Samstag, 5. Februar 1916

   

Der Kartoffelpreis. Der Oberbürgermeister hat den Kleinhandelshöchstpreis für Kartoffeln auf 4,35 M. für den Zentner festgesetzt. Für das Bringen können 25 Pfg. auf den Zentner aufgeschlagen werden.

Die Landwirte werden in einem Aufruf des Oberbürgermeisters in dieser Zeitung aufgefordert, in diesem Jahre kein Fleckchen Acker- oder Gartenland unbestellt zu lassen, und auf die Beurlaubungen von Soldaten aufmerksam gemacht, die für die Frühjahrsbestellung in Aussicht genommen sind. Anträge von Angehörigen auf Beurlaubungen müssen bis 12. Febr. bei dem zuständigen Polizeikommissar eingereicht sein.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)      

    

Anzeige im General-Anzeiger vom 5. Februar 1916Der öffentliche Butterverkauf auf dem Lande wurde am verflossenen Dienstag eröffnet. Nach ungefähr einer Stunde war der gesamte Vorrat bis zum letzten Pfund ausverkauft, ohne daß alle Kauflustigen befriedigt werden konnten. Es wurde abgegeben für Haushaltungen von 1 bis 4 Personen ein halbes Pfund, für 4 – 7 Personen ein Pfund, für 8 bis 10 Personen anderthalb Pfund usw. für die Woche. Der Preis für feine Süßrahm-Butter stellt sich auf 2,55 Mark. In jeder Gemeinde wird nur an einem Tage der Woche Butter abgegeben, und zwar nur solche Butter, die in der eigenen Bürgermeisterei erzeugt wurde. Viehbesitzende Haushaltungen sind vom öffentlichen Butterverkauf ausgeschlossen.

Auch der Ausschank von Mandelmilch verboten. Das Verbot, wonach Milch in Kaffeehäusern usw. nach 10 Uhr vormittags nicht verabreicht werden darf, erstreckt sich auch auf Mandelmilch. Den Besuchern von Gastwirtschaften, allen sonstigen Schankstätten, Kaffeehäusern, Konditoreien und Milchstuben ist es auch verboten, mitgebrachte Milch in den Lokalen zu verwenden.

Weniger Bier. Aus Düsseldorf, 2. Februar, wird uns berichtet: Die Brauereien Rheinlands und Westfalens beschlossen in einer heute hier stattgehabten Sitzung vom 1. Februar an eine Verkürzung der Bierlieferung an die Kundschaft eintreten zu lassen. Die Verkürzung ist die Folge der Bundesratsverordnung vom 31. Januar 1916, die das Kontingent der Brauereien auf 48 Prozent des Normalverbrauchs einschränkt, und zwar mit Rückwirkung vom 1. Oktober 1915. Auch kam in Betracht, daß von dem verbleibenden Malzquantum noch die Pflichtlieferungen an das Heer in voller Höhe zu erledigen sind.

Jugendliche Diebin. In der Rathausgasse überredete gestern nachmittag ein noch schulpflichtiges Mädchen einen etwa sechsjährigen Knaben, ihm 2,80 Mark zu geben, wofür der Junge im städtischen Verkauf Butter holen sollte. Das Mädchen versprach dem Jungen, die Butter für ihn zu holen und verschwand dann mit dem Geld. Als der Junge merkte, daß das Mädchen nicht zurückkam, weinte er herzerweichend. Eine Frau hielt eine Sammlung bei den Umstehenden ab und bald war der Betrag von 2,80 Mark zusammen, der dem Knaben mit der Mahnung, künftig vorsichtiger zu sein, übergeben wurde. Richtiger wäre es, wenn eine derartige Belehrung den Kindern schon zu Hause gegeben würde.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Arndt-Eiche in Eisen. Nachdem am Kaisersgeburtstage und am verflossenen Sonntag ein überaus reger Besuch, besonders seitens der Bonner Vereine, stattgefunden, ist nunmehr wieder eine ruhigere Zeit für die Arndt-Eiche gekommen. Es ist daher für diejenigen Mitbürger, welche ihre Spende für die Witwen und Waisen von Bonner Kriegern gerne in Ruhe darbringen wollen, nunmehr die gewünschte Gelegenheit geboten. Es empfiehlt sich hierfür besonders vormittags oder in den ersten Nachmittagsstunden der Besuch, da nachmittags um 4 Uhr die Bonner Volksschulen zur Nagelung kommen.
   Wenn auch der bisherige Erfolg unsrer Arndt-Eiche – 30.000 Mark in 6 Wochen – ein guter ist, so darf der Eifer und des Interesse für unser Kriegsmal nicht erlahmen. Es darf keinen Bürger unserer Stadt geben, der nicht nach seinen Kräften seine Spende für unser Kriegsmal gibt. Unsere Stadt darf vor anderen Städten nicht zurückstehen.
   Nach einer Mitteilung aus Düsseldorfer Blättern hat ein Wohltäter dort bei Einweihung des dortigen Wahrzeichens, des Bergischen Löwen, 5000 Mark zwecks Nagelung für unbemittelte Schulkinder gegeben.
   In Bonn beträgt die Zahl der Schulkinder nahezu 11.000, davon haben sich zur Nagelung rund 5000 gemeldet. Reiche und wohltätige Herrschaften unserer Stadt haben somit noch ein überaus schönes und weites Feld, durch Spenden zu diesem Zweck die vaterländischen Ziele unserer Arndt-Eiche zu unterstützen und gleichzeitig den Kindern die große Freude zu bereiten, daß sie zur Nagelung gehen und ein Erinnerungsblatt erlangen können und ihr Name im Eisernen Kriegsbuch der Stadt verewigt wird.
   Sollte es in der reichen Stadt Bonn nicht möglich sein, allen Kindern, zumal solchen, deren Vater im Felde steht, diese Freude zu machen?
   Gaben nimmt Herr Schulrat Dr. Baedorf und das Büro der Arndt-Eiche mit herzlichem Dank entgegen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

   

Verwundetentransport.
Die Ankunft Verwundeter erregt noch immer die Aufmerksamkeit der Straßenpassanten, und sofern diese Aufmerksamkeit nicht in müßige Neugier ausartet, ist sie ganz selbstverständlich und vielleicht auch einmal ganz angebracht. Sonntag abend hatte man Gelegenheit, zu beobachten, wie die Sanitätsmannschaften, nachdem sie die Schwerverwundeten in Wagen usw. untergebracht, die andern, die doch auch müde und abgespannt neben- und hinterher gehen mußten, die in keiner Weise unterstützten. Verwundet oder sonst irgendwie beschädigt waren doch alle, die aus dem Felde zurückkehrten. Die Sanitäter, die noch keine Mühsal zu tragen hatten, die Furchtbarkeit des Krieges am eigenen Leibe noch nicht kennen gelernt hatten, marschierten nebenher, wohlgenährt, wohlgekleidet, wie die Herren, und keinem kam auch nur der Gedanke, den Verwundeten, die lahm, siech und gebückt sich dahinschleppten, auch nur das Gepäck abzunehmen und tragen zu helfen. Man darf wohl sagen, daß unter den Zeugen dieses Vorganges Empörung herrschte. Mancher hätte den Verwundeten gerne geholfen. Aber man weiß doch nicht, ob dies überhaupt zulässig ist. Vielleicht genügen aber diese Zeilen, die Herren Sanitäter an ihre Menschenpflicht zu erinnern, die nicht gerade vorgeschrieben ist, und uns in Zukunft Aergernisse, wie am Sonntag, zu ersparen. Ein Zuschauer.

(Volksmund, Rubrik „Stimmen aus der Bürgerschaft“)