Sonntag, 6. Dezember 1914

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 6. Dezember 1914Weihnachtspakete für unsere Truppen. 2800 Weihnachtspakete konnte der Vaterländische Frauen-Verein, Stadtkreis Bonn unseren Soldaten im Felde an die Front schicken. In Säcke zu je 20 Paketen eingenäht gingen die Gaben zu Schiff nach Koblenz, von wo sie als eigene Waggonladung ihrer Bestimmung entgegengeführt werden: den Tapferen draußen, die ihr Leben für uns in die Schanze schlagen, eine Weihnachtsfreude zu bereiten.

Vaterländische Reden und Vorträge. Am Dienstag, den 8. Dez., abends 8½, wird Professor Dr. Imelmann einen Vortrag halten über „Der deutsche Krieg und die englische Literatur“.

Stadttheater. Heute Nachmittag wird auf vielfaches Verlangen das gute alte Lustspiel von L’Arronge „Dr. Klaus“ wiederholt. Abends wird das heitere Spiel von Kehm und Frehsee „Als ich noch im Flügelkleide“ gegeben. Nachmittags haben die Schülerkarten Geltung.

Der Bonner Krieger-Verein veranstaltet am zweiten Weihnachtstage, nachmittags 4 Uhr, im „Bonner Hof“ eine Weihnachtsfeier. Die Monatsversammlung fällt aus.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Deutsche Bezeichnung für Fleischwaren. Der Deutsche Fleischerverband macht nach eingehende Erwägungen und Beratungen den Vorschlag, anstelle bisher gebräuchlicher Fremdwörter deutsche Benennungen für Fleischstücke und Fleischwaren einzuführen. Es soll, wie die Allg. Fleischer-Ztg. berichtet, Roastbeef ersetzt werden durch Ochsenrücken (Rinderrücken), Filet durch Lende, Beefsteak durch Lendenschnitte, Beefsteak á la tatare durch Schabe- oder Hackfleisch, Entrecote durch Mittelrippenstück, Rumpsteak durch Rückenschnitte, Chateaubriand durch Doppellendenschnitte, Kotelette, Carré und Karbonade im Stück durch Rücken und Doppelrücken, abgeteilt durch Rippschnitt, Rippchen gesalzen, durch Rippspeer (beim Schwein), geräuchert durch geräucherte Ochsenrippe (beim Ochsen), Roulade durch Fleischröllchen, Gulasch durch Pfeffer- oder Paprikafleisch, Ragout, Fricassé durch Würzfleisch mit brauner oder weißer Tunke, Würfelfleisch, Fricandelle durch Fleischkügelchen, Fricandeau durch Kalbsspickbraten, Kalbsteak durch Saftschnitzel, Hammel- oder Lammsteak durch Hammel- oder Lammschnitzel, Aspik, Gelee durch Fleischsulz, Sülzkotelette durch gesülzte Rippschnitte, Galantine durch Rollpastete, Delikatessschinken durch Edelschinken, Zervelatwurst durch Schlackwurst, Saucischen durch Bratwürstchen, Boudin durch Rot- oder Weißwurst, Lyoner Wurst durch Schinkenwurst, Zervelats durch Rohwürstchen, Corned Beef durch Büchsensalzfleisch, Boiled Beef durch Büchsenfleisch. Die Mitglieder des Deutschen Fleischerverbandes werden aufgefordert, sich dieser Bezeichnungen zu bedienen. (...)

(Bonner Zeitung, Rubrik „Vermischtes“)

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 6. Dezember 1914Zwei abgefeimte Taschendiebinnen sind gestern von der Kriminalpolizei festgenommen worden. Es handelt sich nicht etwa um erwachsene Personen, sondern um 13jährige Mädchen aus Bonn und Limperich, die seit einiger Zeit schon ihr unsauberes Handwerk ausführten. Sie machten sich an Damen, die vor den Geschäftshäusern die Auslagen besahen heran und entwendeten aus den Handtaschen die Portemonnaies. In vielen Fällen ist es ihnen gelungen, größere Geldbeträge zu entwenden.

Strafverfahren gegen Kartoffelhändler und Landwirte. Man schreibt uns aus Andernach, 4. Dez. In der letzten Stadtverordneten-Versammlung teilte Beigeordneter Hasdenteufel mit, daß gegen einige Händler und Landwirte Anzeige wegen Zuwiderhandlung gegen den Höchstpreis für Kartoffeln erstattet worden sei. Die Angeklagten müssen sich demnächst vor dem Gericht zu verantworten haben.
  
Gegen die Verheimlichung von Kartoffelvorräten geht das Landratsamt in Hanau sehr scharf vor. Sie sind dort in erheblichen Mengen beschlagnahmt worden und dürfen vorerst nur im Stadt- und Landkreise Hanau verkauft werden. (...)

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Junge Langfinger. Der Bonner Polizei sind in der letzten Zeit eine große Anzahl Taschendiebstähle, gegen 20, gemeldet worden. Am Bahnhof, in Warenhäusern und an anderen Stellen wurden Frauen und Mädchen Geldbörsen aus Hand- und Markttaschen gestohlen. Jetzt ist es der Kriminalpolizei gelungen, die Diebe in mehreren noch schulpflichtigen Kindern, Knaben und Mädchen im Alter von 12 bis 14 Jahren zu ermitteln. Die Kinder haben das Geld, soweit bis jetzt festgestellt ist, vernascht. Die Namen von fünf Kindern, die als Diebe bestimmt in Frage kommen, sind der Kriminalpolizei bekannt. Jedenfalls wird sich im weiteren Verlaufe der Untersuchung die Zahl noch erhöhen.

Anzeige im General-Anzeiger vom 6. Dezember 1914Der Weihnachtseinkauf – eine soziale Pflicht. Kriegszeit verpflichtet zu anderem Handeln und Denken als sonst. Wer heute nur an sich und die Seinen denkt, ist ebenso ein Verräter am Vaterland, wie derjenige, der sich von der Militärpflicht drückt. Jeder Einkauf über das notwendige Maß hinaus ist eine soziale Tat. Das ganze Geschäft in vielen Artikeln, besonders in feineren kunstgewerblichen Erzeugnissen, in Büchern, Spielsachen usw. hat sich in den letzten Jahrzehnten in Deutschland ja so zugespitzt, daß vom sogenannten Weihnachtsgeschäft der Erfolg oder Mißerfolg des ganzen Jahres abhängt. Bis in den Dezember hinein werden sich die Erzeuger aller dieser Dinge, die man nicht notwendig gebraucht, die aber unser Leben schön und behaglich machen, helfen können. Enttäuscht aber das Weihnachtsgeschäft, so werden sie ihre Betriebe nicht aufrecht erhalten können. Ueber Hunderttausende von fleißigen Arbeitern im Thüringer Wald und im Erzgebirge, im Schwarzwald, in Oberfranken, Schlesien, in vielen gewerbefleißigen Städten unseres Vaterlandes wird dann die bitterste Not hineinbrechen. Weder das Reich, noch die Einzelstaaten, noch die Gewerkschaften und andere Organisationen werden da durchgreifend helfen können.
  
Ein Feind seines Vaterlandes ist auch derjenige, der jetzt in abgetragenen Kleidern einhergeht, weil er sich sagt: jetzt in der Kriegszeit, wo so viele sich keine neue Kleidung kaufen können, fällt das ja nicht auf. Da kann man das Geld sparen. Er verrät sein Vaterland, dessen wirtschaftliche Kriegbereitschaft er ebenso herabmindert, wie derjenige die militärische schädigt, de seiner Wehrpflicht nichterfüllt. Es gibt zahllose solcher Vaterlandsfeinde, die sich von ihren wirtschaftlichen Pflichten befreien, und die nicht bedenken, daß die Kriegszeit im Gegenteil Alle zu Anspannung aller ihrer Kräfte verpflichtet. Der eine hat sein körperliches Leben auf’s Spiel zu setzen, der andere darf nicht allzu ängstlich um seine wirtschaftliche Existenz sein. Jeder muß Opfer bringen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

 

Vortrag und Musterhausfrau
Am Donnertag abend fand im Drei-Kaiser-Saal ein Vortrag statt: „Strebe danach eine Musterhausfrau zu werden.“ Der Hauptredner war außer einigen Damen Herr Oekonomierat Kreutz. Leider war dieser Vortrag, welcher vom „Frauen-Verein“ angeregt und geleitet wurde, sehr schwach besucht. Ja, Hausfrauen, diesen Vortrag hättet Ihr alle, ohne Ausnahmen, besuchen müssen.
   Unter den Rednerinnen verdienen besonders die sehr praktischen Ratschläge und Belehrungen hervorgehoben zu werden, welche Frl. Hedwig Reinbrecht uns zuteil werden ließ. Woran lag es aber, daß gerade dieser in jetziger Zeit sehr bedeutungsvolle Vortrag so schwach besucht war? (Es waren vielleicht 150-180 Personen anwesend.) Meines Erachtens war dieser Vortrag nicht genügend bekannt gemacht worden. Diese Zeilen sollen nun dazu beitragen, die Vorträge der Damen des Frauen-Vereins in den weitesten Kreisen der Bonner Hausfrauen bekannt zu machen und ergeht gleichzeitig die Bitte an den hochwohllöbl. Verein, den Vortrag in allernächster Zeit nochmals wiederholen zu wollen. Frau Franz Th. Bonn

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)