Dienstag, 21. November 1916

    

Universität. Die Unviersität versendet an die Angehörigen der im Kriege gefallenen Studenten folgendes Schreiben: Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität blickt mit Stolz und Trauer auf die von Tag zu Tag wachsende Zahl der Helden, deren Namen die Ehrentafel der Universität schmücken. Um diese lieben Kommilitonen, die ihr junges, zu den schönsten Hoffnungen berechtigendes Leben dem Vaterlande zum Opfer gebracht haben, auch den kommenden Generationen unserer Studentenschaft vor Augen zu führen und das Andenken an die vorbildliche Tapferkeit und vaterländische Hingebung wachzuhalten, hat der Senat beschlossen, ihre Photographien zu sammeln. Diese Photographien sollen mit den mitgeteilten Angaben des Militärverhältnisses sowie des Todestages versehen, unter Glas und Rahmen eingefügt und in den Wandelhallen der Universität angebracht werden. An Sie, die so schmerzlich betroffenen nächsten Angehörigen, ergeht daher unsere freundliche Bitte, uns ein Bild Ihres teuren Sohnes gütigst zukommen zu lassen. Eignen würden sich am besten Photographien in der Größe des Visit-, Kabinett- oder Postkartenformats.

Der Deutsche Arndtbund, der bekanntlich in Bonn seinen Sitz hat und sich die Aufgabe gestellt hat, Arndtschen Geist unter den Deutschen zu pflegen, vollzog gestern mittag die feierliche Nagelung an dem Kriegswahrzeichen Bonns, der Arndt-Eiche in Eisen. Mit den Vorstandsmitgliedern des Bundes hatten sich dazu der Rektor der Universität, Geheimrat Ribbert, Oberbürgermeister Spiritus und Beigeordneter Piehl sowie Kommerzienrat Soennecken, der Stifter der Arndt-Eiche, eingefunden. [...]
   Das Schild, das dann von den erschienenen Herren genagelt wurde, befindet sich auf dem Sockelfelde an der Vorderseite, also unter dem Bildnis Arndts. Es trägt die Inschrift: „Nun ist gekommen die heiße Arbeit und die strenge Tugend! E. M. Arndt 1816. Der Deutsche Arndtbund Bonn 1916.“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

    

Zur Lebensmittelversorgung. In dieser Woche werden an jede bezugsberechtigte Person 7 Pfd. Kartoffeln und 30 Gramm Butter abgegeben.

Steine statt Speck kaufte ein hiesiger Familienvater, der auf der Bahn die Bekanntschaft eines Fremden machte. Das Paket Fleisch, das der diesem zum Preise von 6,50 M. abkaufte, entpuppte sich zu Hause als ein Paket, in dem einige Steine friedlich nebeneinander lagen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Godesberg, 20. Nov. Der auf Erholungsurlaub hier befindliche Direktor des hiesigen Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerks, Herr Reich, hielt am Sonntag der „Garnison Godesberg“ der Jugendwehr eine Vortrag über die Nahkampfmittel, die im jetzigen Krieg zur Anwendung kommen. Der Vortrag gestaltete sich um so interessanter, als Herr Direktor Reich Handgranaten aller Art zur Stelle hatte. Der innere Bau der Handgranate wurde durch vortreffliche Zeichnungen im chemischen Lehrsaale des Pädagogiums den jungen Leuten nahe gebracht. An den Vortrag schlossen sich auf dem Sportplatze an der Arndtstraße Uebungen im Handgranatenwerfen an, bei denen Uebungsgranaten und mit Pulver geladene Granaten verwendet wurden. Zur Vorführung kamen Kugel-, Ei-, Diskus- und Handstielgranaten. Die Würfe wurden von zwei Gruppen der Jugendwehr ausgeführt, die Herr Direktor Reich am Morgen eingeübt hatte. Die Jugend folgte diesen Vorführungen mit dem denkbar größten Interesse. Der Kompagnieführer, Herr Oberlehrer Endemann, sprach dem Vortragenden den herzlichsten Dank aus.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)

     

Die Kriegsküche in der Universität wurde heute in Betrieb genommen. Da sie in erster Linie für die Studierenden und die Beamten der Universität errichtet worden ist, wenn auch die Einwohnerschaft in gleicher Weise sich dort das Essen holen kann, so glaubte die Universität eine schlichte Eröffnungsfeier veranstalten zu sollen. Im früheren Hörsaal Nr. 18, der als Speisesaal eingerichtet ist, versammelten sich der Rektor Geheimrat Ribbert, der Prorektor Geheimrat Anschütz, der Kurator der Universität, zahlreiche Professoren, mehreren Studenten und Studentinnen, ferner Oberbürgermeister Spiritus, Beigeordneter Baurat Piehl, Stadtverordneter Justizrat Meyer u. a. Herr Geheimrat Ribbert erinnerte daran, daß der Raum, in dem die Kriegsküche untergebracht sei, früher, als die klinischen Anstalten noch im Universitätsgebäude waren, schon einmal als Küche gedient habe. Der Speisesaal sei damals der Hörsaal der chirurgischen Klinik gewesen. Durch die neue Einrichtung wolle man den Studierenden, denen die Beschaffung eines guten und nicht zu teuren Mittagessens immer schwieriger geworden sei, hier zu Gelegenheit geben. Das sei aber nicht der einzige Zweck der Kriegsküchen. Sie dienten in der Hauptsache zur Streckung unserer Lebensmittel, um die Ernährung unserer Bevölkerung für möglichst lange Zeit zu gewährleisten. Wenn man einwende, daß die Bessergestellten hier sich ein billiges Essen verschaffen könnten, so müsse man dem entgegenhalten, daß mit 50 Pfennigen gerade die Unkosten gedeckt seien. Der Bessergestellte, der glaube, daß mit den 50 Pfennigen die Mittel nicht gedeckt seien, besitze ja noch reichlich Gelegenheit, durch freiwillige Spenden, der Stadt auch die Unkosten zu ersetzen, die ihr durch die Gewährung eines billigeren Preises für Minderreiche entständen.
   Dem Minderbemittelten sei in der Kriegsküche eine Gelegenheit geboten, zu sparen, um für die erste Zeit nach dem Kriege, die in geldlicher Beziehung noch große Anforderungen stellen werde, sich etwas zurücklegen zu können. Auch in dieser neuen Kriegsküche werde genau dasselbe Essen gekocht, wie in den anderen Kriegsküchen der Stadt. Wenn heute die Tische feinen besonderen Schmuck auswiesen, so sei dieser von privater Seite gestiftet. Redner dankte dann allen, die sich um die Einrichtung besondere Mühe gegeben hatten, so Herrn Prorektor Geheimrat Anschütz, Herrn Kurator Geheimer Oberregierungsrat Ebbinghaus, Oberbürgermeister Spiritus, Baurat Piehl, Regierungsbaumeister Behr, Abteilungs-Baumeister Bauer, den Leitern der Küche, Stadtverordneten Justizrat Meyer und Herrn Oekonom Temme vom Bonner Bürgerverein. Die übrige Leitung der Küche besorgten Damen der Universität und auch diesen danke er für ihre Mitarbeit. Die Universität sei so in Wahrheit eine alma mater, da sie nunmehr nicht nur für das geistige, sondern auch das leibliche Wohl ihrer Angehörigen sorge. Er erwarte, daß die Erinnerung an die Teilnahme an dieser Einrichtung, einem vaterländischen Werke, den Studierenden in ihrem späteren Leben eine wertvolle sein werde.
   Oberbürgermeister Spiritus führte aus, die anfänglichen Ausführungen seien ihm aus der Seele gesprochen. Er wünsche von ganzem Herzen, daß auch diese neue Küche den in sie gesetzten Erwartungen entsprechen werde.
   Die Kriegsküche sei, wie er betone, keine Wohltätigkeits-Anstalt, sondern ein Mittel, uns über die Schwierigkeiten der Ernährung hinwegzuhelfen.
   Was ihn besonders veranlasse bei dieser Gelegenheit das Wort zu ergreifen, sei der Umstand, daß er nochmals gern Gelegenheit genommen habe, der Universität namens der Stadt Bonn zu danken für das der Stadt Bonn bewiesene Entgegenkommen durch die freie Ueberlassung der Räume für das städtische Lebensmittelamt und die großen Keller zur Einwinterung der Kartoffeln. Ohne dieses große Entgegenkommen sei es nicht möglich gewesen, die sehr schwierigen Fragen der Lebensmittelversorgung in so befriedigender Weise wie bisher zu erledigen. Er danke recht herzlich dafür und spreche die Hoffnung aus, daß diese enge Zusammengehörigkeit beider wesentlichen Faktoren der Stadt Bonn auch nach dem Kriege von beiden Seiten in gleicher Weise gehegt und gepflegt werden möge.
   Die in der Universität, Am Hof Nr. 1, eingerichtete Kriegsküche kann täglich für 2000 Personen kochen. Es sind 4 Kessel zu je 200 Liter vorhanden. In dem im ersten Stockwerk eingerichteten Speiseraum können gleichzeitig etwa 200 Studierende gespeist werden. Auch in dem neben der Kriegsküche eingerichteten Speiseraum können gleichzeitig etwa 150 Personen ihre Mahlzeit einnehmen. Die Leistungsfähigkeit der übrigen von der Stadt bis jetzt eingerichteten Kriegsküchen Fuhrpark-Ellerstraße, Sandkaule 15, Clemens-Auguststraße 50, Burbacherstraße 19 beträgt 7000 Liter, sodaß nach der Eröffnung der Kriegsküche „Universität“ jeden Mittag 9000 Personen gespeist werden können. Bis zum 15. November ds. Js. sind in den Kriegsküchen 376.275 Mittagessen verabfolgt worden.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)