Samstag, 17. Februar 1917
Die Notferien der Schulen werden wahrscheinlich noch über den 19. Februar hinaus verlängert werden. In Köln ist gestern bestimmt worden, daß die Schulen, städtischen Theater und Museen noch weitere acht Tage geschlossen bleiben. Eine gleiche Anordnung ist, wie wir erfahren, auch in Bonn zu erwarten. Die Entscheidung wird heute getroffen werden.
Auslandsseife nur gegen Seifenkarten. Wolffs Telegr.-Bureau teilt mit: Von amtlicher Seite werden wir darauf aufmerksam gemacht, daß aus dem Ausland eingeführte Seife genauso wie die im Inland hergestellte Seife im Handel nur auf Seifenkarten abgegeben werden darf.
Fremdwort und Deutsch. Diese Ueberschrift tragen die hübschausgestalteten Tafeln, die der Regierungspräsident von Düsseldorf an alle Landräte und Bürgermeister seines Bezirks versandt hat, um die auf die Reinigung der deutschen Sprache gerichteten Bestrebungen zu fördern. Die Tafeln sind in erster Linie zur Anwendung im dienstlichen Betriebe bestimmt, sollen aber auch sprachliche Hilfsmittel für den Verkehr mit den Behörden bilden und über diesen Rahmen hinaus Gelegenheit bieten, die Sprache der Geschäfte und Gewerbe und namentlich die Ladenaufschriften von fremdländischen Ausdrücken zu reinigen. Im Sinne des Erlasses, den die preußischen Minister des Inneren am 15. September 1916 an die Regierungen gerichtet hat, betritt der Regierungspräsident fern von jeder Bevormundung den reingütlichen Weg zur Aufklärung. Seine Unternehmung, der schlechten Gewohnheit entgegenzutreten, die zu Unrecht einen fremdsprachigen Ausdruck dem vollgültigen deutschen Wort vorzieht, darf um so mehr auf weites Verständnis rechnen, als der durch die Kriegsereignisse gestärkte Sinn für alles Vaterländische solchem Betreben schon den Boden bereitet hat. Für die Brauchbarkeit der auf den Tafeln vorgeschlagenen Ersatzwörter spricht der Umstand, daß sie von Fachleuten Hand in Hand mit Sprachkundigen aufgestellt und daß namentlich die gewerblichen Fachausdrücke von den zuständigen sachverständigen Verbänden verdeutscht worden sind. Mithin bieten sie Rat und Beispiel für jeden, der auf seinem Gebiete und in seinem Geschäfte der vernachlässigten deutschen Muttersprache zu ihrem Recht gegenüber der Herrschaft des Fremdworts verhelfen will. Diesem Zwecke ist es förderlich, wenn Tafeln, die der Regierungspräsident empfiehlt, an verkehrsreichen und bequem zugänglichen Stellen in den Rathäusern und öffentlichen Gebäuden angeschlagen werden. Um Raum zu sparen, ist bei den meisten ausländischen Wörtern nur ein deutsches Ersatzwort dargeboten, das gebräuchlichste nämlich, so daß jeder die Liste nach seinem Bedarf ergänzen kann. Wenn für Abonnement Bezugspreis, für Bibliothek Bücherei, für Etage Stockwerk, für Formular Vordruck, für Konferenz Besprechung, für Lokal Raum, Wirtschaft, für Provision Vergütung, für Ventilation Lüftung vorgeschlagen wird, so bieten diesen Proben die Gewähr, daß gegen die Tafeln Stichhaltiges nicht einzuwenden ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Während der bevorstehenden Karnevalstage ist im Bereich des 8. Armeekorps der gewerbsmäßige Ausschank von Branntwein in den Wirtschaften verboten. Ferner ist das Tragen von Verkleidungen und karnevalistischen Abzeichen sowohl in der Oeffentlichkeit als auch in Vereinsräumen untersagt. Die Veranstaltung von karnevalistischen Sitzungen, Aufführungen, Vorträgen, sowie das Singen und Spielen karnevalistischer Lieder, der Verkauf von Luftschlangen usw. ist ebenfalls verboten. Zuwiderhandlungen werden schwer bestraft.
Die Kinos und Varietes sind auch in dieser Woche Samstag und Sonntag geöffnet.
Die Nachtfröste lassen nun auch nach. Während wir im Inneren der Stadt gestern früh 6 Uhr noch 4 Grad Kälte hatten, zeigte das Thermometer am Wetterhäuschen im Hofgarten heute früh als niedrigste Temperatur 1 Grad Wärme.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des Lebensmittelamtes der Stadt Bonn
Städtische Milchwirtschaft
Zur Behebung der Milchknappheit hat die Stadt außer den bereits bei den Landwirten eingestellten 200 Milchkühen weitere 46 Stück Milchkühe im städtischen Fuhrpark in einem besonders hierfür eingerichteten Stalle untergebracht. Die Milch wird hiesigen Händlern überwiesen. Berücksichtigt werden vor allen Dingen die Händler, in deren Bezirk die Milch am notwendigsten ist.
Kartoffeln.
Auf jeden Bezugsberechtigten werden auf die Kartoffelkarte 3 Pfund Kartoffeln und als Zusatz zu den Kartoffeln in der Woche vom 19. bis 25. Februar 1917 auf die Warenkarte Nr. 202 6 Pfund Steckrüben (Kohlrüben, Erdkohlrabien) ausgegeben.
Schwerarbeiter erhalten als Zusatz auf die Zusatzkartoffelkarte 4 Pfund Kartoffeln und in der Woche vom 19. bis 25. Februar auf die Warenzusatzkarte für Schwerarbeiter Nr. 10 weitere 3 Pfund Steckrüben. [...]
Kolonialwaren.
In der Woche vom 18. bis 25. Februar gelangen in den städtischen Verkaufsstellen mit Rücksicht auf die herabgesetzte Kartoffelmenge wiederum reichlich Waren zur Ausgabe und zwar: kochfertige Gemüsesuppe mit Teigwareneinlage ein Fünftel Pfund, Haferflocken ein Fünftel Pfund, Graupen ein Fünftel Pfund, Sauerkraut ein Viertel Pfund.
Außerdem können auf die Warenkarte Nr. 201 und Abgabe der Fleischkarte ein Zehntel Pfund Speck für die Person in Metzgereien entnommen werden. Neben dieser Menge Speck gelangt in den Kolonialwarengeschäften Auslandsspeck zum Verkauf. Auf die Warenkarte Nr. 203 kann ein halb Pfund entnommen werden. Der Preis für den Auslandsspeck ist festgesetzt worden auf 6,50 Mark für das Pfund
Dem Lebensmittelamt ist es gelungen, eine größere Menge kondensierte Milch in Blechbüchsen und Sahne in Flaschen zu beschaffen. Diese Milch ist durch eine Anzahl Kolonialwarengeschäfte zu Verkauf gestellt und wird ohne Milchkarte abgegeben. Der Preis beträgt für die Dose kondensierte Milch 1,80 Mark, für die Flasche Sahne 1,60 Mark.
Fische.
In der letzten Zeit war die Belieferung mit Räucherfischen ziemlich regelmäßig. Es wurde geräucherter Seelachs geliefert, der sehr guten Absatz fand. Auch konnte eine kleinere Menge Schellfisch, Kabeljau und frische Schollen verkauft werden. Es ist in Aussicht gestellt, daß die Belieferung von frischen Seefischen besser wird, so daß auch hier der Verkauf täglich stattfinden kann. Während des Frostwetters wurde der Fischverkauf in der Verkaufsstelle Franziskanerstraße8a abgehalten. Von jetzt ab findet er wieder täglich auf dem Wochenmarkte statt.
Kohlen.
Die hauptsächlich durch das Frostwetter und die Stockungen im Bahnverkehr und den Wasserstraßen hervorgerufene Knappheit an Kohlen ist zum größten Teil überwunden. Dem Lebensmittelamt ist es gelungen, außer dem Kohlenschiff, welches im Hafen in Oberwinter gelöscht wird, noch täglich 20 Waggons Braunkohlen-Briketts zu erhalten, so daß in kurzer Zeit wieder die Fabrikbetriebe, die Anstalten und alle Haushaltungen mit Kohlen versorgt werden können. [...]
Gemüse.
Durch das anhaltende Frostwetter war im Bezug von Gemüsen aller Art eine Stockung eingetreten, so daß die einzelnen Verkaufsstellen nur sehr knapp versorgt werden konnten. Die Zufuhren werden jedoch durch das Eintreten des Tauwetters wieder reichlicher werden. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)