Mittwoch, 26. Juni 1918

  

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 26. Juni 1918Vom Schicksal hart getroffen. Eine in der Nähe von Bonn wohnende Familie hatte vier Söhne im Heere, von denen die drei ältesten bereits den Tod fürs Vaterland fanden. Als die Eltern vor wenigen Tagen von einem gemeinsamen Ausgange heimkehrten, fanden sie jüngstes Kind, einen Knaben von sechs Jahren, tot vor. Er hatte mit Weihnachtskerzen gespielt und war jämmerlich verbrannt. Kaum waren die Eltern von seinem Begräbnisse zurückgekehrt, da wurde ihnen die Trauernachricht überbracht, daß auch der vierte Sohn an der Westfront gefallen ist.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Der Markt als Handelsmarkt. In der gestrigen Nummer des Generalanzeigers schildert „eine Hausfrau, die sich nicht scheut“, sehr treffend unsere Marktverhältnisse.
   Ich füge der Klage dieser Frau hinzu, daß leider der Markt den hiesigen Händlern nicht nur als Verkaufsstelle dient, sondern sie dort auch die ankommenden Waren aufkaufen, um sie an Ort und Stelle zum Verkauf auszustellen. Wenn diese Geschäftsleute keinen anderen Zweck auf dem Markt verfolgen, ist es jedenfalls besser, wenn sie nicht da sind. Von der Behörde darf man aber wohl erwarten, daß der Einkauf zu Handelszwecken auf dem Markt nicht geduldet wird. Dies nicht genug, benutzen auch auswärtige Händler unseren Markt zum Einkauf. Täglich kann man beobachten, wie von diesen Leuten der Markt leergekauft wird. Es erscheint jeden Tag ein Gepäckträger mit einer großen Karre und holt die aufgekaufte Ware ab. […] W.E.
Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 26. Juni 1918   (Wir möchten unsere Stadtverordneten im Interesse der Bürgerschaft bitten, die Wochenmarktsfrage doch einmal gründlich zu durchleuchten. Die Klagen über die Verhältnisse auf dem Markt mehren sich derart, daß uns eine Untersuchung durch die gewählte Interessenvertretung der Bürgerschaft als ersprießlich erscheint. Die Schriftl.)

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
[…]
   Die Brotration ist vom 1. Juli ab für den ganzen Regierungsbezirk Köln auf 3½ Pfund wöchentlich festgesetzt worden. Die Stadt Bonn ist jedoch in der Lage, aus ihren Ersparnissen ein weiteres Viertelpfund auf den Kopf und die Woche auszugeben, sodaß hier in Bonn vom 1. Juli ab die Brotration tatsächlich 3¾ Pfund wöchentlich beträgt. Gerade in der jetzigen Zeit, wo die Ernährungsverhältnisse besonders schwierig sind, ist die Herabsetzung der Brotration bitter, aber vom haushälterischen Gesichtspunkte aus unbedingt notwendig, um bis zum Einbringen der neuen Ernte durchzuhalten. […]
   Die Kartoffeln stehen im Durchschnitt gut und das ist schon wesentlich. Die Frühkartoffelernte verzögert sich hier etwas durch die Witterungsverhältnisse. An sich ist dies kein Nachteil, denn die Regenfälle haben eine erhebliche Gewichtszunahme der Kartoffel mit sich gebracht. Mit den alten Kartoffeln ist sehr sparsam umzugehen, denn jetzt beginnt die Zeit, wo die Kartoffelversorgung bis zum Erscheinen der Herbstkartoffeln, etwa um Mitte September herum, sehr unzuverlässig wird. Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß sämtliche Frühkartoffeln, mit Ausnahme der in den Hausgärten gezogenen, in öffentlicher Bewirtschaftung stehen und nur an den Kommunalverband oder an die von diesem bestimmten Aufkäufer […] verkauft werden dürfen. Hohe Strafen bestehen gegen Zuwiderhandlungen. […]
Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 26. Juni 1918   Die Fischbelieferung ist auch noch immer schlecht, da infolge des holländischen Ausfuhrverbots die Zufuhr von Flußfischen bereits seit mehreren Monaten ins Stocken geraten ist.
   Nun muß auch wieder eine weitere Herabsetzung der Fettration eintreten; von dieser Woche ab werden nicht mehr 62½, sondern nur 50 Gramm wöchentlich verteilt. Allmählich bleibt also von Fett nicht mehr viel übrig. Dazu kommt noch, daß durch die erhebliche Verminderung der Schweine, dieser ausgezeichneten Fettträger, auch noch ein Mangel an Speck bemerkbar wird. Ein Glück ist es, daß Erwägungen bestehen, um eine weitere Verminderung des Milchviehbestandes zu verhindern; denn wenn es mit dem Abschlachten der Milchkühe so wie bisher weiter geht, wird im Winter noch weniger Fett und vor allen Dingen erheblich weniger Milch vorhanden sein. Aus diesem Grunde werden voraussichtlich nach Einbringung der neuen Ernte, wenn die Ernährungsschwierigkeiten auf dme Gebiete der Brot- und Kartoffelversorgung nicht mehr so groß sind, einige fleischfreie Wochen eingeführt werden, um die Milchviehbestände zu schonen. […]

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)