Donnerstag, 26. April 1917
Deutsch-evangelischer Frauenbund, Ortsgruppe Bonn. Die Ortsgruppe hielt am vorigen Dienstag unter zahlreicher Beteiligung von Mitgliedern und Gästen im Gemeindehaus ihre 15. Jahresversammlung ab. [...] Nach der Teepause nahm Frau Helene Krüger das Wort zu ihrem Vortrage „Pflichten der deutschen Hausfrau im Frühjahr 1917“. Sie entwarf nach kurzer Gegenüberstellung der ersten Kriegswochen mit dem Frühjahr 1917 ein anschauliches Bild von der Bedeutung hausfraulichen Schaffens in unserer schweren Zeit, um dann die deutsche Frau – im Gegensatz zur Französin oder Engländerin – als Gattin und Mutter zu kennzeichnen, als Mutter nicht nur im engen Kreise der Familie, sondern im weiten Rahmen des Volkslebens, in der Armenfürsorge (nicht Almosen, sondern Selbsthilfe), in der Jugendpflege, als Hüterin jener echten Sittlichkeit, die allein die Kraft verleiht, den verrohenden Einflüssen dieses grausen Krieges zu begegnen. Sie schloß mit der Mahnung: Kopf hoch! Herz hoch! Siegen! Das sei der Schlachtruf der deutschen Frau.
Ein Ei wird morgen, Freitag, für jeden verkauft, Schwer- und Schwerstarbeiten erhalten zwei weitere Eier, also insgesamt drei.
Sparsamkeit im Kohlenverbrauch. Die Kriegsamtsstelle in Koblenz teilt mit: Sparsamkeit im Kohlenverbrauch ist nach wie vor vaterländische Pflicht. Der Magistrat der Stadt Frankfurt hat kürzlich ein neues Heizverbot erlassen. Die Wirtschaften, Hotels, Konditoreien, Kaffees, überhaupt alle Lokale dürfen nicht mehr beheizt werden. Für Theater, Lichtspielhäuser, Konzertsäle, Vergnügungssäle aller Art einschließlich der Wirtschaften mit Varieté-Konzessionen dürfen bis auf weiteres keine Brennstoffe mehr geliefert werden, auch Warmwasserversorgungen aller Art dürfen nicht mehr betrieben werden. Für den Bereich des 8. Armeekorps ist, wie wir hören, von einer ähnlichen Verfügung Abstand genommen worden, doch wird von der Einsicht der in Frage kommenden Kreise erwartet, daß sie möglichst sparsam mit en vorhandenen Kohlevorräten umgehen, da die Kohleversorgung nach wie vor mit den Verkehrs- und Betriebsschwierigkeiten auf den Eisenbahnen in engstem Zusammenhange steht, und jeder in seinem Teile verpflichtet ist, die Schwierigkeiten nicht noch zu vergrößern.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die erholungsbedürftigen Stadtkinder, die für eine Reihe von Wochen auf dem Lande bereitwilligst Aufnahme und Pflege finden sollten, sind noch nirgendwo eingetroffen. Mittlerweile habe sich bei den Landwirten Bedenken aufgedrängt, weil auch bei der Selbstversorgung für diese Stadtkinder Brot auch nur auf besondere Karten entnommen werden darf und nicht aus dem eigenen Versorgungsbestande. Die Landwirte befürchten, daß wöchentlich drei Pfund Brot für einen gesunden Stadtjungen nicht ausreichen. Den gastfreundlichen Bauernfamilien behagt es auch nicht, daß die Pflegekinder alle zwei bis drei Wochen ausgetauscht werden sollen.
Sämtliche Zugtiere und Fahrzeuge müssen auf Anfordern der Behörden bis auf weiteres gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden, um Güter, die für die Kriegswirtschaft einschließlich der Lebensmittelversorgung notwendig sind, unverzüglich weiterzubefördern. Aus einer Verordnung des Gouverneurs der Festung Köln in der heutigen Nummer unseres Blattes ist alles Nähere zu ersehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bezugsscheine. Seit dem 3. April des Jahres hat die Erlangung von Bezugsscheinen eine wesentliche Erschwerung erfahren. Während vorher bei der Ausfertigung des Bezugsscheins vorwiegend berücksichtigt wurde, wie viele Sachen der Antragsteller schon auf Bezugsschein bezogen hatte, sind nunmehr allein die Vorräte an Bekleidungsgegenständen maßgebend, die dem Antragsteller zur Verfügung stehen. Nur derjenige soll in Zukunft einen Bezugsschein erhalten, der den dringenden Bedarf der Anschaffung hat. Alles Hamstern wird in Zukunft aufhören, und diejenigen, die über einen gewissen Bestand von Kleidungsstücken verfügen, werden von ihren Vorräten zehren und auf neue Bezugsscheine verzichten müssen.
Die Anzahl von Kleidungsstücken, die für die Person als ausreichend erachtet ist, ist in einer Bestandsliste zusammengestellt, welche im Anzeigenteil unserer Zeitung abgedruckt ist. Wer so viel Vorrat hat, wie in dieser Bestandsliste angegeben ist, hat kein Anrecht auf Ausfertigung eines Bezugsscheins. So genügen für einen Herren insgesamt 1 Werktags- und ein Sonntags-Anzug, 1 Ueberzieher, 2 Arbeitskittel, 2 Einzelwesten, 2 Arbeitshosen, 2 Ober-, 3 Unter- und 3 Nachthemden, 3 Unterhosen, 4 Paar Strümpfe. Für Damen 2 Werktagskleider, 1 Sonntagskleid, 1 Einzel-Kleiderrock, 2 Blusen oder Jacken, 1 Mantel oder Umhang, 1 Umschlagtuch, 1 Morgenrock, 3 Schürzen, 4 Taghemden, 3 Nachthemden oder Nachtjacken, 4 Beinkleider oder Hemdhosen, 3 Unterröcke, 4 Paar Strümpfe. Außerdem für beide Geschlechter 3 Paar Schuhe. Auch alte und abgetragene Sachen zählen mit, soweit sie noch irgendwie verwendbar sind. Zwischen Winter- und Sommer-Sachen wird in der Regel nicht mehr unterschieden. Ueber die Bestandsliste hinaus dürfen Anschaffen nur in Einzelfällen bewilligt werden, die durch Berufstätigkeit begründet sind.
Die Bestandsliste sagt nur, welche Anzahl von Bekleidungsstücken für jedermann als ausreichend angesehen wird, gibt aber niemandem ein Anrecht, nunmehr auf einmal seinen Bestand auf die in der Bestandsliste angegebene Stückzahl zu erhöhen.
Wer zum Beispiel ein Paar Schuhe besitzt, hat nicht etwa ein Anrecht auf Bezugsschein auf 2 weitere Paar. Nach wie vor wird vom Bekleidungsamt in jedem einzelnen Falle, auch wenn die Stückzahl der Bestandsliste nicht überschritten ist, die Notwendigkeit des Bedarfs geprüft werden. [...]
Es ist zu hoffen, daß sich mit der Zeit jedermann von der Notwendigkeit äußersten Sparens überzeugen wird. Keiner darf sich mehr scheuen, alte und abgetragene Sachen zu tragen, wenn sie geflickt und reinlich sind. Im Gegenteil gereicht ihm dies nur zur Ehre. Denn wirklich vaterländisch handelt, wer seine alten Sachen bis zum letzten Faden aufträgt, anstatt durch neue Anschaffungen unseren ohnehin knappen Bestand an Bekleidung noch mehr zu vermindern.
Vaterlandsverräter schlimmster Art müssen diejenigen Klatschbasen männlichen und weiblichen Geschlechts genannt werden, die in den letzte Tagen in Bonn das Gespräch aufgebracht und verbreitet haben, als träte in der nächsten Zeit eine weitere erhebliche Einschränkung der Brotmenge ein, ja als sei eine völlige Einstellung der Brotversorgung zu erwarten. Es ist kaum glaublich, daß es überhaupt noch Menschen gibt, die einen derartigen Unsinn – fast hätten wir gesagt Blödsinn – als bare Münze hinnehmen. In einer Zeit, wo unsere braven Truppen in heldenmütiger Todesverachtung den gewaltigen Ansturm der feindlichen Heeresmassen Trotz bieten, sollte in der Heimat ein derartiges gedankenloses Gerede doch wahrhaftig für unmöglich gehalten werden. Jeder deutsche Mann und vor allem jede deutsche Frau, die in sich noch eine Ahnung fühlt von der erhabenen Aufgabe, das Vaterland in seiner höchsten Not tatkräftig zu unterstützen, sollte hier tätig mit eingreifen und unnachsichtlich diesen vaterlandslosen Gesellen das verderbliche Handwerk legen und sie zur Anzeige bringen, damit sie ihrer verdienten Strafe nicht entgehen.
Der 1000. Kriegstag ist der heutige 26. April, wenn man den 1. August 1914, den Tag, an dem Rußland den Krieg gegen Deutschland eröffnete, als den eigentlichen Beginn des Weltkrieges ansieht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 27. April 1917
Kinderheim der evangelischen Gemeinde. Das Presbyterium der evangelischen Gemeinde beabsichtigt, im Hause und Gelände des früheren Schwesternheims der Friedrich-Wilhelm-Stiftung auf dem Venusberg, Bergstraße Nr. 203, ein Kinderheim zur Pflege erholungsbedürftiger evangelischer hiesiger Volksschulkinder einzurichten. Das kleine Haus kann zwar nur 10 bis zwölf Kinder fassen, das große, für diesen Zweck außerordentlich geeignete Gelände soll aber nicht länger unbenutzt bleiben, und nach dem Kriege kann der kleine Anfang weiterentwickelt werden. Das Haus ist aber völlig leer. Der vorläufige Ausschuß wendet sich daher an die Hausfrauen der Gemeinde mit der Bitte, aus ihren während des Krieges schon stark in Anspruch genommenen Beständen einiges darzureichen. Notwendig sind einige Betten (für Kinder von 6 bis 14 Jahren), Bettwäsche, Kissen, Decken, Leibwäsche, Handtücher, einiges Küchengeschirr, Küchen- und Kleiderschränke, einige Stühle, auch Liegestühle u. ä. Auch Geldspenden sind sehr erwünscht, sie und die Anmeldungen der Gegenstände werden beim vorläufigen Ausschuß (Vorsitzender Pfarrer Kremers) entgegengenommen.
Der Absatz von Apfelmus ist von der Kriegsgesellschaft für Obstkonserven und Marmeladen den Fabriken freigegeben worden, jedoch darf die Lieferung nur an Lazarette, Sanatorien, Krankenanstalten erfolgen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Kriegspatenversicherung. Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, daß der Städt. Ausschuß für die Kriegshilfe sich die Förderung der Kriegspatenschaft zur besonderen Aufgabe gemacht hat, deren Hauptzweck bekanntlich die Sicherstellung eines kleinen Kapitals ist, um Kriegerwaisen eine bessere Berufsausbildung zu geben. Mit Rücksicht auf die nicht unerheblichen Unkosten, welche bei dieser Form der Versicherung durch Versicherungs-Gesellschaften entstehen, hat der Ausschuß für die Kriegshilfe einen Weg gewählt, der völlige Gemeinnützigkeit unter Ausschluß jeglicher Gewinnerzielung gewährleistet. Die städt. Sparkasse hat besondere Kriegspatenbücher beschafft für Kriegerwaisen. Die Einlagen in diese werden mit fünf Prozent verzinst, die Auszahlung des Sparguthabens erfolgt erst nach Ablauf von 10 Jahren seit der ersten Einzahlung und nur mit Einwilligung des städtischen Waisenamtes. Auf diese Weise ist die volle Gewähr dafür geboten, daß das Sparguthaben für Ausbildungs- und Aussteuerzwecke in der richtigen Weise verwendet wird. Das städtische Waisenamt führt die Verwaltung dieser Patenstiftungen und sorgt in jeder Weise dafür, daß sie den Wünschen der Stifter und den Bedürfnissen der Kriegswaisen entsprechend verwendet werden.
Erfreulicherweise wird von dem so gebotenen Wege, durch einmalige oder wiederholte Einzahlungen bei hoher Verzinsung den Kriegswaisen ein kleines Kapital für die Zukunft zu sichern, reger Gebrauch gemacht. Wer daher gewillt ist, durch Uebernahme der Fürsorge für eine Kriegswaise in dieser Form einen Teil der Dankesschuld gegen unsere Krieger, die ihr Leben für das Vaterland geopfert haben, an ihren Kindern abzutragen, dem bietet sich hier Gelegenheit. Die städtische Sparkasse nimmt derzeit Einzahlungen auf Kriegspatenbücher entgegen. [...]
Die Hühnerdiebstähle mehren sich in letzter Zeit in unserer Stadt in erschreckender Weise. Nachdem wir bereits in den letzten Tagen eine Reihe derartiger Diebstähle melden konnten, gelangte gestern wieder ein Fall zur Anzeige. In der vorvergangenen Nacht statteten Diebe dem Hühnerstall eines Anwohners in der Haydnstraße einen Besuch ab. Sie überstiegen die zum Stall führende Mauer und erbeuteten sieben wertvolle Tiere.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
Brotversorgung.
Die Bäcker haben strengste Anweisung, Brot für die kommende Woche erst Samstags abzugeben. Bei Zuwiderhandlung werden sowohl die Bäcker als auch Käufer schwer bestraft. Bäckereien werden in diesem Fall für die Dauer des Krieges geschlossen.
Fleisch.
Auf jede Zusatzfleischkarte (Brotersatz) werden am Samstag ½ Pfund Rindfleisch oder Kalbfleisch zu 0,90 Mark bezw. 1,50 Mark das Pfund abgegeben. Kinder bis zu 6 Jahren erhalten ¼ Pfund Fleisch. Bei der Entnahme von Blut- und Leberwurst (das Pfund zu 0,80 Mark) ist neben dem entsprechenden Abschnitt der Zusatz-Fleischkarte auch die Warenkarte Nr. 27 abzugeben.
Jeder Andrang zu den Metzgergeschäften ist unnötig, da so reichlich Fleisch an die Metzger verteilt wird, daß ein jeder die bestimmte Menge unter allen Umständen erhalten kann.
Am Mittwoch nächster Woche werden auf die Reichsfleischkarte Rindfleisch, Kalbfleisch du Fleischwurst zum Preise von 2,80 Mark das Pfund verkauft.
Fett.
In der kommenden Woche werden 30 Gramm Butter, sowie 30 Gramm Margarine auf die entsprechenden Abschnitte der Speisefettkarte ausgegeben.
Kartoffeln.
Auf die Kartoffelkarte werden 5 Pfund Kartoffeln ausgegeben, auf die Zusatzkartoffelkarte weitere 3 Pfund. Zur Zeit müssen die Kartoffeln besonders gut behandelt werden. Sie dürfen nicht, wie es meist üblich ist, nach dem Schälen gleich gekocht, sondern müssen am Abend vorher geschält und ins Wasser gelegt werden.
[...]
Acker und Krieg.
Unsere Oberste Heeresleitung sagt in ihrem Bericht vom 24. April, daß an den Erfolgen der letzten Schlachten jeder Bauer und Arbeiter seinen Anteil hat, der sich in den Dienst des Vaterlandes stellt und seine Kräfte einsetzt für die Versorgung des Heeres, Nicht allein an unseren eisenbewehrten Fronten, sondern ebenso auf den friedlichen Aeckern aller deutschen Gaue fallen die Würfel dieses Krieges. Die Bestellung des deutschen Ackers ist heute unsere dringendste Aufgabe. Der deutsche Acker braucht Menschen. Da hat zunächst jeder, der vom Lande stammt, und dort Bescheid weiß, und in der Stadt nur irgendwie abkömmlich ist, die Pflicht, vom Frühjahr bis zum Herbst draußen für unsere Ernährung zu arbeiten. Ihn ruft das Land in die erste Reihe seiner Besteller, aber auch jeden anderen´, der kräftige Arme hat, der schaffen kann und will. Wer zu schwerer Arbeit nicht fähig ist, aber von den leichten Tätigkeiten in der Landwirtschaft einige Kenntnisse besitzt, der wird es gerade in diesen Jahren gewiß nicht bereuen, auf dem deutschen Acker an unserem Kriege mitgefochten zu haben. Die durch die schlechte Witterung der letzten Wochen verzögerte Frühjahrsbestellung drängt die unbedingt zu leistende Arbeit in einen sehr kurzen Zeitraum zusammen und erfordert mehr Arbeitskräfte als bei der gewöhnlichen Aufeinanderfolge notwendig wären. Auch dies muß geleistet und wird geleistet werden, wenn jeder seine Pflicht tut. Das erste und letzte Gebot dieser Stunde bleibt gerade in diesen Frühjahrstagen: Alles hinaus aufs Land, was irgend dazu fähig und berufen ist. Auch an die wohlhabenden Kreise richtet das Vaterland seinen Mahnruf: sie mögen sich mit geringerer Zahl von Bedienung in dieser ernsten Zeit behelfen, als es heute noch manche von ihnen tun. Wir alle, auch sie müssen und wollen vom deutschen Acker leben im kommenden Jahre. An alle ergeht daher sein Ruf.
[...]
Bekleidungsamt.
In letzter Zeit haben sich öfters Personen die Lebensmittelkarte von Bekannten unter irgend einem Vorwand verschafft und sich auf deren Namen und Kleiderkarte vom Bekleidungsamt Bezugsscheine ausstellen lassen. Derartig schwere Verstöße werden unnachsichtlich zur Anzeige gebracht und schwer bestraft werden. Der Inhaber einer solchen Lebensmittelkarte wird geschädigt, da ihm die auf seiner Kleiderkarte vermerkten Gegenstände bei späteren Anträgen in Anrechnung gebracht werden. Daher soll niemand seine Lebensmittelkarte anderen Personen in die Hand geben.
[...]
Die deutsche Front steht fest. Auf die Sprengung der inneren Front hat die Entente seit Kriegsbeginn große Hoffnungen gesetzt und was ihr damals nicht gelang, glaubte sie jetzt als Trumpf in der Entscheidungsstunde ausspielen zu können. Bezahlte Agenten machten sich die Verstimmungen einzelner Kreise über die Ernährungsschwierigkeiten zunutze und glaubten, durch ihre Wühlereien die deutsche Arbeiterschaft dazu bringen zu können, ihre Kameraden an der Front in Stich zu lassen und sie durch die Einstellung der Arbeit in den Munitionsfabriken wehrlos dem feindlichen Ansturm auszuliefern. Die Hoffnung unserer Feinde ist schmählich zuschanden geworden. Der große Schlag, der geplant war, ist ins Wasser gefallen. Die Arbeiterschaft ist sich ihrer vaterländischen Pflicht bewußt gewesen und hat den fremden Lockungen kein Gehör geschenkt.
Dank dem verständnisvollen Zusammenarbeiten zwischen Regierung und Gewerkschaften sind die Wünsche der Arbeiter befriedigt worden. Wie wir mitteilen können, hat in den großen Munitionswerkstätten des 8. Armeekorps kein Arbeiter bis jetzt gefehlt.
Die deutsche Front steht unerschüttert innen wie außen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 28. April 1917
Die Polizeistunde. Das Reichsamt des Inneren hat dem Reichsverband deutscher Gastwirte mitgeteilt, daß eine Hinausschiebung der Polizeistunde nicht beabsichtigt ist. Der Grund der Beibehaltung der jetzigen Polizeistunde ist darin zu suchen, daß auf eine größtmöglichste Ersparnis der Kohlen Gewicht gelegt werden muß. In dem Schreiben heißt es zum Schluß. „Eine allgemeine Hinausschiebung der Schließung der Gast- und Schankwirtschaften würde aber, abgesehen von dem dadurch bedingten größeren Kohlenverbrauch, insbesondere auch einen längeren Betrieb der öffentlichen Verkehrsanstalten nach sich ziehen müssen, was im Interesse der Kohlenersparnis nicht angängig ist. Die Wünsche der einzelnen Berufsstände müssen in der jetzigen Zeit hinter den Interessen der Allgemeinheit zurückstehen, so bedauerlich dies auch für die davon Betroffenen sein mag.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Beschaffung von Kleingeld. Nach Erledigung der Tagesordnung kam in der gestrigen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung auch die Kleingeldfrage zur Sprache. Bekanntlich hat schon vor langer Zeit die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, gemeinsam mit den Kreisen Bonn-Land und Siegkreis Notgeld zur Behebung des Kleingeldmangels herauszugeben. Bisher ist es aber beim guten Willen geblieben und die Handelskammer hat nach einer Mitteilung der Stadtverwaltung gestern mitgeteilt, daß mit der Ausgabe von „städtischem Kleingeld“ vor Ende Mai nicht zu rechnen ist, da sich keine geeignete Druckerei für die Anfertigung desselben findet. Da nun der Kleingeldmangel bereits zu recht bedenklichen Erscheinungen im täglichen Leben führt, hielt es das Stadtverordnetenkollegium für unbedingt notwendig, daß in der Angelegenheit sofort ernste Schritte unternommen werden. Fast alle Stadtverordnete warteten mit guten Ratschlägen zur Behebung der Not auf. Im Allgemeinen wurde aber überwiegend die Ansicht laut, daß sich die Stadt Bonn jetzt nicht weiter an die anderen beteiligten Kreise stören und selbst die Sache in die Hand nehmen müsse. Nachdem eine ganze Reihe von Herren das Wort zu der Angelegenheit genommen hatten, wurde beschlossen, den Finanzausschuß für Samstag sofort einzuberufen und die erforderlichen Vorarbeiten zu erledigen. Gleichzeitig soll nochmals bei den Landratsämtern der Kreise Bonn-Land und Siegkreis angefragt werden, ob sie ohne Befragung des Kreistages in der Lage sind, sich der Stadt anzuschließen. Es ist in Aussicht genommen, vorläufig für 30.000 Mark Zehnpfennigstücke und für 20.000 Mark Fünfpfennigstücke in Papier oder Metall herzustellen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hilfsdienstpflichtige, schützt Euch vor Strafe! Vielfach herrscht noch Unkenntnis in den Strafbestimmungen, die das Hilfsdienstgesetz und insbesondere auf Grund des Gesetzes die Bundesratsverordnung vom 13.3.17 über Verfehlungen gegen die Meldepflicht Hilfsdienstpflichtiger enthält. Diese Unkenntnis kann zu schweren Nachteilen für die Betroffenen führen. Deshalb sei darauf hingewiesen, daß § 10 Abs. 1 der genannten Bundesratsverordnung Gefängnisstrafe bis zu 3 Monaten oder Geldstrafe bis zu 600 Mark dem androht, der bei der Meldung wissentlich unwahre Angaben macht. Nach Abs. 2 der genannten Verordnungsstelle wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft, wer die in §§§ 2, 3, 6, 7 Meldungen oder Mitteilungen schuldhaft unterläßt. Vor allem kommt für die Meldung zum Hilfsdienst in Betracht, daß die auf die erfolgte öffentliche Aufforderung der Ortsbehörden zu der in der Aufforderung bestimmten Zeit bei der darin angegebenen Stelle durch Ausfüllen der Meldekarte persönlich zu erfolgen hat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 29. April 1917
Der Verband Bonner Frauenvereine, der sich im Januar zusammengeschlossen hatte und jetzt bereits 26 Vereine umfaßt, hielt Freitag im großen Saale der Lese seine erste Mitgliederversammlung ab. Die zweite Vorsitzende, Frl. Böttrich, hatte die Leitung an Stelle der kürzlich dem Stadtverbande schon durch den Tod entrissenen ersten Vorsitzenden, Frau Elisabeth Gudden. [...] Nach einigen weiteren Mitteilungen gab die Vorsitzende das Wort an Frl. Reinbrecht zu einem kurzen Bericht des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe, der seit seinem Anschluß an die Zentrale des Nationalen Frauendienstes auch diesen Namen führt. Nach einem kurzen Ueberblick über die Arbeit der ersten zwei Jahre berichtete sie über die augenblicklich laufenden Arbeiten, die Kinderspeisung, die gemeinnützige Flickschusterei, in der seit Juli 1916 nahezu 6000 Paar Schuhe zum Ausbessern angenommen wurden, die Sammelstelle für Kaffeesatz, Frauenhaare, Obstkerne u. a. m. und die Beratungsstelle. Sie wies an den Abschlusszahlen den Umfang der auf den einzelnen Gebieten geleisteten Arbeit nach und sprach all denen, die durch Mitarbeite, Zuwendungen und Darlehen dazu beigetragen haben, den herzlichen Dank des Ausschusses aus; ebenso der Universität und der städtischen Verwaltung für die dem Ausschuß gewährte Gastfreundschaft und freundschaftliche Unterstützung. Nachdem die Vorsitzende der Berichterstatterin für ihre Ausführungen sowie für ihre treue Arbeit gedankt hatte, erteilte sie der Rednerin des Abends, Frl. Oberlehrerin Weber aus Köln, das Wort zu ihrem Vortrage „Deutsche Frauenpflichten in schicksalsschwerer Zeit“. Durch Entrollen von drei erschütternden Bildern der Gegenwart – des Ringens an der Front, des Widerhalls von Gröners Aufruf unter der Arbeiterschaft und des Frauendienstes in der Rüstungsindustrie – versetzte die Rednerin ihre Zuhörer in die weihevolle Stimmung, die sie aus der einschläfernden Gewohnheit der Alltäglichkeit und der kleinlichen Sorge um das eigene Leben und das der nächsten Angehörigen herausheben und zu allen Opfern für Heimat und Vaterland willig machen soll. Das Gebot der Stunde sei, auszuhalten, sich mit dem Zugeteilten zu begnügen und nicht durch Zahlen von Wucherpreisen denen, die es am nötigsten haben, wertvolle Nahrungsmittel zu entziehen. Es gelte, mit ihnen zu tragen und zu leiden, nicht Samen des Hasses zu säen, sich dessen bewußt zu sein, daß Reichtum gerade unter den heutigen Verhältnissen schwere Verantwortung auferlegt. Das bedeute in der Praxis, auf der einen Seite sich selbst, so viel es angeht, in den Hilfsdienst, in die Kriegsfürsorgearbeit zu stellen und die Frauen, die seit 1914 darin tätig sind, zu entlasten, auf der anderen Seite Einschränkungen des gewohnten Lebenszuschnittes in Bezug auf Dienstboten, Kleidung, Reisen und mancherlei anderes, was mit einem unzeitgemäßen Aesthetentum zusammenhängt. Jedes Entsagen, jedes Opfer wird als Kranz auf das Grab der entschlafenen, uns vorbildlich gewordenen ersten Vorsitzenden niedergelegt. Reicher Beifall zeigte der Rednerin die Wirkung ihrer Ausführungen, für die ihr die Vorsitzende herzlich dankte.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Keine Aufhebung des Siebenuhr-Ladenschlusses. Aus Berlin wird berichtet: Der Bundesrat hat davon Abstand genommen, die geltenden Bestimmungen über den Siebenuhr-Ladenschluß für die Dauer der „Sommerzeit“ aufzuheben. In der Bundesrats-Sitzung vom 26. April ist lediglich eine Ergänzung der Bestimmungen in § 2 der Verordnung betreffend die Ersparnis von Brennstoffen und Beleuchtungsmittel vom 11. Dezember 1916 dahin beschlossen worden, daß Verkaufsstellen, in denen der Verkauf von Lebensmitteln oder von Zeitungen als Haupterwerbszweig betrieben wird und denen infolgedessen gestattet ist, über 7 Uhr abends bezw. (an Samstagen) 8 Uhr abends hinaus offen zu halten, untersagt wird, in diesen Verkaufsstunden andere Waren als Nahrungsmittel oder Zeitungen zu verkaufen. Diese Ergänzung kommt insbesondere den Klagen von Zigarren- und Tabakhändlern entgegen, die sich dadurch benachteiligt fühlten, daß in den Stunden, in denen sie selbst ihre Geschäfte geschlossen halten mußten, Lebensmittel- und Zeitungshändler Tabakfabrikate feilbieten konnten.
Kriegsküche in Poppelsdorf. Der neue Leiter der Küche, Herr Restaurator Hombach, ist sichtlich bestrebt, es allen so recht zu machen, daß sogar die berufsmäßigen Nörgler nichts zu tadeln haben. Das am Dienstag verabreichte Gericht (Bismarckheringe mit Kartoffeln und Tunke) möge noch recht oft auf dem Speisezettel zu finden sein. Besonders unsere Kleinen gehen mit großer Freude zur Kriegsküche hin, wenn es so trefflich nach Bismarckheringen und Kartoffeln duftet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Beschaffung von Schlachtvieh. Die Besucher der außerordentlichen General-Versammlung des Bundes der Viehhändler Deutschlands beschlossen in Anbetracht der schwierigen Lage des Vaterlandes dem am 28. Januar 1916 gefaßten Beschluß treu zu bleiben und die Gesamtheit der deutschen Viehhändler zu ermahnen, ohne Rücksicht auf die Höhe des Verdienstes alle Kräfte zur Beschaffung des Schachtviehes bis zur siegreichen Beendigung des Krieges aufzuwenden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 30. April 1917
Das Jubiläum der Bonner Zeitung hat Herr Oberbürgermeister Spiritus folgendes Glückwunschschreiben gesandt:
Der Bonner Zeitung gestatte ich mir namens der Stadt Bonn zum 25jährigen Jubiläum aufrichtig Glück zu wünschen.
Vom vaterländischen Geiste beseelt und geleitet von lebhaftem Interesse für das Gemeinwohl, hat die Bonner Zeitung in den 25 Jahren ihres Bestehens zur gedeihlichen Entwicklung der Stadt Bonn erfolgreich beigetragen, wie sie auch in der jetzigen großen und schweren Zeit unseres Vaterlandes die wichtigen Aufgaben der Presse, insbesondere hinsichtlich der Erhaltung und Kräftigung des gesunden Sinnes der Bevölkerung, getreu erfüllt hat.
Möge es der Bonner Zeitung beschieden sein, in diesem Geiste in hoffentlich baldiger gesegneter Friedenszeit weiter zu arbeiten und zu wirken zum Wohle für das Vaterland und unserer engeren Heimat“
In ausgezeichneter Hochachtung
Spiritus.
Glückwünsche sind ferner eingelaufen von der Deutschen Reichszeitung und vom Wolffschen Telegraphenbureau.
Der letzte Aprilsonntag war in diesem Jahre der erste schöne Frühlingstag. Er brachte uns den so lange ersehnten warmen Sonnenschein und förderte das Wachstum in der Pflanzenwelt fast zusehends. Die Kastanienbäume z. B., die Samstag erst dicke Knospen trugen, beginnen jetzt schon, ihre Blätter zu entrollen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Altkleiderverkauf. In der Annahmestelle für alte Sachen in der Stockenstraße hat sich im Laufe der Zeit ein stattlicher Vorrat alter Kleider- und Wäschestücke, Schuhe und Uniformstücke angesammelt, die teils angekauft, teils in hochherziger Weise unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden. Trotzdem machen viele Kreise von dem so gemeinnützigen Unternehmen noch nicht den genügenden Gebrauch. Besonders seitens der wohlhabenderen Bevölkerung erscheint eine stärkere Abgabe der alten Sachen erwünscht. Sie werden gut bezahlt, aber viele werden es sich zur Ehre anrechnen, ihre Sachen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Eine reichliche unentgeltliche Abgabe kommt der minderbemittelten Bevölkerung zu gute, weil hierdurch die Preise der Sachen beim Verkauf besonders niedrig berechnet werden können.
Beschlagnahme von Elektromotoren. Das stellvertretende Generalkommando macht bekannt, daß sämtliche im Besitz von Händlern befindlichen Elektromotoren von zwei Pferdestärken an aufwärts beschlagnahmt werden.
Preise für Gemüse und Obst. Die Reichsstelle für Gemüse und Obst wird, wie sie mitteilt, an ihrer Entschließung festhalten, Höchstpreise erst dann festzusetzen, wenn sich die Ernte einigermaßen übersehen läßt. Die von ihr für Frühgemüse veröffentlichten Preise sind keine Höchstpreise, sondern nur Richtpreise, die unter der Annahme einer normalen Ernte festgesetzt worden sind. Infolge der noch immer andauernden ungewöhnlichen Kälte werden die Bestellungsarbeiten unter sehr erschwerten Umständen stattfinden, sodaß auch mit einem normalen Verlauf der Ernte jetzt nicht mehr gerechnet werden kann. Die Reichsstelle betrachtet daher die von ihr veröffentlichten Richtpreise für Frühgemüse unter allen Umständen als Mindestpreise und rechnet mit der Notwendigkeit, daß sie die Höchstpreise, deren Festsetzung erfolgen soll, sobald dies irgend möglich ist, nicht unerheblich höher wird bemessen müssen. Die Reichsstelle wünscht, daß dies möglichst allgemein bekannt wird, damit die Arbeitsfreudigkeit in den Erzeugungskreisen unter den jetzigen widrigen Bestellungsverhältnissen nicht leidet. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei der zu erwartenden Obsternte.
Fünf Hühner wurden in der Nacht vom Samstag zum Sonntag einem Einwohner der Eintrachtstraße gestohlen. Die Diebe drangen durch Übersteigen der Einfriedung in das Haus ein und erbrachen ein zum Schutz des Hauses angebrachtes Vorhängeschloß.
Ein wertvolles Kaninchen wurde ebenfalls in der Nacht vom Samstag auf Sonntag einem Anwohner der Eintrachtstraße gestohlen.
Eine Leiche wurde gestern nachmittag gegen 1 Uhr in der Nähe des Jesuitenhofes aus dem Rheingelandet. Es handelt sich um eine weibliche Person im Alter von 14 bis 16 Jahren. Die Leiche ist nach der Leichenhalle des Nordfriedhofes verbracht worden. Nach den vorgefundenen Papieren liegt Selbstmord vor.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegs-Kindergärten. Die Provinzialabteilung Rheinprovinz des deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimpflege teilt mit, da sie die Einrichtung von Kriegs-Kindergärten auf dem Lande bei den Bürgermeisterämtern angeregt hat und in Verbindung mit dem Zentralverband katholischer Kinderhorte und Kleinkinderanstalten Deutschlands (Sitz Bonn) kurze Lehrgänge zur Ausbildung der Leiterinnen dieser Kindergärten veranstalten will. Sie hat um die Mitwirkung der Geistlichkeit sowohl bei der Auswahl der Leiterinnen wie auch bei der Einrichtung und dem Betriebe der Bewahranstalten dringend gebeten. Bei der hohen Bedeutung der in Frage stehenden Einrichtungen ist eine solche dringend geboten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)