Mittwoch, 21. April 1915
Der Bonner Wehrbund zog am verflossenen Sonntag zum Tannenbusch, um dort seinen Mitgliedern Gelegenheit zu geben, sich im Auswerfen eines Schützengrabens zu üben. Nachdem der Leiter der Uebung, Herr Geheimrat Brinkmann, in einem Vortrag Mitteilung über die verschiedenen Formen der Schützengräben und ihre Anlage gemacht hatte, wurde unter seiner kundigen Leitung zur praktischen Arbeit übergegangen. Es handelte sich um den Bau eines Schützengrabens von 32 Meter Länge. Mit löblichem Eifer und mit einem Geschick, als ob es sich um eine langgeübte Tätigkeit handele, wurde von der ersten Arbeitskolonne frisch mit dem Spaten an die Arbeit gegangen. Nach je 5 Minuten Tätigkeit wechselten die Kolonnen und bald war ein Graben für kniende Schützen hergestellt, der alsdann in der Fortsetzung der Arbeit in einen solchen für stehende Schützen vertieft wurde. Zahlreiche Zuschauer sahen der Arbeit der wackeren Jugend zu, die das Streben hat, sich zu tüchtigen Verteidigern des Vaterlandes auszubilden. Um den Zuschauern das bild eines Kampfes um den Schützengraben – in unblutiger Form natürlich – zu geben, wurde ein Sturm auf den Schützengraben unternommen. Nach Beseitigung des Schützengrabens wurde eine Besichtigung der vom Militär in vortrefflicher Weise angelegten Schützengräben, Unterstände, Wolfsgruben und Drahtverhauen vorgenommen und Sang zur Stadt zurückmarschiert. Die Führerschaft des Wehrbundes ist eifrig bestrebt, die von ihr übernommene Tätigkeit im Dienste des Vaterlandes getreu nach den vom Kriegsministerium erlassenen Richtlinien durchzuführen. So erfolglos ist diese Tätigkeit nicht; denn viele Briefe von ehemaligen Mitgliedern des Wehrbundes melden, daß sie nicht nur militärische Fertigkeiten und körperliche Rüstigkeit ihrer Angehörigkeit zum Wehrbund zu verdanken haben, sondern auch manche Erleichterung im anstrengenden Dienst.
Ueber den Fremdwörterkrieg sprach gestern Herr Oberlehrer Professor Dr. Tesche im Zweigverein Bonn des Allgem. Deutschen Sprachvereins. Redner führte in seinem fesselnden Vortrage aus, daß der Weltkrieg auch das Gute habe, daß er aufräumt mit den vielen unnützen Fremdwörtern. Es ist eine Pflicht der vaterländischen Gesinnung, sich an der Sprachreinigung zu beteiligen. Die Bestrebungen des Sprachvereins gingen nicht soweit wie die Absichten der sogenannten Puristen. Fremdwörter sind in die deutsche Sprache gekommen mit den Römern. Da haben die Deutschen sich aber noch die fremden Ausdrücke mundgerecht gemacht, wie es die Soldaten im heutigen Krieg noch tun. Zur Zeit des höfischen Gesanges herrschte der französische Einfluß vor, und im Zeitalter des Humanismus kam ein ganzer Strom lateinischer Wörter in die deutsche Sprache. Unter Ludwig XIV. gehörte es zur Bildung, französisches Wesen anzunehmen. Aus der Zeit stammen auch die vielen Fremdwörter, die wir heute in den verschiedensten Berufen haben, im Heer, in der Diplomatensprache, in der Kunst, in der Buchdruckerkunst, in der Kaufmannssprache. Es ist den Deutschen ja eigentümlich, mit Vorliebe fremdes Wesen in sich aufzunehmen. Doch haben immer wieder Männer gegen das Fremdwörterunwesen geeifert: Opitz, Logau, Lessing, Fichte, die
Romantiker, Gebr. Grimm. Durch das Fremdwort wird häufig die Klarheit und Wahrheit verwischt durch falsche Anwendung, ferner daß dem Volke die eigentliche Bedeutung des Wortes unbekannt ist: Stadion, Olympiade, Psyche. Das Fremdwort soll viel schöner sein, sagen die Freunde des Fremdwortes. Dies ist nicht richtig, denn es stellt das erste Grundgesetz unserer Sprache, das Betonungsgesetz auf den Kopf, dadurch, daß es die letzte Silbe betont, wie bei den Wörtern mit der Endsilbe „tät“. Auch die Zwitterwörter halb deutsch, halb fremd, sind vom Uebel. Das Fremdwort drückt den Begriff auch nicht klarer aus als das deutsche. Dann hindert es auch die allgemeine Verständlichkeit durch seine Vieldeutigkeit: Karton, Regal, Komposition usw. Durch diese Vieldeutigkeit leistet das Fremdwort auch der Denkträgheit Vorschub. Es ist auch nicht kürzer als der deutsche Ausdruck, kein unentbehrliches Verkehrsmittel und vor allem kein internationales Bindemittel, denn es hat uns nicht vor diesem Kriege schützen können. Im Gegenteil bringt uns die häufig falsche Anwendung nur Spott und Hohn ein.
Wie kann das Fremdwort beseitigt werden? Nicht durch Uebersetzung allein, denn in den meisten Fällen kann nur der Sinn wiedergegeben werden. Aus dem so reichen Wortschatz der deutschen Sprache muß ein Wortvorrat geschaffen werden. Da sind vor allem die Mundarten, die Fachsprachen, die reiche Quellen bieten. Alte, früher gebrauchte Worte müssen wieder eingeführt werden, wie es geschehen ist mit Hort, Heim. Durch Neubildung kann zur Bereicherung beigetragen werden, wie die Bildungen mit den Endsilben ling, schaft, heit, keit, ei, sam, haft usw.
Manches ist schon in der Sprachreinigung geleistet worden, aber jetzt erst ist die rechte Gelegenheit, daß es ernst werden kann damit, jetzt da von unten heraus, da das Volk die Sprachreinigung verlangt. Liebe und Verständnis für unsere deutsche Muttersprache muß immer mehr wachsen; dadurch wird auch das deutsche Volksbewußtsein gestärkt. Der Allgemeine Deutsche Sprachverein mit seinen Sprachberatungsstellen ist der rechte Ort, wo man Rat, Belehrung und Anregung erhält, um zum Ziele zu gelangen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")
Das erste frische Grünfutter wurde in geschützten Lagen in den letzten Tagen bereits geschnitten. Futtergerste und Futterroggen sind 30 bis 35 Zentimeter hoch geworden und stehen recht dicht. Sie bilden für Rindvieh und Ziegen ein begehrtes und milchtreibendes Grünfutter, welches jedoch nicht lange anhält, da die Felder für andere Bestellungen rasch freigemacht werden müssen.
Wegen Uebertretung der Bäckereiverordnung hatten sich gestern wieder 28 Bäcker und Mehlhändler aus Bonn und Umgegend vor dem Schöffengericht zu verantworten. Die meisten hatten die alle 10 Tage einzureichende Bestandanzeige nicht gemacht. Ein Bäcker hatte Brot, das bekanntlich 24 Stunden alt sein muß, schon vorher verkauft. Er wurde mit einer Geldstrafe von 60 Mark belegt. Die übrigen kamen meistens mit einer Geldstrafe von 30 – 40 Mark davon. Mehrere Frauen, deren Männer im Felde stehen, wurden unter Berücksichtigung dieses Umstandes zu Geldstrafen von 10 Mark verurteilt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 20. April. Der Milchpreis ist jetzt hier trotz der sehr günstigen Futteraussichten sogar auf 26 Pfennig pro Liter gestiegen. Bei Beginn des Krieges stand der Preis auf 20 Pfennig.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
Friesdorf. Die offene kleine Glashalle an der Haltestelle Friesdorf bietet keinen genügenden Schutz gegen Straßenstaub und kalte Winde, und die Arbeiter der Fabriken an der Friesdorferstraße, dem Schlachthause und dem Güterbahnhofe haben auch Anspruch auf eine Bedarfhaltestelle an der Wurzerstraße. Der Wunsch möge an zuständiger Stelle berücksichtigt werden. Ein Freund der Arbeiter.
Teure Briketts. Daß jetzt viele Lebensmittel und Gebrauchsartikel teurer sind als in Friedenszeiten, ist bekannt, daß aber in anderen Bezirken viele Sachen billiger sind als hier, dazu liegt doch meines Erachtens kein Grund vor. So z.B. die Briketts. Hier in Bonn verlangt man augenblicklich für den Zentner 95 Pfg. und sogar 1,00 Mark. In Köln wird der Zentner Briketts für 80 Pfg. frei ins Haus geliefert. Man sollte doch sagen, daß das, was die Kölner Händler können, auch den Bonnern möglich sein muß. An höherer Fracht kann dieser Mehrpreis doch nicht liegen, denn die Entfernung der Braunkohlewerke ist von Bonn fast gerade so weit, wie auch von Köln. J.B.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die Viktoria-Lichtspiele haben bis heute 12.450 Mark Goldgeld gesammelt und gegen Papiergeld bei der Reichsbank und anderen Bankinstituten eingetauscht. Jeder Besucher, der mit einem Goldstück bezahlte, erhielt einen Platz frei, gleichwohl manches Programm mit ganz erheblichen Kosten bezahlt worden ist, und besonders an Sonntagen durch die Fortgabe solcher Freiplätze mancher Platz durch zahlende Besucher nicht besetzt werden konnte.
Schenkt leere Obsteimer, Steinkruken und Gläser! Man schreibt uns:
An die Hausfrauen Bonns ergeht hiermit die Bitte, durch Schenkung obiger Artikel es zu ermöglichen, daß neue Marmelade eingekocht werden kann, die dem bald fühlbar werdenden Mangel an Apfel- und Pflaumenkraut abhelfen soll. Es ist dies eine aus Apfelsinen und Möhren hergestellte Marmelade, welche in Köln sich eines großen Absatzes erfreut und zum niedrigen Preis von 0,45 Mk. bezogen werden kann. Der Vorstand „der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe“ will daher diesen Versuch machen und bittet die Hausfrauen um ihre tatkräftige Unterstützung, zunächst in der Mobilmachung von Eimern, Kruken und Gläsern, sodann um den nötigen Absatz.
Die leeren Behälter sind an das Volksheim (Thomastraße 1) abzuliefern, wo auch der Verkauf stattfindet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Donnerstag, 22. April 1915
Universität. Gestern fand in der Aula der Universität die erste Immatrikulation in diesem Semester statt. Der Rektor, Herr Geheimrat Landsberg, hielt eine Ansprache an die neu immatrikulierten Studenten – es waren 58, darunter 16 Damen –, in der er ausführte: Kommilitonen! Wir treten in das zweite Kriegssemester ein. Eine schwere Zeit haben wir hinter uns. Eine schwere Zeit, das kann man wohl annehmen, liegt noch vor uns. Auch in diesen Räumen macht es sich geltend durch die geringe Anzahl derjenigen, die heute immatrikulationslustig und –bedürftig vor uns stehen. Wir beklagen diese geringe Anzahl nicht, wir sind stolz darauf. Denn wir wissen, das kommt daher, daß, wer auch nur irgendwie vermochte dem Vaterlande zu dienen, sie es mit der Waffe in der Hand, sei es anderswie, sich dem Dienste gestellt hat. Vor mir sehe nur ganz junge, aufstrebende Männer, die eben frisch von den Schulen zu uns kommen und noch nicht in der Lage sind, dem Vaterlande mit ihrem schwachen Arme zu dienen. Auch die Schar der Damen hat sich gelichtet, da viele sich dem Samariterdienste gewidmet haben. Indem ich die Erschienenen herzlich begrüße, habe ich auch ein Wort des Trostes Ihnen zu sagen. Sie dienen noch nicht dem Vaterlande, sei es, daß Sie sich hier noch stärken wollen, sei es, daß es manchen von Ihnen versagt ist. Lassen Sie den Mut nicht sinken bei dem Gedanken, daß Sie augenblicklich zu wenig tun für das Vaterland. Das Vaterland braucht auch ihre Kraft. Auch hinter der Front kann jeder mitstreben, mitarbeiten zur Erreichung des großen Zieles, durch Zuversicht und Aufrechterhaltung eines kräftigen vaterländischen Lebens. Viele, die noch irgendwelche Aussicht haben, mit ihrer Armeskraft am Siege mitwirken zu können, die mögen daran denken, daß ihnen hier Gelegenheit geboten ist, ihren Arm zu stählen, die körperlichen Kräfte zu heben. Hier in Bonn sind viele Uebungen des Wehrbundes. Ich kann Ihnen diese Uebungen nur dringend ans Herz legen, um sich körperlich vorzubereiten. Im übrigen ist natürlich auch die geistige Vorbereitung auf den künftigen Beruf gerade jetzt von größter Bedeutung. In trauriger Weise sind gerade die tüchtigsten und eifrigsten Männer durch die Würgerhand des Kriegstodes dahingerissen worden. Es handelt sich darum, diese Lücken auszufüllen, mit innerlicher Kraft und Tüchtigkeit ausfüllen. Die Grundlage dazu legen Sie im akademischen Studium. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")
Ein Fahrraddieb wurde gestern in der Person eines 18jährigen Anstreichergehülfen aus Köln hier aufgegriffen. Es sind seit Oktober v. Jahres ungefähr 100 Fahrräder hier gestohlen worden, besonders an der Sparkasse fielen dem Fahrraddieb viele Räder in die Hände. Es wurde bereits festgestellt, daß der Dieb unter seinem eigenen Namen auf dem hiesigen Staatsbahnhof 3 Fahrräder und am Ellerbahnhof 10 Fahrräder zur Beförderung ausgeliefert hatte. Sehr häufig ist er am Ellerbahnhof vorgefahren, hat dort ein Rad zur Beförderung ausgeliefert und ist mit dem zweiten weiter gefahren. Der Dieb war fein gekleidet und trug vier Ringe an einer Hand. Er gab einen Diebstahl sofort zu. Die anderen bestritt er.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn")
Eßt Fische! Von Hausfrauen-Organisationen wird in jüngster Zeit angeregt, die Hausfrauen möchten häufiger Fischspeisen auf den Tisch bringen. Es geschieht dies mit dem Hinweis darauf, daß Fische außerordentlich
nahrhaft seien und den Vorzug der großen Preiswürdigkeit gegenüber dem Fleisch hätten. Es scheint, daß die Hausfrauen-Organisationen, die sich die Kriegshilfe im Haushalt zur Aufgabe gestellt haben, praktisch mit den Angelegenheiten, die sie verfechten, recht wenig beschäftigen. Man werfe einmal einen Blick in den Anzeigenteil der Zeitungen. Wenn man da liest, daß beispielsweise ein Pfund gewalzter Stockfisch 1,80 Mk. kostet und Forellen mit Fantasiepreisen zu zahlen sind, dann versteht man nicht, wie man der Hausfrau des kleinen Mannes empfehlen kann, Fische zu kochen. Aehnlich ist es auch mit der Marmelade, die aus Apfelsinen und Möhren hergestellt werden soll. Eine Apfelsine kostet heute mindestens 8 Pfg. Bei dieser Marmelade kann daher von einem Volksnahrungsmittel nicht die Rede sein, sofern die Wohlfahrtsdamen nicht in die eigene Tasche greifen wollen, um eine billige Marmelade zum Verkauf bringen zu können. Um die ärmere Bevölkerung vor Enttäuschungen zu bewahren, empfiehlt es sich, daß unsere Wohlfahrtsdamen sich vor der öffentlichen Raterteilung über das, was das Volk essen soll oder nicht, genau unterrichten, insbesondere über die Preise, die zu zahlen sind, damit ihre an sich lobwürdige Arbeit im Dienste des Volkswohls auch die rechten Früchte zeitigt. Eine Hausfrau, die für einen guten Rat dankbar ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal")
Keine Kartoffeln ohne Heringe. Einen guten Gedanken, der nachgeahmt zu werden verdient, hat de Magistrat von Neukölln gehabt. Die hohen Fleischpreise haben ihn veranlaßt, dafür Sorge zu tragen, daß die Bevölkerung den Fleischgenuß etwas einschränkt und dafür mehr Heringe genießt. Die Magistratsmitglieder haben deshalb beschlossen, bei den städtischen Kartoffelverkaufsstellen nur dann Kartoffeln abgeben zu lassen, wenn gleichzeitig wenigstens drei Heringe gekauft werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Freitag, 23. April 1915
Stadtverordneten-Ersatzwahl. Am Mittwoch fand die Ersatzwahl für den verstorbenen Stadtverordneten Wessel statt. Es wurde in der 1. Wählerklasse für die Vororte Herr Direktor Roßberg mit 8 Stimmen gewählt. Ein Gegenkandidat war nicht aufgestellt.
Notprüfungen für die oberen Klassen der höheren Schulen sollen auch in diesem Jahre stattfinden, frühestens am 1. Juli. Den Obersekundanern und Unterprimanern wird die Reife für die nächst höhere Klasse zugesprochen, wenn sie nachweisen, daß sie als Kriegsfreiwillige im Heer oder in der Marine eingetreten sind. Dasselbe geschieht bei denen, die sich für das Rote Kreuz und das Etappengebiet verpflichten. Für die Schüler der Obersekunda und Unterprima kann von einer Prüfung abgesehen werden und der Lehrkörper über die Reife entscheiden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")
Die Gummisammlung, die gestern auf Veranlassung verschiedener Wohlfahrtsvereinigungen auch hier in Bonn abgehalten wurde, hatte ein gutes Ergebnis. Unsere jugendlichen Sammlerinnen, Pfadfinder und Schüler haben ja schon Erfahrung mit „Fechten“ von der großen Wollsammlung her. Mit geschmückten Karren gings denn auch gestern von Haus zu Haus und schon gegen Mittag sah man Handwagen, die hoch mit Fahrradgummireifen, Schläuchen und alten Gummischuhen beladen waren. Gar mancher Familienvater wird im Herbste vergebens nach seinen Gummischuhen suchen, die noch gut zu gebrauchen waren, wenn sie nur ein wenig geflickt worden wären. Auch mancher Radfahrschlauch, der von dem sparsamen Hausvater als Flickmaterial benutzt wurde, ist verschwunden. Man konnte doch nicht gut die Sammlerinnen mit leeren Händen wegschicken. Und Recht hatten die Hausfrauen. Kommt Zeit, kommt Rat. Die Hauptsache ist augenblicklich, daß so viel wie möglich zum Wohle unserer Krieger gesammelt wird.
Eine Flaschenpost wurde gestern nachmittag hier im Rhein aufgefischt. Sie enthielt ein gelbweißes Fähnchen und einen Zettel, auf dem die Verwundeten des Res.-Lazaretts zu Rolandseck „Station Anker“ die besten Grüße übermitteln. Die Flaschenpost hatte die Reise nach Bonn in wenigen Stunden zurückgelegt, denn die Flasche war erst gestern vormittag ½ 11 Uhr dem Rhein übergeben worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 22. April. Laut Beschluß des Kur- und Finanzausschusses soll für die Dauer des Krieges von der Erhebung einer Kurtaxe abgesehen werden. Das Lesezimmer im Kurparksaal bleibt geschlossen. Kurkonzerte sollen bei dem Ernst der Zeit nicht veranstaltet werden. Für die Benutzung des Stahlwassers zum Trinken werden Monatskarten für 2 Mark ausgegeben.
Godesberg-Muffendorf, 22. April. Unsere ganze Muffendorfer Gemarkung steht gegenwärtig wiederum in dem weithin bekannten Zauberkleide der karminroten Pfirsichblüte, wie es in einem derart ausgedehnten Maßstabe selten anderswo noch anzutreffen ist. Der Besuch von auswärts war auch im Laufe dieser Woche schon recht beträchtlich und wird zweifellos am nächsten Sonntag seinen Höhepunkt erreichen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
Gegen Kurpfuscherei und Reklamesucht. Das stellvertretende Generalkommando des 7. Armeekorps gibt folgendes bekannt: Auf Grund des § 9b des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 wird hiermit angeordnet: 1. Anzeigen, in denen die Heilung irgendwelcher Krankheiten von nicht approbierten Aerzten angekündigt wird, werden verboten. 2. Das Heer oder die Kriegslage in Wort oder Bild für private Reklamezwecke auszunutzen, wird verboten.
Schwindler in Krankenpflegerkleidung. Vor einigen Tagen erschien bei einer Dame in der Simrockstraße ein angeblicher freiwilliger Krankenpfleger aus Kreuznach und gab an, ein Neffe der Dame aus Kreuznach, der als Unteroffizier im Felde steht, sei schwer verwundet in einem Lazarett in Frankreich eingeliefert worden und habe ihn gebeten, der Dame in Bonn Mitteilung von seiner Verwundung zu machen. Der Krankenpfleger erklärte sich bereit dafür zu sorgen, daß der Neffe nach Bonn in ein Lazarett komme. Er komme in einigen Tagen wieder zu demselben Lazarett und da er den Leitenden Arzt gut kenne, sei es ihm leicht, für die Ueberführung nach Bonn zu sorgen. Der Krankenpfleger erhielt dann von der Dame Geld und Sachen für den Neffen, sowie Verpflegung und Quartier. Aus Briefen des angeblich verwundeten Unteroffiziers ist nunmehr festgestellt worden, daß die ganze Sache auf Schwindel beruht und es dem „Krankenpfleger“ nur darauf ankam, die Dame um Geld und Sachen zu betrügen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Samstag, 24. April 1915
Der Krieg und die Mode. Ueber dieses Thema sprach in einer vom Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe veranstalteten Versammlung Frau Stryowski-Baedeker aus Essen. Die Vortragende übersieht keineswegs die Schwierigkeiten, die bei der Schaffungeiner deutschen Mode zu überwinden sind. Aber es besteht nun, mehr als jemals, die Notwendigkeit und die Pflicht, eine deutsche Mode zu schaffen. Versuche, uns von der Herrschaft der Pariser Mode und der oft so tollen Einfälle der Pariser Modeschneider zu befreien, hat es ja immer schon gegeben. Jetzt aber beginnt es ernst zu werden. Jetzt soll aus diesen immerhin vereinzelten Bestrebungen nach einer Frauenkleidung der deutschen Körperkultur und des geläuterten Geschmackes eine Bewegung aller deutschen Frauen werden, die den ernsten Willen haben, eine selbständige deutsche Mode zu schaffen. Dabei soll sich diese Mode nicht ängstlich gegen alle Einflüsse von außen abschließen. Diese Mode wird trotzdem deutsch und selbständig sein, wenn sie von dem Grundsatz geleitet wird: eine Kleidung zu schaffen, die dem Körper und dem Empfindungsleben der deutschen Frau angepasst ist. Wenn die deutschen Frauen so lange wahllos nachgeahmt haben, was man in Paris für schön, für schick, für geschmackvoll hielt, so müssen sie jetzt vor allem eines lernen: selbst urteilen, selbst wählen, selbst wissen, was in der Kleidung für ire Eigenart, ihren Körper und ihren Charakter paßt. Hierbei soll die deutsche Frau bedenken, daß es in Deutschland immer die Sitte und der Stolz der Frau war, die gesunde und kräftige Gefährtin des Mannes zu sein. Das soll sich auch in der Art ausdrücken, wie sich die deutsche Frau kleidet. Die ehrliche deutsche Sitte soll in der Mode wieder zum Ausdruck kommen. Als Mittel, wie eine deutsche Mode nach diesen Leitsätzen zu schaffen sei, empfiehlt die Vortragende vor allem die Bildung des persönlichen Geschmackes. Jede, auch die geringste Frau muß „soweit vorgebildet“ sein, daß sie bei der Wahl ihrer Kleidung weiß, was zu ihr paßt. Sie muß wissen, was sie will und was sie kleidet. Und qualitativ wird der Schnitt der beste sein, der die Eigenart einer Frau am besten auszudrücken vermag. Da die Schaffung einer deutschen selbständigen Mode auch ihre sehr große wirtschaftliche Bedeutung hat, so soll die deutsche Frau in Zukunft alle Modeerzeugnisse fremder Länder zurückweisen, um die Riesensummen, die bisher für Modearbeiten ins Ausland gingen, der deutschen Volkswirtschaft zu erhalten. Weiter empfiehlt die Vortragende die Einrichtung und Förderung von Nähschulen, Unterricht in Materialkenntnis und gediegene Fachschulen für Schneiderinnen und Näherinnen. An den Vortrag schloß sich eine Aussprache, worauf in einem Schlusswort Frau Stryowski-Baedeker noch einmal ihren Standpunkt betonte, der im allgemeinen die längst bekannten, schon oft erörterten Grundsätze der Reformtracht und des „Eigenkleides“ vertritt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bonner Landwehrmänner im Osten
Tief verschleiert, einsam stille
Liegt das Tal, das Bächlein rauscht;
Während dort am Uferrande
Landwehrmann auf Posten lauscht.
Denn der Krieg, der grausam strenge,
Rief ihn hier an diesen Ort,
Riß ihn von der Liebsten Seite.
Riß ihn aus der Heimat fort.
Treulich folgte er dem Rufe
Seines hohen Landesherrn.
Um zu kämpfen und zu bluten
Für des Vaterlandes Stern.
Jetzo steht auf seinem Posten
Hier der wackere Landwehrmann;
Und im fernen weiten Osten
Fängt der Tag zu grauen an.
Nacht entschwindet, lieblich helle
Liegt das Tal im Sonnenglanz;
Schönes Bild, das Bild vom Siege
Nach des finstern Krieges Tanz.
Landwehrmann wischt eine Träne
Leise ab, mit stummer Hand;
Ob er sie wird wiedersehen
Die ihm lieb im Heimatland?
Verfasser zeichnen:
Hans Fischer aus Bonn,
Heinr. Gollman aus Bonn;
Jean Busch aus Bonn
Jean Bachem aus Walberberg bei Brühl
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
In die Baumblüte läßt die Vorgebirgsbahn jetzt Sonderzüge fahren. Der Fahrplan wird im Inseratenteil der nächsten Nummer veröffentlicht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 25. April 1915
Liebesgaben für die Besatzungen der U-Boote. Die hiesige Agentur der Hamburg-Amerika-Linie, Ernst Wolter am Kaiser-Wilhelm-Denkmal, gibt in ihrem Schaufenster einen Aufruf für Liebesgaben für die Besatzungen unserer U-Boote bekannt. Besonders erwünscht sind Apfelsinen, frische Äpfel, Datteln, Feigen, Mandeln, Nüsse. Schokolade, Keks, Zwieback. Die Sendungen werden erbeten an Hamburg-Amerika-Linie, Seebäderdienst, St. Pauli, Landungsbrücken, Hamburg, bis zum 30. April.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Gegen die Spatzenplage. Mehr als in sonstigen Zeiten gilt es in diesem Jahre die Ernte auch gegen den Saatenräuber aus der Vogelwelt zu schützen. Zu diesen gehört in erster Linie der Sperling. Um die Spatzenplage planmäßig und erfolgreich zu bekämpfen, haben bereits eine Menge rheinischer Gemeinden Fangprämien ausgesetzt. Viele Bewohner betreiben die Vertreibung des Spatzenvolkes geschäftsmäßig, und es kann dabei ein hübsches Sümmchen verdient werden, denn es gibt pro Spatzenkopf 5 Pfg.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bäcker und Mehlhändler sind gestern vom Bonner Schöffengericht wegen Uebertretung der Verordnungen über den Mehlverkehr zu Geldstrafen von 30 bis 60 Mark verurteilt worden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)


Montag, 26. April 1915
Ein ernstes Mahnwort an die Eltern richtet der Direktor des hiesigen Städt. Gymnasiums, Herr Dr. Riepmann, am Schluß des letzten Jahresberichtes der Schule, ein Wort, das in weiten Kreisen gehört und beachtet zu werden verdient: „Der Krieg, den unser Volk um sein staatliches Dasein führt, zeigt deutlich und eindringlich, wie viel darauf ankommt, daß neben dem Geist auch der Körper geübt und gestählt wird, damit in der Stunde der Gefahr eine wehrkräftige Jugend zum Schutze gegen den Feind bereit steht. Mit Recht ist früher der Schule vorgeworfen worden, daß sie über die erste Aufgabe die zweite vernachlässige. Heute trifft die Schule dieser Vorwurf nicht mehr, aber er trifft viele, sehr viele Eltern und Schüler. Mit nichts sind Eltern und Schüler so schnell bei der Hand, als Befreiung von den obligatorischen Turn- und Spielstunden, Wanderungen und dergl. nachzusuchen; die Spielplätze, die die Schule zur Verfügung stellt, bleiben leer; die Schülervereine, die zur Pflege der Leibesübungen entstanden
oder geschaffen sind, haben verhältnismäßig wenig Mitglieder. Die gewöhnliche Ausrede, daß es an der Zeit fehle, ist unrichtig und wird schon durch die Schüler, die beide Aufgaben befriedigend lösen, widerlegt. Nicht Mangel an Zeit ist schuld, sondern Lässigkeit, Verkennung der Bedeutung der leiblichen Ausbildung und mangelhafte oder unzweckmäßige Ausnützung der Zeit. Grundfalsch ist es, den Schüler, der am Morgen fünf oder sechs Unterrichtsstunden gehabt hat, gleich nach dem Mittagessen an die Schularbeiten zu setzen und ihn etwa in den Abendstunden einen Bummel durch die Remigiusstraße machen zu lassen. Die Nachmittagsstunden bis fünf Uhr sollen der Erholung und körperlichen Ausbildung gewidmet sein, nicht greisenhaften Spaziergängen im Hofgarten oder Baumschuler Wäldchen, sondern frischem Spiel und fröhlichem Streifen durch Wald und Flur. Dann können und werden die Jungen mit viel mehr Frische, mit größerem Erfolg und viel kürzerer Zeit ihre häuslichen Aufgaben erledigen, die so bemessen sind, daß sie der Durchschnittsschüler in 2 – 2 ½ Stunden bewältigen kann. Dazu hilft auch der Zwang, daß die Arbeit in bestimmter Zeit erledigt sein muß. Das lange dumpfe Hocken und Brüten über den Schulaufgaben taugt gar nichts.
Wenn aber ein Schüler seine Hausaufgaben in der Zeit von 5 – 8 wirklich nicht mit Erfolg erledigen kann, so ist das ein Zeichen, daß er für die Klasse nicht reif ist und dann ist es pädagogische und didaktisch richtiger, ihn sie wiederholen zu lassen, anstatt auf Kosten des Körpers eine künstliche geistige Reife zu erzwingen. Nicht darauf kommt es an, ob unsere Abiturienten 19 oder 20 Jahre alt sind, sondern daß sie die Russen und Franzosen und Engländer schlagen können und sonst im Leben ihren Mann stehen. Das werden sie können, wenn sie etwas Tüchtiges gelernt haben und geistig und körperlich gesund und leistungsfähig sind.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Wasser des Rheines ist in der vergangenen Woche anhaltend zurückgegangen, wodurch die störenden Einwirkungen des jüngsten Hochwassers für die Schiffahrt beseitigt sind. Der gegenwärtige gute Wasserstand gestattet den großen Fahrzeugen volle Ladung, und so dürfte der in stärkerer Entwicklung begriffene Versand von Kohlen rheinaufwärts sich noch günstiger gestalten. Am hiesigen Pegel wurden heute früh 3.10 Meter Wasser gemessen.
Für Frauen aller Kreise beginnen am Dienstag abend im Saale der Fortbildungsschule drei Vorträge über die Frage. „Welche Rechtskenntnisse für Krieg und Frieden sind unseren Frauen am nötigsten?“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Baumblüte am Vorgebirge und in den kleinen idyllischen Orten um Godesberg zeigte sich bei dem gestrigen prachtvollen Frühlingssontagswetter zum ersten Mal in diesem Lenz in ihrer ganzen Farbenfröhlichkeit. Freilich haben sich die Millionen Knospen noch nicht alle geöffnet, aber aus den Gärten leuchtet doch schon die köstliche rosafarbene, weiße und grüne Frühjahrsherrlichkeit. Die bekanntesten Orte der Baumblüte wurden gestern ziemlich stark besucht. Die Bahnen waren oft überfüllt.
Der Krieg und das Studium der Landwirtschaft. Der Krieg hat die Bedeutung einer blühenden Landwirtschaft von neuem eindringlich gezeigt; in dem gleichen Maße wird es wichtig, den Landwirten eine nach allen Seiten vertiefte wissenschaftliche Ausbildung zu ermöglichen. Diese ist notwendig, sowohl für jene, die in eigener Sache bebauen wie für die immer zahlreicher verlangten Verwalter und Betriebsleiter größerer Güter und endlich für die Landwirtschaftslehrer. Die landwirtschaftliche Akademie Bonn-Poppelsdorf, die ihren Lehrplan in den letzten Jahren umfangreich ausgebaut hat, ist für den Westen die Stätte der Belehrung. Sie eröffnet das Sommersemester am 3. Mai. Lehrpläne und Auskünfte sind unentgeltlich durch das Sekretariat der Akademie, Bonn-Poppelsdorf, Meckenheimer Allee 104 zu erhalten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 27. April 1915
Die Bonner Liedertafel hat es sich seit Kriegsbeginn zur Aufgabe gestellt, die in den hiesigen Lazaretten untergebrachten verwundeten Krieger durch Chor- und sonstige Vorträge zu unterhalten und aufzuheitern. Obschon jetzt weit über 100 Sänger des Vereins unter der Fahne stehen, verfügt er noch über ein ganz vorzüglich geschultes Stimmenmaterial und die Auswahl der Darbietungen ist so vortrefflich und abwechselungsreich, daß es für die Verwundeten jedes Mal einen Festtag bedeutet, wenn unsere Liedertäfler erscheinen. Am verflossenen Sonntag konnte der Verein bereits auf die zweiundvierzigste derartige Veranstaltung zurückblicken, die diesesmal ausnahmsweise wieder unter der Direktion des ebenfalls zur Fahne einberufenen Dirigenten Herrn Musikdirektors Werth stand. Die verwundeten Krieger füllten den weiten Saal des als Lazarett eingerichteten Collegiums Albertinum bis zum letzten Eckchen und lauschten andächtig und erfreut den Darbietungen des Chores, unter denen die innigen Volkslieder wohl den größten Eindruck hervorriefen, während der frischgesungene Straußsche Walzer „An der schönen blauen
Donau“ allgemein eine heitere Stimmung weckte. Außer solistischen Darbietungen wurden als angenehme Abwechslung, gleich vortrefflich wie die Liedervorträge, prächtige Lichtbilder aus den Alpen vorgeführt. So verlief diese Veranstaltung gleich den vielen vorhergegangenen sehr eindrucksvoll und lang anhaltender Beifall der dankbaren Zuhörer belohnte die Sängerschar, denen es in späteren Zeiten eine schöne Erinnerung an die jetzige große Zeit bleiben möge, auch für ihren Teil mitgeholfen zu haben, die Wunden des Krieges zu lindern.
Im Metropoltheater wird von heute an das dreiaktige Schauspiel „Ohne Vaterland“ mit der berühmten Tänzerin Rita Sachetto in der Hauptrolle im Film gezeigt; dann eingroßes Kriminaldrama aus der Hochfinanz „Bosko der Abenteurer“. Außerdem enthält der Spielplan noch die Kriegsberichte in Bildern und ein Lustspiel „Die vierte Dame“.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")
Der städtische Kartoffelverkauf hatte sich in den letzten Tagen eines großen Zuspruchs zu erfreuen. Außer an dem Lager Ecke Thoma- und Bachstraße werden in dieser Woche auch in den Kellerräumen des städt. Gymnasiums an der Brückenstraße Kartoffeln verkauft. Gestern wurden an den beiden Stellen insgesamt etwa 160 Zentner abgegeben und zwar in Mengen von 50 Pfund. Große Familien mit sieben oder mehr Personen erhalten einen ganzen Zentner. In der kommenden Woche wird noch eine dritte Verkaufsstelle eröffnet und zwar in der Heerstraßenschule.
Der Bonner Beethoven-Chor veranstaltete am Sonntag nachmittag im Römersaal in Grau-Rheindorf ein Konzert zum Besten der Fortsetzung der Kriegsversicherung der aus dem Dorf eingezogenen Krieger. Das gut besuchte Konzert wurde mit einem Hoch auf Kaiser und Reich eröffnet. Die vorgetragenen Chöre ernteten besonderen Beifall. Als Sopransolistin trug Frl. M. Römer sehr zur Verschönerung des Nachmittags bei. Ebenso gefiel die Dame im Duett mit ihrem Bruder. Der Dirigent Herr Kölzer erntete mit seinen humoristischen Einlagen großen Beifall. Herr Pfarrer Peters, der mit seinem Vikar erschienen war, dankte im Namen der ganzen Gemeinde für das Liebeswerk zu Gunsten der Rheindorfer Krieger.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Falsche Friedensprophezeiungen. Man schreibt uns:
Am 14. Dezember vorigen Jahres veröffentlichte eine hiesige Zeitung folgenden Artikel:
„In allem Ernste veröffentlicht der „Figaro“ die Voraussage eines italienischen Grafen namens Ugo Baschieri, der wissen will, daß der Friede am 27. April kommenden Jahres geschlossen werden wird. Um zu beweisen, daß Baschieri bedeutende Ereignisse vorhersagen kann, erinnert das Boulevardblatt daran, daß dieser seinerzeit das Erdbeben von Santiago de Chile voraussagte, das sich dann tatsächlich an dem angegebenen Tage und zwar zur angegebenen Stunde abspielte.“
Heute ist der 27. April. Aber der Friede ist noch nicht in Aussicht. Deutlicher als an diesem Beispiel des „berühmten“ Baschieri läßt sich der Wert, oder besser gesagt, der Unfug der Friedensprophezeiungen nicht an den Pranger stellen.
Eine Kriegsgedächtnis-Sammlung aus der Kriegszeit, die an die vorhandenen Kriegsammlungen von 1813/15 und 1870/71 im Arndt-Museum in Godesberg/Friesdorf angegliedert werden soll, beabsichtigt ein Ausschuß von Schriftstellern, Dichtern und Gelehrten zu gründen. Die Sammlung wird alle erdenklichen Erinnerungen an diesen Krieg umfassen: Kriegs-Zeitungen, -Zeitschriften, -Lieder, -Bekanntmachungen, -Depeschen, -Flugschriften, -Karten, -Bilder, –Aufzeichnungen. Männer wie Fritz Bley, Defregger, Gustav Falk, Humperdinck, (...), Richard von Kralik, Johannes Trojan und andere unterzeichnen den uns vorliegenden Aufruf. Alle Einsendungen werden an das Museum erbeten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Mittwoch, 28. April 1915
Wehrbund. Wir machen auf den Aufruf im heutigen Anzeigenteile aufmerksam, der die Jünglinge und Männer, die ihrer Einberufung entgegensehen, zur Teilnahme an den Uebungen des Wehrbundes auffordert. Es ist für alle diese eine vaterländische Pflicht, an den Uebungen teilzunehmen und sich dadurch vorzubereiten auf den Militärdienst.
Der Verband „Deutsche Arbeit“ der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die unberechtigte Fremdtümelei im Warenverkehr zu bekämpfen, hat unter dem Vorsitz des Staatsministers z. D. Dr. von Richter in Berlin eine Sitzung des geschäftsführenden Ausschusses abgehalten. Es wurde hervorgehoben, daß seit der letzten Sitzung zahlreiche wirtschaftliche Verbände und Einzelfirmen dem Verbande „Deutsche Arbeit“ sich angeschlossen haben. Es war bei der Ausdehnung notwendig, besondere Fachausschüsse zu bilden, die die auftretenden Fragen zu prüfen und vorzubereiten haben. Es wurde auch beschlossen, zu dem Deutschen Werkbund, zu dem Allgemeinen Deutschen Sprachverein und ähnlichen Vereinigungen in ein förmliches Gegenseitigkeitsverhältnis einzutreten, damit ein förderndes Zusammenarbeiten gesichert ist. Mit der Vorbereitung zur Ausstellung „Deutsche Waren unter fremder Flagge“ hat sich der Ausschuß eingehend beschäftigt. Eine Neueinrichtung „Deutsche Wochen“, während denen die Käufer nur Waren deutschen Ursprungs verlangen sollen, ist in Aussicht genommen, ebenso die Schaffung einer Marke „Deutsche Arbeit“. Ferner soll im Verein mit anderen Zentralverbänden eine Sammelstelle über die Behandlung deutscher Firmen im Auslande geschaffen werden, um geeignete Grundlagen für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen zu gewinnen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")
Ein Messerheld. Auf der Bahnhofstraße wurde in der vergangenen Nacht ein hier wohnender Arbeiter namens Mahlberg von einem anderen Mann, mit dem er in Wortwechsel geraten war, durch Messerstiche so erheblich verletzt, daß seine Aufnahme in eine Klinik veranlaßt werden mußte. Der Täter wurde durch die Bahnwache festgenommen.
Ersetzt fremdländische Schilder, Aufschriften usw. Die noch vielfach vorhandenen fremdländischen, insbesondere französische und englische Inschriften, Aufschriften und Anschläge in öffentlichen Straßen, auf öffentlichen Plätzen, sowie an sonstigen für den geschäftlichen Verkehr bestimmten oder öffentlich zugänglichen Stellen, insbesondere auch in und an Verkaufsläden, Gasthäusern und Geschäftsräumen erregen in der jetzigen Kriegszeit in weiten Kreisen der Bevölkerung berechtigten Anstoß. Ebenso wird auch vielfach für den äußeren Aufdruck auf Geschäftspapieren, Rechnungsformularen, auf Waren und Warenproben eine ausländische Bezeichnung oder eine fremde Sprache gewählt. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Waren, die für die Ausfuhr in das Ausland bestimmt sind, mit einer fremdsprachigen Aufschrift versehen werden. Aber im übrigen muß es als ein unabweisbares Gebot gelten, daß nur deutsche Bezeichnungen angewandt werden. Von mehreren Generalkommandos ist bereits im Wege der mit Strafandrohung versehenen Verordnung gegen die Missstände vorgegangen worden. Auch für den VIII. Korpsbezirk ist eine gleiche Verordnung zu erwarten, wenn wider Erwarten die bereits mehrmals gegebenen Anregungen zur Beseitigung der Missstände keinen durchgreifenden Erfolg haben werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Venusberg. Bonn hat an seinem schönen Venusberg und Kaiser-Wilhelms-Park einen Erholungsort, um den uns viele deutsche Städte beneiden. Leider ist aber durch die große Schnaken-Plage, die von Jahr zu Jahr schlimmer wurde, der Aufenthalt und das Sitzen im Waldein den heißen Sommermonaten fast zur Unmöglichkeit geworden. Wäre es nicht möglich, dem entgegen zu treten, wenn man z. B. jetzt schon die vielen großen und kleinen Pützen desinfizierte oder abgrüb und die Mückenschwärme beizeiten tötete? Da in diesem Jahr, wie es scheint, die Straßen der Stadt nicht gesprengt werden können, wäre es für jung und alt und nicht zum wenigsten für die vielen Invaliden eine doppelt große Wohltat, im Walde ein angenehmes, schattiges Plätzchen zu finden, wo man ruhen könnte. Ein fleißiger Spaziergänger.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Gehaltserhöhungen in Betrieben, die für Heereslieferungen arbeiten. Der letzten Sitzung der Bonner Handelskammer lag ein Ersuchen des stellvertretenden Generalkommandos zu Koblenz um eine gutachtliche Aeußerung zu einer Eingabe des Bundes der technisch-industriellen Beamten betr. Gehalterhöhungen in Betrieben, die für Heereslieferungen arbeiten, vor. Der Vorsitzende bemerkt dazu, daß man gegen die verlangte militärbehördliche Anordnung von Kriegs-Teuerungszulagen für die Privatangestellten in den mit Heereslieferungen bedachten Betrieben grundsätzlich Einspruch erheben müsse. Die Entlohnung der Angestellten sei dem Ermessen der Betriebsinhaber oder der Direktoren der Werke zu überlassen, weil sie alleine in der Lage seien, ein Urteil über die Leistungen jedes einzelnen Angestellten zu fällen und danach die Höhe des Gehaltes zu bemessen. Gerade in der gegenwärtigen Zeit habe es sich gezeigt, wie die Unternehmer freiwillig große Opfer auf sich genommen haben, um ihre Angestellten vor Stellenlosigkeit zu schützen, und es sei zu erwarten, daß sie auch fernerhin ihrer Pflicht sich bewußt seien, wenn es gilt, Not zu lindern, wo solche sich zeigt. Auch werden sie schon aus eigenem Interesse denjenigen Angestellten Zulagen bewilligen, die sich durch ihre Tätigkeit um das Unternehmen verdient machen. Schematisch derartige Zusagen anzuordnen, errege Unzufriedenheit, weil darin eine Unbilligkeit gegenüber dem tüchtigeren Angestellten liegt. Die Kammer stimmte diesen Aeußerungen zu und beschloß in diesem Sinne das gewünschte Gutachten abzugeben.
Die Verdaulichkeit des K-Brotes. Die „Korrespondenz des Bundes Deutscher Frauenvereine“ schreibt: Für diejenigen, die einen empfindlichen Magen haben und das K-Brot nicht gut vertragen können, gebe wir den Ratschlag, nicht zu dick geschnittene Scheiben des Brotes kurz vor der Mahlzeit hellgelb zu rösten. Das Brot wird dann leichter verdaulich.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Donnerstag, 29. April 1915
Die Rekruten. Das Bezirkskommando I Düsseldorf teilt folgendes mit: Aus Anordnung des Kriegsministeriums werden vom 1. Mai 1915 an nach Bedarf die Rekruten, die in den Jahren 1914 und 1915 ausgehoben worden sind, einberufen werden. Firmen usw., die Rekruten beschäftigen, wird anheimgegeben, diese Leute verfügbar zu machen und sich schon jetzt Ersatz zu beschaffen, Mit einer Zurückstellung der Rekruten ist nicht mehr zu rechnen. Zurückstellungsanträge können von jetzt an nicht mehr genehmigt werden.
Bonner Wehrbund. Die Mannen des Wehrbundes zogen am verflossenen Sonntag wieder zum Tannenbusch, um sich wiederum im Auswerfen von Schützengräben zu üben. Dieses Mal ging die Arbeit flotter und gründlicher von statten. Aber nicht nur in der Gründlichkeit der Arbeit war erfreulicherweise ein bemerkenswerter Fortschritt festzustellen, auch in der Form und Anlage des Grabens, der in Schlangelinie ausgeworfen, den neuzeitlichen Anforderungen entsprach, zeigte sich das Bestreben der Leitung, die Jungmannschaft gut auszubilden. Als die Arbeit getan, ordneten sich die Teilnehmer und bildeten Schützenlinien. Hinlegen! ertönte der Befehl und mit Kriechen näherte sich die Schützenkette dem Graben, um ihn schließlich mit lautem Hurra im Sturm zu nehmen. Nach dieser Uebung wurde das Werfen von Handgranaten vorgenommen und die vier besten Werfer durften schließlich mit Knallkapseln ihre Geschicklichkeit beweisen. Eine
große Zuschauermenge wohnte der Uebung bei. So erfreulich das Interesse an den Uebungen ist, weit erfreulicher würde es sein, wenn die Eltern, die Söhne im Alter von 16 – 19 Jahren besitzen, sie zu den Uebungen senden würden. Dieses Interesse der an dem im Dienste des Vaterlandes stehenden Tätigkeit des Wehrbundes würde der Sache besser dienen. Es darf nicht vergessen werden, daß die vom Kriegsminister angeordnete militärische Vorbereitung der Jugend dazu dienen soll, die eigentliche militärische Ausbildung abzukürzen und schneller zu vollenden. Wer will bestreiten, daß dies in der gegenwärtigen Lage nicht notwendig ist! Die jungen Leute, die nicht vorbereitet in das Heer eintreten, erschweren und verlangsamen den Gang der Ausbildung und verhindern so die volle Ausbildung der vom Kriegsminister angeordneten Einrichtung. – Die Leitung des Wehrbundes beabsichtigt mit Eintritt der Badezeit, die Erteilung von Schwimmunterricht zu unternehmen, um auch in dieser Hinsicht vielfach geäußerten Wünschen zu genügen.
Die Anmeldung der Wohnung muß jetzt nach einer Verordnung des Militär-Polizeimeisters für den Festungsbereich Köln, wozu auch Bonn gehört, spätestens 12 Stunden nach Beziehen der Wohnung bei dem Polizeirevier persönlich geschehen. Meldepflichtig sind alle Personen (In- und Ausländer), gleichviel ob sie in Gasthäusernoder in Pensionen, Herbergen, möblierten oder unmöblierten Wohnungen oder Zimmernoder als Logiergäste in Privathäusern dauernd oder vorübergehen (auch besuchsweise) Wohnung nehmen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")
Sanitätshunde im Felde. Her Polizeikommissar Flaccus von hier wurde die Ehre zuteil, am verflossenen Samstag im Kurhaus zu Bad Kissingen in Anwesenheit des Großherzogs Friedrich August von Oldenburg und der Prinzessin Eitel Friedrich von Preußen über „Das Wirken deutscher Sanitätshunde im Felde“ zusprechen. Nach Beendigung des Vortrages, der von den zahlreichen Zuhörern mit großem Beifall aufgenommen wurde, ließ der Großherzog Herrn Polizeikommissar Flaccus zu sich bitten und sprach seine Befriedigung aus über diese klaren und interessanten Ausführungen. Der Großherzog von Oldenburg ist bekanntlich der Schutzherr des Vereins für Sanitätshunde. Auch Prinzessin Eitel Friedrich sprach sich anerkennend über das Gehörte aus.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Mitten im Frühling. Draußen am Kreuzberg blühen die Kirschen und ringsum leuchtet es rosarot aus den Gärten. Das sind wieder die prachtvollen Frühlingstage mit der Fülle des Lichts und dem Zauber ihrer Wonnen, diese merkwürdig-durchstrahlten Tage, wo die Brust wie von einem Druck befreit, sich weitend hebt, wo wir am liebsten mit aufgeknöpftem Ueberzieher, den Hut in de Hand, stundenlang dahinschlendern, gedankenlos. Auf dem Weg, der an Friedrichsruh vorbei zur Casselsruh führt, wird es jetzt den ganzen langen Tag nicht leer von Menschen. Und ist oft ein Singen in der Luft, ein Singen von jungen, lebensdurstigen Menschen und jubelnden Vögeln, daß man einen Augenblick den Krieg und die Sorgen vergißt und ganz untertauchen möchte in die Herrlichkeiten der großen Schöpfung unseres Gottes.
Eines aber ist der Aufmerksamkeit nicht entgangen. Unsere schönste Frühlingssängerin, die Nachtigall, ist nicht mehr so zahlreich zu uns gekommen, wie sonst, Wie sie oft bis zum Morgengrauen im Chorus ihre wundersamen Liebesliedchen sang, läßt sie jetzt nur vereinzelt ihre unendlich süßen, schmelzenden Weisen erklingen. Die alten Bauern sagen, das sei eine Folge des Böllerns drunten in Frankreich, in den Ardennen und Vogesen; das habe die Tierchen bei ihrer Rückkehr aus den warmen Ländern in andere Gegenden verscheucht: Möglich, ja sogar wahrscheinlich.
Auch in Muffendorf, Lannesdorf, Friesdorf, im „Ländchen“ und am Vorgebirge steht jetzt die Baumblüte in voller Pracht. Wie große Blumensträuße schimmern die Bäume und von ferne sieht die Landschaft wie mit Schnee bedeckt aus.
Oben in der Birke pfeift der Star sein Abendlied. Am Zaune lehnt ein junger Bursche und schaut mit großen Augen in die Ferne; bald ruft auch ihn der Kaiser. Er sieht im Geiste Bilder von heißen Gefechten und Sturmangriffen, donnernde Kanonen, blinkende Bajonette, Schlachtfelder und sterbende, jung, deutsche Männer. Und um ihn leuchtet und strahlt und jubelt der Frühling.
Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin zu Schaumburg-Lippe stattete dem Mutterhaus vom Roten Kreuz einen Besuch ab und erfreute die Verwundeten durch ihre warme Teilnahme und das Verteilen von Liebengaben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")
Freitag, 30. April 1915
Leihpferde für die Feldbestellung. Das Kriegsministerium hat an sämtliche Generalkommandos die Verfügung erlassen, Anträge von Landwirten, um leihweise Ueberlassung von Dienstpferden für die Feldbestellung entsprochen werden sollen, wenn daraus keine Schwierigkeiten für die Gestellung des Pferdeersatzes für die Feldtruppen und für die Ausbildung bei den Ersatztruppen erwachsen. Unter derselben Voraussetzung können auch die zur Führung der Gespanne erforderlichen Mannschaften für die Feldbestellung beurlaubt werden. Die Landwirte müssen sich verpflichten, Pferde und Mannschaften kostenfrei zu verpflegen und unterzubringen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten")
Zur Rettung der Heilsarmee. Herr E. Litty, Offizier der Heilsarmee in Bonn, schreibt uns: „Es werden in letztere Zeit so viele Nachrichten verbreitet, daß die Heilsarmee Beziehungen zum Ausland unterhält, resp. das Geld, welches in Deutschland gesammelt wird, für englische Zwecke verwendet. Dieses ist eine Verleumdung. Im Gegensatz zu diesen falschen Behauptungen können wir versichern, daß jetzt (!) die Heilsarmee in Deutschland ganz selbständig ist und es auch nach dem Kriege bleiben wird. – Gleich nach Beginn des Krieges wurde wohl die Heilsarmee in eine schwierige Lage versetzt; doch trotz der großen Bedürfnisse war sie bis jetzt imstande, in unserem Vaterlande durch Kriegsspeisungen und Kinderhorte Hilfe und Trost darzureichen. Auch war es ihr vergönnt, durch eine besondere Hilfsaktion für Ostpreußen Tausenden von Flüchtlingen Unterkunft und Unterhalt zu gewähren, was sowohl von den Behörden als auch vom Volk dankbar anerkannt wurde. Bis an die Front erstreckt sich die Tätigkeit der Heilsarmee, wo sie für Ernährung, Bequemlichkeit und Reinlichkeit unserer Truppen sorgt. – Es wir auch mitgeteilt, daß sich am Hauptquartier in Berlin seit Kriegsbeginn ein Regierungsvertreter befindet.“ – Die besondere Beachtung dieser Zuschrift verdient wohl die Bemerkung, daß die Heilsarmee jetzt ganz selbständig in Deutschland ist. Wie lange dies schon der Fall ist, bedarf eigentlich noch der näheren Angabe. Red.)
Ein kleines Schulmädchen von der verlängerten Schumannstraße hat an einen Bonner Soldaten verschiedene Male Liebesgaben ins Feld geschickt, worauf jetzt folgende Antwort angekommen ist
Im Schützengraben fern an der Iser Strand
Wo wir kämpfen fürs deutsche Vaterland,
Habe ich oft bei Tag und Nacht
An meine kleine Freundin gedacht –
Trotz Kanonendonner und Sturmesbrausen –
Als Granaten und Schrapnells vorübersausen.
Ich dachte hin, ich dachte her,
Wie das alles möglich wär’.
Daß ich so schöne Liebesgaben
Von Dir, Kleine, empfangen habe.
Deinen Namen hast du mir zwar genannt,
Doch sonst sind wir gänzlich unbekannt;
Jetzt schickst Du mir Dein liebes, kleines Bild,
Das mich anschaut so traut und mild.
Herzinnigen Dank spend’ ich Dir –
Und der liebe Gott lohne dich dafür
Was Du einem armen deutschen Krieger hast getan;
An Gottes Thron wird Dir’s geschrieben an.
Mag er Dich schützen vor Kummer, Sorgen und Not
Wie auch die Fahne schwarz-weiß-rot.
Bleibe brav, Deinen Eltern gut
Und bete zu Gott für deutschen Mut
Drum nochmals Gruß, Kuß und Hand:
Mit Gott für König und Vaterland.
Zur Erinnerung an meine kleine Freundin Elisabeth Hensler gewidmet vom Gefreiten Hermann Busch, Bonn.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wandertag des rheinischen Turmkreises. Von jeher wird der Tag von Christi Himmelfahrt von den der Deutschen Turnerschaft angegliederten Vereinen als allgemeiner Wandertag genutzt. Dienten die vorjährigen Turnfahrten dem Vorsitzenden der Deutschen Turnerschaft, Geheimrat Dr. Goetz, zu Ehren, so gelten sie jetzt den Zwecken der Wohltätigkeit. Auf allen Turnfahrten, die am 18. Mai unternommen werden, ist eine Geldsammlung zum Besten der infolge Verwundung ihres Augenlichts beraubten Krieger zu veranstalten. Das Ergebnis dieser Sammlungen ist an den Kreis-Kassenwart, Buchdruckereibesitzer Rud. Gippers – Krefeld, abzuführen. Jedem Verein bleibt es unbenommen, die Turnfahrt selbst nach Zeit und Ziel festzusetzen, sie muß aber ohne Einkehr durchgeführt werden.
Rheinbadeanstalten. Die städtische Rheinbadeanstalt ist von morgen ab zur Benutzung für warme Wannenbäder geöffnet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten")