Mittwoch, 22. Mai 1918
70 Gramm Butter werden diese Woche für jeden Einwohner abgegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
160er in Gefangenschaft. Aus unserem Leserkreise wurde uns eine photographische Aufnahme von gefangenen Deutschen aus der französischen Zeitschrift „L’Illustration“ zur Verfügung gestellt. Es sind auf diesem Bilde Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der Infanterie-Regimenter 160 und 84 abgebildet. Durch diese Photographie konnte eine hiesige Familie einwandfrei ihren Sohn, einen Offizier des Infanterie-Regiments 160, als unverwundet erkennen, von dem sonst jede Nachricht fehlte. Das Bild trägt die Aufschrift: „Gruppe von Gefangenen, die am 18. April 1918 im Gehölz von Sénécat an der Front Montdidier – Amiens festgenommen wurden.“
Die Bildaufnahme ist einige Zeit im Schaufenster unseres Blattes ausgestellt. Vielleicht daß noch andere Bonner Familien Angehörige auf der Abbildung erkennen.
Zuteilung von Schuhwerk. In der heutigen Nummer unseres Blattes sind zwei Bekanntmachungen über Sonderzuteilung von neuem Berufsschuhwerk und die Zuteilung von neuem Schuhwerk für die Behörden, öffentlichen Anstalten usw. abgedruckt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Stadtverordneten-Vereinigung der Rheinischen Zentrumspartei hielt heute im Bonner Bürger-Verein eine Tagung ab. Herr Reichstagsabgeordneter Henry – Bonn begrüßte die Teilnehmer und als Vertreter der Stadt Bonn Herrn Beigeordneten Baurat Piehl, der die Grüße der Stadtverwaltung übermittelte, und dann einen Vortrag hielt über die Lebensmittelversorgung der Stadt Bonn. Er zeigte, wie in Bonn der Einkauf, die Bewirtschaftung, die Verteilung und der Verkauf der Lebensmittel organisiert sind. Von den sehr lehrreichen Ausführungen dürfte vielleicht das folgende statistische Material unsere Leser interessieren: Das Lebensmittelamt zählt 19 selbständige Abteilungen. Der Umsatz des letzten Jahres betrug 100 Millionen Mark, im Monat April allein 10 Millionen Mark. In der Lebensmittelklasse A sind zwei Sechstel der Einwohner, B drei Sechstel, C ein Sechstel. Hausstände sind 27.500 zu versorgen. Kartoffeln waren 100.000 Zentner eingemietet, 35.000 Zentner eingekellert. Die Stadt hat sich die Milchlieferung von 530 Kühen gesichert. Zum Schlusse behandelte Baurat Piehl Fragen der Lebensmittelversorgung für die Zeit der Uebergangswirtschaft. Die Ausführungen wurden, besonders von den auswärtigen Teilnehmern, mit größter Aufmerksamkeit entgegengenommen. Reichstagsabgeordneter Henry dankte dem Vortragenden und führte aus, ebenso großzügig und sachlich wie die Ausführungen des Herrn Baurat sei auch die Lebensmittelversorgung der Stadt Bonn durchgeführt. Das sei in erster Linie das Verdienst des Herrn Baurat Piehl, dem er dafür herzlichen Dank ausspreche. An den Vortrag schloß sich eine Besichtigung des Lebensmittelamtes, des Bekleidungsamtes, der Kriegsküche der Universität, der Kartoffellager und anderer Einrichtungen der Stadt Bonn an. Heute nachmittag findet eine geschlossene Versammlung statt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)