Dienstag, 1. Februar 1916
Löschung der Vorstrafen in den Strafverzeichnissen. Der neue kaiserliche Gnadenerlaß ordnet bekanntlich auch an, daß in den behördlichen Strafkarten oder –blättern, die über jede schon einmal bestrafte Person an ihrem Geburtsorte geführt werden, die vor dem 27. Januar 1916 verhängten Strafen zu löschen sind, soweit es sich dabei um Geldstrafen oder um Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr Gefängnis handelt und die betreffende Person seitdem nicht wieder gerichtlich verurteilt worden ist. Bisher konnte es vorkommen, daß ganz geringe Strafen wegen irgend einer Jugendtorheit nach mehreren Jahrzehnten noch in einem polizeilichen Führungszeugnis, das für irgend einen Zweck beschafft werden mußte, vermerkt wurden. Diese Erinnerung an einen längst vergessen geglaubten Jugendstreich war natürlich in vielen Fällen sehr unangenehm. Vor Jahren war schon angeordnet worden, daß solche weit zurückliegenden Vorstrafen auf Antrag im Gnadenwege gelöscht werden könnten, doch wurde von dieser Vergünstigung nur selten Gebrauch gemacht, weil das Verfahren sehr langwierig war. Der neue Gnadenerlaß des Kaisers räumt nun ohne weiteres mit den alten Vorstrafen auf. Eines besonderen Antrages zur Löschung der länger als zehn Jahre zurückliegenden Strafen bedarf es nicht, die Behörden sind vielmehr angewiesen worden, alle Strafkarten und Strafblätter im Sinne des kaiserlichen Gnadenerlasses nach und nach, auf jeden Fall aber vor einer weiteren Auskunftserteilung zu berichtigen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Frost. Im Innern der Stadt sank das Thermometer in vergangener Nacht auf 3 Grad C. unter Null.
Ermäßigung des Brotgewichts und des Brotpreises. Infolge des vom 1. Februar d. J. ab geltenden Brotgewichtes von 3½ Pfund tritt eine Ermäßigung der Brotpreise ein. Im Einvernehmen mit der Bonner Bäcker-Innung wurden die Preise wie folgt festgesetzt: Schwarzbrot 65 Pfg., Feinbrot 80 Pfg., Graubrot (3½ Pfund) 85 Pfg., Graubrot (1¾ Pfund) 43 Pfg.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Beschlagnahme von Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken. Gleichzeitig mit der neuen Bekanntmachung, betreffend Beschlagnahme und Bestandserhebung von Web-, Wirk- und Strickwaren (...) tritt am 1. Februar 1916 eine Bekanntmachung betreffend Beschlagnahme und Bestandserhebung von Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken für Heer, Marine und Feldpost (...) in Kraft.
Durch Bekanntmachung werden eine ganze Reihe einzeln aufgeführte fertige Gegenstände, die die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände für Heer, Marine und Feldpost in Betracht kommen, beschlagnahmt, gleichviel, aus welchen Rohstoffen, die dazu verwendeten Webwaren hergestellt sind und ohne Rücksicht auf Farbe und Herstellungsart. So sind beschlagnahmt: Uniformröcke, Litewken [zweireihige waffenrockartige Uniformjacken], Feldblusen, Mäntel, Hosen, Feldmützen, Halsbinden, Kriegsgefangenen-Anzüge, Drillichjacken, Drillichröcke, Drillichhosen, Männerhemden (nicht Oberhemden und Nachthemden), Männerunterhosen, Helmbezüge, Tornister, Militärrucksäcke, Brotbeutel, Zeltzubehörbeutel, Packtaschen, Schanzzeug- und Drahtscheren-Futterale, Feldflaschenüberzüge, Munitions- und Wassertragsäcke, Reiterfuttersäcke, Tränkeimer, Protzschlitzsäcke, Zeltsäcke, Zeltbahnen, Zelte, Fuhrparkpläne aus Segeltuch, Sandsäcke. (...)
Frühlingsboten. Durch die abnorm milde Witterung regt sich allerorts das Ungeziefer. Fliegen und Mücken tanzen, erstere für die Jahreszeit in ansehnlicher Menge in der Luft, Würmer wagen sich zahlreich bereits aus der Erde. Aber auch die Sträucher schlagen schon aus und zeigen die ersten grünen Blätter. In einem Dorfe in der Pfalz, wo ja allerdings eine bedeutend wärmere Temperatur herrscht als bei uns, hat man bereits eine Wiese mit Grünfutter gemäht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)