Dienstag, 3. August 1915

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 3. August 1915Auf dem Markte war gestern die Trennung der Gemüsezüchter von den Händlern zum erstenmal durchgeführt. Sie machte keine besonderen Schwierigkeiten. Die Gemüsezüchter hatten den kleineren Teil des Marktes vor dem Rathause inne, die Händler den übrigen Markt. Der von den Händlern besetzte Platz war wohl dreimal so groß wie der der Gemüsezüchter. Zwischen beiden Teilen war aus Eisenpfählen und Stricken eine Absperrung gezogen worden. Eine Anzahl Händler, die sich zunächst zwischen die Gemüsezüchter gesetzt hatten, folgten anstandslos der Aufforderung des Marktpolizeibeamten, auf dem anderen Teile des Marktes einen Platz zu nehmen. Während die Gemüsezüchter sämtlich ihre Waren schon vor Mittag abgesetzt hatten, mußten die Händler bis zum Schluß des Marktes gegen 1 Uhr aushalten und auch dann noch einen großen Teil ihrer Waren wieder mit nach Hause nehmen.
   Von heute ab läßt auch die Stadt vor der Rathaustreppe Gemüse, Kartoffeln und Obst verkaufen. Wie die Stadtverwaltung im Anzeigenteil unserer Zeitung bekannt macht, findet der städtische Verkauf bis auf weiteres an allen Wochentagen vormittags und an den Dienstagen u. Freitagen auch nachmittags statt. Die Preise der einzelnen Waren werden auf Preistafeln angegeben.

Anzeige im General-Anzeiger vom 3. August 1915Die Universität Bonn im ersten Kriegsjahre , Teil II.
Nachdem das Leben bei längerer Dauer des Krieges sich allmählich auf dessen Ansprüche und auf die dadurch hervorgerufene Lage eingestellt hatte, mußte auch die Universität diesem Dauerzustande sich anpassen. Teils aus eigenem Entschlusse, teils auf Ministerial-Verfügungen hin galt es vor allem, den Studien-Betrieb mit den herabgesetzten Kräften aufrechtzuerhalten, was denn auch durchaus gelungen ist, dank dem treuen Ausharren von Dozenten und Studenten vor und auf spärlich besetzten Bänken sonst wohlgefüllter Hörsäle. Dabei traten an die Verwaltungsbehörden der Hochschule manche neue, ihrem Wirkungskreise sonst ferner liegende Aufgaben heran, zu deren Bewältigung die stark verminderten Bürokräfte sich aufopfernd einsetzten. (...)
   Die private Tätigkeit der Lehrer und der Studenten der Hochschule im Dienste des Vaterlandes kann nur gestreift werden. Sie alle, auch soweit sie nicht ins Feld ziehen oder daheim sich den militärischen Aufgaben unmittelbar widmen durften, erwiesen sich der Pflicht bewußt, daß alle ihre Kraft in der Stunde der Not dem Vaterlande gebührte. So traten zahlreiche Studierende persönlich in den Dienst örtlicher Wohltätigkeits-Einrichtungen, während mehrere studentische Korporationen ihre Häuser vaterländischen Zwecken zur Verfügung stellten. Einige der älteren Professoren sind an der Leitung und an den Uebungen des Wehrbundes mit glühendem Eifer beteiligt. Die meisten Mitglieder des Lehrkörpers konnten freilich durchweg nur ihre geistige Arbeitskraft einsetzen, dies ist dann aber auch in ausgiebiger Weise geschehen. So wurde in hervorragender und bedeutsamer Weise eingegriffen in die Erörterung und Durchführung der wirtschaftlichen Maßnahmen und mitgewirkt bei den Sicherungsanordnungen der Kunstpflege. Fast alle Mitglieder der medizinischen Fakultät , auch die Vertreter der theoretischen Fächer, haben sich um das Militärsanitätswesen verdient gemacht. Durch Wort und Schrift haben sehr viele Dozenten in die Bewegung der Geister eingegriffen; auch wurden dem stellvertretenden Generalkommando des 8. Armeekorps auf dessen Wunsch unter Vermittlung des Rektorates politische oder kriegsgeschichtliche Aufsätze, zum Teil in fremden Sprachen, zum Vorlesen bei den Kriegsgefangenen geliefert. Besonders aber traten nach außen zwei aus der Universität hervorgegangene Einrichtungen ins Leben. Die eine ist die der Vaterländischen Reden und Vorträge, die unentgeltlich Bonns Bewohner durch Wort und Gedanken in der ernsten Zeit erheben und stärken sollten und dies bis Ostern in umfassender Weise geleistet haben. Der Ausschuß, der sich dafür bildete, setzt sich aus allen berufenen Kreisen von Bonn zusammen, auch die Redner fanden sich aus Männern verschiedenster Berufe und Aemter. Den Kern der Einrichtung aber gab doch die Universität ab, deren Rektor dem Ausschusse vorsitzt, wie der Prorektor Sell die Seele des Ganzen war; mit seiner Rede über „Recht und Würde des Krieges“ begann, nach einleitenden Worten des Rektors, am 7. September die Reihe der Vorträge, die meist wegen starken Andranges des Publikums zweimal gehalten werden mußten.
   Aus dem Schoße der medizinischen Fakultät wurde der von weitesten städtischen Kreisen freudig aufgenommene Gedanke angeregt, einen Bonner Lazarettzug zu stiften und zu unterhalten. Der Rektor des Wintersemesters trat an die Spitze des Unternehmens, ein Dozent wurde der Transportführer des Zuges, der in einer Reihe von Fahrten sich einen vorzüglichen Ruf erworben und zahlreichen Verwundeten Hülfe und Linderung gebracht hat.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

   

Anzeige im General-Anzeiger vom 3. August 1915Auf dem Gemüsemarkt standen gestern Züchter und Händler reinlich geschieden mit ihren Erzeugnissen und ihren Waren auf dem Markte. (...) Bei gleichen Preisen bewegten denn auch in beiden Ständen sich gleichviele Käufer, in denen der Händler eher mehr.
   Diese machten auch über die Schranke hin den Gemüsebauern ihren geschäftlichen Besuch, und das war nötig. Denn die verhältnismäßig geringe Gemüseanfuhr der Züchter wäre von den Bonner Hausfrauen nicht aufgekauft worden, so gering war der Besuch des Marktes durch die Käufer. Das ist eine seltsame, aber begreifliche Erscheinung, die jetzt auf dem Bonner Markt stets zu beobachten ist. Die Lücken in die Stände der Gemüsebauern riß der Handel und nicht Bürgerfrauen und –Mädchen. Um 12 Uhr war der Züchtermarkt leer. Bei den Händlern aber herrschte noch lebhaftes Treiben.
   Die Absperrung wurde durch ein Seil hergestellt, zu dessen Halt das Tiefbauamt eiserne Absperrungspfähle geliehen hatte. Die Absperrung erfolgte einige zehn Meter vor der Marktsäule auf das Rathaus zu und quer über den Markt. Bei der neuen Zuteilung der Plätze für die festen Stände ging es nicht ohne einigen „Explizier“ ab; schließlich fügten sich alle den ruhigen Anordnungen der Marktpolizei. Doch war der Marktwitz den ganzen Morgen rege: er flog auch über die Seilschranke hinüber und herüber. (...)
   Auch die Absperrung, die die Verkäufer von den Landleuten trennt, hat anscheinend wenig Beifall gefunden. An den beiden Eckpfeilern, die das trennende Seil tragen, waren in der Frühe Aufschriften angebracht, mit Blaustift auf Pappdeckel „gemalt“. An dem einen Pfeiler stand zu lesen: „Neueste Bonner freie Menagerie“ und an der entgegengesetzten Seite: „Zu den Bonner Raubtieren. Eintritt frei.“ Die beiden Aufschriften fanden allerseits Beachtung und wurden vielfach mit Schmunzeln gelesen. Doch lange währte die Freude nicht, bald waren sie wieder spurlos verschwunden.

Der städtische Gemüseverkauf fand heute zum erstenmal statt. Durch Angestellte der Stadtgärtnerei waren große Haufen von recht schönem und frischem Blumen- und Rotkohl, Kappus, Savoyen [Wirsing], Möhren und Sellerie aufgestapelt und ein großes weißes Schild kündigte weithin über den Markt von dieser neuesten kommunalen Fürsorge auf dem Gebiete der Volksernährung. Der Gemüsemarkt wies heute früh dieselbe Einteilung wie gestern auf: zwei Drittel nahmen die Stände der Händler, ein Drittel die der Züchter auf. Auf dem Züchtermarkt ging es ein bißchen bedrängter zu als gestern; einerseits waren bedeutend mehr Landleute mit ihren Produkten erschienen und andererseits hatte die Stadt für sich den Platz vor der Rathaustreppe in Anspruch genommen.
   Während um 7 Uhr schon schwer beladene Wagen der Händler mit aufgekauftem Gemüse und Obst den Markt verließen, waren die Hausfrauen der Bürger zu zählen, die einkauften. Die Sperre zwischen Handel und Züchter war heute früh weniger starr als gestern; ein halbes Dutzend Holzböcke vom Tiefbauamt zogen eine lose und bewegliche Schranke an derselben Stelle über den Markt, die gestern Eisenpfähle und Taue getrennt hatten.

Der Bayerische Vereinslazarettzug W. 3 ist zurzeit in dem Güterbahnhof in Godesberg aufgestellt. Er wird am Mittwoch, 4. August, nachmittags von 2 bis 6 Uhr, zur öffentlichen Besichtigung freigegeben. – Ein Eintritt von 30 Pfennig wird zum Wohle des Roten Kreuzes erhoben.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Der gestrige Sonntag lockte mit seinem schönen Sonnenschein wieder Tausende hinaus ins Gebirge, und so waren denn sämtliche Verkehrsmittel, Staatsbahn, Elektrische, Siebengebirgsbahn, Dampfschiffe usw. überfüllt von Touristen. Mit dem Rucksack auf dem Rücken ging es singend und jodelnd in die sieben Berge, nach Rolandseck, Rodderberg usw. Die Morgenzüge brachten schon in der Frühe zahllose nach Königswinter, von wo es per pedes weiter in den Wald ging.

Für die Verwundeten!
werden in allen Lazaretten und Krankenhäusern in genügender Anzahl, entsprechend der Bettenzahl, seit Beginn des Krieges in Bonn und in allen Orten unserer Botenbezirke durch unsere Träger die „Deutsche Reichs-Zeitung“ täglich ausgeliefert. Wo unsere Zeitung an die Kranken durch unsere Träger nicht zur Verteilung gelangt, bitten wir um schriftliche Mitteilung an die Geschäftsstelle: Bonn, Sürst 1.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)