Mittwoch, 30. August 1916
Im Bonner Stadttheater werden, wie im vorigen Winter, auch in der kommenden Spielzeit die Vereinigten Stadttheater Köln wieder wöchentlich zwei Schauspiel- und alle vierzehn Tage eine Opernvorstellung geben. Dauerkarten, die in zwei Reihen, A und B, ausgegeben werden, verkauft das städtische Verkehrsamt. Wir verweisen auf die Bekanntmachung in dieser Zeitung.
Einheitliche Siegesfeiern. Um die Feier besonderer Kriegsereignisse einheitlich zu gestalten, hat der Kaiser angeordnet, daß in Zukunft das Kriegsministerium im einzelnen Falle Telegramme an die stellvertretenden Generalkommandos richtet, worauf die öffentlichen Gebäude beflaggt werden und Salut zu schießen ist. Diese Telegramme werden von dem Generalkommando sofort an sämtliche Garnisonkommandos weitergegeben. Die kirchlichen Behörden in Preußen sind von dem Kultusminister angewiesen worden, das übliche Siegesläuten nur zu veranstalten, wenn eine Mitteilung jener Art ergangen ist. Sollte bei amtlich gemeldeten Waffenerfolgen von erheblicher Bedeutung keine besondere Anweisung zum Flaggen ergehen, so bleibt es die Bevölkerung unbenommen, ihre Gebäude zu beflaggen, um ihrer vaterländischen Gesinnung Ausdruck zu geben. Die öffentlichen Gebäude sind nur dann zu beflaggen und Siegesgeläute darf nur dann stattfinden, wenn eine entsprechende Anweisung vom Generalkommando an die Garnisonkommandos ergeht.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Schwere Gewitter zogen gestern am späten Abend von allen Seiten auf und tobten fast bis Mitternacht. In ihrer Begleitung entwickelte sich ein furchtbarer Wirbelsturm, der große Verwüstungen an Häusern und Bäumen anrichtete. Auf der oberen Coblenzerstraße und Schedestraße stürzten Bäume auf die Leitung der Godesberger Elektrischen. Ihre Wagen mußten auf offener Strecke liegen bleiben. Unsere Feuerwehr beseitigte nach 2½stündiger Arbeit die Hindernisse. Im westlichen Teil des Hofgartens an der evangelischen Kirche warf der Sturm eine der riesigen alten 140jährigen Ulmen mit der Wurzel um; im Fallen zerschmetterte sie noch teilweise die Nachbarbäume. Im östlichen Hofgarten am Königshof riß der Orkan einer Ulme einen der übermannshohen Aeste ab und schleuderte ihn auf den Rasen. Der ganze Hofgarten ist mit heruntergewehten Aesten und Zweigen bedeckt. Heute früh waren schon fleißige Holzsammlerinnen bei lohnender Arbeit. Wie im Hofgarten, so sieht es mehr oder weniger in allen Anlagen und Alleen der Stadt aus. Die Obstbäume sind gründlich geschüttelt worden; Fallobst wird wohl im Preise sinken.
Neben den Zerstörungen an den Bäumen hat der Sturm auch die Dächer der Häuser arg mitgenommen, Fenster zertrümmert und Zelte und Sonnentücher in die Luft entführt.
Neben dem Sturm stürzte ein wolkenbruchartiger Regen vom Himmel, der in vielen Teilen der Stadt die bekannten Erscheinungen, verstopfte Kanäle und überschwemmte Keller hervorrief.
Bonner Lichtspiele. Der erste Teil des Riesenwerkes der Filmkunst, des Romanes „Homunculus“ von Robert Reinert zeigt, daß auch auf dem Gebiete der lebenden Photographie deutsches Können das Ausland überflügelt hat. Bis zum Kriegsausbruch und darüber hinaus hat der Film fremdländischer Herkunft fast ausschließlich den Spielplan unserer deutschen Kinotheater beherrscht. Die Deutsche Bioscop-Gesellschaft zu Berlin hat mit der Verfilmung des Homunculus-Romans nunmehr den überzeugenden Nachweis geführt, daß auch unsere deutsche Lichtspielkunst sich zu einem hohen Können entwickelt hat. Die Bilder dieses Films sind in der äußeren Anordnung der Geschehnisse, in der Verfolgung feinsinnigster Lichtwirkungen mit künstlerisch geschultem Auge durchgeführt. Es handelt sich um einen großen Fortschritt in der Kino-Regie, die hier mit feinem Geschmack für künstlerische Geschlossenheit der Szenen und mit großem Gedankenreichtum in den Einzelanordnungen gearbeitet hat. Daß der Darsteller des Retorten-Menschen Homunculus kein Deutscher ist, darf uns nicht hindern, anzuerkennen, daß Olaf Fönß seine Aufgabe mit den an ihm geschätzten starken mimischen Ausdrucksmitteln im Stile unserer größten zeitgenössischen Schauspieler löst. Seine Darstellung ist von packender Wirkung.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Polizeiverordnung. Für den Umfang des Regierungsbezirks Köln ist folgendes verordnet worden: Das Betreten der bestellten und noch nicht abgeernteten Felder ist von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens verboten. Ausgenommen sind Flächen, die als Hausgarten dienen und mit dem Wohnhausbesitz unmittelbar verbunden sind. Maßnahmen, die zur Verhütung von Wildschaden von Behörden angeordnet sind, sollen nicht unter diese Verordnung. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder entsprechender Haft bestraft.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)