Mittwoch, 17. Februar 1915

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 17. Februar 1915In Ostafrika gefallen. Es werden jetzt die ersten beiden Verlustlisten aus dem Schutzgebiet Deutsch-Westafrika veröffentlicht. Unter den Gefallenen befindet sich Pflanzungsassistent Johannes Bramkamp aus Ruppichteroth (Siegkreis) gefallen am 12. Sept. bei der englischen Station Kisii am Viktoriasee. Am 9. Sept. vermißt, möglicherweise tot: Pflanzer Walter Klein aus Godesberg.

Gesellschaft für Literatur und Kunst. Am kommenden Samstag, abends 7 1/2 , wird im großen Saal der Lese Geheimrat Paul Clemen über „Die Erhaltung der Denkmäler und der Krieg“ sprechen.

Uebertragung des Fleckfiebers. Nachdem in der russischen Armee das Fleckfieber aufgetreten ist, muß man mit der Möglichkeit rechnen, daß diese Krankheit vom östlichen Kriegsschauplatze aus in Deutschland eingeschleppt wird. Das Ministerium des Inneren macht daher darauf aufmerksam, daß diese Krankheit durch Vermittlung von Läusen, vor allen von Kleiderläusen, übertragen wird. Es empfiehlt sich daher große Vorsicht bei allen aus Galizien und Polen zugereisten Personen, da die Läuseplage in diesen Gegenden sehr verbreitet ist. Fleckfieberkranke und Fleckfieberverdächtige sind sofort in ein Krankenhaus mit Einrichtungen zur sicheren Absonderung zu bringen. Personen, die mit Fleckfieberkranken oder Fleckfieberverdächtigen in nähere Berührung gekommen sind, gelten als ansteckungsverdächtig. Die Kleidung und Wäsche von Fleckfieberkranken und Fleckfieberverdächtigen muß sorgfältig auf Läuse untersucht und nötigenfalls mit den geeigneten Mitteln behandelt werden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 17. Februar 1915Schulfrei! Aus Anlaß unseres großen Sieges über die Russen in Ostpreußen ist der Unterricht in den Schulen heute früh ausgefallen. Mit stürmischen Hurras eilten die Kinder aus den Schulgebäuden.

Wurst der Käse. Man schreibt uns: Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß die Haltbarkeit der Dauerware von Wurst und Fleisch bei den heutigen Verhältnissen nicht mehr dieselbe ist wie vor dem Kriege. Große Fabriken lehnen auch bereits die Garantie für eine längere Haltbarkeit ab, mit der Begründung, daß die jetzt zur Schlachtung kommenden Schweine noch zu jung seien und infolgedessen das Fleisch derselben zu wenig Eiweißgehalt besitzt. Ein hoher Prozentsatz Eiweißgehalt ist aber nötig, wenn die Dauerware von längerer Haltbarkeit sein soll. Es dürfte deshalb empfehlenswert sein, die Aufmerksamkeit auf Käse zu richten, dessen Nährwert selbst bei halbfetten und dreiviertelfetten Käsen noch bedeutsam größer ist, als der von Fleisch. Abgesehen hiervon sind aber auch heute noch die besten Qualitäten wesentlich billiger als z. B. Plockwurst und Cervelatwurst und lassen sich ebenso gut, wenn nicht noch besser, verwahren. In einem nicht zu feuchten Raume (Keller), der vor Durchgang geschützt sein muß, kann man feinste, vollfette Käse ein ganzes Jahr verwahren und noch länger, wobei der Käse immer besser und pikanter wird, zweite Qualitäten eigen sich weniger für ein längeres Lagern, können aber immerhin auch zwei Monate verwahrt werden.

Ueber eine Erhöhung der Steuer für Luxushunde wird sich die Stadtverordnetenversammlung am Freitag schlüssig machen. Die Hundesteuer soll künftig 30 Mk. und bei zwei oder mehr Hunden 40 Mk. für jeden Hund betragen.

Ueber die Bedeutung des Blut-Brotes als kräftiges Volksnahrungsmittel, das nebenbei einen äußerst billigen Ersatz für teure Blutwurst darstellt, haben wir bereits nach einer Schrift des Herrn Apothekers Block = Bonn berichtet. Nunmehr liegt uns auch eine Schrift des Herrn Geheimen Medizinalrats Prof. Dr. R. Robert = Rostock vor, in der dieser Fachmann sich über die Benutzung von Blut als Zusatz zu Nahrungsmitteln äußert. Geheimrat Prof. Robert macht in seinem gemeinverständlichen Schriftchen Angaben über die Zusammensetzung des Blutes unserer Schachttiere, über seinen Gehalt an Eiweißarten und Nährsalzen und bespricht dann die Verwendung des Blutes zu Schwarzsauer, Blutwurst, Blut-Pudding, Punkebrot, Blutklößen, ferner äußert er sich über die Bereitung von Blut-Brot, das harte schwedische Paltbrot und das frische estnische Blut-Brot. Er erwähnt hierbei, daß in den oldenburgischen Landen seit undenklichen Zeiten ein Roggenbrot gebacken werde, bei dem Schweinblut mit verwandt wird. Nach den Erfahrungen der Bauern soll es einen kräftigen Wohlgeschmack besitzen.(...)
Unter Hinweis auf das Block’sche Schriftchen sagt Geheimrat Robert:
„Eine schönere Bestätigung meiner Ansichten kann es gar nicht geben. Alle denkbaren Einwände sind durch Block’s Versuche widerlegt, und ich fordere energisch die Freigabe des Blutes der Schlachthäuser und seine sofortige dauernde Verwertung zu Nahrungszwecken. Neben dem „K“-Brot darf das „B-K“-Brot (Blut-Kartoffelbrot), solange der Krieg dauert, in keinem Bäckerladen mehr fehlen.“

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Erhöhung des Brotpreises.
Die Bonner Bäcker-Innung macht bekannt:
„Der Vorstand sieht sich veranlasst, durch die gewaltigen Mehlpreissteigerungen seitens der Stadtverwaltung den Einheitspreis des Schwarz- und Feinbrotes auf 75 Pfg. zu setzen.“
Dazu schreibt die Innung:
In der Versammlung am 5. Februar wurde beschlossen, einen Einheitspreis von 70 Pfennigen für die Brote festzusetzen. Die Mehlpreise standen an genanntem Versammlungstage für Schwarzbrotmehl auf 32,50 Mark, während heute die Stadtverwaltung als Mehllieferant bei Selbstabholung 38 Mark verlangt und dementsprechend ja auch die anderen Mehlsorten im Preise bedeutend steigen. Aus diesem Grunde sieht sich die Bonner Bäcker-Innung veranlaßt, die Brotpreise zu erhöhen.

Katholischer Gesellenverein. Die nächste Vereinsversammlung am Sonntag den 21. Februar wird wieder zu einem patriotischen Abend erweitert, der zugleich als Abschiedsfeier dienen soll für die vielen Mitglieder, die jetzt ausgehoben worden sind und demnächst zum Militär einrücken müssen. Bei dieser Gelegenheit wird Herr Rechtsanwalt Henry einen Vortrag halten über das Thema: „Unsere Kämpfer und wir!“ Außerdem hat ihre Mitwirkung freundlichst zugesagt Konzertsängerin Frl. M. Deus. Wir machen schon jetzt die Ehrenmitglieder, Mitglieder und Freunden nebst ihren Angehörigen auf diesen Abend aufmerksam.

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 17. Februar 1915Studentische Lazarett-Tätigkeit. Schon mehrfach konnten wir über die Tätigkeit der sozial-studentischen Bewegung zur Freude unserer Verwundeten berichten. Seitdem waren ihre Mitglieder jedoch nicht müßig. In den letzten vierzehn Tagen sind 5 Abendezu verzeichnen. Im Friedrich-Wilhelm-Stift wirkten 4 Studentinnen und 2 Studenten mit. Abwechselnd folgten Klaviervorträge, Lieder zu Laute und Rezitationen. Aehnliche Darbietungen füllten einen stimmungsvollen Abend im St. Marienhospital. Lieder zur Laute und Rezitationen erfreuten an einem weiteren Abend die Verwundeten im St. Josephs-Hospital in Beuel. Zweimal in den letzten Wochen leitete ein junger, der Bewegung nahestehender Künstler auf der Orgel einen Abend in der Beethovenhalle ein und beschloß ihn. Studentinnen und Studenten sangen und sprachen ernste und vor allem heitere Gedichte aus friedvollen und ernsten Zeiten. Letzten Samstag stellte sich Opernsängerin L. Korkhaus aus Köln in den Dienst der Sache und sang mit echtem starkem Ausdruck Volks- und Kriegslieder. Das sind schöne Stunden für die Soldaten und die Mitglieder der sozial-studentischen Bewegung.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)