Bonn 1914-1918
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    • Belletristik
  • Textbeiträge
    • Das erste Kriegsjahr
    • Liebesgabenfahrten 1914
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      • -- Dokumente
    • Der Kriegswinter 1916/17
    • Die letzten Monate
  • Exkursionen
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Montag, 26. April 1915

  

Ein ernstes Mahnwort an die Eltern richtet der Direktor des hiesigen Städt. Gymnasiums, Herr Dr. Riepmann, am Schluß des letzten Jahresberichtes der Schule, ein Wort, das in weiten Kreisen gehört und beachtet zu werden verdient: „Der Krieg, den unser Volk um sein staatliches Dasein führt, zeigt deutlich und eindringlich, wie viel darauf ankommt, daß neben dem Geist auch der Körper geübt und gestählt wird, damit in der Stunde der Gefahr eine wehrkräftige Jugend zum Schutze gegen den Feind bereit steht. Mit Recht ist früher der Schule vorgeworfen worden, daß sie über die erste Aufgabe die zweite vernachlässige. Heute trifft die Schule dieser Vorwurf nicht mehr, aber er trifft viele, sehr viele Eltern und Schüler. Mit nichts sind Eltern und Schüler so schnell bei der Hand, als Befreiung von den obligatorischen Turn- und Spielstunden, Wanderungen und dergl. nachzusuchen; die Spielplätze, die die Schule zur Verfügung stellt, bleiben leer; die Schülervereine, die zur Pflege der Leibesübungen entstanden Anzeigen im General-Anzeiger vom 26. April 1915oder geschaffen sind, haben verhältnismäßig wenig Mitglieder. Die gewöhnliche Ausrede, daß es an der Zeit fehle, ist unrichtig und wird schon durch die Schüler, die beide Aufgaben befriedigend lösen, widerlegt. Nicht Mangel an Zeit ist schuld, sondern Lässigkeit, Verkennung der Bedeutung der leiblichen Ausbildung und mangelhafte oder unzweckmäßige Ausnützung der Zeit. Grundfalsch ist es, den Schüler, der am Morgen fünf oder sechs Unterrichtsstunden gehabt hat, gleich nach dem Mittagessen an die Schularbeiten zu setzen und ihn etwa in den Abendstunden einen Bummel durch die Remigiusstraße machen zu lassen. Die Nachmittagsstunden bis fünf Uhr sollen der Erholung und körperlichen Ausbildung gewidmet sein, nicht greisenhaften Spaziergängen im Hofgarten oder Baumschuler Wäldchen, sondern frischem Spiel und fröhlichem Streifen durch Wald und Flur. Dann können und werden die Jungen mit viel mehr Frische, mit größerem Erfolg und viel kürzerer Zeit ihre häuslichen Aufgaben erledigen, die so bemessen sind, daß sie der Durchschnittsschüler in 2 – 2 ½ Stunden bewältigen kann. Dazu hilft auch der Zwang, daß die Arbeit in bestimmter Zeit erledigt sein muß. Das lange dumpfe Hocken und Brüten über den Schulaufgaben taugt gar nichts.
   Wenn aber ein Schüler seine Hausaufgaben in der Zeit von 5 – 8 wirklich nicht mit Erfolg erledigen kann, so ist das ein Zeichen, daß er für die Klasse nicht reif ist und dann ist es pädagogische und didaktisch richtiger, ihn sie wiederholen zu lassen, anstatt auf Kosten des Körpers eine künstliche geistige Reife zu erzwingen. Nicht darauf kommt es an, ob unsere Abiturienten 19 oder 20 Jahre alt sind, sondern daß sie die Russen und Franzosen und Engländer schlagen können und sonst im Leben ihren Mann stehen. Das werden sie können, wenn sie etwas Tüchtiges gelernt haben und geistig und körperlich gesund und leistungsfähig sind.“

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Das Wasser des Rheines ist in der vergangenen Woche anhaltend zurückgegangen, wodurch die störenden Einwirkungen des jüngsten Hochwassers für die Schiffahrt beseitigt sind. Der gegenwärtige gute Wasserstand gestattet den großen Fahrzeugen volle Ladung, und so dürfte der in stärkerer Entwicklung begriffene Versand von Kohlen rheinaufwärts sich noch günstiger gestalten. Am hiesigen Pegel wurden heute früh 3.10 Meter Wasser gemessen.

Für Frauen aller Kreise beginnen am Dienstag abend im Saale der Fortbildungsschule drei Vorträge über die Frage. „Welche Rechtskenntnisse für Krieg und Frieden sind unseren Frauen am nötigsten?“

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 26. April 1915Die Baumblüte am Vorgebirge und in den kleinen idyllischen Orten um Godesberg zeigte sich bei dem gestrigen prachtvollen Frühlingssontagswetter zum ersten Mal in diesem Lenz in ihrer ganzen Farbenfröhlichkeit. Freilich haben sich die Millionen Knospen noch nicht alle geöffnet, aber aus den Gärten leuchtet doch schon die köstliche rosafarbene, weiße und grüne Frühjahrsherrlichkeit. Die bekanntesten Orte der Baumblüte wurden gestern ziemlich stark besucht. Die Bahnen waren oft überfüllt.

Der Krieg und das Studium der Landwirtschaft. Der Krieg hat die Bedeutung einer blühenden Landwirtschaft von neuem eindringlich gezeigt; in dem gleichen Maße wird es wichtig, den Landwirten eine nach allen Seiten vertiefte wissenschaftliche Ausbildung zu ermöglichen. Diese ist notwendig, sowohl für jene, die in eigener Sache bebauen wie für die immer zahlreicher verlangten Verwalter und Betriebsleiter größerer Güter und endlich für die Landwirtschaftslehrer. Die landwirtschaftliche Akademie Bonn-Poppelsdorf, die ihren Lehrplan in den letzten Jahren umfangreich ausgebaut hat, ist für den Westen die Stätte der Belehrung. Sie eröffnet das Sommersemester am 3. Mai. Lehrpläne und Auskünfte sind unentgeltlich durch das Sekretariat der Akademie, Bonn-Poppelsdorf, Meckenheimer Allee 104 zu erhalten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

Dienstag, 27. April 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. April 1915Die Bonner Liedertafel hat es sich seit Kriegsbeginn zur Aufgabe gestellt, die in den hiesigen Lazaretten untergebrachten verwundeten Krieger durch Chor- und sonstige Vorträge zu unterhalten und aufzuheitern. Obschon jetzt weit über 100 Sänger des Vereins unter der Fahne stehen, verfügt er noch über ein ganz vorzüglich geschultes Stimmenmaterial und die Auswahl der Darbietungen ist so vortrefflich und abwechselungsreich, daß es für die Verwundeten jedes Mal einen Festtag bedeutet, wenn unsere Liedertäfler erscheinen. Am verflossenen Sonntag konnte der Verein bereits auf die zweiundvierzigste derartige Veranstaltung zurückblicken, die diesesmal ausnahmsweise wieder unter der Direktion des ebenfalls zur Fahne einberufenen Dirigenten Herrn Musikdirektors Werth stand. Die verwundeten Krieger füllten den weiten Saal des als Lazarett eingerichteten Collegiums Albertinum bis zum letzten Eckchen und lauschten andächtig und erfreut den Darbietungen des Chores, unter denen die innigen Volkslieder wohl den größten Eindruck hervorriefen, während der frischgesungene Straußsche Walzer „An der schönen blauen Anzeige im General-Anzeiger vom 27. April 1915Donau“ allgemein eine heitere Stimmung weckte. Außer solistischen Darbietungen wurden als angenehme Abwechslung, gleich vortrefflich wie die Liedervorträge, prächtige Lichtbilder aus den Alpen vorgeführt. So verlief diese Veranstaltung gleich den vielen vorhergegangenen sehr eindrucksvoll und lang anhaltender Beifall der dankbaren Zuhörer belohnte die Sängerschar, denen es in späteren Zeiten eine schöne Erinnerung an die jetzige große Zeit bleiben möge, auch für ihren Teil mitgeholfen zu haben, die Wunden des Krieges zu lindern.

Im Metropoltheater wird von heute an das dreiaktige Schauspiel „Ohne Vaterland“ mit der berühmten Tänzerin Rita Sachetto in der Hauptrolle im Film gezeigt; dann eingroßes Kriminaldrama aus der Hochfinanz „Bosko der Abenteurer“. Außerdem enthält der Spielplan noch die Kriegsberichte in Bildern und ein Lustspiel „Die vierte Dame“.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. April 1915Der städtische Kartoffelverkauf hatte sich in den letzten Tagen eines großen Zuspruchs zu erfreuen. Außer an dem Lager Ecke Thoma- und Bachstraße werden in dieser Woche auch in den Kellerräumen des städt. Gymnasiums an der Brückenstraße Kartoffeln verkauft. Gestern wurden an den beiden Stellen insgesamt etwa 160 Zentner abgegeben und zwar in Mengen von 50 Pfund. Große Familien mit sieben oder mehr Personen erhalten einen ganzen Zentner. In der kommenden Woche wird noch eine dritte Verkaufsstelle eröffnet und zwar in der Heerstraßenschule.

Der Bonner Beethoven-Chor veranstaltete am Sonntag nachmittag im Römersaal in Grau-Rheindorf ein Konzert zum Besten der Fortsetzung der Kriegsversicherung der aus dem Dorf eingezogenen Krieger. Das gut besuchte Konzert wurde mit einem Hoch auf Kaiser und Reich eröffnet. Die vorgetragenen Chöre ernteten besonderen Beifall. Als Sopransolistin trug Frl. M. Römer sehr zur Verschönerung des Nachmittags bei. Ebenso gefiel die Dame im Duett mit ihrem Bruder. Der Dirigent Herr Kölzer erntete mit seinen humoristischen Einlagen großen Beifall. Herr Pfarrer Peters, der mit seinem Vikar erschienen war, dankte im Namen der ganzen Gemeinde für das Liebeswerk zu Gunsten der Rheindorfer Krieger.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 27. April 1915Falsche Friedensprophezeiungen. Man schreibt uns:
Am 14. Dezember vorigen Jahres veröffentlichte eine hiesige Zeitung folgenden Artikel:
   „In allem Ernste veröffentlicht der „Figaro“ die Voraussage eines italienischen Grafen namens Ugo Baschieri, der wissen will, daß der Friede am 27. April kommenden Jahres geschlossen werden wird. Um zu beweisen, daß Baschieri bedeutende Ereignisse vorhersagen kann, erinnert das Boulevardblatt daran, daß dieser seinerzeit das Erdbeben von Santiago de Chile voraussagte, das sich dann tatsächlich an dem angegebenen Tage und zwar zur angegebenen Stunde abspielte.“
   Heute ist der 27. April. Aber der Friede ist noch nicht in Aussicht. Deutlicher als an diesem Beispiel des „berühmten“ Baschieri läßt sich der Wert, oder besser gesagt, der Unfug der Friedensprophezeiungen nicht an den Pranger stellen.

Eine Kriegsgedächtnis-Sammlung aus der Kriegszeit, die an die vorhandenen Kriegsammlungen von 1813/15 und 1870/71 im Arndt-Museum in Godesberg/Friesdorf angegliedert werden soll, beabsichtigt ein Ausschuß von Schriftstellern, Dichtern und Gelehrten zu gründen. Die Sammlung wird alle erdenklichen Erinnerungen an diesen Krieg umfassen: Kriegs-Zeitungen, -Zeitschriften, -Lieder, -Bekanntmachungen, -Depeschen, -Flugschriften, -Karten, -Bilder, –Aufzeichnungen. Männer wie Fritz Bley, Defregger, Gustav Falk, Humperdinck, (...), Richard von Kralik, Johannes Trojan und andere unterzeichnen den uns vorliegenden Aufruf. Alle Einsendungen werden an das Museum erbeten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")

Mittwoch, 28. April 1915

  

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 28. April 1915Wehrbund. Wir machen auf den Aufruf im heutigen Anzeigenteile aufmerksam, der die Jünglinge und Männer, die ihrer Einberufung entgegensehen, zur Teilnahme an den Uebungen des Wehrbundes auffordert. Es ist für alle diese eine vaterländische Pflicht, an den Uebungen teilzunehmen und sich dadurch vorzubereiten auf den Militärdienst.

Der Verband „Deutsche Arbeit“ der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die unberechtigte Fremdtümelei im Warenverkehr zu bekämpfen, hat unter dem Vorsitz des Staatsministers z. D. Dr. von Richter in Berlin eine Sitzung des geschäftsführenden Ausschusses abgehalten. Es wurde hervorgehoben, daß seit der letzten Sitzung zahlreiche wirtschaftliche Verbände und Einzelfirmen dem Verbande „Deutsche Arbeit“ sich angeschlossen haben. Es war bei der Ausdehnung notwendig, besondere Fachausschüsse zu bilden, die die auftretenden Fragen zu prüfen und vorzubereiten haben. Es wurde auch beschlossen, zu dem Deutschen Werkbund, zu dem Allgemeinen Deutschen Sprachverein und ähnlichen Vereinigungen in ein förmliches Gegenseitigkeitsverhältnis einzutreten, damit ein förderndes Zusammenarbeiten gesichert ist. Mit der Vorbereitung zur Ausstellung „Deutsche Waren unter fremder Flagge“ hat sich der Ausschuß eingehend beschäftigt. Eine Neueinrichtung „Deutsche Wochen“, während denen die Käufer nur Waren deutschen Ursprungs verlangen sollen, ist in Aussicht genommen, ebenso die Schaffung einer Marke „Deutsche Arbeit“. Ferner soll im Verein mit anderen Zentralverbänden eine Sammelstelle über die Behandlung deutscher Firmen im Auslande geschaffen werden, um geeignete Grundlagen für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen zu gewinnen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")

  

Anzeigen im General-Anzeiger vom 28. April 1915Ein Messerheld. Auf der Bahnhofstraße wurde in der vergangenen Nacht ein hier wohnender Arbeiter namens Mahlberg von einem anderen Mann, mit dem er in Wortwechsel geraten war, durch Messerstiche so erheblich verletzt, daß seine Aufnahme in eine Klinik veranlaßt werden mußte. Der Täter wurde durch die Bahnwache festgenommen.

Ersetzt fremdländische Schilder, Aufschriften usw. Die noch vielfach vorhandenen fremdländischen, insbesondere französische und englische Inschriften, Aufschriften und Anschläge in öffentlichen Straßen, auf öffentlichen Plätzen, sowie an sonstigen für den geschäftlichen Verkehr bestimmten oder öffentlich zugänglichen Stellen, insbesondere auch in und an Verkaufsläden, Gasthäusern und Geschäftsräumen erregen in der jetzigen Kriegszeit in weiten Kreisen der Bevölkerung berechtigten Anstoß. Ebenso wird auch vielfach für den äußeren Aufdruck auf Geschäftspapieren, Rechnungsformularen, auf Waren und Warenproben eine ausländische Bezeichnung oder eine fremde Sprache gewählt. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Waren, die für die Ausfuhr in das Ausland bestimmt sind, mit einer fremdsprachigen Aufschrift versehen werden. Aber im übrigen muß es als ein unabweisbares Gebot gelten, daß nur deutsche Bezeichnungen angewandt werden. Von mehreren Generalkommandos ist bereits im Wege der mit Strafandrohung versehenen Verordnung gegen die Missstände vorgegangen worden. Auch für den VIII. Korpsbezirk ist eine gleiche Verordnung zu erwarten, wenn wider Erwarten die bereits mehrmals gegebenen Anregungen zur Beseitigung der Missstände keinen durchgreifenden Erfolg haben werden.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Venusberg. Bonn hat an seinem schönen Venusberg und Kaiser-Wilhelms-Park einen Erholungsort, um den uns viele deutsche Städte beneiden. Leider ist aber durch die große Schnaken-Plage, die von Jahr zu Jahr schlimmer wurde, der Aufenthalt und das Sitzen im Waldein den heißen Sommermonaten fast zur Unmöglichkeit geworden. Wäre es nicht möglich, dem entgegen zu treten, wenn man z. B. jetzt schon die vielen großen und kleinen Pützen desinfizierte oder abgrüb und die Mückenschwärme beizeiten tötete? Da in diesem Jahr, wie es scheint, die Straßen der Stadt nicht gesprengt werden können, wäre es für jung und alt und nicht zum wenigsten für die vielen Invaliden eine doppelt große Wohltat, im Walde ein angenehmes, schattiges Plätzchen zu finden, wo man ruhen könnte. Ein fleißiger Spaziergänger.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 28. April 1915Gehaltserhöhungen in Betrieben, die für Heereslieferungen arbeiten. Der letzten Sitzung der Bonner Handelskammer lag ein Ersuchen des stellvertretenden Generalkommandos zu Koblenz um eine gutachtliche Aeußerung zu einer Eingabe des Bundes der technisch-industriellen Beamten betr. Gehalterhöhungen in Betrieben, die für Heereslieferungen arbeiten, vor. Der Vorsitzende bemerkt dazu, daß man gegen die verlangte militärbehördliche Anordnung von Kriegs-Teuerungszulagen für die Privatangestellten in den mit Heereslieferungen bedachten Betrieben grundsätzlich Einspruch erheben müsse. Die Entlohnung der Angestellten sei dem Ermessen der Betriebsinhaber oder der Direktoren der Werke zu überlassen, weil sie alleine in der Lage seien, ein Urteil über die Leistungen jedes einzelnen Angestellten zu fällen und danach die Höhe des Gehaltes zu bemessen. Gerade in der gegenwärtigen Zeit habe es sich gezeigt, wie die Unternehmer freiwillig große Opfer auf sich genommen haben, um ihre Angestellten vor Stellenlosigkeit zu schützen, und es sei zu erwarten, daß sie auch fernerhin ihrer Pflicht sich bewußt seien, wenn es gilt, Not zu lindern, wo solche sich zeigt. Auch werden sie schon aus eigenem Interesse denjenigen Angestellten Zulagen bewilligen, die sich durch ihre Tätigkeit um das Unternehmen verdient machen. Schematisch derartige Zusagen anzuordnen, errege Unzufriedenheit, weil darin eine Unbilligkeit gegenüber dem tüchtigeren Angestellten liegt. Die Kammer stimmte diesen Aeußerungen zu und beschloß in diesem Sinne das gewünschte Gutachten abzugeben.

Die Verdaulichkeit des K-Brotes. Die „Korrespondenz des Bundes Deutscher Frauenvereine“ schreibt: Für diejenigen, die einen empfindlichen Magen haben und das K-Brot nicht gut vertragen können, gebe wir den Ratschlag, nicht zu dick geschnittene Scheiben des Brotes kurz vor der Mahlzeit hellgelb zu rösten. Das Brot wird dann leichter verdaulich.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")

Donnerstag, 29. April 1915

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 29. April 1915Die Rekruten. Das Bezirkskommando I Düsseldorf teilt folgendes mit: Aus Anordnung des Kriegsministeriums werden vom 1. Mai 1915 an nach Bedarf die Rekruten, die in den Jahren 1914 und 1915 ausgehoben worden sind, einberufen werden. Firmen usw., die Rekruten beschäftigen, wird anheimgegeben, diese Leute verfügbar zu machen und sich schon jetzt Ersatz zu beschaffen, Mit einer Zurückstellung der Rekruten ist nicht mehr zu rechnen. Zurückstellungsanträge können von jetzt an nicht mehr genehmigt werden.

Bonner Wehrbund. Die Mannen des Wehrbundes zogen am verflossenen Sonntag wieder zum Tannenbusch, um sich wiederum im Auswerfen von Schützengräben zu üben. Dieses Mal ging die Arbeit flotter und gründlicher von statten. Aber nicht nur in der Gründlichkeit der Arbeit war erfreulicherweise ein bemerkenswerter Fortschritt festzustellen, auch in der Form und Anlage des Grabens, der in Schlangelinie ausgeworfen, den neuzeitlichen Anforderungen entsprach, zeigte sich das Bestreben der Leitung, die Jungmannschaft gut auszubilden. Als die Arbeit getan, ordneten sich die Teilnehmer und bildeten Schützenlinien. Hinlegen! ertönte der Befehl und mit Kriechen näherte sich die Schützenkette dem Graben, um ihn schließlich mit lautem Hurra im Sturm zu nehmen. Nach dieser Uebung wurde das Werfen von Handgranaten vorgenommen und die vier besten Werfer durften schließlich mit Knallkapseln ihre Geschicklichkeit beweisen. Eine Anzeige im General-Anzeiger vom 29. April 1915große Zuschauermenge wohnte der Uebung bei. So erfreulich das Interesse an den Uebungen ist, weit erfreulicher würde es sein, wenn die Eltern, die Söhne im Alter von 16 – 19 Jahren besitzen, sie zu den Uebungen senden würden. Dieses Interesse der an dem im Dienste des Vaterlandes stehenden Tätigkeit des Wehrbundes würde der Sache besser dienen. Es darf nicht vergessen werden, daß die vom Kriegsminister angeordnete militärische Vorbereitung der Jugend dazu dienen soll, die eigentliche militärische Ausbildung abzukürzen und schneller zu vollenden. Wer will bestreiten, daß dies in der gegenwärtigen Lage nicht notwendig ist! Die jungen Leute, die nicht vorbereitet in das Heer eintreten, erschweren und verlangsamen den Gang der Ausbildung und verhindern so die volle Ausbildung der vom Kriegsminister angeordneten Einrichtung. – Die Leitung des Wehrbundes beabsichtigt mit Eintritt der Badezeit, die Erteilung von Schwimmunterricht zu unternehmen, um auch in dieser Hinsicht vielfach geäußerten Wünschen zu genügen.

Die Anmeldung der Wohnung muß jetzt nach einer Verordnung des Militär-Polizeimeisters für den Festungsbereich Köln, wozu auch Bonn gehört, spätestens 12 Stunden nach Beziehen der Wohnung bei dem Polizeirevier persönlich geschehen. Meldepflichtig sind alle Personen (In- und Ausländer), gleichviel ob sie in Gasthäusernoder in Pensionen, Herbergen, möblierten oder unmöblierten Wohnungen oder Zimmernoder als Logiergäste in Privathäusern dauernd oder vorübergehen (auch besuchsweise) Wohnung nehmen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 29. April 1915Sanitätshunde im Felde. Her Polizeikommissar Flaccus von hier wurde die Ehre zuteil, am verflossenen Samstag im Kurhaus zu Bad Kissingen in Anwesenheit des Großherzogs Friedrich August von Oldenburg und der Prinzessin Eitel Friedrich von Preußen über „Das Wirken deutscher Sanitätshunde im Felde“ zusprechen. Nach Beendigung des Vortrages, der von den zahlreichen Zuhörern mit großem Beifall aufgenommen wurde, ließ der Großherzog Herrn Polizeikommissar Flaccus zu sich bitten und sprach seine Befriedigung aus über diese klaren und interessanten Ausführungen. Der Großherzog von Oldenburg ist bekanntlich der Schutzherr des Vereins für Sanitätshunde. Auch Prinzessin Eitel Friedrich sprach sich anerkennend über das Gehörte aus.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Mitten im Frühling. Draußen am Kreuzberg blühen die Kirschen und ringsum leuchtet es rosarot aus den Gärten. Das sind wieder die prachtvollen Frühlingstage mit der Fülle des Lichts und dem Zauber ihrer Wonnen, diese merkwürdig-durchstrahlten Tage, wo die Brust wie von einem Druck befreit, sich weitend hebt, wo wir am liebsten mit aufgeknöpftem Ueberzieher, den Hut in de Hand, stundenlang dahinschlendern, gedankenlos. Auf dem Weg, der an Friedrichsruh vorbei zur Casselsruh führt, wird es jetzt den ganzen langen Tag nicht leer von Menschen. Und ist oft ein Singen in der Luft, ein Singen von jungen, lebensdurstigen Menschen und jubelnden Vögeln, daß man einen Augenblick den Krieg und die Sorgen vergißt und ganz untertauchen möchte in die Herrlichkeiten der großen Schöpfung unseres Gottes.
Anzeigen in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 29. April 1915   Eines aber ist der Aufmerksamkeit nicht entgangen. Unsere schönste Frühlingssängerin, die Nachtigall, ist nicht mehr so zahlreich zu uns gekommen, wie sonst, Wie sie oft bis zum Morgengrauen im Chorus ihre wundersamen Liebesliedchen sang, läßt sie jetzt nur vereinzelt ihre unendlich süßen, schmelzenden Weisen erklingen. Die alten Bauern sagen, das sei eine Folge des Böllerns drunten in Frankreich, in den Ardennen und Vogesen; das habe die Tierchen bei ihrer Rückkehr aus den warmen Ländern in andere Gegenden verscheucht: Möglich, ja sogar wahrscheinlich.
   Auch in Muffendorf, Lannesdorf, Friesdorf, im „Ländchen“ und am Vorgebirge steht jetzt die Baumblüte in voller Pracht. Wie große Blumensträuße schimmern die Bäume und von ferne sieht die Landschaft wie mit Schnee bedeckt aus.
   Oben in der Birke pfeift der Star sein Abendlied. Am Zaune lehnt ein junger Bursche und schaut mit großen Augen in die Ferne; bald ruft auch ihn der Kaiser. Er sieht im Geiste Bilder von heißen Gefechten und Sturmangriffen, donnernde Kanonen, blinkende Bajonette, Schlachtfelder und sterbende, jung, deutsche Männer. Und um ihn leuchtet und strahlt und jubelt der Frühling.

Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe stattete dem Mutterhaus vom Roten Kreuz einen Besuch ab und erfreute die Verwundeten durch ihre warme Teilnahme und das Verteilen von Liebengaben.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")

Freitag, 30. April 1915

  

Leihpferde für die Feldbestellung. Das Kriegsministerium hat an sämtliche Generalkommandos die Verfügung erlassen, Anträge von Landwirten, um leihweise Ueberlassung von Dienstpferden für die Feldbestellung entsprochen werden sollen, wenn daraus keine Schwierigkeiten für die Gestellung des Pferdeersatzes für die Feldtruppen und für die Ausbildung bei den Ersatztruppen erwachsen. Unter derselben Voraussetzung können auch die zur Führung der Gespanne erforderlichen Mannschaften für die Feldbestellung beurlaubt werden. Die Landwirte müssen sich verpflichten, Pferde und Mannschaften kostenfrei zu verpflegen und unterzubringen.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 30. April 1915Zur Rettung der Heilsarmee. Herr E. Litty, Offizier der Heilsarmee in Bonn, schreibt uns: „Es werden in letztere Zeit so viele Nachrichten verbreitet, daß die Heilsarmee Beziehungen zum Ausland unterhält, resp. das Geld, welches in Deutschland gesammelt wird, für englische Zwecke verwendet. Dieses ist eine Verleumdung. Im Gegensatz zu diesen falschen Behauptungen können wir versichern, daß jetzt (!) die Heilsarmee in Deutschland ganz selbständig ist und es auch nach dem Kriege bleiben wird. – Gleich nach Beginn des Krieges wurde wohl die Heilsarmee in eine schwierige Lage versetzt; doch trotz der großen Bedürfnisse war sie bis jetzt imstande, in unserem Vaterlande durch Kriegsspeisungen und Kinderhorte Hilfe und Trost darzureichen. Auch war es ihr vergönnt, durch eine besondere Hilfsaktion für Ostpreußen Tausenden von Flüchtlingen Unterkunft und Unterhalt zu gewähren, was sowohl von den Behörden als auch vom Volk dankbar anerkannt wurde. Bis an die Front erstreckt sich die Tätigkeit der Heilsarmee, wo sie für Ernährung, Bequemlichkeit und Reinlichkeit unserer Truppen sorgt. – Es wir auch mitgeteilt, daß sich am Hauptquartier in Berlin seit Kriegsbeginn ein Regierungsvertreter befindet.“ – Die besondere Beachtung dieser Zuschrift verdient wohl die Bemerkung, daß die Heilsarmee jetzt ganz selbständig in Deutschland ist. Wie lange dies schon der Fall ist, bedarf eigentlich noch der näheren Angabe. Red.)

Anzeige im General-Anzeiger vom 30. April 1915Ein kleines Schulmädchen von der verlängerten Schumannstraße hat an einen Bonner Soldaten verschiedene Male Liebesgaben ins Feld geschickt, worauf jetzt folgende Antwort angekommen ist

Im Schützengraben fern an der Iser Strand
Wo wir kämpfen fürs deutsche Vaterland,
Habe ich oft bei Tag und Nacht
An meine kleine Freundin gedacht –
Trotz Kanonendonner und Sturmesbrausen –
Als Granaten und Schrapnells vorübersausen.
Ich dachte hin, ich dachte her,
Wie das alles möglich wär’.
Daß ich so schöne Liebesgaben
Von Dir, Kleine, empfangen habe.
Deinen Namen hast du mir zwar genannt,
Doch sonst sind wir gänzlich unbekannt;
Jetzt schickst Du mir Dein liebes, kleines Bild,
Das mich anschaut so traut und mild.
Herzinnigen Dank spend’ ich Dir –
Und der liebe Gott lohne dich dafür
Was Du einem armen deutschen Krieger hast getan;
An Gottes Thron wird Dir’s geschrieben an.
Mag er Dich schützen vor Kummer, Sorgen und Not
Wie auch die Fahne schwarz-weiß-rot.
Bleibe brav, Deinen Eltern gut
Und bete zu Gott für deutschen Mut
Drum nochmals Gruß, Kuß und Hand:
Mit Gott für König und Vaterland.

Zur Erinnerung an meine kleine Freundin Elisabeth Hensler gewidmet vom Gefreiten Hermann Busch, Bonn.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Anzeige im General-Anzeiger vom 30. April 1915Wandertag des rheinischen Turmkreises. Von jeher wird der Tag von Christi Himmelfahrt von den der Deutschen Turnerschaft angegliederten Vereinen als allgemeiner Wandertag genutzt. Dienten die vorjährigen Turnfahrten dem Vorsitzenden der Deutschen Turnerschaft, Geheimrat Dr. Goetz, zu Ehren, so gelten sie jetzt den Zwecken der Wohltätigkeit. Auf allen Turnfahrten, die am 18. Mai unternommen werden, ist eine Geldsammlung zum Besten der infolge Verwundung ihres Augenlichts beraubten Krieger zu veranstalten. Das Ergebnis dieser Sammlungen ist an den Kreis-Kassenwart, Buchdruckereibesitzer Rud. Gippers – Krefeld, abzuführen. Jedem Verein bleibt es unbenommen, die Turnfahrt selbst nach Zeit und Ziel festzusetzen, sie muß aber ohne Einkehr durchgeführt werden.

Rheinbadeanstalten. Die städtische Rheinbadeanstalt ist von morgen ab zur Benutzung für warme Wannenbäder geöffnet.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")

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