Dienstag, 14. Mai 1918
Bonner Frauenverein. Am Samstag fand die Hauptversammlung des Bonner Frauenvereins unter dem Vorsitze der Frau Justizrat Conzen statt. Die Vorsitzende berichtete, daß trotz der immer wachsenden Schwierigkeiten der Verein in gewohnter Weise gewirkt hat. Die meisten der Mitglieder haben sich außerdem noch in vaterländischem Sinn betätigt in der Pflege in Lazaretten und an der Bahn, in Soldatenheimen, in den Kriegsküchen, Flickstuben und wo Hilfe not tat. Der Verein selbst hat seit dem 1. Oktober 1917 eine Flicktag in jeder Woche zur Herstellung der Verwundetenwäsche eingerichtet, um die Bestände möglichst zu erhalten. Es wurden auch im vergangenen Winter durchschnittlich 80 Kinder täglich gespeist, wozu der Vaterländische Frauenverein einen Zuschuß von 500 Mark zusteuerte, desgleichen gab er 300 Mark für Brand für besonders bedürftige Familien. Eine Anzahl älterer Frauen wurde mit Strickarbeit für Militärlieferungen beschäftigt und ihnen dadurch ein Nebenverdienst von 1253 Mark verschafft. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Verwundetenfürsorge. Am vergangenen Sonntag erfreute ein Doppelquartett des Bonner Liederkranz die Verwundeten des Marienhospitals auf dem Venusberg durch den Vortrag stimmungsvoller Volkslieder. Ueber zwei Stunden lang blieben die Sänger im Hospital, um den Verwundeten durch ernste und heitere Lieder die Zeit zu verkürzen. Stürmischer Dank wurde den Sängern zuteil.
Die diesjährigen Pfingstferien sind für die ländlichen Volksschulen entsprechend verlängert worden, wo das Bedürfnis vorliegt, die ältern Schüler und Schülerinnen zum Vereinzeln der Zuckerrüben, zum Jäten und andern leichten Garten und Feldarbeiten zu verwenden. Die Lehrpersonen sind außerdem ermächtigt, darüber hinaus, den Kindern der letzten Schuljahre zur Leistung von landwirtschaftlichen Arbeiten auf den Antrag der Eltern bereitwilligst Urlaub zu erteilen. […]
24 Arten von Wildgemüse waren gestern nachmittag im studentischen Speisesaale der Universitäts-Kriegsküche zur Schau gestellt. Univ.-Prof. Dr. Küster besprach die Pflanzen kurz. „Sie wachsen überall, sogar in den Straßen der Stadt, allerdings nicht in der Remigiusstraße. Diese Mengen hat meine Gehilfin in kurzer Zeit in der Nußallee und deren Umgebung gesammelt. Das ist der große Vorteil, diese Pflanzen sind leicht erreichbar, weil sie überall wachsen und sie kosten nichts. Heute war wieder auf dem Markte wenig Gemüse und wenn welches da ist, so ist es teuer.“ […]
Also Gemüse überall, wo man hintritt, auf Wiesen, in Hecken, an Bäumen, auf Wegen, Schutthalden, Oedland, in der Stadt. Man muß es kennen zuzubereiten. Weicher Geschmack wird durch herberen verbessert, gekräftigt; alles gibt uns die Natur in reicher Fülle an die Hand, wie Prof. Dr. Küster gestern verständlich und klar zeigte. Rasch ist die Kenntnis dieser Gemüsepflanzen zu eigen gemacht, wo Interesse vorliegt. Im vierten Kriegsjahr scheint das noch nicht groß genug, um viel mehr als drei Dutzend Damen und Herren der praktischen Vorführung und Besprechung durch einen anerkannten Fachgelehrten und erprobten Praktiker zuzuführen.
Ein stadtbekannter Bummler hatte gegen ein schöffengerichtliches Urteil Berufung eingelegt, daß ihn wegen Bettelns zu 4 Wochen Haft und zur Ueberweisung nach Brauweiler auf sechs Monate verurteilt hatte. Er will nicht in das hiesige Männerasyl aufgenommen werden und ernährt sich vom Betteln. Dabei geht es ihm gar nicht schlecht, er ißt täglich mehreremale zu Mittag und bettelt alle Leute auf der Straße an. Bei seiner Festnahme war er im Besitz mehrerer Hundermarkscheine. Seine Berufung wurde von der Strafkammer verworfen.
Mehr Schutz unsern Rheinanlagen. Unsere prächtigen Rheinanlagen werden wieder einmal von zerstörungslustigen Knaben arg verwüstet. Ganze Aeste werden von den blühenden Bäumen abgerissen und dann achtlos weggeworfen. Namentlich hat die Schmuckanlage oberhalb der Köln-Düsseldorfer Landebrücke unter der Zerstörungswut der Knaben zu leiden. Dieser Teil der Anlagen wird ohne Weiteres als Spielplatz benutzt und niemand ist da, der den Kindern dies verbietet. Gestern abend saß ein Knabe auf einem Baum und warf den unten stehenden Spielkameraden Aeste herunter. Durch das Dazwischentreten eines Herrn wurde dem Treiben schließlich Einhalt getan. Hauptsächlich sind es Knaben der Remigiusschule und der Stiftsschule, die dort ihr Unwesen treiben. Die Lehrerschaft könnte hier Wandel schaffen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 13. Mai. Zum Besten des neuen Kriegswaisenhauses fand gestern abend im überfüllten Kurparksaale eine Kinderaufführung statt. Es wurden einige Tanz- und Theaterstücke vorgeführt, die von den Kleinen eingeübt waren und reichen Beifall der Anwesenden fanden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Teure Blumen! Am Donnerstag bei meinem Spaziergang traf ich zwei kleine Mädchen, welche aus einem Korbe kleine Maiglöckchensträußchen zum Kauf anboten. Weil die Kinder schön weiß angezogen waren, dachte ich an verschämte Not und wollte kaufen; aber ganz keck verlangte man mir für die kleinen Sträußchen pro Stück 50 Pfg. ab. Das war mir doch zu arg, aber es wurde auf dem Preise bestanden, jedenfalls weil Aufsicht in Nähe war. Entrüstet ob solchen Verlangens erzählte ich es bei Bekannten, um zu hören, daß die Mädchen auch dort zu 50 Pfg. angeboten hätten. Sonntag morgen ging ich zur Kasselsruhe und schon in einer Stunde hatte ich einen Strauß der Maiglöckchen, die ich in einer Hand nicht mehr lassen konnte, soviel waren dort. Also haben die kleinen Mädchen resp. ihre Angehörigen auch fast keine Arbeit mit dem Einsammeln gehabt und dafür dieser unverschämte Preis. Zu Hause erzählte man mir, daß auf dem Markt für jede Blume Flieder (Nägelchen) 10 Pfg. verlangt wurden, und die Verkäufer auch erhielten. Da hat die Universität so wunderbaren Flieder im Hofgarten stehen, welcher Jahr um Jahr nicht abgeschnitten wird. Wenn man den nun zum Besten des Roten Kreuzes oder sonst einer vaterländischen Sammlung mit 10 Pfg. die Blume verkaufe, eine überraschend große Summe würde bei der Kauflust des Publikums herauskommen, welche so verloren geht. Ein Blumenfreund in Nöten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)