münsterplatz ab, an die Front unserer kämpfenden Truppen. Dies ist die erste Veranstaltung dieser Art, und wir hoffen, daß sich ihr noch viele anreihen mögen. Notwendig hierfür ist jedoch, daß alle Mitbürger sich zusammen tun und nach wie vor, eingedenk der Taten unserer Truppen, Liebesgaben in reichlicher Menge senden. Die Fahrt wurde aufs sorgfältigste vorbereitet und die Genehmigungen hierfür sind durch das Generalkommando und das Oberpräsidium in Koblenz erteilt worden. Sie geht heute bis Trier; dort wird übernachtet und morgen früh geht es über Luxemburg weiter ins Feindesland, zunächst bis nach Stenay. Von hier aus sollen die Wagen staffelweise, je nach der Stellung der Truppen, zur Front geleitet werden. In erster Linie sollen dabei die in Bonn garnisonierenden Truppen versorgt werden. Das ergibt sich schon aus dem Grunde als Notwendigkeit, weil eine große Menge von persönlich adressierten Paketen mit allerlei Liebesgaben mitgegeben sind und fast zwei Kraftwagen füllen. Die neun Kraftwagen, die selbstlos in den Dienst der Sache gestellt wurden, sind von Prof. A. Pflüger, Prof. Dr. Eversheim, Kaufmann Bachem, Fabrikant Berger – Mehlem, Kaufmann Kappel – Bornheim, Graf von Hachenburg – Godesberg, Kaufmann Neumann – Andernach, Kaufmann Heinrich – Godesberg und Kaufmann Lauffs – Bonn. Die Fahrleitung haben die Herren Hauptmann v. Stuckrad, der zur Zeit verwundet in Bonn weilt, und Dr. Krantz übernommen. Außerdem fuhren die Stadtverordneten Chrysant und Bankdirektor Weber mit. Eine große Menschenmenge winkte dieser Fahrt auf dem Münsterplatz ihre Abschiedsgrüße zu. Herr Oberbürgermeister Spiritus und Herr General Ratz v. Frentz wohnten der Abfahrt persönlich bei. Wir hoffen, daß die Erfahrung, die diese Fahrt uns bringt, den weiteren Fahrten in ausreichender Weise zunutzen kommt. Wenn die nötige Zahl von Kraftwagen wieder bereitgestellt wird, so soll in nächster Woche eine neue Fahrt erfolgen. Alle Bürger werden daher darauf hingewiesen, daß es eine Ehrenpflicht ist, Liebesgaben unsern braven Truppen, die manche Entbehrung erdulden müssen, mitzusenden. Die Sammelstelle in der Diskonto-Bank nimmt jede Art dieser Liebesgaben dankbarst entgegen. Besonders notwendig sind: Tabak aller Art, Zigarrentaschen, Geldtaschen, Schokolade, Lebkuchen, Dauerwurst, wollene Strümpfe, Unterjacken, Hosenträger, Taschentücher, Pulswärmer, Ohrenschützer, Briefpapier, Postkarten, Kerzen, Handlaternen, Streichhölzer und Sicherheitsnadeln.
Städtische Beihilfe für bedürftige Angehörige der Krieger. Die Stadt Bonn beabsichtigt, von nächster Woche an einen Teil der bisher den bedürftigen Angehörigen von Kriegteilnehmern gewährten städtischen Beihilfe nicht mehr im baren Gelde, sondern in Form von Lebensmitteln zu verabfolgen. Außer Brot gelangt vorläufig zur Ausgabe Mehl, Reis, Gerste und Malzkaffee.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Der Pfadfinder St. von der 3. Feld-Komp. wurde heute nachmittag in der Nähe des Josefshofes von einem Radfahrer, der mit dem Browning in der Faust an ihm vorbeisauste, in die rechte Hand geschossen. Er erlitt leichte Verletzungen. Der Radfahrer entkam in rasender Eile in der Richtung auf Köln zu. Der junge Mann wurde im Friedrich-Wilhelm-Stift verbunden.
In den hiesigen Lazaretten sind bis jetzt 25 Verwundete ihren Verletzungen erlegen, darunter zwei Franzosen.
Schulentlassung. Die zahlreich eingegangenen Gesuche um vorzeitige Entlassung von Kindern des 8. Schuljahres der ländlichen Volksschulen sind von der vorgesetzten Behörde unter Hinweis auf den Wortlaut des ministeriellen Erlasses abschlägig beschieden worden. Sie müssen also bis Ostern des nächsten Jahres die Schule weiter besuchen; jedoch wurde den Eltern anheim gegeben, in besonders dringenden Fällen, wo beispielsweise der Ernährer der Familie in den Krieg einberufen wurde, für die betr. Kinder einen längeren Urlaub schriftlich zu beantragen.
Die Vereinigung Bonner Frauenvereine hatte die Bonner Hausfrauen gestern gestern abend zur Germaniahalle gerufen, wo Herr Dr. Junge über ein zeitgemäßes Thema sprach. „Wie rüsten sich unsere Hausfrauen in der Kriegszeit gegen Nahrungsmittelnot.“ Der Einladung waren die Bonner Hausfrauen so zahlreich gefolgt, daß ein fast lebensgefährliches Gedränge entstand und schleunigst ein Plakat an den Eingangstüren befestigt wurde: „Wegen Ueberfüllung hat Niemand mehr Zutritt!“ Der Vortragende wies auf die Kriegslage hin und die damit verbundene Schwierigkeit, verschiedene Waren, insbesondere Nahrungsmittel, vom Ausland einzubringen. Für jede Hausfrau sei es Pflicht, Vorsorge zu treffen, damit selbst die Dinge, welche sonst weniger beachtet würden, nicht verkämen. Wenn auch Deutschland nicht ausgehungert werden könne, wie unsere Feinde das beabsichtigten, so möchten sich die Hausfrauen doch darauf einrichten, auch mit möglichst geringen Mitteln eine möglichst nahrhafte, gute Kost zuzubereiten. Insbesondere gelte es jetzt im Herbst Obst zu verwerten, sei es durch Einkochen, Dörren oder dergl. Wie das im einzelnen zu machen sei, darüber äußerte sich der Redner eingehend, und in der nachfolgenden Aussprache wurde ferner der weiteren Anregung des Redners, gegenseitig Rezepte auszutauschen, von den Hausfrauen in ausgiebigsten Maß Folge geleistet. Die außerordentliche Zugkraft dieses Vortrages hat den Vorstand bewogen, demnächst weitere Abende abzuhalten, um näher über das Thema in kleineren Kreisen ausführlicher zu sprechen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Was fehlt? Unterkunft für Besucher der Verwundeten. Gestern traf ich zwei Frauen, die ihren verwundeten Sohn und Bruder besucht hatten. Da sie ihr letztes Geld für die Reise ausgegeben, wussten sie kein Unterkommen, denn sie konnten abends nicht mehr zurück, die Herfahrt hatte von morgens 6 bis nachmittags 4 Uhr gedauert. Welch rührende Dankbarkeit, als ich sie mit mir nahm. Eine Frau musste sich mit ihrem blinden Sohne, der beide Augen durch eine Kugel verloren, nochmals zur Untersuchung der Augen stellen. Als sie im Lazarett ankam, hieß es: wir können erst morgen 9 Uhr. Wo sollte die Arme bleiben, wenn ich nicht glücklicherweise durch eine Krankenpflegerin davon erfuhr! Ich bin überzeugt, daß viele solche Leute gerne für eine Nacht unterbringen und verpflegen; es müßte eine Stelle geben, die sich dafür verwendet. I.
Gebt Wolle umsonst! Ein jeder, der sich im Stricken betätigen will, kann Lessingstraße 38 Wolle unentgeltlich abholen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Mit Liebesgaben für unsere Truppen nach der Front.
Von Hans Heinrichs, Mehlem a.Rh.
Das fortwährende Jammern unserer Truppen nach Tabak, sonstigen Genußmitteln und allen möglichen Kleinigkeiten, veranlaßte mich, nach einem Partner zu suchen, mit dem ich gemeinsam eine Autofahrt in Feindesland zur Verteilung von Liebesgaben an unsere tapferen Offiziere und Mannschaften unternehmen konnte.
Den Kamerad fand ich bald in einem Leutnant der Reserve und schon am Tage nach der ersten Besprechung am 15. September, konnten wir mit Liebesgaben, die uns bereitwillig von Privatpersonen aus Mehlem und den Ausschüssen der Kriegshilfen in Godesberg und Bonn zur Verfügung gestellt wurden und zwar in beträchtlichen Mengen, mit dem hochgefüllten Wagen abfahren.
In Koffern, Kisten und Paketen hatten wir tausende Zigarren und Zigaretten, Pfeifen, Zigarrenspitzen, Zündhölzer, Pfeffermünzplätzchen, Schokolade, eine Anzahl Flaschen Kognak, Kakes, Strümpfe, Taschentücher, Fußlappen, Pulswärmer, Unterzeuge, im Ganzen mehrere Zentner und war es rührend anzusehen, wie keiner im Geben zurückstehen wollte.
In flotter Fahrt ging es bereits am Nachmittag über Meckenheim, Adenau durch die Eifel nach Manderscheid und am nächsten Morgen noch bei Nebelgrauen steuerte ich meinen Wagen durch die herrlichen Eifelwälder durch tiefe Täler und über steile Höhen nach der Westgrenze.
Den nötigen Passagierschein erhielten wir anstandslos in der letzten Garnison und ebenso die Erlaubnis zur Benzinfassung, was uns eigentlich die meiste Sorge gemacht hatte, da eine von der hiesigen Lokallazarettbehörde ausgestellte Bescheinigung sich leider als wertlos herausstellte.
Das Kaiserliche Hauptquartier erreichten wir um die Mittagszeit, nachdem uns zwei Pneupannen einen nicht gewünschten Aufenthalt aufzwangen und wir infolge dessen um keine weitere Zeit zu verlieren auf eine Mittagspause verzichten müssen.
Vom Chef des Kaiserlichen Automobilparkes erhielten wir mit größter Liebenswürdigkeit Auskunft über die Weiterführung der Fahrt zum Heere unseres Kronprinzen und beglückwünschte man uns zu dem Entschluß, die Fahrt so weit als möglich in die Gefechtslinie auszudehnen, da die Truppen, die seit Wochen in hartem Kampfe ständen, die Gaben am Nötigsten gebrauchten.
Nach Füllung unseres Benzintanks ging es der Grenze zu in Feindesland und sahen wir kurz nach dem Ueberschreiten schon die ersten schauerigen Bilder.
Das schöne Dorf Besancon mit geraden breiten Straßen und gediegenen Steinhäusern ist völlig ausgebrannt, die Umfassungsmauern der Häuser stehen noch meistens, zeigen aber überall Kugelspuren, besonders an den Fensteröffnungen. Die zu hoch gegangenen Geschosse haben das Kirchturmdach und das Schiff durchlöchert wie ein Sieb.
Hier und da sieht man verschüchterte Belgier, Frauen, Männer, und Kinder unter dem Rest eines Daches zusammenstehen, um sich vor dem unaufhörlichen niedergehenden Regen zu schützen, ein Bild des Jammers und des Elends. Hat man das unversehrte neutrale Luxemburg passiert und sieht nun hier die fürchterliche Verwüstung, so fragt man sich unwillkürlich, warum hat Belgien dieses Unglück auf sein Haupt beschworen.
Wir achteten nicht des Unwetters, das in Sturm und Regen immer schlimmer wurde und unsere Gesichter wie mit Messerklingen bearbeitete, wir fuhren mit Vollgas, um dem Ort des Grauens zu entweichen, aber vergeblich; gleich waren wir an Schützengräben angelangt, wo der Tod reiche Ernte gehalten hatte.
Massengräber, Pferdekadaver und hunderte Tornister, Monturstücke und haufenweise verschlagene belgische Gewehre wiesen auf den mörderischen Kampf hin, der hier gleich zu Anfang des Krieges gewütet hatte, aber von unseren Truppen siegreich bestritten wurde.
Sparsam begannen wir in den nächsten Orten mit der Verteilung von einzelnen Zigarren an die Wachen, meistens nur Württemberger, alles stramme Landstürmer, die mit ihren vollen gebräunten Wangen und kräftigen Figuren einen vorzüglichen Eindruck machten.
Erst bei Eintritt der Dämmerung erreichten wir unser Ziel, das Quartier unseres Kronprinzen und konnten wir unsere großen Vorräte seiner Kaiserlichen Hoheit zur Verfügung stellen. Die Spenden wurden mit herzlichem Dank akzeptiert und der Empfang in einem liebenswürdigen Schreiben mit persönlicher Unterschrift bestätigt.
Gleichzeitig wurde uns freigestellt die Verteilung am nächsten Morgen in der äußersten Front selbst vorzunehmen.
Von den Offizieren der Kommandantur zum Abendbrot in liebenswürdiger Weise eingeladen, konnten wir für unsere Fahrt am nächsten Tage manches nützliche erfahren. Eine passende Unterkunft für die Nacht zu finden war nicht leicht, zufällig war das Zimmer eines Generals für die Nacht frei und machte uns die recht freundliche französische Wirtin noch ein zweites Lager auf der Erde, sodaß, wenn wir auch schlecht schliefen, doch wenigstens in einem sicheren Hause Unterkunft gefunden hatten.
Unseren Wagen, der von einem Doppelposten über Nacht bewacht worden war, nahmen wir zeitig am Morgen in Empfang und dann ging eine recht beschwerliche Fahrt nach der Front an.
Die sonst sehr guten französischen Landstraßen sind durch die fortwährenden Transporte und auch durch Einschlagen der Granaten herzlich schlecht, zumal der kalkhaltige Belag der Straße durch den fortwährenden Regen total aufgeweicht ist. Dreiviertel der Breite des Weges wird durch endlose Munitionskolonnenwagen eingenommen und auf der freibleibenden schmalen Strecke läuft man fortwährend Gefahr des Abgleitens in den Straßengraben. Wir hatten aber Glück, es passierte nichts und kamen ohne Störung bis in das hochgelegene, ehemals herrlich, aber jetzt vollständig zerstörte Dorf X in der Nähe von Verdun.
Hier war seit einigen Tagen ein unentschiedenes Artilleriegefecht im Gange und stand der Feind in gedeckter Stellung 2½ Kilometer entfernt. Langsam aber regelmäßig sah man unsere Granaten in blauem Dampf platzen, während die der Franzosen mit großer Munitionsverschwendung ohne besonderen Schaden anzurichten, unsere Stellung beschossen und schlugen die feindlichen Geschosse bis auf 200 Meter bei unserem Standorte ein.
Hier in der vordersten Gefechtslinie griffen wir zum ersten Mal tief in unsere Vorräte und verteilten die Hälfte derselben; welche Freude erstrahlte aus den Augen unserer braven Landwehrleute als sie den seit Wochen vermißten Tabak bekamen.
Der Dienst ist schwer in den Schützengräben und die Gefahr groß, gerade hier fehlen die Genußmittel, wo sie nötiger sind als an vielen anderen Stellen.
Unsern Aufenthalt hier oben dehnten wir nicht länger als nötig aus, zumal auf dem Rückwege ein Abschneiden unseres Wagens möglich schien und wir auch auf unsere exponierte Stellung dem Feinde ein recht gutes Ziel boten.
Eine Beklemmung löste sich doch von uns, als wir den Abstieg auf den schlüpfrigen Kurven mit den frisch einschlagenden feindlichen Geschossen überwunden hatten und wir uns den abkochenden und Aepfel schlagenden Bayerischen Regimentern näherten.
Hier begrüßten uns Offiziere und Mannschaften wie Kinder unter dem Weihnachtsbaum und manche Freudenträne floß als man sah, wie die ganze Nation bestrebt ist, unseren Kriegern das harte Los zu erleichtern.
Bis auf ein Sechstel unserer Ladung blieb alles hier und nachdem wir von den Offizieren, die auch wochenlang keine Nachricht von Hause erhalten hatten, die Adressen Ihrer Lieben in der Heimat notiert hatten, um sofort bei der ersten deutschen Station Nachricht an dieselben zu geben, verabschiedeten wir uns mit herzlichem Händedruck und ein vielstimmiges „Auf Wiedersehen“ wurde uns nachgerufen.
Den Rest unserer Gaben erhielten die Verwundeten und eine Abteilung Rheinländer, alles junge Leute aus Köln, Düsseldorf, Elberfeld, Solingen usw. Ein Bonner, der einzigste bei der Abteilung, erhielt zur Freude seiner nächsten Kameraden, mit Rücksicht auf die großen Spenden der Stadt Bonn, eine Kiste Zigarren von 100 Stück.
Mit lautem Hurra entließen uns die Rheinländer, die frohe Stimmung der jungen Leute und der urwüchsige Humor, der hundertfach zum Ausdruck kam, befestigte in uns den Gedanken, daß der Sieg unser ist, wenn wir unsere Soldaten frisch und bei guter Stimmung halten.
Leer wurde unser Wagen auf dem Rückweg nicht, verwundete und kranke Leute fanden immer ein Plätzchen für in das nächste Lazarett und der Rest der Liebesgaben wurde auf der Rückfahrt nach der Luxemburger Grenze an die Bedüftigsten und an die Krankenhäuser abgeliefert.
Selbstverständlich war das wenige, was wir in einen Wagen packen konnten, nur ein Tropfen auf einen heißen Stein; aber um eine großzügige Hilfsaktion auszuarbeiten, bei der sämtliche noch in Privathand befindlichen Automobile mitwirken müssten, war es nötig, die Sache praktisch auszuproben, und der Versuch hat uns bewiesen, daß ohne Schwierigkeit in sehr kurzer Zeit – und „Eile tut Not“ – die Sache in die richtigen Wege geleitet werden kann.
Es wäre natürlich unpraktisch, die Liebesgaben der einzelnen Gemeinden alle nach Frankreich zu schaffen. Es eignet sich für solch große und schwierige Fahrten auch nicht jeder Führer; aber es ist sehr leicht, die Liebesgaben nach den Hauptgrenzstationen zu schaffen und von dort aus durch gute Fahrer und gute Wagen nach der Front.
Alle Automobilklubs müssen wetteifern, ihre Mitglieder, die noch nicht im Felde stehen, zu dieser großen patriotischen tat heranzubringen. Keine Post, keine Eisenbahn kann sich heute mit der Leistung des Automobils messen; die Heeresverwaltung ist gar nicht in der Lage, mit den wenigen Fahrzeugen die Truppen an der Front mit Liebesgaben zu versorgen. Da ist es die Pflicht und Schuldigkeit jedes Herrenfahrers, sich in den Dienst des Vaterlandes zu stellen.
Nach dem ersten gelungenen Versuch hat die Stadt Bonn für die nächsten Tage wieder fünf große Wagen mit Gaben aller Art und in beträchtlichem Werte ausgerüstet; allein hunderttausend Zigarren sind bei diesem Transport, da tatsächlich am meisten hiernach verlangt wird.
Zündhölzer sind in keinem französischen Ort zu haben, kein Petroleum, keine Kerzen. In den Lazaretten sind Millionen Fliegen, und alles jammert nach Fliegenfängerstreifen. Die Not in all diesen Kleinigkeiten ist groß, weil eben die Transportmittel fehlen.
Zeigen wir uns unserer Helden im Krieg würdig, geben wir nicht nur Liebesgaben, sondern befördern wir sie auch an Ort und Stelle, wo es not tut.
(Bonner General-Anzeiger)
Der 2. Vaterländische Volksabend, der, wie angekündigt, einen Lichtbildvortrag über den Krieg 1870/71 sowie Darbietungen unseres städtischen Orchesters bringen wird, findet heute abend 8 ½ Uhr im Bonner Bürger-Verein statt. Da für den Verkauf an der Abendkasse nur wenig Programme zur Verfügung stehen, empfiehlt es sich dringend, sich an den Vorverkaufsstellen mit Eintrittsprogrammen zu versehen.
Hilfstätigkeit. Von den Aerzten, Beamten und dem gesamten Personal der Prov.-Heilanstalt Bonn, wurden 119 Mark gesammelt, welche dazu dienen sollen, unsern tapferen Kriegern einige „Rauch“-frohe Stunden zu bereiten. Es wird dafür gesorgt, daß die Sendungen an die dafür bestimmten Regimenter gelangen.
Sammelt Stöcke für unsere Verwundeten. Dem Garnison-Lazarett wurden heute von einem Freunde der verwundeten Krieger 23 Spazierstöcke, die er bei Freunden und Bekannten gesammelt hatte, überwiesen. Wer folgt dem Sammler nach?
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 26. September 1914
Das deutsche Große Hauptquartier wird am Vortag von Luxemburg ins französische [Charleville-] Mézières verlegt.
Am 26. September 1914 wird August Macke in einem Gefecht bei Perthes-lès-Hurlus in der Champagne tödlich verwundet.
Obernier-Museum. Das städtische Museum, das in den unruhigen Zeiten der Mobilmachung geschlossen wurde, hat von morgen an seine Pforten wieder geöffnet. Zugleich bringt es Neuheiten zur Ausstellung. So sieht man in der Schwarz-Weiß-Sammlung eine Anzahl schöner Radierungen des bekannten Worpsweder Malers Hans am Ende. (...) Besondere Beachtung verdient auch die weitere Ausgestaltung des Arndt-Zimmers. Hier bringt der Verein Alt-Bonn eine wertvolle Gabe aus dem Nachlasse des Bildhauers Bernhard Afinger, des Schöpfers unseres Arndt-Denkmales. Man sieht zwei besonders gute Arndtbilder, welche bisher noch unbekannt waren, ferner eine Anzahl von Erstdrucken der berühmten Arndtschen Schriften und Werke, die ja in diesen Tagen eine ganz besondere Bedeutung bekommen haben.
Städtisches Orchester. Die beliebten Stadthallen-Konzerte nehmen am Sonntag wieder ihren Anfang. Die Orchester-Kommission hat in ihrer Sitzung am 24. d. M. beschlossen, diese Konzerte für die Folge Mittwochs- und Sonntags nachmittags stattfinden zu lassen.
Der Komet Delavan ist in den jetzigen Nächten sichtbar. Man kann ihn, fast mit bloßem Auge, sehen unterhalb des Sternbildes des Großen Bären. Der Schweif ist strahlig und von der Sonne weggerichtet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Englische Flieger in Köln? Der englische Korrespondent der Morning Post an der deutschen Grenze meldet, die britischen Flieger seien zuerst zu den vorgeschobenen Posten an der Grenze geflogen, dann hätte sich eine Abteilung von ihnen getrennt, um nach Köln zu fliegen. Letztere kreuzte neunzig Minuten über Köln, welches dichter Nebel einhüllte. Sie fürchteten Bomben aufs geradewohl abzuwerfen aus Besorgnis, Kirche und privates Eigentum zu beschädigen. Da sie sich außerstande sahen, die Zeppelinlufthalle festzustellen, kehrten sie zurück. (...)
Herbst. Das Barometer fiel in der vergangenen Nacht auf 3 Grad C. über Null. Auf den Höhen liegt Reif.
Ein Königshusar, der Landwehrmann „Anton“ aus Bonn, schickt uns aus dem Felde einen längeren poetischen Gruß. (...) Freudig teilt der Landwehrmann mit, daß sie auch die Landwehr und die Reserve der 160er aus Bonn angetroffen hätten. Zum Schluss bestellt er allen Bonnern einen herzlichen Gruß von ihren Königshusaren und sagt dazu:
Drum liebe Bonner seid vergnügt,
Denn hier im Westen wird gesiegt.
Die städtischen Rheinbadeanstalten sind seit Mittwoch geschlossen.
Die Post und die Liebesgaben.Vom Kaiserl. Postamt erhalten wir folgende Mitteilung: In der Presse wird behauptet, daß die Feldpost bei der Beförderung von Liebesgaben versage. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, daß die Einrichtungen der Feldpost in erster Linie auf die Beförderung von Nachrichten sowie von Geldsendungen berechnet sind, und daß die zwischen Post- und Militärverwaltung vereinbarte Feldpostdienstordnung, die die Grundzüge für die Gestaltung des Feldpostbetriebes enthält, den Feldpostdienst dementsprechend regelt. Die Einrichtungen der Feldpost kommen daher für die Beförderung von Liebesgaben in Massensendungen überhaupt nicht in Frage. Genau so ist es schon 1870/71 gewesen, so daß auch hier der jetzt so beliebte Hinweis, daß es um die Feldpost vor 44 Jahren besser bestellt gewesen sei, nicht zutrifft. Auch schon damals sind die Massensendungen an Liebesgaben durch die Eisenbahn befördert worden, nicht durch Post. Die Postverwaltung hat vielmehr Herbst 1870 die Zurückweisung aller Sendungen angeordnet, die nach Form und sonstiger Beschaffenheit, besonders auch mit Rücksicht auf den Inhalt, sich zur Beförderung mit der Briefpost nicht eignen. Dabei betrug während des ganzen Feldzugs 1870/71, von kurzen Abweichungen abgesehen, das Meistgewicht für die Feldpostbriefe nur 4 Lot oder 66 Gramm, also nur den vierten Teil des jetzt zugelassenen Meistgewichts.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Verkaufspreise von Lebensmitteln müssen wie bereits mitgeteilt, in den Läden und nach außen sichtbar bekannt gegeben werden. Entsprechende Plakate sind in unserer Geschäftsstelle zu haben.
Beerdigung. Unter großer Beteiligung wurde am Donnerstag, d. 24. September der Landwehrmann Michael Bambler aus Poppelsdorf, der an schwerer Verwundung gestorben war, dort auf dem Friedhof als erster gefallener Krieger beerdigt. Mehr als 100 verwundete Soldaten gaben mit ihren Vorgesetzten dem verstorbenen Kamerad das letzte Geleite. Der Poppelsdorfer Allgemeine Militärverein schritt mit umflorter Fahne vor dem Leichenzug. Die Fahne wurde von einem Veteranen getragen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Das feindliche Ausland in Bonn
In den erste Tagen nach dem Kriegsausbruch wurde auch hier verschiedentlich auf Ausländer Jagd gemacht, die sich irgendwie verdächtig gemacht hatten. Auch manchen Unschuldigen traf damals das Missgeschick. Was aus manchem Schuldigen geworden ist, mag wohl erst später bekannt werden. Zweifellos hat aber manchen Schuldigen die nur zu verständliche Empörung des Volkes nicht erreicht. Jetzt noch fragt sich mancher, was beispielsweise aus den Russen geworden ist, die solange in einem Hotel am Markt gewohnt und beim Ausbruch des Krieges verschwanden. Sie mögen harmlos gewesen sein. Mir persönlich waren sie stets verdächtig. Ich habe nie begreifen können, wie diese Damen eine solche Rolle spielen konnten. Die abenteuerlichsten Gerüchte waren über sie im Umlauf. Die Polizei, die alles weiß, muß aber genau über sie unterrichtet gewesen sein. Es wurde bekannt, daß gegen die Damen, die in Bad Nauheim weilen sollten, absolut nichts vorliege. Mag sein. Der ein oder andere aber glaubt heute noch, daß auch sie Spionage getrieben, wenn auch nicht direkt, aber vielleicht doch durch bezahlte Agenten, die sie leiteten. Sicheres ist ja nichts über sie bekannt geworden. Aber vielen es doch für ein Glück, daß sie nicht mehr hier sind.
Gegenwärtig murrt man in vielen Kreisen recht vernehmlich gegen eine andere Persönlichkeit, die eine geachtete Stellung einnimmt und, wie vermutet wird, sich, obwohl Ausländer – Franzose – deshalb noch immer frei und ungehindert hier bewegen kann. Es handelt sich um den Lektor der französischen Sprache an der hiesigen Universität, Professor Dr. Eugen Gausmez, dessen Sohn aktiver Leutnant in der französischen Artillerie ist. Es heißt, seine Mutter habe ihm mit Enterbung gedroht, wenn er den Sohn nicht in der französischen Armee lasse. Das mag für ihn bestimmend gewesen sein. Aber für uns ist ein derartiger Zustand beunruhigend. Es ist ja kaum anzunehmen, daß er, während sein Sohn französische Truppen gegen unsere Jugend führt, auf den Gedanken kommt, den Katheder einer deutschen Universität besteigen zu wollen, um deutschen Zuhörern Vorträge zu halten. Aber man sollte meinen, seines Bleibens könnte hier auch nicht mehr sein. Wir sind ja, wie seine Landsleute sagen, „Barbaren“. Während seine Landsleute und die mit ihnen verbündeten Engländer alle Deutschen, Oesterreicher und Ungarn ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht und gesellschaftliche Stellung, ja selbst ohne Rücksicht auf ihre geistige Bedeutung, gefangen halten und viele zu knechtischen Arbeiten zwingen, lassen wir Angehörige aus Feindesland, die sich unter uns bewegen, unbehelligt. Wie sich das für „Barbaren“ so gehört. Aber auch Barbaren können auf den Gedanken kommen, daß Angehörige der gegen uns kämpfenden Truppen hier doch manches ausspionieren und verraten können. Ich weiß nicht, ob der Polizei die Verhältnisse bekannt sind. Hier werden sie in vielen Kreisen ganz offen und nicht ohne Erregung besprochen. Es würde wesentlich zur allgemeinen Beruhigung beitragen, wenn hier bald Klarheit geschaffen würde. Jedenfalls habe ich mich für verpflichtet gehalten, öffentlich zur Sprache zu bringen, was viele beunruhigt und empört.
(Volksmund, aus einem mit „Urban" gezeichnetem Artikel in der Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 27. September 1914
Städtisches Gymnasium. Von den Lehrern der Anstalt, die zu Fahne einberufen wurden, hat Herr Oberlehrer Dr. Hartke das Eiserne Kreuz erhalten; Herr Oberlehrer Dr. Raders ist den Tod fürs Vaterland bei Longwy am 25. August gestorben. In einer kurzen Ansprache an Lehrer und Schüler gedachte Herr Direktor Dr. Diepmann der beiden Vaterlandsverteidiger.
Der Flottenverband Jungdeutschland veranstaltet heute Vormittag, 11 ½ Uhr, im Hörsaal des Akademischen Kunstmuseums einen Vortrag, in dem Herr Referendar Krummacher über „Unsere Flotte und ihre Gegner“ (Stärkeverhältnis, Kampfesmöglichkeit, bisherige Kämpfe) sprechen wird.
Der botanische Garten steht für die Verwundeten zu jeder Tageszeit offen. Der Eingang ist von der Meckenheimer Allee aus.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Aus dem Feldpostbrief eines Bonners entnehmen wir:
L ….., 9. Sept. 1914
Mir geht es sehr gut. Augenblicklich habe ich noch neun Sektflaschen vor mir stehen – aber auf Dein Wohl getrunken! - Wie wir hier leben, will ich Dir einmal schildern: Liegen jetzt 190 Kilometer vor Paris. Die nächste Stadt ist C., 6 Kilometer weit von hier entfernt. Das Schloß, wo ich mich befinde, ist ein sehr feines Ding. Die Einrichtung ist großartig. Diese Woche haben wir schon ein Schwein und einen Ochsen geschlachtet. Ich war am Montag in C... Dort waren sämtliche Läden offen. Jeder holte sich, was er brauche. Kamen an einem großen Warenhaus vorbei, und unser Hauptmann sagte, was wir eben brauchen könnten, sollten wir requirieren. Die feinsten Konserven und Liköre fielen uns in die Hände. Alles was nur zu denken ist. Fisch- und Fleischkonserven; es waren Dosen dabei, wo jedes Stück 4 – 5 Frcs. kostete. Militärschuhe ziehen wir keine mehr an, haben fast alle gelbe Schnürstiefel und Gamaschen, wie die Herren Offiziere. Jede Woche werden reine Hemden und Unterhosen angezogen, alles neu. Strümpfe brauche ich vorläufig keine, habe ein halbes Dutzend ganz neue, alles franz. Ware. Unsere Mittagsmahlzeit ist Rindfleisch, Suppe, Kartoffeln und Gemüse, eingemachte Gurken und sonstige Sachen. Abends entweder Kaffee, Tee oder Wein mit Fleisch. Bei uns sieht man nicht, daß wir im Krieg sind. Es vergeht kein Tag, daß wir keinen Wein trinken. Nur eines fehlt uns, nämlich zu rauchen. Dies ist nicht mehr zu haben. Es sind Leute hier, die geben 50 Pfg. für eine Zigarre oder Zigarette. Sogar die Offiziere fragen die Mannschaften, ob sie nichts zu rauchen haben. Am meisten freut es mich, daß ich Dein Bild habe, wofür ich Dir bestens danke. --- Unser Stand ist bis jetzt sehr gut. Die franz. Infanterie ist fast ganz vernichtet. Nur die Artillerie steht noch im Gefecht. Bin verschiedene Male dicht an unserer Schützenlinie gewesen. Die Kugeln summten uns über die Kopf, aber es hat bis jetzt noch immer gut gegangen. Vergangene Nacht mußten wir im Lastauto zum Geschoß holen, da der Transport mit den Pferden nicht schnell genug ging, weil der Geschoß-Vorrat für die Artillerie zuende ging. - Muß einen Augenblick mit Schreiben aufhören, da wir alle antreten müssen. - Eine große Ueberraschung für uns: nämlich Seine Majestät der Kaiser hat uns einen Besuch abgestattet und sah eben, daß noch Mannschaften von uns am essen waren und bat um eine Kostprobe, die ihm vorzüglich schmeckte, und er noch einmal zur Küche ging und etwas holte. Er unterhielt sich mit jedem, den er sah, fragte ihn, wo er her sei usw. Mich hat er noch Verschiedenes über Bonn gefragt, und ob ich schon verheiratet wäre. Habe ihm die Fragen beantwortet. Hatte eben die Karte von Dir auf dem Tisch liegen, wo ich nämlich am schreiben war. Seine Majestät nahm Dein Bild vom Tisch und frug, ob das meine Braut sei, was ich bejahte, frug, wo Du her wärst, wo ich Dich kennen gelernt hätte, und ob wir bald heiraten wollten. Sollte Dich vielmals grüßen und machte noch etwas Scherze dabei. Er schläft diese Nacht hier im Schloß. Wir können froh sein, daß wir den Krieg nicht in unserem Land haben, denn solche Verwüstung, wie hier ist kaum glaublich. Ganze Häuser und Dörfer sind in Brand geschossen und den Bauern ist die ganze Ernte verdorben. Habe viele Bekannte getroffen, die verwundet waren. Frankreich ist doch nicht so weit vorgeschritten wie Deutschland. Die Straßen, Eisenbahnen und die ganze Bauart sind weit zurück. Sehr schmutzig ist es in Frankreich, auch die Weiber und Kinder. In manche Häuser ist man zu bange einzutreten, wenn man schon das Aeußere von den Häusern sieht. Dahingegen findet man in den besseren Häusern überall Seide, ganze Kisten mit Toilettesachen usw. Will nun mein Schreiben schließen. Mit dem Wunsche, recht bald wieder in Deiner Nähe verweilen zu können usw.
Dein Lambert
In den Rhein gesprungen. Am Samstag morgen sprang unterhalb der Rheinbrücke ein Mädchen von hier in den Rhein und ertrank. Die Leiche konnte bislang nicht geborgen werden.
Wegen Beleidigung wurde am Samstag ein Fabrikbesitzer aus Hangelar von der Strafkammer zu 20 Mk. verurteilt. Der Angeklagte hatte mit Bezug auf einen Kommunalbeamten die Aeußerung gebraucht, er habe die Gemeinde um die Steuern betrogen.
Zeitungen für unsere Soldaten. Unserer im Felde stehenden Soldaten hat sich ein gewisser Heißhunger nach Zeitungen bemächtigt. Sie wünschen Nachrichten aus der Heimat und wollen einen Ueberblick gewinnen über die Lage des Krieges, denn sie können, trotzdem sie mitten im Kampfe stehen, nur einen winzigen Ausschnitt des Ringens überschauen. Namentlich wissen sie nicht, was draußen auf der See und in unseren Schutzgebieten vor sich geht. Die Zeitung ist das unschätzbarste Gut für den heutigen Soldaten, unentbehrlich, wie Speise, Trank und Schlaf. Sie ist ihm ein Stück Vaterland, für das er kämpft, ein Gruß aus den Verhältnissen und Zuständen, aus denen er stammt und nach denen er sich zurücksehnt, sie verbindet ihn mit der Heimat, und die Heimat mit ihm, sie stärkt und belebt ihn wie eine erquickende Mahlzeit.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Transport der in Bonn ankommenden Verwundeten
findet teils durch die Sanitätskolonne und Feuerwehr, teils durch die für die Dauer des Krieges unter Leitung von Rittmeister a.D. Weyermann neugebildete Krankenträger-Kolonne statt, der etwa 200 Bürger unserer Stadt angehören. Sowohl sie als die Sanitätskolonne unterhält auf dem Güterbahnhof eine ständige Wache; dem Wachhabenden der Krankenträgerkolonne sind außerdem eine Anzahl Radfahrer beigegeben. An jedem Tage wird dem Wachhabenden durch Sanitätsrat Dr. Gudden, der die Verteilung der ankommenden Verwundeten an die einzelnen Krankenhäuser, Kliniken und sonstigen zu Lazaretten eingerichteten Anstalten in der Hand hat, ein Verzeichnis der Betten zugestellt, die an dem betreffenden Tage in sämtlichen genannten Häusern frei sind. Wird nun gemeldet, daß mit irgend einem fahrplanmäßigen Zug ein oder mehrere Verwundete ankommen, so entscheidet der Wachhabende, wo sie unterzubringen sind, telephoniert an die betreffenden Stellen und läßt die Verwundeten auf dem Hauptbahnhof durch Krankenträger evtl. mit Bahren und Wagen oder Autos, deren mehrere von ihren Besitzern gütigst zur Verfügung gestellt worden sind, abholen. Wird die Ankunft eines ganzen Zuges voll Verwundeter, die dann auf dem Güterbahnhof erfolgt, gemeldet, so werden, wenn es sich um Leichtverwundete handelt und der Transport nicht gerade mitten in der Nacht eintrifft, zunächst Sanitätsrat Gudden und einige Kolonnenführer antelephoniert, sowie die Verwaltung der elektrischen Bahnen, der städtische Fuhrpark und die Feuerwehr benachrichtigt. Die ersteren schicken dann einige Züge elektrischer Wagen, die auf der Viktoriabrücke halten, während die vom Fahrpark bespannten Wagen, das Auto der Feuerwehr und andere zur Verfügung stehende Autos unmittelbar am Güterschuppen vorfahren. Die Leichtverwundeten werden erst erfrischt, evtl. auch neu verbunden und dann sofort durch die verschiedenen eben angeführten Beförderungsmittel in die einzelnen Lazarette gebracht, die selbstverständlich vorher telephonisch benachrichtigt worden sind. Nur wenn Leichtverwundete nach 12 Uhr nachts eintreffen, werden sie bloß verpflegt, dann aber, um ihnen möglichst Ruhe zu gönnen und andererseits die in den Lazaretten, in die sie gebracht werden müßten, schon schlafenden Verwundeten nicht zu stören, für den Rest der Nacht auf dem Güterbahnhof selbst untergebracht. In der Halle der Eilgüterexpedition wird zu diesem Zweck Stroh ausgebreitet, werden die sämtlichen vorhandenen Matratzen hingelegt, die Tragbahren aufgestellt und wird zu jeder Lagerstätte eine Decke und möglichst ein Kopfkissen gegeben. Reicht der Eilgüterschuppen nicht zu, so wird auch noch der Keller des großen Güterbahnhofsgebäudes hinzugenommen, unter dem man sich aber nicht irgendwie dumpfe oder feuchte Räume vorstellen darf: es handelt sich tatsächlich um hohe, luftige und völlig trockene Hallen, die außerdem noch einmal gereinigt und hoch mit Stroh belegt worden sind. Entschuldigen sich die Krankenträger doch, weil es eben ein paar Stufen hinunter geht, bei den Verwundeten, daß sie hierhin geführt werden, so antworten diese: O wir sind froh, wenn wir in einem trockenen und warmen Raume liegen, und in der Tat: kaum hat man sie zur Ruhe gebracht, so schlafen sie, ebenso wie ihre Kameraden im Eilgüterschuppen, als lägen sie im weichsten Bett. Schwerverwundete werden natürlich gleich in die betreffenden Lazarette überführt; sie kommen aber zumeist nur bei Tage an. Wird ein ganzer Transport solcher angemeldet, so wird zunächst wieder Sanitätsrat Gudden benachrichtigt und je nach der Zahl der Verwundeten ein Teil oder die Gesamtheit der Krankenträger alarmiert, sei es durch Telephon, sei es durch Radfahrer. Die Verwaltung der elektrischen Bahnen wird in diesem Fall um die Entsendung von Wagen gebeten, aus denen die Bänke herausgenommen sind; sie halten wieder auf der Viktoriabrücke, so daß die Verwundeten auf Bahren nur bis dorthin getragen zu werden brauchen und dann in die Wagen – in jedem 4, 5 oder 6 – gehoben werden können. Dann fahren die betreffenden Züge mit sämtlichen Trägern unter Leitung eines Kolonnenführers langsam nach dem Krankenhaus, in das die Verwundeten kommen sollen; hier werden die Bahren mit den Verwundeten wieder herausgehoben und bis vor das betreffende Bett getragen. Wie tadellos dieser ganze Apparat funktioniert, wurde letzten Sonntag auch von dem, einen Transport begleitenden, Stabsarzt ausdrücklich anerkannt. Derselbe bemerkte zu dem hiesigen Generaloberarzt Dr. Jäger, er habe auf allen Transporten, die er bisher leitete, noch keine Stadt gefunden, in der die Beförderung der Verwundeten mit einer solchen Vorsicht und zugleich einer solchen Schnelligkeit geschähe, wie hier in Bonn. Die Angehörigen unserer braven Soldaten können also überzeugt sein, daß auch in dieser Beziehung für die Verwundeten, die hierher kommen, aufs Beste gesorgt wird.
Die Stadt Bonn gewährt den Angehörigen der zum Kriegsdienst eingezogenen städtischen Arbeitern bis auf weiteres folgende Beihilfen: Der Ehefrau 25 Prozent, den ehelichen und den ehelich gleichstehenden Kindern unter 15 Jahren 6 Prozent, zusammen höchstens 50 Prozent des zuletzt bezogenen Lohnes des Einberufenen ohne Zulage der Ueberstunden. Für die rückliegende Zeit kommt die von der Stadt bereits gezahlte Unterstützung auf die Beihilfe in Anrechnung. Die reichgesetzliche Familienunterstützung wird auf die Beihilfe nicht angerechnet. Betragen die Beihilfe und die reichsgesetzliche Unterstützung zusammen mehr als zwei Drittel des zuletzt gezahlten Lohnes des Einberufenen, wird die Beihilfe entsprechend gekürzt. Die Beihilfe kann auch in Form von Mietentschädigung oder in Naturalien geleistet werden.
Kegelbrüder unter sich. Zwei Beueler Kegelbrüder gingen nach beendetem Kegelspiel zusammen nach Hause. – Unterwegs gerieten sie in Streit, wobei der stärkere den anderen Kameraden derart verprügelte, daß es einige Rippenbrüche absetzte. Das Schöffengericht erkannte gegen den Mann eine Gefängnisstrafe von vier Monaten.
Zutritt verboten. Ein Fuhrmann aus Walberberg hatte im Wald eine Schonung betreten, deren Zutritt verboten war. Als ein Forstbeamter den Eindringling zurechtwies, widersetzte sich dieser und griff den Förster an. Die Bonner Strafkammer verurteilte ihn deshalb zu einer exemplarischen Strafe von drei Monaten und einer Woche Gefängnis. Der Angeklagte hat bereits mehrere Vorstrafen aufzuweisen.
Bonner Krankenpflegerinnen in Belgien. Auf Anforderung des Gouvernementsarztes in Brüssel entsandte der Vaterländische Frauen-Verein Stadtkreis Bonn heute morgen 10 feldmäßig ausgerüstete Schwestern nach Belgien. Möchten die Schwestern manchem Verwundeten, manchem Kranken Hilfe und Erleichterung der Leiden bringen!
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 28. September 1914
Warme Untersachen für die Truppen. Der Kriegsausschuß Berlin, Reichstag, macht bekannt: Am 1. Oktober werden besondere Wagenzüge von Berlin abgelassen. (...) Die Wagenzüge werden nach den Weisungen der Militärbehörde zu den Armeen geleitet. Sie nehmen vorbereitete starke Kraftwagen, nicht Lastmobile mit, welche für die Verteilung rückwärts der Heeresteile Sorge tragen. Die (...) abgehenden Wagenzüge, zu denen während der Fahrt die von den Provinzialdepots des Roten Kreuzes Potsdam, Magdeburg, Hannover, Kassel, Schleswig, Altona, Münster i.W., Frankfurt a.M., Koblenz, Köln, Stettin, Danzig usw. vorbereiteten Wagen stoßen, werden von sachverständigen Mitgliedern des Kriegsausschusses begleitet. (...)
Ein Zug von Verwundeten kam gestern hier an. Es waren ungefähr 400, teils schwer, teils leicht verwundet. In das Reservelazarett III (Beethovenhalle) wurden ungefähr 70 eingeliefert.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Ein größerer Verwundetentransport traf gestern vormittag hier ein. Die Verwundeten wurden in die hiesigen Lazarette und das St. Josefshospital nach Beuel gebracht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ein Radrennen zu Gunsten der Kriegshilfe der Stadt Bonn veranstaltete gestern auf dem städtischen Sportplatz die Radfahrer-Vereinigung Bonner Fernfahrer. Der Besuch hätte mit Rücksicht auf den guten Zweck der Veranstaltung besser sein dürfen. (...) Jeder beteiligte Fahrer erhielt als Anerkennung dafür, daß er sein Können in den Dienst der Wohltätigkeit gestellt hat, ein Ehrendiplom.
Zwei große Verwundetentransporte kamen am gestrigen Sonntage in Bonn an und wurden in einzelnen Lazaretten verteilt. Der Transport schien direkt vom Schlachtfelde zu kommen, da die Verwundeten noch mit den ersten Verbänden versehen waren. – Verschiedene Franzosen, welche sich unter ihnen befanden, wurden nach Köln weitertransportiert.
Fußballspiele zum Besten des Roten Kreuzes. Das zweite Wohltätigkeitsspiel des Bonner Fußballvereins gegen Kölner Ballspielklub verlor Bonn mit 8:4 Toren. Beide Mannschaften waren durch Ersatzleute sehr geschwächt, wodurch der Bonner Fußballverein am meisten beeinflusst wurde. In der ersten Spielhälfte waren die Leistungen gleichwertig. Beide Mannschaften gaben ihr bestes her, sodaß vor beiden Toren spannende Momente entstanden. Mit dem Torverhältnis 4:4 wurden die Seiten gewechselt. In der zweiten Hälfte hatte Köln meist die Oberhand, da Bonn nur mit 10 Leuten spielte. Kölns Stürmer, ein besseres System wie diejenigen Bonns verfolgend, erzielten bis zum Schluß noch 4 Tore. Bonns Stürmer, gute Einzelleistungen zeigend, jedoch häufiges und rechtzeitiges Zuspielen verpassend, vermochten trotz den größten Anstrengungen keinen Erfolg mehr zu erzielen. – Die Zuschauerzahl war in Anbetracht des guten Zweckes nicht sonderlich groß.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 29. September 1914
Wie rüsten sich unsere Hausfrauen in den Kriegszeiten gegen Nahrungsmittelnot? Der von den hiesigen Frauenvereinigungen veranstaltete Vortrag des Herrn Dr. Junge wird heute abend 8¼ wiederholt.
Fußballspiel. Zum Besten des Roten Kreuzes fochten der Bonner Fußball-Verein und der Kölner Ballspielklub ein Ligawettspiel aus. Das Spiel fiel zugunsten der Kölner aus mit 8:4.
Ein Zug mit Verwundeten kam gestern wieder hier an. Sie wurden den einzelnen Lazaretten überwiesen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Gehört Shakespeare in den Spielplan der deutschen Bühnen? (...) Eines steht für alle fest. Der Spielplan mußte zeitgemäß sein. Er mußte also Stücke bringen, die dem Ernst und der Größe unserer Gegenwart einigermaßen gerecht wurden. Und der Spielplan sollte zugleich deutsch und national sein. Die bekannte Ausländerei mußte also aus dem Spielplan der deutschen Bühnen ausgemerzt werden. (...) Da erhob sich die Frage: Darf man Shakespeare spielen? Viele sagen ja, manche entschieden sich für nein. Die Meinung der einen schien richtig, die der anderen konsequent. Aber man sollte es lieber mit denen halten, die ja sagen und damit das Richtige treffen. Schon deswegen, weil Shakespeare für uns alle wirklich so etwas wie ein deutscher Dichter geworden ist. Oder, wie Heine einmal sagt, weil es kein Mensch begreifen kann, daß Shakespeare ein Engländer ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus Kunst, Wissenschaft und Leben ")
Sammelfässer. Zu den bereits aufgestellten Sammelfässern sind am 27. September noch drei gekommen, und zwar in Endenich, Poppelsdorf am Jägerhof und Ecke Reuterstraße und Jagdweg. In den neun Sammelfässern wurden am 28. September vorgefunden: 800 Zigarren, 687 Zigaretten und 136,90 Mark bar. Im Ganzen wurden vom 14. bis einschließlich 28. September gesammelt 4.993 Zigarren, 4.163 Zigaretten und 915,78 Mk. bar.
Zu dem Liebesgabentransport am 24. September konnten beigesteuert werden 18.000 Zigarren, 3.400 Zigaretten, Kautabak und sonstige kleine Sachen. Von den vorgefundenen 15 Paar Pulswärmern war nur ein Paar zweckentsprechend. Nähere Auskunft hierüber wird gern erteilt Gangolfstraße 3, 1. Stock, Dienstags und Freitags von 4 – 6 Uhr nachmittags. Die Ohrwärmer „für einen braven Soldat von Klärchen“ waren tadellos.
Dankenswerter Weise hat die Schulbehörde der Jugend, die sich oft in unliebsamer Weise an den Fässern zu schaffen macht, eine nachdrückliche Warnung erteilt. Auch Eltern sollten zum Vorteil unserer braven Truppen dasselbe tun. Im Uebrigen werden die Sammelfässer wiederholt dem Schutze der Bürgerschaft empfohlen. Allen Gebern verbindlichsten Dank.
Kastanienregen. Gestern Mittag – der Barometer hatte seit einigen Stunden eine ziemlich jähe Kurve nach unten beschrieben – erhob sich ein mächtiger Sturm und wühlte und rüttelte in den Baumkronen der alten Kastanienbäume im Hofgarten, im Baumschulwäldchen und besonders in der Poppelsdorfer Allee. Gleich allen anderen Bäumen in diesem, leider nur von der Natur, gesegneten Jahre hängen auch die Kastanien heuer übervoll Früchte. Die Sonne hatte sie an den warmen, milden Herbsttagen heranreifen lassen, ohne daß noch die Bonner Jungens sich ihrer übermäßig angenommen und sie mit Stein und Knüttel heruntergeholt hätten. Das besorgte gestern Mittag und noch im Laufe des Nachmittags gründlich der Sturm. Wie Hagel so dicht, oder wie ein verwundeter Soldat ausrief, so dicht wie die französischen Schrapnellkugeln bei Sedan, fielen die stacheligen Früchte aus den Baumkronen. Sie schlugen klatschend auf die Wege, zerplatzten und streuten tatsächlich, wie Schrappnells es mit den Kugeln machen, die glänzenden Kastanien umher. Wen solch ein Geschoß auf den Schädel traf, rieb sich schimpfend die Stelle, die Jungens aber und Mädchen und auch noch genug Alte freuten sich des Kastanienregens und sammelten Taschen, Körbe, Kannen, Essgeschirre voll.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Liebesgaben. Bei der Absendung von Liebesgaben, die durch Automobile bewirkt werden, ist es nötig, daß solche Liebesgaben nicht allein nach Frankreich, sondern auch unseren braven Soldaten, die in Russland stehen, zugeführt werden. Bei dieser Gelegenheit möchte ich bitten, darauf hinzuwirken, daß die Feldpost Pakete bis zu drei oder vier Pfund befördert. Dann könnte jeder Angehörige den Soldaten im Felde ein Paket zuschicken und warme Unterkleider, Tabak, Zigarren usw. selbst besorgen. Hoffentlich geht es dann diesen Postsendungen nicht ebenso, wie so sehr vielen Feldpostsendungen. Einer für Viele.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ein Feldpostbrief eines aktiven 68er [6. Rheinisches Infanterie-Regiment Nr. 68] aus Bonn wird uns zur Verfügung gestellt; er schreibt u.a.:
16.9.14. Seit 3 Tagen liegen wir nun schon wieder hier mit den Franzmännern im Kampfe, haben hierin schon sehr große Erfolge erzielt gehabt. 800 Mann Gefangene, 1 Abt. Maschinengewehre und 1 Abt. Jäger vernichtet und dann wieder 1 ganze Batterie Artillerie und 1 ganzes Bataillon gefangen genommen. Ferner französische Kavallerie aufgerieben. – In der vorgestrigen Nacht versuchten die Franzosen hier mit 2 Regimentern Infanterie einen Durchbruch gegen ein Bataillon von uns. Wir ließen sie bis auf 10 Meter herankommen, gaben dann ein Salvenfeuer ab, worin uns 4 Maschinengewehre unterstützten und Ihr hättet sehen sollen, wie wir die Rothosen auf dem Laufenden hielten. In Zeit einer Viertelstunde war nichts mehr von ihnen zu sehen. Also, es war trotz dem Ernste der Sache zum krank lachen. – Gestern lagen wir in Stellung in schwer verschanzten Schützengräben und erhielten über eine Stunde Artilleriefeuer. Wir hatten viele Verwundete und Tote. F.D. erhielt auch einen Granatsplitter ins Bein. Während dieser Stunde haben wir mit dem Gesichte auf der Erde gelegen, den Tornister über dem Kopfe und fast alle waren laut am beten. Froh war ein jeder und alles atmete auf, als das Feuer endlich aufhörte. Gott sei Dank bin ich noch bis heute mit heiler Haut davongekommen und hoffe ich auch für die Zukunft das Beste. – Wenn es eben möglich ist, dann schickt mir doch etwas Zigaretten, denn Ihr glaubt gar nicht, wie wir darnach schmachten. Von Liebesgaben hört und sieht man hier nichts. Ein Paketchen mit Zigaretten von Euch habe ich erhalten und den Jubel von uns hättet Ihr mal hören sollen. Nach Paris wird unser Korps wohl leider nicht kommen, wie man hört, sonst sind wir aber noch fidel usw.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 30. September 1914
Zentralstelle für Liebesgaben in Bonn. In den oberen Räumen der Lese ist vom Vaterländischen Frauenverein in segensreichem Zusammenwirken mit dem Roten Kreuz die Bonner Hauptsammelstelle für Liebesgaben eingerichtet worden. Der lange, schmale Raum, der in den friedlichen Zeiten geselliger Vergnügungen zur Aufbewahrung von Mänteln und Hüten diente und deshalb auf gut Deutsch „Garderobe“ genannt wird, ist nun zum Lager- und Vorratsraum geworden. Da sieht man auf dem langen Tisch ganze Berge von wollener Wäsche aufgestapelt. Vor allem warme Socken und Unterkleider. Aber auch sonst sieht man noch allerlei Dinge, die in irgendeiner Weise für den Krieger im Feld oder die Verwundeten in den Lazaretten brauchbar und dienlich sein können. Sogar Vorhänge und Teppiche werden geschenkt und finden gute Verwendung. Für die Liebesgaben-Transporte an die Front sieht man allerhand Eß- und Trinkbares und vor allem die ersehnten Zigarrenkisten in einer stattlichen Sammlung angehäuft. (...) Ein zweiter Saal ist in eine Art Fabrikraum umgewandelt. Hier werden die Stoffe für Wäsche von kundigen und fleißigen Händen zugeschnitten, um dann an bestimmten Tagen zur Verarbeitung an bezahlte Arbeitskräfte hinausgegeben zu werden. Viele, viele Dutzende von Kissen, Lazaretthemden u.a. Wäschstücken liegen hier bereit, um an die Lazarette verteilt zu werden.
Papier gegen Kälte. Ein Veteran von 1870/71 weist auf die bekannte wärmende Wirkung von Papierhüllen hin: „Ein altes, aber verhältnismäßig wenig angewandtes Mittel gegen Erkältung liefert uns das Papier. Selbst Veteran, der auf dem Feldzug 1870/71 mitmachte, habe ich durch auf Brust und Rücken getragenes Zeitungspapier jede Erkältung ferngehalten. (...) Gegen kalte Füße empfiehlt es sich, die Füße über den Strümpfen mit Papier einzuwickeln. Da Papier überall zu haben ist, so glaube ich, meinen Kameraden mit dieser Anregung einen guten Dienst zu erweisen.“
Der Vorstand der Kinderheilanstalt Bonn in Godesberg hat auf Antrag des Garnisonslazaretts beschlossen, die Kinder bis auf weiteres zu entlassen und die Anstalt als Lazarett für verwundete Krieger zur Verfügung zu stellen, wozu die großen Räume und der schattige Garten geeignet wären.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten")
Für unsere geschädigten ostpreußischen Landsleute. Wie uns die Beamten der Königlichen Güterabfertigung mitteilen, soll in den nächsten Tagen eine Wagenladung Gebrauchsgegenstände für die schwer geschädigten Bewohner von Ostpreußen abgesandt werden.
Um die Sendung möglichst umfangreich zu gestalten und den Wagen ausnutzen zu können, wird höflichst gebeten, noch sofort entbehrliche Gebrauchsgegenstände zur Abholung anzumelden.
Gegenstände, die in manchen Familien überzählig vorhanden sind, würden unseren schwer geschädigten Brüdern in Ostpreußen gute Dienste leisten. Anmeldungen werden erbeten an Obergütervorsteher Honderich.
Für Ostpreußen. In der Zeit vom 20. bis 27. September sind bei Geh. Rat Cosack für die Kriegsnotleidenden Ostpreußens zusammen 1.747 oder mit den schon früher eingegangenen Beträgen 13.178,49 Mk. eingegangen. Weitere Gaben erbittet Geh. Rat Cosack auf sein Konto „Ostpreußen“ bei der Deutschen Bank Zweigstelle Bonn.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtische Realschule. Oberlehrer Fürst, Offizier-Stellvertreter im Res.-Reg. 65, wurde wegen seiner in den Kämpfen an der Marne bekundeter Tapferkeit zum Leutnant befördert und mit dem eisernen Kreuze ausgezeichnet. Seit etwa zwei Wochen liegt er mit einer schweren Armverwundung in einem hiesigen Krankenhause, befindet sich aber auf dem Wege der Besserung.
Unbestellbare Feldpostsendungen. Da öfters Feldpostpaketchen mit Zigarren oder anderen Liebesgaben ihren Adressaten nicht mehr erreichen, werden sie an den Absender zurückgesandt. Damit unsere anderen lieben Brüder im Felde aber wenigstens etwas von den sehr begehrten Liebesgaben haben, empfiehlt es sich, auf die Paketchen einen Vermerk zu kleben, daß der Inhalt, falls der Adressat nicht zu erreichen war (sei es, daß er gefallen oder aus dem Lazarett entlassen ist) an die im Felde stehenden Kameraden verteilt werden soll. Der Deckel kann mit einem Vermerk an den Absender zurückgesandt werden. In unserer Geschäftsstelle sind zweckentsprechende Aufklebezettel kostenlos zu haben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Im Interesse der kranken und verwundeten Soldaten, die sich auf dem Wege der Genesung befinden, wird darauf hingewiesen, daß ihre Wiederherstellung durch Verabreichung von Alkohol nur aufgehalten wird.
Es werden daher alle Zivilpersonen dringend ersucht, genesenden Soldaten alkoholische Getränke nicht zu verabfolgen. Den Besitzern von Schenkwirtschaften wird verboten, genesenden Militärpersonen Alkohol zu verabreichen.
Bonn, den 28. Sept. 1914. Das Garnisonskommando.
(Volksmund, Rubrik „Bekanntmachungen“)