Dienstag, 9. Oktober 1917

     

Der gestrige Volksbelehrungsabend im Stadttheater brachte mehrere gediegene Musikstücke, für die der Kapelle des hiesigen Ersatzbataillons der 160er (Musikmeister Suchsland) gern die verdiente Anerkennung gezollt wurde, und eine Reihe von Chorliedern, der der Bonner Männergesangverein, von seinem Chormeister Sauer dirigiert, prächtig vortrug. Den eigentlichen belehrenden Teil des Abends bildete ein Lichtbildvortrag „Deutschland im vierten Kriegsjahre“ von Lehrer Schultheiß. Der Vortragende führte seine Zuhörer an die verschiedensten Teile der Fronten, an denen unsere Feldgrauen kämpfen, er wies weiter auf den hohen Stand unserer militärischen Technik hin und rühmte die überaus wichtige Tätigkeit unserer Uboote und unserer Hochseeflotte. Auch die Leistungen des sog. Heimatheeres wurden voll gewürdigt, u. a. an Bildern aus der Kriegsindustrie im engeren Sinne und aus der weitverzweigten Kriegswirtschaft überhaupt. Angesichts der Einheit von Front und Heimat, angesichts des beide beherrschenden Willens, mit allen Kräften bei der Verteidigung des Vaterlandes mitzuwirken, werden wir bei der Stärke unserer militärischen und wirtschaftlichen Grundlagen zweifellos auch finanziell durchhalten können. Wir sollten aber nicht erst die Güte und Sicherheit der Kriegsanleihe bedenken, sondern uns fragen, warum wir Kriegsanleihe zeichnen müssen, und uns klarmachen, daß die Zeichnung von Kriegsanleihe in erster Linie uns daheim zugute kommt, daß sie kriegsverkürzend wirkt, daß sie ein schwacher Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber den Männern ist, die des Krieges Grauen von unserm Herd solange schon fern halten und uns unserem bürgerlichen Berufe ungestört nachgehen lassen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Der Kartoffelpreis herabgesetzt. Wer Kartoffeln einkellern will, muß das bis 15. Oktober auf dem Lebensmittelamt anmelden. Der Preis ist jetzt doch niedriger festgesetzt worden, als ursprünglich in Aussicht stand; er beträgt ab Lager Schlachthof 8,50 Mk., frei Keller 9 Mk. der Zentner.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Heizung der Schulräume. In den letzten Tagen zeigte das Wetterglas einen derartigen Tiefgang, daß es kaum möglich war, ohne Schädigung der Gesundheit für Lehrer und Schüler den Unterricht fortzusetzen. Namentlich war es für Personen, die leicht zu Erkältungskrankheiten neigen, eine Gefahr, sich stundenlang in den ungeheizten Räumen aufzuhalten. So sehr jeder Einsichtige es begrüßt, daß unsere Stadtverwaltung sich weitgehendste Einschränkungen im Kohlenverbrauch im allgemeinen Interesse auferlegt, so darf man doch andererseits den Bogen nicht überspannen.
    Bei einer Zimmertemperatur unter 10 Grad, wie sie in den letzten Tagen herrschte, sind für die Kinder, die stundenlang in den ungeheizten Räumen sitzen müssen, Erkältungskrankheiten unausbleiblich. Man muß hierbei auch bedenken, daß die Fettlosigkeit bei der Ernährung die Widerstandskraft der Kinder gegen Erkältungsgefahr mehr oder weniger verringert hat. Die Stadtverwaltung möge deshalb, um einer ernsteren Schädigung des Gesundheitszustandes unserer Kinder vorzubeugen, für eine rechtzeitige und ausreichende Heizung der Schulräume Sorge tragen. Ein Familienvater im Namen Vieler.

„Sind das die Damen alle?“ so kann man beim Lesen der Nachricht im „Gen.-Anz.“ über den Zug, der sich zur Pulverfabrik nach Tr. begebenden kleinen Schar wohl mit Recht sagen. Nach dem Artikel im Gen.-Anzeiger Ende September über den Entschluß der Studentinnen, sich der Munitions-Fabrikation zu widmen, hatte man anderes, mehr erwartet. Es soll zwar noch kommen, lesen wir heute. Freieres denken auch über verschrobene Ansichten ( wie z.B. das Sichunmöglichmachen u. a.) und tiefere Einsicht von den jetzigen Verhältnissen nimmt man bei unserer studierenden weiblichen Jugend ohne weiteres und mit Recht an. Sie brächten mit der Unterbrechung ihres Studiums in gewissem Sinne ein Opfer. Eine schnelle Vollendung der Studien würde auch vielen anderen wieder zugute kommen. Aber die vielen hundert anderen jungen Damen der höheren Stände, die weder studieren, noch sonst sich jetzigen Zeit entsprechend ausreichend betätigen, wo bleiben sie? Auch ihre Kraft und Zeit gehören dem Vaterlande ohne Unterschied der Stände. Das Promenieren in den oft lächerlich wirkenden Kleidern und Sonstigem, die Besuche der Kaffees stundenlang sind ein direktes Verbrechen gegen unsere Soldaten, die ihren Mitmenschen Hab und Gut mit ihrem Leben schützen müssen. Nur wenige sind’s, die sich über den minderwertigen Kastengeist erheben. Es sind die, die sich der großen Not des Vaterlandes, das unser aller Vaterland ist und damit auch ihrer eigenen Not bewußt sind. Viele, besser noch alle, der sich vornehm nennenden, aber nicht vornehm denkenden Frauen sollten in der Herstellung von Munition ihr jetziges Lebenswerk einzig und allein sehen. Es gilt zum Schutze auch ihrer Männer und Brüder, das würde näher bringen und nicht trennend wirken. Wer jetzt nicht arbeitet, der soll auch nicht essen. E. L.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)