Mittwoch, 24. Januar 1917

      

Die deutsche Studentenschaft wird heute abend dem Kaiser mit einem Fackelzuge huldigen. Zur Teilnahme an dem Fackelzuge ist gestern abend eine größere Anzahl Bonner Studenten nach Berlin abgereist.

Erziehung der heranwachsenden Jugend. Auch an dieser Stelle sei hierdurch nachdrücklich auf die vom Ortsverein zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit auf heute abend 8 Uhr einberufene Versammlung im Katholischen Gesellenhause, Kölnstraße 17/19, aufmerksam gemacht. Diese Frage (so wird uns geschrieben) gehört mit zu den wichtigsten unserer zukünftigen Entwicklung. Es gilt. Die mancherlei zum Teil großen Schäden, die der Krieg hier offengelegt hat, mit Kraft und Entschlossenheit zu bekämpfen, auf daß ferner die Losung bleibt: Deutschlands Jugend ist Deutschlands Hoffnung! Es ist Gelegenheit zur Aussprache gegeben. Der Eintritt ist frei.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

     

Gegen den Handel mit angeblich ausländischem Fleisch richtet sich eine Verfügung des Oberbürgermeisters, die in unserem heutigen Blatte abgedruckt wird. Die Behörde ist der Ansicht, daß das unter Ueberschreitung der Höchstpreise feilgehaltene Fleisch in den meisten Fällen inländischer Herkunft ist und auf ungesetzlichem Wege erworben wird. Da die Einfuhr von Fleisch aus dem Auslande nach den bestehenden Bestimmungen verboten ist, kann der Kleinhändler auf gesetzlichem Wege erworbenes ausländisches Fleisch nicht feilbieten. Um dem ungesetzlichen Treiben ein Ende zu machen, soll von jetzt ab in allen zur Kenntnis der Behörde kommenden Uebertretungsfällen unnachsichtlich das Strafverfahren eingeleitet und außerdem die Beschlagnahme des Fleisches ohne jede Bezahlung verfügt werden.

Säuglingsgebäck. Bei der Beantragung von Karten für Säuglingsgebäck (Kinderplätzchen) braucht bis auf weiteres die halbe Brotkarte des Säuglings nicht mehr abgegeben zu werden. Bezugsberechtigt sind nur Säuglinge im Alter von6 bis einschließlich 14 Monaten.

Strenge Kälte. Der Januar macht in diesem Jahre seinem Namen als Hartung oder Hartmond alle Ehre. Während wir gestern morgen im Innern der Stadt 10 Grad Kälte hatten und in den höher gelegenen Orten der Umgebung sogar 13 Grad festgestellt wurden, fiel das Thermometer in der vergangenen Nacht hier in Bonn ebenfalls auf 13 Grad unter Null. Die alte Bauernregel „Wenn die Tage längen, fangen sie an zu strengen“ bewahrheitet sich auch diesmal wieder, da uns bekanntlich der Dezember an manchen Tagen sogar sommerlich warme Temperaturen brachte.

30 Gramm Butter und 30 Gramm Fett werden in dieser Woche an jede bezugsberechtigte Person abgegeben. Der Preis für Butter beträgt 3,35 Mk., für Margarine 2,20 Mk. das Pfund.

Kartoffelanbau. Der Oberbürgermeister macht darauf aufmerksam, daß jeder Besitzer oder Pächter einer Acker- oder Gartenparzelle im Stadtbezirk Bonn verpflichtet ist, in diesem Jahre einen entsprechenden Teil mit Kartoffeln zu bepflanzen, damit er für sich und seinen Haushalt den Kartoffelbedarf als Selbstversorger decken kann.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

       

Verwundetenfürsorge. Nachdem in den Weihnachtstagen im Nachmittagsheim für Verwundete (Koblenzerstraße 90) allerlei Veranstaltungen für Feststimmung gesorgt hatten, fanden auch im neuen Jahre schon mehrmals Vorführungen zur Erheiterung der Verwundeten statt. Am Dreikönigstag erschienen die Hl. 3 Könige mit ihrem orientalischen Gefolge, ein farbenprächtiger Zug mit eindrucksvoller Musik. Letzten Sonntag boten die Schülerinnen des Drammerschen Lyzeums ein anregendes Programm. Mehrere Chorlieder wechselten mit lustigen Theaterstücken. Am kommenden Donnerstag will eine fröhliche Kinderschar unsere tapferen Kämpfer in das Märchenreich geleiten.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)

     

Eine „Nudelfreundin“ beschwört im hiesigen Generalanzeiger unsere Kriegsküchen, die Nudeln doch nicht mehr zu einem „Matsch“ zu verarbeiten, sondern dem Verkauf an die Hausfrauen freizugeben, die sie besser zubereiten könnten. Die „Nudelfreundin“ im Generalanzeiger versteht sich besser auf die Behandlung dieser Speise. Wie sie in den Kriegsküchen aber zubereitet worden ist, war sie, mit den zugegebenen Preiselbeeren, doch auch ein ganz leckeres Essen, und manch einer, der sich an Kohl- und Steckrüben und nicht zu vergessen, Graupen, längst den Magen überladen, mag heimlich gewünscht haben, die Kriegsküchen gäben sie häufiger. Jedenfalls ist dieser „Matsch“ schmackhafter, wie die Rüben, die bei mehrmaligem Abkochen auch sicher angenehmer zu essen sein würden, und die Graupen, die anscheinend mit Dreck (und, beinahe hätte ich gesagt: Speck!) in den Kessel geschüttet und aufgekocht werden; wenigstens enthält die Suppe so viele überflüssige Bestandteile, daß man sich des Verdachts nicht erwehren kann, sie sei eigentlich gar nicht für uns hungernde Menschen bestimmt. Fände Rüben und Graupen doch auch einmal eine Freundin, die sie den Kriegsküchen entziehen möchte! Der Nudelmatsch ist ihnen auf alle Fälle vorzuziehen!

(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)