Donnerstag, 5. Juli 1917

     

Universität. Aus Anlaß des hundertjährigen Bestehens der Bonner Universität und auf Anregung des Geheimrats Prof. Dr. h. c. Duisberg in Leverkusen hat sich eine „Gesellschaft von Freunden und Förderern der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, e. V. zu Bonn“ gebildet. Sie hat den Zweck, die Universität, ihre Institute und Einrichtungen dauernd durch finanzielle Hilfe und Mitarbeit zu unterstützen. Die Gründungsversammlung findet Samstag, 7. Juli, vormittags in der Aula statt. […]

Arndt-Eiche in Eisen. In den verflossenen Wochen war der Betrieb an der Arndt-Eiche ziemlich rege, wohl hauptsächlich deswegen, weil die Bonner Bürgerschaft immer mehr Sinn und Zweck der Arndt-Eiche würdigt. Insbesondere werden die Adlerfedern (zum Preise von 100 bis 150 Mark) jetzt von unseren Mitbürgern gestiftet. Es hat sich der löbliche Brauch herausgestellt, besondere Ereignisse, die silberne Hochzeit, Geschäftsjubiläen usw. auf einer Adlerfeder an der Arndt-Eiche zu verewigen und gleichzeitig zu dem betreffenden Feste für die Witwen und Waisen unserer Bonner Krieger feine Gabe darzubringen. Auch wird in vielen Fällen die Adlerfeder dazu benutzt, den Namen eines im Felde gefallenen Familienangehörigen oder Freundes zu verewigen. Die künstlerische Ausschmückung der Adlerfeder ist vielfach sehr sinnig, besonders wenn das Wappentier der betr. Familie, ein auf den Beruf oder das Gewerbe des Stifters befindliches Zeichen, vielfach auch mit besonderem Spruch versehen, angebracht wird. Es verlohnt sich, die Arndt-Eiche, die immer mehr ein hervorragendes Kriegswahrzeichen der Stadt Bonn wird, einmal näher in Augenschein zu nehmen. Anmeldungen zur Stiftung von Federn werden auf dem Geschäftszimmer der Arndt-Eiche, Münsterplatz, stets gerne entgegengenommen, dort wird auch sonst jegliche Auskunft erteilt.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

       

Hamsterer. Aus unserem Leserkreise geht uns eine Zuschrift zu in welcher behauptet wird, daß in der Bonner Bürgerschaft reiche Vorräte an Speck, Schinken, gepökeltem Fleisch usw. usw. vorhanden wären, sodaß bei richtiger Verteilung die ganze Stadt ausreichend versorgt werden könne. Wir ersuchen den Einsender, uns seinen Namen mitzuteilen und uns bestimmte Angaben über seine Behauptungen zu machen. Die Presse ist nur dann in der Lage, zur Regelung der Ernährungsfrage beizutragen, wenn ihr positives Material übermittelt wird. Mit allgemeinen Redensarten und Beschuldigungen kann weder die Presse, noch die Behörde etwas anfangen. Die Veröffentlichung derartiger uns häufig zugehenden, anonymen Zuschriften schüren nur die Unzufriedenheit, ohne der Sache des unerläßlichen gemeinsamen Durchhaltens irgendwie zu dienen.

Das Schöffengericht Bonn […] Eine Polizeistrafe von 40 Mk. gegen den Dienstmann Mich. H. aus Godesberg, der sich im April zwei Brote ohne Bezugskarte mehr verschafft hatte, wurde bis auf 10 Mk. ermäßigt, weil man den Angaben des H. Glauben schenkte, daß er sich mit seiner starken Familie in einer besonders schwierigen Lage befunden habe durch die damals völlig zuzureichende Versorgung mit Lebensmitteln in Godesberg.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 5. Juli. Auf Grund einer Einladung von Herrn Albert Falkenroth-Bonn hatte sich gestern abend in der Tonhalle ein stattlicher Kreis von Männern und Frauen aus allen Ständen der hiesigen Bevölkerung versammelt in der Angelegenheit bezüglich der Gründung eines Kriegsauschußvereins für Konsumenten-Interessen in Godesberg. […] Die weitere Aussprache über den Gegenstand des Abends war eine äußerst lebhafte und überzeugende, daß eine solche Gründung für Godesberg sehr am Platze sei und der Verwaltung nur willkommen sein könne. […] Die Versammlung vollzog alsdann die Begründung einer Ortsgruppe.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

       

Vom städtischen Lebensmittelamte.
Die letzten Wochen vor der neuen Ernte sind wie in jedem Jahre so auch jetzt die schwierigsten für die Volksernährung. Wir müssen jedoch durchhalten und uns mit der Hoffnung trösten, daß jeder Tag die neue Ernte und damit bessere Zeiten näher bringt.
   Die Kartoffelzufuhren stocken jetzt vollständig. Der Stadt Bonn sind allerdings für die Zeit vom 13. Juli bis 15. September d. J. aus der Rheinprovinz und den Provinzen Magdeburg, Stettin, Posen und Danzig rund 44.000 Zentner Frühkartoffeln überwiesen, sodaß eine Belieferung der Bevölkerung mit 5 Pfund auf den Kopf und die Woche und eine Zulagebelieferung für Schwerarbeiter mit rund 3 Pfund auf den Kopf und die Woche gewährleistet ist. Die von der Reichskartoffelstelle erfolgte Zuteilung verschiedener Provinzen geschah aus dem Grunde, um örtliche Unterschiede in der Reife und der Beschaffenheit nach Möglichkeit auszugleichen. Nun liegt die Sache jedoch so, daß die Frühkartoffeln an sich in diesem Jahre verhältnismäßig sehr spät auf den Markt kommen und daß das Ernteergebnis infolge der langen trockenen Witterung kein besonders günstiges ist. Wir werden also hier in Bonn leider in den nächsten Wochen mit den größten Schwierigkeiten in der Kartoffelbelieferung zu rechnen haben. So kann das Lebensmittelamt in der nächsten Woche auch nur 2 Pfund Kartoffeln auf den Kopf der Bevölkerung ausgeben. Sollten jedoch die Frühkartoffeln reichlicher zufließen, so wird eine Sonderausgabe erfolgen. Dies wird dann noch bekannt gemacht werden. Mit Rücksicht auf diese geringe Kartoffelausgabe wird eine besonders reichliche Zuteilung anderer städtischer Lebensmittel erfolgen, sodaß hinsichtlich der Ernährung jeder auf seine Kosten kommt. Das Nähere hierüber wird noch bekannt gemacht. Außerdem bleibt die Brotzulage bestehen. Die Menge wird in der nächsten Woche in den Bäckerläden durch Anschlag bekannt gemacht. […]
   Gemüse. Es ist bekannt, daß durch die anhaltende Dürre viele Hoffnungen auf eine reiche Gemüse- und Obsternte zerstört worden sind. Weiter darf nicht übersehen werden, daß zur Zeit gerade der Bedarf an Gemüse und Obst mit Rücksicht auf die wachsenden Ernährungsschwierigkeiten um ein vielfaches gegenüber der Friedenszeit gestiegen ist. Aus diesem Grunde ist leider in den letzten Tagen eine lebhafte Erregung in der Bevölkerung darüber entstanden, daß die Gemüsezufuhr zum Markte eine schlechte ist und daß der Schleichhandel sich immer mehr des Verkaufes des wenigen Gemüses zu Wucherpreisen bemächtigt. Vorerst sei einem Gerücht entgegengetreten, das sich auch in gebildeten Kreisen immer mehr verbreitet, als ob große Mengen Gemüse aus Deutschland nach dem neutralen Ausland ausgeführt werden und daß dieses Gemüse dann sogar den Weg nach England nehme. Das ist barer Unsinn; denn bereits seit dem Jahre 1916 ist auf strenge Anordnung der kommandierenden Generäle der Grenzbezirke die Gemüseausfuhr in vollem Umfange verboten. Wie liegt nun die Sache mit dem Gemüseverkauf. Für Gemüse sind Höchstpreise für Erzeuger, Großhändler und Kleinhändler festgesetzt. Um den Verkauf zwischen Erzeuger, Großhändler und Kleinhändler noch schärfer zu beaufsichtigen, ist bei jeder Veräußerung von Gemüse an Großhändler und Kleinhändler ein Schlußschein auszufüllen, der eine Reihe von Monaten aufzubewahren ist. In diesen Schlußschein muß der Verkaufspreis eingetragen werden. Nun sind die Erzeugerhöchstpreise durchschnittlich etwa um 60 Prozent niedriger als die Kleinhandelshöchstpreise, dagegen ist der Gemüsebauer, der sein Gemüse zum Markte bringt, berechtigt, an Stelle der Erzeugerhöchstpreise, die erheblich höheren Kleinhandelshöchstpreise zu nehmen. Man sollte demgemäß annehmen, daß es keinem Gemüsebauer aus der ganzen Umgegend von Bonn einfallen könnte, sein Gemüse an den Großhandel zu verkaufen, wo er erheblich niedrigere Preise bekommt. Alles Gemüse müßte dem Markt zuströmen. Trotzdem geht ein großer Teil des Gemüses infolge der durch Reichsgesetz festgesetzten Freizügigkeit im Handel nach Berlin, Magdeburg und anderen fern gelegenen Orten. Das berechtigt zu dem Schlusse, daß die Höchstpreisbestimmungen beim Gemüseverkauf nicht eingehalten werden, und daß die Ausstellung der Schlußscheine mit Nebenabreden versehen werden, wodurch der Verkauf mit Wucherpreisen geschieht. Die Reichsstelle hat nun angeordnet, daß zukünftig bei Uebertretungen sofort zu Verhaftung des Betreffenden und zwar nicht nur des Verkäufers, sondern auch des Käufers geschritten werden soll. Die Hausfrauen seien daher dringend vor Ueberschreitungen der Höchstpreise gewarnt.
   Der Lebensmittelausschuß hat die Frage der Gemüseversorgung ganz besonders in dieser schwierigen Zeit in Erwägung gezogen und hat ausdrücklich beschlossen, keine Kosten zu scheuen, um mehr Gemüse auf den Markt heranzuschaffen. So werden die städtischen Verkaufsstellen auf dem Wochenmarkt, die bereits vermehrt worden sind, weiter vermehrt werden. Es steht zu hoffen, daß durch diese Maßnahme die Versorgung der Bevölkerung verbessert wird und daß sich dann auch wieder die Gemüsebauern zahlreicher auf dem Markte einfinden. An letztere sei daher auch ganz besonders der Appell gerichtet, die städtische Bevölkerung in dieser schwierigen Zeit der Ernährungssorgen nicht zu verlassen und es als vaterländische Pflicht zu betrachten, demjenigen zu helfen, der nicht in der Lage ist, selbst Gemüse ziehen zu können. […]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)