Bonn 1914-1918
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    • Liebesgabenfahrten 1914
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    • Der Kriegswinter 1916/17
    • Die letzten Monate
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Samstag, 21. September 1918

   

Am gestrigen Geburtstage der Kronprinzessin trugen die öffentlichen Gebäude Fahnenschmuck.

Die Kreissparkasse Bonn zeichnete auf die neunte Kriegsanleihe neun Millionen Mark, ihre Zeichnungen auf alle Kriegsanleihen betragen damit zusammen 50 Millionen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Grober Unfug. Aus unserem Leserkreis werden wir gebeten, an die Polizei die Anfrage zu richten, ob ihr von dem Handel mit Niespulver, Stinkbomben und Knallplättchen bekannt sei, durch welchen eine gewisse Bonner Jugend in den Stand gesetzt wird, auf den Straßen, in den Eingängen der Kinos usw. ihren Unfug damit zu treiben.

Drei Diebe hatten in Bonn Hühner und einen Hahn, Weizen und Hafer sowie Kartoffeln gestohlen. An der Strafkammer waren sie größtenteils geständig, nur behaupteten sie sämtlich, geisteskrank zu sein. Nach dem Gutachten des Herrn Oberarztes der hiesigen Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt sind alle drei als vermindert zurechnungsfähig, jedoch nicht als geisteskrank anzusehen. Sie wurden zu Gefängnisstrafen von einem Jahr, einem Jahr und sechs Monaten und sechs Monaten verurteilt. Auch wurden vier und je zwei Monate der erlittenen Untersuchungshaft als verbüßt auf die Strafen angerechnet.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   Pilzverkauf auf dem Markt. Dem Wunsch der Hausfrau (im Gen.-Anz. Vom 17.), den Pilzverkauf unter strenge Aufsicht zu stellen, wird seit Einrichtung der Pilzbestimmungsstelle entsprochen. Sowohl der Leiter dieser Stelle als auch der aufsichtführende Polizeibeamte, der mit den marktgängigen Pilzen durchaus vertraut ist, halten scharfe Musterung. Es ist aber ganz unmöglich, den Inhalt jedes einzelnen Korbes mit derselben Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit zu prüfen, wie dies in der Pilzbestimmungsstelle geschieht. Im übrigen liegt die Beratungsstelle nur wenige Minuten vom Markte entfernt: hier kann eine eingehende Prüfung erfolgen. Gegen faule und vermoderte Pilze muß sicher jeder selbst schützen: hierzu bedarf es keiner Pilzkunde.
   Die Preise machen nicht die Verkäufer, sondern die Käufer, die sie zahlen. Wer Nahrungsmittel, die uns kostenlos im Walde in reicher Menge zur Verfügung stehen, so hoch wertet, mag jene phantastischen Preise anlegen. P.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

  

In Beuel hat sich bezüglich der Kartoffelbelieferung ein eigentümlicher Gebrauch eingebürgert. Leider sind wir auf die Kartoffelnahrung so sehr angewiesen, daß auch die regelmäßige Abgabe von 7 Pfund nicht genügt. Recht unangenehm ist es nun, wenn manche Familien auch diese 7 Pfund pro Kopf und Woche nicht einmal erhalten können. Die Kartoffeln werden in Beuel meist in zwei Raten ausgegeben, einige Pfund anfangs und den Rest Ende der Woche. Ist nun gegen diese ratenweise Verteilung an sich nichts einzuwenden, so ist es aber doch recht unangenehm, wenn der Rest, wie das mehrmals vorgekommen ist, überhaupt nicht zu erhalten ist. So mußten am vergangenen Samstag wieder mehrere Familien von einem Geschäft zum anderen laufen und konnten keine Kartoffeln haben. Wenn man nun in der einen Woche nicht in der Lage ist, die zukommenden Kartoffeln zu geben, so müßten diese doch in der nächsten Woche geliefert werden, dies geschieht aber nicht; die Abgabe von Kartoffeln auf Marken der vergangenen Woche wird von den Geschäften gemäß ihrer Instruktion von der Gemeinde stets abgelehnt. Hoffentlich genügt dieser Hinweis, daß solche Schmälerung des Kartoffelquantums nicht wieder vorkommt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)

Sonntag, 22. September 1918

  

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 22. September 1918Ertränken wollte sich gestern nachmittag vor der Ersten Fährgasse eine 26jährige Polin. Sie wurde von den Badeanstaltswärtern aus dem Strom geholt und in die Klinik gebracht.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Was das Obst kosten soll! Nach den Höchstpreisen, wie sie von der Reichsstelle für Gemüse und Obst festgesetzt sind, dürfen kosten: Tafeläpfel beim Erzeuger 35 Pfg. das Pfund, beim Kleinhändler 43 Pfg.; Wirtschaftsäpfel 15 und 20 Pfg.; gute Zwetschen dürfen kosten 20 bezw. 27 Pfg.; Brennzwetschen 10 und 15 Pfg. Die Preise sind also da, machen sich auf dem Papier auch recht schön, sehen in Wirklichkeit aber ganz anders aus. So werden u. a. für den Zentner Aepfel bis zu 200 Mark verlangt und bezahlt; Pflaumen sind unter 2 Mark das Pfund nicht zu haben.

Zur Beschlagnahme von Sonnenvorhängen. In diesen Tagen werden den Behörden, Anstalten und Firmen unserer Stadt durch das städt. Bekleidungsamt Meldebogen zugehen, auf welchen der Bestand an Sonnenvorhängen einzutragen ist. Diese Meldebogen müssen sorgfältig ausgefüllt und nach Erledigung bis spätestens zum 25. September ds. Js. an das städt. Bekleidungsamt Bonn, Gangolfstr. 2, zurückgesandt werden. Die Beschlagnahme mußte erfolgen, um den stets wachsenden Bedarf an Säuglings- und Leibwäsche unserer Bevölkerung zu decken. Gewiß wird diese weitere Beschlagnahme in der heutigen Zeit besonders seitens der betroffenen Privat-Personen schwer empfunden werden, und doch muß erwartet werden, daß von Seiten der betroffenen Kreise unserer Bürgerschaft diese Sache, entsprechend ihrer Wichtigkeit, unterstützt wird, und daß die Meldebogen sorgfältig und rechtzeitig ausgefüllt werden. aber

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Anzeige im General-Anzeiger vom 22. September 1918Anzeige im General-Anzeiger vom 22. September 1918Die Verbindungstreppe der neuen Sternstraße mit dem Florentiusgraben scheint sich allmählich in eine Bedürfnisanstalt umzuwandeln. Das Passieren der Treppe kann man schon eher ein Balancieren zwischen menschlichen Unhöflichkeiten nennen und nur eine geübte Lunge ist imstande, durch langes Atemanhalten all die Krankheitskeime von sich fern zu halten. Es liegt im Interesse der Oeffentlichkeit, diesen vielbenutzten Weg in einem gangbaren Zustand zu erhalten. G. T.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

   

Wochenkalender der Bonner Frauenvereine. Hauswirtschaftliche Kriegshilfe. Anmeldungen zu Schuhkursen werden entgegengenommen in der früheren Flickschusterei (Universität Am Hof I). Daselbst bietet die Kleiderberatung (Neues aus Altem) jeden Mittwoch von 9 – 12 und 3 – 6 Uhr Gelegenheit unter sachverständiger Leitung Kleider anzufertigen oder zu ändern. Die Strumpfausbesserungsstelle ist jetzt nur noch jeden Donnerstag von 9 – 12, 3 – 6 Uhr geöffnet. In der hausw. Beratungsstelle (Städt. Sammelstelle Am Hof) sind außer kriegsgemäßen Kochrezepten und Angaben über Selbstanfertigung von Kochkisten auch neue Merkblätter über bargeldloses Zahlen zu haben. Die Chamottesteine (zum Backen in der Kochkiste) sind bei Frau Vogel, Fürstenstraße zu kaufen. In der städt. Sammelstelle ist eine Annahme von gebrauchten Möbeln und sonstigen Hausrat eingerichtet worden, um minderbemittelten Brautpaaren die Gründung ihres Hausstandes zu erleichtern. Alle wohlhabenden Familien sind herzlich gebeten, aus ihren reichen Beständen beizusteuern und diese zeitgemäße Einrichtung wirksam zu unterstützen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Montag, 23. September 1918

   

Keine Zwangseingriffe in den privaten Wäschebestand. Die Reichsbekleidungsstelle schreibt in ihren „Mitteilungen“: Neuerdings wird wieder ein Gerücht verbreitet, daß die Enteignung der Tisch- und Bettwäsche in den Privathaushaltungen bevorstehe. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Die Reichsbekleidungsstelle beabsichtigt keinen zwangsweisen Eingriff in die Wäschebestände der Privathaushaltungen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Die öffentlichen Uhren sind vor vier Tagen auf ½3 Uhr stehen geblieben; und diese Zeit zeigen sie auch heute noch. Das wirkt sehr störend. Ist denn niemand mehr da, der die Uhren wieder in Gang bringt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 22. Sept. Zwei Schwindler in feldgrauer Uniform wurden gestern abend hier festgenommen. Es handelt sich um Deserteure, die mit falschen Papieren als Bevollmächtigte der Militärbehörde bei mehreren Familien Lebensmittel und andere Gegenstände beschlagnahmten. Die beiden wurden heute morgen der Militärbehörde in Bonn vorgeführt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

  

Gesellschaft für Literatur und Kunst. […] Die Ausstellungen der Gesellschaft finden wieder im Oberniermuseum statt. Die beiden ersten sind der rheinischen Kunst gewidmet. Die Reihe wird eröffnet durch eine August-Macke-Gedächtnisausstellung, womit nicht nur der Pietät gegen den Entschlafenen Genüge getan, sondern auch gezeigt werden soll, wie hell dies junge Licht auch über einen Heldentod hinaus glänzt. Die Ausstellung Altdüsseldorf wird mit ihren Proben aus der rheinischen Kunst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Freunde ruhiger heimischer Ueberlieferung befriedigen. […]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Dienstag, 24. September 1918

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 24. September 1918Für die ernährungswirtschaftliche Anerkennung als Schwerstarbeiter hat das Kriegsernährungsamt Richtlinien herausgegeben, nach welchen die Belieferung mit Zusatzlebensmitteln durch die Kommunalverbände zu erfolgen hat. Als Schwerstarbeiter sind in diesen Richtlinien im allgemeinen nur solche Personen aufgeführt, welcher der Einwirkung giftiger Gase und offenem Feuer ausgesetzt sind, und die (im Bergbau) unter Tage arbeitenden Personen. Würden, wie ein Zentrumsabgeordneter in einer Anfrage befürwortet hat, die Waldarbeiter und die landwirtschaftlichen Arbeiter grundsätzlich als Schwerstarbeiter anerkannt, so wären berechtigte Berufungen die Folge. Dies würde, so besagt die Antwort des Reichskanzlers, zu einer Verringerung der für die Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Mengen führen und wäre in dem augenblicklichen Zeitpunkt nicht vertretbar.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Letzter Sturm.
Noch einmal brich los, du deutscher Sturm,
Heiliger Zorn werde wach! Werde wach!
Vernichte den gräulichen Lügenwurm,
Schlag nieder den gehässigen Drach!!
Hoch unsere Fahnen, für Freiheit und Recht;
Noch einmal Gewitter von Tod und Verderben.-
Noch einmal hinein in das heilige Sterben. –
Frei zum Gefecht!

Rings stehn sie alle, voll Haß und Wut;
Hol’ aus, stoß zu, du deutscher Zorn!
Schwinge dein Schwert, schlag scharf, schlag gut!
Alldeutschland furchtlos und treu nach vorn.
Unsterblicher Ruhm ist ihre Ehre!
Zum Letzten! Drauf! Fällt die Gewehre!
Marsch! Marsch! Hurra!!
J.Sch.

 (Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 24. September 1918Anzeige im General-Anzeiger vom 24. September 1918Vom Rhein. Durch reichliche Niederschläge hatte sich zu Beginn der vergangenen Woche der Wasserstand erheblich gebessert. In den letzten Tagen ist das Wasser allerdings ebenso schnell wieder zurückgegangen. Die meisten großen Kähne können aber immer noch mit voller Belastung aufwärts nach den oberrheinischen Häfen fahren. Durch die wesentlich gestiegene Ladefähigkeit hat sich der Mangel an Schiffsraum etwas gemildert. Der bessere Wasserstand hat die Aufwärtsbewegung der Kahnmieten zu Berg sowie der Schleppkosten zum Stillstand gebracht. Da bisher viele Schiffe noch zu Lagerzwecken benutzt wurden, hat das Generalkommando verfügt, dies in Zukunft zu beschränken, um Knappheit des freien Laderaumes zu verhindern. Der Verkehr der Personendampfer ist infolge des Kohlenmangels stark eingeschränkt worden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Mittwoch, 25. September 1918

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. September 1918Der Flottenverein Jungdeutschland veranstaltet in den nächsten Monaten wieder einige seiner so beliebten Filmvorstellungen. Diesmal ist der Reinertrag für die Weihnachtsspende an die deutsche Marine bestimmt. Die Vorstellungen finden statt an folgenden Sonntagen des Vormittags um 11.30 Uhr: 29. September, 20. Oktober, 10. November, 1. Dezember. Die Vorstellung am kommenden Sonntag spielt in dem Metropoltheater am Markt. Für die anderen sind die Bonner Lichtspiele in Aussicht genommen. Näheres hierüber wird noch in den besonderen Anzeigen bekannt gegeben. Neben verschiedenen hochinteressanten Kriegsfilmen, unter denen sich der berühmte Film „Die Tanks vor Cambrai“ und einige spannende Fliegerfilme befinden, werden diesmal bei jeder Vorstellung einige Lustspiele zur Aufführung gelangen. Nicht nur wegen des guten Programms sollte ein jeder diese Vorstellung besuchen, sondern allein des guten Zweckes wegen. Jeder von uns weiß, wie sich unsere Blaujacken zu Weihnachten über einen Gruß aus der Heimat freuen. Um ihnen diese Freude aber auch verwirklichen zu können, sind ungeheure Mittel notwendig. Und so ist es sehr zu begrüßen, daß der Flottenverein Jungdeutschland den Ertrag dieser vier Vorstellungen dem guten Zwecke zur Verfügung stellt. Hoffentlich werden die Bonner Bürgerschaft und besonders die Bonner Jugend die Veranstaltungen recht zahlreich besuchen und damit zeigen, daß sie auch etwas für unsere Marine übrig haben. Alles nähere wolle man aus den Anzeigen in diesem Blatte entnehmen. Dauerkarten für alle vier Vorstellungen werden nur in beschränktem Umfange ausgegeben.

Anzeige im General-Anzeiger vom 25. September 1918Nahrung, Wohnung und Licht.
    Die Winterversorgung mit Kartoffeln
ist durch die Reichskartoffelstelle endgültig geregelt. Die Stadt Bonn erhält ihren über 300.000 Ztr. beantragenden Jahresbedarf zu fast drei Fünfteln aus der Rheinprovinz und zu zwei Fünfteln aus den Provinzen Sachsen und Pommern. Die Kartoffel ist in diesem Jahre gut gereift und eignet sich zum Einkellern. Infolgedessen hat der Lebensmittelausschuß beschlossen, die Einkellerungsmenge, die im vergangenen Jahre nur einen Zentner betrug, auf anderthalb Zentner zu erhöhen. [...]
   Die Brotversorgung wird glücklicherweise vom 1. Oktober an etwas besser werden. Der Staatssekretär des Kriegsernährungsamtes wird von diesem Tage ab wieder eine zehnprozentige Streckung des Brotes mit Trockenkartoffelerzeugnissen gewähren. Infolgedessen hat der Oberausschuß für den Regierungsbezirk Köln beschlossen, die Brotmenge auf den Kopf der Bevölkerung auf vier Pfund wöchentlich zu erhöhen, und diese Menge wird in Bonn von der auf den 1. Oktober beginnenden nächsten Brotversorgungswoche, also vom 7. Oktober ab ausgegeben werden.
    In der nächsten Woche, also vom 30. September bis 6. Oktober, durchleben wir die dritte fleischlose Woche. Das Lebensmittelamt wird verschiedene Ersatznahrungsmittel ausgeben und zwar:
   3 Pfund Kartoffeln auf Warenmarke,
   50 Gramm Butter und
   125 Gramm Roggenmehl.
   [...]
Die außerordentliche Verteuerung aller Lebensmittel und vor allem auch der Arbeitslöhne und Materialien muß es leider auch mit sich bringen, daß eine weitere Heraufsetzung der Preise für das Mittagessen in den Kriegsküchen eintreten wird. Die Preise werden dementsprechend in der nächsten Zeit für die Klassen A und B von 50 auf 60 Pfg. und für die Klasse C von 70 auf 80 Pfg. erhöht werden, jedoch mit der Maßgabe, daß kinderreichen Familien unter Vorsaussetzung der Bedürftigkeit in den Klassen A und B der Preis auf 50 Pfg. und in der Klasse C aus 60 Pfg. gewährt werden kann. [...]
    Die Zuweisung von Nährmitteln ist in letzter Zeit ganz außerordentlich gering gewesen, so daß auch von der städtischen Verwaltung aus bei den betreffenden Reichsstellen lebhafte Vorstellungen über diese schlechte Versorgung gemacht sind. Aus diesem bedauerlichen Grunde heraus kann die geplante Verabfolgung einer Morgensuppe für Schulkinder leider vorerst nicht erfolgen. Die Stadtverordnetenversammlung hatte sich seinerzeit mit großer Wärme für diese Einrichtung ausgesprochen, und nun muß sie leider zunächst noch unterbleiben.
   Die Beleuchtungskarten werden nächsten Freitag, Samstag und Sonntag morgens von 8 bis 12 und nachmittags von 3 bis 6 Uhr in der Kartenausgabestelle Gangolfstraße 2 ausgegeben. [...] Der Verkauf der Beleuchtungsmittel beginnt in der kommenden Woche. Die zur Ausgabe kommende Menge und die Verkaufsstellen werden noch veröffentlicht werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Zum 1. Symphonie-Konzert im Stadttheater am Freitag dieser Woche singt zum ersten Male hier der ausgezeichnete Heldenbariton der Wiesbadener Hofoper Harry de Garmo. Der Künstler, welcher die Lysiart-Arie aus Webers „Euryanthe“ und Lieder von Gustav Mahler vortragen wird, hat eine schöne große Stimme. Er hat kürzlich gelegentlich eines Gastspiels in Berlin außerordentlichen Erfolg gehabt. Das Orchester bringt unter Sauers Leitung Beethovens Ouvertüre „Die Weihe des Hauses“, Mozarts Ballettmusik aus der Pantomime „Les petits riens“ und Brahms C moll-Symphonie zu Gehör.

Fertig geschnittenen Weißkohl zum Einmachen verkauft die Stadt von morgen ab im städtischen Betrieb Coblenzerstraße 10. Der Preis für den Zentner stellt sich auf 15 Mark.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Sammelt Brennesseln! An die Daheimgebliebenen ergeht der Ruf als eine ernste vaterländische Mahnung. Zu denjenigen einheimischen Pflanzen, aus deren Fasern wir schon vor Hunderten von Jahren schöne und weiche Stoffe gewebt haben, gehört die hohe, große Brennessel (Urtica diocia), die auf sumpfigen Wiesen, an den Rändern von Gräben, Teichen und Flüssen und in unseren Wäldern üppig wuchert. Die Konkurrenz der Baumwolle hat die ehemals beliebte Nesselfaser völlig verdrängt; aber unter dem Druck der wirtschaftlichen Notwendigkeit gilt es, sie wieder zu Ehren zu bringen. Solange der Nesselanbau noch nicht genügend fortgeschritten ist – er ist bereits mit vielversprechendem Erfolge in die Wege geleitet – wäre es [sic!], davor zurückzuschrecken, weil etwa die Berührung mit den Härchen der Stengel und Blätter Jucken verursacht. Immer laßt uns daran denken, wie viel unendlich schwerer das ist, was unsere Krieger tagtäglich vollbringen und aushalten müssen. Im Brennesselsammeln gehen uns übrigens unsere Feldgrauen mit gutem Beispiele voran: im besetzten Gebiet sammeln sie Nesseln, und von den Erholungsheimen der Feldgrauen werden „Nesselkommandos“ ausgesandt, die stets mit guter Beute heimkehren. Wer sich gegen das Jucken schützen will, möge sich die Hand lose umwickeln oder behandschuhen. Eifrig ist bereits die Brennessel in unserem Vaterlande gesammelt worden; namentlich unsere Schulkinder auf dem Lande haben unter der Führung ihrer Lehrer in den letzten Jahren tausende von Zentnern zusammengebracht. Die Nessel-Anbau-Gesellschaft hat ein vielmaschiges Netz von Sammler-Organisationen mit Vertrauensleuten und Obmännern geschaffen. Sie zahlt den Sammlern für 160 Kilo trockner Stengel 40 Mark. Für 25 Kilo trockner, ein wertvolles Viehfutter bildender Blätter 5 Mark und für ein halbes Kilo trockenen Samens 10 Mark. [...] Nicht unerwähnt sein, daß die Nesselsammler bei der Nessel-Anbau-Gesellschaft gegen Unfall versichert sind. – Möge keiner zurückstehen, an den der vaterländische Ruf ergeht: Sammelt Brennesseln!

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Donnerstag, 26. September 1918

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. September 1918Zur Beschlagnahme von Sonnenvorhängen. Die den Anstalten und Firmen unserer Stadt zugesandten Meldebogen sind, woran nochmals erinnert sei, bis zum 25. September an das städtische Bekleidungsamt, Gangolfstraße Nr. 2, zurückzusenden.
   
Zur weiteren Aufklärung sei bemerkt, daß die Eigentümer der beschlagnahmten Vorhänge demnächst durch Beauftragte der Reichsbekleidungsstelle zum Verkauf gegen eine von diesen Beauftragten festzusetzende Geldentschädigung aufgefordert werden. Die Entfernung der beschlagnahmten Behänge erfolgt kostenlos durch Beauftragte der Reichsbekleidungsstelle. Diese wird auch dafür Sorge tragen, daß dem Eigentümer der Vorhänge an Stelle der Geldentschädigung der alsbaldige Erwerb und die Anbringung gleichartiger Gegenstände aus Papiergarngeweben mit den vorhandenen Annahmevorrichtungen (Schnüren, Ringen und dergl.) ohne Zuzahlung möglich ist.

Die Filmherstellung wird begrenzt. Wie die Fachzeitschrift „Die Lichtspielbühne“ erfährt, sind bei der Aktien-Gesellschaft für Anilinfabrikation „Agfa“, die bekanntlich als einzige Firma Rohfilm herstellt (die Kinofilm-Gesellschaft m. b. H. in Düren fabriziert nur für den Eigenbedarf der Eiko), die Rohfilmprodukte beschlagnahmt worden. Es soll nur ein Drittel des bisherigen Kontingents der Privatindustrie zur Verfügung gestellt werden, während der Rest für Werbefilme verwendet werden soll.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Kriegsbeorderungen. Von zuständiger Stelle erhalten wir folgende Zuschrift: In letzter Zeit mehren sich die Fälle, in denen Arbeitgeber usw. ihren reklamierten Leuten, wenn sie zur Einstellung beordert sind, die Gestellungsbefehle abnehmen und mit neuen Reklamationsanträgen dem stellv. Generalkommando oder dem Bezirkskommando vorlegen. Das stellv. Generalkommando hat schon verschiedentlich darauf hingewiesen, daß dieses Verfahren durchaus unstatthaft ist. Das Bezirkskommando macht wiederholt darauf aufmerksam, daß in jedem Falle, auch wenn Zurückstellungsanträge schweben, oder über den Gestellungstag hinausgehende Zustellungsverfügungen bereits vorliegen, die Gestellungsbefehle im Besitz der Beorderten zu belassen sind. Diese haben sich am Tage der Beorderung beim Bezirkskommando zu stellen, es sei denn, daß das Bezirkskommando von der Aufhebung der Beorderung Kenntnis gegeben habe. Bei zukünftigen Zuwiderhandlungen werden die Beorderten zur Verantwortung gezogen, gegen die Veranlasser aber wird strafbar vorgegangen werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Dampfmaschinen-Explosion. In einer Fabrik im Kölner Bezirk ist die Maschine infolge Reißens des Regulatorriemens durchgegangen und vollständig auseinandergeflogen. Die Trümmer haben die Inneneinrichtung der Fabrik, sowie Dach und Umfassungsmauern durchschlagen und teilweise niedergerissen. Um ähnliche Unfälle zu verhüten, muß bei der oft mangelhaften Beschaffenheit der jetzt zur Verfügung stehenden Riemen darauf geachtet werden, daß insbesondere die Regulatoren der Kraftmaschinen in sicherer Weise angetrieben werden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Freitag, 27. September 1918

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. September 1918Auf die neunte Kriegsanleihe zeichnete die Dynamobürstenfabrik P. Ringsdorff in Mehlem eine Million Mark.

Mit einer Ausdehnung der fleischlosen Wochen auf weitere drei Monate ist, wie die Nordd. Allg. Ztg. schreibt, zu rechnen.

Neues Operettentheater. Als Gast auf Anstellung sang dieser Tage Fräulein Else Grabbert aus Hamburg die Valencienne in der „Lustigen Witwe“. Die junge Dame, die schon äußerlich einen sehr gewinnenden Eindruck macht, verfügt über ein volles, weiches, wenn auch nicht besonders umfangreiches Organ und weiß auch darstellerisch durch Gewandtheit und Anmut zu fesseln. Da die Valencienne bekanntlich einer Künstlerin nicht die volle Entfaltung ihrer Stimmittel wie auch ihrer darstellerischen Begabung gestattet, können wir hier leider kein abschließendes Urteil aussprechen. Das Publikum zeigte sich von den Leistungen der jungen Künstlerin vollauf befriedigt.
   
Der von Abend zu Abend steigende Erfolg der „Lustigen Witwe“ veranlaßt die Direktion, diese Operette auch in den nächsten Tagen bis Ende dieses Monats auf dem Spielplan zu erhalten. Mit durchweg neuer Besetzung der Partien bereitet die Direktion inzwischen die Operette „Der Zigeunerbaron“ vor.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

    

Städtisches Viktoriabad. Die Schwimmfreunde haben es dankbar begrüßt, daß die Schwimmhalle wieder der Benutzung übergeben worden ist. Das Leben und Treiben, das sich täglich in de Halle abspielt, ist ein deutlicher Beweis für das vorhandene Bedürfnis einer geregelten Körper- und Hautpflege. Von weit über 7000 Personen ist das Schwimmbad in der kurzen Zeit seiner Wiedereröffnung aufgesucht worden. Es ist eine helle Lust, namentlich unsere Jugend in dem feuchten Element zu beobachten, wie Knaben und Mädchen beim Schwimmen ihre Kräfte messen, beim Absturz vom hohen Schwimmbrett Mut und Gewandtheit äußern und in dem fröhlichen Wasserspiel Erholung finden von den Anstrengungen der Schulbank. Nicht weniger wird von den Erwachsenen der Betrieb in der Schwimmhalle begrüßt, wenn sie auch wegen der Fülle der Gesichte, der man nachmittags in dem großen Trog begegnet, lieber die ruhigen Vormittagsstunden benutzen, um des erfrischenden Genusses eines Schwimmbades teilhaftig werden zu können.
  
In den jüngsten Tagen wurden die Schwimmfreunde leider durch das Gerücht beunruhigt, daß die Freuden des Schwimmbetriebes im Viktoriabad bald wieder zu Ende sein sollen. Es heißt, die Stadtverordneten Kalt und Mathieu Schmitz machten ihren Einfluß geltend, um im Interesse der Kohlenersparnis die Einstellung des Schwimmbetriebes zu bewirken. Angesichts der knappen Kohlenzuweisung, die Bonn durch den Reichskohlenkommissar erfahren hat, erscheint es wohl möglich, daß man sich abermals für die Schließung der Viktoria-Schwimmhallen entscheidet. [...] Ohne die Absicht einer Kritik über die Behandlung, die man in Bonn in den letzten Kriegsjahren gegenüber der Schwimmsache wohl beobachten mußte, sei darauf hingewiesen, daß in vielen anderen rheinischen Städten, die ebenfalls unter dem Druck der Kohlennot gestanden haben, die öffentlichen Schwimmbäder bis heute ohne Unterbrechung im Betrieb geblieben sind. [...] Wenn man berücksichtigt, daß in Bonn trotz der Schwierigkeiten in der Kohlenbeschaffung seit anderthalb Jahren ein neues Operettentheater in Betrieb ist, das Stadttheater weiterspielt, daß sämtliche Bonner Kinos trotz der Kohlennot ihren Betrieb aufrecht erhalten konnten, daß „Groß-Bonn“ immer noch gut beheizt ist, daß eine wahre Sündflut von Konzerten diesen Winter über uns ergeht, die auch nicht ohne Saalheizung stattfinden können, so sollte man meinen, daß an den Stellen, wo der Kohlenbezug für diese Unternehmungen erfolgt, auch für das Viktoriabad die notwendigen Kohlen zu beschaffen wären.
   Wir haben als Lazarettstadt mit unseren zahlreichen Verwundeten und genesenden Feldgrauen ein besonderes Interesse daran, daß der Einwohnerschaft eine regelmäßige Schwimmgelegenheit geboten wird, zumal die Badegelegenheit in den Privathäusern durch die immer größer werdende Schwierigkeit der Reparaturmöglichkeiten und der Installationsarbeiten mehr und mehr fragwürdig geworden ist.
   Wir besaßen vor dem Kriege in dem Geheimen Baurat Schultze, unserem ersten Beigeordneten und Erbauer des Viktoriabades, und dem Stadtverordneten Prof. F. A. Schmidt, dem Chefarzt im Beethovenlazarett, besonders warmherzige Fürsprecher der Bonner Schwimmsache. An beide Männer ergeht deshalb besonders die herzliche Bitte, ihre Autorität dafür einsetzen zu wollen, daß, wenn irgend angängig, unserer Bürgerschaft auch weiterhin die Benutzung des Viktoriabades und seiner Schwimmhalle gewährleistet bleibt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Zu einer Kundgebung vaterländischer Tat- und Opferfreudigkeit ladet die deutsche Vaterlandspartei ihre Mitglieder auf Montag, den 30. September, abends 8¼ Uhr, in den großen Saal der Lesegesellschaft. Der Landtagsabgeordnete Dr. Bacmeister wird über das Gebot der Stunde sprechen. Auch Gäste sind herzlich willkommen.

Der erfolgreichste Kampfflieger auf dem Kriegsschauplatze in Mazedonien, der Bonner Vizefeldwebel Gerh. Fieseler, errang seinen 17. Luftsieg und wurde er neuerdings mit dem österreichischen silbernen Verdienstkreuz mit der Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille sowie mit dem preußischen Militärverdienstkreuz ausgezeichnet.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Samstag, 28. September 1918

    

Die Universität im vierten Kriegsjahre.
In der soeben erschienenen Chronik der Universität für das am 31. März beendete Rechnungsjahr 1917 berichten einleitend die beiden Rektoren des Jahres, Geheimräte Ribbert und Marx, über „Die Universität im vierten Kriegsjahre“. Nach kurzer Aufzählung der wichtigsten militärischen und politischen Ereignisse, u. a. die Befreiung der Universitär Dorpat, heißt es: Der Betrieb der Universität erfolgte in derselben Weise wie im vergangenen Jahr. Kriegsbeschädigte, Dienstuntaugliche, zeitweise Beurlaubte, 18jährige für die Zeit vor der Einstellung, Frauen und Gasthörer, Weltgeistliche und Ordensgeistliche bildeten die Zuhörerschaft von etwa 1400 Köpfen. Vielen, die im Hilfsdienst beschäftigt waren, wurde ein zeitweiser Besuch der Vorlesungen und Uebungen ermöglicht, ebenso Genesenden aus den Lazaretten und Krankenhäusern. Es wird dann über die akademische Bismarckfeier am Sonnenwendtage und über die Gründung der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Friedrich-Wilhelms-Universität berichtet. Die große goldene Schaumünze der Rektorkette wurde verpfändet und durch einen in der Kruppschen Hütte zu Sayn hergestellten eisernen Abguß mit dem Bilde des Stifters der Universität ersetzt. [...] Im Heeresdienst standen im Sommer 1917 4328 von insgesamt 5138 Studierenden, im Winter 1917/18 4803 von insgesamt 5555 Studierenden. Gefallen sind bisher 502 Studierende. Vorlesungen hatten angenommen im Sommer 1482 Studierende, darunter 474 Frauen, im Winter 1488, darunter 465 Frauen; dazu kamen im Sommer 163, im Winter 210 Gasthörer. Der Vereinslazarettzug K. 1 hat im Berichtsjahre 32 Fahrten zurückgelegt und 212 Offiziere und 7587 Unteroffiziere und Mannschaften, ferner 168 Feinde nach Deutschland befördert. Die Beratungs- und Unterstützungsstelle für kriegsbeschädigte Akademiker in der Rheinprovinz hat für 57 Kriegsbeschädigte, 38 mit schweren und 19 mit leichteren Verletzungen, besondere Akten angelegt. Zu den Schwerverletzten gehören sechs Blinde, darunter zwei Berufsoffiziere, die beide zum Studium der Rechtswissenschaften übergingen. Zahlreiche kriegsbeschädigte Akademiker wurden beraten, an 20 Unterstützungen gezahlt, für acht wurden die Kurkosten in den Alpen bewilligt. Die Ausgaben beliefen sich auf 12.000 M. Die Hilfsstelle der Universität zur Versorgung kriegsgefangener Akademiker hat weiter einige hundert Bände für die kriegsgefangenen Kommilitonen gesammelt und an die Hauptstellen überwiesen. [...]

Magen oder Herz? Die Parole ist mit kernigen Worten ausgegeben. Unser Beigeordneter Bottler hat es im Namen der Reichsbank und unserer Vaterstadt getan, deren Wappen unsere Kriegsanleihen-Zeichenscheine tragen, als er Mitbürger und Mitbürgerinnen versammelte, um die Werbearbeit für die „Neunte“ zu beraten: Vertrauen, mehr Vertrauen! Ein voller Heimatsieg soll unsere jetzige Kriegsanleihe werden, ein glänzender Beweis eines Siegeswillens, der weit größer noch als der unleugbare des Franzosen trotz weitgehender Besetzung seines Landes. Und ein treffliches Wort sagte der Bonner „Generalissimus“ bei der Geldschlacht: Bei vielen steht der Magen viel zu sehr im Vordergrund, man sollte meinen, sie hätten nur einen Magen und kein Herz. Der Magen läßt ihre Zunge sich ständig bewegen, vom Herzen hört man kaum ein Wort. Und ich setze hinzu: Gerade solchen, denen der Magen nicht knurrt, hören häufig am wenigsten auf die Stimme ihres Herzens. Die kann keine andere sein als die mahnende Stimme, die Pflicht zu tun. Diese Herzensstimme braucht aber nimmer zu fürchten, daß der Verstand anders sprechen würde. Patriotismus und Egoismus gebieten dasselbe: Zeichnung und Werbung. fik.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Ein Erlebnis in der Rheinuferbahn. Von einer angesehenen hiesigen Dame wird der Schriftleitung mitgeteilt, daß in der Rheinuferbahn gestern auf der Fahrt nach Köln in einem Nachmittagszug ein kriegsgefangener Franzose in Uniform beobachtet wurde, der sich in Begleitung einer Dame befand. Mit einem Abendzug fuhr der Franzose in der gleichen Gesellschaft wieder nach Bonn zurück. Die Mitreisenden beobachteten mit Empörung, daß die Begleiterin des Franzmanns sich mit diesem sehr intim unterhielt. Von der vielgerühmten Höflichkeit des Franzosen gegenüber Damen schien dieser Mosjöh keinerlei Dunst zu haben. Obwohl das Abteil überfüllt war und viele ältere Frauen stehen mußten, blieb der Franzose ruhig auf seinem Platz sitzen. Die Schaffnerin, die gebeten wurde, den Franzmann zum Aufstehen zu veranlassen, mußte leider erklären, zu einem derartigen Eingreifen nicht berechtigt zu sein. Vielleicht setzt sich die Direktion der Rheinuferbahn mit unserer Militärbehörde in Verbindung, damit derartige unliebsame Erscheinungen in der Folge vermeiden bleiben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Futtermangel. Vom Lande schreibt man uns: Zahlreiche Landleute der nächsten Umgebung der Stadt treiben jetzt ihr Rindvieh auf die jungen Stoppelkleefelder zur Weide. In hiesiger Gegend ist dies etwas ganz Neues und gibt der Landschaft ein ganz anderes, eigenes Gepräge. Die Landleute versuchen auf diese Weise dem augenblicklichen Futtermangel entgegenzuarbeiten. Der junge Klee liefert ja in diesem Jahre sowieso keine Ernte mehr, bringt aber durch die Benutzung als Viehweide großen Nutzen.

 Das Soldatenheim wurde am letzten Sonntag von Herrn Berlef trefflich geleitet. Nach herzlicher Begrüßung der zahlreich erschienenen Feldgrauen und eingeladenen Gästen zeigte Frau Zwerschke ihre Kunst als Geigenkünstlerin in bester Weise. Die Klavierbegleitung lag in den Händen von Frl. Herrmann und fanden die vorgetragenen Stücke allseitigen Beifall. Herr Architekt Tasche brachte mit bekannter herrlicher Tenorstimme mehrere Lieder zu Gehör und wurde kräftig applaudiert. Frl. Lenzen erfreute auch heute wieder mit ihren heiteren Vorträgen. Ein humoristisches Terzett „Die drei Auguste“, vorgetragen von den Herren Herbst, Däntler und Ritter fand auch seine Anerkennung. Ein Lustspiel „Die Naturheilmethode“ mit Besetzung der Damen Frl. Lottner, Frl. Völker, der Herren Ritter, Schönenberg, Däntler und Herbst wurde gut gespielt und rauschender Beifall wurde den Spielern zu Teil.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Sonntag, 29. September 1918

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. September 1918Auf den Vortrag des Landtagsabgeordneten Dr. Bacmeister morgen (Montag) im großen Saal der Lese sei an dieser Stelle nochmals hingewiesen. In dieser ernsten schicksalsschweren Zeit, in der innerer Zwist unsere Kraft zu lähmen droht, ist es heiligstes Gebot für die Heimat, unsere kämpfenden Brüder durch einheitlichen Siegeswillen zu unterstützen.

Lustiger Abend. Senff-Georgi, der, wie bereits wiederholt erwähnt, am morgigen Montag, abends 8 Uhr im Bürgerverein wiederum einen einzigen seiner wirklich lustigen Unterhaltungsabende gibt, gehört zu den wenigen Vortragskünstlern, denen die Frohlaune Herzensbedürfnis ist und denen von der Natur aus die reiche Gabe, durch ihre Künstlerschaft herzlichen Frohsinn zu verbreiten, geschenkt wurde. Das abwechselungsreiche, eigenartige Programm verheißt einen genussreichen Abend.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. September 1918Zur Kohlenknappheit. Aus Beamtenkreisen schreibt man uns: Nach den wenig tröstlichen Mitteilungen der Stadtverwaltung steht es mit der Kohlenversorgung für diesen Winter sehr schlecht. Außer mit dem Mangel an Lebensmitteln haben wir daher im Winter auch noch mit der Einschränkung des Kohlenbedarfs zu rechnen. Ein schlecht ernährter Körper kann aber die nötige Wärme nicht entbehren, ohne dauernd Schaden zu erleiden. Es muß daher unbedingt Rat beschafft werden. Eine größere Ersparnis an Heizungs- und Beleuchtungsmaterial kann eintreten, wenn bei den Behörden, namentlich den städtischen und gerichtlichen, mit Eintritt des Winters eine ungeteilte Arbeitszeit zur Einführung gelangt. Warum man zögert, von diesem einfachen Mittel Gebrauch zu machen, ist nicht zu verstehen. Die Einstellung der Heizung in den Nachmittagsstunden, der Fortfall der Beleuchtung der vielen Treppen, Flure und Arbeitsräume von Eintritt der Dunkelheit bis zum späten Abend muß eine Ersparnis an Heizungs- und Beleuchtungsmaterial zur Folge haben. Man führe daher die ungeteilte Arbeitszeit vor dem Winter ein, das ist der Wunsch der meisten Beamten, die dann auch noch Zeit finden würden, ihre sonstigen Geschäfte zu erledigen, namentlich sich die fehlenden Lebensmittel zu beschaffen, was man jetzt hamstern nennt.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Wochenkalender der Bonner Frauenvereine. Donnerstag, 6 Uhr, Hörsaal 12 der Universität, Verband Bonner Frauenvereine, 1. Vortrag: Verfassungs- und Verwaltungsfragen; Oberbürgermeister Most – Sterkrade; Freitag 10½ Uhr, Sitzung der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe. Hausw. Kriegshilfe, Anmeldungen zu Schuhkursen werden entgegen genommen in der früheren Flickschusterei (Univers. Am Hof). Daselbst bietet die Kleiderberatung jeden Mittwoch von 9-12, 3-6 Uhr Gelegenheit, unter sachkundiger Leitung Kleider anzufertigen oder zu ändern. – Die Strumpfausbesserungsstelle ist jetzt nur noch jeden Donnerstag 9-12, 3-6 Uhr geöffnet. In der hauswirtschaftlichen Beratungsstelle (städt. Sammelstelle) sind außer kriegsgemäßen Kochrezepten und Angaben über Selbstanfertigung von Kochkisten auch neue Merkblätter über bargeldloses Zahlen zu haben. Die Chamottsteine (zum Backen in der Kochkiste) sind bei Frau Vogel Fürstenstraße zu kaufen. In der städt. Sammelstelle ist eine Annahme von gebrauchten Möbeln und sonstigem Hausrat eingerichtet worden, um minderbemittelten Brautpaaren die Gründung ihres Hausstandes zu erleichtern. Alle wohlhabenden Familien sind herzlich gebeten, aus ihren reichen Beständen beizusteuern und diese und diese zeitgemäße Einrichtung wirksam zu unterstützen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

Montag, 30. September 1918

    

Nicht zu dumme Entschuldigungen! Folgende Entschuldigungen wegen Nichtzeichnung von Kriegsanleihen haben sich als unzweckmäßig herausgestellt und werden deshalb besser vermieden:
  
1. Ich habe gestern bei dem anderen Herrn gezeichnet – wenn man dessen Namen vergessen und seine Bescheinigung darüber verloren hat.
   2. Ich muß auf Herrn .... warten, dem ich jedes Mal zeichne – wenn der Werber von ihm einen freundlichen Gruß bestellt und gerade gehört hat, daß der geplagte Zeichner – noch nie gezeichnet hat.
   3. Ich muß unbedingt mein weniges bares Geld zu eiligen großen Warenanschaffungen behalten – wenn der Werber eben vorher, im Laden stehend, gehört hat, wie die hohen Preise damit gerechtfertigt wurden, daß keinerlei Waren mehr zu kaufen seien.
   4. Ich bin so beschäftigt, daß ich nur mit der Bank mich einlassen kann – wenn der Werber belehrt, daß durch die Zeichnung bei ihm der Gang zur Bank noch erspart wird.
   5. Ich muß meinen Neffen und Nichten die Freude der Zeichnung machen – wenn der Werber mit rauher Hand auf den Stammbaum weisen kann, der den Angesprochenen als einen geschwisterlosen hoffnungsvollen Sproß der Familie zeigt.
   6. Ich kann noch nicht übersehen, wie viel zu zeichnen ich in der Lage bin – wenn der Werber belehren kann, daß man mehrfach zeichnen und sich dadurch die Uebersicht erleichtern darf.
   Gleich ein halbes Dutzend --- fauler Entschuldigungen, ein Gros wäre leicht voll zu machen. Ein Ausweg bleibt dir, wenn dich der Werber erwischt. Erblasse nicht, erröte nicht, stottere nicht, --- raffe dich auf, ehrlich zu sagen: Ich will nicht zeichnen. Es ist ja nicht nötig, daß du dabei grob wirst, weil der unglückliche Werber dich --- zu hoch eingeschätzt hat. fik.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)

   

Zur Eierversorgung. Wie der preußische Staatskommissar für Volksernährung bekannt macht, dürfen Geflügelhalter, die ihre Ablieferungsschuldigkeit an Eiern für das Wirtschaftsjahr 1918 erfüllt haben, Ueberschußeier unmittelbar an Verbraucher zum Kleinhandelshöchstpreis frei absetzen. Diese Ueberschußeier sind bei Ablieferung an die Sammelstellen oder Aufkäufer mit einem Zuschlag von je 10 Pfg. zu vergüten.

Städt. Volksunterhaltungsabend. Im Saale des Bonner Bürgervereins gab gestern Herr Landgerichtsrat E. Bücheler seinen ersten dieswinterlichen Volksunterhaltungsabend, der sehr gut besucht war. Der Anfang war erfreulich. Der Konzertveranstalter hatte mit seinem kleinen gemischten Chor und den fünf Instrumentalsolisten für die Zwecke seiner Konzerte eine gute Wahl getroffen. Die Sängerinnen und die Sänger sangen, wenn sich auch einige musikalische Leistungen musikalisch nicht einwandfrei erwiesen, eine Reihe interessanter Lieder von Mendelsohn und Kahn mit Geist und Geschmack. Der Beifall der Zuhörer nach den Liedern war lebhaft. Den Höhepunkt der Erfolge erzielte das Mozartsche Quintett für zwei Violinen, Viola, Klarinette und Cello, das für das angesetzte und wieder abgesetzte Septett von Beethoven gespielt wurde. Den Ausführenden ist es gelungen, alles was in der Komposition lebt und webt, der Grundidee unterzuordnen und dem anmutigen Werke eine wirkungsvolle Aufführung zu sichern.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

    

Krieg gegen den Griesgram. Wir feierten einmal Fastnacht. Sie, von der wir schon mancher Jugend nur noch erzählen können, machte nicht nur das Narrenkleid aus, das auch heute noch, dem Geist der Zeit zum Hohn, oft genug getragen wird. Zu ihr gehörte ein rheinisches Herz, das auch innerlich keinen Griesgram kannte. Kampf gegen den Griesgram war die Parole, und denkt ihr noch an die Jagd auf die Griesgrämigen? Erinnert ihr euch noch, wie geschickt sie aus der Menge heraus ausfindig gemacht und unter dem sicheren Geleit der Bonner Stadtsoldaten in das Wachlokal unter der Treppe unseres Rathauses gebracht wurden? Dort mochten sie ihren Obolus für die Armen erlegen und erleichtert von dannen gehen.
   
Das war noch ein harmloser Griesgram. Man freute sich, je mehr seiner verdächtig erschienen. Heute sind es gefährliche Menschen, die zu aller Not und allem Leid uns noch die hässlichste Plage ihres Griesgrams bringen wollen, die da geflissentlich diese Krankheit auf ihre Mitmenschen übertragen. Wer solchen Griesgram zur Strecke bringt, den Seucheverbreiter bestimmt, nicht einmal ein Opfer für die Armen auf sich zu nehmen, sondern dem Vaterland und – sich zuliebe, nur Kriegsanleihe zu zeichnen, der hat wirklich etwas Verdienstliches getan.
Felix Joseph Klein (Bonn).

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)

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