Freitag, 20. Juli 1917
Beschlagnahme von Heu. Um die ordnungsgemäße Versorgung des Heeres mit Heu rechtzeitig sicher zu stellen, hat der Gouverneur der Festung Köln durch eine Verordnung vom 16. Juli die Beschlagnahme des gesamten bei Erzeugern und Händlern befindlichen Bestandes an Heu angeordnet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ausgaben neuer Lebensmittelkarten. Zu Beginn kommender Woche werden die neuen Lebensmittelkarten für die Zeit vom 30. Juli bis 18. November 1917 durch die Bezirksverwalter den Hausständen zugestellt. Die Lebensmittelkarten-Umschläge sind bereit zu halten und den Bezirksverwaltern auf Verlangen auszuhändigen. Auch ist ihnen Auskunft über Alter, Beruf, Beschäftigung usw. der Haushaltungsangehörigen zu geben. Die neuen Lebensmittelkarten tragen auf den Stammkarten den Stempel: „Stadt Bonn, Lebensmittelamt. Abtlg. 8.“ und sind ohne diesen ungültig. Beim Einkauf von Lebensmitteln ist jedesmal die Stammkarte mit vorzulegen, da auf einzelne Abschnitte Waren nicht abgegeben werden dürfen. Die neuen Reichsseifenkarten gelten für die Monate August 1917 bis Januar 1918, die Zusatzfleischkarten bis 2. September 1917.
Die Ausgabe von Zusatzbrotkarten für hoffende und stillende Frauen sowie die Bezugskarten für Säuglingsgebäck werden nach wie vor in der Kartenausgabestelle des städtischen Lebensmittelamtes ausgegeben.
Kartoffeln. In der Kartoffelzufuhr ist bisher keine Besserung eingetreten. In der kommenden Woche werden daher nur 2½ Pfund auf den Kopf der Bevölkerung und für die Schwerarbeiter weitere 2 Pfund ausgegeben. Die Kartoffeln werden auf dem Wochenmarkt, dem Stiftsplatz sowie Moltkestraße 1 und 16 und in verschiedenen anderen Kleinverkaufsstellen verkauft. Der Kleinverkaufspreis für Frühkartoffeln beträgt 15 Pfg. für das Pfund. […]
Der Schleichhandel mit Kartoffeln nimmt immer mehr überhand, so daß energische Schritte dagegen unternommen werden müssen. Personen, die beim Schleichhandel angetroffen werden, haben sehr schwere Strafen zu erwarten. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.“)
Ein übermäßig hoher Preis wurde gestern Abend in Bornheim einem Bonner für Bohnen abverlangt, und zwar für das Pfund 1 Mk. Als der Käufer seiner Verwunderung über den geforderten Preis Ausdruck gab, erklärte der Landwirt, daß ein Herr aus Köln vier Zentner zu diesem Preis gekauft habe. Der Bonner ließ sich jedoch auf diesen Handel nicht ein, sondern erstattete bei der Polizei Anzeige wegen Wuchers.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 20. Juli. Unter dem Vorsitz des Herrn Bürgermeisters Zander tagte gestern nachmittag im Schumacher’schen Saale die Kriegsbürgerkunde-Konferenz der Bürgermeisterei Godesberg, zu welcher diesmal jedem Bürgermeisterei-Eingesessenen die Teilnahme gestattet war. Der Vorsitzende wies eingangs darauf hin, daß dieses im Oktober des vorigen Jahres in Godesberg ins Leben gerufene Organ seinerzeit aus der Erwägung hervorgegangen sei, um durch sie eine planmäßige Aufklärung über die behördlichen Verordnungen und Maßnahmen in die Bevölkerung hineinzutragen und somit eine ständige Fühlungsnahme zwischen Lokalbehörde und der Einwohnerschaft wirksam zu vermitteln. Auch künftighin sollen diese Versammlungen nach Möglichkeit allgemeiner Natur sein, um durch ein gemeinsames Beraten aller Teilnehmer die Förderung der Zufriedenheit in die Bevölkerung hineinzutragen. Herr Bürgermeister Zander […] entwickelte ein Bild vom gegenwärtigen Stand unserer lokalen Lebensmittelversorgung. Bezüglich der Kartoffelversorgung sei in recht nahegerückter Zeit auf eine Belieferung von wöchentlich 5 Pfund Kartoffeln pro Person wieder zu hoffen. Aus der Mitte der Versammlung wurde in Aussprachen eine recht lebhafte Anteilnahme an der Tagung bekundet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Koche mit? Den Hausfrauen, wenigstens denjenigen, die kein Kochgas zur Verfügung haben, erwächst seit dem 1. Juli eine neue Rechenaufgabe. Sie bekommen 3¾ Zentner Briketts pro Monat. Ich habe die mir gelieferten gezählt: es sind 330 Stück. Damit muß ich 31 Tage die Mahlzeiten für fünf Personen herstellen. das wäre für jeden Tag ein Verbrauch von 10 – 11 Briketts. Jede Hausfrau wird zugeben, daß das selbst bei größter Sparsamkeit und unter Zuhilfenahme der Kochkiste undurchführbar ist. Jetzt muß ich aber auch für fünf Personen die Wäsche kochen – bei den jetzigen schlechten Waschmitteln ist das mindestens für die Kinderwäsche zweimal nötig – und bügeln. Wo findet die Hausfrau Hilfe in dieser neuen Not, wer ist verantwortlich für die wirklich zu gering angesetzte Menge an Brennstoffen, und welche Stelle kann dieselbe erhöhen? Eine besorgte Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)