Freitag, 1. Oktober 1915
Der Deutsch-Evangelische Frauenbund, Ortsgruppe Bonn, bittet freundliche Geber, zum Schmuck der Kirche am Erntedankfest (nächsten Sonntag) beitragen zu wollen. In der Kirche am Kaiserplatz werden Blumen, Früchte und Ranken entgegengenommen.
Seminaristinnen der Oberlyzeen als Volksschullehrerinnen. Um dem Lehrermangel abzuhelfen, hat das Kultusministerium beschlossen, die Schülerinnen der Seminarklassen an den Oberlyzeen mit Osteranfang als Lehrerinnen für Volksschulen heranzuziehen, indem man ihnen die Prüfung als ordentliche Lehrerinnen ganz erläßt und sofortige Anstellung gewährt. Schülerinnen der Seminarklassen an den Oberlyzeen, die sich bereits eine ausreichende Fertigkeit im Unterrichten angeeignet haben und die Verpflichtung übernehmen, kann schon von jetzt ab das Lehramtszeugnis ausgestellt werden. Eine Klassenkonferenz soll darüber entscheiden, ob die Schülerin als geprüft bezeichnet werden kann, wobei in dem auszustellenden Zeugnis mehr als genügende Leistungen als „gut befähigt“ oder „sehr gut befähigt“ anerkannt werden sollen. Die Entlassung dieser Seminaristinnen erfolgt nach Bedarf. Das Zeugnis gibt seiner Inhaberin die Lehrbefähigung für Lyzeen, höhere Mädchenschulen und Mittelschulen einschließlich derjenigen für Volksschulen, jedoch mit der Bestimmung, daß die Inhaberin sich bis nach Beendigung des Krieges der Volksschule zur Verfügung stellen muß und dann erst an Lyzeen und höheren Mädchenschulen zugelassen werden kann.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Obsternte und Volkswohlfahrtsbestrebungen in Bonn. Wir haben im verflossenen Sommer und Herbst die Beobachtung gemacht, daß der Arndtbund und die Männer, die sich um das Volksheim an der Thomastraße bemühen, außerordentliche Anstrengungen gemacht haben, um die Ernteergebnisse der ärmeren Bevölkerung nutzbar zu machen. In diesem Herbst scheint der Eifer dieser Leute in auffälliger Weise nachzulassen. Wenn man in dem Laden des Volksheims an der Meckenheimerstraße als minderbemittelte Frau Obst einkaufen will, bekommt man Tafelobst das Pfund zu 25 Pfg. angeboten, was natürlich ein in der Kriegszeit gar nicht erschwinglicher Preis ist und mit den Bestrebungen des Volksheims auch wohl nicht in Einklang gebracht werden kann. Draußen auf dem flachen Lande weiß man mit dem Obst nichts anzufangen. Es fällt von den Bäumen und liegt auf den Aeckern herum und verfault. Am Rhein, an der Ahr, an der Sieg, an der Agger, überall war reicher Obstsegen und das Spätobst hängt noch an den Bäumen und wird nicht und kann nicht geerntet werden, weil es, wie die Bauern sagen, an Hülfskräften zur Aberntung fehlt. Andererseits sind wir wohl von einer Butter- und Fettnot nicht mehr allzuweit entfernt und da wäre es für die volkswirtschaftlich geschulten Kräfte des Volksheims, die in ihren Vorträgen einen weiten Blick und ein warmes Herz für das Volk entwickeln, doch am Platze, die reiche Obsternte mit allen Kräften zu benutzen, um den armen Leuten einen Ersatz für die teure Butter zu bieten, es überhaupt der ärmeren Bevölkerung zu ermöglichen, das Obst in der Küche nach Möglichkeit auszunutzen. Mit schönen blitzenden Tafeläpfeln ist aber selbst der mittleren Bürgerschaft in der jetzigen Zeit nicht gedient. Es ist höchste Zeit, daß, wenn nicht das Volksheim, so andere Kräfte, denen die Volkswohlfahrt tief am Herzen liegt, mit organisatorischen Geschick tatkräftig eingreifen, um das, was uns ein gütiges Geschick durch eine reiche Obsternte gespendet hat, für die ärmere Bevölkerung in der Stadt hereinzuholen und zu mäßigen Preisen zum Verkauf zu bringen. Die Landleute verkaufen das Obst, da sie es selbst nicht fortschaffen können, erfahrungsgemäß zu einem Spottgeld. Eine Bonner Bürgersfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Beuel 30. Sept. Kinderkrippe Beuel. Am 1. Oktober wird die hiesige Kinderkrippe des Vaterländischen Frauenvereins Landkreis Bonn nach Fabrikstraße 15a verlegt, jedoch mit der Aenderung, daß hier nur Tageskinder von 7 Uhr vormittags an bis 7 Uhr nachmittags verpflegt werden zum bisherigen Satze von 20 Pfg. täglich pro Kind, während die Kinder für volle Tag- und Nachtpflege vom Säuglingsheim in Bonn, Krausfeld (Magdalenenstift) übernommen werden (wie seither für 60 Pfg. täglich). Ueberweisungsscheine erhalten die betreffenden Mütter bei Vorlegung ihres Arbeitsnachweises durch die Vorstandsdame Frau Bürgermeister Breuer, oder in der Mutterberatungsstunde Beuel, Rathausstraße 5, Mittwochs und Samstags vormittags 8½ – 9½ Uhr.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Samstag, 2. Oktober 1915
Fettgewinnung aus Spülwasser. Der dem Reichskanzler unterstellte Kriegsausschuß für pflanzliche und tierische Oele und Fette empfiehlt, zur Wiedergewinnung der Fette aus den fetthaltigen Abwässern in Gastwirtschaften, Schlächtereien, Krankenhäusern, größeren Privatküchen einen geeigneten und bereits praktisch erprobten Fettabscheider aufzustellen. Der Ausschuß, der keine Erwerbsgesellschaft ist, vermittelt den Bezug der Apparate im Interesse der Fettgewinnung. An den Bezug der Fettabscheider durch den Kriegsausschuß ist für die Gastwirte nur die Bedingung geknüpft, daß das gesamte mit diesem Apparat gewonnene Fett während der Kriegsdauer an seine Gesellschaft geliefert wird. Der Kriegsausschuß sorgt für das Abholen des gewonnenen Fettes; er und die ihm angegliederte Kriegsabrechnungsstelle der Seifen- und Stearinfabriken zahlen für das gewonnene Fett die nach der Marktlage möglichen Preise. Dadurch werden Anschaffungskosten sehr schnell abgetragen werden. Im Interesse der Sache ist schnelles Handeln geboten, daher sollten Gastwirte und Schlächtermeister den Anfang machen und unverzüglich Fettabscheider aufstellen. Nähere Auskunft über den durch Vermittlung des Kriegsausschusses zu beziehenden Fettabscheider gegen die Ortsvereine des deutschen Gastwirteverbandes, die Metzerinnungen, die Organisationen der deutschen Hotelbesitzer sowie der Kriegsausschuß für pflanzliche und tierische Oele und Fette, Berlin W. 8, Kanonierstraße 29/30.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe nimmt morgen an der ersten Nagelung des „Eisernen Siegfried von Königswinter“ teil. Freiherr v. Mirbach wird im Auftrag der Kaiserin einen goldenen Nagel anheften.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Lebensmittelpreise.
„Die Stadt verkauft bis auf weiteres (...)
Vorderschinken das Pfd. zu 1,40 M.,
Schmalz das Pfd. zu 1,30 M.,
(...)
Kornkaffee das Pfd. zu 0,30 M.
Graupen das Pfd. zu 0,40 M.
(...)“
Unsern Hausfrauen hier trauen wohl ihren Augen nicht. Leider sind diese Preise auch nicht hier, sondern in dem nicht einmal gar so fernen Coblenz festgesetzt worden. In Bonn herrscht nach Ansicht gewisser Kreise noch, wie uns versichert wird, eine gewissen Wohlhabenheit, wir müssen also, wenigstens „bis auf weiteres“, noch andere Preise zahlen. Unsere Hausfrauen aber, die von unserer größern Wohlhabenheit keine Ahnung haben, fragen sich verwundert, warum unsere Stadtverwaltung höhere Preise fordert. Der Preisunterschied ist ihnen einfach unverständlich. Sie meinen, was der Stadtverwaltung in Coblenz möglich, könne auch hier erreicht werden. Die Erklärungsversuche der einzelnen müssen wir aus besonderen Gründen unterdrücken. Einige haben auch herausgefunden, von den Rathausparteien suche das Zentrum zu sparen und es immer so einzurichten, daß dem Stadtsäckel durch die Lebensmittelverteuerung keine Ausgaben blieben die keine Deckung fänden; die Liberalen hätten überhaupt kein Herz und Verständnis für das Volk. Die allgemeine Stimmung ist sehr erbittert. Wer daran zweifelt, unterrichte sich nur in den mittleren und besonders in den untern Volksschichten. Es muß viel mehr geschehen, wie bisher, die Stadt muß in viel größerem Umfang eingreifen, wenn der Unmut, der ganz besonders in Hausfrauenkreisen herrscht, auch nur einigermaßen beschwichtigt werden soll. Ist es ein Verbrechen, wenn die Stadt Tausende hingibt, der Not zu steuern? Andere Städte opfern Hunderttausende. Nur Bonn hält sich ängstlich zurück. Das muß anders werden. Die Preise für die unentbehrlichsten Lebensmittel müssen auch für die minderbemittelte Bevölkerung erschwinglich bleiben, dürfen hier jedenfalls nicht höher sein, als anderswo. Die hier angeblich herrschende größere Wohlhabenheit ist eine Täuschung, die maßgebende Stellen nicht aufrecht erhalten sollten. Die minderbemittelte und ganz besonders die ärmere Bevölkerung empfindet die Not der Zeit hier selbstverständlich ärger, als an den Plätzen, wo die Preise niedriger sind. Die höheren Lebensmittelpreise hätten hier nur Sinn, wenn das Durchschnittseinkommen höher wäre, als anderswo. Aber hier ist es wieder bei der mittleren und ärmeren Bevölkerung meist geringer, was durch Nachfrage jederzeit festgestellt werden kann. Es muß also unbedingt etwas geschehen, um besonders jetzt, vor dem Winter, Notstände zu verhüten, die nachgerade mehr wie bedenklich werden könnten. Urban.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 3. Oktober 1915
Das Speisehaus, Bachstraße 26, welches für durch den Krieg in Not geratene Frauen und Mädchen seit Mitte September wieder eröffnet ist, bittet in der jetzt wirtschaftlich so schwierigen Lage gütige Mitbürger um freundliche Zuwendung von Obst, Fallobst, Gemüse oder sonstigen Lebensmitteln, die dort jederzeit dankbar entgegengenommen werden.
Die Soziale Vereinigung christlicher Vereine von Bonn und Umgegend hat auf heute abend zu einer Besprechung über die Gründung eines Kriegsausschusses für Konsumenteninteressen in das Gasthaus Röver eingeladen. Auf der Tagesordnung steht außerdem die etwaige Uebernahme des Volksheims an der Thomastraße. Aehnliche Ausschüsse für Konsumenteninteressen haben in anderen Städten schon gute Erfolge aufzuweisen, es ist deshalb damit zu rechnen, daß auch die für Bonn geplante Organisation in weitesten Kreisen lebhafte Anteilnahme finden wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Straßensperrung. Wegen Straßenbauarbeiten wird die Wenzelgasse zwischen Markt und Brückenstraße vom 11. Oktober ds. Js. ab bis auf weiteres für jeden Fahrverkehr, teilweise auch für den Fußgängerverkehr gesperrt.
Konservieren von Obst und Gemüse. Bisher ist von unsern Hausfrauen niemals soviel eingemacht und eingekocht, gedörrt und gepreßt worden, als in diesem Jahre, selbst auf dem platten Lande, wo man bis jetzt für diese etwas umständliche Art des Konservierens wegen der Fülle von anderen Arbeiten keine Zeit, aber auch keine Lust hatte, prangt heute in jeder Haushaltung auf und in den Schränken eine ganz stattliche Anzahl Gläser und Töpfe, Büchsen und Dosen. Ueberall ist man beflissen, sich für die ernste und teuere Zeit, in der wir leben und die uns noch bevorsteht, einen möglichst großen und ausreichenden Vorrat zu sichern. „Man kann ja nicht wissen ...“ denkt jede vorsichtige Hausmutter. Als Ersatz für die fast unerschwingliche Butter hat man bei der reichen Obsternte dieses Jahres in vielen Familien recht viel schmackhaften Birnen-, Zwetschen- und Rübensaftmus, sowie Pflaumenmarmelade und Apfelgelee hergestellt.
Bei den meisten Konservierungen, namentlich wo es sich um Gemüse und ungeteilte Früchte handelt, kommt ein Einkochapparat wohl zu statten, doch kann die geschickte Hausfrau auch vieles ohne einen solchen fertigstellen, besonders da, wo die Sachen nicht gar zu lange aufbewahrt werden sollen. Man hat bei dieser freien Bearbeitung noch den Vorteil, daß man nicht an eine besondere Form der Gläser gebunden ist, wie es beim Einkochapparat der Fall ist. Für kleinere Familien ist z.B. die Benutzung von den Wirten als zu groß befundenen Biergläsern zu empfehlen. Sie eignen sich vorzüglich zur Aufbewahrung von Gelee, Saft, Marmeladen und kleinen Früchten und können mit diesen auf den Tisch gebracht werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Montag, 4. Oktober 1915
Der „Eiserne Siegried von Königswinter“ wurde gestern Nachmittag in Anwesenheit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe, des Freiherrn v. Mirbach als Vertreters der Kaiserin und anderer Ehrengäste, sowie unter großer Teilnahme der Einwohnerschaft und der Vereine von Königswinter und Umgegend, der Verwundeten, Krankenpflegerinnen usw. mit einem kurzen Festakt der Benagelung übergeben. Nach einigen Musikstücken der Bonner Landsturmkapelle und einem von einer jungen Dame vorgetragenen Festspruch hielt Beigeordneter Geh. Sanitätsrat Peusquens eine Ansprache, in der er auf die Siegfriedsage hinwies, den Helden Siegfried mit unseren tapferen Truppen verglich und zum Schluß ein Kaiserhof ausbrachte. Alsdann schlug Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe den ersten Nagel, einen goldenen, in das Standbild, den zweiten, ebenfalls goldenen Nagel, den die Kaiserin gestiftet hatte, schlug Exzellenz Frhr. v. Mirbach ein. Bei den Klängen der Musikkapelle wurde alsdann die Nagelung den ganzen Nachmittag fortgesetzt, so daß schon am ersten Tage ein erheblicher Beitrag eingekommen sein dürfte. Der „Siegfried“, ein Werk des Königswinterer Bildhauer Krings, steht am Rhein vor dem Europäischen Hof.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
In den Bonner Lichtspielen ist jetzt Sudermanns verfilmter Roman „Der Katzensteg“ zu sehen. Ueber den Katzensteg führte die Magd Regine die Franzosen im Jahre 1807 den Deutschen in den Rücken. Ob der Film den ganzen Zauber dieses tüchtigen Jugendwerks des jungen Sudermanns wiedergibt? Nein, das nicht, aber es ergeben sich schöne Stimmungsbilder auf der Leinwand und auch Bilder voll dramatischer Bewegung. Die Darsteller der Hauptgestalten suchten zwar tunlichst die seelischen Vorgänge in den meiden Menschen mimisch zum Ausdruck zu bringen: allein, der Kinotechnik ist eine natürliche Grenze gezogen und über die hinaus vermochte auch nicht der Regisseur dieses Films zu schreiten.
Die Dörrkartoffel. Die neueste Erfindung auf dem Gebiete der Lebensmittel ist, wie aus Berlin geschrieben wird, die Dörrkartoffel. Es ist ein neues Dörrverfahren zum Patent angemeldet, wodurch Kartoffeln wie Gemüse auf Vorrat getrocknet werden können. Nach den der Anmeldung vorausgegangenen Versuchen quillt die Dörrkartoffel im Wasser nach einiger Zeit wieder vollkommen auf und unterscheidet sich dann durch nichts von einer rohen Kartoffel. Das Interessantester dabei ist, daß man einen ganzen Zentner gedörrter Kartoffeln in einer 5-Kilo-Büchse verpacken kann. Bereits in nächster Zeit sollen die Dörrkartoffeln in großen Mengen im Handel erscheinen, damit sich jeder beizeiten gut „eindecken“ kann.
Eine Riesenkartoffel wurde uns von Herrn Jos. Frohn aus Schönau bei Münstereifel zugesandt. Sie hat ein Gewicht von nahezu drei Pfund. Die Riesenkartoffel ist in unserem Schaufenster ausgestellt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vaterländischer Frauen-Verein Stadtkreis Bonn. Die staatlichen Notprüfungen von Hilfsschwestern und Helferinnen des Vaterl. Frauenvereins Stadtkreis Bonn unter dem Vorsitz des Herrn Regierungs- und Geh. Medizinalrates Dr. Rusak von der Königlichen Regierung im Köln haben ihren Abschluß gefunden. Alle 67 Schwestern bestanden die Prüfung und zwar 3 mit ausreichend, 25 mit gut und 39 mit sehr gut. Der Vaterl. Frauen-Verein Stadtkreis Bonn verfügt nunmehr über 131 staatlich anerkannte Krankenpflegerinnen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 5. Oktober 1915
Liebesgaben für Kriegspferde (außer Geldspenden) Regendecken, Filzunterlegedecken, Rehfelle, ferner Kräftigungsmittel wie Leinkuchen, Leinsamen, Zucker, Kleie erbittet der Berliner Tierschutz-Verein, Berlin SW. 48, Wilhelmstraße 28.
Metropol-Theater. Der Spielplan dieser Woche enthält an größeren Werken das dreiaktige Schauspiel „Nach dem Maskenball“, das vieraktige Detektiv-Schauspiel „Der gestreifte Domino“ sowie eine Anzahl kleinerer Filme.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Am Sonntag abend standen wir unter der Menschenmenge, die die neuesten Telegramm erwartete, und machten eine seltsame Beobachtung. Zwei gut gepflegte, gut angezogene, durch ihre Schmisse der gebildeten Welt zugehörige erscheinende Herren mittleren Alters unterhielten sich mit großer Unbekümmertheit über das, was uns alle beschäftigt: über den Krieg. Ich sage mit großer Unbekümmertheit, da wir ja täglich gewarnt und gebeten werden, unsere Zunge zu hüten. Unter den mit gespitzten Ohren lauschenden Zuhörern horchte besonders ein unverkennbar gallisch aussehender Herr mit großem Eifer. Nicht nur Haar, Bart, Augen und Farbe verrieten ihn als Ausländer, auch sein Anzug trug so sorglos ausländische Art und Sitte zur Schau, daß er mit den einwandfreiesten Papieren versehen sein mußte, um bis Bonn gelangen zu können. In Holland hat man die Leute entdeckt, die solche Papiere ausstellen. Und die beiden Herren müssen ihm eine ungetrübte Freude bereitet haben. Ich fürchte sogar, daß er seinen Auftraggebern manchen wichtigen Wink geben konnte aus den Ausführungen, die die gleichströmende Stimme unablässig von sich gab. Ein richtiger Miesmacher war die Schwätzer nicht, aber sicher ein auf seine „Ojektivität“ stolzer, „unentwegter“ Deutscher. Aus Berichten seiner verwundeten Neffen erzähle er von zur Erholung abgelösten Soldaten in den Argonnen, die gleich in die Champagne gebracht wurden, von übermüdeten Soldaten, die zum Gesang der Wacht am Rhein nicght mehr „zu haben gewesen“ seien. Gott sei Dank ließ er auf eine Anzapfung hin nicht auf unsere Verbündeten kommen und zollte ihnen mit Ausnahme einiger nicht zuverlässiger Tschechen das höchste Lob.
Wenn schon diese Herren nach dem Bibelwort handeln müssen und ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen wollen, kann man sie denn nicht dazu zwingen, es nur unter Bekannten und hinter verschlossenen Türen leuchten zu lassen?
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Zum Verhalten der Bürgerschaft bei Ankunft feindlicher Flieger. Der Oberbürgermeister veröffentlicht in der heutigen Nummer unseres Blattes eine Bekanntmachung, in der angegeben wird, welche Maßnahmen bei evtl. Erscheinen feindlicher Flieger über unserer Stadt zu treffen sind. Es wird in der Bekanntmachung hervorgehoben, daß, obgleich unserer Stadt keine Gefahr durch den Angriff feindlicher Flieger zu drohen scheine, die Vorsicht es dennoch gebiete, Vorsorge zu treffen. Das Garnisonskommando wird der Bevölkerung einen etwaigen Angriff durch Warnungssignale – Dampfpfeifen- und Sirenensignale in den verschiedensten Stadtteilen – anzeigen. Die Warnungssignale ertönen ununterbrochen so lange, bis die Gefahr vorüber ist. Außerdem wird das Garnisonskommando in einem Teil der Straßen durch Hornisten das Signal „Adjutantenruf“ (Melodie: „Was glänzt dort am Walde der Sonnenschein“) blasen lassen. Bei Ertönen des Alarms begibt man sich am besten nach den unteren Räumen (Erdgeschoß oder Kellergeschoß), wo größere Sicherheit vorhanden ist. Alle Straßen und Plätze sind sofort zu verlassen und das nächste Haus ist aufzusuchen. Wer auf freiem Felde ist, legt sich bei drohender Gefahr am besten platt auf den Boden. An Fenstern, Türen, auf Balkonen und Dächern darf sich niemand zeigen. Die Hausbesitzer sind verpflichtet, die Haustüren offen zu halten und den schutzsuchenden Bürgern in ihren Häusern Aufenthalt zu gewähren. Die Gasleitungen in den einzelnen Wohnungen sind abzustellen, die Straßenbahnen haben sofort zu halten und die Insassen haben die Wagen zu verlassen und in den Häusern Schutz zu suchen. Auch die Kirchen sind zu räumen.
Freigabe von Vogelfutter. Auf eine Eingabe des Weltbundes der Kanarienzüchter und Vogelfreunde an das Reichsamt des Inneren ist der Bescheid ergangen, daß Vogelfutter für den Verkauf freigegeben worden ist. Allerdings werden mehr als 100 Kilogramm im Monat an den Einzelabnehmer nicht abgegeben, nur in besonderen Fällen werden Ausnahmen von dieser Regel gemacht.
Böswilliger Feuerlärm. Gestern nachmittag gegen ½6 wurde die Feuerwehr durch den Feuermelder Ecke Poppelsdorfer Allee und Baumschulenallee gerufen. Als der Mannschaftswagen dort eintraf, stellte sich heraus, da ein Unbefugter die Schutzscheibe am Feuermelder zertrümmert und die Wehr herbeigerufen hatte. Es ist dies in kurzer Zeit das zweite Mal, daß unserer Wehr ohne Grund in Tätigkeit gesetzt wurde. Leider gelang es auch diesmal nicht, die Person zu ermitteln, der außer einer längeren Freiheitsstrafe auch eine gehörige Tracht Prügel gebührte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Viktoria-Lichtspiele, welche sich seit ihrer Wiedereröffnung stets wachsenden Besuchs erfreuen, haben für die Spieltage von heute bis zum kommenden Freitag wieder ein auserlesenes Programm. Neben guten Lustspielen und herrlichen Aufnahmen fesselt insbesondere „Tannhäuser“ die Aufmerksamkeit der Besucher, ein Prachtwerk der Lichtspielkunst, das mit Recht als eine der besten Zugnummern geschätzt wird.
Geschäftliches. Das bekannte Schuhhaus Albeck eröffnet heute in ihrem vollständig umgebauten und erweiterten Geschäftsgebäude am Markt wieder ihren Verkauf. Nicht nur die Inneneinrichtung hat eine vorteilhafte gediegene Ausstattung erhalten, sondern auch das Äußere des Hauses fügt sich nunmehr recht gefällig in die Markthäuserreihe ein.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 6. Oktober 1915
Erhöhung der Unterstützungen an Kriegerfamilien. Wie uns aus Berlin berichtet wird, erhielt der Reichsverband deutscher Städte auf sein Gesuch an den Reichskanzler die Nachricht, daß eine Erhöhung der Unterstützungen für die Familien der Kriegsteilnehmer vom 1. November an in Aussicht genommen sei. Eine entsprechende Verfügung wird demnächst ergehen.
Der Bonner Lazarettzug K.1 hat auf seiner 17. Fahrt in Laon 215 Verwundete geladen und in Beurig-Saarburg, Mettlach, Beckingen, Wadgassen, Völklingen, Saarbrücken ausgeladen.
Als Liebesgaben sind nach wie vor erwünscht: Zigarren, Zigaretten, Hemden, Pantoffeln, Marmeladen in Blecheimern. Dies alles ist abzugeben Bahnhofstraße 40. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Opferwillige Vaterlandsliebe eines Mädchens. Aus Rheinbach wird uns geschrieben: In das Haus eines Hofbesitzers auf dem Lande treten einige Primaner des Gymnasiums. Sie zeigen dem Hausherrn ihr Berechtigungsschreiben und tragen ihm die Bitte vor, sich an der neuen Kriegsanleihe zu beteiligen und auch etwas noch vorhandenes Goldgeld abzugeben. Das Hausmädchen hat der Unterhaltung beigewohnt. Als die jungen Leute sich anschicken, weiter zu gehen, tritt das Mädchen an sie heran und zeigt ihnen eine Brosche mit einem 20 Markstück von 1888, welches das Bild unseres Kaiser Friedrich III. trägt. Sie bittet, das Goldstück anzunehmen. Sie hat diese Brosche von ihrem Bräutigam erhalten, der in den Krieg gezogen und gefallen ist. Die Jünglinge erklären, daß sie eine solches Andenken nicht annehmen können. Aber das Mädchen beharrt auf ihrer Bitte. Sie sagt: „Ich gebe das Andenken mit Freuden hin. Mein Bräutigam hat für sein Vaterland sein junges Leben geopfert, sollte ich mich nicht von seinem Abschiedsgeschenk trennen können? Ich werde das Goldstück durch die Photographie des lieben Toten ersetzen.“ Endlich nehmen die Jünglinge das seltene Goldstück an. Gerührt und herzlich dankend setzen sie mit gutem Erfolg ihren Bittgang fort.
Gegen den Butterwucher. Der Reichsverband der deutschen Städte hat das Reichsamt des Inneren auf die unbegründete Steigerung des Butterpreises aufmerksam gemacht und um Abwehrmaßregeln gebeten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Sanitätshunde. Herr Gerichtsreferendar Clementz aus Lövenich bei Köln, der als Sanitätshundeführer noch mit anderen Bonner Führern auf dem östlichen Kriegschauplatze tätig ist, hat das Eiserne Kreuz 2. Klasse erhalten. Aus einem Bericht an die Meldestelle geht hervor, daß gerade die Bonner Führer in letzter Zeit große Erfolge durch Auffinden von Verwundeten hatten. Der Hund des Herrn Clementz „Asta“ hat neben anderen Verwundeten zwei Schwerverwundete, die bereits 4 Tage unaufgefunden im Walde lagen, aufgefunden. Die beiden Aufgefundenen werden voraussichtlich wieder geheilt werden. Die Hündin selbst ist durch Schrapnellschuß verwundet worden. Von den Bonner Führern besitzen bereits 4 das Eiserne Kreuz und 4 das Friedrich-August-Kreuz.
An den städtischen Fleischverkauf werden jetzt große Anforderungen gestellt. Da sich in letzter Zeit, zum Teil auch wieder infolge von übertriebenen Angsteinkäufen in einigen Geschäften der Vorrat an Speisefetten sehr verringert hat, war Fett ein sehr begehrter Artikel und deshalb auch schnell vergriffen. Der Andrang der Käufer war bis zum Schlusse ein ganz ungeheurer. Fett kostete 3 Mark das Pfund. Fettspeck und Magerspeck ebenfalls 2 Mark, Schinkenspeck 2,20 Mark.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Die Fremdwörterplage treibt manchmal Blüten unfreiwilligen Humors, besonders wenn Unberufene sich bemühen, Ausdrücke und Bezeichnungen, die schon Gewohnheitsrecht bei uns erlangt hatten, durch deutsche zu ersetzen. Wie soll beispielsweise der „Frisiersalon“ verdeutscht werden? Ersatz ist wohl vorhanden. Man könnte beispielsweise schreiben „Stube für Haar- und Bartpflege“ oder „Haar- und Bartkräusler“ oder sonst irgendetwas Sinngemäßes? Aber wer findet gleich das richtige Ersatzwort, wenn das lieb und vertraut gewordenen fremdsprachliche weichen soll? Ein Meister der Schere und des Bartmessers in der durch Heine weithin bekannt gewordenen schönen Stadt Göttingen stand eines Tages auch vor der Notwendigkeit, seinen „Frisier-Salon für Damen und Herren“ den heutigen Anforderungen entsprechend umzutaufen. Ohne Zaudern ließ er den welschen „Frisier-Salon“ einfach überpinseln. Seitdem heißt es auf dem Schilde nur noch: „Für Damen und Herren“.
Was lernen wir aus dem Kriege?
Das Thema, über das Landtagsabgeordneter Dr. Traub Montag abend im großen Saale der Germaniahalle vor einer zahlreichen Zuhörerschaft sprach, war auch dem Redner eigentlich, wie er gestand, etwas zu ausgedehnt, lieber hätte er sich darauf beschränkt, nur zu Christen darüber zu sprechen. Aber das passe nicht mehr in der heutigen Zeit in der das deutsche Volk zu einer Einheit geworden ist. Und zu diesem einheitlichen deutschen Volke, das in dem gewaltigsten Kriege seiner Geschichte nicht mehr durch religiöse oder politische Gegensätze zerrissen, sprach der Redner, der, wie er verriet, noch ganz unter der Wucht seiner Erlebnisse an den Dardanellen stand, von wo er Samstag zurückgekehrt, sehr warm, sehr eindringlich, ganz aus der Fülle eines reichen und tiefen Gemütslebens. Traub gehört zu dem engen Kreise Naumanns. Das hört man aus jedem Satze. Auch er will die Politik wieder mehr im Volke selbst verankern. Er glaubt an sein Volk und seine Zukunft, von der er viel erhofft. Sein Glaube teilt er mit den besten der Zeit. Mag sein, daß die Skeptiker auch diesmal Recht behalten und die vielen Hoffnungen, die sich jetzt allerseits regen, nach dem Kriege wieder grausam enttäuscht werden. Aber es ist ein Genuß, gerade in dieser argen Zeit; die noch so reich ist an Widerwärtigkeiten, die noch leidet unter dem Drucke jener, die nach Ansicht des Redners nach dem Kriege aus der Gesellschaft ausgeschieden werden müßten, einem Manne wie Traub zuzuhören. Wen wir auch seinen Glauben nicht in allen Dingen teilen, so hoffen doch auch wir auf gesundere innerpolitische Zustände nach dem Kriege. Die Außenpolitik ist bei uns leider noch allzusehr wie eine Geheimwissenschaft behandelt worden, die zu erforschen manchem wie ein Frevel erschien; die wenigsten haben gerade hier ein Urteil. Hier müßte noch viel aufgeklärt, ein gewaltiges Stück Erzieherarbeit geleistet werden. Leider haben gerade die freiheitlichen Politiker sich bisher allzuwenig um die Außenpolitik gekümmert. Die Besprechungen der auswärtigen Lage im Reichstage machte bisher einen geradezu kläglichen Eindruck. Hoffen wir, daß nach dem Kriege auch hier alles anders wird. Auch wir sind der Ansicht, daß die Außen- von der Innenpolitik nicht getrennt werden kann. Ohne Verständnis für die Vorgänge im Ausland läßt sich die Innenpolitik gar nicht beurteilen.
Auf dem volkswirtschaftlichem Gebiet aber wird nach dem Kriege bei uns, wie auch anderswo, der Kampf entbrennen, darauf deuten schon jetzt alle Anzeichen hin, und wenn es nicht gelingt, den Willen zur gegenseitigen Verständigung, der jetzt oft so schöne Erfolge zeitigt, über den Krieg hinaus zu retten, dann wird auch Dr. Traub manche schöne Hoffnung fahren lassen müssen. Aber auch wir glauben, daß unser Volk noch in seinen tieften Wurzeln noch gesund ist und auch gesund bleiben wird. Und ob sich der Wille zur Volksvermehrung gerade in den breiten Schichten neu beleben wird, hängt doch vornehmlich von den wirtschaftlichen Bedingungen ab, die nach dem Kriege von Grund aus umgestaltet werden müssen. Auch wir glauben, daß die Frau nach dem Kriege vor schwierigen Aufgaben gestellt wird; die Vereinigung von Mutterschaft und Beruf ist eine Aufgabe, die zu lösen die ganze menschliche Gesellschaft ein hohes Interesse hat. Die Pflege des persönlichen Verantwortlichkeitsgefühls aber müßte zur Grundlage der ganzen Erziehung gemacht werden. Dazu gehört freilich auch die Achtung vor dem Menschen überhaupt. Auch die ist zu pflegen, und zwar ganz besonders. Bei allseitig gutem Willen kann ruhig anerkannt werden, daß in diesem Kriege jeder seine Pflicht erfüllt, das Heldentum des Einzelnen nicht von seiner Zugehörigkeit zu irgendeiner kirchlichen Gemeinschaft abhängig war. Aber ich fürchte, auch nach dem Kriege wird auf religiösem Gebiet der Kampf nicht abbrechen, wird der Streit der Kirchlichen unter einander und gegen die Außerkirchelichen, die doch auch religiös sein können, wieder anheben. Die Hingabe an das, was über uns steht, wird leider nur zu oft auch später noch mißverstanden. Seine Hoffnung auf die Zukunft aber wollen wir teilen. Es steht gut, sagte er, es steht sogar sehr gut, auch im Orient. Die Freude an deutschem Wesen und deutsche Kraft soll uns alle zum Gemeingut werden.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 7. Oktober 1915
„Ernst Moritz Arndt in Eisen“.
Man schreibt uns: Wie wir vernehmen, haben die vaterländischen Vereinigungen in Bonn sich dafür ausgesprochen, daß auch in Bonn ein Kriegswahrzeichen zur Erinnerung an die große Zeit und zur Beschaffung weiterer Mittel für Kriegswohlfahrtszwecke der Bonner Bürgerschaft errichtet werden soll. Man hat sich entschlossen, zu diesem Zwecke das Bildnis von E. M. Arndt zu wählen. Voraussichtlich wird jedoch nicht ein Standbild unseres früheren Mitbürgers E. M. Arndt selbst gewählt, um demnächst der Vernagelung unterzogen zu werden, da dies untunlich erscheint. Vielmehr wird man ein anderes Erinnerungszeichen, etwa eine Säule oder ein Mosaikbild wählen, dessen Mittelpunkt das Bildnis von E. M. Arndt darstellt, während die zur Benagelung bestimmte Fläche teilweise mit entsprechenden Sprüchen versehen wird. Zur künstlerischen Ausgestaltung der Idee werden hiesige und auswärtige geeignete Künstler aufgefordert wrden. Die Vorarbeiten liegen in den Händen eines Arbeitsausschusses, an dessen Spitze Herr Baurat Piehl steht; auch wird ein Ehrenausschuß gebildet werden, welchem die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden des Stadt- und Landkreises Bonn, sowie die sämtlichen in Betracht kommenden Vereine der Stadt Bonn angehören werden.
Man denkt die Vorarbeiten so zu fördern, daß wohl Ende des Monats in einer größeren Versammlung nähere Mitteilungen über die Veranstaltung gemacht werden können. Die Wahl des E. M. Arndt dürfte als eine glückliche bezeichnet werden. Arndt hat vom Jahre 1818, als er Professor an der Universität Bonn wurde, bis zu seinem im Alter von 90 Jahren erfolgten Tod in Bonn gelebt und gewirkt. In seiner Persönlichkeit bietet er eine glückliche Verbindung von Stadt und Universität; die Bürgerkreise, wie die Kreise der Universität und Studentenschaft werden in gleichem Maße ihr Interesse an der Kriegsnagelung betätigen.
Abgesehen von dieser stadtgeschichtlichen Bedeutung unseres früheren Mitbürgers, „des Vaters Arndt“, ist er aber auch eine für ganz Deutschland hervorragend tätige Person gewesen, der große Vorkämpfer für Deutsches Wesen und Deutsche Freiheit in den Jahren der Freiheitskriege; der Dichter, der mit flammenden Worten begeistert wirkte, der durch seine Lieder und Schriften, besonders gegen den französischen Erbfeind die Befreiung Deutschlands von der Fremdherrschaft wirksam unterstützt und mit an dem großen Ziele der nationalen Einigkeit gearbeitet hatte.
Die Zeit von 1813 und 1814 haben sich erneuert und so ist die Person unseres Arndt gerade jetzt wie keine andere geeignet, Gegenstand erneuter Liebe und Verehrung und neuer Begeisterung zu vaterländischer Areit und Hülfe zu sein.
Gleichzeit ist es eine Tat der Dankbarkeit, wenn bei dieser Gelegenheit unser heimischer Dichter unserer Bürgerschaft und dem deutschen Volke wieder näher gebracht wird, und so manche herrliche Perlen seiner Schriften und Gedichte wieder weiteren Kreise zugänglich gemacht werden.
Der Mann, der das Wort geprägt: „Der Rhein, Deutschland Strom, nicht Deutschlands Grenze“, und dessen herrliches Lied so oftmals die Studentenschaft begeisterte: „Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte“, ist die gegebene Gestalt, in unserer Vaterstadt als ein eisernes Wahrzeichen die kommenden Geschlechter an die eiserne Zeit der Jahre 1914 – 1916 zu mahnen.
Das 500jährige Jubiläum der Hohenzollernherrschaft wird am 24. Oktober mit Festgottesdienst gefeiert. Der Evangelische Oberkirchenrat bezeichnet es in einem Erlaß an die Konsistorien als Aufgabe der Kirche, die kirchliche Feier nach besten Kräften zu einer großen Dank- und Erinnerungsfeier des seinem Herrscherhause in unwandelbarer Treue und Dankbarkeit ergebenen und durch eine reiche, von Gott sichtbar gesegnete Geschichte fest verbundenen Volkes zu gestalten. Die Gottesdienste am 24. Oktober sollen daher als Festgottesdienste behandelt, mit Chorgesang verherrlicht, und staatliche und städtische Behörden zur Teilnahme eingeladen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein Kriegsausschuß für Konsumenteninteressen ist. Wie wir bereits berichteten, am Sonntag von der sozialen Kommission christlicher Vereine von Bonn und Umgegend zu gründen geschlossen worden. Der Vorsitzende, Herr Verlagsbuchhändler Falkenroth, hat zunächst über die Tätigkeit der sozialen Kommission in der letzten Zeit berichtet. Pastor D. Weber, Mitglied des Gesamtvorstandes des Reichskriegsausschusses, berichtete, daß dem Ausschuß heute etwa 60 Verbände mit sieben Millionen Mitgliedern angehören. Als die wichtigsten Aufgaben des Kriegsausschusses bezeichnete er die Einrichtung einer Sammel- und Auskunftsstelle für alle Fragen, Tatsachen, Wünsche und Vorschläge auf dem Gebiet der Volksernährung und des Massenbedarfs, Aufklärung und Erziehung der Konsumenten zu einem vernünftigen Verbrauch der Vorräte, sachkundige Vertretung der Konsumenteninteressen gegenüber den Behörden, den Parlamenten und der Oeffentlichkeit, Bekämpfung der Preistreibereien, sowie des Nahrungsmittel-, Miets- und Arbeitswuchers. Die Herren Gutspächter Bitzer – Paulshof und Generalsekretär Oekonomierat Dr. Reinhardt beleuchteten die Entwicklung der Preisverhältnisse. Letzterer betonte besonders, daß die übereilten Einkäufe beim Beginn des Krieges viel verschuldet hätten. Eine Ausgleichung und Verständigung zwischen Konsumenten und Produzenten sei zu begrüßen. [...] Bankdirektor Steinberg berichtete über die segensreiche Einrichtung des Volksheims.
Metropoltheater. Schon mehrere Tage übt jetzt der neueste Detektivakt „Der gestreifte Domino“ eine berechtigte große Anziehungskraft aus. Dazu läuft seit Dienstag ein sehr interessanter und vornehm gehaltener Film „Nach dem Maskenball“, in welchem das an Wechselfällen reiche Leben der Malerwelt berührt wird. Das Theater ist fortgesetzt ausverkauft.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Wenzelgasse wird nicht, wie gemeldet, vom 11. Oktober ab gesperrt werden. Wie mitgeteilt wird, hat das Stadtbauamt auf die Vorstellung des Vorstandes des Handels- und Gewerbe-Vereins hin die Ausführung der Instandsetzungsarbeiten in einer stilleren Geschäftszeit, und zwar im Januar n. J., angeordnet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 8. Oktober 1915
Planmäßige Petroleum- und Fettverteilung. Der Landesausschuß für Rheinland und Westfalen im Reichsdeutschen Mittelstandsverband hat den Reichskanzler in einer Eingabe gebeten, Anordnung zu treffen, daß das Petroleum nach Art des Mehles und des Brotes allgemein nach einem bestimmten Plan verteilt wird, wobei ein Bedarfsnachweis zu fordern und auf gewerbliche Bedürfnisse besonders Rücksicht zu nehmen sei. In der Eingabe wird noch darauf hingewiesen, daß auch eine planmäßige Verteilung von Oel und Fetten dringend notwendig erscheine.
Gegen die Verteuerung von Butter und Butter-Ersatz. Es wird uns geschrieben: Süßrahmbutter muß heute mit 2,60 M. das Pfund bezahlt werden und schon lange tönt es der Hausfrau aus dem Munde der Butterhändler entgegen, bald werde 3 M. und mehr darüber bezahlt werden müssen. Der Handel ist also längst auf alles gefaßt, dem Verbraucher aber kann mit Fug und Recht gesagt werden: Iß Pfanzenfett-Butter oder sonstigen Milchbutter-Ersatz, wozu Süßrahmbutter in diesen Zeiten! Nach diesem Rezept wird in weitesten Kreisen bereits verfahren, doch der Milchbutterpreis bleibt darum doch der Preisbildner für den Preis jeglichen Butterersatzes. Was aber folgt daraus? An diesem Punkte muß der Hebel angesetzt werden gegen die Weiterverbreitung des Lebensmittelwuchers mit Butter. Nicht um der Verbraucher von Süßrahmbutter willen, nein, um die breitesten Schichten des Volkes vor Ausbeutung zu schützen; denn Butter, um es zu wiederholen, ist und bleibt preisbildend für die Wertung sämtlicher Ersatzmittel. Um ungerechtfertigte Ausbeutung handelt es sich. Vergangenes Jahr kostete feinste Milchbutter 1,40 M. bis 1,60 Mark das Pfund. Futtermittel sind in Hülle und Fülle vorhanden, der gegen früher verminderte Viehbestand kann mit Leichtigkeit mit ihnen erhalten und gesteigert werden. Was also bedeutet die Preissteigerung von 1,50 M. auf 3 M.? Nichts anderes, als das Ergebnis der eingetretenen Spannung zwischen Erzeugungsmenge und Nachfrage. Gesteigerte Erzeugungskosten und daraus gerechtfertigte Höherwertung spielen bei der wahrhaft erschreckenden Höhe der vollzogenen Preissteigerung fast keine Rolle. Ist es nicht höchste Zeit, daß Stadt oder Staat hier eingreift?
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zu dem Eingesandt in unserer Dienstag-Nummer wird uns geschrieben:
Ein „Eingesandt“ in Ihrer Dienstag-Nummer beschäftigt sich mit dem Verhalten zweier Herren, die inmitten einer auf den Tagesbericht des Großen Hauptquartiers wartenden Menge sich unvorsichtig über militärische Dinge ausgelassen haben sollen. Der Einsender hat sogar einen „Spion“ gesehen, dem die fraglichen Auslassungen vielleicht von Nutzen gewesen sein könnten. Es ist selbstverständlich Recht und Pflicht jedes Deutschen, Dinge, die unserm Vaterlande in dieser schweren Zeit schaden könnten, öffentlich an den Pranger zu stellen. Ebenso selbstverständlich ist es aber, daß der öffentliche Ankläger ganz genau wissen muß, ob seine Klage wirklich berechtigt ist; denn es handelt sich um nichts mehr und nichts weniger als um die Ehre des Beschuldigten, da es unzweifelhaft Ehrensache eines jeden Deutschen ist, unter den heutigen Verhältnissen seine Zunge zu wahren. Erhebt er seine Klage ohne gewissenhafte Prüfung der Tatsachen, so ist das zum mindesten leichtfertig.
In diesem Falle hat jedoch der Einsender nicht die nötige Kritik geübt, sonst würde er wohl kaum mit Kanonen nach Spatzen geschossen haben. Er hat zweifellos von dem Gespräch nur hier und da etwas aufgefangen, sonst müßte er wissen, daß darin nichts berührt wurde, was auch dem findigsten „Spion“ irgendeine Handhabe für seine Zwecke hätte bieten können, und was man nicht täglich weit genauer in veröffentlichen Feldpostbriefen und in den von Feldzugsteilnehmern geschriebenen Feuilletons unserer großen Zeitungen lesen kann. Er selbst vermutet, daß die beiden Herren den gebildeten Ständen angehören. Er hätte sich also sagen müssen, daß solche Herren doch wahrscheinlich die Tragweite ihrer Worte beurteilen können. Es wäre deshalb doppelt seine Pflicht gewesen, bevor er zum Ankläger wurde, sich die Frage vorzulegen und gewissenhaft zu prüfen, ob tatsächlich in dem Gespräch etwas Bedenkliches enthalten gewesen sei. Diese Frage aber hätte er um so sicherer verneinen müssen, als die betreffenden Herren gar nicht im Besitz von militärischen Geheimnissen sind, und wenn sie es wären, sich lieber die Zunge abbeißen, als sie preisgeben würden.
Was das Gespräch selbst anbetrifft, so haben die Herren die längste Zeit über die bayerischen und tirolischen Wildschützen gesprochen, deren Schießkunst uns und unseren Verbündeten jetzt so wertvolle Dienste leistet. Dabei erzählte der so liebenswürdig als „Schwätzer“ bezeichnete Herr mit „gleichströmender“, also doch wohl nicht besonders lauter Stimme, was er über die Rechtsauffassung der Tiroler Bauern über die Wilddieberei in Tirol gehört habe, und führte einige Tatsachen an, die mit dem Krieg nicht das allermindeste zu tun haben, da sie über 20 Jahre zurückliegen. In dieses Gespräch mischte sich ein unmittelbar vor den beiden Herren stehender Mann von semitischem Typus (der „unverkennbar gallisch aussehende Herr“ des Einsenders, obwohl Aeußeres und Sprache weit eher nach dem Osten als dem Westen wiesen). Er erzählte, daß diese Verhältnisse in seiner Heimat im Harz ebenso seien. Bis dahin hatte sich das Gespräch überhaupt nur sehr mittelbar um den Krieg gedreht. Dann kam dieser Herr auf seine Söhne zu sprechen, von denen einer bei einem Garderegiment in Rußland, der andere bei einer Flieger-, jetzt Ersatz-Fliegerabteilung im Westen, bezw. in der Heimat gestanden habe, bezw. noch stehe. Dieser Herr, keiner der beiden erwähnten Herren, erzählte dabei einiges von den Strapazen und Verlusten jenes Regiments, alles Dinge, die in diesem Kriege jedem Menschen und selbstverständlich jedem“Spion“ bekannt sind. Die Argonnensache liegt mehr als ein halbes Jahr zurück, ist also für die augenblickliche Lage gänzlich belanglos; überdies wurde weder das Regiment, das nach verhältnismäßig kurzer Ruhezeit wieder in die Front mußte, noch der Ort der Ruhestellung genannt. Im In- und Ausland ist aber allgemein bekannt, daß in Ruhestellung befindliche Truppen gleichzeitig zu den Reserven der kämpfenden Truppen gehören. Daß unsere braven Soldaten bei ihren furchtbaren Anstrengungen und Aufregungen einmal müde werden und keine Lust zum Singen haben, sagt keinem „Spion“ etwas Neues. Von der Anführung eines bestimmten Liedes wissen die betreffenden Herren nichts. Alle diese Dinge hat der Einsender wohl nur mit halbem Ohr gehört; das einzige, was er richtig gehört hat, ist die warme und energische Verteidigung der Leistungen unserer Bundesgenossen, die leider zuweilen nicht gebührend gewürdigt werden. Diese Worte sind wahrscheinlich mit etwas lauterer Stimme gesprochen worden, auf eine Nebenbemerkung des „Spions“ hin, woraus der Einsender eine „Anzapfung“ macht. Aber gerade diese Verteidigung hätte dem Einsender zeigen können, wes Geister Kind der Mann ist, der bei ihm Anstoß erregte, und hätte ihn warnen müssen, Beschuldigungen in die Oeffentlichkeit zu bringen, die gänzlich haltlos sind. Es ist in dem ganzen, nicht für sein Ohr bestimmten Gespräch nichts gesagt worden, was einem wirklichen Spion etwas Unbekanntes von Wichtigkeit verraten hätte. Nebenbei können die Herren dem Einsender noch mitteilen, daß sie trotz gelegentlich ernsteren Gedanken, die jedem denkenden Menschen in diesen Zeiten zuweilen kommen, wie er an den schließlichen Sieg und die glänzende Zukunft Deutschlands „unentwegt“ glauben.
Die beiden Herren würden auf das „Eingesandt“ nicht geantwortet haben, wenn sie es nicht für ihre Pflicht gehalten hätten, bei Zeiten Front zu machen gegen einen Geist der Spionenriecherei und Angeberei, den wir bei unseren Feinden so lächerlich finden. Es ist aber schon weit gekommen, wenn Herren aus den gebildeten Kreisen, die in den höheren Mannesjahren stehen, sich gegen so wenig begründete Anschuldigungen wehren müssen. Gespräche über das heute nächstliegende Thema kann man befreundeten Herren, die sich nach längerer Zeit wiedersehen und längere Zeit auf einem Fleck warten müssen, nicht verwehren, und es kommt nur darauf an, was sie sagen. Dies gewissenhaft zu prüfen, hat der Einsender unterlassen und deshalb Gespenster gesehen, die die Eigenschaft aller Gespenster haben, nämlich nicht vorhanden zu sein.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Eingesandt“)
Die Zuckerrübenernte hat begonnen und schreitet bei der günstigen Herbstwitterung rüstig fort. Sie wird in diesem Jahr trotz des Mangels an landwirtschaftlichen Hilfskräften schneller erledigt sein als sonst wegen der von der Behörde für die Zeit des Krieges zugunsten des Getreideanbaus angeordneten Einschränkung der Rübenkultur. Kaum die Hälfte der Fläche ist mit Rüben angebaut gegen die Vorjahre. Der diesjährige Erntertrag muß gegen den vorjährigen etwas zurückstehen. Die Knollen sind kleiner und haften mit mehrfaserigen Seitenwurzeln im Boden. An keiner Stelle des Landkreises erzielt man eine volle Waggonladung (200 Zentner) Rüben auf dem preußischen Morgen. Trotzdem in der letzten Woche große Regenmengen über unserer Gegend niedergegangen sind, ist das Ausmachen der Zuckerrüben stellenweise sehr schwierig. Die Knollen sitzen sehr fest im Boden und ragen nur ganz wenig hervor. Zur Bewältigung der Arbeit hat man in vielen Landorten Kriegsgefangene in Anspruch genommen. Größere Schulinder werden zu diesem Zwecke bereitwilligst beurlaubt.
Straßenraub. Der 16jährige Arbeiter Joseph Ritsch aus Beuel hatte anfangs Juli an zwei Tagen auf einem einsamen Feldweg in der Beueler Gegend Mädchen ihre Handtasche mit Gewalt entrissen, wobei in einem Falle mit dem überfallenen Mädchen ringen mußte und ihm den Mund zuhielt. Das Außerordentliche Kriegsgericht zu Köln sprach ihn des vollendeten Straßenraubs in zwei Fällen schuldig, billigte ihm mit Rücksicht auf seine Jugend mildernde Umstände zu und verurteilet ihn mit Rücksicht auf die Gemeingefährlichkeit seiner Handlungsweise zu drei Jahren Gefängnis.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Gefährdung der Margarineherstellung wegen Fettmangels. In der jüngsten Kommissionssitzung der Niederrheinischen Fettschmelze wurde mitgeteilt, daß sich der Fettmangel immer schärfer bemerkbar mache, da die Schlachttiere wenig Innenfett besitzen, dann aber auch, weil gegenwärtig in den Fleischerläden viele Familien Fett auf Vorrat zu beschaffen suchen. Es würde aber, so wurde ausgeführt, die Herstellung der Margarine, die besonders zur Jetztzeit für die Ernährung weiter Volksschichten von der allergrößter Bedeutung ist, unbedingt gefährdet, wenn den deutschen Fettschmelzen, die den Margarinefabriken einen wertvollen Teil des von ihnen benötigten Rohmaterials liefern, nicht mehr die nötigen Fettmengen zur Verfügung stehen. Weiterhin aber seien die Fettschmelzen auch durch die Herstellung von Talg zu technischen Bedarfszwecken für die Allgemeinheit von hervorragender Bedeutung, was namentlich für die Seifenfabriken sehr ins Gewicht falle. In Bonn haben, wie uns von gut unterrichteter Seite mitgeteilt wird, auch von besser situierten Leuten große Angsteinkäufe stattgefunden, so daß augenblicklich eine gewisser Fettmangel verspürt wird. Er dürfte aber in dieser Form bald behoben sein.
Die eisernen Fünfpfennigstücke. Die Vorbereitungen für die Ausprägung der Fünfpfennigstücke aus Eisen sind nunmehr abgeschlossen. Die Ausgabe dieser Stücke ist noch für die zweite Hälfte dieses Monats zu erwarten. Die vorbereitenden Prägungsarbeiten haben verhältnismäßig lange Zeit in Anspruch genommen, da man Wert darauf gelegt hat, die Stücke vor Rost einwandfrei schützen zu können. Das jetzt angenommene Verfahren schaltet die Möglichkeit einer Beeinträchtigung dieser Stücke durch Rost und Abnutzung vollständig aus.
Bindfadenersatz. Um den Mangel an Bindfaden aus Hanf, Baumwolle und dergleichen abzuhelfen, sind verschiedene Ersatzmittel in Gebrauch genommen worden, von denen u. a. Bindfaden aus Papierfasern, mit Papier oder anderen Stoffen umsponnener Draht usw. sich im allgemeinen als brauchbar erwiesen haben. Derartige Ersatzmittel können auch zur Umschnürung der Postsendungen, insbesondere der über 50 Gr. schweren Feldpostbriefe mit Wareninhalt (Päckchen) verwendet werden, vorausgesetzt, daß sie haltbar sind und eine feste Umschnürung damit hergestellt werden kann. Dünner Draht (sogen. Blumendraht) ohne Umspinnung ist zur Verpackung von Postsendungen nicht geeignet, weil er sich nicht knoten läßt und Verletzungen des Personals und Beschädigungen der Briefbeutel und anderer Postsendungen durch den Draht unvermeidlich sind, namentlich wenn die Umschnürung und der Verschluß nicht sorgfältig ausgeführt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 9. Oktober 1915
Der Bonner Wehrbund unternahm vergangenen Sonntag in Stärke von 110 Mann eine Geländeübung, wiederum wie vor zwei Wochen in Gemeinschaft mit auswärtigen Kameraden, diesmal mit den Jugendwehren von Siegburg-Mülldorf und Niederpleis; die von Menden, die ebenfalls ihre Teilnahme zugesagt hatte, wurde leider in letzter Stunde verhindert. Während diese Abteilungen aus der Richtung von Hennef gegen den Rhein vordringen sollten, hatte die Bonner Mannschaft die Aufgabe, ihnen entgegenzutreten. Durch zahlreiche Patrouillen zu Fuß und Rad, die eine unermüdliche Tätigkeit entfalteten, wurde der Anmarsch des Gegners rasch erkundet und seine Bewegungen beständig beobachtet. Beim Gute Heiderhof östlich von Holtorf kam es schließlich zum „Gefecht“, in dem die Bonner mit großer Gewandtheit und in vortrefflicher Ordnung vorgehenden Angreifern in günstiger Position und mit überlegener Zahl die Spitze bieten konnten. Nach herzlicher Begrüßung und gemeinsamen Hurra auf Kaiser und Reich trennte man sich mit dem Versprechen, den friedlichen Kampf bald zu wiederholen. Ein strammer Parademarsch auf der Brückenstraße beendete die Uebung, die den Teilnehmern reiche Gelegenheit geboten hatte, Körper und Geist zu üben für die Zukunft des Vaterlandes.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Im Metropol-Theater gelangt von heute ab der Detektiv-Film-Roman Fantomas?! Zur Vorführung. Das Riesenwerk umfaßt 32 Akte und wird im Laufe der Wintermonate in sechs Abteilungen vorgeführt.
Herabsetzung der Häutepreise. Die Deutsche Rohhaut-Aktiengesellschaft hat beschlossen, die Preise für Häute von Jungvieh demnächst erheblich herabzusetzen, um dadurch auf die Verminderung der Abschlachtung von jungen Rindern hinzuwirken.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Warnung. Unglücks- oder gar Todesfälle, hervorgerufen durch Flaschenmissbrauch und Flaschenverwechselung häufen sich von Tag zu Tag. Die Ursache ist wohl darin zu suchen, daß Flaschen, die nur zur Aufnahme von Wein, Bier, Spirituosen, Selterswasser und Limonade dienen sollen, mit Salmiakgeist, Benzin, Säuren, Laugen, Petroleum und allerlei giftigen und ekelerregenden gesundheitsschädlichen Flüssigkeiten gefüllt werden. Zur Verhütung solcher Unglücksfälle wird daher das Publikum dringend davor gewarnt, Flaschen, die nur zur Aufbewahrung von flüssigen Nahrungsmitteln und Genussmitteln bestimmt sind, mit anderen Flüssigkeiten zu füllen.
Brandstiftung. Der 32jährige holländische Viehwärter Sitsma wurde am 22.7. auf dem Gute Buschdorf-Bonndorf bei Bonn aus der Arbeit entlassen und verübte aus Rache in seiner Kammer Brandstiftung. Auch im Orte Ziskoven, wohin er sich auf der Flucht gewandt hatte, brach Feuer aus. Das Kölner Kriegsgericht sprach ihn der versuchten Brandstiftung schuldig und betonte, es sei zweifellos, daß er beabsichtigt habe, das ganze Gut, das große landwirtschaftliche Vorräte barg, in Asche zu legen, weshalb das Gericht auf die exemplarische Strafe von 7 Jahren Zuchthaus, 10 Jahre Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht erkannte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 10. Oktober 1915
Als „Sektionsführer der freiwilligen Krankenpflege“ hatte im April der 31 Jahre alte Gärtner Hans Heinrich Weber aus Kreuznach den hiesigen Verwandten eines im Felde stehenden Unteroffiziers sich vorgestellt und ihnen erzählt, der Unteroffizier sei verwundet, sich auch erboten, die Ueberführung in ein Bonner Lazarett zu veranlassen. Der falsche Krankenpfleger ließ sich von den Verwandten und von der Braut des Unteroffiziers gut bewirten und reichlich mit Liebesgaben versehen und verschwand dann. Gestern hatte sich der Schwindler, der schon über 20mal vorbestraft ist, vor der Strafkammer zu verantworten. Der Staatsanwalt beantragte ein Jahr und zehn Monate Zuchthaus. Das Gericht erkannte auf ein Jahr Gefängnis.
Das Heuausfuhr-Verbot des kommandierenden Generals des 8. Armeekorps ist wieder aufgehoben worden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kriegs-Atlas des Bonner General-Anzeigers. Durch die Verbindung mit einer der bedeutendsten kartographischen Anstalten Deutschlands sind wir in der Lage, unseren Lesern zu dem außergewöhnlichen billigen Preis von 1,25 Mark einen reichhaltigen Atlas zu bieten. Er enthält alles Notwendige in übersichtlicher und klarer Form und ist für denjenigen, der die Zeitverhältnisse nicht nur verfolgen, sondern auch verstehen will, geradezu unentbehrlich. Der Atlas zerfällt in drei Teile. Der erste enthält statistische Uebersichten und dient zur allgemeinen Orientierung Größe, Lage und Stärkeverhältnisse der kriegsführenden Mächte. Der zweite, Hauptteil, bringt die Karten. In diesem ist jedes einzelne Stadium des Krieges berücksichtigt. Es ist leicht, sich den Gang der großen Weltereignisse an Hand eines solchen Führers zu vergegenwärtigen. Auch an künftige Kriegsschauplätze ist gedacht. Im Uebrigen werden bei besonderem Bedarf entsprechende Karten nachgeliefert. Der dritte Teil endlich gibt ein genaues Ortsverzeichnis und einen übersichtlichen Kriegskalender.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Volkshochschulkurse. Das Programm für das Wintersemester, welches im Inseratteil unserer heutigen Zeitung veröffentlicht wird, umfaßt vier Vorlesungen, dir durchweg aktuelles Interesse besitzen. Privatdozent Dr. Bombe wird eine 8stündige Vorlesungsreihe über „Die Kunstschätze Belgiens“ halten und solche durch zahlreiche Lichtbilder erläutern. Prof. Dr. Becker wird 5 Stunden über „Die Religion des Islam“ sprechen, und Geheimrat Steinmann „Die Bodenschätze Deutschlands“ darstellen. Professor Hashagen wird in einem 8stündigen Zyklus „Weltmachts- und Weltherrschaftsgedanken in den Großstaaten“ erörtern und hierbei sämtliche Großstaaten einer Besprechung unterziehen. Die Vorlesungen finden zu den üblichen Stunden 9 – 10 Uhr abends in der Aula des städtischen Gymnasiums, Doetschstraße, statt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 11. Oktober 1915
Wegen der Eroberung Belgrads läuteten teils Samstag abend, teils gestern nachmittag die Glocken der hiesigen Kirchen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein herrlicher Oktobertag war uns gestern beschieden. Die Wälder unseres Rheintals wurden von zahlreichen Wanderern aufgesucht, die sich ergötzen konnten an der herbstlichen Schönheit des Laubes unserer weitgedehnten Waldungen des Kottenforstes und des Siebengebirges. Einen lebhaften Verkehr beobachtete man oben auf dem Venusberg und weiterhin auf den Waldwegen, die nach Schönwaldhaus, zur Venne, Arndtruhe und nach Godesberg führen. Vielleicht ist es noch nicht genügend bekannt, daß die neue elektrische Straßenbahnstrecke nach Dottendorf einen weiteren bequemen Aufstieg nach den Waldungen des Kottenforstes ermöglicht. Vom Endpunkte der Straßenbahn Bonn-Dottendorf gelangt man auf der sanft ansteigenden Winzerstraße in einer Viertelstunde bis zu Dottendorfer Allee.
Die Winzerstraße, die in ihrem zweiten Teile einen schönen Rundblick auf das Bonner Stadtgebilde gewährt, mündet oben am Knotenweg, der über den Kohlenberg nach Friesdorf führt, rechts zum Exerzierplatz, sowie an einem Einschnitt zum Rheinhöhenweg, der Waldau, Paulshof und zur Kasselsruhe, und links über das Annaberger Feld zur Venne, Arndtruhe und nach Godesberg, sowie nach Schönwaldhaus usw. führt. Namentlich an den Spätherbsttagen, wo die Nachmittage zu Spaziergängen recht kurz sind, ist, die Benutzung der Straßenbahn nach Dottendorf, sofern man Ausflüge in den genannten Richtungen unternehmen will, sehr lohnend, da man hierdurch die große Strecke über den Kaiser Wilhelm-Park und Exerzierplatz und einen Teil des Rheinhöhenweges erspart und sich auch sehr bald im eigentlichen Kottenforst befindet.
Gedächtnisfeier. Das Bonner Pfadfinderkorps hielt gestern am Grabe des verstorbenen Leutnants v. Gottberg auf dem Poppelsdorfer Friedhof eine Gedächtnisfeier ab, an der die jungen Pfadfinder mit ihrer Fahne zahlreich teilnahmen. Herr Kaplan Schopen gedachte in herzlichen Worten des zu früh dahingeschiedenen jungen Offiziers, der vor nunmehr Jahresfrist den Heldentod für das Vaterland starb. Als Gründer und Leiter des Bonner Pfadfinderkorps habe er es verstanden, die jungen Leute zu charakterfesten Menschen zu erziehen, wodurch das Bonner Korps vorbildlich für ganz Rheinland geworden sei. Auch als Offizier habe er sich die Liebe der Soldaten zu erringen gewußt. Nach Beendigung der schlichten Feier legten die Pfadfinder und eine Abordnung des hiesigen Bataillons der 160er einen Kranz am Grabe nieder.
Metropol-Theater. Die Lichtspiele machen uns die Vorgänge auf den Kriegsschauplätzen lebendig. Man sieht die Wirkung unserer schweren Mörser an Festungswerken des Ostens. Zertrümmerte Forts von Iwangorod, Warschau und Novo Georgiewsk sieht der Beschauer gleichsam als ob er selbst vor diesen Werken stände. Man kann unsere Pioniere beim Bau von Notbrücken, beim Herrichten der Pfähle, beim Einrammen usw. beobachten. Man sieht ganze Armierungskolonnen aufmarschieren, beobachtet das flutende Leben der Militärs am Bahnhof von Sosnowice u. a. m.
Im Mittelpunkt des Interesses steht jetzt der verfilmte Detektivroman Fatomas. Es wird darin ein Verbrecher von höchster Intelligenz und Grauen erregender Kaltblütigkeit in seinen von allen moralischen Hemmungen losgelösten Handlungen gezeigt. Bei der Ausführung dieses Riesenfilms haben offensichtlich erste Schauspielkräfte mitgewirkt. Der Film führt in das Reich des geheimen Polizeidienstes und der Apachenwelt. Rein literarisch handelt es sich um eine sehr geschickte Mache, die da von ihrer Spannkraft verliert, wo man dem Verfasser etwas schärfer auf die Finger sieht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Stadttheater. Am Mittwoch geht als erste Neuheit in dieser Spielzeit „Jettchen Gebert“ von Herrmanns in Szene. Das Werk steht augenblicklich auf dem Spielplan der meisten deutschen Bühnen und wird überall mit großem Beifall aufgenommen. Als erstes Lustspiel folgt am Freitag „Comtesse Guckerl.“
Der letzte Zug der elektr. Vorortbahnen fährt nach Königswinter ab Haltestelle Brückenstraße, Beethovenhalle, um 10,57; nach Siegburg gleichfalls von der vorgenannten Haltestelle ab 11,05; nach Godesberg-Mehlem ab Kaiserplatz um 10,55 Uhr abends. Diese Einrichtung dürfte für die auswärtigen Besucher des Bonner Stadttheaters mit Freuden begrüßt werden, da ihnen hierdurch nach Schluß der Theatervorstellung eine angenehme Fahrgelegenheit geboten wird. Es ist Vorsorge getroffen worden, daß die Theatervorstellungen so zeitig beendet sind, daß die vorgenannten Züge von den Theaterbesuchern bequem erreicht werden können.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 12. Oktober 1915
Eine Stiftung für die Universität. Am 22. April 1915 fiel beim Sturm auf Pilkem in Flandern der stud. phil. Fritz Abs aus Bonn, Kriegsfreiwilliger Gefreiter im Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 289, ein tapferer Soldat, wie er ein äußerst eifriger Student gewesen war. Seine Eltern, Justizrat D. Abs und Frau, haben der Universität Bonn aus den für den Sohn bestimmten Ersparnissen 12.000 Mark überwiesen zur Förderung der Bibliothek des historischen Seminars, dem der Gefallene mit freudiger Begeisterung angehört hatte. So wird diese Stiftung nicht nur den talentvollen Studenten im Gedächtnis festhalten, sondern auch die späteren Generationen an die Opferwilligkeit der akademischen Jugend im Weltkriege gemahnen.
Bonner Volksspende. Man schreibt uns: Nachdem die Beträge der Bonner Volksspende für den ersten Monat (September) erhoben sind, läßt sich das Erträgnis der Zeichnungen übersehen. An den Wochenbeiträgen beteiligen sich rund 1000 Spender aus allen Kreisen der Bevölkerung in Beiträgen von 10 Pfg. bis zu 20 Mark, daneben werden 1850 Monatsbeiträge von 50 Pfg. bis zu 100 M. geleistet. Ferner sind rund 200 einmalige Beiträge in Höhe bis zu 1000 M. gespendet worden. Im ganzen hat das Guthaben der Bonner Volksspende mit Abschluß September die Höhe von rund 35.347 M. erreicht.
So erfreulich auch dieses Ergebnis ist, muß dennoch mit Bedauern festgestellt werden, daß immer noch eine große Anzahl unserer Mitbürger nicht beteiligt ist. Die Bonner Volksspende hat die Aufgabe, für regelmäßige Einnahmen zu sorgen, die für unsere Soldaten und ihre Angehörigen verwendet werden. Wir stehen noch mitten im gewaltigsten aller Kriege. Mit unverminderter Heftigkeit tobt der Kampf und unvermindert hält die Begeisterung, der Mut und die Ausdauer unserer Truppen an. Da dürfen auch wir in der Heimat mit unserer Opferwilligkeit für das Vaterland nicht zurückstehen. Es muß auch in unserer Stadt gelingen, die große und stolze Pflicht des deutschen Volkes zu erfüllen, für unsere braven Heere und unsere tapferen Seeleute aus Dankbarkeit und Menschlichkeit in edler Liebestätigkeit zu sorgen und ihre n Angehörigen zu helfen. Ein glänzendes Zeichen für die Opferwilligkeit, die durch die Bonner Volksspende zum Ausbruch kommt, ist es vor allen Dingen, daß zahllose arme Familien fast ihr letztes Scherflein ihr darbringen. Um so dringender wird aber die Pflicht für die Begüterten, nicht weiter abseits zu stehen, sondern auch mit der Tat zu helfen. Die Spenden werden jede Woche regelmäßig durch behördliche Einnehmer gegen Quittung abgeholt. Einzeichnungen werden mündlich oder schriftlich, auch durch Fernsprecher Nr. 400 in dem Geschäftsraum der Bonner Volksspende im Rathause entgegengenommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Goldsammlung. In den letzten beiden Monaten sind von Schulkindern weit über 40.000 Mark Goldgeld gesammelt und an der Städt. Sparkasse abgeliefert worden. Diese gibt bekanntlich bei Umwechslung von mindestens 50 Mark Gold Gedenkblätter aus, welche auf den Namen der betreffenden Schulen lauten und eine bedeutsame Erinnerung an die große Zeit darstellen. Die Ausgabe der Blätter wird fortgesetzt. Das Gold wird täglich an die Reichsbank abgeliefert.
Metallablieferung. Der Andrang zu der Metallsammelstelle im städtischen Schlachthof steigt noch andauernd; namentlich in den Nachmittagsstunden harren oft Hunderte der Abfertigung. Bekanntlich läuft am Sonntag, 16. ds. Mts., die Frist zur freiwilligen Ablieferung der Gegenstände ab. Nach Ablauf der Meldepflicht am 16. November wird die Enteignung der nicht freiwillig abgelieferten Geschirre und Reinnickel unter allen Umständen erfolgen. Die Sammelstelle ist diese Woche täglich von 9 – 12 Uhr vormittags und 3 – 6 Uhr nachmittags geöffnet. Bemerkenswert ist, daß Personen, die Gegenstände ohne Entgelt abliefern, außer der Reihe abgefertigt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 12. Okt. In letzter Zeit sind hier wiederholt Einbrüche verübt worden. In der Nacht zum Freitag drangen Diebe durch Einschlagen eines Kellerfensters in das Wohnhaus eines Beamten, Ecke Friesdorfer- und Stiftsstraße und stahlen aus verschiedenen Kassen 1500 Mk. und außerdem einen größeren Geldbetrag, der im Leinwandschrank versteckt war. Allem Anschein nach haben die Diebe gewußt, daß die Hausbewohner in der fraglichen Nacht abwesend waren. Die Spitzbuben, die bisher nicht ermittelt werden konnten, ließen einen Dietrich im Hause zurück.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Ein Ziegenzuchtverein ist in Bonn-Kessenich gegründet worden. Bereits 50 Mitglieder haben ihren Beitritt erklärt. Solche, welche dem Verein noch beitreten wollen, können sich bei Herrn Klempnermeister Segschneider in Kessenich, Burgstraße, melden. Von Mitgliedern, die bis zum 1. November beitreten, wird kein Eintrittsgeld erhoben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 13. Oktober 1915
Am Geburtstage der Kaiserin, 22. Oktober, wird der Vaterländische Frauen-Verein Stadtkreis Bonn – einer Anregung seines Hauptvorstandes in Berlin folgend – eine öffentliche Sammlung von eingekochtem Obst (Gelees, Marmelade, Mus usw. ) und Fruchtsäften für die Truppen im Felde und in den Lazaretten veranstalten. Die Kaiserin hat genehmigt, daß diese Spende als Geburtstagsgabe für sie in Empfang genommen wird. Die Sammelstellen werden noch bekannt gegeben. Alle Frauen Bonns werden gebeten, sich nach Kräften an dieser Spende zu beteiligen; jede, auch die kleinste Gabe, wird dankbar entgegengenommen.
Am gleichen Tage findet nachmittags 5 Uhr in der Lese eine Kaiserin-Geburtstagsfeier statt, zu der ebenfalls die Frauen Bonns herzlichst eingeladen werden. Einlaßkarten dazu (Preis 1,50 M. einschließlich Kaffee) verkaufen die Geschäfte Baurichter, Markt 11, und Wallasch, Münsterplatz 8.
Sirene zur Alarmierung beim Herannahen feindlicher Flieger. Im Einvernehmen mit dem Garnisonkommando läßt die Stadtverwaltung auf dem Dach der Umformerstation am Mülheimer Platz eine Sirene aufstellen, die bei Fliegergefahr die Bevölkerung laut tönend warnen soll. Außerdem werden, wie schon bekannt gemacht worden ist, in mehreren Fabriken Dampfpfeifen in Tätigkeit treten. Die Kosten der Sirene, rund 2000 Mark, werden bei der übermorgigen Stadtverordnetenversammlung angefordert.
Bonner Volksspende. An den Wochenbeiträgen für die Bonner Volksspende beteiligen sich rund 10.000 Spender (nicht 1.000, wie uns gestern mitgeteilt war) mit Beiträgen von 10 Pfg. bis 20 M.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Godesberg. Das „Eiserne Kreuz“ wird seit Montag nicht mehr auf der Terrasse vor der Landebrücke der Köln-Düsseldorfer Dampfschiffe, sondern an der Haltestelle Rheinallee der elektrischen Bahn benagelt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Rheinland und Nachbargebiete“)
Beteiligung der Stadt an dem Ostpreußen-Hülfsverein für den Regierungsbezirk Köln. Der Regierungsbezirk Köln beabsichtigt, einen Ostpreußen-Hülfsverein für den Kreis Neidenburg unter Zugrundelegung eines Hilfsbetrages von 400.000 Mark zu errichten. Nach dem Verhältnis der von den einzelnen Kreisen des Regierungsbezirks aufzubringenden Provinzialabgaben entfallen auf den Stadtkreis 40.288 Mark. Die Berechnung würde zunächst auf Vorschuß erfolgen. Die Stadtverordnetenversammlung wird sich am Freitag mit der Angelegenheit beschäftigen.
Der gestrige Wochenmarkt bot in fast allen Artikeln große Auswahl, besonders Obst in vielen Sorten war reichlich vorhanden, aber hoch im Preise. Der Besuch des Marktes war nicht besonders, ebenfalls ließ der Verkauf zu wünschen übrig. In letzter Zeit klagen die Verkäufer überhaupt über schlechten Absatz ihrer Waren. (...)
Auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz fanden die in großen Mengen angebotenen Waren flotten Verkauf.
Der städtische Gemüse-, Kartoffel- und Obst-Verkauf war gestern nicht besonders lebhaft. Verkauft wurden Kartoffeln 10 Pfund zu 48 Pfg., Aepfel drei Pfund zu 25 Pfg., Birnen drei Pfund zu 20 Pfg., Zwiebeln das Pfund zu 15 Pfg., Rot- und Weißkohl das Pfund zu 6 Pfg., Möhren drei Pfund zu 25 Pfg.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eisernes Wahrzeichen. Die Absicht, hier in Bonn als Kriegswahrzeichen das Bildnis unseres Vater Arndt zu verwenden, ist unzweifelhaft gut. Nicht zu glücklich scheint die Wahl der Säule oder Tafel zu sein; es ist fraglich, ob damit eine besondere Wirkung erzielt wird. Ungleich wirkungsvoller wäre es meines Erachtens, Arndt mit seinem geliebten Vater Rhein zu einem Wahrzeichen zu verbinden. Die allegorisch sinnbildliche Gestalt des Vater Rheines, sein Haupt mit Reben und Trauben geschmückt und den übrigen Körper mit einem eisernen Panzer umschlossen, das wäre doch eine markante packende Darstellung unserer geheiligten eisernen deutschen Wehr, wie sie unsern Rhein gegen alle feindlichen Gelüste schützt und sicher stellt. An dieser eisenumrankten poetischen Gestalt könnte ein mächtiges Wappenschild angebracht werden mit dem Bildnis des Freiheitssängers Ernst Moritz Arndt. Das Bildnis müßte dann von seinem schönsten gewaltigsten Spruch: „Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte“ umrahmt sein. Ich möchte die maßgebenden Faktoren bitten, den vorstehenden Ideengang erwägen zu wollen, vielleicht begegnen wir uns dann in der Auffassung, daß durch ein solches Wahrzeichen für unsere kommenden Geschlechter in denkbar schönster und würdigster Weise eine Erinnerung an die Eiserne Zeit, in der wir leben, geschaffen würde. W.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Fasttage. Bekanntlich haben der Heilige Vater und der Kardinal und Erzbischof von Hartmann dem Wunsche Ausdruck gegeben, die Gläubigen möchten wegen der Kriegsnöten während des Monats Oktober drei strenge Fasttage, wie an den Karfreitagen, halten. Das Kölner Pfarrkapitel hat für Köln als die dafür in Betracht kommenden Tage drei Freitage, und zwar den 15., 22. und 29. ds. Mts. bestimmt. Für Bonn sind noch keine Tage festgesetzt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 14. Oktober 1915
Die Zentralsammelstelle des Vaterländischen Frauen-Vereins Stadtkreis Bonn, in der Lese bittet, da alle Bestände jetzt aufgebraucht sind, um Zusendung von gebrauchter oder neuer Bett- und Hauswäsche, Männerhemden, altem Leinen, Kissen und Wolldecken; besonders erwünscht sind Bettücher. Jede, auch die kleinste Gabe ist willkommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
„Die verrückten Butterpreise“. Vor Ausbruch des Krieges waren Deutschlands Hauptlieferanten Rußland (einschl. Sibirien), Holland und Dänemark. Heute kommt russische und sibirische Butter für den deutschen Markt natürlich nicht mehr in Betracht. Das Zentralblatt für den Butter- und Fettwarenverkehr, die „Berliner Markthallen-Zeitung“, hatte sich in einem längeren Artikel mit den Ursachen der teuren Preise eingehend beschäftigt und dabei der Ansicht Ausdruck gegeben, daß das Ausland die günstige Gelegenheit, d.h. die jetzige Notlage Deutschlands, benutze, sich seine Butter möglichst teuer bezahlen zu lassen. Ein holländischer Butter-Exporteur protestiert in der letzten Nummer des genannten Blattes ganz entschieden gegen diese Ansicht. Nach seiner Behauptung sind an „den verrückten Preisen“ die deutschen Händler selbst schuld. Diese führen ganz Holland ab, besuchten jede Molkerei, die jeden Tag mehrere Besuche von Deutschen erhielten, und machten den Exporteuren die festliefernden Molkereien durch ihre hohen Gebote untreu. Jeder Deutsche mache seinen Landsleuten in Holland Konkurrenz und stelle noch günstigere Bedingungen als die anderen. Eine Aenderung in diesen Preistreibereien könne nur dann kommen, wenn für ganz Deutschland ein einheitlicher Preis festgesetzt würde.-
Bekanntlich hat Bayern schon in dieser Beziehung Vorkehrungen getroffen. Dort darf nicht mehr als 2 Mk. für das Pfund Butter verlangt werden. Was man in Bayern kann, sollte auch bei uns nicht unmöglich sein.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dem Gedanken, einem Kriegswahrzeichen in Bonn die Verherrlichung Arndts zu Grunde zu legen, ist schon deswegen abzuraten, weil wir in Bonn schon ein würdiges Arndtdenkmal in herrlicher Lage und Umgegend besitzen. Es wäre in jeder Weise unmotiviert und überflüssig; auch schon deswegen, weil es keine direkte Beziehung zu unserer Gegenwart hat. Die Figur eines mit einem eisernen Panzer umschlossenen Vater Rheins ist für eine Benagelung ungeeignet und wäre in seiner Art, seiner Beziehung zur alten Lage eine große Geschmacklosigkeit.
Ueberhaupt ist die Idee eines Kriegswahrzeichens neben der patriotischen, auch von der künstlerisch-ästethischen Anschauungsweise und deren Gesetzen zu betrachten.
Ein Kriegswahrzeichen in Bonn, darin sollten wir uns einig sein, sollte direkte Beziehung zu der gegenwärtigen großen Zeit und deren Geist übermitteln. Sind wir uns auf Grund dieser Anschauungen über das „Das“, z. B. ein „schwertziehender Krieger“, ein „Krieger zu Pferd“ einig geworden, so überlassen wir das „Wie“, die Ausgestaltung, einem tüchtigen Bonner Künstler, der den künstlerischen Anforderungen eines Kriegswahrzeichens gerecht zu werden weiß. Dann vermeiden wir unglaubliche Banalitäten, wie sei etwa in Berlin mit dem benagelten (!) „Eisernen Hindenburg“ geschehen sind.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Hohe Butterpreise. Wir erhalten nachstehende Zuschrift, der wir mit Rücksicht auf die darin enthaltenen allgemeinen Gesichtspunkte gern Raum geben: „Infolge der hohen Butterpreise haben sich die unsinnigsten Gerüchte über meine Firma in hiesiger Stadt verbreitet. So soll mein Geschäft geschlossen worden sein, weil zu hohe Preise gefordert würden. Auch wird gesagt, der Sahne-Schmitz hat soviel Butter auf Lager, daß er das ganze Haus voll hat bis unter das Dach. Es würde mich sehr freuen, wenn dies zutreffend wäre, dann könnte ich zu einem sehr billigen Preise verkaufen und trotzdem noch ein Vermögen verdienen. Daß ich bei einem Verbrauche von ungefähr 80 bis 100 Zentner Butter wöchentlich einen Vorrat haben muß, ist selbstverständlich, sodaß es vorkommen kann, daß ich schon 50 bis 60 Zentner Butter, und zwar ganz frische Butter, auf Lager habe. Bis vor 14 Tagen hatte ich eine Butter im Kühlhaus stehen, welche, wie meine Kunden wohl zu würdigen wußten, ausgezeichnet war, trotzdem der Preis außerordentlich billig stand, nämlich 200 Pfg. das Pfund. Diese Butter kostete mich frei Bonn 182 Mark der Zentner, also sicher kein zu hoher Verdienst, wenn man Zinsen und Kühlhausspesen in Abzug bringt, und kann ich ruhig sagen, daß ich obigen Preis deshalb so niedrig hielt, um es auch armen Leuten zu ermöglichen, sich für annehmbaren Preis Butter zu beschaffen. Daß nun auf einmal eine solche Preiserhöhung auf dem Buttermarkte entstand, war nicht anzunehmen, obwohl auch ich einen hohen Preis erwartet hatte. (...) Nun brachte Holland noch das Ausfuhrverbot für Milchprodukte gesetzlich durch, wodurch eine allgemeine Preistreiberei entstand, da jeder sich noch eindecken wollte, bevor das Ausfuhrverbot in Kraft treten sollte. Daß diese Preise ungerechtfertigt sind, bedarf gar keiner Frage und es wird auch dadurch bewiesen, daß deutsche Butter 80 bis 100 Mark der Zentner weniger kostet als ausländische. Selbst habe ich holländische Butter unterwegs, welche 313 Mark und zwei Mark Fracht, also frei Bonn 315 Mark der Zentner kostet. Man wird mir entgegnen, dann sollte ich deutsche Butter kaufen, jedoch geht das nicht so leicht, da alle Molkereien ihre Kunden und Lieferungsverpflichtungen haben und keine neuen Abnehmer annehmen können. Es ist jedoch bestimmt zu erwarten, daß unsere Regierung, welche schon schwierigere Probleme gelöst hat, auch die Butterfrage in richtiger Weise zu regeln verstehen wird. Josef Schmitz, Inhaber der Firma Sahne-Schmitz.“
Eine Riesenkartoffel, die ein Gewicht von 2 Pfund besitzt, ist im Schaufenster unserer Geschäftsstelle ausgestellt. Sie wurde auf dem Ackerland der Wwe. Aug. Eckertz in Oberwinter geerntet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“
Verwundete in Mehlem. Warum sind in unserem Orte keine Verwundete untergebracht? Diese Frage beschäftigt schon seit längerer Zeit die hiesigen Kreise. Alle Orte am Rhein – man will sie nicht alle nennen – haben Lazarette für unsere verwundeten Soldaten eingerichtet. Müssen wir denn da allein zurückstehen? Könnten nicht die Besitzer von großen Sälen dieselben dem Roten Kreuz zwecks Einrichtung eines Lazaretts zur Verfügung stellen. Die Säle stehen ja doch während der Kriegszeit leer und werden zu nichts gebraucht. In den umliegenden Ortschaften ist diese Einrichtung getroffen worden. Und sie haben sich dabei nicht im Schaden gestanden. Diese Einrichtung wäre auch für unseren Ort ebenso vorteilhaft und auch die Geschäftsleute hätten ihren Nutzen davon. Civis.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Freitag, 15. Oktober 1915
Beutegeschütze. Auf den Antrag der städtischen Verwaltung sind der Stadt Bonn zwei Beutegeschütze und zwar zwei belgische 9 Zentimeter-Kanonen in 9 Zentimeter-Lafetten durch das Kriegsministerium zu Schauzwecken überwiesen worden. Die Kanonen, die in einigen Tagen eintreffen dürften, sollen entweder auf dem Münsterplatz oder am Kaiser-Wilhelm-Denkmal aufgestellt werden.
Der Kreis-Krieger-Verband Bonn-Stadt hat in seiner Vertreterversammlung am 13. Oktober beschlossen, zu Ehren der in Bonn verstorbenen und auf dem Nordfriedhof beerdigten Krieger in Gemeinschaft mit dem Garnisonkommando eine Garnison-Totenfeier zu veranstalten. Die Feier, an der sich die sämtlichen Militärvereine des Kreisverbandes Bonn-Stadt mit Fahnen beteiligen, wird Sonntag, den 31. Oktober, nachmittags 2 ¾ Uhr, auf dem Nordfriedhof unter Mitwirkung des Gesangvereins „Liedertafel“ und der hiesigen Militär-Kapelle stattfinden. Auch zu den zur 500jährigen Regierungsfeier der Hohenzollern am 24. Oktober vormittags in den Kirchen aller Konfessionen stattfindenden Festgottesdiensten werden die Militärvereine des Verbandes ihre Fahnen und Standarten entsenden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Personenstandsaufnahme. Am 20. ds. Mts. findet, wie alljährlich, die Aufnahme des Personenstandes von Haus zu Haus statt. Damit Weiterungen vermieden werden, ist die gewissenhafte Ausfüllung der Hauslisten A. und B. dringend geboten. Unrichtige oder unvollständige Angaben sind mit Strafe bis zu 300 Mark bedroht. Im übrigen sind auf den Formularen die Anleitungen zu deren Ausfüllung gegeben. Auch die infolge der Mobilmachung zum Heeresdienst einberufenen Personen sind anzugeben, namentlich ist es wichtig, daß bei diesen Personen auch der Truppenteil und wann sie einberufen wurden, vermerkt wird, denn diese Angaben dienen dazu, die Außerhebungssetzung der Einkommensteuer für die Zeit der Einberufung (§ 70,1 des Einkommensteuergesetzes) zu bewirken. Alles Nähere ist aus der amtlichen Bekanntmachung in der heutigen Nummer unseres Blattes zu ersehen.
Universität. An den Folgen einer schweren Verwundung, die er im Kampfe für das Vaterland erlitten hatte, starb in einem französischen Lazarett der Assistent am kunsthistorischen Institut der hiesigen Universität Dr. Hermann Brandt, Vizefeldwebel d. R., im 28. Lebensjahre. Dr. Brandt, Sohn des Professors der klassischen Philologie an der Heidelberger Universität Dr. Samuel Brandt, war seit April 1912 Assistent bei Geh. Rat Clemen am Bonner kunsthistorischen Institut.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Beuel, 14. Okt. Die Landgemeinde Vilich-Beuel hat in Verbindung mit einigen Einwohnern und Firmen der Gemeinde in Anerkennung der unbeirrten einsichtigen Haltung der bulgarischen Regierung zu wohltätigen Kriegszwecken der Bulgaren einen Betrag von 1000 Mk. gestiftet und diesen Betrag bereits dem Herrn Regierungs-Präsidenten zu Köln mit der Bitte um Uebermittlung überreicht.
Godesberg, 13. Okt. Im hiesigen Kurparksaal werden am 6. November Soldaten vom Sanatorium Godeshöhe unter gütiger Mitwirkung von Damen der Bonner und Godesberger Gesellschaft ein Wohltätigkeitskonzert zum Besten der hilfsbedürftigen Kriegswitwen und Waisen veranstalten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Vom Bonner Wochenmarkt. Zwischen 8 und 9 Uhr traf ich gestern vormittag zwei Händler auf dem Markt, die zwischen den wenigen Landleuten ihre Einkäufe besorgten. Es ist wohl selbstverständlich, daß diese Geschäftsleute die beste Ware aufkaufen und dadurch die Hausfrauen zwingen, die minderwertige mit hohen Preisen zu bezahlen. Vor einer Woche besuchte ich im Sauerland einen Wochenmarkt, dort ist es keinem Händler gestattet, vor 11 Uhr auf dem Markt einzukaufen. (Eine solche Bestimmung hat auch kurze Zeit für Bonn bestanden. Red.) Wenn die Händler es demgegenüber vorziehen, sich aufs Land zum Einkauf zu bemühen, statt die ausgesuchte Ware auf dem Markt zu kaufen, so wird wohl niemand es ihnen verargen, denn dieselben Verkäufer können dann den Markt mit gleichguter Ware versorgen und die minderwertige Ware muß billiger abgegeben werden. W. E.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Offizierstellvertreter Anton Steiner ist auf dem Felde der Ehre gefallen. Nur wenige Tage war es ihm vergönnt, draußen auf dem Schlachtfelde für die Freiheit unseres Vaterlandes zu kämpfen, nachdem er mehrere Monate hindurch junge Streiter im Waffendienste ausgebildet hatte. Herr Steiner war der Inhaber des bekannten Möbelgeschäftes am Münsterplatze. Bei Gelegenheit der Besprechung der inneren Einrichtung des Erweiterungsbaues am akademischen Kunstmuseum hatten wir Gelegenheit genommen, auf die hervorragende künstlerische Begabung des Verstorbenen mit besonders anerkennenden Worten hinzuweisen. Die Bestrebungen Steiners in Auswirkung künstlerischer Gedanken bei der Innenausstattung der Räume standen damals zwar nicht mehr vereinzelt da, aber sie waren noch lange nicht zu der Geltung gekommen, wie dies durch die weit später erfolgte Gründung des Deutschen Werkbundes begann. Gerade deshalb gebührt Steiner ein um so höheres Verdienst dafür, ohne die Organisation, gleichsam für sich allein stehend, mit unermüdlichem Eifer, aber auch mit seltenem Geschick und wahrhaft vorbildlich an der Kunst gewirkt zu haben und so mit zu einem Bahnbrecher auf diesem Gebiete geworden zu sein. Die mit seinen Ideen auf diesem Gebiete Vertrauten haben ihn schätzen gelernt und werden sein Andenken in ehrender Erinnerung halten. Daneben besaß Herr Steiner persönliche Eigenschaften, die ihn der Wertschätzung seiner Bekannten erfreuen ließen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 16. Oktober 1915
Stadtverordneten-Sitzung. Zu Beginn der gestrigen Stadtverordneten-Sitzung teilte Oberbürgermeister Spiritus mit, daß Stadtverordneter Geheimrat Cosack mit Ablauf dieses Jahres sein Amt als Stadtverordneter niederlegen werde. Er gab den Stadtverordneten sodann zwei Schenkungen bekannt: Gutsbesitzer F. A. Engels von Marienforst hat der Stadt 500 Mk. zur Milchversorgung Bedürftiger überwiesen, Frau Alfred Mannesmann geb. v. Mosengeil in Bonn hat der Stadt Bonn einen Kranken-Anhängewagen mit Inneneinrichtung gestiftet. Die Versammlung bewilligte für Badewäsche des Schulbrausebads der Poppelsdorfer evangelischen Schule 300 Mark, für eine Sirene, die die Einwohnerschaft beim etwaigen Herannahen feindlicher Flieger warnen soll, 2000 M., für warme Unterkleider deutscher Kriegsgefangener in Rußland 8000 M., als Anteil der Stadt Bonn an dem Hilfswerk des Regierungsbezirks Köln für den ostpreußischen Kreis Neidenburg 40.288 M. Der Schlachthauszwang für Hausschlachtungen in den Vororten wurde nicht, wie mehrere Stadtverordnete beantragt hatten, aufgehoben, dagegen beschlossen, daß die Schlachttiere auf städtischen Fuhrwerken unentgeltlich zum Schlachthof befördert werden sollen. Auf eine Anfrage des Stadtverordneten Henry machte Beigeordneter Dr. v. Gartzen ausführliche Mitteilungen über die bisherigen und noch geplanten Maßnahmen der Stadtverwaltung zur Lebensmittelversorgung der Bevölkerung. Er teilte u. a. mit, es würden Maßnahmen getroffen, um Kriegerfamilien und Unterstützungsempfängern Kartoffeln zu 3,50 M. den Zentner zu liefern. Den Kriegerfamilien sollen Vorschüsse gewährt werden, damit sie sich einen größeren Kartoffelvorrat einkellern können. Die Stadt werde auch sonst der wenigerbemittelten Bevölkerung genügende Kartoffelmengen zu mäßigen Preisen zugängig machen. Der städtische Fleischverkauf solle fortgesetzt, die Hülsenfrüchte sollten durch die Händler verkauft, die Verkaufspreise aber streng beaufsichtigt werden. Die Abgabe des der Stadt Bonn zur Verfügung stehenden Petroleums solle mittels Petroleumkarten geregelt werden. Unter Mitwirkung einer Anzahl Fischhändler werde die Stadtverwaltung auch einen städtischen Fischverkauf einrichten. Die Milchanstalt der Stadt sei nach wie vor in der Lage, Kindern und Kranken die nötige Milch zu liefern, für einen etwaigen Notfall habe die Stadt noch große Mengen kondensierter Milch auf Lager. Ueberhaupt verfüge die Stadtverwaltung noch über ein reichhaltiges großes Lager von allen möglichen Lebensmitteln, so daß sie für die nächsten Monate gesichert sei. Eine Schwierigkeit bilde allerdings zurzeit die Fettbeschaffung.
Aus dem Feldpostbrief eines Bonners. Die schwerste Zeit vom ganzen Feldzuge haben wir glücklich hinter uns. Die Franzosen wollten überall durchbrechen, sind aber auf der ganzen Front von unseren braven Truppen zurückgeschlagen worden. Wir hatten 14 Tage lang ein schreckliches Artilleriefeuer auszuhalten, welches nur wenig Schaden angerichtet hat. Leider ist ihm von unserer Kompagnie ein Kamerad zum Opfer gefallen, ein Vater von vier Kindern. Das Abends um ½ 12 Uhr haben wir mit einem Feldgeistlichen ihn in die fremde Erde gelegt. Wie da die Kameraden mit einfachen Kränzen um die Gruft standen und der Geistliche der Hinterbliebenen gedachte, selbst der gefühlloseste Mensch hätte dabei weinen müssen. Jetzt ist hier wieder alles ruhig. Nur die Flieger sind viel in Tätigkeit. Ein Flieger ist von einem unsrer Kampfflieger heruntergeschossen worden, beide Franzosen, die darin waren, sind verbrannt. Wir stimmten in eine kräftiges Hurra ein. .. Aber sehr vie Ungeziefer haben wir hier, an Schlafen ist bald nicht mehr zu denken, so hungrig ist das Sauzeug. ... Um 10 Uhr gehen wir zum Feldgottesdienst, und da haben wir Gelegenheit zum Beichten. Das müßtest Du einmal sehen, wie alle Feldgrauen in einer fast ganz zerschossenen Kirche zum Tisch des Herrn gehen, der Küster ein Feldgrauer und die Chorjungen auch zwei alte Pioniere. Wenn Du sehen könntest, wie andächtig da gebetet wird! Natürlich, es gibt einen Gott, sonst wären wir nicht so lange beschützt worden und hätten wir nicht so viele Siege gehabt. Es ist uns auch ein großer Trost, daß unsere Lieben zu Hause noch von den Schrecken des Krieges verschont geblieben sind...
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Außerordentliche Kriegsgericht verurteilte am Donnerstag ein ausländisches Ehepaar, dem das Verlassen von Godesberg verboten war, und das sich trotzdem mehrmals nach Bonn begeben hatte, zu einem und zwei Tagen Gefängnis. – (...) Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit wurde ein Photograph aus Godesberg, der bei Lannesdorf ein Flugzeug photographiert hatte, zu einem Tage Gefängnis verurteilt. (...)
Oeffentliche Sitzung
der Stadtverordnetenversammlung vom 15. Oktober 1915.
(...)
Interpellation wegen der Lebensmittelversorgung der Stadt Bonn.
Nach Erschöpfung der Tagesordnung bat Stadtverordneter Henry um Auskunft darüber, was die Stadt auf dem Gebiet der Lebensmittelversorgung ihrer Bevölkerung in Aussicht genommen habe und um eine Uebersicht über das bisher Geschehene. Es habe sich in der Bürgerschaft eine gewisse Erregung gezeigt, die zweifellos durch Aufklärung von berufener Stelle beseitigt werden könne.
Beigeordneter v. Gartzen war bereit, die Anfrage sofort zu beantworten. Er führte aus: In der jetzt dringendsten
Frage der Kartoffelversorgung
habe der verstärkte Unterstützungsausschuß beschlossen, einstweilen eine abwartende Haltung einzunehmen. Die Kartoffelernte sei sehr reichlich. Sie übertreffe noch das gesegnete Kartoffeljahr 1913 um ein Bedeutendes. In Aussicht genommen habe der Unterstützungsausschuß eine eiserne Reserve einzulegen, die 14 Tage für die nicht kartoffeleindeckenden Bürger reiche. Die Kartoffeln könnten an Kriegerfamilien und Armenunterstützungsberechtigte für 3,,50 Mark den Zentner geliefert werden. Es würden Gutscheine für einen halben und einen ganzen Zentner ausgegeben; der Verkauf geschehe durch Vermittlung der Händler. Den Kriegerfamilien wolle man den Betrag für 10 – 15 Zentner vorschießen und in kleineren Raten von den Unterstützungen einhalten. Der Preis von 3,50 Mark könne für sechs Monate an Minderbemittelte aufrecht erhalten werden. Für Nichtunterstützungsbedürftige sollen auch Gutscheine aber nur zum Selbstkostenpreis abgegeben werden. Beigeordneter v. Gartzen ist der Ansicht, daß die Kartoffelpreise, die in den letzten Tagen, vielfach veranlaßt durch Angsteinkäufe, etwas angezogen hätten, wieder sinken würden, sobald die großen Massen der jetzt eingeernteten Kartoffeln auf den Markt kämen. Er gab allen, die es können, den dringenden Rat, den Kartoffelvorrat freihändig einzukaufen. Die Stadt könne für diese Bürger nicht sorgen.
Die schwierigste Frage für die Verwaltung sei
die Versorgung mit Fleisch und Fett.
Mit gutem Erfolg habe die Stadt bis jetzt Speck und Fett verkauft. Die jetzigen Vorräte gehen mit dieser Woche zu Ende. Doch ist Vorsorge getroffen, daß weitere Vorräte dreimal in der Woche zum Verkauf gelangen können. Die Stadt habe noch große Mengen Pflanzenfett auf Lager, das sie für 50 Pfennig abgeben kann und das jetzt im Handel 1,10 Mark kostet. Vier bis fünf Monate lang kann sie täglich einen Zentner abgeben. Speisefett ist auch in großen Mengen beschafft worden. Doch werden damit nur Anstalten versorgt.
Hülsenfrüchte
erhält die Stadt durch die Zentralversorgungsanstalt in Berlin. Sie gibt diese an die hiesigen Geschäfte ab und schreibt den Preis zum Einzelverkauf vor. Große Bestände an Reis werden bald der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Bis jetzt hat de Unterstützungsausschuß 130.000 Poritionen Hülsenfrüchte, Reis, Gerste, Haferflocken usw. ausgegeben und ferner noch 80.000 Brote. Hierfür und an baren Unterstützungen wurden bis jetzt 4.200.000 Mark aufgewendet. Der Stadt stehen an
Petroleum
20 Prozent des Verbrauches vom Oktober 1913 zur Verfügung. Sie wird Karten nur an diejenigen Bürger ausgeben, die nicht Gelegenheit haben, Gas, elektrisches Licht oder Spiritusglühlicht zu brennen. Vom September stehen noch 5000 Liter zur Verfügung und vom Oktober noch 7000 Liter. Sobald diese überwiesen sind, werden die Petroleumkarten ausgegeben. Beigeordneter v. Gartzen wies dann noch auf das Spiritusglühlicht als Lichtquelle hin; die Brenner würden in hiesigen Geschäften geführt.
Der Fischverkauf
wird städtisch organisiert, soll aber durch Händler geschehen. Auf Kohlen werden, wie in früheren Jahren, Gutscheine gegeben.
Die Barunterstützungen sind sehr erheblich gestiegen, da die Sätze in Anbetracht der Teuerung erhöht worden sind. Bis Ende September sind 1.044.000 Mark ausgegeben worden. Nach Abzug des staatlich und sonstig zu leistenden Ersatzes verblieben für die Stadt monatlich 50.000 Mark. Während im Januar die gesamte Barunterstützung noch 50.000 Mark betrug, ist sie im September auf 150.000 Mark gestiegen. Da die Beschaffung von Lederschuhen große Schwierigkeiten verursache, habe man Schuhe mit Holzsohlen ausgegeben und, da sehr viele Reparaturen für Schuhe beantragt wurden, habe die Stadt eine städtische Schuhreparaturwerkstätte eingerichtet.
Die Städtische Milchanstalt sei in der Lage, noch für kleine Kinder, an Kranke und Arme in genügendem Maße
Milch
liefern zu können; die Ausgabe von Schulmilch habe dagegen eingestellt werden müssen. Für eventuelle Notstände sei kondensierte Milch eingelagert worden. Die Milchproduktion werde sich aber auch zweifellos in nächster Zeit wieder heben, da den Landwirten staatlicherseits Getreide und Kartoffeln zur Viehfütterung überwiesen würden. Die Stadt unterhalte noch
reichhaltige Lager an Kaffee und Zucker
und sei hierin für die nächsten Monate gesichert. Der Unterstützungsausschuß, der sich täglich versammle, habe gestern seine 361. Sitzung abgehalten.
Stadtv. Chrysant hielt die Ausführungen des Beigeordneten v. Gartzen für außerordentlich wichtig. Aus ihnen ergebe sich, daß die Verwaltung das Menschenmögliche geleistet. Hierfür gebühre dem Unterstützungsausschuß und dem Vorsitzenden, Beigeordneten v. Gartzen, der rastlos gearbeitet, warmer Dank der ganzen Bürgerschaft. Die Ausführungen würden beruhigend auf die ganze Bürgerschaft wirken und besonders
die Kartoffelangsteinkäufe hintenanhalten.
Er fragte weiter nach dem Preis des neuen Fleisches, ob bei dem Fischverkauf auch Heringe in Aussicht genommen seien und wies hin auf die Besohlung der Schuhe mit Linoleum. Solche Sohlen kosteten nur 2 Pfennig.
Dr. Krantz wies auf das große Interesse, welches die Ausführungen des Beigeordneten v. Gartzen erweckten, hin. Leider habe er die Eier vermißt. Das sehe er sich veranlaßt, auf getrocknete Eier hinzuweisen. Im übrigen solle jeder Haushalt, der irgendwie in der Lage sei, sich freihändig seine Bedürfnisse verschaffen. Die Stadt könne nicht in allen Fällen helfen.
Beigeordneter v. Gartzen erwiderte, daß die Fischhändler den Fischverkauf in die Hand nähmen und daß auch der Verkauf von Heringen geplant sei. Der Preis für Schinkenspeck und Speck würde auf 2,00 Mark zu stehen kommen. Allerdings müßte die Stadt Zuschüsse leisten. Auch wegen der Beschaffung von Eiern seien Unterhandlungen geführt worden. (...)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Viktoria-Lichtspiele werden in den Tagen von Samstag bis Dienstag ihre Besucher mit einem ganz auserlesenen Programm erfreuen. Vor allem verdient ein Werk hervorgehoben zu werden, das unter die besten der Lichtspielkunst mit Recht gereiht werden kann. „Das Volks steht auf“, so lautet der Titel des Prachtfilms, der uns Episoden aus der Zeit der Freiheitskriege übermittelt. Gerade für die gegenwärtige Kriegszeit konnte die Spielleitung wohl keine bessere Auswahl treffen. Die herrlichen Gemälde sind nach der berühmten lyrischen Oper „Germania“ von Ludwig Illica bearbeitet und haben bisher stets den vollsten Beifall der Besucher gefunden. Mit großer Lebendigkeit und Frische werden wir in die Zeiten unseres Vaterlands versetzt, an die wir uns kurz vor Kriegsausbruch mit Stolz erinnerten und die heute eine kräftige Ermutigung bilden in den schweren Kämpfen, die unser Vaterland ausfechten muß. Die Besucher werde gewiß mit ganzer Befriedigung die Darbietung entgegennehmen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Lebensmittelpreise.
Aus unserem Leserkreise gehen uns die Aufzeichnungen eines Zeitgenossen zu, die uns veranschaulichen, wie die Lebensmittelpreise in unsrer guten Stadt Bonn sich seit Kriegsbeginn gestaltet haben. Heute soll es auch in Bonn noch Leute geben, die meinen, es sei nicht so arg, er werde „leicht“ getragen, man höre doch kaum murren. Kriegslieferer und –wucherer werden durch die Preissteigerung wohl auch weniger empfindlich getroffen werden. Außer ihnen gibt es hier aber auch noch Leute, die sie recht empfindlich spüren. Der Raum gestattet uns leider nicht, die überaus ansehnliche Tabelle vollständig zu veröffentlichen. Wir greifen nur einige der unentbehrlichsten Lebensmittel heraus.
Brot.
Das dreipfündige Schwarzbrot ist in den beiden ersten Monaten noch mit 40 Pfennig verzeichnet, im September kostete es schon 50 und im Oktober 55 Pfennig. Später kam das Brotbuch. Im Februar ist der Preis für das 3½ –pfündige Schwarzbrot mit 70 Pfennig verzeichnet. Im März kostete die gleich Gewichtsmenge 75 Pfg. das gleichschwere sogenannte Feinbrot 95 Pfg. In den Monaten April, Mai und Juni wurde das dreipfündige Feinbrot mit 85, das Schwarzbrot mit 70 Pfg. bezahlt. Seit September wiegen die Brote 3¾ Pfund; der Preis ist geblieben.
Butter
kostete noch im August wie im Juli, 1,40 Mk. das Pfund, stieg dann aber auch monatlich um 5 bis 10 Pfg.; im Juli dieses Jahres wurde schon 1,95 Mk. bezahlt; in diesem Monat stieg sie von 2,35 Mk. schon auf 3,- Mk. und darüber. Wie teuer sie noch werden wird, wissen wir noch nicht; hiesige und auswärtige Händler stellen einen Preis von 5,00 Mk. in sichere Aussicht.
(...)
Milch
kostete in den ersten Kriegsmonaten noch 20 Pfg., im Januar 22, im April 24, im Mai wurde 26 Pfg. verlangt (nur der Vertreter der Stadt erklärte in der Stadtverordnung, die Verwaltung werde, wenn der Preis weiter steige, geeignete Vorkehrungen treffen); heute kostet die Milch 28 Pfg.
Kartoffeln
wurden im Juli noch mit 35 – 40 Pfg. für 10 Pfund bezahlt; im August wurden 80 Pfg. verlangt. Im Oktober kostete der Zentner 3,30 bis 4,- M., stieg in den folgenden Monaten aber auf 4,50, 5,-, 6,-, 7,-, 8,-, 8,50 Mark. Im Mai und Juni verkaufte die Stadt den Zentner mit 5,- Mark, während die Händler 6,- M. forderten. Im Juli wurden beim Händler die ersten neuen Kartoffeln mit 15 Pfg. für das Pfund bezahlt; der Preis sank dann auf 12, 10, 9 und 8 Pfg. Die Stadt verkaufte in den Monaten August und September den Zentner für 4,50 Mark, im Oktober für 4 1/3 Mark; der Händler verlangte in derselben Zeit für das Pfd. 8½, 7½, 6½ und 5½ Pfg.
(...)
Eier,
die vor dem Kriege mit höchstens 5 Pfg. das Stück bezahlt wurden, stiegen im Monat Juni dieses Jahres von 12 auf 18 Pfg.; jetzt werden sie mit 23 Pfg. das Stück bezahlt.
(...)
Seife
wird jetzt auch ein Luxusartikel. Sogar die gewöhnliche Schmierseife, die früher 22 Pfg. kostete, muß jetzt mit 68 Pfg. das Pfund bezahlt werden. Ein Glück, daß Waschungen hier nicht vorgeschrieben sind, für die Woche „genügt“ es, wenn die Leute sich nur „abstauben“. Bald läßt sich gerade nicht mehr behaupten, daß wir ein Volk sind, das sich gewaschen hat.
––
Jede Hausfrau wird die Aufzeichnungen unseres Gewährsmannes als gewissenhaft und vor allen Dingen als richtig anerkennen. Der Mann gehört zu den sogenannten Minderbemittelten. Aber er empfindet die Verteuerung unsreer Lebenshaltung sehr. Wie mag sie erst bei den Armen und Allerärmsten wirken! Man siehts freilich an den hungerblassen Gesichtern der Kinder, die Fleisch, das gar nicht mehr bezahlt werden kann, wahrscheinlich nur noch dem Namen nach kennen. Hier muß höherenorts eingegriffen werden, und recht bald und gründlich. Allgemein herrscht die Klage, die Stadtverwaltung versage vollständig. Das ist natürlich übertrieben. Zweifelsohne könnte aber auch hier mehr geschehen. Speck wird beispielsweise viel zu hoch im Preise gehalten. Vor dem Kriege kostete das Pfund noch 85 Pfennig; jetzt verlangt die Stadt schon 2,20 Mark, der Metzger 2,40 Mark. Die Stadt ist in ihrem Preise dem Privatbetrieb gefolgt, anstatt die Preisgestaltung zu regulieren. Der Stadt schadets doch nicht, wenn sie einmal einige tausend Mark zusetzt, wie beim Kartoffelverkauf; es ist nicht nötig, den Verlust bei andern Lebensmitteln wieder herauszuwirtschaften. Den Verlust kann die Stadt tragen; wir können uns nicht denken, daß von irgendeiner Seite Einwendungen dagegen erhoben werden. Dann herrscht auch noch vielfach die Ansicht, die Stadt könnte und müßte viel mehr leisten. Anderswo haben die Verwaltungen Petroleum angekauft, um den Bewohnern die Beleuchtung zu sichern. U.a. hat die Stadtverwaltung von Hameln durch die Vermittlung der Reichseinkaufsgesellschaft 72.000 Eier aus Ungarn erworben und auf dem Wochenmarkt zum Verkauf gestellt. Die Ware, die bei bester Verpackung und schnellster Beförderung ganz frisch eingetroffen, fand selbstverständlich großen Zuspruch. Könnte unsere Verwaltung sich nicht ebenfalls bemühen? Dann müßte es doch sonderbar zugehen, wenn es nicht gelingen sollte, irgendwoher billigere Butter zu beschaffen. Muß die Butter wieder erst einen Preis erreichen, der selbst für Besserbemittelte fast unerschwinglich ist? Die Stadt darf einen großen Markt einrichten. Alles Murren dagegen muß verstummen vor der gebieterischen Notwendigkeit, die Bevölkerung vor rücksichtsloser Auswucherung zu bewahren. Unsere Vorräte sind ausreichend. Sie werden nur zurückgehalten, um höhere Preise zu erzielen. Neulich wurde in einer Versammlung zur Gründung eines Konsumentenausschusses wieder einmal auseinandergesetzt, wie sich die Betriebs- und Erzeugungskosten für den Landwirt erhöht hätten; in der Kölnischen Zeitung versuchte der Sekretär des Rheinischen Bauernvereins den Beweis zu erbringen, wie sich die Milchwirtschaft gar nicht mehr lohne. Die angegebenen Zahlen kann ich nicht nachprüfen. Aber mir scheint in allen Fällen sind die Preise der Futtermittel für die Kühe, die jetzt erzielt werden können, eingesetzt. Täglich hören wir, daß wir jetzt alle Opfer bringen müssen. Warum nicht auch der Landwirt? Die Not erreicht bei ihm nie die Größe, wie bei den Armen in der Stadt, in den meisten Fällen kann er sich noch immer satt essen, was bei dem armen Stadtproletariat nicht möglich ist. Schließlich hörte ich kürzlich von einem Herrn, der selbst vom Lande stammt und die einschlägigen Verhältnisse sehr genau kennt: Die Bauern hätten noch nie soviel Geld gesehn wie jetzt im Kriege; nachher werde mancher Rentner spielen. Das trifft gewiß nicht auf alle zu. Aber man verschone uns endlich mit der Behauptung, der Bauer sei unschuldig an der Teuerung. Auch ihn trifft ein vollgerüttelt Maß. Urban.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 17. Oktober 1915
Verkaufszwang im Lebensmittelhandel. Der Gouverneur der Festung Köln hat eine Bekanntmachung erlassen, in der darauf hingewiesen wird, daß die Abgabe von notwendigen Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen in den im Kleinverkauf üblichen Mengen gegen Barzahlung nicht verweigert werden darf.
Ein Polizeibeamter hatte sich gestern vor der Strafkammer zu verantworten, weil er einen Mann, den er zur Feststellung seiner Person auf die Wache bringen wollte, unterwegs gestoßen und beschimpft haben sollte. Das Gericht verurteilte den Beamten wegen tätlicher und wörtlicher Beleidigung zu 75 M. Geldstrafe.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein Polizeisergeant von hier wurde gestern von der Strafkammer wegen tätlicher Beleidigung zu 75 M. Geldstrafe verurteilt. Er hatte einen jungen Mann, der einem Knaben eine Ohrfeige gegeben hatte, zur Feststellung seiner Persönlichkeit auf die Wachtstube in die Infanterie-Kaserne gebracht und ihn unterwegs verschiedene Male geknufft. Der junge Mann war vom Schöffengericht wegen Mißhandlung des Knaben zu drei Mark verurteilt worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 16. Okt. Der Gemeinderat nahm ein eisernes Hindenburg-Relief als Geschenkt eines hiesigen Bürgers dankbar an. Das Relief soll am Rheinufer aufgestellt werden.
Godesberg, 16. Okt. Die Rotekreuz-Zentrale (Rheinallee) wird mit einem Kostenaufwand von rund 10.000 Mk. dafür Sorge tragen, daß jedem Soldaten der Bürgermeisterei Godesberg ein Weihnachtspaket in ansehnlichem Werte zeitig zugestellt wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Strafkammersitzung. Ein Polizeibeamter war angeklagt, einen Schriftsetzer mißhandelt zu haben. Der Beamte war zur Festnahme des Schriftsetzers geschritten und sollte ihn beim Transport zu einem Wachtlokal mißhandelt und obendrein beschimpft haben. Das Gericht nahm jedoch an, daß der Beamte nicht die Absicht gehabt habe, den Mann zu mißhandeln, sondern daß nur eine Beleidigung vorliege. Der Beamte wurde zu einer Geldstrafe von 75 Mark verurteilt. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 18. Oktober 1915
Allgemeiner Deutscher Jagdschutzverein. Der Vorsitzende der Sektion Bonn macht auf den Aufruf des Hauptvorstandes der deutschen Jäger aufmerksam, die abgeschossenen Patronen nicht fortzuwerfen, sondern die Hülsen zu sammeln. Herr Hofbüchsenmacher Philipp Reeb hat sich bereit erklärt, die Hülsen in Empfang zu nehmen und an das Generalsekretariat des Allgemeinen Deutschen Jagdschutzvereins abzuliefern.
Im Palast-Theater an der Meckenheimer Allee wurde am Samstag das neu gegründete „Kino-Variete“ eröffnet. Neben Filmdramen, die erfüllt sind von wilden und abenteuerlichen Geschehnissen, sieht man die sehr lustigen Vorführungen von Schichtls Marionetten, die alte und neue Späße mit den drolligsten Bewegungen vorbringen. Alfred Uferini zeigt sich als Zauberkünstler und Hexenmeister, der mit einer verblüffenden „Sicherheit“ arbeitet. Zum Schlusse des reichhaltigen Programms folgt noch ein komischer Einakter „Der schwarze Prinz“. Das Theater war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Die einzelnen Nummern des Programms wurden mit lebhaftem Beifall aufgenommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Städtische Gesangverein wird auch im zweiten Kriegswinter seine Kräfte in den Dienst der Bonner Kriegshilfe stellen. Zum besten derselben veranstaltet er drei Konzerte, selbstverständlich mit bedeutenden Solisten. Das erste findet in der künftigen Woche am Donnerstag statt. Kein geringerer als Max Reger wird erscheinen, um zwei seiner neusten Werke vorzuführen. Es handelt sich um die neue Sonate für Klavier und Violine (C moll), die bisher noch nicht öffentlich erklungen ist, sodaß wir die Uraufführung haben werden und um die Variationen über ein Thema aus Mozarts A dur Klavier-Sonate, die ursprünglich für Orchester geschrieben sind, die Reger unlängst für zwei Klaviere bearbeitet hat. Beide Werke wird er selbst vortragen, die Sonate mit Adolf Busch an der Geigenstimme, Die Variationen mit Prof. Grüters am zweiten Klavier. Außerdem bringt das Programm noch das C dur-Konzert für zwei Klaviere von Bach, sowie drei Romanzen für Frauenchor von Brahms und drei Volkslieder in Regers meisterhafter Satzkunst.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Volksverein Münsterpfarre. Am Montag, den 18. Oktober, abends 9 Uhr, wird in der Monatsversammlung des Volksvereins im Restaurant Gangolf der hochw. Herr Religionslehrer Dr. Wagner über das Thema sprechen: Die Panik während des Krieges. Zu diesem interessanten Vortrage sind die Mitglieder sowie Freunde des Volksvereins freundlichst eingeladen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 19. Oktober 1915
Die Deutsche Kolonialgesellschaft nimmt in diesem Winter ihre gewohnten lehrreichen und fesselnden Vortragsveranstaltungen, zu denen die Mitglieder freien Zutritt haben, wieder auf. Voraussichtlich wird schon am 26. d. M. der erste Vortrag des Herrn Universitätsprofessors Dr. C. H. Becker über „Der Islam im Weltkriege“ stattfinden.
Der Lehrgang über Vermögensverwaltung des Deutsch-evangelischen Frauenbundes beginnt heute abend 8½ im Gemeindehause, Rathausgasse 2. Der zehnstündige Lehrgang dürfte vielen Frauen, die durch die Abwesenheit ihrer Männer gezwungen sind, ihre Vermögens- und Rechtsverhältnisse selbst zu regeln, willkommene Gelegenheit bieten, sich die dafür nötigen Kenntnisse anzueignen.
Die Verwendung von Milch zu gewerblichen Zwecken wird durch eine Verordnung der preußischen Staatsregierung, die in der letzten Nummer des Reichsanzeigers veröffentlicht wird, weiter eingeschränkt. Die Verordnung tritt am 25. Oktober in Kraft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Post- und Paketversand nach den Kriegsschauplätzen des Ostens und Westens. (Amtlich) Vom 15. Oktober an ist der Privatpaket- und Frachtgutverkehr an alle Truppen des östlichen und westlichen Kriegsschauplatzes freigegeben. Er bleibt vorläufig nur noch für die auf dem Balkan kämpfenden Heeresangehörigen gesperrt. Im Verkehr nach dem Nordosten muß mit verlangsamter Beförderung gerechnet werden, weshalb sich empfiehlt, den Versand dorthin einstweilen auf das Notwendigste zu beschränken. [...]
Westerwaldklub Bonn. Am Sonntag führte der Westerwaldklub Bonn seine Mitglieder an die Sieg. Die Führerin, Frau Brögmann, erledigte ihr Führersamt in tadelloser Weise. Nach gemütlicher Fahrt bis Hennef wanderte die Gesellschaft, 36 Personen, an romantischen Ufern der Sieg entlang, bot sich hier manch schönes landschaftliches Bild. Auf schmalen, durch prächtigen Wald führenden Wegen ging es am Ufer der Sieg vorbei, stets neue Blicke ins Siegtal zeigend. Trotz des herrschenden Nebels war es einzig schön. Bald tauchten die Ruinen von Blankenberg auf, von Nebel umwogt. Eine kurze Rast am Ufer der klaren Sieg wurde zum Frühstück benutzt und die Rucksäcke ihres Inhalts entleert. Dann ging es weiter durch das prächtige Dernbachtal, auf stillem, verschwiegenem Pfad, und zeigte hier der Wald sich in prächtigem Herbstschmuck. Höher und höher schlängelte sich der Pfad, bald war die Höhe erreicht. Bot sich auch des Nebels wegen keine Fernsicht, so ließ es sich doch ahnen, wie herrlich hier oben bei guter Beleuchtung die Aussicht sein muß. Nun weiter über Feld und Fluren, dann wieder durch prächtigen Wald hinab ins Bröltal; Felderhoferbrück war erreicht. Ein gemütliches Kaffeestündchen erhöhte die Stimmung der Wanderer, worunter das schöne Geschlecht reichlich vertreten war. Alle waren entzückt über die herrliche Wanderung, welche so recht gezeigt hat, wie unendlich schön unsere liebe Heimat ist. Von Felderhoferbrück ging es dann mit der Bahn über Hennef wieder nach Bonn-Beuel. Hui Wäller! Allemol.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine Sammlung von eingekochtem Obst und von Fruchtsäften für unsere Truppen im Felde findet bekanntlich am 22. Oktober, beim Geburtstag der Kaiserin, durch den Vaterländischen Frauen-Verein statt. Wir machen nochmals auf diese Sammlung aufmerksam und empfehlen sie recht warm dem wohltätigen und vaterländischen Sinne unserer Einwohnerschaft.
Sorget für die nichtbedachten Kämpfer im Felde! Das Zentral-Depot für Liebesgaben des stellvertretenden Militär-Inspekteurs der freiwilligen Krankenpflege will im besonderen aller jener tapferen Männer gedenken, die in der neugebildeten Landwehr- und Landsturmbataillone gereiht sind und tagtäglich eingereiht werden, oder die in den Fahrkolonnen, die in den vielen freiwilligen Abteilungen harte und meist ungewohnte Kriegsarbeit verrichten und die von zu Hause nicht mit Liebesgaben bedacht werden. Für über 3 Millionen Mark Liebesgaben sind vom Zentral-Depot aus bislang ins Feld geschickt worden, alles aus freiwilligen Spenden hochherziger Mitbürger beschafft. Das weitere tapfere Ausharren unserer braven Soldaten im Kampf und Not wird den Spendern dort der schönste Lohn sein. Das Zentral-Depot bittet deshalb ebenso herzlich wie dringend um Förderung dieses Liebeswerkes durch Unterstützung seines Wohlfahrts-Postkarten-Verkaufes. Ausgegeben wurde soeben die erste Wohlfahrtsserie „Hindenburg und seine Führer!“ Die prächtig gelungenen, nach ganz neuen Feldaufnahmen hergestellten Karten werden sicherlich allgemeinen Beifall finden. Gezeigt werden: Hindenburg, sein Genaralstabschef Ludendorff, Generaloberst Eichhorn, die Generäle der Infanterie von Below, von Beseler und Litzmann, sowie die Generäle der Artillerie von Scholz und von Gallwitz.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 20. Oktober 1915
Daß bei Ueberschreitung der Höchstpreise auch die Käufer sich strafbar machen, hat die Strafkammer des Landgerichts Bonn entschieden.
Der Bonner Lazarettzug K I hat auf seiner 18. Fahrt in Laon 240 Verwundete geladen und am 14. Oktober in Düren, Euskirchen, Bonn und Brühl ausgeladen. Zurzeit steht er in der Eisenbahnwerkstätte Köln, er wird binnen kurzem wieder ausfahren.
An Liebesgaben sind nach wie vor erwünscht: Zigarren, Zigaretten, Hemden, Pantoffeln, Marmeladen in Blecheimern. Alles ist abzugeben Bahnhofstraße 40. [...]
Die Rheinbadeanstalten sind gestern nach Oberwinter geschleppt worden, wo sie bis zum nächsten Frühjahr im geschützten Hafen bleiben werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Sahneverbot. In der heutigen Nummer unseres Blattes ist die Bekanntmachung abgedruckt, die den Verkauf und die Herstellung von Sahne und die Herstellung von Produkten aus Milch usw. verbietet. Die Verordnung tritt am 25. Oktober in Kraft.
Freiwilliger Hilfsausschuß. Gestern abend versammelte sich im Speisesaal des Bonner Bürger-Vereins der Freiwillige Hilfsausschuß und als Vorsitzender gab Herr Dr. Krantz Bericht über dessen Tätigkeit. Sachen-Annahme und Ausgabe, Verkauf der vaterländischen Abzeichen, Sammlung von ausländischem Geld, Auskunftsstelle über Verwundete, Metall- und Gummisammlung, Verschickung der Liebesgaben, Aufsicht und Bedienung der Verwundeten-Baracke und der Lesehalle für Verwundete – das ist das weite Arbeitsgebiet dieses Ausschusses. Allein das Ergebnis von über 31.000 Mark der Büchsensammlung und des Broschenverkaufs von über 10.000 Mark, davon beinahe die Hälfte Reinverdienst ist, dokumentiert den Erfolg dieser Tätigkeit. Die kommende Aufgabe sollte sein: sammeln und abgeben für den Winterdienst, Decken, Westen, Anzüge für Kriegsinvaliden etc. Ebenso wird gebeten, an der Geschäftsstelle (Diskontobank, Münsterplatz) Konzert- und Theaterkarten für die Verteilung an die Verwundeten abgeben zu wollen. Für Weihnachten möchten Angehörige bedürftiger Kriegsteilnehmer die Feldadresse angeben. Die Bemittelten werden um Geld gebeten, damit die Kriegerfrauen und deren Kinder Weihnachten wieder beschert werden können, und damit eine reichliche Verschickung von Weihnachtspaketen an die Gefangenen in Frankreich und England möglich werde.
Wie der Freiwillige Hilfsausschuß mit den Mitteln, die man ihm zuwendet, überall da helfen will und zu helfen sucht, wo der Krieg Wunden schlägt, so will auch die Volksspende – die nur die früheren, vereinzelten Haussammlungen, nicht aber die Büchsenkollekte auf der Straße und in den Lokalen aufheben soll – überall lindern, wo Linderung nottut. Herr Stadtverordneter Justizrat Mayer berichtete darüber. Gerade die Beteiligung der Armen und Aermsten an dieser Volksspende sei so reichlich, daß mancher Reiche beschämt dastehen müsse. Die Volksspende ergibt monatlich 25.000 Mark, eine Summe, die in Kürze auf 27.000 Mark steigen wird, weil die Zeichnung zu einer Zeit geschah, da sich viele auf Reisen befanden.
Der zweite diätetische Kochkursus, veranstaltet durch den Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe, wurde am Freitag den 15. Oktober abgeschlossen.
Auf Anregung des Ausschusses hatte das Rote Kreuz schon vor einigen Wochen theoretische und praktische Unterrichtsstunden in Krankendiät abgehalten, es konnten aber nur Schwestern vom Roten Kreuz daran teilnehmen. Dieser zweite Kursus, dessen theoretische Leitung auch hier Herr Geheimrat Dr. Höstermann in dankenswertester Weise übernommen hatte, sollte hauptsächlich für Frauen sein, die später gerne in den Etappenlazaretten arbeiten wollten, eine Verpflichtung dazu erwuchs jedoch durch den Besuch des Kursus nicht. Die Haushaltungslehrerin Fräulein Feldmann hatte auch diesmal den Unterrichte in den praktischen Arbeiten übernommen. Mit großem Interesse folgten die Damen den Vorlegungen des Herrn Geheimrats über die Physiologie der Ernährung. Was und wieviel der gesunde Mensch an Eiweiß, Fett und Kohlehydraten täglich bedarf, um leistungsfähig zu bleiben, und was der Kranke haben muß, um wieder zu Kräften zu kommen – alles dieses wurde den Schülerinnen in anschaulicher Weise dargelegt. Ein besonderer Vortrag wurde der Diätetik der Kriegskrankheiten (Typhus, Ruhr, Cholera) gewidmet, hängt doch bei diesen Erkrankungen, wie kaum bei anderen, die ganze Genesung von der richtigen Ernährung ab.
Es war ein Vergnügen, zu beobachten, mit welchem Eifer all die einfachen und feinen Gerichte zubereitet wurden und jede Schülerin bestrebt war, alles so hübsch wie möglich anzurichten, damit in den Kranken die Lust zum Essen geweckt werde.
Hier waren allerdings nur frische, gesunde Menschenkinder, die sich diese guten Krankenspeisen wohlschmecken ließen; sie alle hoffen ihre neuerworbenen oder vervollständigten Kenntnisse bald im Dienste des Vaterlandes anwenden zu können, sei es in den Lazaretten draußen, ober in engerem Kreise in der Heimat.
Es soll demnächst auf vielseitigen Wunsch ein neuer diätetischer Kochkursus zu ganz billigem Preise veranstaltet werden, zur Erwerbung der nötigen Kochkenntnisse für die häusliche Krankenpflege. Auch werden wieder, wie im vergangenen Winter, Kriegskochkurse stattfinden, mit besonderer Berücksichtigung der fettarmen Küche und der Fischverwertung. Der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe hofft auch hier auf rege Beteiligung.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Höchstpreise für Butter. Der Gouverneur der Festung Köln hat auch für den Stadtkreis Bonn den Höchstpreis für Butter auf 2,80 Mark festgesetzt.
Verbot des Fliegenlassens von Tauben. Es wurde nachstehende Verordnung erlassen: „Köln, den 12. Oktober. Um weiteren Schädigungen der Stadt durch Tauben vorzubeugen, wird hiermit das Fliegenlassen der Tauben im Befehlsbereich der Festung Köln bis Ende Oktober verboten; das Verbot tritt am Tage der Veröffentlichung in Kraft. Zuwiderhandlungen werden aufgrund des § 9 des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4.6.1851 bestraft. Der Gouverneur der Festung Köln, gez. v. Zastrow, Generalleutnant.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 21. Oktober 1915
Zum 500jährigen Jubiläum der Hohenzollernherrschaft fällt heute der Unterricht an allen Schulen aus. Es werden nur kurze Schulfeiern abgehalten, die an einigen höheren Schulen gestern bereits stattfanden.
Das Städt. Gymnasium und Realgymnasium beging den Gedenktag der 500jährigen Hohenzollernherrschaft am gestrigen Mittwoch Mittag durch eine würdige Feier, bei der Direktor Dr. Riepmann die Festrede hielt.
Benagelung eines „Hindenburg-Schwertes“
In unserer städtischen Fortbildungsschule entsteht zurzeit ein Wahrzeichen unserer großen Zeit, das Zeugnis ablegt von der Begeisterung und dem Opfermut ihrer Schüler und Schülerinnen. Ein „Hindenburg-Schwert“, zwei Meter lang, von Herrn Schreinermeister Zervas, nach einem von der Schule entworfenen Plane angefertigt und gestiftet, wird mit Nägeln zu 50, 20 und 10 Pf. beschlagen. Die Nagelung vollzieht sich in feierlicher Weise, und beim Einschlagen entringt sich nicht selten der jugendlichen Brust ein „Gott mit uns“, „Deutschland über alles“, oder „Gott strafe England!“ Es sind bereits 300 Mark eingegangen. Das Geld soll dem großen Feldmarschall zur Verfügung gestellt werden. Das Schwert wird aber zum bleibenden Andenken im Festsaal der Schule Aufnahme finden.
Der Bonner Männergesangverein Apollo veranstaltet heute abend 9 Uhr am Kaiser-Wilhelm-Denkmal zum Hohenzollerngedenktage und zum Geburtstag unserer Kaiserin eine vaterländische Feier unter Mitwirkung der Musik-Kapelle des hiesigen Landsturm-Bataillons.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Eintragungen in die Landsturmrolle. Nach einer Bekanntmachung in der heutigen Nummer unseres Blattes werden alle im Stadtkreise Bonn sich aufhaltenden Wehrpflichtigen, die in der Zeit vom 1. Januar 1898 bis einschließlich 31. Oktober 1898 geboren sind und sich bisher noch nicht zur Landsturmrolle angemeldet haben, aufgefordert, sich bis spätestens den 1. November ds. Js. im hiesigen Militärbureau, Rathausgasse 26, zur Eintragung in die Landsturmrolle zu melden. Mitzubringen sind Geburtsschein und sonstige Ausweise.
Die philosophische Fakultät unserer Universität hat Herrn Geheimrat Staender zu seinem 50jährigen Doktorjubiläum das Doktordiplom erneuert. Die Urkunde ist zum erstenmal in deutscher Sprache abgefaßt.
Metallablieferung. Bekanntlich ist die Frist zur freiwilligen Ablieferung der Gegenstände aus Kupfer, Messing und Reinnickel am 16. Oktober abgelaufen. Alle Gegenstände, soweit sie durch § 2 der Verordnung vom 31. Juli ds. Js. betroffen werden und nicht abgeliefert worden sind, sind nunmehr beschlagnahmt und unterliegen der Meldepflicht bis zum 16. November ds. Js. Die Anmeldung hat unter Benutzung des vorgeschriebenen Meldescheins an das Oberbürgermeisteramt zu erfolgen. Die Meldescheine sind auf den Polizei-Kommissariaten unentgeltlich in Empfang zu nehmen. Der Wortlaut der Bekanntmachung wird in unserer Freitagsnummer zum Abdruck gebracht.
Im Liberalen Bürgerverein sprach gestern abend Prof. Dr. F. A. Schmidt über Kriegsbeschädigte und ihre Arbeitsfähigkeit. Redner umschrieb das neu geprägte Wort im Gegensatz zum früheren Kriegsinvaliden, den man in seiner traurigsten Gestalt mit Stelzfuß als Orgelsdreher und Hausierer noch im Gedächtnis habe. Heute sei die ärztliche gewerbliche Fürsorge bestrebt, den Kriegsbeschädigten, wenn nur irgend möglich, wieder seinem Berufe zuzuführen. Dies würde erreicht durch die Kunst in der Herstellung und im Ersatz verloren gegangener Gliedmaßen. Lange Jahre nach dem Kriege werde uns noch die Sorge beschäftigen, was wir mit allen denen anfangen wollten, die mit verstümmelten Gliedern heimkehrten und die wir doch um der Allgemeinheit und mehr noch um der Kriegsbeschädigten willen selbst doch beschäftigen müßten. Die Zahl der Verwundeten, die mit dem Leben davon kämen, sei sehr groß; 75 Prozent würden wieder felddienstfähig. Das verdankten wir dem verbesserten Lazarettwesen, dem hohen Stande der ärztlichen Wissenschaft und besonders den Fortschritten der modernen Chirurgie. Der Hospitalbrand, der früher ganze Lazarette geleert, weder die Leichtverwundeten noch die Pfleger verschont habe, sei heute unbekannt. Die neuzeitliche Wundbehandlung, der neuzeitliche so schonende Transport der Verwundeten, die Fürsorge im Lande gestatteten heutzutage Glieder zu erhalten, die früher verloren gewesen seien. Die Frage sei nun die: Was soll mit den Verstümmelten geschehen? Da müsse das verlorene Glied durch ein neues künstliches ersetzt werden. Und zwar müsse hier der frühere ästhetische Kunstarm dem Arbeitsarme weichen. Der Ersatz für das eingebüßte Glied müsse so vollständig sein, daß der Verstümmelte in der Lage sei, seinen früheren Beruf wieder auszuüben. Der Kriegsbeschädigte müsse in den Stand gesetzt werden, in den eignen Beruf zurückzukehren und darin sich seinen Unterhalt wieder verdienen zu können. Zu hoffen sei, daß der Friedens-Arbeitswille unserer Kriegsbeschädigten ebenso stark sei, wie der Wille zum Siege zum Durchhalten im Kriege gewesen. Aber auch die Arbeitgeber müßten den Kriegsbeschädigten das nötige Entgegenkommen zeigen, Geduld mit ihnen haben und ihnen Arbeitsmöglichkeiten schaffen.
Der Kriegsbeschädigte dürfe nicht zum Almosen- und Rentenempfänger allein herabgedrückt werden; er müsse stark durch eigne Kraft und eignen Verdienst bleiben, ein freier aufrechter Mann, der sich seines Wertes bewußt sei.
Der Vortragende zeigte dann einige künstliche Arbeitsarme, die es dem Verstümmelten ermöglichen, durch geschickt angepaßtes „Werkzeug“ alle möglichen Vorrichtungen und Arbeiten zu erledigen. Da war der künstliche Arm eines Truppenkapellmeisters, mit dem er den Takt schlagen kann; da war ein reiner Arbeitsarm, der hämmern, stoßen, sägen, der Gabel, Löffel und Messer halten konnte. Briefe zeigten, daß auch mit künstlichem Arm oder Hand noch ganz hübsche Schrift möglich ist.
Der Vortragende will in nächster Zeit sein Thema in einem erweiterten Vortrag mit Lichtbildern einem größeren Publikum zugänglich machen.
In der Generalversammlung des Vereins, die dem Vortrage vorausging, erstattete der Geschäftsführer Herr Mützel, den Jahresbericht, der der Kriegszeit entsprechend stille Arbeit und nur ein Fest zur Ehrung des Altreichskanzlers zu dessen hundertsten Geburtstag aufwies. Auch der Schatzmeister, Bankdirektor Weber, sprach von einem Kriegsjahr in der Kassenführung; immerhin konnte er noch eine Einnahme von 1500 Mark nachweisen und einen Mitgliederstand von 761. Der Beirat wurde neugewählt und zum Schluß sprach der Vorsitzende über die diesjährigen Stadtverordneten-Wahlen, die, wie die vorjährigen, auch unter dem Zeichen des Burgfriedens gehalten werden sollen. Zur Kandidatenfrage wird einen Versammlung in der nächsten Woche Stellung nehmen.
Der B. M.-G.-Verein „Apollo“ veranstaltet heute Donnerstag abends 9 Uhr am Kaiser Wilhelm-Denkmal aus Anlaß des Hohenzollern-Gedenktages und des Geburtstages der Kaiserin eine patriotische Feier unter Mitwirkung der hiesigen Landsturm-Kapelle.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kaiserinspende. Am Freitag, den 22. Oktober, zum Geburtstage der Kaiserin, findet die Sammlung von eingekochtem Obst (Gelees, Marmelade, Mus) und Fruchtsäften statt. Diese „Kaiserinspende“ soll den Truppen im Felde und in den Lazaretten zugeführt werden. Annahmestellen sind: Lese, Diskontobank und Oberbergamt, Zimmer 43, 8 Uhr früh bis 8 Uhr abends.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 22. Oktober 1915
Die Klostermannschen Anstalten begingen die 500-jährige Jubelfeier des Hohenzollernhauses am Festtag morgens um 10 Uhr in der Aula. In vaterländischen Liedern und Gedichten wurde die Belehnung des Burggrafen Friedrich von Hohenzollern mit der Mark Brandenburg, seines Einzugs in die Mark, des allmählichen Emporblühens des brandenburgisch-preußischen Staates unter den Hohenzollern gedacht. Darauf hielt Herr Oberlehrer Dr. Möller die Festrede. In warmen Worten entwickelte er das Emporringen der kleinen Mark Brandenburg unter Führung der Hohenzollern zur Weltmacht des Deutschen Reiches. Er pries die Liebe der Hohenzollern zu ihrem Volke, die Treue und Dankbarkeit des Volkes zu seinen Herrschern. Jubelnd und voll Dank würden wir diesen Tag in Friedenszeiten begangen haben. Mit tiefem Ernst, so schloß der Redner, aber nicht geringer Zuversicht feiern wir ihn in jetziger schwerer Zeit, die uns wieder zeigt, daß die Hohenzollern und ihr Volk unlöslich miteinander verbunden sind in Kampfesstürmen und in Friedensarbeit. In einem begeisterten Hoch auf unseren Kaiser klang die Feier aus.
Poppelsdorfer Frauen-Verein. Am 20. Oktober fand die Hauptversammlung des Poppelsdorfer Frauen-Vereins statt. Frau A. Zuntz erstattete den Jahresbericht. Der Verein bemühte sich nach Kräften, die Not der Armen und Kranken zu lindern. An Unterstützungen wurden verteilt: 2069 Liter Milch, 785 Zentner Kohlen, 866 Brote, 4450 Pfund Kartoffeln, 12 Decken, 45 Bettücher, 5 Jacken, 20 Hemden, 20 Pakete Kinderzeug. Es wurden 260 Tage Wochenpflege geleistet, 450 Mittagessen in den Häusern der Vereinsdamen ausgegeben. Den Kassierern, Herrn Goldschmidt und Frau Rat Sonntag, wurde Entlastung erteilt. Von dem Vermächtnis von Frau Kommerzienrat Soennecken von 3000 Mark wurden 2000 Mark in die dritte Kriegsanleihe angelegt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Im Bonner Wehrbund fand am Samstag eine Abendübung statt. Eine Abteilung hatte den Kreuzberg besetzt, der von einer anderen Abteilung genommen werden sollte. Jeder Führer hatte seine Maßnahmen mit Umsicht getroffen. Vom Verteidiger waren alle Zugänge besetzt worden und die auf Posten stehende Jungmannschaft paßte auf, als ob es sich um einen Ernstfall handele. Der Angreifer hatte einen Scheinangriff angeordnet, der aber zu spät zur Ausführung kam, sodaß die Absicht mißlang, den Gegner zu veranlassen, zur Abwehr hier seine Kräfte einzusetzen. Der Hauptangriff wurde rechtzeitig durch die aufgestellten Posten gemeldet und konnte abgeschlagen werden. Nach Beendigung de Uebung zogen die Abteilungen zur Stadt und führten auf dem Kaiserplatz eine strammen Parademarsch aus. Die nächste Uebung findet am 31. Oktober statt.
Vorsicht beim Fettauslassen! Da jetzt in zahlreichen Familien Fett ausgelassen wird, so dürfte es man Platze sein, auf einen bedauerlichen Unfall hinzuweisen, von dem eine junge Frau aus Köln betroffen worden ist. Sie hatte einen Kessel mit Fett ausgelassen und schüttete die glühende Flüssigkeit in einen Topf, in dem sich bereits erkaltetes Fett befand. Im gleichen Augenblick erfolgte ein explosionsartiger Knall, der Topf sprang entzwei und das heiße Fett spritze hoch empor. Das ganze Gesicht und die Hände der Frau wurden mit Brandwunden bedeckt, und nur dem Umstand, daß sie eine Brille trug, ist es zu verdanken, daß die Augen unverletzt blieben. Der verletzten Frau wurde vom Arzt ein Notverband angelegt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Butterstreckung. In mehreren Blättern wird ein praktisches Rezept zur Butterstreckung angegeben, wodurch ein Pfund gut schmackhafte Sparbutter auf 90 Pfg. zu stehen kommt. Wir wollen dieses Rezept unseren Hausfrauen nicht vorenthalten: „Man lasse 250 Gramm Naturbutter aus und verrühre darin 140 Gramm Weizenmehl oder Kartoffelmehl, ohne zu bräunen. Zu dieser Mischung geben man ¾ Liter der 750 Gramm ungekochter Vollmilch und lasse das Ganze unter stetem Durchrühren gut durchkochen, damit das Mehl gar wird. Ach dem Kochen füge man ein geschlagenes Ei und 20 bis 30 Gramm Salz nach Geschmack bei und rühre bis zum vollständigen Erkalten. [...]
Die Heyermannschen Bildungsanstalten begingen gestern das 500jährige Regentenjubiläum unserer Hohenzollern in recht erhebender Gedenkfeier. In den unteren Klassen würdigte Frl. Lenders das Mitwirken unserer Fürsten in dem Verständnis der Kleinen angepaßter Form. Eingehender stellte Rektor Zander in der Mädchen-Mittelschule die Verdienste der Hohenzollern dar und zeigte, wie sie Deutschlands kraftvolle Wehrmacht geschmiedet, ein großes herrliches Reich aus kleinen Anfängen geschaffen, wie sie des Volkes Geistesbildung gefördert und bei der Sorge um des Volkes Wohlfahrt vor allem der niedern Stände gedachten und endlich, wie sie ihre Tätigkeit allezeit unter den Schutz des Allerhöchsten gestellt haben. Fräulein Schmees ließ bei der Feier der oberen Klassen des Lyzeums und des Seminars die hervorragenden Denkmäler der preußischen Geschichte erzählen von den Großtaten unserer Regenten und gedachte am Schlusse des schönsten Denkmals, der liebenden Erinnerung an Kaiser und Heer beim furchtbaren Ringen im heutigen Völkerkampfe. Alle Vorträge und Lieder der Schülerinnen standen gleichfalls unter dem Eindruck der großen Zeit und waren unter Meister Krakamps Leitung von ergreifender Wirkung. Als Frau Direktor E. Heyermann alle Liebe und Verehrung zum Hohenzollernhause auf die Person unseres gegenwärtig glorreich regierenden Kaiser Wilhelm II vereinte und die Blicke der begeisterten Schülerinnen hinlenkte zum großen Hauptquartier, da klang das Kaiserhoch so vertrauensvoll und lebenswarm, wie wohl niemals bei ähnlichen Festen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 23. Oktober 1915
Zwei fleischlose Tage in der Woche. Wie uns aus Berlin berichtet wird, wird der Bundesrat am heutigen Samstag eine neue Verordnung über die Einschränkung des Fleischverbrauchs und des Fleischverkaufs erlassen. Die Verordnung wird folgendes bestimmen: An zwei Tagend der Woche wird die gewerbsmäßige Verabfolgung von Fleisch und Fleischwaren aller Art sowie aller Speisen, die ganz oder teilweise aus Fleisch hergestellt sind, verboten. Das verbot erstreckt sich demnach nicht nur auf Gastwirtschaften, sondern auch auf Fleisch- und Wurstgeschäfte, Delikatessenhandlungen, Gasthöfe usw. An diesen Tagen dürfen Fleisch, Fleischwaren und Fleischspeisen auch in Schaufenstern öffentlich nicht ausgestellt werden. An zwei weiteren Tagen in jeder Woche darf in Gast- und Speisewirtschaften mit Fett gebackenes, gesottenes oder geschmortes Fleisch nicht verabfolgt werden. An einem weiteren Tag st der Verkauf von Schweinefleisch unersagt. Als Fleisch in der Verordnung gelten: Rind-, Kalb-, Schaf-, Schweine- und Hühnerfleisch; als Fleischwaren: Wurst aller Art und Speck; als Fette: Butter und Butterschmalz, Kunstspeisefett, Rind- und Schweinfett. Polizei und Sachverständigenkommissionen erhalten, wie bei ähnlichen früheren Verordnungen, weitgehende Rechte, in die Verkaufs- und Herstellungsräume einzudringen, Kontrollen auszuüben usw. Für Uebertretungen sind hohe Strafen vorgesehen. – Mit der Regelung der Fleischpreise wird sich der Bundesrat nächste Woche beschäftigen.
Versammlungen von Ausländern werden durch eine Verordnung des Gouverneurs der Festung Köln verboten
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen Ueberschreitung der Höchstpreise für Mehl hatte sich ein Bäckermeister von hier gestern vor dem Schöffengericht zu verantworten. Er hatte für das Pfund Mehl 35 Pfg. verlangt, während der Höchstpreis auf 30 Pfg. bestimmt war. Vor Gericht entschuldigte er sich, er sein krank und nur zufällig im Geschäft gewesen, um das er sich im übrigen nicht gekümmert habe. Das Urteil lautete wegen fahrlässiger Uebertretung der Verordnung auf 20 Mark Geldstrafe. Wenn eine vorsätzliche Uebertretung nachgewiesen worden wäre, würde unbedingt auf eine Gefängnisstrafe anerkannt worden sein.
Um eine Fahne hatten sich mehrere Kinder in der Maargasse gezankt. Drei Jungen hatten sie einem vierten beim Spielen weggenommen. Das bemerkte dessen Mutter, eilte auf die Straße, nahm dem Jungen die Fahne ab und versetzte ihm mit dem Stock ein paar Schläge. Darüber erbost sich die Mutter des Geschlagenen. Sie eilte auf die Straße hinab und misshandelte ihe Gegnerin, indem sie sie beim Halse faßte, in erheblicher Weise. Das Schöffengericht verurteilte sie gestern dafür zu einer Geldstrafe von 20 Mark, während ihre Gegenerin mit 15 Mark davonkam.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Hohenzollernfeier. Man schreibt uns: „Die Donnerstag abend von der Bonner M.-G.-V. „Apollo“ am Kaiser Wilhelm-Denkmal veranstaltete Hohenzollern- und Kaiserin-Geburtstagsfeier verlief in würdevoller Weise. Die Landsturm-Kapelle unter Leitung ihres Kapellmeisters Herrn Johnen eröffnete die Feier mit dem Marsch aus „Tannhäuser“. Hierauf sang der Chor, ca. 70 Sänger stark, unter Direktion des Herrn Eschweiler „Heil Kaiser und Reich“ von Rehbert. In Vertretung des dienstlich verhinderten Präsidenten Herrn Hauptmann Dr. Kaufmann schilderte Herr Chefarzt Sanitätsrat Prof. Dr. F. A. Schmidt den Werdegang der Hohenzollern, beleuchtete die ganzen Erfolge der nachherigen Fürsten, welche das Königreich Preußen und später das Deutsche Reich gründeten und zur vollen Blüte brachten. Die kernige Rede leitete zum Schluß auf unser jetziges Kaiserpaar über und klang aus in einem dreifachen Hoch auf dasselbe, das bei der vieltausendköpfigen Menge begeistert aufgenommen wurde. Mit dem nun folgenden Chor „Mein Vaterland“ von Brambach, der mit seiner Kraft und Wucht gerade in der heutigen Zeit so recht die Herzen für die Treue zum deutschen Vaterland zu entflammen weiß, legte der Verein alle Ehre ein. Ebenfalls die schlichten Volkslieder „Mädchen, wenn ich von dir ziehe“ und „Es geht bei gedämpftem Trommelklang“ gefielen sehr. Ein patriotisches Potpourri der Landsturm-Kapelle beschloß die Veranstaltung. Der Kapelle gebührt besondere Anerkennung für ihre Leistungen, die den Wunsch berechtigen, sie öfters in die Oeffentlichkeit treten zu sehen. Dem „Apollo“ und seiner Leitung gebührt besonderer Dank, daß er es verstanden hat, trotz seiner vielen im Felde stehenden Sänger, eine solche schöne Feier zu veranstalten.“
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 24. Oktober 1915
Kaiserin-Geburtstagsfeier des Vaterländischen Frauenvereins. Der Anregung des Vaterländischen Frauenvereins Stadtkreis Bonn folgend, hatte sich Freitag abend eine große Anzahl Bonner Frauen in der Lese zusammengefunden, um in Liebe und Ehrfurcht des Geburtstages der Kaiserin zu gedenken. Eine besondere Weihe erhielt die Feier durch die Anwesenheit der Ehrenvorsitzenden des Vereins, der Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe. Frau Berghauptmann Krümmer hielt die Festrede, anknüpfend an den Wahlspruch der Kaiserin: „In dem Kampf der Männer um die Heimaterde sollten die Frauen das Edelste hineintragen: Glaube, Barmherzigkeit, Reinheit!“ Sie forderte in warmen und ergreifenden Worten die Anwesenden auf, nach dem hohen Beispiel der geliebten Landesmutter sich auch weiterhin als echte deutsche Frauen in treuer Liebesarbeit zu betätigen. Musikalische Vorträge und Deklamationen patriotischen Inhalts folgten und halfen den Abend zu verschönern.
Auch der Aufruf des Vaterländischen Frauenvereins, Marmelade für die Truppen im Felde und die Lazarette hatte einen schönen Erfolg: es sind im ganzen 2575 Kilogramm Gelees. Marmelade usw. und 470 Liter Fruchtsaft eingeliefert worden. Allen Gebern herzlichen Dank.
Kino-Varieté im Palast-Theater. Das neue Programm bringt als Hauptfilm den Fünf-Akter „Das Geheimnis des Zirkus Barnum“ und im Varietéteil vor allem die Darbietungen des Hofzauberkünstlers Alfred Uferini sowie von Schichtels Marionettentheater.
Im Viktoria-Theater werden zurzeit u. a. der Wildwestfilm „Im brennenden Zuge“ und das Detektivdrama „Der Schandfleck“ vorgeführt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Beförderung von Liebesgaben an deutsche Kriegs- und Zivilgefangene in England und an britische Kriegs- und Zivilgefangene in Deutschland durch die Eisenbahn. Das Gewicht der einzelnen Sendung muß mindestens 5 Kilogramm betragen. Bezüglich des Höchstgewichts besteht keine Beschränkung. Es ist daher zulässig, daß die Sendungen, beispielsweise von einer Speditionsfirma oder einer Vereinigung gesammelt und in großen Kisten, Säcken u. dergl. ohne Rücksicht auf Zollpflichtigkeit zusammengepackt ausgeliefert werden. Derartige Sammelsendungen sind aber nur zulässig, wenn die Sendungen nach ein und demselben Gefangenenlager befördert werden sollen, und der Empfänger, dessen Adresse genau angegeben sein muß, nach der Erklärung des Absenders im Frachtbriefe in der Lage ist, die Unterverteilung vorzunehmen. Sendungen, die für mehrere Gefangenenlager bestimmt sind, dürfen unter keinen Umständen zusammengepackt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Volkshochschulkurse. Herr Privatdozent Dr. Bombe wird seine Vorlesungsreihe über „Die Kunstschätze Belgiens“ Montag den 25 Oktober, abends 9 Uhr in der Aula des Städt. Gymnasiums eröffnen. Er wird in zahlreichen Lichtbildern die schönsten Bau- und Kunstdenkmäler von Lüttich. Löwen, Brüssel, Ypern usw. vorführen, im weiteren Verlauf von vlämischer und wallonischer Art und Kunst sprechen und die bildende Kunst Belgiens seit Anfang des 15. Jahrhunderts bis zur zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts einschließlich Rubens und seiner Nachfolger zur Darstellung bringen. Der Eintrittspreis für die Vorlesungen ist so niedrig bemessen, daß auch minderbemittelte Personen die Vorlesung besuchen können. Alles weitere besagt das in unserer heutigen Nummer enthaltene Inserat.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 25. Oktober 1915
Das Jubiläum der 500jährigen Hohenzollernherrschaft wurde gestern in den Kirchen mit Festgottesdiensten gefeiert. Samstag abend sowie gestern vormittag zu Beginn und am Schluß der Gottesdienste ertönte von den Kirchtürmen festliches Geläut mit allen Glocken. Die evangelische Kirche am Kaiserplatz, die Münsterkirche und die altkatholische Kirche, in denen die Haupt-Festgottesdienste stattfanden, waren mit Pflanzen, Flaggentüchern in den deutschen und preußischen Farben und den Fahnen der Krieger- und Militärvereine geschmückt. (Einige der dem Kreis-Krieger-Verband angeschlossenen Vereine hatten Samstag auch schon am Festgottesdienst in der Synagoge teilgenommen.) An den Festgottesdiensten, die sämtlich außerordentlich zahlreich besucht waren, nahmen auch die Verwundeten aus den hiesigen Lazaretten teil. Ein besonderer Festgottesdienst für die evangelischen Heeresangehörigen fand außerdem noch in der Schloßkirche statt.
E. M. Arndt in Eisen. Wie bereits mitgeteilt, beabsichtigt man in Bonn zum Mittelpunkt des Kriegswahrzeichens die Erinnerung an E. M. Arndt zu machen. Die Vorarbeiten schreiten fort. Namhafte Künstler sind bereits zur Mitteilung von Entwürfen gewonnen worden. Die Einreichung weiterer Skizzen, Ideen und Entwürfe seitens anderer Künstler, Bildhauer und Architekten ist erwünscht und werden Anfragen unter der Adresse „E. M. Arndt in Eisen“, Bonn, Rathaus, erbeten. Unser Mitbürger, Herr Kommerzienrat Soennecken, hat in liebenswürdiger Weise sich bereit erklärt, das Bonner Kriegsmal zu stiften. Wir begrüßen mit herzlichem Dank die vaterländische Tat unseres hochgeschätzten Mitbürgers.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der trockene Herbst ist den Landwirten gerade in diesem Jahre sehr von Vorteil. Nicht allein, daß die Herbstbestellung ohne Unterbrechung von statten gehen kann, sondern insbesondere spart der Landmann an Zugkräften, und gerade damit muß er ja in der Kriegszeit, wo ihm das beste Material genommen ist, rechnen. Bei der jetzt im vollen Gange befindlichen Rübenernte kann die Abfuhr der Rüben bequem mit einem Pferde gemacht werden, während in nassen Jahren oft drei Pferde Last haben, eine Fuhre von dem Acker zu schaffen. Welch ein Vorteil darin liegt, ist klar zu ersehen. Der Mangel an Zugtieren macht sich nicht so geltend, die Felder werden nicht kaputt gefahren, die später ein schwierigeres Umarbeiten zur Folge hätten und der Verschleiß an Gerätschaften ist bei weitem geringer. Gerade dieser Umstand darf nicht außer Betracht gelassen werden, da auch die nötigen Handwerker nicht mehr so leicht zur Verfügung stehen, wie in Friedenszeiten.
Das Grünfutter ist in der Landwirtschaft in den letzten Wochen äußerst knapp geworden und sein Ausfall macht sich in unerfreulicher Weise in den Viehställen durch ein minder gutes Milchergebnis bemerkbar. Alter Klee ist zum zweitenmal nur an wenigen Stellen schnittreif geworden und der junge Stoppelklee ist einstweilen noch zu weich und auch zu schade zum Mähen. In andern Jahren freuten sich die Landleute, daß sie zur jetzigen Jahreszeit das Milchvieh vollauf mit kleinen Rüben, Laub und Rübenköpfen füttern konnten, und gerade um die jetzige Zeit erzielten sie die meiste und fettreichste Milch. In diesem Jahre sind die kleineren Landwirte wegen des Ausfalles an Zuckerrüben mit der Grünfütterung einzig auf die Runkeln angewiesen, da die Wasserrüben meist nur spärlich gehalten haben. Was die Grummeternte anbelangt, so ist über deren Erträge nur von wenigen Stellen Erfreuliches zu melden. Wiesen und Hänge sind selbst in guten Lagen nur zweimal gemäht worden. Bisher ist das Gras aber nirgendwo soweit wieder nachgewachsen, daß sich ein Grummetschnitt lohnt. Größere Grasflächen werden darum als Weide für Ziegen und Rindvieh ausgenutzt oder aber an den besseren Stellen mühsam mit der Sichel abgegrast.
Zur Kartoffelfrage. Aus unserem Leserkreise erhalten wir folgende Zuschrift: Im Stadtgebiet von Bonn kann man jetzt täglich Kartoffelbauern aus der näheren und weiteren Umgegend von Bonn mit schweren mit Kartoffeln beladenen Karren beobachten, die von Bonner Bürgern und Bürgerinnen um Lieferung von Kartoffeln bestürmt werden. Es ist dies seitens unserer Bürgerschaft ein großer Fehler. Von Straße zu Straße schlagen diese Kartoffelbauern mit ihrem Preise auf, und wenn man einen Einwand wegen des hohen Preises macht, erhält man meist unwillige, wenn nicht gerade flegelhafte Antworten. Wir möchten unsere Bürgerschaft dringend davor warnen, ihr Verfahren mit den Angstkäufen fortzusetzen, das die in Bonn umherziehenden Kartoffelbauern nur übermütig macht. Aeußerungen wie „Wenn Ihr keine 4,50 oder 4,80 Mark zahlen wollte, dann geben wir die Kartoffeln lieber dem Vieh zu fressen“ usw. und ferner „Ihr braucht meine Kartoffeln nicht zu kaufen, mir sind bereits die Kartoffeln bestellt, die ich noch in der Erde habe“ sind nur auf die Angstkäufe vieler Bürger zurückzuführen, die ganz kopflos jeden Preis zahlen, der ihnen abgefordert wird.
Wir haben überaus reiche Kartoffelernte, und es ist die Möglichkeit geboten, sie zu einem erntemäßigen Preise zu erhalten, sofern man die kopflosen Einkäufe unterläßt und kaltes Blut bewahrt. Wir sind überzeugt, daß unser Oberbürgermeisteramt und das Bonner Landratsamt den geradezu zur Scheußlichkeit ausgearteten Kartoffelwucher im Interesse des Volkswohls einzudämmen wissen werden. Deshalb warte man mit den Kartoffeleinkäufen, bis die Frage auch in Bonn obrigkeitlich geregelt ist. Diese Regelung kann ja nicht mehr lange verzögert werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 22. Okt. Am Samstag den 6. November, abends 7½ Uhr findet im städtischen Kurparksaal zu Godesberg ein Wohltätigkeitsfest statt zum Besten hilfsbedürftiger Kriegswitwen und Waisen. Mitwirkende sind Damen der Bonner und Godesberger Gesellschaft, Soldaten des Sanatoriums Godeshöhe. Für Bonn stehen nach der Vorstellung um ½11 Uhr die Elektrische Bahn, um 10,47 Uhr die Staatsbahn zur Verfügung. Der Vorverkauf findet statt: für Bonn in der Zigarrenhandlung Ewald Mohr, Kaiserplatz 20, Telephon Nr. 2505, für Godesberg in der Buchhandlung Rudolf Jung, Bahnhofstraße 20. Da der Vorverkauf schon sehr rege ist, bittet man sich rechtzeitig Plätze zu sichern. Die billigen Eintrittsgelder, 1. Platz 1,50 Mk., 2. Platz 1,- Mk. ermöglichen jedem dem guten Werke beizustehen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Von Nah und Fern“)
Dienstag, 26. Oktober 1915
Hilfe für das bulgarische Rote Kreuz. Nachdem sich Bulgarien für die Mittelmächte und ihre gerechte Sache entschieden hat, ist unter dem Ehrenvorsitz des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg und unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Dr. Solf ein deutscher Hilfsausschuß für das Rote Kreuz in Bulgarien gebildet worden, der Sammlungen in größerem Stile für das bulgarische Rote Kreuz veranstaltet. In der Nachbarstadt Köln ist bereits mit großem Erfolge eine Sammlung in die Wege geleitet. Es darf erwartet werden, daß auch die Bonner Bürgerschaft nach Kräften dazu beitragen wird, die Verwundeten und Kranken im bulgarischen Kriege an dem Liebeswerk des Roten Kreuzes teilnehmen zu lassen. Zur Entgegennahme von Beiträgen ist die Regierungshauptkasse in Köln bereit.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Beträchtliche Ermäßigung der Brennspirituspreise. Die bereits angekündigte Herabsetzung der Brennspirituspreise, die umso erwünschter kommt, als der Brennspiritus in großem Umfange zu Ersatz von Petroleum herangezogen werden wird, tritt zum großen Teil schon heute in Kraft. Der neue Preis beträgt bekanntlich 45 Pfg. statt bisher 60 Pfg. für eine Literflasche zu 95 Prozent, und 42 Pfg. statt bisher 57 Pfg. für eine Literflasche zu 90 Prozent. Nur die etwa aus früheren Einkäufen noch vorhandenen Restbestände dürfen noch zu den alten Preisen verkauft werden. Die Käufer werden, um sich vor Schädigungen zu schützen, gut tun, die auf den Verschlußkapseln der Flaschen aufgedruckten Preise zu beachten. Vom 10. November 1915 an ist keinerlei Ueberschreitung der ermäßigten Preise mehr zulässig.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Godesberg, 25. Okt. Als eine segensreiche zeitgemäße Volkswohlfahrtseinrichtung hat sich das auf Anregung des Herrn Bürgermeisters Zander und des Herrn Professors Dr. Wendelstadt von unserer Gemeindeverwaltung gegründete „alkoholfreie Speisehaus“ entwickelt, das an Personen jeden Standes ein bürgerliches und auskömmliches Mittagessen für nur sechzig Pfennig verabfolgt, bestehend aus Suppe, Gemüsekost und Fleisch. Die leerstehenden unteren Räume des ehemaligen Hüttenrauch’schen Hotels sind zu diesem Zwecke von unserer Gemeindeverwaltung gemietet und hergerichtet worden. Von Mitgliedern des Frauenvereins wird das Ganze musterhaft verwaltet. Ein Abendessen ist sogar schon für vierzig Pfennig dort erhältlich. Es ist begreiflich, daß von dieser bequemen Verköstigungseinrichtung recht ausgiebig Gebrauch gemacht wird, namentlich von alleinstehenden Personen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und Fern.“)
Ueberflüssige Verteuerung der Lebensmittel auf dem Wochenmarkt.
Warum ist es hier in Bonn gestattet, daß die Zwischenhändler täglich vor, bei und während des Marktes alles ihnen genehme Obst, Gemüse, Butter, Eier und anderes rücksichtslos wegkaufen dürfen? Während in anderen Städten eine Polizeiverordnung vorschreibt, daß kein Zwischenhändler vor 10 oder 11 Uhr das Geringste aufkaufen darf und bei Uebertretungsfall streng bestraft wird. Der Stiftsplatz ist doch für zwei Tage in der Woche zum Einkauf für Obst und Gemüse dem Großhandel freigegeben. Es ist unerhört wie an den gewöhnlichen Wochenmarkttagen durch diesen unnötigen Zwischenkauf die Lebensmittelpreise künstlich in die Höhe geschraubt werden. Man kann es wohl verstehen, wenn sich gerade jetzt bei der Winterversorgung eine gerechte Empörung unter den Hausfrauen bemerkbar macht. Immer wieder kann man von dieser Seite den Ausspruch hören: „Was zu viel ist, ist zu viel, man zahlt ja gern der Kriegslage gemäß einen höheren Preis, aber Wucherpreise hat man doch nicht nötig zu bezahlen. Brot und Mehl ist knapp, Fleisch zu teuer, Fett kaum zu erstehen, wenn man nun noch Phantasiepreise zahlen muß, dann weiß man wirklich nicht mehr, was man kochen, noch essen soll. Es ist tatsächlich recht betrübend all die gerechten Klagen mit anzuhören. Wenn man dem gegenüber das hartherzige Gebaren der Händler betrachtet, die den Bauersleuten schon bis an den Bahnhof entgegen gehen, dort und unterwegs Butter, Eier, Geflügel, feinstes Obst und Gemüse wegkaufen, und noch nicht einmal zum Markt kommen lassen, so ergreift Einen eine stille Wut über diese häßliche Gebaren. Kommt einmal eine Bauersfrau mit diesen vorerwähnten Sachen bis an den Marktplatz, so wird sie schon von weitem erspäht, von einer Scharr Händler resp. Händlerinnen angehalten, und alles im Nu weggekauft, damit ja keine Hausfrau aus erster Hand kaufen kann. Butter und Eier sieht man deshalb fast gar nicht mehr auf dem Markt zum Verkauf ausgestellt.
Leider sind die wohlhabenden Hausfrauen zum großen Teil mit Schuld an der allgemeinen Verteuerung. Diese bezahlen jeden geforderten Preis, und kaufen fortwährend große Vorräte für den Winter ein. Kein Wunder, wenn sich die Verkäufer dies zu Nutzen machen. Für die weniger Bemittelten ist die Führung des Haushaltes jetzt schwer. Anders wäre es, wenn die Wohlhabenden gerade jetzt einmal aufhörten große Vorräte aufzustapeln, dann müßten auch die Preise heruntergehen. Der Reiche kann ja zu jeder Zeit einkaufen. Das wäre eine wahrhaft soziale Tat. Noch vor kurzem hörte ich im Kurgarten eines bekannten Badeortes zu, wie eine Anzahl Damen sich gegenseitig erzählten, daß sie für den Winter eine Masse Butter einschmelzten, und Eier sogar bis tausend Stück einlegten, dann hätten sie sich mit großen Vorräten an Dauerwaren, wie Schinken, Speck, Rauchfleisch, Wurst und Schmalz versehen und viele, viele Zentner Aepfel bestellt und da dachte ich bei mir: „aha, jetzt weiß ich wer die Hauptschuld an der Preissteigerung trägt! Das sind die ganz Reichen, die viel zu viel vorsorgen und die vierte Bitte des Vaterunsers, welche heißt: „Unser täglich Brot gib uns heute“, und nicht heißt: „Für morgen und übermorgen“, nicht beobachten, und dadurch dem Armen das heutige gegebene Brot recht knapp und unzureichend gestalten.
Wenn nun die Stadtverwaltung eine wie Oben erwähnte Verordnung erläßt, und die Reichen aufhören werden in Massen einzukaufen, dann wird auch trotz der schwerbedrängten Kriegszeit ein normaler Zustand auf dem Lebensmittelmarkt entstehen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Mittwoch, 27. Oktober 1915
Die Benagelung des Eisernen Kreuzes in der Wirtschaft Hombach, Roonstraße 22, hat weitere 99,55 Mark eingebracht, die an den Hilfsausschuß für Truppen abgeführt worden sind. Im ganzen hat die Benagelung bisher 189 Mark ergeben.
Volkshochschulkurse. Herr Professor Dr. Becker, der bekannte Islamforscher, wird Donnerstag abend 9 Uhr in der Aula des Städtischen Gymnasiums seine fünfstündige Vorlesungsreihe über „Die Religion des Islam“ eröffnen. Herr Professor Becker wird u. a. über Mohammed und den Koran, über das islamische Recht, über Mystik und Zauberwesen sprechen und zum Schluß den Islam als Gegenwartsproblem erörtern. Bei der engen Verbindung, in welche wir durch den Weltkrieg neuerdings zur Türkei getreten sind und die voraussichtlich im Frieden noch weit enger sich gestalten wird, dürfte eine eingehende Kenntnis dieses Themas, wie sie Herr Professor Becker uns vermitteln wird, sicherlich jedermann willkommen sein. (...)
Die Darbietungen des Ausschusses für Volkshochschulkurse wurden am Montag den 25. Oktober in der Aula des Städtischen Gymnasiums eröffnet. Herr Privatdozent Dr. Walter Bombe von der hiesigen Universität sprach über die Kunstschätze Belgiens und gab an Hand vieler prächtiger Lichtbilder zunächst einen Ueberblick über die Monumentalbauten der flandrischen Provinzen. Von dem Kunstsinn, der Prachtliebe und dem Reichtum der alten Handelsstätten des Landes zeugen die monumentalen Kirchen und Rathäuser mit ihren Türmen, die Hallen, die Belfriede, die Paläste der Zünfte und zahlreiche Bürgerhäuser. Wenn auch in der Zeit der großen Revolution von den Franzosen unendlich viel Kunstgut aus reiner Zerstörungslust vernichtet worden ist und vorher die Bilderstürmer und spanische Soldaten namentlich in den Kirchen übel gehaust haben, so hat doch vieles den Stürmen der Zeit getrotzt und bildet den köstlichsten Kunstgenuß für den Besucher der reichgesegneten Länder. Die Kunstdenkmäler von Lüttich, Löwen, Brügge, Gent, Brüssel, Antwerpen und Ypern wurden in ihrer Eigenart gewürdigt und in fesselnder Weise geschildert. Dabei gedachte der Redner auch der Vorwürfe, die gegen unsere Kriegführung in Belgien und Nordfrankreich erhoben wurden, und wies sie zurück. Unsere Heeresleitung ist, wie die amtlichen Feststellungen ergeben haben, immer darauf bedacht gewesen, überflüssige Zerstörungen zu vermeiden. Leichtfertig und ohne schwerwiegende militärische Gründe ist noch kein Kunstwerk von deutschen Soldaten vernichtet worden. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Dreierlei Kartoffelpreise in einer Straße. Aus unserem Leserkreise erhalten wir folgende Mitteilung: „Ein Kartoffelbauer aus Endenich verkaufte gestern in einer Straße nahe dem Hauptbahnhof sogenannte Industriekartoffeln zu folgenden Preisen: Eine Familie erhielt auf eine frühere Bestellung hin die Kartoffeln zu 3,50 Mk. den Zentner, andere Anwohner zu 4 Mk. und die restierenden acht Zentner, die die Frau noch auf dem Wagen hatte, bot sie gleichfalls in der Straße zu 4,00 Mk. an. Letzterer Kauf kam aber nicht zustande, da sich inzwischen andere Kauflustige eingefunden hatten, die 4,50 Mk. boten und so den Zuschlag erhielten. Wenn die Bonner Bürgerschaft sich selbst gegenseitig im Preise überbietet, kann man es den Landwirten wirklich nicht verübeln, wenn sie nur zum „Höchstpreise“ verkaufen. Nicht nur die Verkäufer sind also schuld an den Preisen, sondern auch die Konsumenten, die den Kartoffelbauern die großen Rosinen in den Kopf setzen.“
Braune Sammelfässer. Die von Herrn A. Meininghaus, Kaufmannstraße, ins Werk gesetzte Sammlung erbrachte an Bargeld M. 2416,17, an Zigarren 10.493 Stück, an Zigaretten 11.733 Stück. Gekauft wurden 47.800 Zigarren, 14.400 Zigaretten, so daß zusammen 58.293 Zigarren, 26.133 Zigaretten, über 100 Pfund Tabak, 60 Paar wollene Handschuhe und noch eine Menge notwendiger nützlicher Sachen abgeliefert werden konnten. – Der obige Betrag bestand in der Hauptsache aus Kupfer- und Nickelgeld; Silbergeld war wenig vorhanden. Die höchste Gabe, ein 20 Mark-Schein, wurde im Sammelfaß auf dem Kaiserplatz von einer Dame gestiftet. Es haben sich also die kleineren und kleinsten Leute in der Ueberzahl bei der Sammlung betätigt. Die Sammlung ist nunmehr geschlossen.
Wehrbund. Es wird uns geschrieben: Die achte Abteilung des Bonner Wehrbundes, die aus Schülern des Königl. Gymnasiums besteht, zog am vergangenen Samstag hinaus zu einer Geländeübung, bei der es sich um die Erstürmung des Dorf Röttgen handelte. Die Hälfte der Abteilung besetzte das Dorf, sicherte es durch Postenaufstellung und harrte erwartungsvoll auf den Feind, der vergeblich versuchte, die Aufmerksamkeit des Verteidigers durch einen Scheinangriff abzulenken. Unterdessen marschierte die feindliche Hauptabteilung in ständiger Deckung auf einsamen Pfaden durch die herbstlichen Waldungen des Brüserberges bis in die Gegend des Alfterhofes. Nachdem der Angreifer hier eine ungedeckte Strecke in truppenweisem Vorgehen ungesehen überwunden hatte, gelangte er, eine Falte des Geländes benutzend, auf 300 Meter an den Ort Röttgen heran und drang im Sturm mit donnerndem Hurra in das Dorf ein. Ein strammer Marsch führte Freund und Feind einträchtig nach Hause zurück.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Verein Kath. Kaufm. Gehülfinnen und Beamtinnen stattete am vergangenen Sonntag den Verwundeten des Lazaretts in Vilich einen Besuch ab, um den lieben Feldgrauen einige vergnügte Stunden zu bereiten. Unter Leitung des Herrn Dirigenten J. Veith trug der Gesangchor des Vereins mehrere frische Lieder vor, die vom Ruhm des Vaterlandes, von deutscher Treue und deutschem Sein, von unseres lieben Rheinstroms Schönheit, und von froher, rheinischer Art Kunde gaben. Von letzterer durchweht war auch zunächst die vom Präses des Vereins, Herrn Kaplan Leuken, an die Soldaten gerichtete Anrede, so daß derselbe mehrfach die Lacher auf seiner Seite hatte. Jedoch klang auch der Ernst der Zeit durch in den warmen Dankesworten, die Redner den Verwundeten aussprach im Namen aller Vereinsmitglieder, da ja die Frauenwelt insbesondere Schuldner sei den tapfern Kriegern, die Blut und Leben daran setzten, den Ueberfall der feindlichen Horden in unsere friedlichen Gauen zu verhindern. Als einen geringen Beweis ihrer dankbaren Gesinnung verteilten die jungen Mädchen kleine Geschenke an die Soldaten, etwas zum Rauchen und etwas zum Naschen, Blumen, Obst usw., die bei den Feldgrauen freundliche Aufnahme fanden. In herzlichen Worten sprach der Herr Unteroffizier des Lazaretts den Dank der Soldaten aus, denen, da sie etwas abseits der Stadt liegen, nie oder doch sehr selten eine solch freundliche Abwechslung zuteil wird. Auch noch ein frisches Soldatenlied „O Deutschland, hoch in Ehren“, sangen die Soldaten den Spenderinnen zum Lohn, und als man zum Schluß mit einem fröhlichen „Auf Wiedersehen“ sich trennte, war es wohl schwer festzustellen, auf welcher Seite der gemütliche Nachmittag die größere Freude ausgelöst hatte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 28. Oktober 1915
Kriegsspende „Deutscher Frauendank 1915“. Ein Bonner Ortsausschuß dieser Kriegsspende soll gebildet werden. Sämtliche Frauenvereine werden gebeten, zu einer Besprechung, die morgen (Freitag) nachmittag 5 ½ Uhr im Nachmittagsheim für Verwundete, Koblenzer Straße 90, stattfindet, Vertreterinnen zu entsenden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Am kommenden Sonntag, dem letzten Sonntag vor Allerheiligen, ist ein erweiterter Geschäftsverkehr auf die Dauer von 10 Stunden freigegeben. Die Ladengeschäfte dürfen am Sonntag von morgens 7 bis abends 7 Uhr – mit Ausnahme der für den Hauptgottesdienst bestimmten Vormittagsstunden von 9 ½ bis 11 ½ Uhr – für den Verkauf geöffnet bleiben.
Zur Kartoffelteuerung. Eine Leserin unseres Blattes schreibt uns: In der Meckenheimerstraße war gestern ein Landmann mit Abladen von Kartoffeln beschäftigt. Ich frug die in der in Tür stehende Hausfrau, was die Kartoffeln kosteten. Sie nannte mir den Preis von 4 Mark für den Zentner. Als der Bauer dies hörte, rief er: „Wat, 4 Mark ?! Die Aedäppel koste 4 Mark fuffzig on keene Penning winnige. Wenn Ihr dat net bezahlt, brenge ich keene Sack mie en de Keller.“ Die Hausfrau bestand darauf, daß 4 Mark vereinbart worden seien. Wie die beiden einig geworden sind, kann ich nicht sagen, denn ich mochte nicht weiter Zeuge dieser Auseinandersetzung sein und bin meiner Wege weiter gegangen. Das Einfachste wäre jedenfalls gewesen, wenn sich die Hausfrau polizeiliche Hilfe geholt hätte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kartoffelwucher! Im verflossenen Jahre hat die Kartoffelversorgung stellenweise tolle Auswüchse gezeigt, die jedoch an die jetzigen Zustände auch nicht annähernd heranreichen. Ueberall ist eine außergewöhnlich gute Ernte gewesen, aber Kartoffeln sind nur wenige, und die nur zu hohen Preisen käuflich. Nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Lande herrscht die Kalamität und scheint der Siegkreis, namentlich die Umgebung von Siegburg in dieser Beziehung an der Spitze zu stehen. Fragt man nach Kartoffeln, so erhält man aus lächelndem Munde die Antwort: „Was zahlen Sie?“ oder man sagt: „Ich verkaufe keine.“ Der verschiedentlich laut gewordene Gedanke, im Frühjahr kosten die Kartoffeln 6 bis 8 Mark ist bei allen vorherrschend und scheint die Angabe des Herrn Oekonomierats Bollig, daß wir diese Wucherpreise zum größten Teil den Herren Agrariern zu verdanken haben, vollkommen zutreffend. Mit welchem Rechte, wird sich aber jeder fragen. Größere und kleinere Landwirte haben an den russischen Gefangenen billige Arbeitskräfte, und sind demgemäß die Kosten für den Produzenten nicht höher, als auch in den früheren Jahren, in welchen die Kartoffeln für 3 Mark bis 3,50 Mark verkauft wurden. Mit diesem Preise kann der Produzent sowohl wie auch der Käufer zufrieden sein. Müssen die Herren Landwirte denn unbedingt in den beiden Kriegsjahren zum reichen Mann werden? Fast alle sehnen das Ende des Krieges mit schmerzlichen Gefühlen herbei, der Bauer dagegen reibt sich schmunzelnd die Hände und denkt, wenn es doch immer so blieb. Es ist doch gewiß kein beneidenswertes Gefühl, was unsere Krieger, die zur Zeit ihr Blut für uns alle hergeben, ergreift, wenn sie von ihren Frauen die Nachricht erhalten, die Bauern wollen uns keine Kartoffeln oder doch nur zu unerschwinglichen Preisen verkaufen, wovon sollen wir leben? In den In den größeren Städten sorgt die Behörde dafür, daß die ärmere Bevölkerung Kartoffeln zu einem annehmbaren Preise erhält, auf dem Lande dagegen heißt es in den meisten Fällen: „Hilf dir selbst, dann ist Dir geholfen!“ Anscheinend ist die Behörde gegen solche Zustände auf dem Lande machtlos. Meines Erachtens würde die Festsetzung eines Höchstpreises von 3,50 Mark z. B., der auch für die kommenden Monate eine Steigerung nicht erfahren dürfte, eine Aenderung herbeiführen. Ein Spekulieren auf hoheFrühjahrspreise wäre damit vereitelt bezw. demselben ein Riegel vorgeschoben. Hoffentlich erinnert sich die Steuerbehörde bei der demnächstigen Veranlagung dieser Vorgänge und sorgt dafür, daß die eingeheimsten Wucherpreise als Kriegsgewinn besonders versteuert werden. B.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die Rechtsschutzstelle für Frauen in Bonn macht darauf aufmerksam, daß von ihr kostenlos Anträge auf Bewilligung von Beihilfen aus der Kronprinzessin-Kriegskinderspende bearbeitet und eingereicht werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 29. Oktober 1915
Bevölkerungsbewegung in der Stadt Bonn. Nach der amtlichen Feststellung betrug die Bevölkerungszahl der Stadt Bonn am 30. September 94.782 gegen 93.979 am 30. Juni und 93.582 am 31. März. Die Einwohnerzahl ist also ständig gestiegen, und zwar im letzten Vierteljahr um 0,85 v. H. Seit 1. Januar hat die Bevölkerung um 1596 zugenommen. (...)
Der Bonner Lazarettzug K I hat auf seiner 19. Fahrt in Laon 240 Verwundete geladen und in Homburg in der Pfalz, Neustadt, Schifferstadt und Ludwigshafen ausgeladen. Zurzeit steht er fahrtbereit in Godesberg.
An Liebesgaben sind nach wie vor erwünscht: Zigarren, Zigaretten, Hemden, Pantoffeln, Taschentücher, Marmeladen in Blecheimern. Ferner einige Fahrräder und je ein elektrischer Motor von ½ PS., 110 und 120 Volt Gleichstrom. Dies alles ist abzugeben Bahnhofstraße 40. (...)
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zwei eroberte belgische Geschütze, Kaliber 9, sind gestern nachmittag hier eingetroffen und fanden vor dem Kaiserdenkmal am Kaiserplatz Aufstellung. Die beiden Geschütze stehen auf 9 Zentimeter-Lafetten. Am Nachmittag waren die Geschütze fortgesetzt von Schaulustigen umlagert. Das größte Interesse bezeigt natürlich unsere Schuljugend, die fortgesetzt in hellen Haufen auf dem Kaiserplatz eintrifft und dem Militärposten, der zur Bewachung an den Geschützen steht, viel zu schaffen macht. Ihr Urteil geht dahin, daß die Kanonen viel zu klein seien; die auf dem Alten Zoll wären doch ganz was anderes.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Erlaß für Allerheiligen. Der Erzbischof von Köln spricht in einem Oberhirtlichen Erlaß, der am Sonntag von den Kanzeln zur Verlesung kommen soll, den dringenden Wunsch aus, daß in diesem Jahre mit Rücksicht auf die Knappheit der Beleuchtungsmittel bei der Schmückung der Gräber von der Anwendung brennender Lichter (Kerzen, Oellämpchen und dergl.) abgesehen werden möge. Auch in anderen Bezirken ist ein gleicher Wunsch zum Ausdruck gekommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Eine Bonner Hausfrau. Zum ersten Mal in diesem Kriege fällt es schwer, in den Bäckerläden Brot zu kriegen. So bin ich am Samstag abend in einem Dutzend Geschäften gewesen, und wollte Brot haben. Da hieß es entwede: es ist keins da, oder wir sorgen erst für unsere feste Kundschaft. Bekommt man schließlich welches, so ist es frisch, und fragt man den Bäcker, weshalb er frisches Brot verkaufe, oder wie es wäre, daß er kein Brot habe, dann sagt er, es ist uns von der Stadt soviel Mehl entzogen worden, daß es uns unmöglich ist, einen geregelten Betrieb aufrecht halten zu können, noch weniger genügend Brot backen können, um den angeforderten Bedarf zu decken. Wenn es denn wirklich so schlimm ist mit dem Vorrat an Mehl, weshalb hat man dann das Quantum Brot erhöht. Es muß dem Bäcker doch genügend Mehl geliefert werden, damit es ihm möglich ist, soviel Brot backen zu können, als bei ihm gefordert wird. Auch so zeitig, daß er in der Lage ist, das Brot so zu backen, damit es 2 Mal 24 Stunden alt ist, wenn er es verkauft. Denn bei den teuren Zeiten frisches Brot essen, das fehlt noch. Also hier muß Wandel geschafft werden. Wer kann das? Fragte ich einen Bäcker. Er sagte: Nur die Verwaltung, die das Mehl ausgibt. Ob das zutrifft, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber wenn es auch nicht zutreffen sollte, und die Bäcker die Schuld daran haben, so ist es doch wohl eine angebrachte Bitte an die Verwaltung, möglichst dafür zu sorgen, selbstverständlich unter Wahrung der gesetzlichen Bestimmungen, daß man nicht zu viele Bäckerläden abzulaufen hat, um Brot zu bekommen. Die Verwaltung hat ja Mittel genug in der Hand. Eine Bonner Hausfrau.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Samstag, 30. Oktober 1915
Ein Ehrentag der Bonner 160er. Der heutige 30. Oktober ist ein Ehrentag des Bonner 2. Bataillons des Infanterie-Regiments Nr. 160. Das Bataillon nahm vor einem Jahre mit an den Stellungskämpfen in der Champagne teil. Am 30. Oktober lagen die Gräben des Bataillons von 8 Uhr vormittags bis zum Dunkelwerden ununterbrochen im schärfsten Artilleriefeuer der Geschütze jedes Kalibers. Dieses Feuer diente dazu, die Stellung sturmreif zu machen; denn andern Tages erfolgte, abermals nach längerer heftiger Artillerievorbereitung, ein Infanterieangriff, der aber in unserem Feuer vollständig zusammenbrach. Trotz der schweren Beschießung waren die Verluste des Bataillons gering. 7 Mann erhielten das Eiserne Kreuz 2. Klasse, ein Vizefeldwebel des Bataillons das Eiserne Kreuz 1. Klasse.
Eine städtische Fruchtsammelstelle ist auf dem städtischen Grundstück Lennéstraße 29 eingerichtet worden. Mittwochs und Samstags, nachmittags von 3 bis 5 Uhr, werden dort vor allem Roßkastanien, Eicheln, Bucheln, Vogelbeeren, Linden- und Akazienfrüchte, Sonnenblumen-, Kürbis- und Traubenkerne entgegengenommen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen Mangels an Fett und der Knappheit des Erdöls ersucht der Oberbürgermeister, im laufenden Jahre den frommen Gebrauch der Gräberschmückung mit Kerzen und Lampen am Allerseelentage im vaterländischen Interesse zu unterlassen.
Die fleischlosen Tage. Eine wichtige Anordnung in der Ernährungsfrage des deutschen Volkes nach österreichischem Muster, die wir jüngst schon angekündigt hatten, die Einführung von fleischlosen Tagen, steht zum 1. November bevor. Danach dürfen Dienstags und Freitags Fleischwaren und Fleischspeisen nicht gewerbsmäßig an Verbraucher verabfolgt werden. Montags und Donnerstags dürfen in Wirtschaften aller Art Fleisch, Wild, Geflügel, Fisch und sonstige Speisen, die mit Fett oder Speck gebraten, gebacken oder geschmort sind, sowie zerlassenes Fett nicht verabreicht werden. Samstags darf kein Schweinefleisch verabreicht werden. Ein Verbot des Genusses von Fleisch und der Verwendung von Fett an den bezeichneten Tagen in Einzelhaushaltungen ist zunächst nicht ausgesprochen.
Wegen Vergehens gegen die Bundesrats-Verordnung hatte sich eine Frau aus Bonn gestern vor dem Schöffengericht zu verantworten, die ihr Brotbuch einer anderen Frau geliehen hatte, damit diese Brot für sich darauf holen konnte. Sie war durch einen Strafbefehl mit 5 Mark Strafe belegt worden und hatte dagegen Einspruch erhoben. In der gestrigen Sitzung zog sie auf Zureden des Vorsitzenden, da sie die Tat an sich zugab, aber nicht gewußt haben wollte, daß das strafbar sei, den Einspruch zurück.
Das außerordentliche Kriegsgericht verurteilte am Donnerstag einen Schreinergesellen aus Luxemburg, der arbeitsuchend nach Godesberg gekommen war, ohne sich sofort polizeilich anzumelden, zu 3 Tagen Gefängnis, die durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt erklärt wurden. – (...) Drei russische Saisonarbeiter standen unter der Anklage, sich ohne Erlaubnis aus ihrem Polizeibezirk entfernt zu haben. Einer von ihnen, dem sein Dienstherr gesagt hatte, er solle sich wegscheren, wurde freigesprochen. Der andere wurde zu zehn Tagen Gefängnis verurteilt, während der dritte mit einem Verweis davon kam.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Stadtverordnetenwahl. Die Zentrumswähler der Altstadt hielten gestern abend eine Versammlung ab, in der als Kandidaten für die kommenden Stadtverordnetenwahlen die bisherigen Stadtverordneten Jos. Kalt, Geheimrat Olbertz, Jul. Wallasch und anstelle des bisherigen Stadtv. Wirts Prof. Dr. Theod. Brinkmann aufgestellt wurden. Die Versammlung leitete der stellvertretende Vorsitzende, Herr Reichstagsabgeordneter Chrysant. Er gab Mitteilung davon, daß man die Wahlen im Burgfrieden vornehmen werde, deshalb stelle man in der 2. Klasse keine Kandidaten auf. (...) Dann sprach Stadtv. Kalt über „Die Kriegsfürsorge der Stadt Bonn“. Er berührte zunächst die Kartoffelversorgung. In den nächsten Tagen würden städtische Kartoffeln aus dem Westen bei einem Händler für 4 Mark der Zentner zu haben sein. Für Anfuhr kämen 20 Pfg. hinzu. Unterstützungsbedürftige erhielten gegen Gutschein den Zentner zu 3,50 Mark. 200 Waggon ständen zur Verfügung, weitere 30 würden als Reserve eingekellert. Für die weitere Fleischversorgung sei gesorgt. (...) Magerer Speck werde 2 Mark, fetter Speck 2,20 Mk. kosten. Jeder erhalte pro Woche 3 Pfund. Der Mehlpreis werde wohl herabgehen und damit der Brotpreis. (...) An ärmere Leute seien 79.000 Brote billig abgegeben worden. Ueber 127.000 Portionen Lebensmittel seien abgegeben worden. Ausgegeben seien dafür 389.672 Mark. An bar und für Lebensmittel habe die Stadt insgesamt 4.622.190 Mark ausgegeben. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Den Kartoffelbedarf hat die Stadt Bonn für die Kriegerfamilien und die minderbemittelte Bevölkerung bis zur neuen Ernte vollständig sichergestellt. Es werden gegen Gutschein Kartoffeln abgegeben zum Preise von 3,50 M. für den Zentner an alle Kriegerfamilien, welche die Reichsunterstützung beziehen sowie an alle Personen, welche von der Armenverwaltung unterstützt werden, ferner an Arbeiterfamilien und an Angestellte und Beamte der Stadt Bonn sowie an solche in Privatbetrieben, deren Jahreseinkommen den Betrag von 3.000 M. nicht übersteigt. Darüber hinaus können an sonstige minderbemittelte Personen Ausweise erteilt werden, welche den Inhaber berechtigen, die Kartoffeln von den städtischen Lagern zum Selbstkostenpreis, der im Voraus festgesetzt wird und voraussichtlich den Betrag von 4 Mk. für den Zentner nicht übersteigen wird, zu entnehmen. Nähere Bekanntmachung darüber, wo und wann die Ausgabe der Gutscheine und Ausweise sowie der Kartoffeln stattfindet, wird in den nächsten Tagen erfolgen.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 31. Oktober 1915
Kriegsspende „Deutscher Frauendank 1915.“ Die Bonner Vertreterinnen der beiden größten Frauenverbände, des Bundes Deutscher Frauenvereine und des Katholischen Frauenbundes, hatten sämtliche Frauenvereine Bonns am Freitag nachmittag zu einer Besprechung eingeladen. Infolgedessen schlossen sich 43 Vereine und einige Einzelpersonen zu einem Ortsausschuß zusammen, der die Sammlung für die von den beiden großen Frauenverbänden ins Leben gerufene Kriegsspende „Deutscher Frauendank 1915“ in die Wege leiten will. Die Versammlung wurde eröffnet und geleitet von Fräulein Paula Böttrich, der Vorsitzenden des Katholischen Frauenbundes, Zweigverein Bonn. Frau Adelheid Steinmann, die Vertreterin der dem Bunde Deutscher Frauenvereine angeschlossenen Bonner Vereine, machte der Versammlung Mitteilung über die mustergültige Organisation und den segensreichen Zweck der Stiftung. Sie ist bestimmt zur Unterstützung der Hinterbliebenen gefallener Krieger und der Angehörigen von Kriegsbeschädigten aus Heer und Marine aller Waffengattungen, und zwar soll sie hauptsächlich zur Verwendung kommen als Beihilfe zu einer der Begabung entsprechenden Schul- und Berufsbildung und zur Unterstützung von solchen Angehörigen der Kriegsteilnehmer, denen die Möglichkeit des eigenen Erwerbs versagt ist. Um jede Zersplitterung zu vermeiden, soll die Kriegsspende „Deutscher Frauendank 1915“ der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen und den Ausschüssen für Kriegsinvalidenfürsorge unter besonderen Verwaltungsbedingungen angeschlossen werden. Plan und Zweck dieser Veranstaltung wurden von den Anwesenden als der weitgehendsten Förderung wert erkannt, und es wurde der Wunsch ausgesprochen, keine einzige Frau möge sich von einer Stiftung ausschließen, die einen geringen Teil unserer unermeßlichen Dankesschuld abtragen soll, denen gegenüber, die uns und unser Vaterland durch das Opfer ihres Lebens oder ihrer Gesundheit vor dem Untergang bewahrt haben.
Der Ortsausschuß wählte einen Arbeitsausschuß von zehn Mitgliedern aller Richtungen, die unter dem Vorsitz von Frau Elisabeth Gudden die Sammlung der Gaben unverzüglich vorbereiten werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen verbotenen Branntweinverkaufs wurde eine Wirtin aus Vilich-Rheindorf gestern von der Strafkammer zu 20 Mk. Geldstrafe verurteilt. Sie hatte Schnaps an Arbeiter in nicht versiegelten Flaschen abgegeben. Das Bürgermeisteramt hatte außerdem ihre Wirtschaft für 14 Tage geschlossen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vom Bonner Volksheim. Ich gehöre zu den Hausfrauen, die in der jetzigen Zeit der Nahrungsmittelteuerung immer gerne möglichst billig einkaufen. Da fiel mir in den letzten Tagen wiederholt ein Inserat in die Augen, wonach das Bonner Volksheim „Aepfel das Pfund zu 8 Pfg.“ verkauft. Obwohl ich sehr weit vom Volksheim entfernt wohne, bin ich doch gestern zur Meckenheimerstraße gegangen, um dort im Volksheim die angebotenen billigen Aepfel mir einmal anzusehen und ein Pfund probeweise zu kaufen. Zu meiner Ueberraschung wurde mir aber dort erklärt, daß man dort nicht wie in jedem Laden ein Pfund kaufen könne, man müsse mindestens fünf Pfund nehmen, und probieren der Aepfel sei ausgeschlossen. Da mir das Aussehen der Aepfel es ratsam erscheinen ließ, zunächst eine Probe davon zu haben, bat ich dringend, mir wenigstens ein Pfund probeweise zu überlassen. Ich stieß aber mit meiner Bitte auf ein glattes Nein. Der Verkäufer erklärte, er habe die Anweisung, nicht unter fünf Pfund zu verkaufen. Da mir die übrigen Aepfel, die angeboten wurden, zu teuer waren (es handelte sich um Tafelobst, das Pfund zu 25 Pfg.), so bin ich unverrichteter Sache wieder nach Hause gegangen. Ich hatte geglaubt, daß man im Bonner Volksheim mehr Entgegenkommen fände, als in jedem eigentlichen Ladengeschäft, in welchem man einem Käufer auf Verlangen meist gerne eine Kostprobe gibt. Eine Kriegswitwe.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Warnung vor übereilten Kartoffel-Einkäufen. Von einem Geistlichen wird uns geschrieben: Wer die gegenwärtige Gestaltung der Kriegslage, sowohl in militärischer als in politischer Hinsicht hüben und drüben aufmerksam betrachtet, kann sich unmöglich enthalten, dem Gedanken an ein sehr baldiges Ende des Krieges Raum zu geben. Dem Ende aber dürfte ein so großer Umschwung in handels- und wirtschaftlicher Beziehung folgen, wie man es heute gar nicht ahnt. Mit den während 15 Monaten in den Ueberseeländern auf Lager befindlichen Vorräten an Kolonialwaren wird man alsdann Europa förmlich überschütten. Wer mag nach einigen Monaten sich wohl noch satt an Kartoffeln essen, wenn ihm wieder Weizenmehl, Reis und allerlei Tropenfrüchte billig zur Verfügung stehen! Die reichlich aufgespeicherten Vorräte von Kartoffeln werden den Landleuten dann gewiß sehr zu statten kommen als Viehfutter, wodurch dann möglichst bald auch dem Fleischmangel wieder abgeholfen wird. Bis jetzt sind, wie leicht zu konstatieren ist, bereits große Mengen von Kartoffeln in den Städten lagernd untergebracht, so zwar, daß diese für den Konsum nach veränderter Lage den Winter hindurch hinreichen dürften. Freilich werden alsdann die heute sehr geschäftigen Kartoffelhändler beim Verkauf sich mit der Hälfte des Einkaufspreises begnügen müssen; und diejenigen Konsumenten, welche in ihrer Angst dem Bauer gegenüber heute so freigebig sind, mögen sich dann damit trösten, daß sie wenigstens etwas dazu beigetragen haben, dem Landmann seine Erdscholle wieder lieb und teuer zu machen, infolgedessen man hoffen kann, daß die mit Recht beklagte Landflucht einigermaßen eingedämmt wird. Möchten die ängstlichen Bürger und die schmunzelnden Bauern doch nicht vergessen, daß eine gütige Vorsehung regiert. Dies findet den Wucherer und Habgierigen auch noch nach dem Kriege. Eine reiche Erfahrung dürfte lehren, daß unmäßige Gewinne, erzielt an Lebensmitteln zur Zeit der Kriegsnot, nie von dauerndem Bestande geblieben sind.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)