Mittwoch, 14. April 1915
Vereinslazarettzug K. 1 Bonn. Für den Bonner Lazarettzug kam heute von einer treuen Deutsch-Amerikanerin und guten Rheinländerin Frau Heinrich Fleer aus Philadelphia die Gabe von 100 Mark. Hoffentlich findet das Beispiel Nachahmung, denn jede Fahrt des Lazarettzuges bringt neue beträchtliche Kosten.
Zum Besten des Bismarck-National-Denkmals findet am 16., 17. und 18. April ein großes patriotisches Festspiel statt. Es kommt ein Film in 5 Akten: „Bismarck“ zur Vorführung mit dem Hofschauspieler Franz Ludwig als Hauptdarsteller. Als Einlage wird „Letzte Ausfahrt U 29, Kapitän Weddigen und seine Heldenmannschaft“ gezeigt. Dis Musik wird vom Städtischen Orchester gestellt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Unverständliche Parteinahme. Ein Leser schreibt uns: Gestern morgen warf ein Knabe Am Hof mit einem Stein nach einem Automobil, das eine Rote Kreuz-Fahne trug. Der Fahrer stoppte sofort das Fahrzeug, und eine Dame, die neben ihm saß, sprang heraus und lief dem Jungen nach. Die Zeugen des Vorfalles nahmen sofort Partei für den Knaben, ein Pflasterarbeiter drohte sogar mit Prügel, wenn dem Jungen etwas geschehe. Das Fahrzeug fuhr bis zum Markt, um polizeiliche Hilfe herbeizuholen. Da jedoch kein Beamter sichtbar war, fuhren die Fremden durch die Brüdergasse nach der Rheinbrücke weiter. Es ist unverständlich, daß Erwachsene die Partei eines Knaben annehmen, dem von Rechts wegen eine gehörige Tracht Prügel zugestanden hätte.
Ein internationales Gefecht. Aus Frankreich sendet uns ein Wehrmann eine Feldpostkarte, in der es u. a. heißt: Wir deutschen Artilleristen schissen aus belgischen Geschützen mit französischen Geschossen auf englische Feinde.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kinder in Uniformen. Man beobachtet auch in den Straßen Bonns das Tragen vollständiger militärischer Uniformen – sogar Offiziersuniformen und Orden durch größere und kleinere Knaben. So sah ich dieser Tage auf offener Straße einen lang aufgeschossenen Knaben, der die Uniform eines Off.-Stellv. mit Degen und gelbbetressten Achselstücken sowie im Knopfloch des Mantels das schwarz-weiße Band des E. Kr. 2. Klasse trug. Er entpuppte sich als Obertertianer, einziger Sohn wohlhabender Eltern. Ich bemerkte sogar Soldaten, vielfach kampferprobte Verwundete, die dem 15jährigen Bengel die vorgeschriebene militärische Ehrenbezeugung erwiesen. – Solche Kleidung entspricht nicht dem Ernste der Zeit und ist als grober Unfug zu verwerfen.
Zu tadeln sind die Eltern, die ihren Sprösslingen für gutes Geld teure Uniformen kaufen. So schätzte ich den Wert der Uniform des Jungen auf mindestens 180-200 Mk. Der reiche Ppa besitzt weder Vernunft noch Patriotismus. Man überweise solch hohe Beträge dem Roten Kreuz, daß sie unseren Feldgrauen im Schützengraben zugute kommen!
Ferner sind unter Umständen die Eltern der Uniformtragenden strafbar aufgrund des § 360, Ziffer 8 des St. G. B. (Unbefugtes Tragen von Uniformen und Abzeichen) Ein Offizier
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ein Geschenk an das Obernier-Museum. Eine Mitbürgerin, die ihren Namen nicht genannt haben möchte, hat dem städtischen Museum „Villa Obernier“ das Bild von Hans Thoma „Bachlandschaft mit Anglern“ geschenkt.
Beim Spiel ums Leben gekommen. In einer Sandgrube oberhalb des großen Spielplatzes an der Kölnstraße wollten mehrere Knaben im Alter von 8-10 Jahren Schützengräben und Unterstände bauen. Sie hatten schon ein etwa 1,50 Meter tiefes Loch gegraben, als die Sandwände der Grube einstürzten und zwei Knaben begruben. Auf die Hilferufe eines anderen Spielkameraden eilte ein städtischer Arbeiter herbei, der die beiden Verschütteten aus den eingestürzten Sandmassen herausholte. Der ältere von ihnen, ein 10jähriger Junge, hatte einige Verletzungen erlitten, lebte aber noch, der zweite, das 8jährige Söhnchen eines Klempners, war unter dem Sand inzwischen schon erstickt und konnte nur als Leiche geborgen werden.
Ein angeblicher Sohn des King Bell von Kamerun hatte sich vor mehreren Jahren in einem Kölner Vergnügungsunternehmen als Student der Universität Bonn ausgegeben und einen Gast zu betrügen versucht, indem er ihm eine unechte Vorstecknadel gegen ein Darlehen von 10 Mark übergab. Der Betreffende merkte jedoch sofort, daß die Vorstecknadel unecht war und verlangte seine 10 Mark zurück. Da leugnete der Abkömmling des schwarzen Königs überhaupt etwas empfangen zu haben, und schließlich wurde bemerkt, daß er das ergaunerte Zehnmarkstück weggeworfen hatte. Jetzt hatte er sich vor der Kölner Strafkammer zu verantworten, die ihn mit Rücksicht darauf, daß etr schon eine ganze Reihe ähnlicher Streiche verübt hatte, zu neun Monaten Gefängnis verurteilte. Der angebliche schwarze Königssohn ist ein Diener namens Hans Bell aus Duala in Kamerun.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)