Freitag, 17. November 1916

     

Anzeige im General-Anzeiger vom 17. November 1916Die Kriegsküche in der Universität wird nächsten Montag eröffnet. Der Preis des Mittagessens beträgt, wie in den übrigen Kriegsküchen, für Inhaber der A- und B-Karten 2,80 M. für die ganze Woche, für Inhaber der C-Karten und für Studierende, die in dem besonderen Speiseraum essen, 3,50 M. Ueber den Verkauf der Wochenkarten enthält die heutige Bekanntmachung des Oberbürgermeisters das Nötige. Die eigentliche Kriegsküche ist im Erdgeschoß des Hauptgebäudes (Eingang gegenüber dem A. Schaaffhausenschen Bankverein) eingerichtet, als Speisesaal für die Angehörigen der Universität dient der Hörsaal 18 im ersten Stock. Die Speisen werden mit einem neu eingebauten Aufzug nach dem Speisesaal befördert. [...]

Eine wechselseitige Verständigung auf dem weiten Felde der Armenpflege und Wohltätigkeit, insbesondere zur Weihnachtszeit, regt die Städtische Verwaltung auch heuer wieder an. Ein solches Zusammenwirken ist bei der außerordentlichen Vielseitigkeit der Kriegswohlfahrtspflege und bei der auf allen Gebieten wetteifernden vaterländischen Opferwilligkeit dringend notwendig, um an der rechten Stelle zu helfen und zu verhindern, daß einzelne, die mit den zahlreichen Wohltätigkeitseinrichtungen genau vertraut sind, an zwei oder mehr Stellen beschenkt und dadurch die verfügbaren Mitteln anderen, vielleicht Bedürftigeren entzogen werden. Da sich bei den Weihnachtsbescherungen ein Listenaustausch sehr bewährt hat, wird empfohlen, eine Liste derjenigen Personen, die zur Beschenkung in Aussicht genommen sind, bis zum 1. Dezember an die Städtische Auskunftsstelle für Wohltätigkeit, Franziskanerstraße 8 I, einzureichen. In dieser Liste sind Vor- und Zunamen sowie die genaue Wohnung des Familienoberhauptes und, sofern es sich um die Bescherung von Kindern handelt, auch deren Vornamen und ungefähres Alter einzutragen. Seitens der Städt. Auskunftsstelle werden die Listen verglichen und dem Einsender mit den erforderlichen Bemerkungen bis zum 10. Dezember zurückgesandt. Die freie Entscheidung darüber, ob und welche der in mehreren Listen enthaltenen Familien zu streichen sind, bleibt jedem Wohltäter völlig überlassen. Nur wenn Klarheit darüber herrscht, daß es sich nicht um gewohnheitsmäßige Bittsteller handelt, nur wenn feststeht, daß diese nicht auch an anderen Stellen zur Bescherung ins Auge gefaßt sind, kann dem Missbrauch der Wohltätigkeit entgegengetreten werden. Es wird daher dringend gebeten, von der Benutzung der Städtischen Auskunftsstelle für Wohltätigkeit, Franziskanerstraße 8 I, auch in diesem Jahre den weitestgehendsten Gebrauch zu machen. Nur aus gutem Herzen, ohne die Mühen einer ernstlichen Prüfung ausgeübte Wohltätigkeit schadet mehr, wie sie nützt.

Die Bezeichnung „Frau“ zu führen, soll (wie in Baden) auch im Königreich Sachsen einwandfreien Mädchen, die mit gefallenen oder vermißten Kriegern verlobt waren, gestattet werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 17. November 1916Volksverein. Der Volksverein für das kath. Deutschland veranstaltet für die Katholiken der Stadt Bonn am Sonntag, den 26. November, abends 6 Uhr im großen Saale des Bürgervereins eine Versammlung, in welcher Dr. Sonnenschein aus M.-Gladbach reden wird über das Thema: „Unsere Sieges- und Friedenshoffnungen.“

In Prangs lustiger Kölner Bühne wurde gestern abend der Schwank „Der Lumpenball“, der von Direktor Peter Prang für seine Bühne bearbeitet worden ist, unter großem Heiterkeitserfolge aufgeführt. Die Hauptrolle fällt natürlich wieder Herrn Th. Prang (Tünnes) zu, der als Präsident des Temperenzlervereins Anton Plittersdorf ein Doppelleben führt. Während er noch große Reden gegen den Alkoholteufel führt, wird er durch Erbschaft Besitzer eines Tanzlokals vierter Güte. Um der Erbschaft nicht verlustig zu gehen, muß er nach Bestimmungen des Erblassers allabendlich den tollen Veranstaltungen beiwohnen. Nach einem ausgiebigen Lumpenball wird das „telepathische Rätsel“, wie der Neffe des Herrn Plittersdorf seinen Onkel nennt, bloßgestellt. Durch Verkauf des Lokals löst sich zum Schluß das Ganze in Wohlgefallen auf. Noch selten ist bei Prang so viel gelacht worden, wie am gestrigen Abend. Nicht nur der Tünnes, sondern auch die übrigen Träger der Hauptrollen, so Frau v. d. Osten, Herr Ormans, Frl. Siebert und vor allem Herr Cimburek als Neffe Plittersdorfs trugen viel zu dem Heiterkeitserfolg bei.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

      

Verwundeten-Nachmittagsheim. Nachdem die nahende Winterzeit mit ihren kurzen Tagen unseren Verwundeten nicht mehr gestattet, ihre Erholung vorzugsweise im Freien zu suchen, haben auch die Spiele im Garten des Nachmittagsheims (Coblenzerstraße 90) ihre Anziehungskraft eingebüßt. Dafür sorgen jetzt musikalische Darbietungen und kleine Aufführungen an gar manchen Nachmittagen für die Unterhaltung unserer tapferen Krieger dort. Es erfreuten im Laufe der letzten Woche zwei hochbegabte Sängerinnen die Besucher durch ihre Kunst und am Samstag wurde von jungen Mädchen ein heiterer Einakter flott gespielt. Diese Woche stehen Lieder zur Laute, Chorgesänge und für den Samstag wieder eine Theateraufführung auf dem Programm.

Frauenversammlung. Vor einer von den vereinigten Frauenvereinen Bonns am vergangenen Dienstag abend im kleinen Bürgervereinssaale eingeladenen Frauenversammlung zeichnete, nachdem die Vorsitzende des katholischen Frauenbundes Frl. Böttrich die Veranstaltung begründet hatte, die Rednerin des Abends, Frau Schulrat Kraß - Münster i. W. ein ernstes Bild unserer Zeit, welches, da es leider zu sehr der Wirklichkeit entspricht, mehr geeignet ist, das deutsche Volk zu tiefer Trauer, aber auch zur Einkehr und Umkehr zu bewegen, als es der Heldentod unserer Braven vermag, denn während jene in treuester Pflichterfüllung den Tod finden, damit das Vaterland lebe, gehen Tausende ja Millionen kostbarer Menschenleben dem Vaterlande verloren infolge der schleichenden Krankheit des Geburtenrückganges. Anhand von Ziffern bewies die Rednerin, wie der Geburtenrückgang in jedem Jahre einer verlorenen Schlacht gleichkomme, und wie leider auch hier Deutschland eine gelehrige Schülerin Frankreichs geworden sei. Unter anderen traurigen Wurzeln dieser Entartung unseres Volkes, bezeichnete die Rednerin vornehmlich den Alkoholismus und die Angst vor dem Kindersegen, welch letztere vorwiegend in den besser situierten Kreise Platz gegriffen habe. In Frankreich bedeute in ungezählten Fällen der Tod des gefallenen Sohnes das Aussterben der Familie. Im Gegensatz hierzu wies die Rednerin darauf hin, daß der Vater unseres unvergleichlichen Hindenburg das dreizehnte Kind seiner Eltern war und der bekannte Geistesmann Alban Stolz gar das sechzehnte seiner Familie. Für alle, die es angeht, gelte die Mahnung; „Deutsche Frau, tu deine Pflicht, es darf nicht daheim gemordet werden, während an der Front für das Gedeihen des Vaterlandes gekämpft wird.“ Getreu dem Richtsatze „Die Gottesfurcht ist der Weisheit Anfang“, fuße das deutsche Familienleben auf dem Boden der christl. Religion, die das von Gott gegebene Sittengesetz beobachtet. Hinaus mit der Schundliteratur, mit seichten Zeitschriften u. s. w., es müssen gute Bücher ins Haus. Rednerin rät an, daß auch in Bonn mehr als bisher Männer und Frauen vereint vorgehen sollten zur Bekämpfung der Schundliteratur, die so viel Unglück verschuldet. Reicher Beifall dankte der Rednerin und bekundete, daß die Ausführungen mit warmem Verständnis angenommen worden waren. Den Dank der Versammlung sprach Frau Schumm-Walter, die Vorsitzende des Deutsch-evangl Frauenbundes aus und wies gleichzeitig auf die am 24. und 25, d. M. im Hansemannhaus in Berlin stattfindende „Frauenkonferenz zum Studium des Sittlichkeitsproblems“ hin.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)