Donnerstag, 23. Mai 1918
Fliegeralarm. Gestern vormittag kurz nach 10 Uhr wurde, wie in Köln, auch in Bonn wieder alarmiert, weil nach den vorliegenden Meldungen feindliche Flieger sich Köln genähert hatten. Ein Angriff erfolgte nicht. Auch Köln ist nicht angegriffen worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Erneuter Fliegeralarm in Bonn.
Gestern vormittag ertönten kurz nach 10 Uhr abermals die Sirenen und militärischen Warnsignalen, um der Bürgerschaft Bonns anzukündigen, daß Luftgefahr bestehe. Ebenso wurde in Beuel, Troisdorf und auch in Köln die Bürgerschaft durch Warnsignale von der bestehenden Luftgefahr verständigt. Man konnte, soweit wir dies festzustellen vermochten, wahrnehmen, daß heute die Warnsignale innerhalb der Bürgerschaft mehr Beachtung fanden, als am Pfingstsonntag. Auf dem Markt hatten sich die Verkäuferinnen in die benachbarten Häuser geflüchtet und viele Bürger suchten die Keller auf, die immer als der beste Schutz vor Fliegerbomben zu betrachten sind. Auch wurde die Vorschrift mehr beachtet, bei Eintritt von Luftgefahr alle Fenster zu öffnen, damit nicht infolge Lufterschütterung Scheiben zerspringen und die Bewohner verletzen. Am Rhein wurde die Vorschrift, Deckung zu suchen, weniger beachtet. In den städtischen Badeanstalten wurde lustig weitergeschwommen und auf den Bänken der städtischen Anlagen am Rhein blieb mancher unbekümmert sitzen. Ebenso war, wie man uns berichtet, in verschiedenen Straßen der Stadt während der Warnsignale, die bis ½12 Uhr andauerten, noch ein bemerkenswerter Verkehr von Fußgängern und auch Wagen zu beobachten.
Angriffe auf Köln und Bonn fanden gestern nicht statt.
Bomben-Sondervorträge in der Kriegs-Luftflotten-Ausstellung Köln – Riehlerhaus. Einem von vielen Seiten geäußerten Wunsche entsprechend werden in den täglich stattfindenden Demonstrationsvorträgen wertvolle Verhaltensmaßregeln für die Bevölkerung bei Bombenangriffen feindlicher Geschwader gegeben.
Die Beerdigung der Kölner Opfer.
Gestern vormittag wurden die Opfer des Fliegerangriffs in Köln in zwanzig Särgen in einem gemeinsamen Grab auf dem Südfriedhof beerdigt. Ein Kranz aus Tannengrün und frischen Blumen, dessen Schleifen die Inschrift trugen: „Auch Ihr starbt für das Vaterland. Die trauernde Stadt Köln.“ wurde an der Riesengruft niedergelegt. Die Trauerfeier wurde durch Fliegeralarm gestört. Nachdem die Luftgefahr vorüber war, erfolgten Ansprachen der Geistlichen und Oberbürgermeister Adenauer hielt eine ergreifende Ansprache an die Angehörigen der Feindesopfer, um die die ganze Stadt Köln wie eine große Familie trauere. Der Redner gedachte hierbei der herzlichen Anteilnahme des Kaisers, der durch seinen Geheimen Kabinettsrat seiner Trauer telegraphisch Ausdruck geben ließ und den Verwundeten baldige Genesung wünschte. Wie der Kaiser, fühle Kölns ganze Bürgerschaft. Der Eindruck der Trauerfeier war für alle Teilnehmer tief ergreifend.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vom Lande schreibt man uns: Die heißen Tage haben den Roggen rasch zum Blühen gebracht. Ueberall hängen die langen Staubgefäße aus den vollkommen ausgebildeten und prächtigen Aehren heraus und in einigen Tagen gibt es dort ein Stäuben, das bei der gegenwärtigen Witterung zur besten Befruchtung der Aehren dienen wird. Der Roggen ist auch im Halme mächtig gewachsen und hat bereits eine Höhe von 1,80 bis 2.00 Meter erreicht. Die Landleute rechnen mit einem Beginn der diesjährigen Getreideernte in den ersten Tagen des Monats Juli.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)