Sonntag, 1. August 1915
Die höheren Lehranstalten hat der Oberpräsident der Rheinprovinz im Namen des Provinzialschulkollegiums angewiesen, bei dem bevorstehenden Schulschluß, der mit dem Jahrestage der Mobilmachung ungefähr zusammenfällt, Schüler und Schülerinnen auf den Ernst und die Bedeutung des ersten Kriegsjahres hinzuweisen Auch die Lehrer und Lehrerinnen an Volksschulen werden ersucht, am Schulschluß oder soweit die Ferien begonnen haben, bei Wiederaufnahme des Unterrichtes in gleicher Weise des ersten Kriegsjahres zu gedenken.
Die Universität Bonn im ersten Kriegsjahre.
Die Chronik der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität für das Rechnungsjahr 1914 ist soeben erschienen. Sei beginnt mit einem Vorwort „Die Universität Bonn im ersten Kriegsjahre, in dem der Rektor des Vorjahres, Herr Geheimrat Schulte, und der jetzige Rektor, Herr Geheimrat Landsberg, die Einwirkungen des Krieges auf das Bonner Universitätsleben darlegen.
Die politische Spannung, die seit der Ermordung des österreichischen Thronfolgers eingetreten war, machte sich bald auch im Universitätsleben bemerklich. (...) In der wachsenden Erregung traten die großen und kleineren Stiftungsfeste akademischer Korporationen, die ja mit Vorliebe in den Monat Juli verlegt werden, zurück. Ausländische Studierende, die nun zu unsern Feinden gehören, verließen Bonn, vielfach unter lebhaftem Bedauern der drohenden Zukunft. Die Erregung wuchs mit jedem Tage, bis plötzlich am Freitag, den 24. Juli, die österreichische Forderung an Serbien den Ernst der Lage verschärft zeigte. Wie einst im Jahre 1870 sich die Bonner Studentenschaft in den entscheidenden Tagen zu ihrem Rektor begeben hatte, so veranlaßten spät in der Nacht eingetroffene Nachrichten am Samstag, den 25., und am Dienstag, den 28., einen Teil der patriotisch bewegten Studentenschaft, der auf die Nachrichten gewartet hatte, in ernster patriotischer Haltung Lieder singend vor die weit von dem Mittelpunkte der Stadt liegende Wohnung des Rektors zu ziehen.
Durch die vaterländischen Lieder schon geweckt, erschien er auf dem Balkon und gemahnte die Studenten an das Vorbild von 1870 und dankte für die ausgesprochene Opferwilligkeit. Ein Hoch auf den Kaiser und der Gesang: „Deutschland, Deutschland über alles“ schloß die unvorbereitete nächtliche weihevolle Feier. (...)
Um den Studenten die Heimkehr zu den Ihrigen vor einer etwaigen Einberufung zu den Waffen zu ermöglichen, wurden schon am Freitag, den 31. Juli, die Abtestierungen der Vorlesungen und die Aushändigung der Exmatrikeln begonnen und großenteils erledigt. Schon bevor am folgenden Tag die Anordnung der Mobilmachung in die deutschen Lande erging, hatten viele Studierende sich bei den Truppenteilen zum freiwilligen Dienste gemeldet. In den nächsten Tagen drängten sie sich dann auf die Regimentsbüros Bonns, der Rheinlande und der Heimatprovinzen. An diesem edelsten Aufgebote von Volkstreue und Vaterlandsliebe, das die Geschichte kennt, hat auch die Bonner Studentenschaft herrlichen Anteil. Körperliche Mängel, Rücksichten auf den eigenen Lebensweg, auf die Familie, alle andern Bedenken verschwanden vor dem Willen, dem Vaterlande in dem Kampfe um sein Sein und sein Recht zu dienen und dafür alles einzusetzen. Viele Studenten wanderten von Regiment zu Regiment, um vielleicht beim vierten, fünften als Kriegsfreiwillige angenommen zu werden. Ein sehr erheblicher Teil der Dozenten, der Assistenten, der Beamten und der Unterbeamten eilte zu den Fahnen, so daß oft nur mühselig der Ferienbetrieb einzelner Institute aufrecht erhalten werden konnte. (...)
Bei Beginn des Krieges standen 53 Studierende als Einjährigfreiwillige unter den Waffen, zu ihnen gesellten sich an Gedienten 109 Offiziere und Offizierstellvertreter, 51 Unteroffiziere und Sanitätsunteroffiziere, dazu einige ältere immatrikulierte Offiziere, darunter ein Oberst, der beim Generalstabe wieder einrückte, endlich 20 Militärbeamte. Als Kriegsfreiwillige waren 1193 eingestellt worden, 346 waren angenommen worden, mußten aber noch warten. Bei den Organisationen des Roten Kreuzes wirkten 155, als untauglich waren 394 freiwillig sich Meldende befunden worden.
Von den Räumen der Universität und ihrer Institute dienen sehr viele den Kriegszwecken. Ueber die medizinischen Kliniken ist besonders zu berichten. Im Hauptgebäude wurde schon in den ersten Tagen der Mobilmachung das am Alten Zoll belegene Auditorium maximum, später noch eine Reihe anderer Räume, wiederruflich der Stadt für Lebensmittelmagazine, Büroräume u. dgl. Zur Verfügung gestellt. Am 5. August erhielt der Rektor die Mitteilung, daß das ganze Hauptgebäude westlich des Kuratoriums von einer Etappeninspektion unmittelbar belegt werden werde. 3 Stunden später waren schon 20 Arbeiter damit beschäftigt die Bänke abzuschrauben, bald waren Telegraphenarbeiter am Werke und ein paar Tage später wurden in den Wandelgängen um den Universitätshof Stangenhölzer angebracht, um eintretenden Falls Pferde daran zu befestigen, was sich jedoch nicht als nötig erwies. Ein lebhaftes militärisches Treiben herrschte nun in den Räumen des Erdgeschosses und des ersten Stockwerkes. Eine Wache am Haupteingang und ein Posten an dem südwestlichen Eingange sicherten den Verkehr, seitens der Universität und der Etappeninspektion wurden Passierscheine ausgegeben, die auch der Rektor bei sich trug. Inmitten des Hofes war die Kriegskasse der 2. Armee (v. Bülow) aufgefahren, in manchen Räumen waren schnell Magazine angelegt worden, so war im kunsthistorischen Institute ein großes Stiefelmagazin untergebracht, das geschichtliche Seminar war eine Kleiderkammer geworden. Die letzten Lager der Etappeninspektion wurden Anfang Oktober geräumt. Nach den alten Abmachungen mit der Militärbehörde mußten am 7. Mobilmachungstage eine Anzahl Räume des Hauptgebäudes für ein Lazarett zur Verfügung stehen. Es ist mehrfach darüber verhandelt worden und schließlich waren für ein großes Lazarett die Hörsäle des ersten Stockwerkes bestimmt, die einen gesonderten Eingang würden erhalten können. Doch verzichtete alsdann die Königliche Militärmedizinalbehörde ganz auf diese Räume. (Fortsetzung folgt.)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Mobil! Heute jährt der Tag zum erstenmal, an dem das inhaltsschwere Wort durch die Lande flog. Seit der Mordtat von Sarajewo am Nachmittage des Peter und Paul-Tages wußte man, daß schwere Zeiten heranzogen, daß der Krieg hinter den Bergen halte. Im Laufe des Juli wurde dann viel vom Segen des Friedens gesprochen und geschrieben; aber dem Frieden traute keiner mehr. So kam unter dem hin und hergezerrten Frieden und dem Kriegsgerede die letzte Juliwoche heran. Daß Rußland und seine Bundesgenossen den Serben die Stange hielten, wußte man; daß Deutschland im Notfalle den Oesterreichern beispringen würde, war sicher. So lag denn auf allen Gesichtern die bange Frage: Wie entwickelt sich dieser Streit?
Es begannen die aufregenden Tage, in denen die ganze Stadt nach neuen Nachrichten fieberte. Alles andere Interesse war verschwunden. Frage und Gegenfrage ging nur auf Krieg. Das Geschäftshaus des General-Anzeigers sah jene denkwürdigen Bürger-Ansammlungen, die Kopf an Kopf die breite Bahnhofstraße von einem Ende bis zum anderen füllte. In rascher Folge kamen hier die Sonderblätter heraus, die genau den Stand des politischen Barometers anzeigten; bald sprach freudige Hoffnung auf Frieden aus ihnen, bald malten sie ernst den Krieg an die Wand. Je weniger Klarheit die Telegramme aus Berlin brachten, umsomehr wuchsen Erregung und Spannung. Tag und Nacht wichen die Ansammlungen nicht, war die Geschäftsstelle unseres Blattes von Tausenden belagert. Tag und Nacht flatterten neben den ordentlichen Ausgaben der Zeitung die letzten Nachrichten unter die draußen Harrenden. Vielen wurde ein brausendes Hurra zuteil.
Neben den Depeschen aber sprachen eine ganze Anzahl seltsamer Zeichen und Maßregeln, daß unsere Regierung, wenn sie auch nicht alle Hoffnung auf Frieden fallen gelassen hatte, so doch äußerste Vorsicht in allen Dingen treffen mußte. In der Nacht zum Mittwoch wurde der Bahnbewachungsdienst innerhalb der ganzen Stadt und weiterhin auf der ganzen Rheinstrecke und den linksrheinischen Bahnen eingerichtet. Ganz unauffällig standen da an den Unterführungen, an Brücken, Bachdurchlässen, Bahnbeamte, die einen Karabiner im Arm hielten. Auf den großen Brücken schritten bewaffnete Beamte auf und ab. Mitseltsamen Staunen und Kopfschütteln betrachteten die Bürger diese außergewöhnlichen Wächter. In der Nacht zum Donnerstag wurde dann auch die Rheinbrücke militärisch durch ein Wachkommando unserer 160er besetzt. Die eisernen Sperrtore wurden eingehangen und der Verkehr einer scharfen Kontrolle unterzogen.
Auch im wirtschaftlichen Leben tauchten Zeichen auf, die auf den nahen Krieg hinwiesen. Eine ganze Reihe von Nahrungsmitteln wurden auf einmal knapp oder stiegen im Preise. Von wohlhabenden Bürgern hörte man, daß sie enorme Bestellungen von Haushaltungswaren gemacht hatten und das Allerseltsamste war, daß auf einmal alles Kleingeld aus dem Verkehr verschwunden war. Große Geldstücke, besonders Papierscheine, Zehn- und Zwanzigmarkscheine, konnte man gar nicht mehr gewechselt bekommen. Geschäftsleute borgten lieber halbwegs Bekannten, ehe sie auf einen 50 Mark-Schein oder gar 100-Mark-Schein herausgaben.
Am Freitag den 31. Juli wurde über das ganze Reichsgebiet der Kriegszustand erklärt. Dies war ein Vorgeschmack der Mobilmachung. Eine ganze Anzahl Reserve- und Landwehrleute wurden hierdurch zu den Waffen gerufen. Sie übernahmen den ausgiebigen Schutz der Bahnen und Brücken. Die Bewachung wurde militärisch organisiert. Die Bahnschutzbeamten wurden von regelrechten Militärposten abgelöst. Seit diesem Tage wurde auch die Unterführung an der Poppelsdorfer Allee gesperrt.
Die Ereignisse waren soweit gediehen, und die Aufregung unter der Bürgerschaft so groß, daß diese fast nur noch auf der Straße lebte, sich vor dem General-Anzeiger sammelte. Alles erwartete den Mobilmachungs-Befehl: aber so bedrohlich auch die Nachrichten aus Rußland und Frankreich lauteten, zwei lange, bange Tage gingen noch dahin. Die Aufregung und Spannung der Bürgerschaft war auf einem Höhepunkt angelangt, der die wildesten Gerüchte auftauchen ließ. In dieser Stunde wurde das Spionenfieber geboren, von dem nicht viel Rühmliches gesagt werden kann. Wo sich nur einer verdächtig machte, wollten Hunderte ihn festnehmen. Aus diesem Anlaß sah sich neben anderen Straßen auch die Rathausgasse füllen mit dichten Menschenmassen. Wenige Menschen mögen in Bonn noch ihrer regelrechten Arbeit in diesen Tagen nachgegangen sein.
So kam der Samstag Nachmittag heran. 5 Uhr war’s, da läutete der Telegraph, und er brachte – endlich die Erlösung. Der Kaiser hatte die Mobilmachung des gesamten Heeres und der Flotte angeordnet. Das Gerücht war der amtlichen Nachricht schon Stunden vorausgeeilt. In den dichten Menschenmassen vor dem Geschäftshause des General-Anzeigers summte und surrte es wie in einem Bienenkorb. Aufgeregte Gespräche wurden laut, Schreie und Rufe ertönten, wurden beantwortet und unterdrückt, und als dann doch das inhaltsschwere Wort „Mobil!“ in unzähligen Sonderblättern unter die Bürger flatterte, ging ein einziger Schrei der Erlösung durch die Tausende und Abertausende. Hurrarufe durchbrausten die Luft. War’s ein Jubel-, ein Freudenschrei? – Es war der Schrei der Erlösung. Der unerträgliche Druck, die ungeheure Spannung war von den Menschen genommen. Nun hatte man Gewißheit; mag es sonst kommen, wie es will. Der Kaiser hatte befohlen, das Land war mobil. Der erste Mobilmachungstag war der 2. August.
Da ging ein seltsam Zünden durch das weite deutsche Reich. Ein Volk stand auf, reckte und dehnte sich und schwang seine Waffen. Keiner wußte damals, wie stark dieses Volk; vielleicht im eigenen Lande wußte man’s nicht. Wenn die Feinde es gewußt, sie hätten den Frieden dieses Volkes nie gestört.
Am Samstag abend ward die Mobilmachung befohlen, um Mitternacht rückten schon unsere Husaren aus. Im Dunkel der Nacht zogen sie durch die Straßen, Reiterlieder erklangen, kling, kling, tönten die Eisen der Pferde auf den Steinen. Im Morgengrauen rollten sie schon auf den eisernen Wegen dem Feinde entgegen. Das Volk war aufgestanden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwundeten-Fürsorge. Am Freitag nachmittag erfreute die Drammersche Töchterschule durch ihren Besuch die verwundeten Soldaten der Kieferabteilung am Römerplatz. Durch herrlichen Gesang und Gedichtvorträge erfreuen sie die Herzen der armen Krieger. Besonderen Beifall und Heiterkeit erregte das lustige Stückchen „Alte und neue Welt“. In reichlicher Weise wurden die Soldaten beschenkt mit Süßigkeiten, Rauchwerk und Wein. Alle Soldaten sprachen den lieben kleinen Damen ihren herzlichsten Dank aus und freuen sich auf ein baldiges Wiedersehen.
Ein Handelskursus für Frauen im Alter von 18 bis 30 Jahren soll für die Zeit vom 10. September 1915 bis zum 1. August 1916 an der Städtischen Kaufmännischen Fortbildungsschule abgehalten werden. Der Kursus bezweckt, Frauen mit allen erforderlichen kaufmännischen Kenntnissen betraut zu machen, sodaß sie befähigt sind, als Gehilfinnen in kaufmännischen Bureaus Verwendung zu finden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 2. August 1915
24 schwerverwundete Austauschgefangene sind gestern abend 7 ½ Uhr mit dem fahrplanmäßigen Zuge aus Karlsruhe, wo sie einige Tage verweilt hatten, in Bonn angekommen. Sie wurden von der Krankenträgerkolonne des Roten Kreuzes in das blumengeschmückte Speisezimmer des Bahnhofs gebracht, wo ihnen Oberbürgermeister Spiritus in einer kurzen Ansprache, die mit einem Kaiserhoch schloß, den Willkommensgruß der Stadt Bonn übermittelte. Alsdann wurde den Verwundeten eine Zeitlang Gelegenheit gegeben, ihre Angehörigen, soweit sie erschienen waren, wiederzusehn und sich mit ihnen zu unterhalten. Es gab dabei manche ergreifende Wiedersehensszene. Unter begeisterten Kundgebungen wurden die Verwundeten darauf in Kraftwagen und, soweit sie nicht sitzen können, in fahrbaren Bahren zum Leonium gebracht, wo sie ihrer vollständigen Genesung entgegenharren sollen.
Die angekommenen Austauschgefangenen sind zum größten Teil solche Schwerverwundete, denen in Frankreich ein Bein abgenommen werden mußte, die aber abgesehen von diesem Schaden in der Genesung begriffen sind. Zwei von ihnen waren weniger schwer verletzt, so daß an ihnen keine Amputation vorgenommen zu werden brauchte; diese konnten sich in Begleitung ihrer Angehörigen sogar allein in das Reservelazarett im Leonium begeben. Zwei andere haben allerdings auch noch sehr schwere innere Verletzungen, die sie noch ständig zum Liegen zwingen. Mit Ausnahme dieser innerlich Verwundeten sehen alle verhältnismäßig gut aus, sie sind mit ihrer Behandlung in der französischen Gefangenschaft auch im allgemeinen nicht unzufrieden. Einer antwortete seinem Verwandten auf die Frage, wie es ihm denn bisher ergangen sei, sehr vergnügt, man könne es ihm doch wohl ansehen, daß er es gut gehabt habe. Unter den 24 angekommenen Austauschgefangenen sind sechs Bonner.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Städtischer Gemüseverkauf in Bonn. Wie wir aus amtlicher Quelle hören, wird am morgigen Dienstag der Städtische Gemüseverkauf beginnen. Wie wir erfahren, soll von morgen an an allen Wochentagen vormittags, außerdem Dienstags und Freitags nachmittags Verkauf von Gemüse, Kartoffeln und Obst auf dem Markt gegenüber der Rathaustreppe stattfinden. Die Preise des städtischen Verkaufs sind auf Preistafeln ersichtlich.
Ein Dank- und Bittgottesdienst hat gestern in allen Pfarrkirchen der Erzdiözese vor dem hochw. Gute stattgefunden, um Gottes Segen für die deutschen Waffen herabzuflehen und ihn zu bitten für die Erlangung eines ehrenvollen Friedens. – Auch in dem Gottesdienst der evangelischen Kirche und in der Synagoge wurde Gott für die gnädige Beschützung unseres Vaterlandes gedankt und um ferneren Beistand bis zu einem glücklichen und ehrenvollen Frieden gebeten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
B. M.- G.-V. Apollo. Nach längerer Pause hatten sich die noch nicht eingezogenen Sänger des Vereins auf Wunsch am Sonntagmorgen in der Hertz’schen Heilanstalt (Kreuzbergweg) versammelt, um den Verwundeten und anderen Kranken einen musikalischen Genuß zu bereiten. Eine große Reihe von Liedern und Solovorträgen wurden mit großer Begeisterung entgegengenommen. Zum Schluß gedachte der stellv. Präsident, Herr E. Klug, der Wichtigkeit des Tages, erinnerte an die Mobilmachung vor einem Jahre und schilderte, wie es wohl in Deutschland aussehen würde, wenn das ganze Komplott unserer Feinde eingefallen wäre. Er brachte dann ein begeistert aufgenommenes Hoch auf den Kaiser, seinen Generalstab, die Regierung und unsere braven Truppen aus.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 3. August 1915
Auf dem Markte war gestern die Trennung der Gemüsezüchter von den Händlern zum erstenmal durchgeführt. Sie machte keine besonderen Schwierigkeiten. Die Gemüsezüchter hatten den kleineren Teil des Marktes vor dem Rathause inne, die Händler den übrigen Markt. Der von den Händlern besetzte Platz war wohl dreimal so groß wie der der Gemüsezüchter. Zwischen beiden Teilen war aus Eisenpfählen und Stricken eine Absperrung gezogen worden. Eine Anzahl Händler, die sich zunächst zwischen die Gemüsezüchter gesetzt hatten, folgten anstandslos der Aufforderung des Marktpolizeibeamten, auf dem anderen Teile des Marktes einen Platz zu nehmen. Während die Gemüsezüchter sämtlich ihre Waren schon vor Mittag abgesetzt hatten, mußten die Händler bis zum Schluß des Marktes gegen 1 Uhr aushalten und auch dann noch einen großen Teil ihrer Waren wieder mit nach Hause nehmen.
Von heute ab läßt auch die Stadt vor der Rathaustreppe Gemüse, Kartoffeln und Obst verkaufen. Wie die Stadtverwaltung im Anzeigenteil unserer Zeitung bekannt macht, findet der städtische Verkauf bis auf weiteres an allen Wochentagen vormittags und an den Dienstagen u. Freitagen auch nachmittags statt. Die Preise der einzelnen Waren werden auf Preistafeln angegeben.
Die Universität Bonn im ersten Kriegsjahre , Teil II.
Nachdem das Leben bei längerer Dauer des Krieges sich allmählich auf dessen Ansprüche und auf die dadurch hervorgerufene Lage eingestellt hatte, mußte auch die Universität diesem Dauerzustande sich anpassen. Teils aus eigenem Entschlusse, teils auf Ministerial-Verfügungen hin galt es vor allem, den Studien-Betrieb mit den herabgesetzten Kräften aufrechtzuerhalten, was denn auch durchaus gelungen ist, dank dem treuen Ausharren von Dozenten und Studenten vor und auf spärlich besetzten Bänken sonst wohlgefüllter Hörsäle. Dabei traten an die Verwaltungsbehörden der Hochschule manche neue, ihrem Wirkungskreise sonst ferner liegende Aufgaben heran, zu deren Bewältigung die stark verminderten Bürokräfte sich aufopfernd einsetzten. (...)
Die private Tätigkeit der Lehrer und der Studenten der Hochschule im Dienste des Vaterlandes kann nur gestreift werden. Sie alle, auch soweit sie nicht ins Feld ziehen oder daheim sich den militärischen Aufgaben unmittelbar widmen durften, erwiesen sich der Pflicht bewußt, daß alle ihre Kraft in der Stunde der Not dem Vaterlande gebührte. So traten zahlreiche Studierende persönlich in den Dienst örtlicher Wohltätigkeits-Einrichtungen, während mehrere studentische Korporationen ihre Häuser vaterländischen Zwecken zur Verfügung stellten. Einige der älteren Professoren sind an der Leitung und an den Uebungen des Wehrbundes mit glühendem Eifer beteiligt. Die meisten Mitglieder des Lehrkörpers konnten freilich durchweg nur ihre geistige Arbeitskraft einsetzen, dies ist dann aber auch in ausgiebiger Weise geschehen. So wurde in hervorragender und bedeutsamer Weise eingegriffen in die Erörterung und Durchführung der wirtschaftlichen Maßnahmen und mitgewirkt bei den Sicherungsanordnungen der Kunstpflege. Fast alle Mitglieder der medizinischen Fakultät , auch die Vertreter der theoretischen Fächer, haben sich um das Militärsanitätswesen verdient gemacht. Durch Wort und Schrift haben sehr viele Dozenten in die Bewegung der Geister eingegriffen; auch wurden dem stellvertretenden Generalkommando des 8. Armeekorps auf dessen Wunsch unter Vermittlung des Rektorates politische oder kriegsgeschichtliche Aufsätze, zum Teil in fremden Sprachen, zum Vorlesen bei den Kriegsgefangenen geliefert. Besonders aber traten nach außen zwei aus der Universität hervorgegangene Einrichtungen ins Leben. Die eine ist die der Vaterländischen Reden und Vorträge, die unentgeltlich Bonns Bewohner durch Wort und Gedanken in der ernsten Zeit erheben und stärken sollten und dies bis Ostern in umfassender Weise geleistet haben. Der Ausschuß, der sich dafür bildete, setzt sich aus allen berufenen Kreisen von Bonn zusammen, auch die Redner fanden sich aus Männern verschiedenster Berufe und Aemter. Den Kern der Einrichtung aber gab doch die Universität ab, deren Rektor dem Ausschusse vorsitzt, wie der Prorektor Sell die Seele des Ganzen war; mit seiner Rede über „Recht und Würde des Krieges“ begann, nach einleitenden Worten des Rektors, am 7. September die Reihe der Vorträge, die meist wegen starken Andranges des Publikums zweimal gehalten werden mußten.
Aus dem Schoße der medizinischen Fakultät wurde der von weitesten städtischen Kreisen freudig aufgenommene Gedanke angeregt, einen Bonner Lazarettzug zu stiften und zu unterhalten. Der Rektor des Wintersemesters trat an die Spitze des Unternehmens, ein Dozent wurde der Transportführer des Zuges, der in einer Reihe von Fahrten sich einen vorzüglichen Ruf erworben und zahlreichen Verwundeten Hülfe und Linderung gebracht hat.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Auf dem Gemüsemarkt standen gestern Züchter und Händler reinlich geschieden mit ihren Erzeugnissen und ihren Waren auf dem Markte. (...) Bei gleichen Preisen bewegten denn auch in beiden Ständen sich gleichviele Käufer, in denen der Händler eher mehr.
Diese machten auch über die Schranke hin den Gemüsebauern ihren geschäftlichen Besuch, und das war nötig. Denn die verhältnismäßig geringe Gemüseanfuhr der Züchter wäre von den Bonner Hausfrauen nicht aufgekauft worden, so gering war der Besuch des Marktes durch die Käufer. Das ist eine seltsame, aber begreifliche Erscheinung, die jetzt auf dem Bonner Markt stets zu beobachten ist. Die Lücken in die Stände der Gemüsebauern riß der Handel und nicht Bürgerfrauen und –Mädchen. Um 12 Uhr war der Züchtermarkt leer. Bei den Händlern aber herrschte noch lebhaftes Treiben.
Die Absperrung wurde durch ein Seil hergestellt, zu dessen Halt das Tiefbauamt eiserne Absperrungspfähle geliehen hatte. Die Absperrung erfolgte einige zehn Meter vor der Marktsäule auf das Rathaus zu und quer über den Markt. Bei der neuen Zuteilung der Plätze für die festen Stände ging es nicht ohne einigen „Explizier“ ab; schließlich fügten sich alle den ruhigen Anordnungen der Marktpolizei. Doch war der Marktwitz den ganzen Morgen rege: er flog auch über die Seilschranke hinüber und herüber. (...)
Auch die Absperrung, die die Verkäufer von den Landleuten trennt, hat anscheinend wenig Beifall gefunden. An den beiden Eckpfeilern, die das trennende Seil tragen, waren in der Frühe Aufschriften angebracht, mit Blaustift auf Pappdeckel „gemalt“. An dem einen Pfeiler stand zu lesen: „Neueste Bonner freie Menagerie“ und an der entgegengesetzten Seite: „Zu den Bonner Raubtieren. Eintritt frei.“ Die beiden Aufschriften fanden allerseits Beachtung und wurden vielfach mit Schmunzeln gelesen. Doch lange währte die Freude nicht, bald waren sie wieder spurlos verschwunden.
Der städtische Gemüseverkauf fand heute zum erstenmal statt. Durch Angestellte der Stadtgärtnerei waren große Haufen von recht schönem und frischem Blumen- und Rotkohl, Kappus, Savoyen [Wirsing], Möhren und Sellerie aufgestapelt und ein großes weißes Schild kündigte weithin über den Markt von dieser neuesten kommunalen Fürsorge auf dem Gebiete der Volksernährung. Der Gemüsemarkt wies heute früh dieselbe Einteilung wie gestern auf: zwei Drittel nahmen die Stände der Händler, ein Drittel die der Züchter auf. Auf dem Züchtermarkt ging es ein bißchen bedrängter zu als gestern; einerseits waren bedeutend mehr Landleute mit ihren Produkten erschienen und andererseits hatte die Stadt für sich den Platz vor der Rathaustreppe in Anspruch genommen.
Während um 7 Uhr schon schwer beladene Wagen der Händler mit aufgekauftem Gemüse und Obst den Markt verließen, waren die Hausfrauen der Bürger zu zählen, die einkauften. Die Sperre zwischen Handel und Züchter war heute früh weniger starr als gestern; ein halbes Dutzend Holzböcke vom Tiefbauamt zogen eine lose und bewegliche Schranke an derselben Stelle über den Markt, die gestern Eisenpfähle und Taue getrennt hatten.
Der Bayerische Vereinslazarettzug W. 3 ist zurzeit in dem Güterbahnhof in Godesberg aufgestellt. Er wird am Mittwoch, 4. August, nachmittags von 2 bis 6 Uhr, zur öffentlichen Besichtigung freigegeben. – Ein Eintritt von 30 Pfennig wird zum Wohle des Roten Kreuzes erhoben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der gestrige Sonntag lockte mit seinem schönen Sonnenschein wieder Tausende hinaus ins Gebirge, und so waren denn sämtliche Verkehrsmittel, Staatsbahn, Elektrische, Siebengebirgsbahn, Dampfschiffe usw. überfüllt von Touristen. Mit dem Rucksack auf dem Rücken ging es singend und jodelnd in die sieben Berge, nach Rolandseck, Rodderberg usw. Die Morgenzüge brachten schon in der Frühe zahllose nach Königswinter, von wo es per pedes weiter in den Wald ging.
Für die Verwundeten!
werden in allen Lazaretten und Krankenhäusern in genügender Anzahl, entsprechend der Bettenzahl, seit Beginn des Krieges in Bonn und in allen Orten unserer Botenbezirke durch unsere Träger die „Deutsche Reichs-Zeitung“ täglich ausgeliefert. Wo unsere Zeitung an die Kranken durch unsere Träger nicht zur Verteilung gelangt, bitten wir um schriftliche Mitteilung an die Geschäftsstelle: Bonn, Sürst 1.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 4. August 1915
Die Kunsthandlung von Heinrich Cohen stellt in ihrem Schaufenster zwei Pastellbilder aus, die der Fliegerleutnant W. Aschenborn aus Bonn gemalt hat. Die Bilder zeigen einen Fliegerkampf in den Lüften. Die Flugzeuge auf dem größeren Bilde befinden sich über Arras. Dabei werden die deutschen Fahrzeuge mit Schrapnells beschossen und von englischen und französischen Fliegern angegriffen.
Die Gemeinde Beuel will den im Heeresdienst stehenden und in Lazaretten befindlichen Gemeindeangehörigen wieder Liebesgabenpakete senden. Sie bittet in einer Bekanntmachung im Anzeigenteil dieser Zeitung, dem Bürgermeisteramt die Adressen der betreffenden Gemeindeangehörigen mitzuteilen, auch anzugeben, welche kleineren Gegenstände für den Empfänger besonders zweckmäßig sind – oder ihm Freude machen würden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Städtische Gemüse- und Kartoffelverkauf hatte gestern sowohl im Verlauf des Vormittags als auch am Nachmittag einen großen Zuspruch. Die Züchter, denen gestattet war, am gestrigen Nachmittag ebenfalls auf dem Markt ihre Erzeugnisse zum Verkauf auszustellen, glänzten durch Abwesenheit. Nicht ein einziger Verkäufer war erschienen. Es ist dies nicht zu verwundern, denn bei dem heutigen Arbeitermangel ist es den Landbewohnern nicht möglich, auch noch nachmittags in die Stadt zu kommen. Alle Feld- und Hausarbeiten müssen in den Nachmittagsstunden bewerkstelligt werden.
Mit den für den gestrigen Tag bestimmten Kartoffelvorräten hatte die Stadt bald aufgeräumt, denn das Pfund Kartoffeln wurde für 7 Pfg. abgegeben, während auf dem übrigen Markt 9 Pfg. verlangt wurden. Im ganzen wurden gestern etwa 60 Zentner in kleinen Mengen ausgewogen. Auch die übrigen Waren, wie Bohnen, Möhren, Gemüse, Blumenkohl und Zwiebeln fanden flotten Absatz und wurden teilweise vollständig ausverkauft. Möhren, die drei Gebund 25 Pfg. kosteten, wurde eine ganze Wagenladung umgesetzt.
Auch die Zwiebeln wurden wegen ihrer Billigkeit viel gekauft. Während auf dem übrigen Markt das Pfund Zwiebeln 25 Pfg. kostete, gab die Stadt für diesen Preis zwei Pfund ab. Wenn auch die Verkäufer nicht zu den gleich billigen Preisen wie die Stadt abgeben können, so wird doch der Zweck der städtischen Maßnahme , unerschwinglichen und Teil unberechtigt hohen Marktpreisen vorzubeugen, erreicht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Theatereröffnung. Militärpflichtige Schauspieler gehören wie andere an die Front. Verzichte man während der Kriegszeit im Interesse des Vaterlandes auf die Theaterabende oder begnüge sich vorübergehend mit Kinema-Aufführungen. (Auch dieser Feldzug geht vorüber.)
Zur Frage der Theatereröffnung. Wie ich erfahren, soll hierüber Mitte dieses Monats im Stadtparlament verhandelt und entschieden werdne.
In fast allen Städten des deutschen Reiches, in denen im Frieden, sowie auch im verflossenen Kriegswinter die Theater geöffnet waren, ist schon lange, zum mindesten schon ab 1. Juli über Sein oder Nichtsein des Theaters in kommender Winterspielzeit entschieden worden. Und unter den wenigen Provinzstädten, die aber alle mit Bonn an Größe und Einwohnerzahl nicht zu vergleichen sind, befindet sich natürlich wieder unsere „Kunst- und Musenstadt“, welche bezüglich dieses Punktes noch unschlüssig dasteht. Was andere weniger bemittelte Städte können, kann das nicht ebensogut und noch besser Bonn auch? Bonn, die feine, Bonn, die reiche und Bonn, der teuersten Städte eine!! –
Als Fachmann könnte ich eine ganze Reihe von Städten nennen, an der Ost- und Westgrenze unseres Vaterlandes liegend, von denen sogar Metz den Donner der Geschütze hören kann, die aber unbeachtet dessen und ohne Rücksicht auf finanzielle Zuschüsse in aller Seelenruhe ihre Theater eröffnen werden. Diese Städte gehen also mit einem guten Beispiel voran, und nicht allein diese, auch alle die anderen hundert Provinzstädte, die finanziell in keinem Verhältnis zu Bonn stehen, sind bereits entschlossen, ihre Theater zu eröffnen.
Und drum, mein liebes Bonn, öffne auch Du Deinen Musentempel, verwende Dein Geld, welches Du einem anderen Unternehmen zuschießen müßtest, zum eigenen guten Zweck, gib Deinen Bürgern Ablenkung und Zerstreuung, den Mimen Betätigung und Brot und laß Dir um Gottes Willen den Rang als Kunst- und Musenstadt, die Du doch wirklich bist, schließlich nicht streitig machen von Lüneburg, Thorn, Graudenz oder – Meißen in Sachsen. Einer vom „Bau“.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Poppelsdorfer Kinderhort. Gestern fand die 1. Jahresversammlung des Poppelsdorfer Kinderhortes statt. Frau A. Lintz erstattete den Jahresbericht. Der Hort wurde zu Anfang des Krieges gegründet. Es werden in den Räumen der Poppelsdorfer Schule 50 – 55 Kinder täglich verpflegt und beschäftigt. Sie erhalten Mittagessen und nachmittags Milchkaffee. Hortleiterin ist Frl. L. Ungar; die Leitung der Küche hat Frau Hauptlehrer Schmitz übernommen. Herr Dr. Knapp hat freundlichst die ärztliche Aufsicht übernommen. Die Stadt Bonn gab eine Beihilfe von 400 Mark; sonst werden die Kosten des Kinderhortes von freiwilligen Beiträgen bestritten. Eine Sammlung wird nicht veranstaltet, doch ist der Vorstand für Gaben sehr dankbar.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Zum 100. Geburtstag Gottfried Kinkels am 11. August 1915
beabsichtigen Verehrer des Dichters an seinem Denkmal in Oberkassel einen Kranz niederzulegen. Freiwillige Beiträge hierzu sind bis zum 10. August freundlichst willkommen. Die Geschäftsstelle des „Volksmund“ nimmt Beiträge gegen Quittung in Empfang.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 5. August 1915
Der Bonner Wehrbund unternahm am vergangenen Samstag eine Nachtübung. Die eine Partei hatte den Schützenhof am Tannenbusch zu besetzen und in der Richtung auf Bonn zu sichern, die andere die ihr nicht näher bekannte Stellung des Gegners zu erkunden und ihn womöglich zu vertreiben. Die Aufgabe bot ausgiebig Gelegenheit, Melde- und Patruillendienst, Gewandtheit in der Benutzung des Geländes und die Kunst des Anschleichens zu üben. Ihre Durchführung bewies, daß die Jungmannschaft in diesen Fertigkeiten erfreuliche Fortschritte gemacht hat, so viel ihr auch gerade auf diesem für sie besonders wichtigen Gebiete noch zu lernen bleibt.
Ueber 100 Verwundete aus Kölner Lazaretten besuchten gestern Bonn. Sie marschierten unter Vorantritt einer Kapelle nach der Casselsruhe, kehrten gestern abend zur Stadt zurück und fuhren nach einer kurzen Einkehr in der Beethovenhalle nach Köln zurück.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Höchstpreise für Petroleum. Auf die vielen Anfragen hin, die uns zugehen, weil zwischen Bundesratsverordnung und praktischer Handhabung derselben ein solch großer Gegensatz besteht, können wir unseren Lesern Folgendes mitteilen: Es waren, als vom Bundesrat der Höchstpreis für Petroleum festgesetzt wurde, so große Mengen zu einem viel höheren Preis eingekauft worden, daß der Bundesrat sich auf Ansuchen der Großhändler veranlaßt sah, die Inkrafttretung der Verordnung bis zum 1. September hinauszuschieben. Bis dahin ist also der Verkauf zu höheren Preisen als 34 Pfg. das Liter erlaubt. Mit dem 1. September wird wohl die Beschlagnahme des Petroleums erfolgen und eine Reichsverteilungsstelle eingerichtet werden; d.h. jeder der Petroleum benötigt, bekommt ein gewisses Quantum überwiesen, ähnlich, wie es mit dem Brot bereits gehandhabt wird.
Tödlich verunglückt. An dem Umbau der Märtyrer-Kapelle am Kloster der Ewigen Anbetung am Fuße des Kreuzberges in Endenich fiel gestern nachmittag das innere Gerüst des Turmes plötzlich herunter. Zwei auf dem Gerüst beschäftigte Arbeiter stürzten mit ab. Einer von ihnen, der Maurer Peter Schiffer aus Endenich, wurde von dem abgestürzten Gerüst vollständig bedeckt und war sofort tot. Der andere kam mit kleineren Verletzungen davon. Die Leiche des Verunglückten wurde in das Leichenhaus auf dem Endenicher Friedhof übergeführt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Vaterländische Abend, der zu Erinnerung an den Jahrestag der Mobilmachung gestern abend im großen Festsaal des Bonner Bürger-Vereins stattfand, hatte eine überaus große Anzahl von Damen und Herren als Besucher. Die Ehrenplätze hatten die Spitzen der Behörden eingenommen. (...)
Dann hielt der Rektor der Universität, Geheimrat Landsberg die Festrede, der wir folgende Gedanken entnehmen: (...) Vor einem Jahre habe England uns den Krieg erklärt, wodurch der Kontinentalkrieg zum Weltkrieg wurde. Jetzt, nach einem Jahre, wolle er versuchen, eine Jahresschlußrechnung aufzustellen. Was in militärischer Beziehung geleistet worden sei, stehe jedem lebendig vor der Seele: die eherne Defensive nach der Eroberung von Belgien und eines großen und wichtigen Stückes von Frankreich, die zerschmetternde Offensive gegen Rußland, die Abwehr aller Angriffe gegen die Dardanellen durch unsere türkischen Verbündeten und die Erfolge gegen Italien, das sich die mit dem Makel des Verrats behaftete Stirn umsonst am Grenzwalle der österreichisch-ungarischen Monarchie blutig renne. Daß der Krieg für uns gut steht, darüber ist wohl heute alle Welt einig. Was an edelster Volkskraft in diesem Jahre hingeopfert werden mußte, das muß für das Ganze sowohl wie jeder einzelne Verlust für jede einzelne Familie hingenommen werden. Die wirtschaftlichen Ergebnisse des Krieges seien gerade in Bonn durch Vorträge aller Art schon eingehend gewürdigt worden. Gewiß werde die Lebensführung den Wenigerbemittelten nicht leicht, von einer Hungersnot oder einer sonstigen verzweifelten Not könne aber keine Rede sein. Und das allein sei ein gewaltiger Erfolg, erkämpft von unserer Verwaltung, von unserer Organisation und von unseren Hausfrauen. (...)
Endlich ist auch die Einsicht aller Stände und Berufsarten anders geworden gegenüber der Sozialdemokratie, die sich zu einer staatserhaltenden Partei größten Stils umzugestalten im Begriff steht. Daß man mit Bestimmtheit dieser Bewegung von staatlicher und bürgerlicher Seite entgegenzukommen sich anschickt, das dürfte auf diesem Gebiet die größte und wertvollste Kriegserrungenschaft sein.
Die feste Siegeszuversicht und die feste Zuversicht in die segensreiche Gestaltung der Dinge nach dem Siege gehören unlösbar zusammen. Wir glauben alle gegenseitig wieder aneinander. Wir glauben an die Widerstandskraft und an die unerschöpfliche Fortentwicklungsfähigkeit unseres Vaterlandes, und darum erschrecken wir nicht vor einer Welt von Feinden. Ehrfurcht vor allem Großen, Hohen und Schönen, aber keine bloße Furcht vor allen äußeren Gefahren. (...)
Der Redner forderte die Versammlung auf, das feierliche Gelöbnis der Treue zu Kaiser und Reich in einem dreifachen Hoch auf den Kaiser zu erneuern, in das die Anwesenden begeistert einstimmten.
Nicht endenwollender Beifall zeigte dem Redner, wie sehr er aus aller Herzen gesprochen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 6. August 1915
Die Einnahme Warschaus, der Hauptstadt und stärksten Festung Russisch-Polens, rief gestern nachmittag großen Jubel hervor. Bald nach dem Eintreffen des amtlichen Berichts der deutschen Heeresleitung, der von uns sofort durch Sonderblätter verbreitet wurde, begannen die Glocken aller Kirchen zu läuten, aus den Häusern wurden die Fahnen herausgesteckt und auf den Straßen sah man überall frohe Gesichter. So bot die ganze Stadt wieder einmal ein Bild allgemeiner Siegesfreude.
Noch ein zweites Mal ertönte gestern nachmittag Siegesgeläut von allen Türmen: auch Ivangorod, die zweitstärkste Festung in Polen, ist von den verbündeten österreichisch-ungarischen Truppen eingenommen worden.
Wiederholung des Verwundetenkonzertes. Man schreibt uns: Zu einem wirklichen Verwundeten-Konzert gestaltete sich die Wiederholung der so gut gelungenen Morgenaufführung. Am Montag nachmittag waren nicht nur die Mitwirkenden, sondern auch die Zuhörer Verwundete. Mit ihren Pflegerinnen waren sie erschienen und füllten den großen Saal des Bürgervereins, um den musikalischen Darbietungen ihrer Kameraden zu lauschen. Die Vorträge waren wieder gut und fanden auch den herzlichsten Beifall der dankbaren Zuhörer. Herr Direktor Bins benutzte die kurze Pause nach dem Konzert zu einer kleinen Ansprache, die mit einem brausenden Hurra auf unseren obersten Kriegsherrn endigte. Den Schluß der Darbietungen bildete als unerwartete Zugabe die wohlgelungene Aufführung eines Vaterländischen Festspieles durch Schüler und Schülerinnen der Münsterschule. Großer Beifall war auch hier der Zuhörer an die Schauspieler.
Die Universität Bonn im ersten Kriegsjahre (Teil III.)
In den Heeres- oder Sanitätsdienst waren eingetreten, soweit es sich ermitteln ließ, am Schluß des Winterhalbjahres 1914/15 65 Dozenten, 1 Lektor, 30 Assistenten, 25 Beamte der Universität und 2739 Studenten; das ist von dem männlichen Gesamtbestande unserer deutschen Studentenschaft 70,75 v. H. (...)
Von diesen jungen Männern haben manche, die in den Kampf gezogen sind, inzwischen zur Pflege ihrer Leiden zurückgekehrt, „zwischen den Schlachten“ wieder die Vorlesungen besuchen können. Manche aber auch, liebe Kollegen oder Schüler, werden wir nimmer wiedersehen. Bis Ende März 1915 hatten wir, so viel bisher feststeht, zu beklagen den Soldatentod von drei Dozenten, zwei Assistenten und 113 Studenten. Das ist das Opfer edlen Blutes, das unsere Universität dem Vaterlande im ersten Kriegshalbjahr bringen durfte. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bonner Volksspende. Um die dauernd in hohem Maße erforderlichen Geldmittel für die verschiedenen Zweige der städtischen Kriegshülfe (Zweigverein vom Roten Kreuz, Vaterländischer Frauenverein und Freiwilliger Ausschuß für die Truppen) zu stärken und in feste geregelte Wege zu leiten, sowie zur Beseitigung aller sonstigen Sammlungen für einzelne Zwecke; soll jetzt in Bonn – nach den bewährten vorbildlichen Einrichtungen einer Reihe anderer Städte – eine Volksspende eingerichtet werden.
Dieses vaterländische und vaterstädtische Liebeswerk soll in der freien Opferwilligkeit aller Kreise der Bevölkerung wurzeln, indem sich jeder Bürger, jung oder alt, arm oder reich, an diesem Werke in der Weise beteiligt, daß er sich nach seinen Verhältnissen zur Zahlung eines wöchentlichen Beitrages von 10, 20, 30, 50, 70 Pfg., 1 Mark oder mehr verpflichtet.
Diese Volksspende soll es jedem ermöglichen, aber auch fortdauernd ans Herz legen, daß er – und sei sein Scherflein noch so bescheiden – an der Abtragung der großen Dankesschuld sich beteilige, die das ganze Vaterland dem Opfermut seiner unvergleichlichen Soldaten zollt. Der städtische Ausschuß zur Einrichtung der Volksspende, an dessen Spitze Herr Oberbürgermeister Spiritus steht, wird sich in den nächsten Tagen mit einem Aufruf an die Bürger der Stadt wenden, um sie zur Einzeichnung in die Sammellisten aufzufordern.
Ueber die nähere Organisation der Volksspende werden wir noch weiter berichten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 5. August. Die Elektrische Fähre mußte in dieser Woche ihren Betrieb zwischen Godesberg und Niederdollendorf einstellen, weil die Steuerkette daran gebrochen war. Das Schiff liegt zurzeit am Dollendorfer Ufer zur Vornahme der Reparaturarbeiten. Sein Vorderbug wird zu diesem Zwecke schwer mit Steinen belastet, wodurch das hintere Schiffsteil über Wasser gehoben wird und die Arbeiten vorgenommen werden können. Während dieser Zeit der längeren Fahrteinstellung werden auch zugleich die schadhaft gewordenen Stellen der Rampen ausgebessert. In den nächsten Tagen wird der volle Fahrbetrieb voraussichtlich wieder aufgenommen werden können. Der Personenverkehr zwischen beiden Orten wird während dieser Zeit von den Motorbooten unterhalten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Theatereröffnung. Es liegt mir sehr fern, irgend eine Mitmenschen eines erlaubten Vergnügens zu berauben, oder ihm dasselbe zu mißgönnen. Aber was ich hier, über bereits in zwei Nummern dieser Zeitung gelesen habe, mutet doch sonderbar an. Wer soll denn abgelenkt und zerstreut werden? Etwa der Vater oder der Bruder oder gar die ganze Familie des im Felde stehenden Kriegers? Was würde aber dieser dazu sagen, wenn er erführe, seine Lieben zu Haus gingen ins Theater, damit ihre Gedanken dort für einige Stunden lang gegen Zahlung von ihm abgelenkt und zerstreut würden. Andere Mittel, die nichts kosteten, ständen zu einer so „notwendigen Ablenkung“ nicht zur Verfügung? Oder sollen etwa diejenigen Familien abgelenkt werden, bei denen noch das Wort Anwendung findet: „Er zählt die Häupter seiner Lieben und sieh’, es fehlt kein teures Haupt“? Wenn das nun, dann möchte ich diesen von Herzen wünschen, daß auch bei ihnen bald ein teures Haupt vermißt würde, damit sie keines Theaters bedürften, um zerstreut oder abgelenkt zu werden. Es sprach auch einmal ein Theaterfreund von dem Patriotismus, welcher durch das Theater gehoben und gefördert würde. Wir Deutsche benötigen das Theater nicht, um unseren Patriotismus zu heben und aufzufrischen. Das wollen wir den Franzosen und Engländern überlassen, selbst aber solche Schwachköpfe nicht sein. Rektor Joh. Lambertz.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Warschau erobert. Unbeschreiblich schnell verbreitete sich gestern nachmittag die Kunde von der Eroberung Warschaus durch die Stadt. Freude konnte man allen an den Blicken ablesen und als Zeichen der frohen Stimmung flatterten alsbald die Fahnen an den Häusern der Stadt. Wenn auch mit der Eroberung Warschaus der endgültige Sieg wohl noch nicht erfochten ist, so sind unsere siegreichen Heere doch um einen Lorbeer in ihrem, Siegeskranze reicher geworden und die Schicksalsstunde Rußlands ist näher gerückt. Einen kräftigen Nachdruck erfuhr die Freudestimmung durch die einige Stunden später aus Wien eintreffende amtliche Mitteilung von der Eroberung Iwangorods durch die österreichisch-ungarischen Truppen. Natürlich bildeten beide Siegesmeldungen den Gegenstand des Tagesgespräches. Voll Zuversicht kann das deutsche Volke den weiteren Kämpfen entgegensehen: das war der Grundton, auf den alle Erwägungen und Besprechungen gestimmt waren.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 7. August 1915
250 Verwundete aus den hiesigen Reservelazaretten und der Verwundeten-Kompagnie unternahmen vorgestern wieder einen Schiffsausflug auf einem Regierungsdampfer, der auf Ersuchen des hiesigen Reservelazarett-Delegierten, Herrn Karl Henry, vom Oberpräsidenten der Rheinprovinz zur Verfügung gestellt worden war. Auf dem Schiffe, das Herr Dr. Meyer von der Bonner Fahnenfabrik prächtig hatte schmücken lassen, sorgte Herr Hofwirt Rieck für die Verpflegung der Fahrgäste. Die Abfahrt von Bonn erfolgte mittags 12 Uhr. Die herrliche, den meisten Teilnehmern noch unbekannte Rheinlandschaft, Musikvorträge der Bonner Landsturmkapelle und Darbietungen des Verwundeten-Gesangvereins unter Leitung des Herrn Kapellmeisters Sauer steigerten die Lebenslust unserer verwundeten Feldgrauen und erzeugten bei ihnen bald eine frohe Stimmung. Die Fahrt ging rheinaufwärts bis Koblenz und wieder zurück. Gegen 9 Uhr endete der Ausflug, der allen Teilnehmern wohl dauernd in angenehmer Erinnerung bleiben wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen Vergehens gegen die Bundesrats-Verordnung über die Brotversorgung hatte sich die Inhaberin eines Brotgeschäfts aus Beuel, die das Brot von einem Bäcker bezieht und dann an ihre Kunden weitergibt, vor dem Schöffengericht zu verantworten. Sie hatte in dem Brotbuch eines Kunden nicht, wie vorgeschrieben, den Tag des Verkaufs eingetragen. Da die Angeklagte schon einmal wegen eines solchen Vergehens bestraft war, lautete das Urteil auf 15 Mark Geldstrafe.
Zureden hilft. Man schreibt uns aus Köln, 6. Aug.: Viele Verkäufer, namentlich Kleinbauern aus der Umgegend, konnten sich nicht entschließen, die vorgeschriebenen Preistafeln an ihren Verkaufsständen auf dem Wochenmarkt anzubringen. In vielen Fällen waren die Preistafeln zwar vorhanden, wurden jedoch, sobald die Marktbeamten den Rücken gekehrt hatten, weggenommen. Da alle Vorhaltungen nichts fruchteten, machte die Polizei kurzen Prozeß und schrieb die Uebeltäter sämtlich auf. Jetzt, nachdem rund 100 Protokolle verfügt wurden, prangen auf allen Ständen die vorgeschriebenen Preisverzeichnisse.
Bonner Wochenmarkt. Auf dem gestrigen Wochenmarkt waren die Preise, außer einigen Artikeln, die im Preise etwas heruntergegangen waren, unverändert. Bei großem Angebot fand die Ware nicht den gewünschten Absatz; nur die Gemüsebauern machten bessere Geschäfte, und hatten viele von ihnen bereits um 11 Uhr ihre Waren ausverkauft. Der gestrige Markt bot wieder eine große Auswahl in allen möglichen Obstsorten. Die Preise hierfür sind aber im Verhältnis zu dem großen Angebot sehr hoch.
Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz war auch gestern wieder großes Angebot und fanden die Waren dort flotten Absatz. Die Preise waren hier im Verhältnis dieselben wie auf dem Wochenmarkt. (...)
Der städtische Gemüse- und Kartoffel-Verkauf auf dem Bonner Wochenmarkt war gestern wieder recht lebhaft. Hauptsächlich war die Nachfrage in Kartoffeln sehr groß. Die Käufer standen zu Hunderten reihenweise hintereinander. (...)
Von anderer Seite wird uns noch gemeldet: Der Städtische Gemüse- und Kartoffelverkauf hatte auch gestern solch großen Zuspruch, daß gegen Schluß des Verkaufs um 6 Uhr nachmittags so ziemlich mit allen Vorräten aufgeräumt war. Die Kartoffeln waren lange vor Marktschluß ausverkauft; im Ganzen wurden gestern 125 Zentner in Mengen von 10 Pfund ausgewogen. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hindenburgstraße. Warum hat man nicht den Bonner Talweg von der Reuterstraße bis nach Kessenich Hindenburgstraße genannt? Dort befindet sich die neue Offiziers-Speiseanstalt, für die die Städtische Armenverwaltung das Grundstück an den Militärfiskus verkauft hat. Es wäre doch besser, den oberen Bonner Talweg Hindenburgstraße zu nennen, damit es nach dem Kriege heißt: Offiziers-Kasino an der Hindenburgstraße. Civis.
Kartoffel- und Gemüse-Verkauf in Godesberg. Allenthalben haben die Stadtverwaltungen mit der Einrichtung, Kartoffeln, Gemüse und Obst für eigene Rechnung zu verkaufen, gute Erfahrungen gemacht und den Preistreibereien auf den Märkten Einhalt getan. Auch wir Godesberger würden es mit Freuden begrüßen, wenn sich unsere Gemeindeverwaltung mit dieser Angelegenheit befassen wollte. Hier werden noch immer 9 und 10 Pfg. für das Pfund Kartoffeln verlangt und auch die Preise für Gemüse und Obst sind bedeutend höher als anderswo. Einer für viele.
Theatereröffnung. In Erwiderung möchte ich mir erlauben, daß der Herr über die Theaterfrage sehr einseitig urteilt. Nicht allein dem Vergnügen soll das Theater dienen, sondern auch dem Unterhalt der Schauspieler beisteuern. Wenn jeder Mensch so denken würde, wie der Herr Rektor, was wollte denn die Theaterwelt anfangen? Auch wir wollen in den ernsten, teuren Zeiten leben, wie jeder andere. Deshalb ist die Theatereröffnung ein gutes Werk. Ich glaube nicht, daß der Herr zufrieden wäre, wenn er aus seiner eignen Tasche den armen Künstlern helfen müßte. Darum die Bitte: Eröffnet das Theater und macht es den Künstlern nicht so schwer, ihr Brot zu verdienen. Eine Schauspielerin H. Str.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der Handels- und Gewerbe-Verein hielt am Donnerstag abend im Gasthof zum goldenen Stern eine Hauptversammlung ab, die der Schriftführer, Herr Fusbahn, leitete. Er erinnerte zunächst an den Jahrestag der Mobilmachung und die Erfolge Deutschlands im ersten Kriegsjahre und schloß mit einem Kaiserhoch. Dann führte er aus, daß eine Reihe wichtiger Bekanntmachungen in letzter Zeit erlassen worden sei, die ziemlich einschneidend für manchen Gewerbetreibenden seien. Deshalb habe man eine Aussprache hierüber im Vereine herbeiführen wollen. (...) Herr Kalt führte dann aus, daß die meisten Geschäfte infolge großen Personalmangels kaum noch in der Lage seien, wie in Friedenszeiten selbst die kleinsten gekauften Gegenstände den Kunden ins Haus zustellen zu lassen. Es ist notwendig, daß unseren Damenwelt hierüber aufgeklärt werde. Herr Meyer führte aus, man möge diese Aufklärung auch auf die Auswahlsendungen ausdehnen. Dieser Tage sei es vorgekommen, daß eine Dame sich aus einem Geschäfte eine Auswahlsendung habe zuschicken lassen. Ein Mädchen habe sie zugestellt. Kaum sei es bei der Dame gewesen, so sei aus einem zweiten Geschäft ein Mädchen mit einer weiteren Auswahlsendung gekommen, diese beiden hätten dann eine halbe Stunde warten müssen, bis ein drittes Mädchen mit einer dritten Auswahlsendung aus einem dritten Geschäft gekommen sei, und dann erst habe die Dame ihre Wahl getroffen. Das gehe doch entschieden zu weit. Ein Metzgermeister beklagte sich über die Art der Fleischbestellungen. Jeder Metzger lasse abends seine Kundschaft abfragen. Allein das genüge nicht, die Bestellungen durch Fernsprecher hielten den ganzen Vormittag über an. Es sei sogar vorgekommen, daß man in eine entfernte Straße noch morgens um 11 Uhr ein Viertel Pfund Schwartemagen gebracht haben wollte. (...) Es wurde dann beschlossen, durch Anzeige in den Tageszeitungen das kaufende Publikum zu ersuchen, in den angeführten Punkten mehr Rücksicht auf die Geschäfte zu nehmen. (...) Zum Schlusse verlas Herr Fusbahn ein Schreiben des Herrn Oberbürgermeisters, worin dieser um eine gutachtliche Aeußerung über eine beantragte Einführung des Sonntags-Einuhrladenschlusses für die Dauer des Krieges bat. Die Versammlung spricht sich einheitlich gegen den Erlaß einer solchen Bestimmung aus.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 8. August 1915
Um mehr Brot kaufen zu können, hatte eine hiesige Arbeiterfrau die Eintragungen in ihrem Brotbuch verändert. Sie entschuldigte sich gestern vor der Strafkammer mit der großen Notlage, in der sie sich befunden habe. Alle anderen Lebensmittel seien im Frühjahr so teuer gewesen, daß ihr und ihres Mannes Arbeitsverdienst nicht gereicht hätte zur Ernährung der zahlreichen Familie. Sie habe deshalb, um das verhältnismäßig billige Brot zu bekommen, das Brotbuch gefälscht. Das Gericht berücksichtigte die Notlage der Frau als strafmildernd und erkannte auf die Geringststrafe von einem Tag Gefängnis.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bonner Volksspende. (...) Da Bonn etwa 19000 selbständige Haushaltungen, die alle aufgefordert werden sollen, einen Beitrag zu liefern, zählt, so verlangt das Unternehmen eine sorgsame Verwaltung. Diese Verwaltung besteht in dem Ehrenausschuß und dem Arbeitsausschuß. Der Ehrenausschuß wird sich aus allen Ständen, Berufen und Klassen der Bürger zusammensetzen und wird in den nächsten Tagen einen Aufruf an die Bürgerschaft erlassen. Dem Arbeitsausschuß gehören jetzt zunächst an: Oberbürgermeister Spiritus, Reichstagsabgeordneter und Stadtverordneter Chrysant, Frau Justizrat Conzen, Stadtverordneter Gentrup, Stadtverordneter Rechtsanwalt Henry, Stadtverordneter Dr. Krantz, Frau Berghauptmann Krümmer, Stadtverordneter Justizrat Meyer, Beigeordneter Piehl, Frl. M. Schaaffhausen, Konsistorialrat Stursberg, Stadtverordneter Bankdirektor Weber, Rentner Weinstock. (...)
Die Tätigkeit der Volksspende zerfällt im wesentlichen in drei Teile. Zunächst kommt es darauf an, möglichst viele einzelne Mitglieder zu werben. Sind die Mitglieder gewonnen, so muß Vorsorge getroffen werden, daß jedes Mitglied rechtzeitig zur Leistung seiner Beiträge aufgefordert wird, und dann bedarf es noch der Abwicklung der laufenden Geschäfte.
Bei dem großen Umfange des Stadtbezirkes sind naturgemäß zahlreiche Hilfskräfte erforderlich, die freiwillig die schwere Aufgabe übernehmen, von Straße zu Straße, von Haus zu Haus, von Stockwerk zu Stockwerk, treppauf, treppab zu wandern, um jeden, der bereit ist, an diesem vaterländischen Werke mitzuwirken, zu besuchen.
Der Werber darf sich nicht damit begnügen, etwa nur den Hausvorstand um einen Beitrag anzugehen, sondern soll vielmehr an jeden Hausgenossen mit der bitte um einen Beitrag herantreten. In allen Familien sollen nicht nur Vater und Mutter, sondern auch die Kinder und Dienstboten spenden. Alle sollen von ihrem Einkommen, aus ihren Sparbüchsen und ihrem Lohne ein wenig für unsere tapferen Krieger erübrigen. Wenn der Vater mit einem Wochenbeitrage von 2 Mk. vorangeht, so wird die Mutter gern mit 1 Mk. folgen. Die Gaben der Kinder werden sich in Beiträgen von 30 bis zu 10 Pfg. abstufen und neben den Kindern wird auch das Dienstmädchen freudig seine 20 Pfg. zeichnen.
Der Werber und die Werberin haben also eine hohe und dankbare Aufgabe.
Wir bitten alle, sie in dieser Aufgabe zu unterstützen.
Zur praktischen Durchführung wird Bonn in eine Reihe von Bezirken eingeteilt und dieser Einteilung sind die Armenbezirke zugrunde gelegt, deren es 31 gibt. (...)
Freilich, jede Familie will und muß besucht sein. Sie will es, denn jeder Bonner wird es sich nicht nehmen lassen, zu seine Teil an dem großen Werke, das dem Wohle unserer Krieger und ihrer Angehörigen dient, mitzuwirken. Jede Familie muß besucht werden, denn die Veranstalter dieser Volksspende könnten es nicht verantworten, wenn sie irgend jemand die Gelegenheit, sein Scherflein zu diesem hohen Werke beizusteuern, verschlossen hätten.
Wir hoffen, daß der freiwillige Opfersinn der Bonner aus allen Kreisen heraus die Bonner Volksspende in reichlichem Maße unterstützen wird.
Des Dankes des Vaterlandes, seiner tapferen Helden und der in Not daheim Zurückgebliebenen kann jeder sicher sein!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Drei Enten hatten drei Schulknaben im Alter von 13 Jahren aus Godesberg einem dortigen Müller gestohlen, nachdem sie dieselben tot geworfen oder geschlagen hatten. Sie waren an der Strafkammer angeklagt, weil sie bei dem Diebstahl in den Hof eingestiegen sein sollten. Es wurde jedoch festgestellt, daß der Hof durch das stets offen stehende Tor zugänglich gewesen war. Es lag daher nur ein einfache r Diebstahl vor, und die drei Burschen kamen mit einem Verweise davon. Der Verteidiger zweier Burschen hatte ausgeführt, daß seine Klienten wohl mangels der strammen väterlichen Aufsicht zu dem dummen Streiche gekommen seien. Die Väter ständen seit vorigen Herbst im Kriege und die Mütter müßten sich durchschlagen, um den Lebensunterhalt zu verdienen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 9. August 1915
Hindenburgs Dank. Auf die Mitteilung, daß die Stadtverordneten-Versammlung beschlossen habe, die Schumannstraße zwischen Reuter- und Pützstraße und daran anschließend die neue Straße von der Pützstraße bis zur Kirche in Dottendorf „Hindenburgstraße“ zu benennen, ist vom Generalfeldmarschall von Hindenburg folgendes Schreiben eingegangen:
„Hauptquartier Ost, den 3. August 1915.
Der Stadtverordneten-Versammlung danke ich herzlich für den freundlichen Beschluß, einer Straße Ihrer Stadt meinen Namen geben zu wollen.
Ich bin unendlich erfreut über diese mir erwiesene Ehrung.
Möge nach Besiegung des gemeinsamen Feindes unter dem Schutze des goldenen Friedens Ihrer schönen alten Universitätsstadt weiteres Blühen und Gedeihen beschieden sein.
Das ist mein aufrichtiger Wunsch!
gez. von Hindenburg
Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber der gesamten deutschen Streitkräfte im Osten.
Beschlagnahme von Kupfer, Messing und Reinnickel. Die für die Stadt Bonn gültigen Ausführungsbestimmungen des Oberbürgermeisters zur Verordnung des Gouvernements der Festung Köln über Beschlagnahme, Meldepflicht und Ablieferung von fertigen, gebrauchten und ungebrauchten Gegenständen aus Kupfer, Messing und Reinnickel sind im Anzeigenteil unserer gestrigen Sonntag-Nummer veröffentlicht worden. Die Verordnung selbst ist in unserer Zeitung vom 31. Juli enthalten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Neun Söhne im Feld. Ein Leser unseres Blattes schreibt uns zu der Notiz vom letzten Samstag, daß der Kölner Fabrikant Heinrich Gülich neun Söhne bei der Fahne hat, daß Gülich noch zwei Söhne hat, die bald ebenfalls zur Fahne einberufen werden können. Gülich ist seit 1870/71 Ritter des Eisernen Kreuzes ist heute noch ebenso kriegsbegeistert wie vor 45 Jahren. Sein Wunsch ist, selbst noch einmal mitzukämpfen. Da dies jedoch nicht angeht, begnügt er sich damit, manche heiße Schlacht mit seinen ehemaligen Kameraden und Freunden am Stammtisch auszufechten.
Verwendung Kriegsbeschädigter bei den Kriegsbekleidungsämtern. Das Stellvertretende General-Kommando des 8. Armeekorps macht bekannt, daß bei den Kriegsbekleidungsämtern Invaliden-Handwerkerabteilungen gebildet werden sollen, um den kriegsbeschädigten Mannschaften Beschäftigung und dadurch ein besseres Fortkommen für sich und ihre Angehörigen zu verschaffen. Kriegsbeschädigte Mannschaften werden, sobald sie von der Truppe entlassen, also Rentenempfänger sind, Zivilhandwerker. Sie erhalten neben der Militärrente einen ihrer Leistung entsprechenden Lohn. Eine Kürzung der Militärrente ist nicht statthaft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Dauer der europäischen Kriege. Ueber dieses Thema wird Herr Redakteur Carl Hauptmann heute abend in einer Versammlung des Volksvereins für die Münsterpfarre sprechen. Die Versammlung findet im Restaurant Gangolf statt und beginnt um 9 Uhr.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Kriegsunterstützung. Es ist in den zwölf Monaten dieses Krieges schon sehr viel geschrieben worden über Unterstützung der Frauen und Kinder der im Felde stehenden Männer. Ich erlaube mir nun, auf einen Punkt aufmerksam zu machen, der bis heute fast gar nicht, oder nur in sehr lässiger Weise in der Oeffentlichkeit erwähnt worden ist. Es ist dies die Unterstützung der alten Mütter, deren Söhne, resp. einzige Ernährer, im Felde stehen und die man mit einer sehr kargen Unterstützung abspeist. Haben diese alten Frauen nicht dasselbe Anrecht wie die jungen. Oder schlägt man die Leistungen derjenigen Soldaten, die nicht verheiratet sind und die die Ernährer ihrer alten Mütter sind, nicht so hoch an, wie die der verheirateten Soldaten. Es wäre an der Zeit, sich auch dieser armen alten Frauen anzunehmen. Manches Leid und manche Träne könnte gestillt werden. Man sollte in der Zeitung eine bestimmte Stelle angeben, wo sich diese Frauen Rat und Hilfe holen. Dies wäre auch ein dankbares Feld der deutschen Liebestätigkeit.
(Wir gaben den vorstehenden Zeilen Raum, weil das Gesagte in manchen kleinen Orten zutreffen kann, in den Städten, so z. B. in Bonn, ist so dafür gesorgt, daß kaum Klagen laut werden können. Die Red.)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Dienstag, 10. August 1915
Der Vaterländische Frauenverein, Stadtkreis Bonn, bittet uns, bekanntzugeben, daß wieder Adressen von Soldaten, die keine Angehörigen haben oder deren Angehörige ihnen keine Liebesgaben senden können, zur Abgabe bereit liegen, und zwar an den Wochentag-Vormittagen in der Hauptsammelstelle in der Lese. Eine weitere Liste liegt im Geschäft des Vaterländischen Frauenvereins. Am Hof 12, aus.
„Saison-Ausverkauf“. Die Bonner Handelskammer hat auf ihr Gesuch, die Bezeichnung „Saison-Ausverkauf“ zu verdeutschen, vom Regierungspräsidenten in Köln die Antwort erhalten, daß dem Wunsche auf Verdeutschung dieser Bezeichnung nicht entsprochen werden könne. Die Kammer ist daraufhin nochmals wegen dieser Angelegenheit vorstellig geworden.
Metropol-Theater. Der neue Spielplan weit als Hauptnummer das vieraktige Drama „Arme Marie“ und die ebenfalls vieraktige Tragödie „Die Ehe der jungen Felizitas“ auf. Außer humorigen Filmen werden ferner Aufnahmen von allen Kriegsschauplätzen vorgeführt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eröffnung der Jagd. Im Umfange des Regierungsbezirkes Koblenz ist die Jagd auf Rebhühner, Wachteln und schottische Moorhühner offen vom 18. d. Mts bis 30. November einschließlich. Rehkälber sind bis auf weiteres mit der Jagd gänzlich zu verschonen, für Dachse bleibt die Schonzeit dauern aufgehoben.
Der Sündenbock. Im Hofgarten hatten gestern morgen die Knaben wieder einmal mobil gemacht. In der Nähe des Spielplatzes kam es zwischen den beiden Heeren – Russen und Deutschen – zum Zusammenstoß, wobei es hüben und drüben tüchtig Püffe absetzte. Schließlich mußten die Russen das Feld räumen. Bei der Flucht gerieten sie auf die Hofgartenwiese, wohin die Verfolger natürlich nachliefen. Als die Heerhaufen in der Mitte der Wiese angekommen waren, erschien am jenseitigen Rande ein städtischer Arbeiter mit einem langen Besen, und im Augenblick schwärmten Deutsche und Russen nach rechts und links auseinander. Der Oberkommandierende der Russen sammelte seine Truppen vor dem Kunsthistorischen Museum und als sich der letzte Mann eingefunden hatte, rief er einem Unteroffizier zu: „ Hein, du beß e Kamel. Du beß schold, dat mir de Schlach verlore hann, du häß dich hinge de Böm vestoche! De Scheng es jetz Unteroffizier!“ Ohne ein Wort zu sagen, drehte sich der gemaßregelte Unteroffizier auf dem Absatz seiner Holzschuhe herum, stopfte seine Tressen in die Hosentasche und ging davon. Alles Rufen seiner Kameraden, doch „net su jäck ze senn“, hatte keinen Erfolg. „Ich donn nett mie mett“, erklärte er im Weitergehen und verließ stolz den Schauplatz seine Niederlage.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Bund Deutscher Offiziersfrauen, welcher sich der Offizierswaisen annimmt, sucht für einige bedürftige katholische Offizierswaisen Erziehungsstellen in guten Häusern. Zuschriften sind an die Geschäftsstelle des Bundes deutscher Offiziersfrauen Berlin Hallesche Straße 20 zu richten.
Ein Nachmittagsheim für Verwundete wollen die vereinigten Bonner Frauen-Vereine vom 15. August ab im Hause Koblenzer Straße 90 einrichten.
Ostpreußen. Man schreibt uns: Nachdem seit Kriegsbeginn warmherzige Teilnahme für das Schicksal Ostpreußens in unserer Stadt durch fortlaufende Sendungen bekundet wurde und für die Flüchtlinge durch Rat und Tat vom Hilfsausschuß (Vorsitzende Frau Geheimrat Krüger) gesorgt wurde, hat dieser nunmehr auf Anregung von Frau Laura Frost eine besondere Frauenhilfe ins Leben gerufen. Sie bezweckt im Rahmen der großen Organisation der Patenschaften, der jetzt auch die rheinischen Städte beitreten, eine Sonderarbeit der Frauen zu leisten für den Wiederaufbau der schwerbeschädigten Provinz und damit vor allen Dingen es den ländlichen Arbeitern zu erleichtern, wieder sesshaft zu werden. Zu diesem Zwecke soll ein kleiner Grundstock häuslicher Einrichtung geschaffen werden, der Bettzeug und etwas Wäsche umfaßt. Dieser Gedanke ist nicht nur in Bonn, sondern auch schon in Godesberg und Dortmund auf fruchtbaren Boden gefallen und eine stattliche Anzahl von Hausausstattungen übernommen. Eine hiesige höhere Mädchenschule hat allein 4 Ausstattungen übernommen. Die Firma Blömer gibt gerne nähere Auskunft und zeigt eine Musterausstattung. Da die Baumwolle beschlagnahmt wird, ist baldige Bestellung geboten.
Der Hilfsauschuß warnt vor Entsendung von Geld auf Werbung von Personen, die man nicht kennt und bei denen man keine Kontrolle über die Verwendung des Geldes hat. Der überaus sympathische Gedanke der Patenschaft wird jedem gebebereiten Herzen und jeder warmen Teilnahme für Ostpreußen Gelegenheit bieten, sich zu betätigen. In die Patenschaft, die unsere Stadt übernimmt, wird sich auch die Frauenhilfe einfügen, sodaß keine Zersplitterung eintreten kann. Zu empfehlen wäre für jede Ausstattung eine persönliche Widmung mit einer Ansicht der Stadt Bonn.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 11. August 1915
Geldsammlung. Es ist noch immer, namentlich auf dem Lande viel Gold vorhanden, welches bei der Reichsbank nutzbringend aufgehoben wäre und dem Besitzer, etwa durch Umwechslung in 5prozentige Kriegsanleihe, gute Zinsen bringen könnte. Nach sachverständiger Schätzung stecken noch ganz erhebliche Goldbeträge im Lande, deren Besitzern klar gemacht werden muß, daß es wirtschaftlich und vaterländisch verkehrt ist, die Goldmünzen festzuhalten.
Um den Sammeleifer zu fördern, gibt die Städtische Sparkasse jedem Schüler, der jetzt mindestens 50 Mark in Gold einlegt oder umwechselt, ein künstlerisch ausgestattetes Gedenkblatt folgenden Inhalts:
Konnt’ ich auch nicht Waffen tragen
Half ich doch die Feinde schlagen.
....... hat im großen Kriege ...... Mark in Gold gesammelt und an die Reichsbank abgeführt im Sommer 1915. Die Leistung de. ...... zu .......
Die Schulferien bieten vielleicht manchem Schüler Gelegenheit, sich durch weitere Goldsammlung nützlich zu machen und das schöne Gedenkblatt zu erwerben.
Der Bonner Lazarettzug hat auf seiner 14. Fahrt in Chauny 249 Verwundete geladen und nach Würzburg gebracht, wo am Sonntag ausgeladen wurde. Von Würzburg aus wurde die 15. Fahrt angetreten. In Chauny überreichte der Etappendelegierte 15 Krankenpflegern in Anerkennung ihrer Tätigkeit die Rote-Kreuz-Medaille 3. Klasse.
An Liebesgaben sind dringend erwünscht: Zigarren, Zigaretten, Pantoffeln, Hemden, Taschentücher. Diese Sachen sind abzugeben Bahnhofstraße 40. Weitere Geldspenden sind zu richten an die Deutsche Bank, Zweigstelle Bonn. (…)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Festung Lomza gefallen. Zu den Siegesbotschaften aus dem Osten gesellte sich gestern die Nachricht, daß die Festung Lomza gefallen. Unsere Leser, die durch die rasch beliebt gewordenen Aufsätze unseres militärischen Mitarbeiters Major a. D. von Schreibershofen und unsere Artikel aus anderen militärischen Feldern über die strategische Bedeutung unserer operativen Erfolge im Osten genau unterrichtet sind, schätzten den Fall von Lomza, wodurch die letzte russische Festung am Narewaabschnitt in unsere Hände gelangt ist, unsere rückwärtigen Verbindungen gedeckt und unsere Angriffsfront südlich und östlich dieser Festung gekräftigt wurde, entsprechend ein. Flaggenschmuck zahlreicher Häuser zeigte die freudige Anteilnahme der Bürgerschaft an diesem neuen Erfolge unserer Waffen, und feierliches Glockengeläute kündete weithin das Ereignis, das von dem zielbewußten planmäßigen Fortschreiten unserer Operationen auf dem polnischen Kriegsschauplatz ein treffliches Zeugnis gibt.
Höchstpreise für Gemüse. In der heutigen Nummer unseres Blattes befindet sich die Verordnung des kommandierenden Generals des 8. Armeekorps über die Höchstpreise für Gemüse im Zentner während der Zeit vom 10. August bis 30. September. Die in der Verordnung angeführten Höchstpreise gelten für gute gesunde Ware und für das im Befehlsbereich des 8. Armeekorps angebaute Gemüse der näher bezeichneten Art. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. Auch der Versuch ist strafbar.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Theateröffnung. Zu dieser Frage möchte ich noch bemerken, daß es für Bonn in wirtschaftlicher Beziehung sehr nachteilig wäre, unseren Musentempel nicht zu öffnen. Die Mehrzahl unseres Bonner Publikums geht doch ins Theater. Wenn nun hier nicht mehr gespielt wird, fährt man eben nach Cöln. Das Geld kommt dann einer anderen Stadt zu nutze. Was man beispielsweise in Colmar so dicht an der Grenze kann, warum geht das nicht hier? Außerdem ist der Besuch des Theaters auch für unsere Jugend mehr von Vorteil wie evtl. das Kino. Oberlehrer Dr. Alb. Freund.
Theater! Warum haben wir in unserer großen und wohlhabenden Stadt Bonn ein so unerquickliches Hin und Her um die Eröffnung der Theatersaison? Die Stadt gäbe sich nicht allein ein Armutszeugnis, wenn sie die Pforte des Musentempels geschlossen halten würde, man würde ihr verübeln, daß sie auch kein Herz für das Brot so vieler Künstler, Künstlerinnen, wie für die Bediensteten der städtischen Bildungs- und Unterhaltungsstätte unberücksichtigt ließ. Selbst in dem kleinen Kolmar, welche Stadt im Bereich des Kanonendonners liegt, wird gespielt. Wir sind der Meinung, daß der Besuch des Theaters im verflossenen Kriegswinter doch kaum geringer war, als in den Friedenswintern früherer Jahre. Deshalb, hoch tut euch auf, ihr eisernen Pforten, bereichert und beglückt in diesen schweren Zeiten die Besucher durch Werke unserer Geistesheroen. Einer für viele.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe vereinigt in sich die meisten Bonner Frauenvereine wie den Evangelischen Frauenbund, den Altkatholischen Frauenverein, den Israelitischen Frauenverein, den Hausfrauenbund, den Abstinenten Frauenbund, den Bonner Lehrerinnenverein, die Vereine Frauenbildung-Frauenstudium und Mädchenhort und die Rheinisch-Westfälische Frauengruppe für Volksbildung, also auch solche, deren Bestrebungen in Friedenszeiten nicht auf dem Gebiete der Hauswirtschaft liegen, die aber in dieser schweren Zeit ihre Kräfte in den Dienst der Kriegshilfe gestellt haben. Nachdem der Ausschuß bisher durch Abhalten von Kochlehrkursen, durch Vorträge und Ausstellungen wirksame Arbeit geleistet hat, möchte er jetzt die Bonner Hausfrauen auf’s Eindringlichste daran mahnen, an die Haltbarmachung von Obst und Gemüse zu denken. Je mehr eingekocht wird, desto besser für die Volksernährung! Obst und Gemüse enthalten auch weit mehr Nährstoffe, als vielfach angenommen wird. Heute, wo selbst das Kleinste hohen Wert hat, vollbringt jede Frau, die Obst und Gemüse konserviert, eine patriotische Tat. Um den Hausfrauen diese Arbeit zu erleichtern, wird der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe von Zeit zu Zeit im Inseratenteil erprobte Rezepte für einfaches und billiges Einmachen der gerade in Frage kommenden Früchte veröffentlichen. Außerdem sind Rezepte und Anleitungen zu guten und billigen Einmachverfahren Franziskanerstraße 9, Zimmer 24, zu haben. Es sei darauf aufmerksam gemacht, daß der vom Ausschuß geplante diätische Kochlehrkurs erst nach den Ferien stattfinden kann.
Die goldenen 5-Markstücke. Bekanntlich sind bereits seit längeren Jahren die kleinen goldenen 5-Markstücke von der Reichsbank aus dem Verkehr gezogen und außer Kurs gesetzt und hatten alsdann nurmehr den Goldwert. Viele verwahrten dieselben aber in Münzenhandlungen oder als Broschen etc. auf. Jetzt wurde bestimmt, daß auch diese Stücke wieder zu vollem Wert von der Reichsbank angenommen und gegen Papiergeld eingetauscht werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 12. August 1915
Zum gestrigen 100. Geburtstag Gottfried Kinkels ist von hiesigen Verehrern des Dichters an seinem Denkmal in Oberkassel ein Kranz mit schwarz-rot-goldener Schleife niedergelegt worden.
Eine städtische Gemüse-Verkaufsstelle ist im Hause Sternstraße 48 eingerichtet worden. Das Gemüse wird dort zu den gleichen Preisen wie am städtischen Verkaufsstande auf dem Markt verkauft. Die Verkaufsstelle ist an allen Wochentagen von 8 bis 1 Uhr und von 3 bis 6 Uhr geöffnet.
Ein neugeborenes Kind wurde vorgestern abend im Krausfeld gefunden. Das Kind, ein Mädchen, wurde zur Pflege in das Magdalenenstift gebracht. Die Mutter ist noch nicht bekannt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Sämtliche Werber und Werberinnen der Bonner Volksspende versammelten sich gestern Abend im großen Saale des Bonner Bürgervereins. Es waren über 300 Hilfskräfte erschienen, die noch einmal die ganze Werbetätigkeit berieten, da diese von morgen ab in den einzelnen Haushaltungen aufgenommen wird. Mit Rücksicht auf den vaterländischen Zweck der Bonner Volksspende wird dringend gebeten, die Tätigkeit der Werber freundlichst zu unterstützen und möglichst viele und hohe Beiträge zu zeichnen. Gerade für die, die bislang der Kriegswohlfahrtspflege noch nicht gedacht haben, gilt es jetzt, das Scherflein auf dem Altar des Vaterlandes abzuliefern. Auch alle anderen wollen bedenken, daß die Opfer nicht groß genug sein können, wenn es gilt, unsere braven Truppen eine Wohlfahrt und Freude zu bereiten.
Einen Kanonenschlag hatte ein junger Bursche vor einigen Wochen in der Gudenaugasse abgebrannt. Der entstandene schwere Knall verursachte allgemeine Unruhe, es entstand sogar das Gerücht, es sei eine Bombe geworfen worden. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten gestern zu einer Haftstrafe von einer Woche, die durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt erklärt wurde.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Universität. Auf Grund einer ministeriellen Verfügung kann den Studenten, die auf dem Feld der Ehre gefallen sind, nachträglich das Doktordiplom ausgefertigt werden, falls sie die zur Promotion erforderlichen Bedingungen erfüllt haben. Die Universität Bonn hat nunmehr zum ersten Male von dieser Befugnis Gebrauch gemacht und dem am 27. September 1914 auf dem Felde der Ehre gefallenen Studenten der Rechte Hermann Roter aus Kloppenburg in Oldenburg zum Doktor beider Rechte promoviert. Die Doktordissertation behandelt: „Rechtsfragen bei der Landung des Luftschiffers unter besonderer Berücksichtigung der psychischen Causalität“.
Der Opfertag am 1. August, dem Jahrestag der Mobilmachung, hat ein schönes Ergebnis gehabt. Durch Haus- und Straßensammlungen und durch den Verkauf von Vaterländischen Abzeichen sind über 10.000 Mark eingekommen. Der Beitrag wird zu Erfrischungen für unsere braven Truppen verwendet werden und wird dort manche Freude und dankbares Gedenken an die opferwillige Bonner Bürgerschaft auslösen. Die Vaterländischen Abzeichen erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Die silbernen sind fast vergriffen. Es tut daher Eile not, wenn man sich in den Besitz dieser Abzeichen setzen will. Neuerdings sind die Bronzeabzeichen auch mit einer Vergoldung versehen, wodurch der Wert des Schmuckes erheblich erhöht wird, trotzdem der Preis der alte geblieben ist.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 13. August 1915
Eine hochherzige Gesinnung hat die bekannte Schweizer Familie Hotelbesitzer Seiler in Zermatt (Wallis) bekundet. Durch den Kurator der Bonner Universität, Herrn Geheimen Oberregierungsrat Ebbinghaus, vermittelt Herr Dr. Seiler in Zermatt dem Vaterländischen Frauenverein Stadtkreis Bonn eine Einladung an eine größere Zahl Schwestern, sich in der herrlichen Zermatter Alpenwelt, als Gäste der Familie Seiler zwei bis drei Wochen von dem anstrengenden, nun schon ein Jahr dauernden Krankenpflegedienst zu erholen. Zehn Schwestern sind gestern nach Zermatt abgereist, weitere werden folgen. Der Familie Seiler gebührt herzlicher deutscher Dank für diesen Beweis hochherziger Gesinnung.
Dem Gedächtnis Gottfried Kinkels ist eine Schrift gewidmet, die zum vorgestrigen 100. Geburtstag des Dichters im Verlage von Jos. Kroth in Bonn erschienen ist. Sie trägt auf der Titelseite die Abbildung einer von dem Bonner Bildhauer Heßling geschaffenen Kinkel-Plakette und enthält Beiträge von B. Decker: An Gottfried Kinkel, E. Ling: Kinkel als Mensch und als Deutscher, Ludwig Scheibler: Zur Uebersicht und Bewertung von Kinkels dichterischen Werken und W. Fusbahn: Gottfried Kinkel und seine Bedeutung für die Kunstwissenschaft.
Der Bonner Wehrbund zog am vergangenen Sonntag über die Waldau, Schönwaldhaus, Villiprott nach der Burg Gudenau. In liebenswürdiger Weise war den Teilnehmern am Marsch die Besichtigung der herrlichen Parkanlagen der schönen Wasserburg gestattet worden. Nach der mit Interesse erfolgten Besichtigung kehrten die Wehrbündler im flotten Marsch über Villip, Pech, Muffendorf, Godesberg nach Bonn zurück.
Am kommenden Sonntag treffen sich die Abteilungen auf dem Spielplatz an der Kölnstraße, um dort Uebungen zu pflegen, die im Felde verwendbar sind.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Inspektion des Kraftfahrwesens hat mitgeteilt, daß bei den Kraftfahrtruppen nur solche Leute eingestellt werden, die eine längere Tätigkeit als Kraftfahrzeugführer nachweisen können, ferner Schlosser, Monteure usw., die infolge ihrer technischen Vorbildung besonders geeignet scheinen; für letztere sind bei den Ersatzabteilungen des Kraftfahrzeugbataillons Fahrschulen eingerichtet, die für das vorhandene Bedürfnis genügen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Westerwaldklub. Kommenden Sonntag unternimmt die hiesige Ortsgruppe eine Tageswanderung nach Engers-Sayn-Römerturm-Grenzhausen- Grenzau-Isenburg-Sayn. Die etwa 22 Kilometer weite Wanderung führt durch eine landwirtschaftlich hervorragende Gegend. Die Abfahrt erfolgt morgens 6,44 ab Staatsbahnhof Beuel mit Sonntagskarte Fahr-Irlich.
Straßenbahn nach Dottendorf. Heute Nachmittag findet die landespolizeiliche und eisenbahntechnische Abnahme der städtischen Straßenbahn nach dem Stadtteil Dottendorf von der Bergstraße bis zum Endpunkt an der Junkerstraße statt.
Arbeitsstube für Heimarbeit. Als am 3. August vorigen Jahres der Vaterländische Frauenverein die Bonner Frauenvereine zur gemeinsamen Kriegsarbeit zusammenrief, übernahm die Rechts- und Auskunftsstelle für Frauenberufe (die eine von einem Kuratorium von 11 Vereinen, die andere vom katholischen Frauenbund geleitet) die Arbeitsbeschaffung für freiwillige und bezahlte Arbeiterinnen, In den ersten drei Wochen meldeten sich bei der Beratungsstelle für Frauenberufe in der Riesstraße 800 freiwillige Arbeiterinnen, zum größten Teil für Krankenpflege, zum kleineren Teil für häusliche Näh-, Flick- und Wascharbeit in den Lazaretten und in den für Kriegsbedürfnisse eingerichteten Nähstuben. Schon nach einer Woche stellte sich indessen die Notwendigkeit heraus, auf freiwillige Arbeit zu verzichten und alle Näh- und Strickarbeit als bezahlte Heimarbeit auszugeben, um den arbeitslos gewordenen Frauen und Mädchen, sowie den Frauen, deren Männer einberufen worden oder durch den Krieg arbeitslos geworden waren, zu einem Nebenverdienst zu verhelfen, ohne sie von Haus und Kindern zu entfernen. Die Beratungsstelle für Frauenberufe in der Riesstraße beschäftigte 100 Frauen mit Näh- und Strickarbeit, die zweimal wöchentlich ausgegeben wurde. Als im Laufe der ersten Monate die Menge die Menge der arbeitsuchenden Frauen die Zahl 100 und damit die Leistungsmöglichkeit der Beratungsstelle überschritt, wurde auf ihre Veranlassung vom Vaterländischen Frauenverein eine dritte Stube für Ausgabe von Heimarbeit eingerichtet. Die drei Arbeitsstuben empfingen zahlreiche Aufträge durch Vermittlung des Vaterländischen Frauenvereins von der Heeresverwaltung und bezahlten Einheitspreise. Es waren in der Arbeitsstube in der Riesstraßem15 ehrenamtliche Kräfte tätig, die teils unter der Leitung von Frau Geheimrat Brauns das Zuschneiden, teils unter der Leitung von Frl. Gottschalk die Büroarbeit besorgten. Es wurden während dieses ersten Jahres angefertigt: für Krieger: 2150 Hemden, 1850 Hosen, 500 Lazarettanzüge, 500 Strohsäcke, 2100 Kissenbezüge, 350 Deckbezüge, 90 Bettücher, 1100 Paar Socken, 200 Paar Pulswärmer. Die nicht von der Heeresverwaltung bestellten Gegenstände wurden den Bonner Lazaretten, dem Bonner Lazarettzug und dem Lazarett in Angerburg geschenkt. Außerdem wurden zahlreiche Frauen- und Kindersachen angefertigt, die teils bei zwei von der Arbeitsstube veranstalteten Verkäufen (Ende Oktober und Mitte Dezember) abgesetzt, teils den arbeitenden Frauen zu Weihnachten, teils den Säuglingsheimen geschenkt wurden. [...]
Im Laufe des Jahres 1915 verringerte sich die Zahl der arbeitsuchenden Frauen nach und nach auf etwa 50, da viele Frauen in der Siegburger Geschossfabrik Arbeit fanden, die ihnen allerdings eine größere Einnahme einbringt, sie aber auch von Haus und Kindern entfernt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 14. August 1915
Kriegsbeschädigten-Fürsorge. Die der Vereinigung Deutscher Hohlglasfabriken G. m. b. H. (Sitz Bonn) zugehörigen Hütten haben in ihrer Gesellschafter-Versammlung am 31. Juli d. J. einstimmig eine Erklärung abgegeben, daß sie es für eine Ehrenpflicht halten, Kriegsbeschädigte trotz ihrer zeitweise oder dauerhaft verminderten Arbeitsfähigkeit soweit als irgend möglich in ihren Betrieben zu beschäftigen, ihnen auch bei der Anstellung vor anderen Bewerbern gegebenenfalls den Vorzug zu geben und ganz besonders sie auch in ihren Betrieben für den Glasmacherberuf anzulernen, soweit der Wunsch zu einer Anlernung besteht.
Metropol-Theater. Der neue Spielplan bringt ein neues vieraktiges Filmdrama „Absynth“, das die furchtbaren Wirkungen des Absynths in allen Gesellschaftsklassen des französischen Volkes beleuchtet. Ferner werden das dreiaktige Drama „Der Zirkus in Flammen“ und ein Lustspiel „Wenn man verliebt ist“ vorgeführt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bonner Wochenmarkt. Auf dem gestrigen Wochenmarkt waren die Preise, mit Ausnahme einiger Artikel, die etwas billiger geworden waren, im allgemeinen unverändert. Der Besuch des Marktes war gestern recht lebhaft, es wurde verhältnismäßig auch flott gekauft. Das Angebot war in fast allen Artikeln recht groß. Obst war wieder in so sehr großen Mengen und reicher Auswahl vorhanden, daß es angebracht wäre, daß es im Preise etwas billiger würde, damit auch der Arbeiter sich durch Einmachen und Geleekochen für den Winter vorsehen kann, zumal die Butter heute schon 2,00 Mark und mehr das Pfund kostet. [...]
Die Straßenbahnstrecke nach Dottendorf ist gestern landespolizeilich abgenommen worden. Der Herr Regierungspräsident hatte hierzu den Geheimen Regierungs- und Baurat Drewe von der königlichen Regierung zu Köln entsandt. Einsprüche wurden nicht erhoben.
Heute beginnt der regelmäßige Straßenbahnverkehr bis Dottendorf. [...]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Verwundetenausstellung. Im Schaufenster der elektrischen Anstalt von Johann Nolden, Wenzelgasse, ist eine Artilleriestellung ausgestellt, angefertigt von einem verwundeten Soldaten. Da sehen wir Unterstände für Mannschaften und Offiziere, Kasinos, wir sehen die Infanterie in Verteidigungsstellung liegen, aufgefahrene verschanzte Kanonen usw. Rings um das Ganze führt ein Bahngeleise. Die Züge bringen Materialien und Munition. Viel buntes Allerlei, wie Schweineschlächter mit Schwein, Post, Munitionswagen im Vordergrunde. Im Hintergrunde die Berge und Wege. Das Ganze gibt einen guten Einblick in die Verteidigungslinien unserer Krieger; abends bei rotem Lichte wirkt das Ganze wunderbar.
Huldigungsfahrt zum Nationaldenkmal. Wir machen unsere Leser auf die am kommenden Sonntag und Montag stattfindende zweitägige Huldigungsfahrt nach Rüdesheim zum Nationaldenkmal nochmals aufmerksam. Karten zu 8 Mark, für Kinder 5 Mark versenden noch die Unternehmer Dampfschiffrederei Gebr. Weber, Köln, Telephon 5729 und das Reisebüro Ewald Meis in Solingen Telephon Nr. 14.
Zahlungen aus der Besoldung Kriegsgefangener oder Vermisster an Angehörige. Angehörige von Kriegsgefangenen oder Vermißten sollen vielfach in wirtschaftliche Bedrängnis geraten, weil ihnen der Weg zu Erlangung von Geldmitteln nicht bekannt ist. Von unterrichteter Seite wird deshalb darauf hingewiesen, daß den Angehörigen ein Teil der Besoldung bewilligt werden kann, die der Kriegsgefangene oder Vermißte zuletzt bezogen hat. Die Bewilligung erfolgt: soweit es sich um Gehaltsempfänger (Offiziere, Beamte usw.) handelt, durch die Division oder die im gleichen oder im höheren Range stehende Kommandobehörde, der der Truppenteil des Kriegsgefangenen oder Vermißten untersteht; soweit Löhnungsempfänger (Mannschaften vom Feldwebel abwärts) in Betracht kommen, durch das Bataillon, die Artillerie-Abteilung, das Kavallerie-Regiment usw. Für die Angehörigen der Gehaltsempfänger darf das Gehalt bis zur Höhe von sieben Zehntel bewilligt werden. Die Angehörigen der Löhnungsempfänger können die ganze Löhnung oder einen Teil davon erhalten. Anträge auf Bewilligung diese Zahlungen wolle man unter Angabe des Verwandtschaftsverhältnisses usw. und gegebenenfalls auch unter Beifügung einer Bescheinigung der Ortsbehörde über die Bedürftigkeit der Antragsteller sogleich nach Bekanntwerden der Kriegsgefangenschaft oder des Vermißtseins an den Feldtruppenteil richten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Volksbildung und Fremdwörterei.
Die Fremdwörterfrage ist noch mehr eine Volks- und Volksbildungsfrage als eine Angelegenheit der sprachlichen Schönheit und Reinheit. Unzähligen in unserem Volk wird durch die Fremdwörterei das Verständnis sonst durchaus in ihrem Gesichtskreis liegender Abhandlungen und Vorträge erschwert und unmöglich gemacht. Die Fremdwörter verriegeln Millionen von helläugigen, geistig frischen, volkstümlich geschulten Volksgenossen Tausende von Türen. Mit unseren deutschen Volksgenossen eine allen verständliche Sprache zu reden und das, was sie lesen sollen, volksverständlich zu schreiben, sollte jedermann als eine Pflicht und Ehrensache betrachten.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 15. August 1915
Mehr Schwarzbrot essen! Der Oberbürgermeister ersucht dringend, die Nachfrage nach Zwieback, Feinbrot, Röggelchen und Kuchen in den Bäckerläden erheblich einzuschränken, da die der Stadt Bonn zur Verfügung stehende Mehrmenge einen stärkeren Schwarzbrotverzehr bedingt. Die Bäcker, welche an Zwieback, Feinbrot, Röggelchen und Kuchen erheblich mehr verdienen als an Schwarzbrot, sind natürlich geneigt, dem steigenden Verlangen des Publikums nach diesen mehr Weizenmehl enthaltenden Backwaren Rechnung zu tragen. Falls keine sofortige erhebliche Einschränkung des hierdurch bedingten unzulässig hohen Verbrauchs von Weizenmehl durch das Publikum selbst eintritt, ist die Stadtverwaltung genötigt, ein völliges Backverbot für Kuchen, Zwieback und Röggelchen zu erlassen.
Bonner Volksspende. Man schreibt uns: Die Werber haben ihre Sammeltätigkeit begonnen, und man kann jetzt bereits mitteilen, daß der Volksspende in geradezu überraschender Weise aus allen Kreisen der Bevölkerung Mitglieder beitreten. Jeder will sein Scherflein der Kriegswohlfahrtspflege zuführen: Wie könnte es auch anders sein in dieser Zeit, wo Deutschlands Fahnen Erfolge über Erfolge erringen, wo andererseits aber die braven Söhne unseres Vaterlandes die schwersten Kämpfe, die die Weltgeschichte je erlebt hat, durchmachen! So wurden von den Werbern allerorts rührende Züge beobachtet. In vielen Familien zeichneten nicht nur Vater und Mutter, sondern auch die Kinder spendeten gern Beiträge aus ihren Sparbüchsen. Auch das Dienstpersonal ließ es sich nicht nehmen, von ihrem Lohn noch ein weniges für unsere tapferen Krieger zu erübrigen. So ergab sich zuweilen ein zu Herze gehendes Bild. [...] Man darf jetzt wohl sagen: Alle Bonner Bürger reichen sich die Hand durch die Bonner Volksspende. Einigkeit macht stark, das ist auch hier der im Deutschen Vaterland so oft bewährte Grundsatz. Wenn auch noch immer viel Abtrünnige und Gleichgültige der Spende gegenüber stehen, so hoffen wir doch, daß auch diese endlich zur Einsicht gelangen und sich von ihrer vaterländischen Pflicht überzeugen werden, ein Scherflein – und sei es noch so klein – zur Kriegswohlfahrtspflege beizutragen. [...] Gleich unsern Kriegern im Feld, deren Mut und Tapferkeit nicht ermüdet, wollen auch wir in unserer Vaterstadt nicht erlahmen in unseren Hilfeleistungen für diejenigen, deren Angehörige für uns kämpfen. Mag sich auch hier die untrennbare Einheit erweisen: Ein Heer, ein Volk!
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Straßenbahn nach Dottendorf hat gestern am ersten Fahrtag schon ihr Publikum gehabt. War es am Freitag Nachmittag bei der Abnahmefahrt noch staunende Bewunderung, die sich auf den Gesichtern der Dottendorfer Bürger und Bürgerinnen ausdrückte, gestern sagten die Züge der Mitfahrenden und der Zuschauer: Wir haben sie! – Nun sind wir weit genug! – Und auch mit Worten wurde dies untereinander ausgetauscht: „Anton, dein Häuschen ist jetzt 1000 Taler mehr wert geworden!“ Und der Anton meinte zuversichtlich: „Noch mehr wie 1000 Taler ist die Bahn mir wert. Du wirst aber auch wissen, was du für deinen Benden [Feuchtwiese] forderst!“
„Gewiß weiß ich das, und wenn der Herr Professor noch mal kommt, der ihn kaufen will, so bekommt der zu hören, was jetzt die Forderung ist.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Schändung der Natur. Nicht nur der Steinerberg, sondern auch der herrliche Wacholderschutzpark der Bonner Eifelvereinsgruppe auf dem Wibbelsberg ist jüngst von Wanderern heimgesucht worden, die besser zu Hause geblieben wären. Vorigen Freitag fand ich dort einen mit kleinen Wacholder- und Heidekrautbüschen bestandenen Raum von einigen Hundert Quadratmetern mit Papierfetzen, auch einige Glasscherben überstreut, ein trauriger Anblick für einen Naturfreund. Es hatte also eine große Gesellschaft dort gelagert, und leider ist es eine Bonner „Gesellschaft“ gewesen, denn die Düten trugen die Firmen Bonner Händler. Mühsam habe ich alles zusammensuchen und entfernen müssen. Ist denn, so muß man fragen, bei dieser Gesellschaft kein Führer gewesen, der auf Ordnung halten konnte, wenn den einzelnen Teilnehmern das Gefühl für ihre Ungehörigkeit fehlte?! Und dicht daneben steht eine der hübsche, von Berchtesgaden bezogenen Schutztafeln, deren jedenfalls von allen Teilnehmern gelesenen Inschrift u. a. die Bitte ausspricht: „Laßt Papier, Flaschen, Kochbüchsen usw. nicht liegen!“ Muß man da nicht fast annehmen, daß die Teilnehmer im kindischen Trotz nun erst recht dagegen freveln wollten?!
Wenn man solche Leute nur mal erwischen und an der Pranger stellen könnte! W.
(Für solche Herrschaften erscheint uns die besondere Anwendung des Wanderstockes noch weit wirksamer. Red)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Eine angebrachte Sittenpredigt hielt der Vorsitzende der Bonner Ferienstrafkammer heute morgen einem 18 Jahre alten Postaushelfer aus Siegburg, der an der Postagentur in Niederpleis angestellt war und im Mai d. J. sechs Feldpostpäckchen mit Liebesgaben, die aus dem Feld als nicht bestellbar zurückgekommen waren, erbrochen und ihres Inhalts, meist Zigarren und Zigaretten, beraubt hatte. Der Angeklagte gab an, er habe aus Leichtsinn gehandelt. Der Vorsitzende bemerkte, in der heutigen Kriegszeit, wo es ohnehin schwer sei, Leute zu bekommen, müsse jeder umso mehr seine Pflicht treu erfüllen. Erst recht träfe die zu in einer Vertrauensstellung, wie sie der Angestellte bekleidet habe. Umso schimpflicher sei seine Handlungsweise. Sodann habe er Sachen gestohlen, die für Soldaten an der Front bestimmt gewesen seien. Wenn sie auch zurückgekommen seien, so hätten sie doch ihre Bestimmung nicht verloren. Solche Sachen ihrer Bestimmung zu entziehen, sei direkt frivol. Das Gericht erkannte trotz der Jugend und der bisherigen Straflosigkeit des Angeklagten auf eine Gefängnisstrafe von neun Monaten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 16. August 1915
Die Kunsthandlung von Heinrich Cohen stellt im Schaufenster zwei Entwürfe für ein „Nagelstandbild“ in Bonn aus. Von den beiden Entwürfen, die von dem Bonner Bildhauer Karl Menser herrühren, zeigt der eine die stilisierte Figur eines Ritters, der andere verwendet den Löwen aus dem Bonner Stadtwappen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
In der „Sonne“ gastiert bis auf Weiteres noch immer das Bienensteinsche Ensemble. Man kann sich also vorläufig noch von Kurt Bienenstein zum Lachen bringen lassen. Ob Bienenstein im „Hochzeitsgast“ oder in der „Schönen Lola“ auftritt bleibt sich gleich, das Stück an sich ist Nebensache – Hauptsache ist der „Tünnes“, der mit seiner unwiderstehlichen Situationskomik wahre Lachstürme hervorruft. Auch die übrigen Mitspielenden tun ihr bestes, und da auch das Varieteeprogramm gute Nummern aufweist, sind die Vorstellungen in der „Sonne“ recht unterhaltend.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Bonner Fußprozession nach Kevelaer zog gestern morgen nach einer heiligen Messe in der Remigiuskirche um acht Uhr von hier aus. Sie wies eine sehr starke Beteiligung auf. Nach dem Hochamte bewegte sich die sakramentale Prozession ebenfalls von der Remigiuskirche aus, wie alljährlich durch die gewohnten Straßen. An den Altären wurde der hl. Segen gespendet. Die Schlußandacht wurde in der Remigiuskirche gehalten.
Fußballspiel. Die einlaufenden Berichte über die Aufstellung von Fußballmannschaften der verschiedensten Truppenteile und die Lieferungen an Spielgeräten, an denen auch Bonner Firmen beteiligt sind, sowie die Erfolge dieser von der Heeresleitung unterstützten Bewegung – wird doch demnächst die Mannschaft, die in Ruhestellung die Meisterschaft des 7. Armeekorps gewann, auf einer Wettspielreise auch in Bonn spielen – zeigen die Anerkennung dieses Spieles als Mittel zur Förderung unserer Volksgesundheit. Daher glaubt auch der Westdeutsche Spielverband es an der Zeit, die regelmäßigen Meisterschafts-Spiele mit den jungen Jahrgängen, soweit sie noch hier weilen, wieder aufzunehmen; in Bonn findet zunächst am 22. August das noch rückständige Endspiel um den Kriegspokal des rheinischen Südkreises statt, das den Bonner Fußball-Verein gegen Elberfeld antreten läßt. Da beide Vereine durch Feld-Urlauber und neue sehr gute junge Kräfte verstärkt sind, steht ein erstklassiges Spiel zu erwarten. Wir verweisen wegen Einzelheiten auf die Anzeigen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 17. August 1915
Verwundete Krieger das Mannschaftsstandes erhalten Abschriften, die unmittelbar in die Schreibmaschine diktiert werden können, und eilige Besorgungen kostenlos ausgeführt vom Institut „Blitz“, Abschreibe-Büro und Eilboten-Zentrale, Münsterstraße 2.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ansichten aus Mitau. Herr Zahnarzt Dr. Lewin aus Bonn, z. Z. im Felde, hat uns eine große Anzahl Ansichten aus dem eroberten Mitau übersandt, die im Schaufenster unseres Geschäftslokales ausgestellt sind.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 17. Aug. Das neue Soldatenheim im früheren Hotel Hüttenrauch ist am verflossenen Samstagnachmittag mit einer patriotischen Veranstaltung seinem Zwecke übergeben worden. Herr v. Below eröffnete die Feier mit einer zündenden Ansprache an die zahlreichen Godesberger Feldgrauen und wies auf den schönen Zweck dieser Einrichtung hin. Seine Rede klang aus in einem Hoch auf unsren obersten Kriegsherrn. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Soll das Theater geöffnet werden oder geschlossen bleiben? (...) Es ist (...) geradezu ein Unfug, eine Herzensroheit, daß wir uns hier im gesegneten Westen, das Gott vor der Wut der Franzosen und Engländer verschont hat, amüsieren, „zerstreuen“ wollen, wo über 300.000 unsrer Landsleute von ihrem Heimatboden Ostpreußen vertrieben, mehrere Tausend dahingemordet sind (Männer, Frauen, Kinder [!]), und Tausende von ihnen und unseren kämpfenden Helden unsägliche Qualen in der Gefangenschaft durchmachen. Oder man gehe einmal durch manche Straßen unserer Stadt und lasse sich erzählen, wie viel Sorge und Not herrscht, infolge der leerstehenden Wohnungen und Zimmer, wie viel Geld geborgt werden mußte, um Hauszinsen oder Mieten zu bezahlen. Im vorigen Winter hatte manche Familie noch etwas Erspartes. Nach der von den meisten nicht vorausgesehenen langen Kriegsdauer ist aber zweifelsohne viel hiervon aufgebraucht. Wer viel mit den geringer bemittelten Bürgerkreisen zu tun hat, kann jetzt von ergreifenden Erlebnissen und Unterredungen berichten.
Es ist ferner unbegreiflich, daß sich Bühnenleiter und andere Persönlichkeiten bemühen, daß Sänger und Schauspieler aus dem Felde Urlaub erhalten, nur, damit das verehrte Publikum Zerstreuung erhält! Daß Tausende und Abertausende Geschäftsbesitzer, Kaufleute usw. im Felde sein müssen, ihre Geschäftsverbindungen vielleicht ganz verlieren, dazu einen mehr oder minder großen Teil ihres Vermögens, oder gar ihre Kapitalzinsen nicht zu zahlen vermögen, an die unzähligen Opfer dieser Tausende scheint man nicht zu denken. „Man will sich eben amüsieren!“ Wenn andere Städte, es wird besonders Colmar erwähnt, ihre Theater geöffnet haben, so ist das noch lange kein Grund, dem nachzufolgen. (...) Daß die Kaffeehauskonzerte mit Streichmusik oder Orchestrion, daß Aufführungen wie „Tünnes im Himmelbett“ oder andere mit dem Zusatze „Vom Tollen das Tollste“ in solcher ernsten Zeit möglich sind und geduldet werden, ist unbegreiflich. Die maßgebenden Behörden sollten nicht so gutmütig und nachsichtig sein. (...)
Man veranstalte gute Konzerte und lasse etwa tüchtige Schauspielerinnen zeitgemäße Sachen in Poesie oder Prosa rezitieren, zu etwa höheren Preisen wie bei den Volksunterhaltungsabenden, das kann Gewinn und Genuß der Seele werden. (...) Albert Falkenroth.
Bonner Volksspende. Ohne Zweifel ist nicht der richtige Zeitpunkt für die Bonner Volksspende gewählt worden. Wir haben augenblicklich Gerichts- und Schulferien und die meisten zahlkräftigen Kreise sind in die Sommerfrische und sonstwie verreist. Die Helfer mit den Listen werden vielfach verschlossene Türen antreffen und die Volksspende wird um viele Gaben, und wahrscheinlich nicht die geringsten, kommen. Es empfiehlt sich, nach Beendigung der Ferien auch noch einmal bei diesen anzuklopfen. K.L.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Gegen die des Raubmordes angeklagte Frau Wwe. Höfer aus Lengsdorf ist in den letzten Tagen noch ein erheblicher Schuldbeweis zu Tage gefördert worden. Das Gericht hatte nämlich die Beschlagnahme der dieser Frau gehörigen Schuhe befohlen; dabei waren aber ein Paar Hausschuhe, welche die Frau nach Aussage der Hausbewohner an dem Schreckenstage getragen, nicht zu ermitteln. Erst nach langem Suchen fand man sie zusammengedrückt in einem Eckchen des Speichers. Sie wiesen viele und deutliche Blutspuren auf. Allgemein glaubt man, daß die Verhandlung gegen die Frau Höfer nahe bevorsteht, doch ist ein bestimmter Termin noch nicht angesetzt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 18. August 1915
Bonner Wochenmarkt. Auf dem gestrigen Wochenmarkte waren die Preise, mit Ausnahme einiger Artikel, die etwas billiger geworden waren, im allgemeinen unverändert. Der Besuch des Marktes war auch gestern wieder recht lebhaft und es wurde flott gekauft. Das Angebot war im allgemeinen sehr groß. Obst war wieder in ausnahmsweise großen Mengen und reicher Auswahl vorhanden, aber immer noch hoch im Preise. (…)
Der städtische Gemüse- und Kartoffelverkauf auf dem Bonner Wochemarkt war gestern wieder recht lebhaft. Die Nachfrage war hauptsächlich in Bohnen, Kartoffeln und Zwiebeln sehr groß. Gegen 9½ Uhr war der ganze Vorrat in Bohnen schon ausverkauft. Kartoffeln konnten nicht genug herangeschafft werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die städtischen Verkaufsstellen für Gemüse bieten nunmehr auch frisches Obst zum Verkauf an. Der Preis beträgt für Aepfel 12 Pfennig, für Birnen 10 Pfennig.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Uebt Menschlichkeit!
Auch bei Pferden gibt es Eingezogene und Zurückgebliebene. Natürlich bietet der „Schwamm“ unserer Zugtiere nicht die besten Exemplare der Gattung. Man sieht jetzt vielfach das, was man bei den „Hafermotoren“ früher überhaupt nicht oder höchstens in außerordentlich seltenen Fällen gesehen hat: schwache, überanstrengte, abgetriebene Pferde. Unsere Schutzleute haben ihr Augenmerk auch auf überlastete, abgetriebene Pferde zu richten und für die Ausspannung solcher oder lahmer Tiere zu sorgen. Sie tun dies in reichlichem Maße schon aus reiner Menschlichkeit und Tierfreundlichkeit. Außerdem hat der Tierschutzverein seit Jahren Belohnungen für Schutzleute ausgesetzt, die sich mit warmem Herzen der gequälten Kreatur annehmen und gegen Tierquäler Anzeige erstatten, damit sie in verdienter Weise bestraft werden. Anlaß, einzuschreiten, liegt jetzt oft genug vor. Die Pferde sind knapper geworden als vor dem Kriege – und doch soll jeder schwachbesetzte Stall an Transporten so viel leisten, wie der vollständig besetzte Stall geleistet hat. Die Folge wird die häufige Ueberlastung der Wagen. Die Fütterungsverhältnisse haben sich wegen der geringeren Haferration verschlechtert. Die Tiere, an sich schon schwächer als die eingezogenen, sollen womöglich noch größere Lasten fortbewegen als ehedem die starken Tiere vermochten. Die neue Futterart verursacht den Pferden, zumal bei großer Hitze, brennenden Durst; doch denkt nicht jeder Kutscher daran, daß eine reichliche und häufige Tränkung der Pferde unbedingt nötig ist. Werden sie überanstrengten Tiere matt, so wird oft mit größter Herzlosigkeit auf die armen Tiere eingeschlagen – Wahrnehmungen, wie sie jeder Tierfreund oft machen muß. Manchmal, wenn die Pferde selbst mit Aufbietung ihrer letzten Kräfte nicht vom Fleck können, wäre eine Erholungspause von zehn Minuten geeignet, den Tieren die Fortsetzung ihrer schweren Arbeit zu ermöglichen. Dazu aber fehlt dem Kutscher – so meint er oft, und so mag’s ja auch manchmal richtig sein, weil der Arbeitgeber auf die Erledigung der Fuhren drängt – dazu gebricht es an der Zeit, und so muß das bedauernswerte Arbeitstier unter einem Hagel von Schlägen weiter ... (...)
Die Mahnung, den Pferden, die daheimgeblieben sind, bei ihrer schweren Arbeit Menschlichkeit angedeihen zu lassen, gilt in erster Reihe den Firmen, die sich des Pferdes für ihre geschäftlichen Zwecke bedienen: Mutet den Tieren nicht zu, was sie nicht leisten können! Seht euch die Pferde an, wenn sie von ihrer Arbeit wieder auf den Hof kommen, ob sie nicht bis zum Umfallen abgetrieben und mit Striemen über Kopf und Körper bedeckt sind! Zwingt die Kutscher nicht, mehr mit ihrem Gefährt zu leisten, als vernünftigerweise geleistet werden kann; sorgt dafür, daß die armen Tiere nicht rohen Personen anvertraut werden, deren Gefühl gegen die Qualen mißhandelter Tiere abgestumpft ist! Es ist dies jetzt weit mehr noch als sonst eine Forderung der Menschlichkeit!
Soll das Stadttheater eröffnet werden? Die Frage beschäftigt, wie wir Artilleristen aus Bonn in Ihrer geschätzten Zeitung lesen, wieder die Gemüter der Heimat. Freilich soll es eröffnet werden! Das Theater, das ernst genommen sein will, ist keine Stätte der Unterhaltung und des müßigen Zeitvertreibes, sondern ein Ort der Bildung und ernster Geistesarbeit, eine Weihestätte edler Sammlung und Erhebung. Unsere Lieben daheim und unsere verwundeten Kameraden bedürfen gerade in dieser Zeit das Theater. Aber, wie gesagt, nur das Theater, das ernst genommen sein will. Auf den Spielplan also kommt es an. Im vorigen Winter hat man dem Bonner Stadttheater jenen höheren Charakter nicht immer zu wahren verstanden. Vier Bonner Artilleristen von den 23ern.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Donnerstag, 19. August 1915
Der städtische Gemüseverkauf auf dem Markt und in dem Laden an der Sternstraße findet noch immer lebhaften Zuspruch, da die Preise für alle feilgehaltenen Gemüsearten und für Kartoffeln erheblich niedriger sind, als im privaten Handel. Sehr häufig kann man hören, daß die Händler ihre höheren Preise mit der Behauptung beschönigen, die städtischen Waren seien minderwertig. Das ist durchaus nicht der Fall. Die von der Stadt verkauften Kartoffeln sind, obwohl sie 1 bis 2 Pfg. das Pfund billiger sind, ausgereifter und dicker als durchweg die im privaten Handel angebotenen, und das städtische Gemüse kann auch jeden Vergleich aushalten. Außer Gemüse und Kartoffeln verkauft die Stadt jetzt auch Obst, Birnen zu 10 Pfg. und Aepfel zu 12 Pfg. das Pfund.
Eine Bonner Lazarett-Zeitung wird jetzt vom Ausschuß für Kriegsbeschädigten-Fürsorge herausgegeben. Die Schriftleitung hat Herr Fortbildungsschuldirektor Bins, Satz und Druck werden von der Buchdruckerklasse der hiesigen gewerblichen Fortbildungsschule geliefert. Die neue Zeitung hat den Zweck, die in den hiesigen Lazaretten untergebrachten Verwundeten über alles für sie besonders Wissenswerte, namentlich über die Einrichtungen, die für sie getroffen sind, auf dem Laufenden zu halten. Die erste Nummer der Bonner Lazarett-Zeitung vom 15. August macht einen sehr gefälligen Eindruck. Satz und Druck sind tadellos. Aus dem Inhalt der 16 Großoktavseiten sei hervorgehoben: Erntegebet 1915 von Max Heidorn; Wie kann der Kriegsbeschädigte selbst dazu beitragen, arbeitsfähig zu werden? Von Dr. Richarz, leitendem Arzt des Vereinslazaretts Glückauf; Bleibe in deinem Berufe; Gruß an den Rhein von Landsturmmann Morhenn aus Bonn, zurzeit in Libramont; die Beschreibung einer Anzahl empfehlenswerter Spaziergänge in und bei Bonn usw. Es wird mitgeteilt, daß die Delegierten der hiesigen drei Reservelazarette, die Herren Karl Henry, Th. Schoppe und E. Tilger, geschäftliche und sonstige Angelegenheiten der Verwundeten vertraulich zu regeln bereits sind und daß die Schriftleitung in einem „Briefkasten“ Fragen der Kriegsbeschädigten beantworten will. Die Bonner vereinigten Frauenvereine laden zum Besuch ihres Nachmittagsheims für Verwundete, Koblenzer Straße 90, ein. Zum Schluß findet man die Ankündigung, daß die Bonner Vaterländischen Vereinigungen zur Belohnung der besten in den Lazaretten angefertigten Handarbeiten für eine demnächste Ausstellung 50 Mark bereitgestellt haben.
Der Sieg von Kowno. Eine frohe Siegesnachricht brachte der Telegraph gestern vormittag bald nach 10 Uhr: Die starke und wichtige russische Festung Kowno ist mit allen ihren Fort in deutschem Besitz. Unzähliges Material, darunter weit über 400 Geschütze, ist in die Hände der deutschen Sieger gefallen. Die Erstürmung dieser starken Festung bedeutet wieder einen guten Schritt vorwärts auf dem unaufhaltsamen Siegeszuge der verbündeten deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen in Rußland und auf dem Wege zum endgültigen Siege und glücklichen Frieden. Die Freudenbotschaft wurde auch von den Kirchenglocken durch feierliches Geläut verkündet, und zu den vielen Fahnen, die schon zu Ehren des greisen Kaisers Franz Joseph herausgesteckt waren, gesellten sich schnell noch zahlreiche andere Fahnen in deutschen und österreichischen Farben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Sieg von Kowno. Und abermals flattern die Fahnen im Winde und hoch vom Münster und von den übrigen Türmen in Stadt und Land erklangen die Glocken zum Siegesgeläute. Nicht lauter Jubel erfüllte die Straßen, aber die stille Zuversicht, daß es im Osten den deutschen Waffen in Gemeinschaft mit der Tatkraft unseres Verbündeten beschieden sein wird, die russischen Heere gänzlich zu Boden zu ringen, stärkte sich beim Eintreffen der großen Siegesbotschaft von dem Fall der Festung Kowno. (...)
Keine Männerkleidung zu Vogelscheuchen. Da in letzter Zeit aus Gefangenenlagern der Provinz Schlesien mehrfach Gefangene entflohen, sind die Landwirte und Gartenbesitzer ersucht worden, keine Männerkleidung für Vogelscheuchen zu verwenden, um den flüchtenden Gefangenen die Möglichkeit zu nehmen, ihre Uniform mit Zivilkleidung zu vertauschen. Es wird empfohlen, die Vogelscheuchen in den Feldern, Gärten usw. mit Frauensachen und Lumpen zu bekleiden.
Die Verwundeten der Beethovenhalle hielten gestern im Garten der Halle ein Volksfest ab, dessen Kern, wie es sich deutschen Kriegern geziemt, ein Schießfest bildete. Und wie üblich, Rheinländer hatten sicher die Mehrheit im Festausschuß, herrschte ein recht bewegtes, fröhlich munteres Treiben auf dem Festplatz. Das Fest war auf breitester Grundlage aufgebaut; nichts fehlte, was auf den großen Schützenfesten, wie etwa dem Deutzer, anzutreffen ist, mit Ausnahme alles dessen, was mit Braten und Backen zusammenhängt. Das entschuldigt der Krieg. (...)
Dann war auch ein Schützengraben da, den Russen, Franzosen und Engländer und ein kohlrabenschwarzer Mohr mit Maschinengewehr, einer Rassel und reichlichem Schießen verteidigten. Beworfen wurde der Schützengraben mit Handgranaten, und wenn der Mohr (er war lebendig) nicht getroffen wurde, streckte er seine blutrote Zunge heraus. Das soll auch draußen vorkommen.
Zum Volks- und Schützenfest gehört auch ein Festzug, und der zog auch durch den Garten und zwischen Buden her. Voran die Landsturmkapelle mit Meister John an der Spitze; ihr folgten ein halbes Dutzend Vereine mit ihren Bannern und Anführern mit gezogenem Pallasch. Sie erwiesen dem Chefarzt des Lazaretts, Herrn Sanitätsrat Professor Dr. F. A. Schmidt, die gehörige Ehrerbietung, zogen zweimal vorbei und bildeten dann einen Kreis. In ihrem Zuge aber hatten sie ein festlich geschmücktes Wägelchen mitgeführt und in diesem saß ein festlich geschmückter Herold. Der sprach dann kurz aber treffend zu den Festgenossen: Wie vor Jahr und Tag der Kaiser sein Volk aufgeboten zu Wasser und zu Land gegen die hinterlistigen, übermächtigen Feinde. Freudig seien alle hinaus in den Krieg gezogen, den Lieben daheim zum Trost ein Wiedersehen bietend. Nicht alle aber hätten Heimat und Ihrige wiedergesehen. Die Versammelten hätten, wenn auch verwundet, das Glück des Wiedersehens gehabt. Nun harrten sie hier ihrer Genesung und Wiederherstellung. Die hätten sie der Kunst der Aerzte und der aufopferungsvollen Pflege der Schwestern zu danken. Sollte nun doch noch einmal der Ruf an die Gesundgewordenen zu erneutem Auszug gegen den Feind ergehen, so würden alle freudig folgen. Dem Kaiser und obersten Kriegsherrn erklang dann ein donnerndes Hoch. Der so einfach schlichte Sprecher war der Gefreite Buchholz von Beuel, der beim Kampf um Sedan in den vorigen Augusttagen ein Bein verlor.
Nach einer Kaffeepause ging das frohe Leben und Treiben wieder seinen Gang. Jetzt trat sogar eine Mordgeschichte auf den Plan und ein Tanzbär schritt durch den Garten. Schüsse knallten, das Maschinengewehr ratterte, Puppen flogen, das Drehrad kreischte, die Ausrufer lockten, und dazwischen klangen die lustigen Weisen unsrer Landsturmkapelle. (...)
Den Höhepunkt erreichte das wohlgelungene Fest, als der Schützenkönig ausgerufen wurde. Für die Zielsicherheit unserer Feldartilleristen zeugt es, daß ein Kriegsbeschädigter vom Reserve-Feldartillerie-Regt. 59 (2. Batterie), Johann Sterzenbach, die Würde des Schützenkönigs errang. Sterzenbach, der im Feldzug ein Bein verlor und sich einstweilen bis zu seiner Genesung noch auf Krücken bewegen muß, schoß mit drei Schuß 35 Ringe, was nach dem Urteil von Sachkennern eine außerordentliche Leistung bedeutet.
Der Verlauf des Volksfestes läßt den Wunsch rege werden, die schöne Feier, die gestern nur vor geladenen Gästen vor sich ging, auch der Bürgerschaft allgemein zugängig zu machen. Wir schlagne deshalb eine Wiederholung des Schützenfestes vor. Vielleicht ist hierfür der kommende Sonntag der geeignetste Tag.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Pilgerzüge, die gestern morgen 7 ½ und 8 Uhr von Bonn und Godesberg nach Kevelaer fahren, wiesen eine sehr starke Beteiligung auf. Von der hiesigen Eisenbahnstation wurden etwa 1500 Fahrkarten ausgegeben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 20. August 1915
Flaggen heraus! Rufen die Glocken, wenn sie hoch von den Türmen, urbi et orbi, die Siege unserer Heldenscharen verkünden. Wie schnell und gerne folgen wir ihren Rufen; wie wetteifern die Bürgerhäuser selbst in den entlegensten Stadtteilen mit den öffentlichen Gebäuden, die Freude der Gesamtheit zu bekunden und äußerlich ein Dankeszeichen denen zu geben, durch deren Aufopferung, Tapferkeit und Ausdauer diese Siege erfochten wurden.
Und doch gibt es hier in Bonn eine Straße, die an solchen Festtagen dadurch auffällt, daß die beiden größten öffentlichen Gebäude keinerlei Anteilnahme an der allgemeinen Siegesfreude durch Beflaggen zeigen. Es ist die Wilhelmstraße. Wenn alle Deutschen dabei sind, ihre patriotischen Gefühle durch Beflaggen der Häuser nach außen hin kundzugeben, wenn in Preußens Hautpstadt sogar Victoria geschossen wird, dann sollte man eigentlich annehmen, daß auch Frau Justitia, die erste Dienerin des Staates, Veranlassung haben sollte, ihr nüchternes Alltagsgewand für einen solchen Tag auch zu schmücken, um dadurch zu zeigen, daß die allgemeine Siegesfreude auch sie angeht. Bonn, am Tage von Kowno. „Kritikus“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Kriegswallfahrt nach Kevelaer. Die Teilnehmer an der Fußprozession nach Kevelaer, die am vergangenen Sonntag morgen von der Remigiuskirche auszog, trafen gestern nachmittag wohlbehalten hier wieder ein. Gleichzeitig kamen auch die Wallfahrer, die am Mittwoch in zwei Zügen nach Kevelaer fuhren, hier wieder an. Die Beteiligung an beiden Prozessionen war ungemein stark. Unter feierlichem Glockengeläute zogen die Pilger kurz vor 6 Uhr in die Remigiuskirche ein, wo der Schlußsegen gegeben wurde.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Freiwillige Abgabe von Kupfer, Messing und Nickel. Wie der Einsender sich überzeugt hat, ist in Bonn der besten Wille vorhanden, freiwillig Gegenstände aus Kupfer, Messing und Nickel abzugeben; aber es ist zurzeit hierfür noch nicht die Möglichkeit geboten, weil das angestellte Personal zugleich die Großlieferanten und die Kleinlieferanten befriedigen soll. Während eine Stunde lang die Lieferungen der ersteren verwogen werden, steht eine große Menschenmenge mit kleineren Lieferungen zusammengedrängt da und flüchtet schließlich hinweg, da ihr Vorhaben aussichtslos ist. Es ist erstaunlich, zu sehen, welche Metallmassen bereits jetzt angehäuft sind; immerhin ist zu bedenken, daß die Hauptbestände sich nicht in den Händen der privaten Aufkäufer, sondern in denen der Bürgerschaft befinden, die auf diese Weise abgeschreckt wird. Wenn Jemand 5 bis 6 Kg. Metall abgeben will, kann ihm nicht zugemutet werden, daß er stundenlang vergeblich sich ins Gedränge stellt oder hierfür vergeblich einen Dienstmann mietet. Eine Teilung zwischen Großlieferungen und der bei weitem größeren Zahl der Kleinlieferungen ist hiernach durchaus erforderlich, wenn der Zweck erreicht werden soll. Ein Praktikus.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Samstag, 21. August 1915
Gegen den Lebensmittelwucher. Der Oberbürgermeister macht bekannt: Es hat sich ergeben, daß die Preise der für die einfache Lebenshaltung erforderlichen Lebensmittel in unbegründeter Weise erheblich gestiegen sind. Um dieser Preistreiberei entgegen zu steuern, werden auf Anordnung des stellvertretenden Generalkommandos des 8. Armeekorps zu Koblenz für die Folge die Durchschnitts- und Mindestpreise der Lebensmittel festgestellt und die Namen derjenigen Verkaufsstellen, die zu den ermittelten Mindestpreisen verkaufen, in den hiesigen Zeitungen veröffentlicht werden.
Fußballsport. Am morgigen Sonntag findet auf dem Spielplatze an der Richard-Wagner-Straße das Entscheidungsspiel um den Kriegspokal zwischen Bonn und Elberfeld unter Leitung des Herrn P. Schröder aus M.-Gladbach statt. Beide Mannschaften sind durch Urlauber verstärkt, so daß ein spannendes Spiel zu erwarten ist.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das außerordentliche Kriegsgericht verhandelte gestern unter dem Vorsitz des Herrn Amtsgerichtsrats Horster gegen einen Schüler aus Godesberg wegen verbotenen Waffentragens. Während der Verhandlung stellte sich heraus, daß der Angeklagte noch nicht strafmündig war. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt. – (...) Ein Russe und seine Schwester, die im Kreis Rheinbach als Arbeiter tätig waren, hatten diese Stelle verlassen und sich ohne Erlaubnis der Behörde nach einem Ort außerhalb des Kreises begeben. Der Angeklagte wurde zu 14 Tagen Gefängnis, seine Schwester zu 3 Tagen Gefängnis verurteilt, jedoch wurden die Strafen durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt erklärt. – Ein Angeklagter aus Godesberg hatte den ihm in Namur erteilten Paß zur Reise nach Deutschland nicht, wie vorgeschrieben, an die Paßbehörde in Brüssel binnen 10 Tagen zurückgeschickt, sondern erst, nachdem er von der Polizei dazu aufgefordert worden war. Er wurde zu einer Geldstrafe von 20 Mark verurteilt. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nagelung zu Gunsten des Roten Kreuzes. Der Stammtisch G. A. im Restaurant „Goldner Stern“ versammelte am Donnerstag abend seine Mitglieder zu einer feierlichen Benagelung eines Kriegsstammes. Der Stamm (ein natürlicher Birkenstamm) als Stammtischaufsatz gedacht, zeigt vorne ein eisernes Kreuz, sowie einen Spruch, welcher lautet: „Wer Luft hat und wer geben kann -, Mag Nägel in mich hauen, - Durch’s Rote Kreuz kommt’s zu Gute dann – Unsren braven, tapfern Feldgrauen. – Die erste Benagelungsfeier ergab das erfreuliche Resultat von Mark 40.-. Möge der Stamm noch manchen klingenden Nagel zu diesem guten Zwecke in sich aufnehmen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Bringt das Gold zur Reichsbank.
Obgleich feststeht, daß sich noch hunderte von Millionen Mark an Goldmünzen in den Händen des Publikums befinden, haben die Rückflüsse zu den Kassen der Reichsbank in den letzten Monaten ganz erheblich nachgelassen. Es ergeht deshalb von neuem die dringende Aufforderung, vorhandene Goldmünzen – und sei es auch nur ein 10 M.- oder 20 M.-Stück – sobald als möglich bei der Reichsbank umzutauschen. Niemand möge denken, daß es auf seine Goldmünze nicht ankommt; jedes einzelne Stück ist von Wichtigkeit. Auch diejenigen, welche Goldmünzen einsammeln, werden gebeten, in ihrer Tätigkeit nicht zu erlahmen und nicht eher zu ruhen, als bis die letzte Goldmünze aus ihrem Versteck herausgeholt und der Allgemeinheit nutzbar gemacht ist. Angesichts der herrlichen Waffentaten unserer tapferen Streiter muß es für alle zu Hause gebliebenen eine Ehrenpflicht sein, hinter der Front an der finanziellen Rüstung des Vaterlandes mitzuarbeiten, wozu auch die Ablieferung der Goldmünzen an die Reichsbank gehört. Jeder suche daher auf diese Weise im Eifer für des Reiches Wohl den Helden draußen im Felde gleichzukommen.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 22. August 1915
Ausfuhrverbot für grüne Bohnen. Der Guvernör der Festung Köln hat bestimmt: Jede Ausfuhr von grünen Einmach- (Stangen-) Bohnen aus dem Festungsbereiche ist verboten. Zuwiderhandelnde werden mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft, sofern nach den bestehenden Strafgesetzen keine höhere Strafe verwirkt ist.
Zum Festungsbereiche Köln gehören auch noch die Ortschaften, aus denen der Bonner Markt mit Gemüse versorgt wird. Es ist daher zu hoffen, daß das Bohnenausfuhrverbot auch den Bonner Hausfrauen, die in der letzten Woche vergebens Einmachbohnen zu kaufen versuchten, Hilfe bringen wird.
Bestrafter Kartoffelwucher. Ein Bauer in Ersdorf (Kreis Rheinbach) hatte im Frühjahr an einen hiesigen Gemüsehändler Kartoffeln zu 4,80 M. den Zentner verkauft, obwohl der Höchstpreis nur 2,80 M. betrug. Der Bauer wollte gestern der hiesigen Strafkammer, vor der er sich wegen Ueberschreitung der Höchstpreise zu verantworten hatte, weismachen, seine Knollen seien höchstpreisfreie Saatkartoffeln gewesen, er habe den Gemüseladen an der hiesigen Josephstraße für eine Saatguthandlung gehalten. Der Staatsanwalt beantragte 50 M. Geldstrafe. Dem Gericht war diese Strafe zu gering. Wie der Vorsitzende ausführte, habe der Angeklagte nicht nur absichtlich das Gesetz umgangen, er habe auch das Gericht an der Nase herumzuführen und ihm etwas weiszumachen versucht, was er selbst nicht glaubte. Eine exemplarische Strafe sei deshalb am Platze. Das Urteil lautete auf 200 Mark Geldstrafe.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Brot- und Mehlpreise. Landrat v. Nell veröffentlicht eine Verordnung betr. die Regelung des Mehl- und Brotverbrauchs im Landkreise Bonn, die mit dem 29. August in Kraft tritt. Danach wird der Höchstpreis für ein Schwarzbrot auf 65 Pfg., für ein Feinbrot auf 80 Pfg., für ein Kleinbrot (Röggelchen) auf 6 und für inländisches Weizenmehl auf 30 Pfg. das Pfund festgesetzt. Die Höchstpreise sind durch Anschalg an augenfälliger Stelle in den Verkaufsräumen den Käufern zur Kenntnis zu bringen.
Die Feuerwehr wurde am Samstag vormittag nach der Koblenzerstraße gerufen, um dem Pferd eines Bierfuhrwerks auf die Beine zu helfen, das auf dem nassen Asphaltbelag zu Fall gekommen war.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 20. Aug. Heute nachmittag fand im Rathaussaale eine Gemeinderatssitzung unter dem Vorsitze des Herrn Bürgermeister Zander statt. (...) Sodann brachte das Gemeinderatsmitglied Drücke die in Godesberg üblichen übermäßig hohen Preise für Nahrungsmittel zur Besprechung, namentlich die Brot- und Kartoffelverhältnisse. Allerwärts seien beispielsweise auch Röggelchen erhältlich, nur hier in Godesberg nicht. Er bat die Verwaltung um die Vornahme geeigneter Schritte. Der Bürgermeister erwiderte, daß er wiederholt mit den Bäckermeistern diesbezügliche Verhandlungen geführt habe, die aber immer an dem vom Kreisausschuß festgesetzten Preise von 7 Pfennig für das Röggelchen gescheitert wären, weil die Bäcker erklärten, für so billiges Geld die geforderte Ware nicht liefern zu können. In der Debatte wurde diese Erklärung der Bäckermeister als recht sonderbar bezeichnet, da doch anderwärts bei den Bäckern keine Schwierigkeiten geltend gemacht würden. Der Bürgermeister wies darauf hin, daß die auf den 29. August festgesetzte neue Regelung der Mehlpreise wohl eine Aenderung bringen würden. Bezüglich der Kartoffeln habe sich eine Kommission bereits mit der Frage befaßt, jedoch zu einer Festsetzung von Höchstpreisen bisher nicht verstehen können; die jetzt sinkenden Kartoffelpreise hätten dadurch vielleicht auch das Gegenteil hervorrufen können. – (...) – Bevor die Versammlung schied, traf die Siegesnachricht des heutigen Tages ein. Herr Bürgermeister Zander brachte den hocherfreulichen Bericht zur Verlesung und schloß die Sitzung mit einer kurzen Ansprache auf die schönen Waffenerfolge unseres Heeres und mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf unsern Heldenkaiser und sein glorreiches Heer mit seinen genialen Führern.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Auf der schiefen Ebene. Zehn Diebstähle, darunter drei Einbruchsdiebstähle, warf die Anklage an der Ferienstrafkammer einem 13 Jahre alten Schüler aus Bonn vor. Das Bürschchen hatte vor einiger Zeit in Bonn eine Reihe von Diebstählen ausgeführt, die ihn in den Besitz von Uhren, Geld, eines Sparkassenbuches und einer Reihe von Fahrrädern brachten. Zwei Burschen, die einige Jahre älter sind, brachten die entwendeten Gegenstände an den Mann. Sie waren wegen Hehlerei angeklagt. Bei der Urteilsverkündung hielt der Vorsitzende Geheimrat Schröder den Angeklagten zunächst eine gründliche Strafpredigt, die ihnen das Verwerfliche ihres Treibens zu Gemüte führte. Das Urteil lautete gegen den Dieb, der zudem nächstens in Fürsorgeerziehung kommen wird, auf sechs Monate Gefängnis, gegen die Hehler auf einen bezw. zwei Monate Gefängnis. Dieser Vorfall dürfte manchen Müttern Veranlassung geben, besser auf das Treiben ihrer Jungens acht zu geben, ehe es zu spät ist. Ein strenges Mahnwort in dieser Beziehung dürfte heute sehr angebracht erscheinen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 23. August 1915
Konzert der Bonner Liedertafel
(Zum Besten der Kriegshilfe.)
Die Bonner Liedertafel hatte mit ihrem gestrigen Konzert wieder einen vollen und, wie gleich hinzugesetzt werden soll, wohlverdienten Erfolg. Man wird weit gehen müssen, bis man, jetzt zur Kriegszeit, wieder einen Gesangverein findet, der einen so stark besetzten, glänzend geschulten Chor und ein so schönes Stimmenmaterial zur Verfügung hat, wie die Sängerschar der Liedertafel, die Herr Musikdirektor Werth unter seiner anfeuernden Leitung vereinigt. Obwohl die meisten der jüngeren Sänger draußen im Felde stehen, klingen die Chöre immer noch sehr schön und sie sind noch immer der stärksten Wirkungen fähig, weil Musikdirektor Werth in ganz hervorragender Weise die Kunst versteht, die Stimmen zusammenzuhalten und im gegebenen Moment mit voller Kraft einzusetzen. So hörte man die vaterländischen Chöre „Die Wacht am Rhein“ von Wilhelm und „Lützows wilder Jagd“ von Weber machtvoll dahinbrausen, freute sich über die geschlossene Wirkung und die schönen dynamischen Abstufungen in Werths tonmalender Chorballade „Die Söldner“ und bewunderte die Fülle und Kraft des Tones und die begeisterte Stimmung, mit der sich die Sänger für Felix v. Woyrschs markigen „Gesang des deutschen Heeres“ einsetzten. Auch in den volkstümlichen Chorliedern, in Hummels „Die Rose im Tal“, Werths „Ganz im Geheimen“, Langers „Am Ammersee“, Jüngsts „Ständschen“, v. Othergravens „Der Jäger aus Kurpfalz“ und Julius Hagemanns (Bonn) liebenswürdig humorvollen „Ey! Ey!“ bewährte sich die oft gerühmte Kunst der Liedertafel, den rechten Klang und die rechte Stimmung für jeden Chor zu treffen und für die Schwermut wie die Schelmerei des Volksliedes einen ungekünstelten und lebendigen Ausdruck zu finden. Als Solokräfte waren Frau Küster-Herold (Köln) und Herr Konzertmeister Lang (Berlin) für das Konzert gewonnen. Frau Küster-Herold sang mit sympathisch gefärbter Altstimme und vornehmer Auffassung Brahms' „Sapphische Ode“, Hugo Wolfs „Verborgenheit“ und als Neuheit F. W. Frankes „An unsere lütte Prinzessin“. Wenn sich bei den ersten Liedern eine gewisse Unstetigkeit des Tones bemerkbar machte, so verlor sich das später fast ganz, so daß Schuberts „Nachtstück“, mit schöner Empfindung gesungen, ausgezeichnet gelang und auch Strässers „Wenn ich wüßte“ und Flecks „Abseits“ zu voller Wirkung kamen. Herr Konzertmeister Lang, der sich hier schon beim Verwundeten-Konzert sehr vorteilhaft einführte, spielte Händels D-Dur-Sonate für Violine mit reifer und echt musikalischer Auffassung und einer überaus sicheren Technik. Der schöne, vornehme Ton des Künstlers kam dann noch in drei kleinen Violinstücken, in Sindings Andante religioso, in der Humoreske von Dvorak-Kreisler und in Hagemanns „Karneval“ vortrefflich zur Geltung. Herr Lang dankte für den reichen Beifall mit Regers Andante. Eine Zugabe, die seinem musikalischem Geschmack wie seinem Können das beredteste Zeugnis ausstellt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Einzahlungstermine auf die dritte Kriegsanleihe. Als erster Einzahlungstermin für die neue Kriegsanleihe ist der 18. Oktober bestimmt worden, doch können Einzahlungen bereits vom 30. September an gemacht werden.
Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe ist am Freitag abend von Heringsdorf kommend in Berlin eingetroffen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Brot- und Mehlpreis. Landrat von Nell gibt eine Verordnung über die Regelung des Mehl- und Brotverbrauchs im Landkreise Bonn bekannt, die mit dem 29. August in Kraft tritt. Es wird der Höchstpreis für ein Schwarzbrot auf 65 Pfg., für ein Feinbrot auf 80 Pfg., für ein Kleinbrot (Röggelchen) auf 6 und für ein inländisches Weizenmehl auf 30 Pfg. das Pfund festgesetzt. Die Höchstpreise sind durch Anschlag an augenfälliger Stelle in den Verkaufsräumen den Käufern zur Kenntnis zu bringen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 24. August 1915
Spionage durch den Fernsprecher. Das halbamtliche Wolffsche Telegraphenbüro verbreitet folgende Warnung: Es wird darauf hingewiesen, daß in letzter Zeit verschiedentlich feindliche Agenten versucht haben, die Stellung von Truppenteilen dadurch zu ermitteln, daß sie sich – besonders durch den Fernsprecher – angeblich im Auftrage höhergestellter Persönlichkeiten bei Familien nach deren im Felde stehenden Angehörigen sowie nach Truppenteil und Aufenthaltsort erkundigten. Es wird daher dringend davor gewarnt, in solchen Fällen irgendwelche Auskunft zu erteilen. Vielmehr muß versucht werden, durch sofortige Anfrage bei dem Fernsprechamt festzustellen, von welcher Seite aus die Anfrage erfolgt ist. Alle auf diesen Zweig der Spionage bezüglichen Wahrnehmungen sind ferner ungesäumt den Polizeibehörden zu melden.
Im Bonner Wehrbund herrscht zurzeit Ferienstimmung, da die Teilnahme des Kgl. Gymnasiums und der Realschule, die seine treusten Stützen waren, fehlt. An den beiden vergangenen Sonntagen traf jede Abteilung selbständig Bestimmungen über die Verwendung des Sonntags. Am kommenden Sonntag, den 29. August, soll jedoch wieder ein gemeinsames Unternehmen, eine Wanderung im Ahrtal, stattfinden. Die Einzelheiten sind in den Abteilungen zu erfahren.
Metropol-Theater. Der neue Spielplan bringt die erste Hälfte einer achtaktigen Filmhandlung „Nelly, das Weib ohne Gewissen“, ferner ein Bild aus der modernen Gesellschaft „Der lebende Tote“, mehrere heitere Stücke, die neuesten Kriegsaufnahmen und Naturdarstellungen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Rabattsparvereine. Die Kriegstagung der Deutschen Rabattsparvereine in Dresden beschloß: Die Einführung von Höchstpreisen für den Einzelhandel ist verfehlt, wenn diese nicht gleichzeitig für die Produzenten und den Großhandel festgesetzt werden. Bei Beschlagnahme sind die Berufsvertretungen gutachtlich zu hören. – Der Verband zählt 500 Vereine, 70,000 Mitglieder. Er hat für Kriegshülfe eine halbe Million ausgegeben und zahlte im letzten Kriegsjahr an die Kundschaft 37 Millionen Rabatt.
Vom Rhein. Heute morgen gegen 5 Uhr trat auf dem Rhein so dichter Nebel auf, daß die Frachtschiffe ihre kurz vorher aufgenommenen Fahrten wieder einstellen mußten. Der jetzige Wasserstand ist der Schleppschifffahrt noch immer günstig, trotzdem er in den letzten Tagen anhaltend zurückgegangen ist. Heute früh wurden am hiesigen Pegel noch 2.24 Meter Wasser gemessen.
Die Schwalben rüsten sich schon wieder zum Abzuge. Die letzte Brut ist seit ungefähr 14 Tagen flügge, und draußen auf Telephon- und Telegraphenleitungen wird jetzt alltäglich Zusammenkunft abgehalten. Da gibt’s ein Begrüßen, ein Zwitschern und Erzählen, müssen doch die Vorbereitungen für eine lange Reise getroffen werden. Plötzlich fliegt die ganze Gesellschaft von dannen, um nach einigen wohlgelungenen Flugversuchen sich wieder auf der alten Stelle niederzulassen. In der Stadt sind die Schwalben jetzt nur noch selten anzutreffen. Noch ein paar Wochen und sie sind ganz verschwunden, sie werden zurückkehren in den sonnigen Süden, wo auch jetzt gerade so wie bei uns der Waffenlärm des Krieges widerhallt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Straßenbahn nach Dottendorf
Warum zahlen wir Dottendorfer für die Fahrt mit der Elektrischen bis zum Kaiserplatz 15 Pfg.? Die Strecke ist nur 50 Meter länger als die Strecke vom Friedrichsplatz [heute: Friedensplatz] bis Grau-Rheindorf, wofür ein Fahrpeis von 10 Pfg. angesetzt ist. Dabei beträgt die Fahrzeit nach Dottendorf eine Minute weniger. Die Strecke von der Gronau bis zum Friedrichsplatz ist 600 Meter länger und die Fahrzeit beträgt 17 Minuten. Dafür beträgt der Fahrpeis auch 15 Pfg., was gewiß nicht zu niedrig ist. In Dottendorf wohnen im Gegensatz zur Coblenzer Straße [heute: Adenauerallee] zum größten Teil kleinere Leute mit Gemüsebau und deren Frauen und Töchter, die meist täglich das Gemüse zum Markt bringen, ist es zu gönnen, daß sie ebenso wie die anderen Vorortler für 10 Pfg. heimfahren können. Ferner ist in Dottendorf die große Fabrik mit 4-500 Beamten und Arbeitern, die scharenweise aus der Stadt kommen und 15 Pfg. Fahrgeld bezahlen müssen, wenn sie weiter als bis zur Moltkestraße [heute: Weberstraße] fahren. Man könnte die Strecke ganz gut in drei Teilstrecken einteilen, statt jetzt in vier. Bei einem Fahrpreis von 10 Pfg. würde die Strecke voraussichtlich nicht weniger einbringen als jetzt. Mancher geht jetzt von Dottendorf bis zu Pützstraße und fährt von da aus für 10 Pfg. Wir Dottendorfer hoffen, daß unsere Klage ein geneigtes Ohr finden wird, und daß wir recht bald auch für 10 Pfg. zur Stadt fahren können. Wir versprechen alsdann recht oft zu kommen und sicher bringen wir der Stadt mehr mit als wir holen kommen. Ein Dottendorfer, der gerne zahlt, aber nicht zuviel.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Fußball. Auf dem Sportplatz an der Richard-Wagnerstraße wurde am Sonntag nachmittag das Entscheidungsspiel um den Rheinischen Kriegspokal ausgetragen. Die erste Mannschaft des Elberfelder Spiel- und Sport-Vereins entschied das Spiel gegen die gleiche Mannschaft des Bonner Fußball-Vereins für sich mit 5:2.
Freigabe von Metall. Unter Aufsicht des Reichsamts des Inneren ist die Metallfreigabestelle für Friedenszwecke in Berlin NW7, Sommerstraße 4a, Telephon Zentrum 10290, gegründet worden. An sie sind künftig alle Anträge auf Freigabe von beschlagnahmten Metallen für Friedens- und mittelbare Heereszwecke zu richten. Die Erledigung aller anderen, nach wie vor von der Kriegs-Rohstoff-Abteilung zu bearbeitenden Freigabegesuche werden wesentlich beschleunigt bei Benutzung hellgrüner Umschläge mit der Bezeichnung „Metallfreigabe“ in der linken oberen Ecke. Das Kriegsministerium macht darauf aufmerksam, daß Metalle nur in äußerst dringenden Fällen freigegeben werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 25. August 1915
Die Kapelle unserer 160er unter Leitung ihres Musikmeisters Krieg ist für 14 Tage nach Deutschland beurlaubt worden, um Wohltätigkeitskonzerte zu veranstalten. Der Erlös ist für die Hinterbliebenen gefallener Krieger bestimmt. Das erste Konzert findet heute (Mittwoch) nachmittag 4 Uhr auf der Casselsruhe, das zweite Konzert morgen (Donnerstag) abend 8 Uhr im Bonner Bürgerverein statt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen Aufnahme und Verpflegung armer Kranker bestehen Verträge mit der Universität. Dem Johanneshospital, dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder und dem Friedrich-Wilhelm-Stift, die demnächst ihr Ende erreichen. Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder hat von der Abschließung eines neuen Vertrages vorläufig abgesehen. Die Rheinische Genossenschaft des Johanniterordens hat den Abschluß eines Vertrages in Aussicht genommen. Das Johanneshospital und die Universität sind bereit, neue Verträge abzuschließen, deren Entwürfe am Freitag der Stadtverordnetenversammlung zur Genehmigung vorgelegt werden.
Teuerungszulage und Gehaltserhöhungen für Beamte und Angestellte. Die Verfassungskommission empfiehlt der am Freitag zusammentretenden Stadtverordnetenversammlung die Gewährung einer Teuerungszulage von 10 Proz. des Anfangsgehalts für die nicht zum Militärdienst eingezogenen verheirateten Beamten und Angestellten, soweit sie ein Diensteinkommen von nicht mehr als 2100 Mark beziehen, bis auf weiteres vom 1. Juli 1915 an, und die dauernde Erhöhung der Feldhüter- und Nachtwächtergehälter um 180 Mk. (anstelle der erwähnten Teuerungszulage) vom 1. April 1915 ab.
Im übrigen soll es bei der Fortzahlung der Hälfte oder eines geringeren Teiles des Gehalts an die zum Kriegsdienst einberufenen verheirateten Angestellten und an solche, die Ernährer unterhaltspflichtiger Angehöriger sind, bleiben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Gewinnung von Oel aus Unkrautsamen. In vielen Fällen wird in diesem Jahre besonders in der Sommerfrucht recht viel Unkrautsamen bei der Ernte sich aussieben. In früheren Jahrzehnten ist dieser Unkrautsamen, insbesondere Hederich und Senf, zur Oelbereitung mitbenutzt worden. Da in diesem Jahre bekanntlich Oele und Fette sehr knapp sind, seien die Landwirte dringend darauf hingewiesen, möglichst die Unkrautsamen zu sammeln und zur Oelmühle zu schaffen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mitbürger, zeichnet Wochenbeiträge für die Bonner Volksspende! So kann man jeden Tag in der Zeitung lesen und wie gerne möchte man sich an diesem guten Werk beteiligen, kann man doch für unsere tapferen Krieger nicht genug tun. Um der Volksspende auch in den Kreisen der nicht gerade Begüterten einen durchschlagenden Erfolg zu sichern, wäre es an der Zeit, daß die Lebensmittelpreise heruntergesetzt würden. Weshalb sind in diesem Jahre die Kartoffeln so teuer? Wo man doch überall hört, daß sie so gut geraten sind. Oder werden sie wieder aufbewahrt zum Verfaulen? Im vorigen Jahr war ich zufällig auf dem Markt, als gleich nach Ausbruch des Krieges die Kartoffeln auf den Höchstpreis von 6 Mark gesetzt wurden. Später kam noch ein Wagen mit Kartoffeln an, und die Eigentümerin, welche bei der Preisfestsetzung nicht anwesend war, forderte 10 Mark. Das gab nun gleich einen Menschenauflauf, und die Herren Polizisten werden sich wohl noch erinnern können, daß sie einschreiten mußten, um die Eigentümerin zu schützen. Weshalb muß man aber nun in diesem Jahre und um diese Zeit 7,50 bis 8 Mark bezahlen und im Einzel-Pfund 8 bis 9 Pfennig?
Also könnet man unter die Zeilen, Mitbürger, zeichnet Wochenbeiträge, auch: Herunter mit den Kartoffelpreisen setzen, sowie bei den anderen Lebensmittelpreisen! Eine Beamtenfrau, welche mit ihrem Monatsgehalt rechnen muß.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Donnerstag, 26. August1915
Regelung des Theaterbetriebs im Winter 1915/16.
Auf die Tagesordnung der morgigen Stadtverordneten-Versammlung ist noch als 11. Punkt gesetzt worden: Regelung des Theaterbetriebs im Winter 1915/16. Die den Stadtverordneten zugegangene Kurrende teilt zu dieser Angelegenheit mit:
Theater- und Finanzkommission empfehlen mit der Stadt Köln ein Abkommen auf folgender Grundlage:
Von den vereinigten Stadttheatern Köln werden wöchentlich zwei Schauspielvorstellungen und alle 14 Tage eine Opernvorstellung, nach Möglichkeit auch Sonntags abends eine Theatervorstellung in Bonn gegeben.
Bonn stellt zur Verfügung das Stadttheater mit Heizung und Beleuchtung und trägt sämtliche örtliche Kosten, wie technisches Personal, Zeitungsanzeigen, Drucksachen und dergleichen.
Die Theater-Garderobe stellt Köln.
Bonn zahlt für große Opernvorstellungen 1200 Mark, für kleine Opernvorstellungen 1000 Mark.
Für Schauspielvorstellungen garantiert Bonn eine Mindesteinnahme von 500 Mark; die über diesen Betrag hinausgehende Einnahme wird im Verhältnis ¾ zu ¼ zwischen Köln und Bonn geteilt; die Abrechnung erfolgt nicht für die Einzelvorstellung, sondern für die Gesamtheit der Schauspielvorstellungen.
Bonn zahlt an den Direktor der Kölner Theater, Hofrat Remond, als Vergütung für die Leitung des Bonner Theaters im vorerwähnten Umfange 2000 M.
Das Abkommen mit Köln wird für die Zeit vom 1. Oktober bis 1. April geschlossen, jedoch mit der Maßgabe, daß beiden Teilen das Recht zusteht, das Abkommen zum 1. Januar zu kündigen.
Der Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose in Bonn beruft auf nächsten Montag, nachmittags 5 Uhr, eine Mitgliederversammlung ein. Sie findet im Geschäftsgebäude der städtischen Verwaltung, Franziskanerstraße 9, statt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Goldsammlung. Um den Sammeleifer zu fördern, gibt auch die Kreissparkasse in Bonn jedem Schüler (Schülerin) ein künstlerisch ausgestattetes Gedenkblatt, wenn er mindestens 50 Mark in Gold entweder bei der Kreissparkasse in Bonn oder bei deren Zweigstelle in Godesberg oder bei einer der 24 Nebenstellen des Kreises einlegt oder umwechselt. Die Kreissparkasse wird das eingegangene Gold der Reichsbank abliefern.
Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit verurteilte das Schöffengericht gestern eine Ehefrau aus Beuel wegen erwerbsmäßiger Unzucht zu fünf Tagen Haft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die kleinen Beamten und Arbeiter und die dritte Kriegsanleihe.
Im „General-Anzeiger“ war in Nummer 9095 zu lesen, daß die Handelskammer den Firmen empfiehlt, ihren Angestellten und Arbeitern bei der Zeichnung der neuen Kriegsanleihe behülflich zu sein. In dem Schreiben der Handelskammer wird auch mitgeteilt, daß einzelne Firmen schon bei der zweiten Kriegsanleihe ihren Beamten und Arbeitern bei der Zeichnung der Kriegsanleihe behülflich gewesen wären und daß sie diesen Zeichnern die gezeichneten Beträge vorgestreckt hätten, um sie dann durch Abzüge vom Gehalt oder Lohn in Teilbeträgen wieder einzuziehen. Man darf bestimmt annehmen, daß diese Firmen bei ihrem Vorgehen vom rein vaterländischen Interesse geleitet wurden. Tatsächlich besteht auch bei einzelnen Bonner Firmen ein Verhältnis, das diesen Weg gestattet. Aber ganz allgemein dürfte es doch nicht dankbar sein, nach dem Vorschlage der Handelskammer zu verfahren. In einer Angelegenheit, bei der das vaterländische Empfinden ausschlaggebend ist, möge man alles vermeiden, was nur im entferntesten den Anschein erwecken könnte, als ob ein gewisser moralischer Druck der Firmeninhaber ausgeübt würde. Eine mißverständlische Auffassung über die eigentliche Absicht des Chefs ist nicht immer von der Hand zu weisen und es wird mancher Beamter und Arbeiter auf die Frage des Chefs, ob er eine Summe für ihn zeichnen solle, auch dann nicht gleich nein sagen, wenn ihm die Abzüge später auch noch so sauer werden. Die Lebenshaltung der kleineren Beamten und Arbeiter, die zu Kriegsbeginn (und zum Teil auch jetzt noch) mit Gehaltskürzungen, Lohnabzügen und Arbeitslosigkeit rechnen mußten, die in ihr Budget eine heute noch nicht ganz ausgeglichene Lücke gerissen hat, gestattet es nur in Ausnahmefällen, von ihrem Gehalt oder Lohn eine Anleihe zu zeichnen.
Daß die Arbeiter und kleinen Beamten für die Bonner Volksspende sehr opferbereit eintreten und daß sie ihre Angehörigen im Felde mit Liebesgaben versorgen und bedürftige Angehörigen zu Hause unterstützen, entspricht nach dem Einkommen der Meisten deren möglichsten Höchtstleistungen an vaterländischen Opfern. Wer von uns Beamten und Arbeitern trotz der um 30 – 50 Prozent gestiegenen Haushaltskosten noch in der Lage ist, die neue Kriegsanleihe als sorgsam rechnender Familienvater zu zeichnen, dem sei dies von ganzem Herzen empfohlen. Aber es möge dies geschehen, ohne daß die Angestellten zu ihren Chefs in ein Abzahlungsverhältnis treten müssen, das durch seine lange Dauer drückend wird. Viel wirksamer wäre es natürlich, wenn aus den Kreisen, die durch den Krieg große Vermögen erworben haben oder durch ihre Unternehmungen zum mindesten so gestellt sind, daß die Kriegsteuerung ihre Budgets nicht beeinträchtigt, möglichst reichlich die neue Anleihe gezeichnet würde. Man wird es dagegen den Minderbemittelten nicht verargen, wenn sie nur dann die neue Anleihe zeichnen, wenn sie nach Maßgabe ihrer finanziellen Verhältnisse dies mit gutem Gewissen vermögen. Daß das Volk opferbereit ist, hat es während des Krieges in so glänzender Weise in tausendfältiger Beziehung bewiesen, daß es sicherlich nicht erforderlich ist, ihm noch durch Gehalts- und Lohnabzüge besonders drückende Opfer aufzuerlegen. Ein Familienvater, der zwei Söhne im Felde hat.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Graf Zeppelin ist gestern abend hier angekommen und im Hotel Königshof abgestiegen. Erbleibt bis heute früh in Bonn.
Die Lichtspielkunst hat durch den Krieg auch insofern Einbuße erlitten, als neue gute Filme infolge Personalmangels und aus anderen Gründen wohl kaum hergestellt werden. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes hat sich die Leistung des Viktoriatheaters entschlossen, bei der Wiedereröffnung der Spielzeit für den kommenden Winter eine Neuerung einzuführen, die sich zweifellose der Zustimmung der Besucher erfreuen wird. Das Theater wird nur an drei Nachmittagen der Woche, namentlich Samstag, Sonntag und Montagspielen. Die Spieldauer der einzelnen Programme ist eine gute Stunde. Dementsprechend wird der Preis sehr gering angesetzt sein. Daß es trotzdem der Leitung daran liegt, den Besuchern eine Darbietung von unübertroffenem Werte vorzuführen, beweist das Eröffnungsprogramm für die ersten drei Tage. An diesen wird, freilich mit etwas längerer Spieldauer, der einzigartige in seiner Vollendung unübertroffene Film „Spartacus“ zur Darstellung kommen. Es ist dieses ein Gegenstück zu „Quo Vadis“, das in seiner reichen Ausstattung und der Fülle dramatischer Vollendung jenes Prachtstück vielleicht noch überbieten dürfte. Manche Bilder sind in ihrer Wirkung einzigartig. Wer sich einen Genuß bester Art verschaffen will, besuche daher die Eröffnungsveranstaltungen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 27. August 1915
Brest-Litowsk gefallen! Die Siegesbotschaft von der Einnahme von Brest-Litowsk, der letzte russischen Festung in Polen, erweckte gestern nachmittag wieder allgemeine Freude. Bald nach dem Eintreffen der Siegesbotschaft läuteten die Kirchenglocken und auch die Fahnen wurden zu Ehren unserer tapferen deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen wieder gehißt.
Ein neuer Rheindampfer. Die Köln-Düsseldorfer-Dampfschiffahrts-Gesellschaft läßt bei Gebrüder Sachsenberg in Köln-Deutz ein neues Personen- und Güterschiff nach Art der „Kronprinzessin Cecilie“ bauen. Der Rumpf liegt bereits im Köln-Mühlheimer Hafen, auch die Kessel sind dieser Tage eingesetzt worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Brest-Litowsk. Zu einer wundersamen Symphonie klangen gestern nachmittag die Glocken der Bonner Kirchen zusammen. Sie läuteten zum Siege über Brest-Litowsk. Keine Meldung vom Kriegsschauplatz kam so überraschend, als der Bericht aus dem Großen Hauptquartier, daß das stärkste Bollwerk Russisch-Polens in die Hände der Verbündeten gelangt sei. Noch hatten wir nicht die Nachricht gehabt, daß irgend ein Fort, von der Einnahme von Befestigungen abgesehen, gefallen sei, da kam schon die Drahtmeldung, daß wir bereits in das Kernwerk der Festung eingedrungen und die Russen das riesige Bollwerk preisgegeben hätten. Ebenso überraschend wie bedeutungsvoll ist dieses Ereignis, das in Verbindung mit den starken Erfolgen auf den übrigen Kampfplätzen des Ostens uns mehr und mehr zu der Auffassung hinneigen läßt, daß die Kraft des russischen Bären gebrochen und mit dem Fall von Brest-Litowsk ein neuer bedeutender Kriegsabschnitt beginnt, de uns den endgültigen Sieg über unsere Gegner verbürgt.
Möge dem so sein, mögen die Flaggen, die heute wieder auf den Häusern unserer friedlich daliegenden alten lieben Bonns wehen, uns das Zukunftsbild deuten, daß die riesigen Leistungen der verbündeten Heere zum Segen des Vaterlandes und zur Wohlfahrt der gesamten Weltkultur vom vollen Siegespreis in dem großen Weltringen gekrönt werden.
Besichtigungen von Sehenswürdigkeiten durch Verwundete. Den vom Reservelazarettdelegierten Rentner C. Henry allwöchentlich für Donnerstags eingerichteten Besuchen von Sehenswürdigleiten der Stadt Bonn und Umgebung schloß sich gestern ein Ausflug nach Brühl an. Annähernd 800 Verwundete der hiesigen Lazarette besuchten das Brühler Schloß; ein Extrazug führte am Nachmittag dorthin. Nach einem Spaziergange durch den Park vereinte ein kühler Trunk die Soldaten in der Schlossbrauerei. Um ½ 8 langten die Teilnehmer hier wieder an.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Elektrische Bahn nach Dottendorf. Kaum ist die Linie eröffnet, so beginnen auch schon die Klagen, daß der Fahrpreis zu hoch sei und zwar deshalb, weil die Fahrt nach Rheindorf vom Friedrichsplatz aus nur 10 Pfg. koste, nach Dottendorf aber von der Poppelsdorfer Alle aus 15 Pfg. Dabei sei die Linie nach Rheindorf nur 50 Meter kürzer als die nach Dottendorf. Bekanntlich kosten drei Teilstrecken 10 Pfg. Jede Teilstrecke ist durchschnittlich 850 Meter lang. Die Teilstrecke von der Husarenstraße bis Rheindorf, ist aber weil dort keine Haltestelle war, 1000 Meter lang. Und zudem muß doch irgendwo eine Grenze sein. Mit drei Teilstrecken ist die Pützstraße in Kessenich mehr als erreicht, sodaß der Fahrpreis von 15 Pfg. nach Dottendorf mit Recht erhoben wird.
Berücksichtigt man nun, welche Wertsteigerung der Häuser und des Grundbesitzes in Dottendorf durch die Bahn eingetreten ist – daß irgend einer der Grundbesitzer von seinem beanspruchten Eigentum unentgeltlich etwas abgetreten hat, hat man nicht gehört – so muß man sagen, die Dottendorfer hätten eigentlich allen Anlaß, dafür zu danken, daß die Elektrische jetzt bis Dottendorf durchgeführt ist. Für die „armen“ Marktfrauen machen 5 Pfg. bei den heutigen Marktpreisen doch wahrhaftig nichts aus. Und die Beamten und Arbeiter werden sich sicher nicht beklagen, daß sie im Abonnement etwas mehr bezahlen müssen.
Dazu kommt, daß die elektrische Bahn für den Stadtsäckel ein Schmerzenskind ist, denn sie beansprucht jährlich noch immer bedeutende Zuschüsse. Ein alter Bonner.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Keine Erweiterung der Landsturmpflicht. Aus vielen Anfragen geht hervor, daß in weiten Kreisen die Meinung besteht, bei der Aenderung des Reichsmilitärgesetzes sei die Erweiterung der Landsturmpflicht über das 40. Lebensjahr hinaus beschlossen worden. Wie das Köln. Tagebl. erfährt, sind die hierüber verbreiteten Gerüchte unzutreffend. Ein solcher Beschluß ist vom Reichstag nicht gefaßt worden und liegt der gegenwärtigen Tagung nicht zur Beschlußfassung vor.
Unberechtigt hohe Pflaumenpreise. Vor einigen Tagen wollte ein Bonner Bürger in einem Orte auf der anderen Rheinseite Pflaumen kaufen. Als er sich nach dem Preis erkundigte, hieß es, der Zentner koste 15 Mark. Auf seine Verwunderung hin wurde gesagt, daß die Pflaumen sonst 5 – 6 Mk. gekostet hätten, es seien aber Händler gekommen, die höhere Preise geboten hätten. Sollte dies der Fall sein, so wäre es an der höchsten Zeit, diesen Preisverteuern doch endlich das Handwerk zu legen. Die Behörde hat Mittel genug dazu, auch ist es jetzt noch Zeit genug.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 28. August 1915
Mehr türkische Flaggen. Ein Kriegsveteran von 1860 u. 1870/71 bedauert in einem Schreiben an uns, daß in Bonn so wenig türkische Flaggen zu sehen sind. In dem viel kleineren Siegburg würden bedeutend mehr türkische Flaggen gehißt wie in Bonn. Die Dankbarkeit gegen die Türkei sollte in Bonn ebenfalls durch das Zeigen auch der türkischen Fahne bei Siegen bekundet werden.
Das Ergebnis der Bonner Volksspende. Nachdem die umfangreiche Arbeit für die Aufstellung der Sammellisten beendet ist, läßt sich das Ergebnis unserer Volksspende im wesentlichen übersehen, und dies Ergebnis kann als recht erfreulich bezeichnet werden. An einmaligen Beiträgen sind 9.172 Mk. zur Verfügung gestellt und durch die Wochenbeiträge wird monatlich ein Betrag von 20.389,50 Mk. unserer Kriegswohlfahrtspflege zu Gute kommen. Es darf festgestellt werden, daß sich die Bonner Bevölkerung im allgemeinen an den Zeichnungen in hervorragender Weise beteiligt hat. Insbesondere verdient Anerkennung, daß gerade die mittleren und kleineren Leute sich im hohen Maße opferwillig gezeigt haben. Dagegen sind besonders hohe Beträge wenig gezeichnet worden, und ebenso ist es infolge der Reisezeit auch nicht möglich gewesen, alle Familien zu besuchen und zur Zeichnung aufzufordern. Das wird jedoch noch geschehen. Es kann nicht oft und genug betont werden, daß die Volksspende unmöglich auf die großen und größten Beträge der Reichen verzichten kann. Jeder soll seinen Beitrag so bemessen, wie es seinem Vermögen entspricht; nur dann kann unsere Stadt Bonn in gleicher Reihe mit anderen Städten marschieren und es ist eine Ehrensache für alle Bürger Bonns, dieses Ziel zu erreichen und damit den Vaterländischen Vereinigungen und vor allen Dingen der Kriegshilfe der Stadt Bonn ebne Wege zu schaffen. Am Montag, den 30. d.M., werden nun die Einnehmer ihre Tätigkeit aufnehmen und die Wochenbeiträge einsammeln. Die Einnehmer haben Anweisung, nach Möglichkeit an bestimmten Tagen in demselben Haushalt vorzusprechen, so daß jeder sein Scherflein, das er der Volksspende zur Verfügung gestellt hat, schon vorher bereit legen kann. An Alle, die noch nicht in den Listen aufgenommen sind, richten wir aber noch einmal die dringende Bitte, dies dem Geschäftszimmer der Bonner Volksspende im Rathaus mitzuteilen, damit von dort aus das weitere veranlaßt werden kann. Jeder Bonner, ob reich oder arm, ob alt oder jung muß es für seine Ehrenpflicht gegenüber seiner Vaterstadt betrachten und für eine Dankesschuld gegenüber unseren heldenmütigen Kämpfern, Mitglied der Bonner Volksspende zu sein.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Beschlagnahme von Kriegsbrot und Röggelchen. Seit mehreren Tagen werden durch Polizeibeamte die hier abfahrenden Züge der Rheinuferbahn und der Staatsbahnzüge nach Euskirchen einer Revision unterzogen, um festzustellen, ob städtische Kriegsbrote oder Röggelchen unberechtigterweise von hier mitgenommen werden. In mehreren Fällen fanden die Beamten in den Körben von Frauen, die hier ihre Marktwaren feilgehalten hatten, Brote und auch Röggelchen, die ihnen hier ohne Brotbuch verabfolgt worden waren. Die Backwaren wurden beschlagnahmt und die betr. Frauen sowohl als auch die Verkäufer des Brotes zur Anzeige gebracht.
Mindest- und Durchschnittspreise von Lebensmitteln. Der Oberbürgermeister gibt in einer Bekanntmachung in der heutigen Nummer des General-Anzeigers die Mindest- und Durchschnittspreise von Lebensmitteln für die Zeit vom 15. – 21. August ds. Js. zur allgemeinen Kenntnis. Auch werden in dieser Bekanntmachung die Namen derjenigen Metzger bekannt gegeben, die die Fleischwaren zu den Mindestpreisen verkauft haben. Die Kolonialwaren sind durchweg von den Inhabern zu den Mindestpreisen abgegeben worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Kriegsprozession der Frauen Bonn’s zum Kreuzberge findet am kommenden Sonntage von der Münsterkirche aus statt. Sämtliche katholische Frauen- und Jungfrauenvereine sind zur Teilnahme eingeladen. Wie die Männerprozession, so soll auch dieser Bittgang sich zu einer gewaltigen Kundgebung katholischen Lebensgestalten. Die Teilnehmerinnen versammeln sich ¼ vor 8 auf dem Münsterplatze. Auf dem Kreuzberge wird der hochw. Herr Franziskanerpater Dostitheus von der Freitreppe der heiligen Stiege aus zu den Frauen sprechen. Bei ungünstiger Witterung wird eine Kriegsandacht mit Predigt in der Münsterkirche stattfinden. Die Prozessionsordnung ist im Anzeigenteil der Zeitung sowie durch Anschlag an den Kirchentüren bekanntgegeben.
Vorsicht beim Radfahren. Heute Nachmittag stieß ein junger Mann, anscheinend ein Handwerkerlehrling, welcher auf seinem Rade aus der Poppelsdorfer Allee in den Venusbergweg einbiegen wollte, mit einem ihm entgegen kommenden jungen Mädchen zusammen. Das Mädchen stürzte mit großer Gewalt zu Boden und jammerte laut vor Schmerzen. Mitleidige Passanten brachte die Bedauernswerte zu der unweit wohnenden Familie. Anscheinend hat sie einen Beinbruch erlitten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 29. August 1915
Spendet Wein für unsere Truppen. Man schreibt uns: Ein überreicher Herbst steht bevor, und wahrscheinlich wird der 1915er auch an Güte den Wein früherer Jahre reichlich übertreffen. Es wird, wenn nicht alle Anzeichen trügen, Mühe kosten, den neuen Wein zu bergen. Raum schaffen für den neuen, das wird jetzt die Losung sein müssen. Unter diesen Umständen wird umso eher die dringende Bitte Gehör finden, sich zu einem vaterländischen Opfer zu entschließen und von den älteren Weinen möglichst reiche Mengen für unsere braven Truppen zu spenden, die mit Leben und Gesundheit die größten Opfer für uns daheim Gebliebene bringen. Mittel zum Ankauf der begehrten Gaben stehen dem Roten Kreuze in ausreichender Menge nicht zur Verfügung. Wir vertrauen aber darauf, daß unsere Tapferen auf die Erquickung, die ihnen ein Schluck Wein nach langen Märschen, nach hartem Kampfe bietet, deshalb nicht zu verzichten brauchen, sondern daß diese bewährte rheinische Freigiebigkeit und Opferwilligkeit ihnen gerne zu solchem Labsal verhelfen werden. An alle, die dazu irgend imstande sind, ergeht daher die herzliche Bitte, dem Mahnruf, der in diesen Worten liegt, zu folgen. Spenden nimmt dankbar entgegen die Abnahmestelle freiwilliger Gaben Nr. 1 für das 8. Armeekorps in Koblenz.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Fünfpfennigstücke aus Eisen. Die Reichsfinanzverwaltung ist bekanntlich vom Bundesrat ermächtigt worden, eiserne Fünfpfennigstücke prägen zu lassen, und zwar, wie wir hinzufügen können, bis zum Betrage von 5 Millionen Mark. Demgemäß können also 100 Millionen eiserne Fünfpfennigstücke geprägt und in Umlauf gesetzt werden, wenn ein Bedürfnis dafür vorliegt, was sich heute noch nicht übersehen läßt. Die Stücke werden denselben Umfang erhalten wie die Nickel-Fünfpfennigstücke, aber dicker geprägt werden, damit sie dasselbe Gewicht bekommen wie diese. Auf diese Weise werden auch die Beutel gleicher Größe, in denen die Stücke in den Verkehr gelangen, dasselbe Gewicht aufweisen, einerlei ob sie aus eisernen oder aus Nickelstücken oder aus beiden bestehen. Spätestens nach zwei Jahren nach Beendigung des Krieges sollen die eisernen Stücke wieder aus dem Verkehr gezogen werden. Für die bestehenden Fünfpfennig-Automaten können die neuen Stücke, weil dicker, nicht benutzt werden, wenn die Einwürfe nicht entsprechend vergrößert werden. Für sie müssen also Nickelstücke weiter benutzt werden, Eine Prägung eiserner Zehnpfennigstücke ist nicht beabsichtigt.
Den Schaffnerinnen unserer Straßenbahn hat eine hiesige Dame, die nicht genannt werden will, je ein vaterländisches Abzeichen in Silber zum Geschenk gemacht. Im ganzen wurden 29 Broschen an die Schaffnerinnen verteilt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 27. Aug. Ein ergötzliches und wiederum erhebendes Bild bot gestern unsere Jugend, die schon während der ganzen Kriegszeit, namentlich in den jetzigen Herbstferien, an nicht anderes mehr denkt und nichts höher einschätzt, als die Betreibung von Kriegsspielen und soldatisches Exerzieren. Diese kleinen Kerlchen nötigen allen Zuschauern unwillkürlich das größte Interesse ab und zeigen unter sich eine staunenswerte Organisation. In jedem Ortsteile befinden sich derer mehrere Gruppen. Gestern abend nun hatten sich anläßlich der Siegesbotschaft über den Fall der Festung Brest-Litowsk die sämtlichen Ortskompagnien unter ihren einzelnen „Kommandanten“ punkt 8 Uhr auf dem Moltkeplatz eingefunden zur Veranstaltung eines Fackelzuges durch den Ort. Der Höchstkommandierende, ein Kerlchen von 10 Jahren, leitete das Ganze. An der Spitze des wohlgeordneten Zuges durch die Straßen des Ortes wurde eine Dreibundsfahne in den deutsch-österreichisch-türkischen Farben getragen, auf mehreren Fahrrädern saßen stolz achtjährige Knirpse, hintern folgten die kriegsmäßig ausgerüsteten einzelnen Kompagnien mit Fahnen, Kanonen, Krankenwagen, Tragbahren u. dergl. Es war eine Lust, dieses Bild anzusehen, und alles eilte vor die Häuser als Zuschauer. Die Zugschar zählte mehrere Hunderte von vier- bis zehnjährigen kleinen Zukunftshelden, die aus voller Kehle die Soldaten- und Vaterlandslieder gewichtig und begeistert sangen. Nach der musterhaft verlaufenen Ovation, die ohne jede Anleitung von Erwachsenen erfolgt war, endete der Zug gegen 9 Uhr wiederum auf dem Moltkeplatz, wo die Schar auf eine Aufforderung des Höchstkommandierenden hin ein brausendes Hoch auf unseren Kaiser ausbrachte und „Heil dir im Siegerkranz“ sang.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Ursachen der Teuerung. Ein Gang ins Freie ist belehrend. Er bietet Gelegenheit, manches zu sehen und Stoff zum Nachdenken. Jüngst kam ich an einem Kartoffelfeld vorbei. Es war eine Spätsorte und das Laub noch ganz grün. Man war aber schon jetzt am Ausmachen. Der Pflug hatte bereits die Hälfte gewaltsam aus ihrer dunklen Wohnung ans ungewohnte Licht befördert; und nun lagen die erst halb zur Entwicklung gekommenen armen Schlachtopfer an der Oberfläche. Was der Krieg auf den Schlachtfeldern mit den jungen Menschenleben macht, das vollbringt er hier an den Kartoffeln und zwar mit Hülfe derselben Hand, die sie gepflanzt. Ein Bild grausamer vorzeitiger Zerstörung. Eine Grausamkeit, die übrigens heute einem jeden Marktbesucher auch noch aus unzähligen Körben voll Aepfeln entgegengrinst. Und das Motiv dieser ruchlosen, jeder Vernunft hohnsprechenden Handlungsweise? Die Habsucht, welche Nächstenliebe und Gottvertrauen im Herzen des Menschen zerstört. Man berechnet sich heute für einen Zentner unreifer Frucht denselben Preis, wie im Spätherbst für zwei Zentner reifer Frucht. Daß aber von zwei Zentnern doppelt so viel Menschen ernährt werden können, daß ferner die unreife Frucht, wenn nicht, wie bei Obst, eine große Menge Zucker zugesetzt wird, lange nicht so nahrhaft, zudem auch gar nicht aufbewahrungsfähig ist und infolgedessen die Kalamität einer Teuerung nicht gehoben, sondern verschlimmert wird, dahin fehlt den habsüchtigen Menschen jedes Gefühl.
Wenn solche Krebsschäden in landwirtschaftlichen Kreisen keinen Abscheu hervorrufen und zur Ergreifung von Vorbeugungsmitteln Veranlassung geben, dann dürfte das wohl als höchst bedauerlich empfunden werden müssen. Rektor Joh. Lambertz
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Bringt das Gold zur Reichsbank. Obgleich feststeht, daß sich noch hunderte von Millionen Mark an Goldmünzen in den Händen des Publikums befinden, haben die Rückflüsse in die Kassen der Reichsbank in den letzten Monaten ganz erheblich nachgelassen. Es ergeht daher von neuem die dringende Aufforderung, vorhandene Goldmünzen – und sei es nur eine 10-Mark oder ein 20-Mark-Stück – sobald als möglich bei der Reichsbank umzutauschen. Niemand möge denken, daß es auf seine Goldmünzen nicht ankomme; jedes einzelne Stück ist von Wichtigkeit. Auch diejenigen, welche Goldmünzen einsammeln, werden gebeten, in ihrer Tätigkeit nicht zu erlahmen und nicht eher zu ruhen, als bis die letzte Goldmünze aus ihrem Versteck herausgeholt und der Allgemeinheit nutzbar gemacht ist. Angesichts der herrlichen Waffentaten unserer tapferen Streiter, muß es für alle zu Hause Gebliebenen eine Ehrenpflicht sein, hinter der Front an der finanziellen Rüstung des Vaterlandes mitzuarbeiten, wozu auch die Ablieferung der Goldmünzen an die Reichsbank gehört. Jeder suche daher auf diese Weise im Eifer für des Reiches Wohl den Helden draußen im Felde gleichzukommen.
Noch kein Wegziehen der Schwalben! Man konnte während der letzten Tage vielfach beobachten, wie ganze Scharen Schwalben auf Telephon- oder Telegraphendrähten sich ansammelten und zwitschernd hin und her flogen. In der Zoologie Unkundige deuteten daraus, daß die leichten Segler der Lüfte sich schon zu ihrem Zig nach Süden (Afrika) rüsteten. Dem ist aber nicht so, denn bekanntlich verlässt die Schwalbe erst Ende September unseren Breitengrad, um in wärmerem Klima zu überwintern, und zwar ist meistens der Michaelistag der Tag ihrer Abreise. Höchstens wenn sich abnorm früher und kalter Winter einstellt, so ziehen sie schon gegen den 21. September weg. Der berühmte Naturforscher Brehm setzt auch die Zeit ihrer Abreise auf Ende September. Gemüter, welche aus obigem Gebahren der Schwalben ihren Wegzug oder den nahenden Winter befürchten, mögen sich deshalb beruhigen. Diese Ansammlungen auf den Telegraphendrähten sind nur Flugübungen, welche die alten Schwalben mit ihrer jungen Brut machen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 30. August 1915
Kastanien als Viehfutter. Zu unsere r Mitteilung, daß der Landwirtschaftsminister angeordnet habe, die Eicheln und Bucheckern in den Forsten der Volksernährung und der Viehzucht nutzbar zu machen, schreibt uns ein Landwirt, daß auch die wilden Kastanien, die in Bonn im Hofgarten und in der Poppelsdorfer Allee massenhaft wachsen, als Viehfutter verwendet werden sollten. Die Kastanien müßten rechtzeitig gesammelt werden, ehe sie, wie es leider bisher immer geschehen ist, zertreten oder von den Kindern als Spielzeug benutzt werden. Wir müssen alles ausnutzen und in allem sparen, denn der Winter ist lang.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Kriegswallfahrt der Bonner katholischen Frauen nach dem Kreuzberg. Vor Wochen waren schon die Männer hinaufgezogen mit ernsten Gesichtern unter frommem Gebet, hatten den Worten und Wahrheiten des geistlichen Redners gelauscht und waren ernster noch hinabgekommen. Männer war da hinaufgewallt, denen der Schrecken des Krieges noch bevorstand, Männer, die ihn gekostet, Verwundete, die schon schwer unter seiner Geißel gelitten.
Gestern wallfahrten die Frauen und Mädchen, die in ihrer Art nicht weniger unter dem Krieg leiden, die vielfach ihr Leben lang unter seiner Last zu tragen haben. So waren denn sorgenvoll, tiefernst alle Züge, gramdurchfurcht viele Gesichter, dunkel waren durchweg fast Kleid und Hut. Aber wie das Frauengemüt ist, trotz Schmerz und vielfach harter Not klangen weich und innig die Gebete, zuversichtlicher, hoffnungsfreudiger die frommen Lieder. Sie hallten wider und fingen sich in den breiten Wipfeln der Poppelsdorfer Allee, in den Straßen von Poppelsdorf, die schon so manches Jahrhundert die Gebete frommer Kreuzbergwaller gehört, Pilger in allen Nöten und von Gram geschüttelt, gesehen. Not lehrt beten, lehrt inniger beten, das bezeugten gestern wieder einmal die Tausende, die in Prozession zum Kreuzberg zogen. Kurz vor 3 Uhr riefen die Glocken vom hohen Münsterturm zur Sammlung. Ihr eherner Ruf fand schon die Straßen um das altehrwürdige Gotteshaus dicht von Teilnehmerinnen besetzt. So zogen die Tausende, geführt von der hochwürdigen Pfarrgeistlichkeit, an ihrer Spitze Oberpfarrer Dechant Böhmer denn zum Kreuzberg. Die Spitze muß am alten Wallfahrtskirchlein gewesen sein, da hatte der Schluß noch nicht das Münster verlassen; der weite Platz um und vor dem Kreuzbergkirchlein war dicht mit Pilgern besetzt, und noch immer war kein Ende der gewaltigen Prozession in der Bergstraße unter den Nußbäumen abzusehen, so stark war die Beteiligung an dieser Kriegswallfahrt. Tausende waren es.
Am großen Kreuz droben am Kirchlein war ein schlichter Altar errichtet. Kurze Andacht hier und dann bestieg Pater Dositheus die Kanzel und sprach zu den Tausenden von Frauen und Mädchen vom Krieg, von Glauben und Unglauben, von Sitte und Unsitte in Mode und Leben, die in vielen Kreisen zur nackten Unsittlichkeit geführt, von der katholischen Familie, vom Vaterlande und von einem ehrenvollen Frieden und freudigem Wiedersehen. Der Krieg mußte kommen; er hatte seine Wurzeln im Unglauben, in Unsittlichkeit und Habsucht; Gebet, frommer Christenglaube, gute Sitten und Wohltun hätten zu Gott dem Lenker aller Geschicke um Abwendung dieser Völkergeißel zu flehen. Mit Gottvertrauen seien die Schicksalsschläge des Krieges aufzunehmen, so hart sie auch den Einzelnen und scheinbar ungerecht ihn träfen. Gott werde nach der harten aber notwendigen Prüfung das Uebel auch wieder von uns nehmen. Das deutsche Volk werde die Läuterung überstehen und nach einem gerechten Siege winke dann auch ein dauerhafter Friede. Mancher hoffnungsvolle Sohn, ehrbare Familienväter, seien freudig hinausgezogen in den Kampf für das Vaterland. Viele von ihnen ruhten nun schon in fremder Erde, ihr Wiedersehenswunsch sei verhallt, ohne in Erfüllung gegangen zu sein. Da sei namenloser Schmerz in Hütten der Armen und Häuser der Reichen eingezogen. Kein Schmerz sei aber so groß, daß er nicht Linderung im Gebet erfahre. In heißem Flehen um baldigen Frieden verklang die gewaltige Sprache des hochwürdigen Kanzelredners.
Zu den vielen Pilgerinnen, die nicht mehr im Stimmbereich des Paters Dositheus standen, sprach dann Pfarrer Dr. Custodis von der Elisabethkirche herzhafte Worte, erinnerte an das Gottvertrauen unseres großen Hindenburg, erinnerte an das Kreuz, das unser Erlöser für uns alle getragen, und mahnte zum Aushalten und Gottvertrauen, was dieser Krieg auch an Leid bringen möge. So fanden auch diese Abseitsstehenden einen geistlichen Trostspender und auch sie konnten vom Kreuzberg wandern aufgerichtet durch Andacht und Gebet.
Dann erklang ein lieblicher Frauenchor, der die gedrückten Herzen emporhob zu Gott. Mächtig hallten die Worte des sakramentalen Segens über die Andächtigen, die in die Knie gesunken, und dann brauste die ewig junge hinreißende katholische Hymne „Wir sind im wahren Christentum“ aus Tausenden von Kehlen über die Baumwipfel und mischte sich mit dem Donner eines heraufziehenden Gewitters.
Unter strömendem Regen, zuckenden Blitzen und Donnerrollen zogen die Pilgerinnen dann zu Tal, der Münsterkirche zu. In ihr, die im Laufe der Jahrhunderte schon so manches Flehen um Abwendung der Kriegsnot und um Frieden gehört, beendete eine kurze Andacht die weihevolle Wallfahrt.
Böswillige Feuermeldung. Gestern morgen wurde die Feuerwehr nach der Meckenheimer Allee gerufen. Bei ihrem Eintreffen mußten die Wehrleute erfahren, daß sie böswillig alarmiert worden waren. Kinder hatten die Schutzscheibe an dem Feuermelder Ecke Meckenheimer Allee und Herwarthstraße zertrümmert und den Feuermelder in Tätigkeit gesetzt. Leider sind die jugendlichen Taungenichtse unerkannt entkommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das Viktoriatheater hatte mit seinen Eröffnungsvorstellungen am Samstag und Sonntag einen vollen Erfolg. Der Besuch war ein überaus guter. Dies war in erster Linie dem dargebotenen unübertrefflichen Kunstfilm „Spartakus“ zuzuschreiben, dessen Vorführung allseitige Bewunderung fand. Auch heute nachmittag bietet sich noch Gelegenheit, dieses seltene prachtvolle Lichtspiel besuchen zu können.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 31. August 1915
Der Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose hat gestern nachmittag unter dem Vorsitz von Geheimrat Doutrelepont seine Mitglieder-Versammlung abgehalten. (...) Trotz des Krieges setzte der Verein, wenn auch in beschränktem Umfange, seine Tätigkeit fort. 50 Lungenkranke wurden mit einem Kostenaufwand von 1792 M. in Erholungsstätten untergebracht. 19 Familien erhielten Barunterstützungen von zusammen 678 M. Insgesamt wurden für Unterstützungen 2908,64 Mark ausgegeben. (...) Es wurde beschlossen, von dem 3399 M. betragenden Bankguthaben 2000 M. für die dritte Kriegsanleihe zu zeichnen. (...) Beigeordneter Dr. von Gartzen teilte mit, daß die Tages-Erholungsstätte in Grau-Rheindorf zu Beginn des Krieges geschlossen werden mußte, weil die Aufrechterhaltung des Betriebes aus verschiedenen Gründen nicht möglich war. In der allernächsten Zeit werde sie zur Aufnahme nervenkranker Soldaten wieder eröffnet werden. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Felddiebstähle nehmen trotz scharfen Aufpassens immer mehr zu. Einem Anbauer im westlichen Stadtteil wurde fast ein Drittel seiner gesamten Kartoffelernte gestohlen. Am Samstag abend gelang es einem Feldhüter von Endenich, einen Kartoffeldieb auf frischer Tat abzufassen.
Das Städtische Viktoriabad ist in der Zeit vom 1. September bis 31. März von vormittags 8 bis nachmittags 1 Uhr und von nachmittags 3 bis 8 Uhr geöffnet. Die Volksbadeabende Mittwochs und Samstags beginnen nachmittags um 5 ½ Uhr und dauern bis 8 Uhr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 31. Aug. Die helfende Liebe ist auf mancherlei Weise in unserer Gemeinde am Werk, Nöte zu lindern und Wunden zu heilen, die der Krieg schlägt. Schon früher wurde fast jährlich eine beschränkte Anzahl kränklicher Kinder, deren Eltern nicht in der Lage waren, durchgreifende Hülfe für die Stärkung und Festigung der Gesundheit ihren Kindern angedeihen zu lassen, nach Kreuznach gesandt, damit sie dort Solbäder nehmen und durch zweckentsprechende Ernährung ihre Gesundheit kräftigen konnten. In der alten Weise konnte dies in der Kriegszeit nicht ausgeführt werden, weil die Anstalten in Kreuznach in Lazarette umgewandelt sind und Raum für die Aufnahme von Kindern nicht mehr vorhandne ist. Aber die Liebe macht erfinderisch und fand auch hier einen Weg. Eine Dame unserer Gemeinde hat in liebenswürdiger Weise die Badezimmer ihres Hauses zur Verfügung gestellt: Die Zutaten für Solbäder werden nach hier besorgt, und die Kinder werden vormittags gebadet. Nach dem Bad ruhen die Kinder und erhalten dann Milch. Nachdem sie bis 12 ½ Uhr durch Vorlesen und Erzählen unterhalten worden sind, werden sie in das Godesberger Volksspeisehaus (ehemals Gasthof Hüttenrauch) geführt und erhalten hier kräftige Kost. Die Wirkung der Bäder und der guten Pflege zeigt sich schon bald in der zunehmenden Kräftigung der Kinder. Es ist dies nicht allein ein echt christliches Liebeswerk, sondern es liegt auch im vaterländischen Interesse. Angesichts der großen Menschenopfer, die der Krieg von uns fordert, ist es vaterländische Pflicht, alles zu tun, um die Volkskraft zu erhalten und zu stärken. Es werden jetzt täglich zwanzig Kinder nach der geschilderten Weise hier gepflegt.
Godesberg 30. Aug. Wir brachten in unserer Sonntagsnummer eine Notiz, daß die Godesberger Jugend anläßlich der Siegesbotschaft über den Fall der Festung Brest-Litowsk einen Fackelzug veranstaltet habe. Es hieß darin, daß die Veranstalter alles Kerlchen von vier bis zehn Jahren gewesen seien und daß auch der Höchstkommandierende, der das Ganze leitete, zehn Jahre alt gewesen sei. Zwei „Unteroffiziere“ der Ortskompagnie teilen uns berichtigend mit, daß sie keine Kerlchen von vier bis zehn Jahren seien, sondern daß der jüngste sechs Jahre alt ist. Der Herr Oberst sei auch nicht zehn Jahre alt, sondern 15 Jahre, und die Jungen, die auf den Rädern gesessen hätten, wären 12 Jahre alt. Trotzdem die Herren Unteroffiziere nicht mit dem Preßgesetz gedroht haben, halten wir uns zur Berichtigung verpflichtet. Recht muß Recht bleiben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Reicher Obstertrag. Der wirt Wilhelm Werker, Hatschiergasse 6, hat in seinem Garten von einem Baum Birnen geerntet, die meist über 500 Gramm das Stück wiegen, eine erreichte sogar ein Gewicht über 600 Gramm.
Vernagelungsfigur. Daß unsere Feldgrauen an allen Ereignissen und Fragen, die ihre Heimat betreffen, regen Anteil nehmen, beweist eine an uns gerichtete Zuschrift, in der mehrere Bonner Feldgraue den Vorschlag machen, zur Benagelung ein Standbild irgend eines der bekannten Bonner Originale aus früherer Zeit zu wählen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)