Freitag, 16. Februar 1917
Die ersten Pfennigstücke aus Aluminium werden in diesen Tagen ausgegeben. Sie sind dicker als die Kupferpfennige, haben aber einen geringeren Durchmesser.
Als städtische Lebensmittel werden nächste Woche kochfertige Gemüsesuppe, Haferflocken, Graupen, Sauerkraut und Speck abgegeben.
Bierglasdeckel. Zu der Beschlagnahme, Bestandserhebung und Enteignung von Bierglas- und Bierkrugdeckeln aus Zinn veröffentlicht der Oberbürgermeister im Anzeigenteil dieser Zeitung die Ausführungsbestimmungen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Neue Einschränkungen im Eisenbahnverkehr. Zu den schon in den Verhandlungen des Haushaltsausschusses des preußischen Abgeordnetenhauses angekündigten weiteren Einschränkungen im Eisenbahnverkehr, die am 20. Februar in Kraft treten sollen, erfährt eine Nachrichtenstelle noch folgendes:
Die weiteren Einschränkungen im Eisenbahnverkehr sind vor allem gleichbedeutend mit weiteren Kürzungen des Verkehrs der Schnellzüge, Eilzüge und Personenzüge. Was die Schnellzüge anbetrifft, so wird es notwendig sein, die noch jetzt laufenden Züge so weit einzuschränken, daß auf jeder Hauptlinie im allgemeinen nur ein Schnellzugpaar verkehrt. Auf den weniger befahrenen Linien wird sich sogar der Ausfall des ganzen Schnellzugverkehrs an manchen Tagen der Woche als notwendig erweisen. Der Verkehr der Eilzüge und Personenzüge muß gleichfalls eine bedeutende Verkürzung tragen. Man muß damit rechnen, daß auf langen Strecken der Personenzugverkehr ganz ausfällt. Der Verbrauch an Material, Kohlen und Arbeitsleistung des Personals ist bei langen Fahrten der Personenzüge so bedeutend, daß er im Interesse der Kriegswirtschaft unbedingt reduziert werden muß. Im allgemeinen sollen die Personenzüge nur als Zubringer zu den Schnell- und Eilzügen dienen. Auch die Eilzüge werden gewisse Einschränkungen erfahren müssen, wie denn überhaupt der Personenverkehr vor den Notwendigleiten des Güterverkehrs, der im kommenden Frühjahr erheblich wachsen wird, zurücktreten muß.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Liebe, gute Kriegsküche in Poppelsdorf! Schon seit längerer Zeit lasse ich unser Mittagsmahl bei dir holen, und ich bin von Herzen dankbar für diese segensreiche Einrichtung. Das Essen ist stets gut und reichlich. Nur einen Wunsch möchte ich bescheiden äußern. Mit seiner Erfüllung wirst du Vielen eine Erleichterung schaffen. „Laß doch bitte das Schweinefleisch etwas länger kochen und braten.“ Schweinefleisch muß unbedingt gar sein. Der selten schöne Genuß wird dann doppelt sein, wenn wir unsere jungen und alten Zähne etwas mehr schonen können. Eine alte Verehrerin.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Radfahrkarten. Nach den landespolizeilichen Vorschriften muß jeder Radfahrer, mithin auch derjenige, der nicht beschlagnahmte Bereifungen (Ersatzbereifungen) benutzt, im Besitze eine Radfahrkarte sein. Besitzern von Rädern mit Ersatzbereifung wird daher auf Wunsch von der Polizeibehörde die abgegebene Radfahrkarte nach Aufdruck eines diesbezüglichen Vermerks wieder zurückgegeben. Radfahrkarten ohne den polizeilichen Genehmigungsvermerk haben auch bei Benutzung von Ersatzbereifungen keine Gültigkeit.
Web-, Wirk- und Strickwaren. Nach einer Mitteilung der militärischen Textilbeschaffungsämter werden aus den besetzten Gebieten erhebliche Mengen der aufgrund der dort bestehenden Beschlagnahme-Verordnungen beschlagnahmefreie Mengen Web-, Wirk- und Strickwaren nach Deutschland ausgeführt. Hierdurch werden diese Mengen ihrem Zweck, den Handel in den besetzten Gebieten aufrechtzuerhalten, entzogen. Diese nach Deutschland eingeführten Mengen unterliegen nach § 5, Ziffer 8 der Bekanntmachung vom 1. Februar 1916, Nr. WWW 1000/11, 16 KKK der Beschlagnahme, da dort ausdrücklich gesagt ist, daß das besetzte Gebiet nicht als Reichsausland anzusehen ist. Um eine Bestrafung zu vermeiden, werden die nach § 11 der angezogenen Bekanntmachung Meldepflichtigen aufgefordert, derartige Vorräte dem Webstoff-Meldeamt der Kriegsrohstoff-Abteilung unverzüglich anzumelden. Die Revisoren der stellvertretenden General-Kommandos werden auf solche Vorräte besonders achten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 17. Februar 1917
Die Notferien der Schulen werden wahrscheinlich noch über den 19. Februar hinaus verlängert werden. In Köln ist gestern bestimmt worden, daß die Schulen, städtischen Theater und Museen noch weitere acht Tage geschlossen bleiben. Eine gleiche Anordnung ist, wie wir erfahren, auch in Bonn zu erwarten. Die Entscheidung wird heute getroffen werden.
Auslandsseife nur gegen Seifenkarten. Wolffs Telegr.-Bureau teilt mit: Von amtlicher Seite werden wir darauf aufmerksam gemacht, daß aus dem Ausland eingeführte Seife genauso wie die im Inland hergestellte Seife im Handel nur auf Seifenkarten abgegeben werden darf.
Fremdwort und Deutsch. Diese Ueberschrift tragen die hübschausgestalteten Tafeln, die der Regierungspräsident von Düsseldorf an alle Landräte und Bürgermeister seines Bezirks versandt hat, um die auf die Reinigung der deutschen Sprache gerichteten Bestrebungen zu fördern. Die Tafeln sind in erster Linie zur Anwendung im dienstlichen Betriebe bestimmt, sollen aber auch sprachliche Hilfsmittel für den Verkehr mit den Behörden bilden und über diesen Rahmen hinaus Gelegenheit bieten, die Sprache der Geschäfte und Gewerbe und namentlich die Ladenaufschriften von fremdländischen Ausdrücken zu reinigen. Im Sinne des Erlasses, den die preußischen Minister des Inneren am 15. September 1916 an die Regierungen gerichtet hat, betritt der Regierungspräsident fern von jeder Bevormundung den reingütlichen Weg zur Aufklärung. Seine Unternehmung, der schlechten Gewohnheit entgegenzutreten, die zu Unrecht einen fremdsprachigen Ausdruck dem vollgültigen deutschen Wort vorzieht, darf um so mehr auf weites Verständnis rechnen, als der durch die Kriegsereignisse gestärkte Sinn für alles Vaterländische solchem Betreben schon den Boden bereitet hat. Für die Brauchbarkeit der auf den Tafeln vorgeschlagenen Ersatzwörter spricht der Umstand, daß sie von Fachleuten Hand in Hand mit Sprachkundigen aufgestellt und daß namentlich die gewerblichen Fachausdrücke von den zuständigen sachverständigen Verbänden verdeutscht worden sind. Mithin bieten sie Rat und Beispiel für jeden, der auf seinem Gebiete und in seinem Geschäfte der vernachlässigten deutschen Muttersprache zu ihrem Recht gegenüber der Herrschaft des Fremdworts verhelfen will. Diesem Zwecke ist es förderlich, wenn Tafeln, die der Regierungspräsident empfiehlt, an verkehrsreichen und bequem zugänglichen Stellen in den Rathäusern und öffentlichen Gebäuden angeschlagen werden. Um Raum zu sparen, ist bei den meisten ausländischen Wörtern nur ein deutsches Ersatzwort dargeboten, das gebräuchlichste nämlich, so daß jeder die Liste nach seinem Bedarf ergänzen kann. Wenn für Abonnement Bezugspreis, für Bibliothek Bücherei, für Etage Stockwerk, für Formular Vordruck, für Konferenz Besprechung, für Lokal Raum, Wirtschaft, für Provision Vergütung, für Ventilation Lüftung vorgeschlagen wird, so bieten diesen Proben die Gewähr, daß gegen die Tafeln Stichhaltiges nicht einzuwenden ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Während der bevorstehenden Karnevalstage ist im Bereich des 8. Armeekorps der gewerbsmäßige Ausschank von Branntwein in den Wirtschaften verboten. Ferner ist das Tragen von Verkleidungen und karnevalistischen Abzeichen sowohl in der Oeffentlichkeit als auch in Vereinsräumen untersagt. Die Veranstaltung von karnevalistischen Sitzungen, Aufführungen, Vorträgen, sowie das Singen und Spielen karnevalistischer Lieder, der Verkauf von Luftschlangen usw. ist ebenfalls verboten. Zuwiderhandlungen werden schwer bestraft.
Die Kinos und Varietes sind auch in dieser Woche Samstag und Sonntag geöffnet.
Die Nachtfröste lassen nun auch nach. Während wir im Inneren der Stadt gestern früh 6 Uhr noch 4 Grad Kälte hatten, zeigte das Thermometer am Wetterhäuschen im Hofgarten heute früh als niedrigste Temperatur 1 Grad Wärme.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn
Städtische Milchwirtschaft
Zur Behebung der Milchknappheit hat die Stadt außer den bereits bei den Landwirten eingestellten 200 Milchkühen weitere 46 Stück Milchkühe im städtischen Fuhrpark in einem besonders hierfür eingerichteten Stalle untergebracht. Die Milch wird hiesigen Händlern überwiesen. Berücksichtigt werden vor allen Dingen die Händler, in deren Bezirk die Milch am notwendigsten ist.
Kartoffeln.
Auf jeden Bezugsberechtigten werden auf die Kartoffelkarte 3 Pfund Kartoffeln und als Zusatz zu den Kartoffeln in der Woche vom 19. bis 25. Februar 1917 auf die Warenkarte Nr. 202 6 Pfund Steckrüben (Kohlrüben, Erdkohlrabien) ausgegeben.
Schwerarbeiter erhalten als Zusatz auf die Zusatzkartoffelkarte 4 Pfund Kartoffeln und in der Woche vom 19. bis 25. Februar auf die Warenzusatzkarte für Schwerarbeiter Nr. 10 weitere 3 Pfund Steckrüben. [...]
Kolonialwaren.
In der Woche vom 18. bis 25. Februar gelangen in den städtischen Verkaufsstellen mit Rücksicht auf die herabgesetzte Kartoffelmenge wiederum reichlich Waren zur Ausgabe und zwar: kochfertige Gemüsesuppe mit Teigwareneinlage ein Fünftel Pfund, Haferflocken ein Fünftel Pfund, Graupen ein Fünftel Pfund, Sauerkraut ein Viertel Pfund.
Außerdem können auf die Warenkarte Nr. 201 und Abgabe der Fleischkarte ein Zehntel Pfund Speck für die Person in Metzgereien entnommen werden. Neben dieser Menge Speck gelangt in den Kolonialwarengeschäften Auslandsspeck zum Verkauf. Auf die Warenkarte Nr. 203 kann ein halb Pfund entnommen werden. Der Preis für den Auslandsspeck ist festgesetzt worden auf 6,50 Mark für das Pfund
Dem Lebensmittelamt ist es gelungen, eine größere Menge kondensierte Milch in Blechbüchsen und Sahne in Flaschen zu beschaffen. Diese Milch ist durch eine Anzahl Kolonialwarengeschäfte zu Verkauf gestellt und wird ohne Milchkarte abgegeben. Der Preis beträgt für die Dose kondensierte Milch 1,80 Mark, für die Flasche Sahne 1,60 Mark.
Fische.
In der letzten Zeit war die Belieferung mit Räucherfischen ziemlich regelmäßig. Es wurde geräucherter Seelachs geliefert, der sehr guten Absatz fand. Auch konnte eine kleinere Menge Schellfisch, Kabeljau und frische Schollen verkauft werden. Es ist in Aussicht gestellt, daß die Belieferung von frischen Seefischen besser wird, so daß auch hier der Verkauf täglich stattfinden kann. Während des Frostwetters wurde der Fischverkauf in der Verkaufsstelle Franziskanerstraße8a abgehalten. Von jetzt ab findet er wieder täglich auf dem Wochenmarkte statt.
Kohlen.
Die hauptsächlich durch das Frostwetter und die Stockungen im Bahnverkehr und den Wasserstraßen hervorgerufene Knappheit an Kohlen ist zum größten Teil überwunden. Dem Lebensmittelamt ist es gelungen, außer dem Kohlenschiff, welches im Hafen in Oberwinter gelöscht wird, noch täglich 20 Waggons Braunkohlen-Briketts zu erhalten, so daß in kurzer Zeit wieder die Fabrikbetriebe, die Anstalten und alle Haushaltungen mit Kohlen versorgt werden können. [...]
Gemüse.
Durch das anhaltende Frostwetter war im Bezug von Gemüsen aller Art eine Stockung eingetreten, so daß die einzelnen Verkaufsstellen nur sehr knapp versorgt werden konnten. Die Zufuhren werden jedoch durch das Eintreten des Tauwetters wieder reichlicher werden. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 18. Februar 1917
Die Schulen, Theater, Museen und Säle müssen auch nach dem 19. Februar noch geschlossen bleiben. Der Gouverneur der Festung Köln hat angeordnet, daß seine Verfügung vom 6. Februar bis auf weiteres in Kraft bleibt. Die Polizeistunde für Wirtschaften bleibt also 10 Uhr, die Theater, Lichtspielhäuser, Konzert- und Versammlungssäle, Museen und sämtliche Schulen müssen geschlossen bleiben. Eine Ausnahme ist für die Universität und die landwirtschaftliche Akademie zugelassen. Sie nehmen ihren Betrieb am 20. Februar wieder auf. Ferner ist den hiesigen Kinos sowie dem Varieté und dem Operettentheater wieder gestattet worden, am gestrigen Samstag, heutigen Sonntag und zum Teil auch am morgigen Montag bis 10 Uhr abends zu spielen.
Die „Sommerzeit“ beginnt in diesem Jahre, wie der Bundesrat bestimmt hat, am 16. April und endet in der Nacht zum 17. September.
Abschuß von Brieftauben. Abgesehen von dem hohen sachlichen Wert haben die Militär-Brieftauben in diesem Krieg erhöhte Bedeutung gewonnen. Jeder Ausfall durch Abschießen schädigt die Bestände an alten erfahrenen und geübten Tauben aufs schwerste. Militär-Brieftauben haben bereits Hervorragendes geleistet. Menschenleben, die in Seenot oder aus anderen Ursache gefährdet waren, wurden durch rechtzeitig von Militär-Brieftauben überbrachte Nachrichten gerettet. Die Militär-Brieftauben sind durch Reichsgesetz vom 28. Mai 1894 besonders geschützt. Durch Kaiserliche Verordnung vom 23. September 1914 ist das Töten und Einfangen von Tauben aller Art verboten. Wer Tauben bewußt oder unbewusst abschießt, macht sich strafbar. Alle Flurhüter, Gendarmen, Jagdpächter und sonstige Sicherheitsbeamte sollten schon der guten Sache wegen darauf achten, daß feldernde und auf Reisen befindliche Militär-Brieftauben nicht in frevelhafte Weise abgeschossen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Einen umfangreichen Lebensmittelschmuggel ist unsere Kriminalpolizei auf die Spur gekommen. An zwei verschiedenen Stellen beschlagnahmte sie etwa 30 Zentner Speck, Schinken, Butter, Hülsenfrüchte und Seife. Die Täter, die der Polizei bekannt sind, hatten die beschlagnahmten Waren unerlaubterweise aus Belgien auf der Staatsbahn über die Grenze geschafft. Nach den bisherigen Feststellungen zu schließen, haben die Schmuggler das einträgliche Geschäft schon lange betrieben. Von ihrem „Verdienst“ hatten sie bedeutende Ersparnisse gemacht und größere Summen auf hiesigen Banken hinterlegt. Einer der Beteiligten hat gestern Selbstmord begangen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Restaurant Gangolf. Auch diese Woche finden in den vornehmen Räumen dieses Hauses täglich nachmittags von ½4 ab Konzerte erstklassiger Künstler statt, deren Programm sowohl in der klassischen sowie auch modernen Literatur Perlen aufzuweisen hat.
Das Ergebnis der Obstkernsammlung. Die im vorigen Jahre eingeleitete Obstkernsammlung hat trotz mancher Unvollkommenheiten Ergebnisse gezeitigt, die der Beachtung wert erscheinen. Daß sie unserem Oelmangel in entscheidender Weise abhelfen würde, hat von vornherein wohl niemand angenommen. Doch auch geringere Mengen, die unsere knappen Oelvorräte aufbesserten, müssen als hochwillkommen angegeben werden. Der Ertrag der Sonnenblumenkerne war sehr mäßig. Auf 77 Tonnen Aussaat kamen 100 Tonne Ernte zurück, sodaß es fraglich erscheinen kann, ob die Mühe der Aussaat sich lohnte. Auch das Ergebnis der Bucheckernsammlung war dürftig: der Grund lag wohl darin, daß die Einzelstaaten, die die größten Buchenwälder haben, die Erträge an sich heranzogen, und weiter darin, daß viele Sammler ihre Vorräte selbst behielten und zu Oel verarbeiteten. Dagegen hatte die Obstkernsammlung sehr gute Erfolge. Sie ergab 120.000 Tonnen Obstkerne, die 400.000-500.000 Kilogramm Oel lieferten. Der Verbleib dieses Oeles, nach dem auch einige Fragen laut geworden sind, erklärt sich durch den starken Verbrauch der Margarinefabriken, an die monatlich 4000 Tonnen abgegeben werden. Die Oelmengen, die wegen ihres hohen Preises Aufsehen erregten, stammten aus der türkischen Haselnußernte. Und sind wohl unterdessen automatisch aus dem Verkehr verschwunden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 19. Februar 1917
Handwerksfürsorge. Als unausbleibliche Folge des Krieges sind im selbständigen Handwerk vereinzelt Maschinen überflüssig geworden: der Betrieb mußte stillgelegt werden, weil der Inhaber vor dem Feinde gefallen ist oder weil erlittene Beschädigungen den Meister zwingen, den bisherigen Beruf aufzugeben. Die Gelegenheit, gebrauchte Maschinen und Arbeitsbehelfe abzusetzen ist zurzeit nicht günstig, und es sind zahlreiche Fälle bekannt geworden, in denen namentlich Kriegerfrauen, nur um bald die Maschinen abzusetzen, sich mit Preisen begnügen mußten, die in keinem Verhältnis zu den Anschaffungskosten standen. Abhilfe könnte hier geschaffen werden, wenn eine Stelle die Aufgabe übernähme, Angebot und Nachfrage miteinander in Verbindung zu bringen und einen Ausgleich herbeizuführen. In dankenswerter Weise hat sich zu diesem Zweck die Rheinische Genossenschaft zur wirtschaftlichen Förderung von Handwerk und Gewerbe in Cöln (Ubierring 15), die bekanntlich u. a. die Vermittlung von Maschinen und Arbeitsbehelfen an das Handwerk auf gemeinnütziger Ebene betreibt, zur Verfügung gestellt und zwar unter Verzicht auf jegliche Vermittlungsentschädigung. Die Genossenschaft führt ein Verzeichnis der überflüssig gewordenen Gegenstände, das Beteiligten jederzeit zugänglich ist. Bei genügender Beachtung der Einrichtung durch das Handwerk kann durch diese Tätigkeit der Genossenschaft den betroffenen Handwerkerfrauen eine bedrückende Sorge abgenommen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Theater und Kino. Das Palast-Theater bringt heute zum letzten Mal die Operette „Die Schützenliesel“. Die Lichtspiele im Stern lassen am heutigen letzten Vorstellungstag noch einmal den Detektiv-Film „Die Senatorwahl“ abrollen, in dem der bekannte Künstler Ernst Reicher als Detektiv Stuart Webbs wieder eine seiner kriminalistischen Aufgaben mit erprobtem Geschick zu lösen weiß.
Die Durchfuhr von Marmeladen und anderen Fruchtkonserven über die Grenzen des Deutschen Reiches ist verboten. Ausnahmen könne von der Behörde gestattet werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Firma Leonard Tietz A.-G. hat der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Krieg Gefallenen 1.000.000 Mark überwiesen. Diese Summe ist verteilt worden auf Köln und die Städte, in denen die Firma Niederlassungen besitzt.
Vorsicht für Geschäftsleute. Donnerstag abend kaufte in einem hiesigen Geschäft ein etwa 30jähr. Mann eine Kleinigkeit und bezahlte mit einem 50-Mark-Schein. Er nahm dann das Wechselgeld an sich und außerdem auch den 50-Mark-Schein und verschwand damit, ehe das fehlen des 50-Mark-Scheins bemerkt wurde. Der Vorfall möge allen Geschäftsleuten zur Mahnung dienen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 20. Februar 1917
Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
Die Kohlenversorgung ist jetzt glücklicherweise in der Stadt Bonn einigermaßen geregelt. Das Lebensmittelamt konnte bisher noch allen Ansprüchen der Behörden, Krankenanstalten, der Industrie und von Privaten gerecht werden. Man darf erwarten, daß bei der milderen Witterung auch die Hemmnisse im Eisenbahnverkehr etwas schwinden und die Kohlenversorgung bald vollends befriedigen wird. Durch Vermittlung des Braunkohlensyndikats in Köln läßt die Stadt Bonn aus der Grube Luise bei Brügge an der Erft mit Hilfe von Gefangenen täglich 20 Eisenbahnwagen voll Briketts laden und auf den Köln-Bonner Kreisbahnen nach Bonn bringen. Ein Brikettmangel erscheint daher für die nächste Zeit ausgeschlossen.
Bei der Brotversorgung wird in kürzester Zeit eine sehr einschneidende Maßnahme durchgeführt werden müssen. Im laufenden Erntejahre hat die Reichsgetreidestelle nicht nur einen gegen das Vorjahr verstärkten Bedarf der Heeresverwaltung zu decken, sondern es ist auch der laufende Bedarf der Kommunalverbände durch die eingeführten verschiedenen Zulagen für Schwerarbeiter, für Jugendliche, für hoffende und stillende Frauen usw. beträchtlich gestiegen. Dazu sind unerwartet hohe Anforderungen durch die Hergabe von Weizenschrot als Brotstreckungsmittel und die Mehllieferung als Kartoffelersatz getreten, auch sind die Brotgetreidelieferungen aus den Kommunalverbänden an die Reichsgetreidestelle in letzter Zeit ganz ungenügend gewesen. Es liegt daher die unabweisbare Notwendigkeit vor, unverzüglich das Brotgetreide weiter zu strecken. Roggen und Weizen werden infolgedessen fortan wenigstens bis zu 94 v. H. ausgemahlen, während bisher der Ausmahlungssatz 80 bezw. 82 v. H. betrug. Dem Bäckereigewerbe fällt dadurch eine schwere Aufgabe zu, denn das Brotbacken aus einem derartigen Mehl ist zunächst ungewohnt und es sind dabei viele technische Anordnungen zu beobachten. Die Bevölkerung wird daher dringend gebeten, dieser neuen Maßnahme mit dem Verständnis entgegenzutreten, das in dieser schweren Zeit unbedingte Pflicht jedes V aterlandsfreundes ist, und nicht von vornherein an die neuartige Brotherstellung zu hohe Anforderungen zu stellen. Das Lebensmittelamt ist auch in dieser Beziehung im Einverständnis mit der Bäckerinnung aufrichtig bemüht, über die schwierigen Verhältnisse möglichst glatt hinwegzukommen.
[...]
Die Zahl der Teilnehmer an den Kriegsküchen hat sich in dieser Woche wieder etwas vermehrt, sie beträgt jetzt rund 6400. Die meisten Teilnehmer, rund 1600, zählt die Küche in der Universität.
Die Stadt hat, wie schon berichtet, im Fuhrpark eine eigene Milchwirtschaft eingerichtet und dort zurzeit 50 Milchkühe eingestallt. Sie verfolgt mit dieser Einrichtung zugleich die Absicht, die an Landwirte ausgeliehenen Abmelkkühe, die nicht genügend sorgfältig gepflegt sind, wieder in einen guten Zustand zu bringen. Die Stadt kann nun auf über 400 Milchkühe unmittelbar oder mittelbar einwirken, und zwar hat sie 50 Kühe in ihrer eigenen Milchwirtschaft, 210 hat sie auf Abmelkverträge ausgeliehen, und auf rund 160 Kühe kann sie kraft der abgeschlossenen Verträge einwirken. Die Milchversorgung in Bonn ist unter diesen Voraussetzungen glücklicherweise wenn auch nicht reichlich, aber doch für die Versorgungsberechtigten durchaus ausreichend, jedenfalls steht Bonn nun in der Milchversorgung günstiger da als viele andere Städte. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Verein „Mädchenhort“ hielt am 17. Februar seine Hauptversammlung ab. Da die Erweiterung des Hortes in einen Knaben- und Mädchenhort auch nach dem Kriege beibehalten werden soll, beschloß die Versammlung einstimmig die Abänderung des Namens „Mädchenhort“ in „Jugendhort“.
Der Jahresbericht stellte fest, daß die höchste Zahl der aufzunehmenden Kinder, nämlich 105, auch 1916 durchweg erreicht blieb. Darunter waren 35 Knaben. – Die immer schwieriger werdenden Verkehrs- und Verpflegungsverhältnisse gestatteten es dem Verein nicht, selbständig eine Ferienkolonie hinauszuschicken. Aber es wurde dankbar begrüßt, daß die Einladung einer hessischen Dorfgemeinde, 40 Bonner Kinder während der Ferien unentgeltlich bei sich aufzunehmen, auch einer Reihe seiner Hortkinder zu Gute kam. Ein anderer kleiner Teil genoß holländische Gastfreundschaft, während die große Schar der Daheimgebliebenen sich vor-und nachmittags in dem schönen Gartenland des Hortes vergnügte, wo sich die Größeren neben fröhlichem Spiel auch eifrig im Gemüse- und Kartoffelbau betätigten. - [...]
Nach Erledigung des geschäftlichen Teiles der Hauptversammlung sprach Frl. Abicht – Charlottenburg, Lehrerin am sozialpädagogischen Seminar des Jugendheims über das Thema Hortarbeit als Kriegsarbeit. Die Rednerin bedauerte die Fahnenflucht so vieler Horthelferinnen zu anderen Kriegsarbeiten, die ihnen vielleicht unmittelbarerer Dienst für das Vaterland zu sein schienen. Mit warmen eindringlichen Worten betonte sie, daß gerade die Erziehungsarbeit an den durch die Abwesenheit der Väter und die Erwerbsarbeit der Mutter sich selbst überlassenen Kindern, die, auf denen die Zukunft des Vaterlandes beruht, vor Verwahrlosung zu schützen – eine der heiligsten und wichtigsten Aufgaben derer hinter der Front ist. [...]
Theater und Kino. Wie aus den heutigen Anzeigen zu ersehen ist, wurde den hiesigen Privattheatern und Kinos die Erlaubnis erteilt, ihre Vorstellungen wieder aufzunehmen. Das Palasttheater bringt den „Grafen von Luxemburg“, das Union-Theater „Die Flucht zweiter deuscher Marine-Offiziere aus England“, das Metropol-Theater das Drama „Die Silhouette des Teufels“, Groß-Bonn ein neues Varieté-Programm und die Bonner Lichtspiele im Stern den dritten amtlichen Militärfilm „Die Somme-Schlacht“.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ueber die öffentliche Beleuchtung wird jetzt sehr Klage geführt. Namentlich der Verkehr in den Nebenstraßen ist sehr gefährdet, da es dort abends und nachts meist stockdunkel ist. Wer haftet im Falle eines Unfalls, die Stadt oder Haftpflichtversicherung? Ein Bürger.
Zum Wiederbeginn des Schulunterrichts. Aus unserem Leserkreise wird uns wiederholt der dringende Wunsch ausgesprochen, die Schulbehörde zu bitten, mit dem Unterricht baldmöglichst wieder zu beginnen. In der Stadt schwirren Gerüchte um, daß der Schulunterricht vor Ostern überhaupt nicht mehr eröffnet würde. Da man in Düsseldorf bereits am vergangenen Montag den Unterricht wieder begonnen hat und, wie wir hören, in Bonn genügend Kohlen vorhanden sind, um die Schulen zu heizen, liegt wohl eigentlich kein ersichtlicher Grund mehr vor, mit dem Wiederbeginn des Unterrichts zu zögern.
Unser Unterricht leidet ohnedies an dem Mangel ausreichender Lehrkräfte und ein wochenlanges Pausieren ohne zwingenden Grund wirkt auf die Jugend weder in erzieherischer Beziehung, noch hinsichtlich ihrer geistigen Fortbildung günstig ein. Einer unserer Leser regt an, unsere Schulbehörde möge öffentlich erklären, warum mit dem Wiederbeginn des Unterrichts bisher gezögert worden ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die Universitätsbibliothek eröffnet ihnen am 8. d. M. des Kohlenmangels wegen unterbrochenen Betrieb wieder am Mittwoch, den 21. Februar.
Volkshochschulkurse. Da auch in dieser Woche die Schulen noch geschlossen bleiben und verschiedene Dozenten während der Anfang März beginnenden Universitätsferien von Bonn abwesend sein werden, so hat der Arbeitsausschuß beschlossen, die Fortsetzung der unterbrochenen Kurse in das Sommer-Semester zu verlegen, das Ende April seinen Anfang nimmt. Die nähere Bekanntmachung wird s. Zt. Erfolgen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 21. Februar 1917
Die städtische Milchwirtschaft, die wir schon mehrfach erwähnt haben, ist auf dem Gehöft des Fuhrparks an der Ellerstraße untergebracht, und zwar in einem früheren Schuppen, der für diesen Zweck etwas umgebaut worden ist. Zurzeit sind 46 Kühe vorhanden, von denen 39 täglich im Durchschnitt je elf Liter Milch geben. Der Milchertrag hat sich bisher von Tag zu Tag gesteigert; während in den ersten Februartagen von 28 Kühen erst 69 Liter Milch erzielt werden konnten, wurden vorgestern schon 410 Liter erreicht, und in 14 Tagen, wenn alle Tiere frisch melkend sind, werden sicher 600 Liter zum Verkauf und außerdem die zur Ernährung der jungen Kälber nötigen Mengen erzeugt werden. Die Milch wird nach der Weisung des Lebensmittelamts an diejenigen Händler abgegeben, die sonst ihre versorgungsberechtigten Kunden nicht befriedigen könnten. Wie sachgemäße Pflege auf die Milcherzeugung einwirkt, zeigt ein Tier, das vor wenigen Tagen von einem Landwirt, dem es auf Abmelkvertrag geliehen worden war, zurückgenommen worden ist: bei dem Landwirt gab die Kuh nur noch vier Liter im Tage, in der städtischen Anstalt liefert sie jetzt bereits die doppelte Menge. Die übrigen 45 Tiere, sämtlich ostfriesischer Rasse, haben einen Anschaffungswert von 80.000 Mark, die teuerste, ein schön gewachsenes Tier mit allen Kennzeichen seiner Rasse, kostete 2100 Mark, die billigste, die aber nicht die schlechteste ist, 1350 Mark. Mit dieser Anstalt hat die Stadt wieder eine neue Aufgabe übernommen, die ihr im Frieden vollkommen fern lag, für die sie aber glücklicherweise in Herrn Rentner und Gutsbesitzer Lüps von vornherein den geeigneten tatkräftigen und sachkundigen Leiter gefunden hat und die daher zu den besten Hoffnungen berechtigt. Herr Lüps leitet auch die städtische Schweinezucht, die jetzt in drei Stallungen 360 Tiere umfaßt, er wirkt ferner bei der Fleischverteilung auf dem Schlachthofe mit und versieht diese ganze umfangreiche und verantwortungsvolle Tätigkeit vollständig ehrenamtlich.
Der heutige Aschermittwoch beschließt die diesjährige Karnevalszeit. Wer nicht durch einen Blick auf den Kalender festgestellt hat, daß gestern Fastnacht war, wird in diesem Jahre wohl kaum an die in Friedenszeiten übliche Narretei gedacht haben. Die schwere Zeit läßt übermütige Vergnügungen von selbst nicht zu, ein ausdrückliches Verbot, das, soviel wir wissen, in Bonn auch nicht erfolgt ist, wäre nicht nötig gewesen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
1000 Mark Belohnung. Der Regierungspräsident zu Köln setzt eine Belohnung für denjenigen aus, durch dessen Tätigkeit der Verbleib des vermißten Lederhändlers Peter Franz Hilger und des Dienstmannes Michael Marx von hier klargestellt oder die Persönlichkeit des Unbekannten, der beide von hier fortgelockt hat, ermittelt wird. Bekanntlich hatte am 21. Dezember v. J. ein Fremder den Dienstmann Marx beauftragt, an Hilger einen Brief zu überbringen, in dem der Ankauf von Leder angeboten wurde. Dieselbe Person bot Marx Butter, Speck und Käse an. Hilger hatte zum Kauf des angebotenen Leders 7000 Mark mitgenommen, Marx, der zwei Tage später von hier wegfuhr, nahm etwa 75 Mark mit. Spuren der Vermißten und des Unbekannten führen in die Gegend von Grevenbroich und Neuß.
Zur Kohlenversorgung. Wie der Oberbürgermeister bekannt macht, werden bis auf weiteres gegen Vorzeigung der Lebensmittelkarte auf dem städtischen Lagerplatz an der Maxstraße Braunkohlenbriketts in Mengen bis zu 5 Zentnern zum Preise von 1.15 M. für den Zentner abgegeben. Nach einer weiteren Bekanntmachung werden in der Woche von 21. bis 27. Februar Kohlen, Koks und Briketts durch die Händler an Privathaushaltungen nur gegen Warenkarte Nr. 5 abgegeben und zwar auf jede Karte nicht mehr als ein Zentner.
186 Pfund Butter, die unter falscher Deklarierung mit der Bahn hier eingetroffen waren, wurden gestern nachmittag in einem Geschäft an der Meckenheimer Straße von der Kriminalpolizei beschlagnahmt und dem städtischen Lebensmittelamt überwiesen.
30 Zentner Kartoffeln wurden in der Nacht zum Montag in Godesberg aus einem Lager gestohlen. Der Dieb, ein 19 Jahre alter Bursche aus Godesberg, wurde festgenommen und dem hiesigen Amtsgericht zugeführt. Den größten Teil der gestohlenen Kartoffeln hatte der Dieb an verschiedene Geschäftsleute in der Rheingasse und am Rheinwerft zum Preise von 10 Mark für den Zentner verkauft. Die Kriminalpolizei beschlagnahmte dort die Kartoffeln und stellte sie dem Eigentümer wieder zur Verfügung. In seiner Freude über die Wiedererlangung der Kartoffeln erklärte sich der Eigentümer bereit, die Hälfte des gezahlten Preises von 10 Mark den Geschäftsleuten als Schmerzensgeld zurückzuerstatten.
Die Jugend verwildert. Die Kohlenferien haben auf einen Teil der Bonner Jugend einen recht ungünstigen Einfluß ausgeübt. Gestern nachmittag konnte man auf dem Kaiserplatz und im Hofgarten ganze Trupps von Jungen im Alter von 10 – 14 Jahren beobachten, die mit Stöcken und Gummischläuchen, letztere regelrecht mit einem Handgriff ausgestattet, bewaffnet, gegeneinander zu Felde zogen. Vorübergehende, die die Bürschchen zurechtweisen wollten, wurden verhöhnt. Aus dem Kreise unserer Frauenwelt wird lebhaft darüber geklagt, daß sie von schulpflichtigen Knaben belästigt würden, die, Zigaretten rauchend, die Straßen durchziehen. Hoffentlich kann der Unterricht bald wieder beginnen, damit die Bengels wieder eine feste Hand verspüren.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern wieder verhältnismäßig gut beschickt. Etwa 35 bis 40 Verkäuferinnen, darunter auch einige vom Lande, waren erschienen. Außer Feldsalat, Karotten, Möhren, weiße Rüben, Sellerieknollen und Zwiebeln war auch wieder reichlich Gemüse wie Rosenkohl, Krauskohl, Sprutengemüse, sowie etwas Wirsing, Weißkohl und Spinat vorhanden. Die Preise sind gegenwärtig durchweg sehr hoch. [...] Der Verkauf war sehr flott, besonders in Gemüse, Möhren und Karotten. [...]
Auch der Großmarkt auf dem Stiftsplatze hatte gestern wieder ziemlich große Zufuhren in Gemüse usw. Im ganzen hatten sich wieder etwa 100 Gemüsebauern eingefunden. [...]
Der städtische Gemüse-, Obst- und Fisch-Verkauf auf dem Wochenmarkte erfreute sich gestern wieder eines sehr regen Zuspruchs. Die Nachfrage war leider größer wie das Angebot. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwertung von Kaffeesatz. Vieles sonst Wertlose hat erst durch den Krieg Beachtung und in vielen Fällen wertvolle Verwendung gefunden. So ist denn auch festgestellt worden, daß die Rückstände von Kaffee und besonders Kaffee-Ersatzmitteln großen Nährwert haben und zur Förderung der Futtermittelversorgung sehr dienlich sind. Aus den bisher gesammelten Mengen, die nur einen geringen Bruchteil des gesamten Kaffeeverbrauchs bilden, konnte eine vom Reichsamt des Innern damit betraute Trocknungsgesellschaft monatlich 50 bis 100 Doppelwaggons Trockenfutter herstellen. Es lohnt sich also unter den jetzigen Verhältnissen wohl Kaffeesatz zu diesem Zwecke zu sammeln, denn es ist eine Sache von großer volkswirtschaftlicher und daher vaterländischer Wichtigkeit. Jeder, auch der kleinste Haushalt kann dazu beitragen, indem der Kaffeesatz auf der Herdplatte gut getrocknet und an die unten angegebene Sammelstelle abgeliefert wird. Das Lebensmittelamt hat die Sammlung der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe übertragen, die täglich von 10 – 12 Uhr und von 4 – 6 Uhr gut getrockneten Kaffeesatz in der Flickschusterei am Hof annimmt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 22. Februar 1917
Die Schulen nehmen nächsten Montag den regelmäßigen Unterricht wieder auf.
Die mündlichen Entlassungsprüfungen an den Volksschulen findet vom 12. bis 16. März statt.
Eier werden am heutigen Donnerstag an Inhaber von Lebensmittelkarten mit der Zahl 3 sowie für Kranke verkauft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg, 21. Febr. Dem allgemeinen vorgestrigen Schulanfange an den hiesigen Schulen folgend hat nunmehr auch die gewerbliche Fortbildungsschule heute ihren Unterrichtsbetrieb wieder aufgenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Viktoriabad. Da ich ein reger Besucher des Viktoriabades bin, möchte ich hiermit die Anregung geben, es wieder zu öffnen. Weil die Seife jetzt so teuer ist, ist einem ein erfrischendes Bad willkommen. Ich meine, soviel Kohlen kann Bonn doch noch liefern. Gewiß werde ich auch hiermit einigen andern Besuchern einen großen Gefallen tun. Also öffne bald deine Tore, heißgeliebtes Victoriabad. Mehrere Freunde des Wassers und der Seife.
Zum Gassparpreis. Die Nachricht von der beabsichtigten Erhöhung des Gaspreises wird von der Bürgerschaft mit recht geteilten Gefühlen aufgenommen werden. Ich setze natürlich voraus, daß es jedem Ernst ist mit der Erfüllung der vaterländischen Pflicht zur äußersten Sparsamkeit in allen Dingen. – Da hat aber nun die Stadt seinerzeit, als es noch zwei Gaspreise gab, den Familien empfohlen, fleißig Kraftgas zu verbrauchen. Wer daraufhin, und es sind manche, seinen Kohlenherd abgeschafft und seine Sach‘ auf Gas gestellt hat, hat dabei bald ein schlechtes Geschäft gemacht. Denn die Bonner wurden durch einen Einheitspreis von Gas beglückt. Der alte Kohlenherd war für einen Apfel und ein Ei als Schrott verkauft, ein feiner Gasherd mit Brat- und Röstofen stand in der Küche und arbeitete gut, solange das Gas 10 Pfg. für den Kubikmeter kostete. Nun wurde der Kram teuer. Heute den nun alt gewordenen Gasherd als Schrott verkaufen und sich einen neuen Kohlenherd anschaffen, wird sich wohl kaum machen lassen. Wer auf Gas, nur Gas, kocht, kann mit 40 Kubikmeter monatlich nicht auskommen. Also sollen die Dummen, die sich von der Stadt verlocken ließen, den Gasverbrauch zu fördern, jetzt mit 50 Pfg. für den Kubikmeter bestraft werden. – Ich denke, wir wollen uns unserer Haut wehren und den Herrn Gasdezernenten bitten, zum mindesten bei allen Familien, die keinen Kohlenherd sondern nur Gasherd haben, eine Ausnahme von dem hohen Gaspreis zu machen, resp. den Verbrauch zum alten Preis für den Kopf der Familie mit ca. 30 Kubikmeter zu belassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Soldatenheim. Mit Genehmigung der städt. Behörde konnte das Soldatenheim Gesellenhaus am verflossenen Sonntag seine wahrhaft vaterländischen und christlicher Nächstenliebe dienenden Aufgaben wieder nachgehen. Und wie dringend nötig das Offenhalten des Soldatenheims war, bewies schlagend der überaus starke Besuch von Seiten der Feldgrauen. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Als ich heute morgen die neue Brikettsverordnung las, pries ich meinen Bekannten glücklich, der bei seinen 14 Personen und vier Räumen 14 Zentner Briketts erhält, während ich bei einer Haushaltung von zwei Personen mit sieben Räumen nur zwei Zentner erhalte. Die Sache ließ ich mir noch gefallen, wenn die Briketts nicht schwarz, sondern weiß wären und anstatt aus Braunkohlenmasse aus Speck gepreßt wären. Athanasius.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Freitag, 23. Februar 1917
Der Rhein führte gestern ganz plötzlich wieder Treibeis. Die ersten vereinzelten Eisschollen kamen bei Tagesanbruch, ihre Zahl nahm so schnell zu, daß gegen Mittag der Strom auf der ganzen Breite mit Treibeis bedeckt war. Ebenso schnell, wie es gekommen war, ist das Eis auch wieder verschwunden. Gestern nachmittag gegen 4 Uhr trieben zwischen dem Bonner Ufer und etwa der Mitte des Stromes nur noch vereinzelte Eisschollen, während die Beueler Seite noch dicht mit Eis bedeckt war, bis zum Abend hatte aber auch auf der rechten Seite der Eisgang fast ganz aufgehört. Das Eis kam größtenteils von der Mosel, deren Eisdecke sich Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag durch das steigende Wasser gelöst und in Bewegung gesetzt hatte.
Die Schiffahrt wurde durch den gestrigen Eisgang vorübergehend gestört. Ein Schleppzug mit fünf beladenen Kohlenschiffen, der vorgestern abend vor Bonn Anker geworfen hatte, konnte seine Reise stromaufwärts gestern erst gegen Abend fortsetzen. Im übrigen wird der Schiffahrtsbetrieb, wenn der Rhein heute voraussichtlich wieder eisfrei ist, durch den etwas höheren Wasserstand erleichtert.
Drei heimlich geschlachtete Schweine sind gestern vormittag von der hiesigen Kriminalpolizei beschlagnahmt und dem Lebensmittelamt überwiesen worden. Die Tiere sind lebend aus dem Kreise Rheinbach nach Bonn gebracht, zwei sind in einem hiesigen Pferdestalle, eins anscheinend auf freiem Felde geschlachtet worden. Die beschlagnahmten Schweine wogen 63, 70 und 80 Kilogramm.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
An die Männer und Frauen auf dem Lande!
Die Landarbeit in allen ihren Teilen ist vaterländischer Hilfsdienst. Wer den Pflug führt und das Vieh pflegt, das Saatkorn in die Erde senkt und die Ernte herein bringt, steht auf demselben Posten, wie der Granatendreher und der Munitionsarbeiter. Auf beide verlassen sich unsere Brüder im Felde draußen; auf den Landarbeiter aber hofft und baut Alles. Das muß sein Stolz und seine Ehre sein. Fahnenflucht begeht der, der jetzt den Pflug und die Scholle verläßt, Verrat an den Volksgenossen, wer jetzt dem Lande den Rücken kehrt, um in Stadt und Industrie einige Groschen mehr zu verdienen. Das Land braucht seine Menschen so notwendig, wie die Fabrik. Mit gutem Vorbild und überzeugendem Wort müssen solche Flüchtlinge zurückgehalten werden.
Abenteuerliche Kriegsgerüchte tauchen in letzter Zeit wieder auf. Der Gouverneur der Festung Köln warnt in einer Bekanntmachung, die in der vorliegenden Nummer abgedruckt ist, nachdrücklich vor böswilliger oder auch nur fahrlässiger Verbreitung unwahrer Kriegsnachrichten. Zuwiderhandelnde werden unter strengen Freiheitsstrafen gestellt.
Der Gassparpreis, der heute im Stadtverordnetenkollegium beschlossen werden soll, begegnet in der Bürgerschaft einer recht geteilten Aufnahme. Es werden dagegen vielerlei gewichtige Gründe geltend gemacht. Vor allem wird darauf hingewiesen, daß viele Familien infolge des Kohlenmangels in erhöhtem Maße für Koch- und Heizzwecke Gas benutzen und daß auch die veränderte Ernährungsweise die vermehrte Benutzung des Gasherdes verursacht. Der Gassparpreis würde deshalb eine wesentliche Verteuerung der ohnedies sehr schwierig gewordenen Lebenshaltung der mittleren und kleineren Bürger herbeiführen. Auch ist zu bedenken, daß das Gaswerk bisher die „melke Kuh“ unseres Stadtsäckels war und daß eine gewaltsame Zurückdrängung des Gaskonsums schädigend auf die Finanzen der Stadt einwirkte. Da wir an sich seine reiche Kohlenförderung haben und die Kohlenknappheit wohl nicht zum Wenigsten auf die starke Ausfuhr nach neutralen Ländern zurückzuführen ist, so wäre es der Ueberlegung wert, ob unsere Kommunalverbände nicht in Berlin dahin vorstellig werden sollen, daß zunächst die Kommunen ausreichend mit Kohlen versorgt werden und daß man erst dann an die Versorgung des neutralen Auslandes denkt. „Das Hemd liegt uns näher als der Rock“ und es dürfte sich vielleicht doch ein Mittelweg finden, um einen Ausgleich zu schaffen, der uns einerseits unsere Kohlenpolitik gegenüber dem neutralen Auslande gestattet und andererseits es doch ermöglicht, daß der heimische Herd nicht erkaltet. Die Rücksichtnahme auf die minderbemittelten Gasverbraucher ergiebt sich aber auch aus unseren neuen Steuervorlagen, insbesondere aus der geplanten Kohlensteuer, die das ohnedies schon verteuerte Brennmaterial noch mehr belasten wird.
Da die ganze Frage des Gasersparnispreises im Grunde genommen eine Kohlenfrage ist, so wäre weiterhin zu erwägen, ob man die schöne Wasserstraße des Rheins, die auch an Bonn vorüberführt, nicht intensiver als bisher zur Kohlenbeförderung nach Bonn in Anspruch nehmen sollte. Unsere Stadtverwaltung in Verbindung mit der Handelskammer finden vielleicht Weg, der uns eine innigere Verbindung mit den rheinisch-westfälischen Kohlenzechen schafft und uns auch aus dem Saargebiet Kohlen in vermehrter Menge zuführt. Wo ein Wille, da ist auch ein Weg. Die Zeiten werden bitter ernst für die ärmere und mittlere Bevölkerung und unserer Stadtverwaltung erwächst aus diesem Umstande die Aufgabe, mit der gleichen Initiative, mit der sie bisher sich dankbarerweise um die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung erfolgreich bemüht hat, auch um die Beschaffung ausreichender Kohlenmengen mit aller ihren Gliedern zu Gebote stehenden schätzenswerten Tatkraft einzusetzen. Unser Herr Oberbürgermeister ist Vorsitzender des Provinziallandtages und hat in dieser Eigenschaft einen weitreichenden Einfluß. Möge die Autorität unseres städtischen Verwaltungschefs uns in dieser seiner besonderen Eigenschaft zugute kommen und alle Riegel aufgeschlossen werden, die dazu führen, daß Bonn ausreichend mit Kohlen versorgt wird. Unsere günstige Lage am alten Vater Rhein muß es möglich machen können, daß die Mengen, die nicht mit rollendem Material herangeschafft werden können, zu Schiff bei uns angeliefert werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Gasersparnis. Wir haben Zentralheizung und keinen Koks. Auf Anfrage bei der Stadt wies man uns an die Kohlenhändler – von dem unseren können wir nichts erhalten – von fremden 1 Zentner auf die Warenkarte. – Damit kann man keine Zentralheizung im Gange halten. Wir halfen uns mit Gasofen. – Wie soll das nun werden bei der großen Preiserhöhung? Um Rat bittet eine niedergedrückte Hausfrau.
Zur Gasersparnis. Möchte mir nur die Frage erlauben, warum alle Maßnahmen immer so gedreht werden, daß sich die Härten derselben nur hauptsächlich gegen die Minderbemittelten kehren? Wenn man jetzt abends noch etwas umherläuft, um zu Hause ein paar Briketts und ein Stündchen Licht zu sparen, kann man sich überzeugen, wie in den eleganten Häusern und Villen der vornehmen Viertel die Kronleuchter im Glanze so und so vieler elektrischer Birnen erstrahlen. Ja, ist denn zur Erzeugung des elektrischen Stromes keine Kohlen notwendig? Jetzt, wo man gezwungen ist, Kochen, Waschen, Bügeln, alles mit Gas zu besorgen, wird gerade nur auf Gasverbrauch solcher Sparsamkeitszwang ausgeübt. Kohlen bekommt man selbst bei allen Bitten und Mühen nicht, und jedes Menschen Sache ist es auch nicht, sich in Scharen auf dem Hofe eines Kohlenhändlers stundenlang aufzustellen, um ein paar Briketts zu ergattern. Die besseren Leute sind ja nicht auf Gas angewiesen, die haben Kohlen genug, wenn dort alle die beschlagnahmt würden, die über 10 Zentner aufgespeichert sind, hätte Bonn sicher auf Wochen Kohlen genug. Oder sollen sich die weniger Begüterten nur deshalb größere Beschränkungen auferlegen, damit sich nur ja die Bessergestellten keinen Zwang anzutun brauchen.
Gasersparnis. Wir sollen Gas sparen! Warum nicht auch elektrisch Licht und überhaupt Kohlen? Die vorgeschlagene Maßregel bedeutet nämlich eine einseitige Belastung der Gasverbraucher. Daß bei der Gasbeleuchtung noch manches gespart werden kann, ist sicher, anders ist es aber beim Kochen mit Gas. Viele Haushaltungen kochen nur mit Gas (denn es ist ja viel sparsamer als das Kochen mit Kohlen), andere haben sich jetzt bei dem Mangel an Kohlen, Spiritus und Petroleum einen Gasherd angeschafft; ferner verlangen die jetzt vorhandenen Nahrungsmittel wie Rüben, Graupen usw. eine viel längere Kochzeit; ferner muß jetzt auch abends gekocht werden, und wenn es nur eine Suppe ist, denn die Zeiten von Butterbrot und Wurst abends sind vorüber. Muß der Gasverbrauch noch weiter eingeschränkt werden – zum Sparen überhaupt hat uns Gott sei Dank der Krieg erzogen - , dann müßte eben der Kohlenherd wieder mehr benutzt werden! Der Erfolg wäre dann wohl weniger Gasverbrauch, dafür erhöhter Kohlenverbrauch, wozu noch die viel größere Arbeit für die jetzt schon genügend in Anspruch genommenen Hausfrauen kommt. Die vorgeschlagene Maßregel hieße also: den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. G.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ausgabe von Milchkarten. Die Milchkarten für die Monate März und April werden am 28. ds. Mts. durch die Milchhändler ihren Kunden zugestellt. Die neuen Milchkarten werden nur gegen Rückgabe der Mittelstücke der alten Milchkarten ausgehändigt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 24. Februar 1917
[...] Kartoffeln. An jeden Bezugsberechtigten werden 3 Pfund Kartoffeln ausgegeben. Schwerarbeiter erhalten auf die Zusatzkartoffelkarte weitere 4 Pfund Kartoffeln. Als Ersatz für Kartoffeln werden in der nächsten Woche auf die Warenkarte Nr. 7, 8, 9 und 10 je drei Pfund Steckrüben, also insgesamt 12 Pfund ausgegeben. Die Abnahme der ganzen Menge Steckrüben ist nicht notwendig, sondern es können die auf die Einzelabschnitte zustehenden Mengen gesondert gekauft werden.
Da die Ausgabe der Steckrüben nur noch kurze Zeit dauert, wird jeder Hausfrau dringend empfohlen, sich für die kommende gemüsearme Zeit Steckrüben in größerem Maße zu trocknen oder einzusäuern. Die Anweisungen dazu sind in den Verkaufsstellen zu haben.
Kolonialwaren.
[...] Dienstag und Mittwoch wird in der städtischen Verkaufsstelle Maxstraße (Hof der Feuerwehrkaserne) Auslandsspeck verkauft. Es können auf Warenkarte Nr. 11 200 Gramm gesalzenen Speck gekauft werden. Der Preis beträgt 6,50 M. das Pfund. Der Speck wird ohne Fleischmarke abgegeben.
Voraussichtlich wird auch in der nächsten Woche wieder kondensierte und sterilisierte Milch in Blechdosen und Flaschen verkauft werden können. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß diese Milch keine große Haltbarkeit besitzt. Infolgedessen ist es nicht empfehlenswert, größere Mengen zu längerem Aufbewahren zu kaufen. Ueberhaupt sei an dieser Stelle auf die geringe Haltbarkeit aller konservierten Nahrungsmittel in Blechdosen ausdrücklich hingewiesen. Das Weißblech fehlt und das Schwarzblech, aus dem die Dosen jetzt hergestellt werden, ist für die Aufbewahrung der Nahrungsmittel lange nicht so geeignet.
Kohlen. Nachdem der Stadt Bonn täglich größere Mengen Briketts und Kohlen geliefert werden, ist die dringendste Kohlennot behoben. Es fehlt natürlich noch an einzelnen Kohlensorten wie Anthrazit-Nußkohlen. Die Verbraucher müssen sich daher noch für kurze Zeit den gegebenen Verhältnissen anpassen. Es sei darauf aufmerksam gemacht, daß einzelne Kohlenhändler sich geweigert haben, Kohlen von ihrem Lager abzugeben mit der Begründung, diese seien bereits verkauft, trotzdem dies vielfach nicht der Fall war. Gegen ein derartiges Verfahren wird mit aller Strenge seitens des Lebensmittelamtes vorgegangen werden. Bei Uebertretungen werden die Geschäfte unnachsichtlich geschlossen werden. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn“)
In der Stadtverordnetenversammlung gab gestern Oberbürgermeister Spiritus wieder einen zusammenfassenden Bericht über die Lebensmittelversorgung in Bonn. Er erwähnte u. a., daß die Stadt bei ihrem Lebensmittelgeschäft bisher rund 40 Millionen Mark umgesetzt habe, in den letzten vier Wochen allein fünf Millionen. Die Stadtverordneten stimmten der Erhöhung des Kartoffelpreises von 5.50 auf 6.50 Mark zu und erklärten sich auch mit der Anschaffung eines Lastkraftwagens für das Lebensmittelamt einverstanden. Die ungedeckten Kriegsausgaben der Stadt beliefen sich am 1. Januar, wie der Oberbürgermeister mitteilte, auf annähernd drei Millionen Mark, sie sollen später durch eine Anleihe gedeckt werden. die Vorlage über die Einführung eines Gassparpreises wurde vertagt. Außerhalb der Tagesordnung wurde angeregt, der zunehmenden Verwilderung der Schuljugend durch planmäßige Beschäftigung in der Landwirtschaft entgegenzuwirken. Auf eine weitere Anfrage teilte die Verwaltung mit, daß die Ausgabe von Notgeld vorbereitet werde. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Gegen das Ueberhandnehmen des Rollschuhlaufens inmitten unserer Stadt werden gegenwärtig viel Klagen laut. Gewiß gönnt man der Jugend jedwede gesundheitliche Bewegungsbetätigung von Herzen gerne, solange nicht recht bedenkliche Gefahren für die Ausübenden selbst und für den freien Verkehr damit verbunden sind. Von den Straßenbahnen, Fuhrwerken und Fußgängern wird das geradezu massenhafte und rücksichtslose sportliche Auftreten des Rollschuhlaufens vielfach belästigend empfunden. Alle asphaltierten Straßenstrecken und alle Bürgersteige bilden augenblicklich wieder wahre Tummelplätze für diesen Sport. Wenn schon am Tage selbst dieser Uebelstand vielfach zu Kollisionen führt, umsomehr hat man am Abend bei der dürftigen Beleuchtung eine Anrempelung zu befürchten. Es scheint nicht allgemein bekannt zu sein, daß Rollschuhlaufen in den Straße von der Polizei verboten ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Städtischer Gemüseverkauf. Weiß die Stadt, welche gute Kundschaft sie an der Bürgerschaft von Beuel etc. hat? Wenn nicht, so können ihr die Straßenbahnschaffner, die auch mich darauf aufmerksam gemacht haben, die zuverlässigste Auskunft darüber geben. Es gehen auf diese Weise große Mengen Gemüse ins „Ausland“, während zahlreiche Bonner betrübt ohne Gemüse nach Hause zurückkehren müssen, wie dies heute morgen betr. Krauskohl schon um 11 Uhr der Fall war. Durch die Beschränkung des Verkaufs gegen Vorzeigung des Umschlages der Lebensmittelkarte wäre dem leicht abzuhelfen.
Jeder ordnet sich zudem gerne der vorgeschriebenen Reihenfolge an. Heute vormittag aber drängten sich einige Personen vor und wurden auch in der Tat sofort bedient, sodaß nicht nur wir andern länger warten mußten, sondern einige von denen, die hinter mir standen, überhaupt kein Gemüse mehr erhielten, während ihren der geordneten Reihenfolge nach wenigstens das Gemüse zugestanden hätte, was sich die vordrängenden Personen mitnahmen. Als ich die Verkäuferinnen darauf aufmerksam machte, wurde ich in recht unhöflicher Weise darauf hingewiesen, „daß diese Frauen in städtischen Diensten ständen und ebensogut was zu essen haben wollten, wie wir“. Ich bin überzeugt, daß das Lebensmittelamt mit dieser Praxis nicht einverstanden sein wird. Civis.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Stadtverordnetensitzung vom 23. Februar.
[...] Außerhalb der Tagesordnung fragte Stadtv. Gudden: Welche Maßnahmen gedenkt die Schulverwaltung zu treffen, um der zunehmenden Verwilderung der Schuljugend entgegenzutreten. Redner regt an, die Schuljugend außer der Schulzeit unter Aufsicht zu beschäftigen. Die Lehrerschaft werde über das Maß ihrer Pflicht hinaus bereit sein, um das zu erreichen, was wir wollen. Auch das Zigarettenrauchen der Jugendlichen nehme überhand.
Schulrat Dr. Baedorf dankte dem Vorredner für seine Anregung der Beschäftigung außerhalb der Schulzeit.
Stadtv. Direktor Bins schlug eine planmäßige Beschäftigung in der Landwirtschaft vor. Die Lehrerschaft möge die Arbeitsvermittlung übernehmen.
Schulrat Dr. Baedorf dankte auch für diese weitere Anregung und versprach, ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken.
Stadtv. Butscheidt meint, angebracht sei es, das Züchtigungsrecht auf Erwachsene in gewissem Umfange auszudehnen.
Die Sache wird weiter verfolgt werden.
Schulrat Dr. Baedorf bemerkte, es sei das beste, wenn Erwachsene ihm die Kinder, welche frech seien, zur Anzeige brächten.
Damit ist die Anfrage erledigt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 25. Februar 1917
Lichtbildervortrag über die Nahrungsmittelversorgung der Stadt Bonn. Herr Beigeordneter Piehl wird in seinem Lichtbildervorträger über die Nahrungsmittelversorgung der Stadt Bonn in der Kriegszeit (im Liberalen Bürgerverein) die gesamten städtischen Einrichtungen und Anlagen auf diesem Gebiete in Lichtbildern vorführen: die vielen Lager für Mehl, Kartoffeln, Kolonialwaren, Zucker, Speck, Fleisch, Futtermittel, ferner die Schweinemast, die Milchwirtschaft usw. Auch der Bonner Fleischverbrauch in den letzten drei Jahren soll, getrennt nach einzelnen Fleischarten, bildlich dargestellt werden. Um den Verbrauch der wichtigsten Nahrungsmittel wirksam zu veranschaulichen, wird er maßstäblich mit der Münsterkirche, der Zuckerverbrauch mit dem Beethovendenkmal verglichen werden. Auch die Kriegsküchen und ihr Verbrauch werden in Wort und Bild eingehend behandelt werden. Der Vortrag findet nächsten Samstag, abends 8 Uhr, im großen Saale der Lese statt, alle Mitbürgerinnen und Mitbürger ohne Unterschied der Partei haben dazu freien Zutritt.
Universität. In einem Anschlag am Schwarzen Brett bittet Professor A. Pflüger um die Feldadressen von Studierenden der Physik, die sich zur Verwendung in der funkentelegraphischen Rüstabteilung der Fliegertruppen anfordern lassen können. Professor Pflüger sucht ferner Damen und Herren, die Physik studieren oder über physikalische Vorkenntnisse verfügen und bereit sind, im März an einem Uebungskurs für Funkentelegraphie teilzunehmen. An diesem Kursus dürfen nur zivildienstpflichtige, keine wehrpflichtigen Herren teilnehmen.
Kocht in der Kochkiste! Das städtische Lebensmittelamt schreibt: Laßt uns diese Mahnung recht beherzigen, wenn jetzt, wo die wärmere Jahreszeit herannaht, der Ofen nicht mehr beständig geheizt werden muß. Es ist eine vaterländische Pflicht der Hausfrau, sich beim Kochen der Kochkiste zu bedienen. Das Kochen in der Kiste erspart Feuerung, Gas und Zeit und erleichtert der Hausfrau ungemein die Haushaltsführung. [...] Im März wird hier eine Anfertigungsstelle eröffnet, wo jeder Hausfrau Gelegenheit geboten ist, sich unter Mithilfe von Frauen der Hauswirtschaftlichen Kriegshilfe eine Kochkiste herzurichten. Dort werden auch Anweisungen kostenlos verabfolgt. Die Eröffnung dieser Stelle wird noch bekanntgegeben.
Die Polizeistunde ist zunächst noch nicht wieder von 10 auf 11 Uhr verlängert worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Maisgries, Haferfabrikate, Graupen für die Schwer- und Schwerstarbeiter werden in der Woche vom 25. Febr. bis 3. März ausgegeben. Das ist für die Kinder dieser Arbeiter gewiß eine willkommene und notwendige Ernährungsergänzung, die nur mit Dank zu begrüßen ist, die Schwerarbeiter selbst werden gerade diese Zusatznahrungsmittel in den wenigsten Fällen genießen. Die Beschränkung der Ausgabe auf die Schwer- und Schwerstarbeiter bedeutet aber gegenüber den anderen Vätern und Müttern, die nicht zu den Schwerarbeitern gehören und gehören können, aber doch ebenso gut dem Vaterlande dienen, eine große Härte. Außer den hohen Löhnen und besonderen Vergünstigungen bekommen die Schwerarbeiter nun diese Vergünstigung hinzu, dagegen sind bei den Uebrigen die Einkünfte geringer und keine entsprechenden Vergünstigungen vorhanden. Die kochfertigen Suppen sind für die kleinen Leute viel zu teuer, sie essen sich arm daran und müssen ihre Kinder doch hungrig ins Bett legen. Es dürfte darum dringend empfohlen werden, die Ausgabe von derartigen billigeren Lebensmittel wie Maisgries, Haferfabrikate usw., auf die Kinder der Kriegerfamilien und anderer auszudehnen. Eine bestimmte Altersgrenze wäre dabei festzusetzen. Ein Familienvater.
Anmerkung der Redaktion: Die Reichsverteilungsstelle für Nährmittel und Eier hat, wie wir von zuständiger Seite erfahren, der Stadt Bonn Maisgries, Hafererzeugnisse und Graupen zur Verteilung an die Schwer- und Schwerstarbeiter zugewiesen. Die Stadt muß deshalb diese und kann keine anderen Waren an die Schwerarbeiter abgeben. Uebrigens werden für die Schwerarbeiter demnächst auch andere, kräftigere Lebensmittel ausgegeben werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Der Bonner Wochenmarkt war gestern wieder besser beschickt als anfangs der Woche. In den letzten Tagen finden sich auch wieder mehr Verkäuferinnen vom Lande ein. Gestern war wieder reichlich Gemüse vorhanden, hauptsächlich Krauskohl, Rosenkohl, Sprutengemüse sowie sehr viel Feldsalat, allerdings durchweg zu hohen Preisen. [...]
Auch der Großmarkt auf dem Stiftsplatze hatte gestern wieder verhältnismäßig große Zufuhren, besonders in Gemüse, [...] . Die Waren wurden recht flott aufgekauft, hauptsächlich von auswärtigen Händlern, und zwar der Markt um 8 Uhr früh schon fast vollständig wieder geräumt.
Der städtische Gemüse-, Obst- und Fischverkauf auf dem Wochenmarkte hatte gestern wieder sehr regen Zuspruch. An Gemüse war leider nur Krauskohl zu 40 Pfg. das Pfund zu haben. [...]
De Wasserleitung es geplatz.
Die bekannte ältste Lück wesse sich net zu erinnere, dat jemohls su vill Wasserleitungsrühre geplatz on su vill Wasserleitunge zogefrore senn, als en dissem Johr. Ganze Strohße waren en de letzte vierzehn Dag off ohne Wasser, dofür hatte andere widde durch platze der Leitunge et Wasser foßhuh em Kelle stonn. De Installateure, die bisher net hallef esu vill Beachtung gefunge hätte wie ne Botterhändler, ne Metzger oder ne Kollemann, dat woren met eenem Schlag gesökte Persönlichkeite. Och ons Feuerwehr, et Mädche für Alles, wurd knatsch jeck gemaht von all denne, die Wasser ze vill hatte. Et Wasserwerk es sing Lebtag noch net su off aangerofe worde, wie en de vörrige Woch. „Schicken Sie doch direkt Jemand nach …“, „Bei uns steht das ganze Haus unter Wasser…“, „Lassen Sie umgehend mehrere Arbeiter kommen ….“, „Wir haben seit acht Tagen kein Wasser, schicken Sie doch einen Sprengwagen …“. Su ging dat faß de ganze Dag. On die Beamte konnten nix andesch sage, dat se weder Lück noch Päed genog hätte, öm der Nut op eenmohl e End zu mache. „Drieht de Haupthahn zo, schlagt et Leitungsrühr platt oder goht nohm Installateur“, dat woren en de Haupsach de Rohtschläg, die et Wasserwerk für de Oogenbleck gävve konnt! [...]
Während die all en Nut wore, weil se ze vill Wasse hatte, soße andere widde vollständig om Drügge. Noh Honderte zällen die Huhshaldunge, denne de Wasserleitung eingefrore wor. Net selde woren ganze Hühse vierzehn Dag on drei Woche lang vollständig ohne Wasser; on hück noch moß männiche Huhsfrau et Wasser en de Nohbarschaff holle. Dot hät vill Aerger on Verdroß gegovve.
Wenn me net mieh einfach an de Krahne gonn kann on löß et Wasser loofe, dann merk me iersch, wie vill Wasser me de Dag üvve en de Huhshaldung bruch. On trotzdemm et Wasserwerk bekannt gemaht hat, dat Eener demm Andere met Wasser ußhellefe soll, gov et doch an vill Stelle lang Geseechte, wenn de Fraue met ihre Aemmere on Kanne kohme, öm sich jet Wasser ze holle.
Jetz eß Gottseidank de grüßte Nut erömm, doh och de Stadt verschiedene Sprengwage durch die Straße scheck, die su zimmlich alles met Wasser versorge.
Wenn späder vom Kreegsjohr 1917 gesproche on geschrevve wierd, dann wierd me he en Bönn och noch off an die Wassernut denke. – Die Eene verzälle, dat se ze vill Wasser gehatt hann, on die Andere, dat se üvverhaup keen hatte.
Immer datselve Bildche: wat der Eene ze vill hät, dat hät der Andere ze winnig … fo.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Milchversorgung. Bisher erfolgte die Ausgabe der Milchkarten durch die Kartenausgabestelle des städtischen Lebensmittelamtes. Um der Bürgerschaft bei der großen Anzahl der versorgungsberechtigten Personen das lange Warten an der Ausgabestelle zu ersparen, soll diesmal versuchsweise die Verteilung der Milchkarten durch die Milchhändler erfolgen. Es haben sich bereits eine Reihe von Händlern entgegenkommenderweise bereit erklärt, diese Arbeit zu übernehmen und auch von den andern kann angenommen werden, daß sie sich im Interesse ihrer Kundschaft gerne dieser Mühe unterziehen. Die Verteilung der Karten erfolgt am 28. ds. Mts. bei der Milchbestellung. Die neuen Milchkarten werden nur gegen Rückgabe des Mittelstückes der alten Milchkarten ausgehändigt. Bei Unregelmäßigkeiten wende man sich sofort an die städtische Milchverteilungsstelle, Am Hof, neben Etscheid.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mehr Licht! wäre abends dringend zu wünschen auf der Sandtstraße [jetzt: Eduard-Otto-Str.], wo auf dem Teil von der Hindenburgstraße [jetzt: Hausdorffstr.] bis zum Bonnertalweg keine Laterne brennt. Besonders dringend nötig wäre dieses gegenüber der Hindenburgschule [auf den Gelände der heutigen Grsematschule] an der Treppe des Verbindungsweges zum Weidengarten; nicht allein daß man auf dem aufgetauten Weg bis über die Knöchel durch den Schmutz watet, ist es direkt gefährlich die Treppe herunterzugehen. Im Weidengarten, wo in Friedenszeiten 4 Laternen brennen, ist seit längerer Zeit überhaupt kein Licht mehr, sodaß man, wenn einem Leute entgegen kommen, nicht weiß, ob man rechts oder links ausweichen soll, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Wenn auch Sparsamkeit am Platze ist, so darf dieselbe doch nicht übertrieben werden. Abhülfe wäre dringend zu wünschen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Montag, 26. Februar 1917
Gartenbau-Verein Bonn. Wegen des Verbotes, Versammlungslokale zu heizen, fällt die Monatsversammlung am 28. Februar aus.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zur Kohlenversorgung in Bonn. Am Mittwoch sollen die Stadtverordneten noch einmal über die Einführung oder Ablehnung des sog. Gasersparnispreises in öffentlicher Sitzung beraten. Es ist anzunehmen, daß der Haus- und Grundbesitzerverein, der Handels- und Gewerbeverein wie auch unsere Bonner Handelskammer in dieser die breite Masse der Bürgerschaft im allgemeinen wie zahlreiche Gewerbetreibende im besonderen hart treffende Maßnahme um ihre Meinung befragt worden sind, bezw. daß diese daß diese Stellen angesichts der Wichtigkeit der Frage nicht in einem Dornröschenschlaf verharren. In Berlin hat sich der Haus- und Grundbesitzerverein beispielsweise in der Kohlenfrage ganz energisch seiner Haut gewehrt und hat mit dem Gouverneur der Marken persönlich hierüber verhandelt. Warum sollte es nicht auch in Bonn möglich sein, daß die zunächst interessierten Kreise sich der Angelegenheit annehmen. Unser Herr Oberbürgermeister Spiritus mußte am Freitag in der Stadtratssitzung darüber Klage führen, daß er in der Frage der Kohlenbeschaffung lediglich von Herrn Prof. Landsberg unterstützt worden sei. Haben wir in Bonn denn keine in Verkehrsfragen und in der Kohlenbranche erfahrene Männer, die zur Montanindustrie Fühlung unterhalten? Wir glauben diese Frage bejahen zu dürfen. Es ist uns nicht bekannt, was in der Angelegenheit in geheimer Sitzung am Freitag zur Kenntnis gebracht worden ist. Wohl aber steht es fest, daß die Kohlenfrage für uns wesentlich eine Transportfrage ist. Die Frage, ob wir eine Strangulierung des Gasverbrauchs vornehmen müssen, also genötigt sind, unsere beste kommunale Einnahmequelle zu verengen, ist doch wohl davon abhängig, in wie weit wir in der Lage sind, das Gaswerk mit Kohlen zu versorgen. Es wäre also festzustellen, ob diese Versorgungsmöglichkeit uns benommen ist. Diese Frage ist am Freitag öffentlich nicht beantwortet worden. Führt man den Gasersparnispreis ein, dann muß man doch wohl der Bürgerschaft den Nachweis führen, daß alle Schritte, eine ausreichende Kohlenversorgung für das Gaswerk zu bewirken, erfolglos geblieben sind. Und wenn dem so ist, wenn der Gaskonsum zurückgedrängt wird, geht die Bürgerschaft naturgemäß wieder mehr zur Kohlenverfeuerung über, und dann fehlt es uns erst recht an Kohlen. Die Stadt würde also mit dem Gassparpreis in eine Zwickmühle geraten. Versuchen wir es deshalb zunächst damit, möglichst viele Kohlenkähne am Bonner Werft anlegen zu lassen. Amtlicherseits finden derartige Bemühungen die bestmöglichste Unterstützung. Ist doch zur Entlastung des Güterverkehrs der Eisenbahnen angeordnet worden, die Binnenwasserstraßen mehr für den Güterdienst nutzbar zu machen. Die Köln-Düsseldorfer Gesellschaft ist deshalb von dem Bevollmächtigten der Schiffahrtsabteilung beim Chef des Feld-Eisenbahnwesens des stellvertretenden Generalstabs der Armee aufgefordert worden, die notwendige Zahl von Personen- und Güterdampfern für die Uebernahme der Eilgüter der Eisenbahn auf dem Rheinwasserwege bereitzustellen. Soweit es sich mit dem vorhandenen Personal ermöglichen ließ, sind vorläufig genügend Boote eingestellt, welche eine prompte Beförderung der Güter gewährleisten. Sollte der Güterandrang
jedoch so werden, daß noch mehr Boote fahren müssen, so liegen auch diese schon hierfür bereit, so daß die Abfahrt je eines Schiffes zu Berg und zu Tal stattfinden kann. Diese Maßnahme hat zwar in erster Linie Eilgüter im Auge, jedoch zeigt sie deutlich die Tendenz, durch die Benutzung der Wasserstraßen die Transportmöglichkeiten zu erweitern. Es ist sogar schon die Anregung öffentlich gegeben worden, alte Torpedoboote aus unserer Marine für die Kohlenbeförderung nutzbar zu machen und auch Marinemannschaften der Besatzung zur Verfügung zu stellen. Man übereile deshalb den Beschluß im Stadtrat nicht und warte vielleicht noch einige Wochen ab, wie sich nach dem Eintritt milden Wetters die Verkehrsbedingungen für den Kohlentransport auf dem Rhein entwickeln. Die Bürgerschaft würde, wenn wir deren Stimmung und Wünsche recht verstehen, den Herren Stadtverordneten und unserer Stadtverwaltung für eine solche vorsichtig abwartende Haltung sicherlich dankbar sein.
Namentlich in den Kreisen derjenigen Gaskonsumenten, die ihren Konsum nicht nur nicht auf 75 Prozent ihres bisherigen Bedarfs einzuschränken vermögen, sondern sogar gezwungen sind, mehr Gas zu verbrauchen als im vergangenen Jahre, sieht man der Entscheidung unserer Stadtverordneten mit großer Spannung entgegen. Für sie bedeutet der Gasersparnispreis von 50 Pfg. pro Kubikmeter eine durchgängige Verteuerung des Gaskonsums um 100 Prozent. Bei Einführung des Gasersparnispreises würde also eine gewissen Kategorie unserer Mitbürger gewissermaßen mit einer Sondersteuer belegt werden, und diejenigen, die wieder zu Kohlenfeuerung übergehen, würden sich gezwungen sehen, sich wieder Herde anzuschaffen usw., was natürlich auch mit Ausgaben verknüpft ist. Daß es sich bei dem Gasersparnispreis um eine verschleierte Gassteuer handelt, darf man wohl ohne weiteres als unzutreffend betrachten. Es ist sicherlich nur eine zwingende Notlage, die unsere Gasdeputation zu einem derartigen Schritt angeregt hat, der, wenn sich ein Ausweg findet, sicherlich vermieden bleiben wird.
Wie wir kurz vor Redaktionsschluß noch durch ein amtliches WTB-Telegramm aus Berlin erfahren, hat die Reichsregierung sich entschlossen, in die Verteilung der Kohlenvorräte einzugreifen. Unsere Stadtverordneten stehen also jetzt einer ganz veränderten Sachlage gegenüber. Inwieweit diese sich zugunsten der Kohlenversorgung der Städte verschiebt, läßt sich noch nicht erkennen. Wir vermuten, daß es sich in erster Linie um eine kriegswirtschaftliche und politische Maßnahme handelt, die zunächst unserer Kriegsindustrie und der Versorgung des neutralen Auslandes gilt. Jedenfalls ist der heute von uns zur Veröffentlichung gelangende bezügliche Bundesratsbeschluß in die Erörterung einzubegreifen, die am Mittwoch im Kollegium unserer Stadtverordneten über den Gaspreis stattfinden soll.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg: Der Vaterländische Frauenverein Godesberg tagte gestern in einer Generalversammlung unter dem Vorsitze von Frau Jos. Mayer (Muffendorf). Es wurde beschlossen, auch im Verein sich auf einen Kriegshilfsdienst zu rüsten und zu diesem Zwecke eine Liste zum Einzeichnen zirkulieren zu lassen. Der allgemeinen Wohlfahrtspflege, insonderheit der Säuglingsfürsorge und der Hebung der landwirtschaftlichen Bestellung aller geeigneten Bauflächen will man ein erhöhtes Interesse zuwenden. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Dienstag, 27. Februar 1917
Der Unterricht in den Volksschulen beginnt von heute ab wieder um 8 Uhr.
Schulanfang – Schulpflichtanfang. Rechtsanwalt Felix Joseph Klein schreibt uns: Die Forderung der Frau Professor J. Binz, wiedergegeben in Nr. 56 Ihrer Zeitung, der Schulanfang solle bis auf Wiedereintritt normaler Ernährungsverhältnisse auf 9 Uhr verlegt werden, nebst ihrer Begründung deckt sich mit dem, was ich schon früher (Bonner Zeitung Nr. 336/1916) unter der Ueberschrift „Die Hauptsache ist – der Schlaf“ ausgeführt habe. Wie diese Anregung, so wollte auch meine weitere, aus denselben Gründen, die zur Forderung eines späteren Schulbeginns während der Kriegszeit führten, solle der Beginn der Schulpflicht überhaupt um ein Lebensjahr hinausgeschoben werden (vgl. Nr. 350/1916), deutsche Eltern, Lehrer, Aerzte, Jugendfreunde veranlassen, baldmöglichst bei den maßgebenden Stellen die Schritte zu tun, die das Ziel der Gesunderhaltung unserer Jugend hier von uns erheischt. Es handelt sich um Maßnahmen, bei denen, wie Frau Binz richtig andeutet, die Frage des gesundheitlichen Wohles der jetzigen Schuljugend unbedingt oberstes Gebot abgeben muß. Auf ihre sofortige Ergreifung sei hiermit nochmals hingewiesen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Warum bleibt das Victoriabad geschlossen? Nachdem auch die Bonner Schulen zögernd ihren Betrieb wieder aufgenommen haben, häufen sich die Anfragen, warum unser städtischen Victoriabad seine Pforten immer noch geschlossen hält. Auch bei dieser Anstalt unserer Stadt spielt die Kohlenfrage eine schwärzliche Rolle. Wir sind mit der Wiedereröffnung des Bonner Schulbetriebs um acht Tage hinter zahlreichen anderen rheinischen Städten zurückgeblieben. Da fragt es sich, ob die Kohlennot in Bonn stärker auftritt als in anderen Städten. Vom Victoriabad verlautet, daß vor dessen Schließung Kohlen- und Koksvorräte genügend vorhanden waren um den Betrieb aufrecht zu erhalten.
Wenn auch naturgemäß de Verkehrszahlen unseres Victoriabades während des Krieges sich auf der absteigenden Linie bewegt haben, so ist unsere städtische „Reinigungsanstalt“ gerade während des Krieges mit seinen besonderen Krankheitsgefahren vielen zum Segen geworden. Sowohl die Wannen- und Brausebäder wie auch das Schwimmbad sind von unseren aus dem Felde heimkehrenden Feldgrauen gerne aufgesucht worden und die hier garnisonierenden Truppen wie auch die in Bonn befindlichen verwundeten Feldgrauen und Kriegsgefangenen haben den Wassersegen unseres Victoriabades regelmäßig und reichlich nutzen können.
Es hieße gegenüber den medizinisch gebildeten Mitgliedern unseres Stadtverordneten-Kollegiums unnütze Worte zu sprechen, wenn wir an dieser Stelle auf den gesundheitlichen Wert des Victoriabades für unsere Bürgerschaft besonders hinweisen wollten. Die Ansprachen, die so häufig vom Sprungbrett des Schwimmbades aus ärztlichem Munde über den hygienischen Wert und Einfluß unseres Victoriabades in die Herzen der Zuhörer und über die Mauern des Victoriabades hinaus in die Presse drangen, mögen aber jetzt wieder in Erinnerung gerufen werden, wo unserem herrlichen Bade das Schicksal zu drohen scheint, mit Staub und Spinnweben überzogen zu werden.
Es fragt sich, wenn finanzielle Ueberlegungen dazu geführt haben, das Victoriabad weiterhin außer Betrieb zu lassen, ob die fortlaufenden Kosten des Bades, die Verzinsung und Tilgung von Bau und Einrichtung verursachen, nicht in einem Mißverhältnis stehen zu den eigentlichen Betriebskosten, die man jetzt allerdings zum Teil erspart, wogegen aber die Betriebseinnahmen (soweit es sich nicht um Abonnements handelt) gänzlich ausfallen.
Vielleicht findet auch morgen über diese Frage im Kollegium der Stadtverordneten gelegentlich der Aussprache über die Kohlenfrage und die Angelegenheit des Gassparpreises eine Aussprache statt. Wir zweifeln nicht, daß die warmherzigen Freunde des Victoriabades, die wir im Stadtverordneten-Kollegium besitzen, gerne geneigt sind, wenigstens zur Klärung der Frage beizutragen, warum in der Lazarettstadt Bonn eine Einrichtung wie das Victoriabad seinen Betrieb einstellen mußte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Rheinische Friedrich Wilhelms-Universität wird bekanntlich im nächsten Jahr ihr erstes Jahrhundert vollenden. Die bei einer solchen Feier üblichen Festlichkeiten mitten im Kriege vorzubereiten, ist natürlich unmöglich. Das Fest wird daher auf geeignetere Zeiten verschoben.
Konsumenten-Ausschuß. Wir werden gebeten, darauf aufmerksam zu machen, daß behufs Abstellung der mangelhaften Zufuhr von Brennmaterial der hiesige Kriegsausschuß für Konsumenten-Interessen schon Ende Januar diesbezl. Eingaben an das General-Gouvernement in Köln, an das Eisenbahnministerium in Berlin und an den kommandierenden General in Koblenz gemacht und auch noch anderweitige Maßnahmen getroffen hat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 28. Februar 1917
Ein Gänseei von 325 Gramm Gewicht hat dieser Tage die brave Gans eines Gastwirts am Jagdweg gelegt. Ein Hühnerei wiegt 60 bis 70 Gramm, das Fünffache davon ist auch für eine Gans eine gute Leistung.
Vier geschlachtete Schweine, die verbotenerweise vom Vorgebirge nach Bonn gebracht worden waren, sind gestern in einer hiesigen Fabrik beschlagnahmt und dem Lebensmittelamt überwiesen worden.
Im Café Fürstenhof werden vom morgigen 1. ab täglich Konzerte veranstaltet.
Die Bonner Lichtspiele führen diese Woche den fünften Teil des großen Homunkulus-Films vor.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ueber die Nahrungsmittelversorgung der Stadt Bonn in der Kriegszeit spricht am Samstag abend in der Lese- und Erholungs-Gesellschaft Herr Beigeordneter Piehl.
Jungmannen für die Frühjahrsbestellung. Die Beschaffung der für die Frühjahrsbestellung erforderlichen Arbeitskräfte bildet eine dringende Sorge, da die restlose Bebauung aller Anbauflächen unter allen Umständen gesichert sein muß. Mit den militärisch organisierten Jugendkompagnien hat man sehr gute Erfahrungen gemacht, wie der vorjährige Versuch mit etwa 1100 Jungmannen ergab. In größerem Umfange soll diese Hülfestellung bei der diesjährigen Ernte erfolgen. Das Kriegswirtschaftsamt für die Rheinprovinz hat die Angelegenheit für die ganze Provinz einheitlich organisiert und für die Frühjahrsbestellung eine größere Zahl von Hilfskommandos gebildet, die nach strengen militärischen Grundsätzen ausgerüstet werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Geschmacklosigkeit? Der Einsender G. in der Nr. 9628 des General-Anzeigers hat etwas zu scharf geschossen. Ich habe mir auch den Sommeschlacht-Film angesehen und muß von meinem Geschmacksstandpunkt aus bestreiten, daß durch die begleitende Musik die Vorgänge von ihrer gigantischen Höhe ins „Theater“ herabgezerrt wurden. Um was handelte es sich bei der begleitenden Musik? Es waren bei den Sturmangriffen unsere alten historischen Armeemärsche, die in der Geschichte unseres Heeres immer eine große Rolle gespielt und im Ernst der Schlachten unserer Soldaten angefeuert haben. Ferner handelt es sich um die alt-niederländischen Volkslieder. Als zum Schluß bei der Szene auf dem Soldatenfriedhof im Feindesland der Choral „Wir treten zum Beten“ erklang, war man in tiefster Seele erschüttert. Ich möchte bestreiten, daß die künstlerisch wertvolle und den Vorgängen in der Auswahl verständnisvoll folgende Begleitmusik verletzen konnte. Mir erschien sie als eine wertvolle Ergänzung des Films. Sch.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Eierverkauf. Am Donnerstag, den 1. März werden Eier an die Inhaber der Lebensmittelkarten-Umschläge Nr. 4 und an Kranke gegen deren Bezugskarten abgegeben.
Butterverkauf. Der Abschnitt Butter der Speisefettkarte berechtigt bis auf Weiteres den Inhaber zum Bezuge von 30 Gramm Butter. Der Preis für die Butter ist auf 3,35 Mark für das Pfund angesetzt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)