Montag, 1. Februar 1915
Besichtigung des Wehrbundes. Sonntag nachmittag hatten sich bereits viele Bonner auf dem Kaiserplatz und in der Auguststraße eingefunden, als man gegen ½4 Uhr von der Lennéstraße her die frischen Marschweisen unserer Feuerwehrkapelle hörte, die an der Spitze aller Abteilungen des Wehrbundes aufmarschierte. Dort nahm der Wehrbund gegenüber der evangelischen Kirche in vier Zügen Aufstellung, von denen zwei von den älteren Schülern der beiden hiesigen Gymnasien gebildet wurden. Inzwischen hatten sich beim Kaiser-Wilhelm-Denkmal der Herr Oberbürgermeister, der Bezirkskommandör, die Spitzen der übrigen hiesigen Militärbehörden und die Vorstandsmitglieder des Wehrbundes eingefunden. Gemäß der ministeriellen Verfügung, die dem Herrn Oberbürgermeister die Aufsicht über die militärische Vorbildung der Jugend übertragen hat, nahm Herr Oberbürgermeister die Parade ab. Er schritt mit den anderen genannten Herren die Front ab, worauf die Mannschaft des Wehrbundes beim Kaiser-Wilhelm-Denkmal erst in Gruppenkolonne und zwar im Schritt, wie im Laufschritt und dann in Zügen vor dem Oberbürgermeister defilierte. Die vier Züge marschierten dann vor dem Denkmal dicht auf, wo der Vorsitzende des Wehrbundes, Herr Oberstabsarzt Professor Schmidt, an die Mannschaft eine Ansprache hielt, in der er darauf hinwiese, daß der Wehrbund bereits in hohem Grade seinen Zweck erfüllt habe, indem heute bereits die Hälfte seiner ehemaligen Mitglieder zur Fahne einberufen sei und diese ehemaligen Kameraden in zahlreichen Zuschriften die Vorteile bezeugten, die ihnen durch die Vorbildung im Wehrbunde zuteil geworden seien. Für Deutschland käme es in diesem Kriege aber so gut wie für unsere Feinde auf die letzten Reserven an, deshalb ruhe auf der Jungmannschaft des Wehrbundes mit ein Teil der Hoffnung der ganzen Nation Die Mannschaft stimmte begeistert in das Hoch auf unseren geliebten Kaiser ein, in das der Vorsitzende des Wehrbundes seine Worte ausklingen ließ und sang die Nationalhymne. Die Abteilungen des Wehrbundes machten dann noch unter Vorantritt der Feuerwehrkapelle einen Aufmarsch durch die belebten Straßen der Stadt, um dann in der Straße Am Hof, wo Turninspektor Schroeder noch den Wehrleuten seine Anerkennung über ihre vorzügliche Haltung bei der stattgehabten Besichtigung aussprach, wegzutreten. Das Publikum hatte seine Freude an den frischen Gesichtern und dem flotten Auftreten unserer jungen Bonner Wehrmannschaft und stellte mit besonderer Genugtuung fest, daß auch eine ganze Reihe älterer Landsturmleute sich mit der Jugend in Reih und Glied gestellt hatte, wie denn auch unter den Führern jüngere wie ältere Herren aus allen Ständen der Bonner Bürgerschaft in den Dienst der verdienstlichen Sache des Wehrbundes getreten sind.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Keine feuergefährlichen Gegenstände in Feldpostbriefen. Berlin, 30. Jan. (W.B. – Amtlich) Wieder ist ein Postwagen dadurch in Brand geraten, daß unter den Postsendungen feuergefährliche selbstentzündliche Sachen (Benzin-Feuerzeuge, Streichhölzer usw.) sich befanden, Es wird nochmals auf das Verbot der Versendung feuergefährlicher Gegenstände hingewiesen.
Die Benutzung der Militärzüge ist für Zivil- und Militärpersonen, die nicht mit behördlichem Ausweis versehen sind, verboten. Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot werden aufgrund des § 9 des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft, sofern die sonst bestehenden Gesetze keine schärferen Strafen bestimmen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Maul- und Klauenseuche. Der Herr Reg.-Präsident zu Cöln hat wegen der im Regierungsbezirk Cöln noch immer starkverbreiteten Maul- und Klauenseuche das Verbot der Abhaltung von Viehmärkten bis zum 15. März 1915 verlängert. Ausgenommen von dem Verbot sind die Schlachtviehmärkte in Cöln, Bonn und Siegburg.
Lazaretttätigkeit der sozial-studentischen Zentralen. Als Vaterlandsdank, zum Trost und zur Freude, zur Ermunterung und Belehrung bringen die Mitglieder der sozial-studentischen Bewegung den Verwundeten in den Lazaretten ihre bescheidenen Spenden. Donnerstag den 28. Januar sangen zwei Studentinnen alte Volks- und Soldatenlieder in bunter Folge in dem Lazarett, das in dem Kollegium Albertinum eingerichtet ist. Die kernig-deutschen und volkstümlichen Verse und Melodien zur Laute riefen in den Herzen der Soldaten reichen Widerhall hervor. Ein Student trug dazwischen Gedichte vor, alte aus dem Frieden und neue aus unseren großen Tagen. – Der Belehrung diensten die Vorträge, die von zwei weiteren Mitgliedern der Zentrale im Hospital der Barmherzigen Brüder am 29. gehalten wurden. Es wurde der Krieg aus der Geschichte des 19. Jahrhundert entwickelt und Rußlands Hoffnungen und Ziele dargelegt. Die Zuhörer lohnten durch reiche Aufmerksamkeit.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 2. Februar 1915
Anthropologische Gesellschaft. In der heutigen Sitzung um 8 ½ abends im Hörsaal des physiologischen Instituts (Nußallee) wird Herr Professor Dr. Küster über „Zauberpflanzen“ reden.
In den Lichtspielen (Stern) werden in dieser Woche außer dem übrigen guten Progarmm zwei Dramen: „Die Nordlandrose“ mit Henni Porten in der Hauptrolle und das Detektiv-Drama: „Vampyre der Großstadt“ gegeben, die das Interesse der Zuschauer bis zum Schluß fesseln werden.
Das Metropoltheater bietet in dieser Woche seinen Besuchern den Genuß, die bekanntesten Filmschauspieler handelnd zu sehen. Asta Nielsen und Waldemar Psylander spielen die Hauptrollen in dem Sensationsdrama: „Der schwarze Traum“ von Urban Gad; Wanda Treumann und Riggo Larsen in dem sozialen Roman „Frida“. Außerdem wird ein Kriegsdrama von der Westfront: „Das Jahr 1915“ gegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Zusammenstellung der bei Geldsendungen an deutsche Kriegs- und Zivilgefangenen in Frankreich zu beachtenden Leitsätze. Für deutsche Krieg- und Zivilgefangene in Frankreich bestimmte Geldsendungen gelangen am sichersten mittels einer Postanweisung in die Hände der Empfänger. Postanweisungen werden gebührenfrei befördert, wenn sie an der Stelle, die sonst für Freimarken dient, den Vermerk „Kriegsgefangenensendung. Taxfrei“ tragen. Sie sind auf der Vorderseite des für den Auslandsverkehr bestimmten Formulars mit der Adresse der Oberpostkontrolle in Bern (Schweiz) zu versehen; auf der Rückseite des Abschnittes ist die Adresse des Empfängers der Geldsendung genau anzugeben. Als Empfänger ist niemals der Kommandant oder ein Verwaltungsbeamter des betreffenden Gefangenenlagers zu bezeichnen, sondern allein nur der Gefangene, für den die Geldsendung bestimmt ist. Die Angabe des Aufenthaltsortes des Gefangenen ist zur schnelleren Ueberkunft der Sendung sehr wichtig; falls der Ort nicht bekannt ist, kann die Postanweisung auch ohne dessen Angabe abgesandt werden, der Ort wird dann im französischen Kriegsministerium ermittelt; wenn bekannt, ist wenigstens die „Region“ anzugeben, in der der Gefangene sich aufhält. Die Postanweisungen sind schon bei den deutschen Aufgabe-Postanstalten auf Frankenwährung einzuliefern. Für 100 Franken sind dabei, wie bei den alten Postanweisungen nach der Schweiz, nach dem wechselnden Kriegskurse, seit dem 15. Dezember 87 Mk. einzuzahlen. Bei der Ausstellung der neuen Postanweisung in Bern werden für 102 Franken nur 100 Franken gerechnet. Größere Geldbeträge werden wahrscheinlich nicht auf einmal den Gefangenen ausgehändigt werden. Daher sind öftere Geldsendungen in kleinen Beträgen den minder häufigen Sendungen größerer Beträge vorzuziehen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ermittlung von Kriegsgefangenen.
Gestern abend fand bei Lücking, Poppelsdorfer Allee, eine Aussprache der Angehörigen von Kriegsgefangenen statt. In derselben gab Herr Oberbergamtssekretär Zinneke Auskunft über früher erhaltene Anfragen. Aus französischen Lagern waren Verzeichnisse von Gefangenen der Regimenter Nr. 25, 28, 29, 53 und 65 eingetroffen, deren Namen verlesen wurden. Aus England einige Namen des Regiments Nr. 53. Von Lourdes war der Tod eines Gefangenen mitgeteilt, nicht aber die Ursache. Sterbe-Urkunde, Papiere usw. gestorbener Gefangener gehen in Frankreich nach Paris, die Angehörigen erhalten die Dokumente später auf diplomatischem Weg. In Casablanca beschäftigt man deutsche Soldaten mit Straßenbau. Sie erhalten 10 Cts. An Geld und gutes Essen. Im Briefverkehr mit Gefangenen wurde empfohlen sparsam zu sein, d.h. höchstens zwei Seiten zu schreiben, und jede Woche einmal. In Frankreich wird in verschiedenen Lagern eine kleine deutsche Zeitung gedruckt und verteilt, deren Mitteilungen aber wahrscheinlich gefärbt sind. Ferner ist festgestellt worden, daß Pakete ohne beigelegte Lebensmittel und Zigarren angekommen sind. Paketsendungen dürfen Briefe nicht beilegt werden und die Paketadresse den Vermerk „Kriegsgefangenen-Sendung“ tragen. Die Beförderung ist portofrei. Her Zinneke verlas eine alte französische Verordnung, die noch heute gültig ist und eine gute Behandlung Kriegsgefangener, sowie Freilassung von Sanitätssoldaten und Feldgeistlichen vorsieht.
In mehreren Feldpostbriefen klagen unsere Soldaten im Felde darüber, daß die Flanell-Leibbinden unzweckmäßig seien, weil sie dem Ungeziefer lästigen Aufenthalt gewähren. Ja, sie weisen aus diesem Grunde Flanellbinden zurück und bitten um gestrickte Binden. Daß letztere aus vielen Gründen – größere Elastizität, Durchlässigkeit für die Hautausdünstung und den Zutritt der Luft usw. – zweckmäßiger sind, als die fester gewebten und dichten Flanellbinden, ist keine Frage. – Dagegen werden auch die letzteren dem hier gerügten Uebelstande bezüglich des Ungeziefers entgehen, wenn man sie nicht unmittelbar auf der Haut, sondern über Hemd und Unterhose trägt und, falls man in einem Bette schläft, sie überhaupt ablegt. Dann ist eine Flanellbinde im Winter immer noch besser, als gar keine.
Hier der Tod – dort Belustigung und Vergnügen. Aus unserem Leserkreise wird uns der Brief eines Soldaten aus dem Felde zum Abdruck zur Verfügung gestellt, dem wir folgende Stelle entnehmen:
„Wie Ihr schon wißt, sind hier furchtbare Kämpfe. Hier bluten und sterben die Soldaten, aber in Bonn und in anderen Städten werden in dieser ernsten Zeit – wie ich aus der Zeitung sehe – Konzerte, Theatervorstellungen und andere Belustigungen abgehalten. Das begreife ich einfach nicht. Es wäre am besten, Ihr schicktet mir keine Zeitung mehr. Ich bitte, schickt mir auch keine mehr. Ich will sie nicht mehr lesen...“
Ernste künstlerische Veranstaltungen, die der Erhebung und Belehrung dienen, sind auch vom vaterländischen Standpunkt zu begrüßen und erfahren sicher nicht die Mißbilligung unsrer Krieger. Bühnenaufführungen von „Wie einst im Mai“ und Veranstaltungen ebenso seichter Art sind aber in dieser Zeit abscheuliche Geschmacklosigkeiten. Müssen wir warten, bis unsere Soldaten uns darauf aufmerksam machen?
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 3. Februar 1915
Eifelverein. Nach Erledigung des geschäftlichen Teiles nahm Herr Rektor Zender das Wort zu einem Vortrag über den bodenständigen Charakter der Eifelbevölkerung im Spiegel alter Volksüberlieferungen. Eine bunte Reihe von noch wohlerhaltenen Volkssagen, vom Wodansheer, von Riesen, Zwergen, bösen Geistern, von weißen Frauen und den drei Jungefrauen führte der Redner vor, die alle noch Anklänge an den alten Göttermythos der germanischen oder keltischen Gottheiten in sich tragen. Ebenso treu blieb der Eifler durch alle Jahrhunderte hindurch in der Liebe zur Heimatscholle und in der Wahrung alter schöner Sitten und Gebräuche. Die neuere Zeit mit ihrem hohen wirtschaftlichen Aufschwung führte der Eifler zur bewußteren Vaterlandsliebe, die sich jetzt im großen Weltkriege gerade im Eifelland, der so schwer bedrohten Westgrenze in rührendstem Opfergeiste zeigte. An zahlreichen Belegen, die dem Redner als Schriftleiter des Eifelvereinsblattes vielfältig zur Verfügung standen, wurde diese Opferwilligkeit des Eifelvolkes eingehend zur Darstellung gebracht. Ein warmherziges Mahnwort zum Festhalten in deutscher Treue und Einigkeit und der gemeinsame Gesang von „Deutschland über alles“ beschloß die eindrucksvolle Sitzung.
Der Bonner Milchverein, welcher seit 30 Jahren gut abgekochte Milch an arme schwächliche Kinder verteilt, wird in den nächsten Tagung mit der Sammlung der jährlichen Beiträge beginnen. Da der Verein in Ausübung seiner segensreichen Tätigkeit ganz auf die Hilfe unserer Mitbürger angewiesen ist, hofft er auch in diesem Jahre die nötige Unterstützung zu finden. Wir dürfen trotz allem, was unsere Herzen bewegt, auch der armen Kleinen nicht vergessen, die mehr denn je unserer tatkräftigen Hilfe bedürfen. Stehen doch viele ihrer Väter und Ernährer im Felde, bereit mit ihrem Blut und Leben uns und unser Vaterland zu beschützen. Darum bittet der Vorstand herzlich, durch zahlreiche Gaben seinen guten Zweck nach Kräften unterstützen zu wollen.
Im Varieté-Theater Sonne gastiert seit dem 1. Februar das „Deutsch-österreichische Bunte Theater“ unter Leitung von Herrn Alexander. Außer dem sonstigen guten Varietéprogramm wird ein Lebensbild aus dem modernen Varietéleben „Hinter den Kulissen“ gegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kriegsbackwaren. Laut einer Bekanntmachung des Oberbürgermeisters in der heutigen Ausgabe unseres Blattes dürfen im Bezirke der Stadt Bonn vom Beginn des 6. Februar an nur noch bereitet werden: Schwarzbrot, Feinbrot, Zwieback und Kuchen. Das Schwarzbrot muß die hier übliche Form und ein Gewicht von vier Pfund haben. Schwarzbrot und Feinbrot dürfen frühestens am zweiten Tage nach Beendigung des Backens aus der Bäckerei abgegeben werden. Brot, das z.B. im Laufe des Dienstag gebacken ist, also nicht von Donnerstag morgen. Als Kuchen gilt nur solche Backware, die mindestens zehn Gewichtsteile der Backware an Zucker und höchstens zehn Gewichtsteile an Weizen-, Roggen- oder Kartoffelmehl enthält. Die Bereitung allen anderen Gebäcks ist verboten. Von Beginn des 12 Februar ab darf auch kein Gebäck mehr im Bezirk der Stadt Bonn feilgehalten oder verkauft werden, das den Vorschriften nicht entspricht. Diese Bestimmungen gelten auch für die mit Wirtschaften oder dergl. verbundenen Bäckereibetriebe, sowie für den Privathaushalt. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft.
Gegen das Steigen der Fleischpreise. Wie das Hamburger Fremdenblatt in Berlin erfährt, sind auch gegen die in letzter Zeit festgestellten sprunghaften Fleischpreissteigerungen, für die eine Berechtigung in der gegenwärtigen Marktlage nicht zu erblicken ist, Zwangsmaßnahmen im Interesse der Lebensmittelversorgung des Reiches bevorstehend.
Verein Mädchenhort. In der gestrigen Hauptversammlung wurde festgestellt, daß sich die Zahl der Schützlinge fast um das Dreifache vergrößert hat, ein Vormittagskindergarten und ein Mittagtisch für dreißig der bedürftigsten Kinder sind dazugekommen. Unter Anleitung der Leiterin und Helferinnen haben die Hortkinder Flechtpantoffeln, Strümpfe, Pulswärmer und Waschhandschuhe angefertigt und an die Lazarette abgeliefert. Der Kassenbericht ergab in günstiges Bild. Zum Schluß hielt Frau Professor Schumacher einen Vortrag „Kriegspflichten der Hausfrau“. Der Vortragwird wahrscheinlich vor einem größeren Publikum wiederholt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Ernährungsfrage de Zuckerkranken ist infolge der gesetzlichen Bestimmungen über die Brotbereitung sehr schwierig geworden, da das Grahambrot nicht mehr hergestellt werden darf. K-Brote und ähnliche Brote, wie sie heute hergestellt werden, sind aber für Zuckerkranke doch jedenfalls strengstens zu verbieten, sodaß Ihnen die zahlreiche Zahl von Zuckerkranken gewiß zu großem Dank verpflichtet sein würde, wenn Sie die Güte hätten, in Ihrem geschätzten Blatte auf die Lösung dieser Frage hinzuweisen. Ein zuckerkranker Abonnent.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
In den Volksschulen beginnt der Unterricht vom 15. d. M. ab wieder um 8 Uhr. Nach jeder Unterrichtsstunde ist eine Pause von 10 Minuten, die große Pause dauert 20 Minuten, von 9.50 Uhr bis 10.10 Uhr. Der Schulgottesdienst beginnt um 7¼ Uhr.
Musikalische Unterhaltung bei den Verwundeten der chirurgischen und der medizinischen Klinik. Sonntag nachmittag fanden sich einige Damen und ein Herr dankenswerter Weise bereit, den Verwundeten in der chirurgischen und der medizinischen Klinik eine kleine musikalische Unterhaltung zu bieten. Fräulein Faust aus Beuel und Frl. Kluge aus Bonn trugen mit feinem Empfinden einige Klavierstücke vor. Herr Konzertmeister Postma, der schon so oft sein Können in den Dienst der guten Sache gestellt hat, spielte auch hier. Besonders die Romanze von Svendsen und das Menuett von Mozart wurden mit der Meisterschaft vorgetragen, wie wir sie bei diesem Künstler gewohnt sind. Der Beifall war herzlich. Beim Scheiden sprachen die Verwundeten den Künstlern den wärmsten Dank und die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen aus.
Steckbrieflich verfolgt wird von der Bonner Staatsanwaltschaft (...) die 28 Jahre alte geschiedene Ehefrau Elise Köllner, geb. Werheit aus Siegburg wegen Betrugs im Rückfalle. Sie wohnte in Bonn, Rheingasse 24, und zog von hier nach Köln, Krebsgasse 8.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 4. Februar 1915
Kriegspflichten der Hausfrau. Der Vortrag, den Frau Professor Schumacher im Verein „Mädchenhort“ über dieses wichtige Thema gehalten hat, wird am Montag wiederholt werden. Der Ort und Beginn des Vortrages werden noch bekanntgegeben. Die Wiederholung wird zu Besten des Säuglingsheims in der Beethovenstraße stattfinden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kriegsbrot für Zuckerkranke. Herr Dr. Külz, Spezialarzt für Zuckerkranke in Neuenahr, schreibt uns: Es ist ein Irrtum, daß ein Zuckerkranker kein K.-Brot oder ähnliche Brote essen dürfe. Das Grahambrot enthält eine gewisse Menge Stärke. Genau dieselbe Menge Stärke dürfen Zuckerkranke in Form von K.-Brot essen. Zu dem Zweck mußte man wissen: 1. die Menge des täglich genossenen Grahambrotes, 2. den prozentischen Stärkegehalt des Grahambrotes, 3. den prozentischen Stärkegehalt des K-Brotes. Daraus kann man sich die Menge des zu genießenden K.-Brotes berechnen. Z.B.: 150 Gramm Grahambrot mit 48 Prozent Stärke sind gleich 160 Gramm K.-Brot mit 45 Prozent.
Vaterländischer Elternabend der Heyermannschen Bildungsanstalten. Es ist erfreulich, daß während des gewaltigen Völkerringens unsere Schulen die ihnen anvertraute Jugend die große und ernste Zeit voll und ganz durchleben läßt, sei es innerhalb des Schullebens oder durch besondere Veranstaltungen. Seminar, Lyzeum und Mittelschule der Heyermannschen Schule veranstalteten gestern im schönsten Zusammenwirken einen gut besuchten Elternabend im großen Saale des Bürgervereins, der sich dieser Aufgabe anpaßte und noch ganz im Zeichen des verflossenen Kaiserfestes stand. Frisch und eindrucksvoll wechselten im ersten Teil des Abends mehrstimmige Chorlieder, unter denen auch neuentstandene Kriegsweisen ausgewählt waren, mit packenden Dichtungen aus dem großen Kriege der Gegenwart. Herr Stadtverordneter Henry schilderte sodann in eindrucksvollem Vortrag seine Erlebnisse und Eindrücke, die er bei Gelegenheit einer Liebesgabenfahrt durchs Maastal nach Rethel und während seines späteren siebenwöchigen Aufenthaltes in der Bonner Erfrischungsstelle „Prinzessin Viktoria“ am Hauptbahnhof in Lille gewonnen hatte. Mit sichtlichem Interesse folgten die Schülerinnen den packenden Schilderungen über die Hinfahrt durch Belgien, das Verhalten der Bevölkerung, den trefflichen Opfergeist der deutschen Truppen und das eindrucksvolle Kriegsleben in Lille. Die lebensvolle Darstellung durch wob eine erfrischende Siegeszuversicht, die sich gründet auf die gerechte Sache, das tiefe Gottvertrauen, den trefflichen Geist der Truppen und die Bereitschaft zum Durchhalten bei der gesamten Bevölkerung. Die helle Begeisterung, mit der die stattliche Mädchenschar in das Kaiserhoch einstimmte und die „Wacht am Rhein“ ertönen ließ, gaben der Schulleitung die Ueberzeugung, daß der erhebende Zweck dieses patriotischen Eltenabends vollauf erreicht war.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Tee im Felde. Tee als Volksgetränk mehr als bisher einzuführen ist jetzt im Krieg im Blick auf unsere Truppen eine besonders wichtige Aufgabe. Tee ist warm und kalt gelich genießbar, erwärmt, regt an, schafft behaglich Stimmung, paßt zu jeder Speise, schützt vor Ermüdung und Schlappwerden. Es ist darum mit Freuden zu begrüßen, daß von manchen Seiten unter den Liebesgaben, die ins Feld erbeten und versandt werden, namentlich auch auf Tee besonderes Gewicht gelegt wird. Generalarzt z.D. Dr. Körting schrieb über den Tee in „Meine Dienstzeit“, er rege an, erfrische und erwärme, ohne den Magen oder den Kopf zu belästigen. Er passe zu jeder Speise. Durch seinen Gehalt an Gerbsäure beeinflusse er die Verdauung namentlich beim Herrschen epidemischer Darmkrankheiten günstig; er schütze vor Magen- und Darmstörungen. (...) Dr. F.
Taschendiebe sind seit einiger Zeit, besonders auf dem Markt, in der Remigiusstraße und an anderen belebten Orten wieder fleißig am Werk. Auch die Fuhrwerke der Spediteure werden oft sogar am hellen Tag bestohlen. Es ist jetzt, wo ein großer Teil der Polizeibeamten zum Militär eingezogen worden ist, dringend notwendig, daß das Publikum selbst eine Art Sicherheitsdienst leistet und jeden, der sich durch sein Verhalten verdächtig macht, der Polizei übergibt. Wenn es notwendig ist, benachrichtige man telephonisch die Hauptwache. (Telephon-Nr. 45)
Die steckbrieflich verfolgte geschiedene Ehefrau Else Köllner aus der Rheingasse ist nicht 28, sondern 51 Jahre alt. Unsere gestrige Notiz ist dahin zu berichtigen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 5. Februar 1915
Bonner Lichtspiele. Gewaltig sind die Fortschritte, die der Kintopp in den letzten Jahren sowohl in technischer als auch künstlerischer Hinsicht erfahren hat. Die anfängliche Scheu anerkannter Künstler, auf der Lichtbildbühne aufzutreten, ist gewichen und heute sieht man selbst die Größten unserer Schauspielkunst im Lichtbild ihre ausdrucksvolle Sprache reden. Den bedeutendsten Werken der Filmkunst, wie beispielsweise „Quo vadis“, „Kleopatra“ usw., hat sich nunmehr ein weiterer Riesenfilm „Julius Caesar“ angeschlossen, den die Bonner Lichtspiele am Samstag vorführen. Es handelt sich um einen sechsaktigen 2300 Meter-Film, dessen Abkurbelung über zwei Stunden erfordert. Der Film ist von der Berliner Presse glänzend besprochen worden.
Die Pflichten der Hausfrau. Am kommenden Montag wird die Gattin des Herrn Professors H. Schumacher im großen Saal der Lese einen Vortrag über die Pflichten der Hausfrau im Kriege halten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Flickendecken für die Schützengräben.
Bei dem furchtbaren Wetter in den letzten Wochen sind die wollenen Decken in den Schützengräben für die Truppen fast nicht mehr brauchbar. Um nun schnell unsern Truppen neue Decken zuzuführen, ist angeregt worden, in Deutschland Flickendecken herzustellen aus Flicken, wie sie in jedem Haushalt in größeren Mengen vorhanden sind. Die Decken müssen 150 Zentimeter breit und 2 Meter lang sein. Eine große süddeutsche Stadt hat 50 000 solcher Flickendecken in Aussicht gestellt. In Bonn wird auch jedenfalls eine sehr große Menge zusammenkommen, wenn unsere Frauen und Mädchen sich an der Herstellung beteiligen. Die Annahmestelle ist der Freiwillige Hilfsausschuß im hause der Rhein.-Westf. Diskonto-Gesellschaft am Münsterplatz. Die Frauen werden gebeten, halbfertige oder fertige Decken dort abzuliefern.
Russische Gefangene am Vorgebirge. In mehreren Brikettfabriken am Vorgebirge werden seit einigen Tagen russische Gefangene als Arbeiter beschäftigt. Andere Werke werden solche demnächst noch einstellen.
Ein stadtbekannter Krüppel von hier mußte sich vor dem Kölner Kriegsgericht verantworten. Der Angeklagte, der nur ein Bein hat, ist augenscheinlich ein geistig minderwertiger Mensch, der dem Trunke im bedauerlichsten Maße ergeben ist und der ständig mit den Gesetzen in Konflikt gerät. Insbesondere steht er sehr schlecht den Beamten gegenüber. Diesmal wurde er, was man von einem Krüppel kaum für möglich halten soll, der Widerstandsleistung und des tätlichen Angriffs auf zwei Polizeibeamte beschuldigt. Die Beamten sagen aus, sie hätten den Angeklagten auf der Straße skandalierend vorgefunden und ihn ermahnt, sich ruhig zu verhalten. Alle Vorstellungen waren aber fruchtlos, so daß sie zur Vorführung hätten schreiten müssen, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Der Angeklagte habe sich nun in der erheblichsten Weise widersetzt, sich auf die Erde geworfen und mit den Krücken nach ihnen geschlagen. Mit größter Mühe hätten sie ihn aufnehmen können. Kaum daß der Beschuldigte aufrecht gestanden haben, sei einer der Beamten von ihm heftig vor den Leib getreten worden. Schließlich sei dann der Angeklagte mit ihnen gegangen. Das außerordentliche Kriegsgericht sah in dem Verhalten des Krüppels eine erhebliche Ausschreitung gegen die öffentliche Ordnung und verurteilte ihn zu zwei Jahren Gefängnis.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mehr Ruhe und mehr Ernst. Ein verwundeter Oberjäger schreibt uns: Es war gestern um die Mitternacht, als uns alle im Lazarett (am Römerplatz) ein heiseres Johlen und Gröhlen aufschreckte. Aufs tiefste empören mußten uns diese liederlichen eklen Gassenhauer aus einer schwülen Kultur vor dem Kriege; und, nicht für möglich hielt ich’s: sogar weibliche Stimmen gellten so widerlich dazwischen. Stundenlang trieben sie ihr schändliches Wesen. Um 2 Uhr setzte das Lärmen mit unverschämter Gewalt von neuem ein. Sogar: „Es braust ein Ruf wie Donnerhall“ sangen diese betrunkenen Laffen! Das Lied, das uns alle begeisterte, als wir auszogen, und das noch alle begeistert, hier mußten wir es schändlich in den Schmutz gezogen sehen. Kann man sich da noch halten vor Zorn? Muß man noch fragen, wo denn diese Leute ihr besseres Selbst verloren? Eine Schandel ist’s um diese verd.... Kneipereien in solcher Zeit. Stopft diese Bierlöcher! Man faßt sich an den Kopf: „Bin ich denn wirklich noch in Deutschland, sind die da drunten wirklich Deutsche?“ Erkennt ihr immer noch nicht, daß euer schlimmster Feind da innen bei euch sitzt? Oder meint ihr, daß die da draußen alle zusammen euch so tief erniedrigen könnten, als dieser eine? Den habt ihr niederzukämpfen, die ihr im Vaterland die Wache halten sollt. Reinigt unser Volkstum von diesem einzigen Schandfleck! Dann seid ihr würdig eurer Brüder und Söhne da draußen. Wollte ich’s ihnen erzählen, was ich hörte und sah, sie würden es nicht glauben, weil sie viel höher denken von dem Vaterland, das hinter ihnen steht. Bonn, den 1. Februar 1915.
Die elektrische Bahn Bonn-Siegburg und die Arbeiter der Geschoßfabrik und des Feuerwerks-Laboratoriums. Dem Einsender F. vom 27. Januar 1915 des Artikels über die elektrische Bahn Bonn-Siegburg kann man nur dankbar sein, daß er die Beförderungsart der in Siegburg beschäftigten Leute einmal eingehend beleuchtet. Nur kann man nicht verstehen, weshalb er nur für diejenigen Leute eintritt, welche auf der Geschoßfabrik tätig sind. Dort sind 3000, auf dem Feuerwerks-Laboratorium dagegen 9000 Personen beschäftigt, welche doch auch zur Zeit die Bahn benutzen. Außer der Herabsetzung des hohen Fahrpreises am Sonntag, wo wir doch nicht besser befördert werden wie Werktags, wäre auch noch anzustreben, daß der Zug, der morgens um 6.30 Uhr von Siegburg nach Bonn fährt, anstatt auf dem 2., auf dem 1. Geleise abfährt, dann könnten die ankommenden Leute aus der Nachtschicht sofort einsteigen und brauchten nicht die lange Zeit in Wind und Wetter zu stehen.
Die Ermäßigung des Fahrpreises für die Leute, welche am Sonntag arbeiten müssen, ist bei einer solchen Massenbeförderung wohl ganz selbstverständlich.
Wenn wir auch von der Direktion der Bahn nach den bisherigen Erfahrungen wenig auf Entgegenkommen rechnen können, so hoffen wir doch, daß unsere Stadtverwaltung einsieht, daß wir bei unserer anstrengenden Tätigkeit ein Recht auf anständige Beförderung haben. Einer, der auch mitfährt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Samstag, 6. Februar 1915
Die vaterländischen Reden und Vorträge finden von jetzt ab nur noch Mittwochs statt. Wiederholungen können nicht mehr gehalten werden. Infolgedessen fällt auch die Wiederholung am heutigen Samstagabend bereits aus. Den nächsten Vortrag hält am nächsten Mittwoch Herr Privatdozent Dr. Ohmann über die Psychologie des Krieges. Eintrittskarten zu diesem Vortrag werden von Montagmorgen ab in den Buchhandlungen von Friedrich Cohen und Peter Hanstein und in der Musikalienhandlung Sulzbach ausgegeben.
Bonner Wehrbund. Am Sonntagmorgen findet um 12 Uhr ein Appell der Feldwebel der einzelnen Abteilungen auf der Werbestelle Thomasstraße 2 statt. Sonntagnachmittag vereinigen sich alle Abteilungen um 3 Uhr an der Karlsschule zu einer größeren Geländeübung zwischen Dransdorf und Rheindorf.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Ausschuß für hauswirtschaftliche Kriegshilfe hat Franziskanerstraße 9 (Zimmer 24) eine Beratungsstelle eingerichtet, wo am Dienstag und Freitag vorm. 10 bis 12 Uhr über Fragen des wirtschaftlichen Lebens während der Kriegszeit Auskunft erteilt wird. Man kann dort Kochrezepte erhalten, die Einrichtung von Kochkiste und Kochbeutel einsehen und dergl
Mehl zur Herstellung von Seife. Das Verbot der Verwendung von Kartoffelmehl zur Herstellung von Seife ist nunmehr durch den kommandierenden General des stellvertretenden 8. Armeekorps auch auf Reisstärkemehl, Maisstärkemehl, Mandiokamehl und Tapiokamehl ausgedehnt worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Aufgefundene Patronenhülsen und Patronen werden von den militärischen Verwaltungsbehörden gegen Zahlung von 25 Pfg. für 1 Kilo angenommen.
August Macke lebt. Vor etwa vier Monaten wurde berichtet, daß einer der begabtesten unter unseren jüngeren Malern, der Bonner August Macke, bei Arras gefallen sei. Nun erzählt Wilhelm Schmidtbonn, der als Berichterstatter des „Berliner Tageblatts“ auf dem westlichen Kriegsschauplatz weilt, daß Macke nur totgesagt worden sei, in Wirklichkeit aber wohlbehalten, wenn auch als Kriegsgefangener in England lebe. Schmidtbonn, der mit Macke befreundet ist, hatte lange an die Todesnachricht nicht glauben wollen: „Obwohl man schließlich darauf gefaßt sein muß, daß einer, der im Krieg steht, fällt, nahm mein Gehirn tagelang diese Nachricht nicht auf. Denn es konnte keinen lebendigeren Menschen geben als diesen hohen, breiten, lachenden August Macke, der nun – unweit einer Stelle, wo er vor ein paar Jahren mit Herbert Eulenberg und mir oft durch den Morgenwind unter Kunstgesprächen gewandert war, und dazu kämpfend gegen die Franzosen, deren Kunst ganz seine Seele füllte – aus diesem bunten Leben ausgestrichen sein sollte. Aber ich glaubte endlich, mußte endlich glauben. Wie alle seine Freunde. Wir schrieben Briefe an seine Frau, die uns unendlich schwer wurden, viele schrieben Nachrufe in den Zeitungen. Aber das Wunderbare war, daß diese junge Frau, fast ein Kind, noch nicht glaubte. Trotz amtlicher Mitteilung nicht glaubte. Trotzdem Kameraden ihren Gatten hatten fallen sehen. Trotzdem nicht der geringste Umstand einen Anlaß gab, an der Tatsache des Todes zu zweifeln: dennoch nicht glaubte. All die Monate hindurch ihre Tage hinlebte in einer fast unheimlichen heiteren Gewißheit. Und jetzt, heute, während unweit die Geschütze rollen: erhalte ich die Nachricht, daß der Tote auferstanden ist, lebt. Er ist in England gefangen. Ich schlage diese junge Frau für das Eiserne Kreuz vor.“ (Frankf. Ztg.)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Ein Landwirt über die teueren Kartoffel.
Gerade diejenigen schimpfen in den Zeitungen am meisten über die hohen Kartoffelpreise, die die Ursachen dieser Teuerung am wenigsten kennen. Das ist Anmaßung. Und es ist eine bodenlose Frechheit, zu behaupten, daß wir Landwirte die hohen Preise hervorgerufen hätten, um uns unverdienterweise zu bereichern. Alle Lebensmittel sind doch im Preise gestiegen, nicht nur die Kartoffel. Warum macht man den Produzenten jener anderen Waren nicht dieselben Vorwürfe, die man jetzt schon seit Monaten gegen uns erhebt. Wenn ich meine Kartoffel für 3,50 Mark den Zentner verkaufen will und es kommt jemand und bietet mir ohne weiteres 4 Mark, dann bin ich, und auch kein anderer Mensch, so bescheiden und weise die 50 Pfg. pro Zentner zurück. Wir Landwirte richten unsere Preise eben nach dem Angebot. Das möge man doch endlich einmal behalten.
Man sagt, wir hätten unsere Vorräte eingekellert, um sie im Frühjahr zu enormen Preisen abzugeben. Wer nur ein wenig mit den landwirtschaftlichen Verhältnissen vertraut ist, der weiß, daß diese Behauptung glatter Unsinn ist. Die Finanzen des Landmannes stehen nicht so, daß er seine Kartoffelernte überwintern lassen kann. Er muß sie im Herbst verkaufen, um seine November- und Januar-Rechnungen bezahlen zu können. Nur ganz reiche Bauern können sich den Luxus des Ueberwinterns erlauben. (...)
Noch einmal bemerkt: wir Landwirte können die Preise für unsere Waren nie selbst stellen. Dies tuen andere, und wir müssen verkaufen für das, was uns geboten wird. Grade bei uns ist durch Aufbewahren der Ware bis zum Frühjahr nur selten etwas zu verdienen, da Kartoffel an Gewicht und Fäulnis durchweg mehr verlieren, als der Frühjahrspreis aufbringt. Die Verhältnisse, die der Krieg im Gefolge hatte und die Spekulationsmanöver gewisser Leute haben die Preise in die Höhe getrieben.
Auch müssen wir Landwirte in dieser Zeit sicher schwerer tragen, als den Städtern bekannt ist. Die besten Kräfte an Menschen und Tieren sind uns genommen, alles was die Landwirtschaft benötigt, ist im Preise um ein Drittel, oft sogar um die Hälfte gestiegen und nur mit aller Mühe ist es uns möglich, die Felder einigermaßen ordnungsmäßig zu bestellen. Das, was uns heute mehr gezahlt wird für Getreide und Kartoffel, kann unsere Verluste anderseits nicht aufwiegen. Erst die kommende Ernte wird hier deutlicher sprechen.
Ich glaube im Sinne vieler Landwirte gesprochen zu haben, welche all die vielen Zeitungsartikelchen geduldig über sich ergehen ließen. Ein Landwirt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Sonntag, 7. Februar 1915
Für den türkischen Lazarettzug sind in der Geschäftsstelle der Bonner Zeitung weiter eingegangen von E.D. (Für jedes Fremdwort, dir entschlüpft, ein Scherflein in die Büchse hüpft.) 20,55 Mark. (...) Die Sammlung in Bonn wird hiermit geschlossen und der Betrag von annähernd 5000 Mark an die Zentral-Sammelstelle für den ersten deutschen Lazarettzug für die türkische Armee in Halle (Saale) gesandt.
Vor der Strafkammer wurde gestern die Beleidigungsklage gegen den Verleger des „Volksmunds“ verhandelt. Der Dechant Winter und der Pfarrer Nolte aus Lengsdorf hatten Strafantrag gestellt wegen eines Artikels in der Nummer 89 vom 16. Mai 1914 des „Volksmunds“. In dem Artikel wurde dem Pfarrer vorgeworfen, daß er die meisten Arbeiter und Handwerker als Sozialdemokraten und sie als nicht zur Kirche gehörig, betrachte, gegen die jedes Mittel, auch das der brutalsten Gewalt anzuwenden, erlaubt sei. Die Kinder dieser Arbeiter betrachte er als künftige Marats und Robespierres, und habe sie geradezu mißhandelt. Die Lehrpersonen behandelte er als seine Untergebenen und drangsaliere sie so, daß eine Lehrerin einen dreimonatigen Urlaub nehmen mußte. Er habe eine sehr genaue Kontrolle ausgeübt, ja, sogar an den Schultüren gehorcht. Einer Familien, die ihr Kind vorzeitig aus der Schule entlassen zu sehen wünschte, habe er, trotzdem der Schulvorstand die Aermlichkeit der häuslichen Verhältnisse anerkannte, einen abschlägigen Bescheid gegeben. Pfarrer Nolte fühle sich eben als Alleinherrscher, und dulde keinen neben sich, nicht einmal seinen Kaplan. So habe er auch das Abschiedsständchen, daß die Gemeinde dem scheidenden Kaplan, der ihr Vertrauen genoß, untersagt. In einer Versammlung habe er Männer, die seiner Meinung nicht waren, mit „grüne Jungen“ angeredet, und einen Wirt in seiner Existenz schwer bedroht, daß er in öffentlicher Versammlung abriet, dessen Lokal zu betreten. Zum Schluß des Artikels hieß es, daß so Sozialdemokraten herangebildet werden und dies durch einen geistlichen Herrn, der unter dem Vorgeben, sie zu bekämpfen, und – entgegen seinem Auftrage als Seelsorger – Zwietracht und Erbitterung geschaffen hat. – Der Angeklagte Kroth bestritt zunächst seine Verantwortlichkeit für die Aufnahme dieses Artikels, gab aber zu, daß er veranlaßt habe, daß der Artikel an dem betreffenden Tage in das Blatt kam. Im übrigen wollte er den Wahrheitsbeweis antreten. – Darauf wird der Zeuge Pfarrer Nolte vernommen. Er legte dar, daß von Anfang an in Lengsdorf eine Partei gewesen sei, die gegen ihn gearbeitet habe, an ihrer Spitze der Hauptlehrer. Als er nach Lengsdorf als Pfarrer gekommen sei, im Juli 1912, seien die Verhältnisse sehr verwildert gewesen, besonders das Schulwesen habe im Argen gelegen. Da sei es sein Recht und seine Pflicht gewesen, als Ortsschulinspektor und Seelsorger, diesen Zuständen abzuhelfen. In freundschaftlichem Tone habe er den Lehrern Ermahnungen zuteil werden lassen. Die übrigen Behauptungen des Artikels wies der Pfarrer als unwahr oder entstellt zurück.
In den Zeugenaussagen bekundete die Lehrerschaft und auch andere Zeugen, daß Pfarrer Nolte die in dem Artikel erwähnten Vorwürfe verdiente. Die Lehrer und Lehrerinnen von Lengsdorf waren der Ansicht, daß der Pfarrer viel zu weit gegangen war; ferner wurde bekundet, daß er einmal 48 Schüler hintereinander mit dem Stocke gezüchtigt hatte. Daß er einen Wirt durch seine Rede in seiner Existenz schwer bedroht habe, wurde durch die Aussagen der Zeugen festgestellt, ferner daß er den Ausdruck „grüne Menschen“ gebraucht hat gegenüber einem erwachsenen Mann; auch daß durch des Pfarrers scharfes Vorgehen Uneinigkeit und Erbitterung in der Gemeinde herrschte bestätigten einige Zeugen. Andere Zeugen sprachen zu Gunsten des Pfarrers aus. – Nach der Zeugenaussage nahm der Staatsanwalt das Wort. Er hielt den Beweis für erbracht, daß durch den Artikel des Volksmund der Pfarrer beleidigt worden sei und beantragte eine Geldstrafe von 300 Mark. Nach den Plaidoyers der Vertreter des Angeklagten und des Nebenklägers, des Pfarrers, zog sich das Gericht zur Beratung zurück. Das Gericht kam zu dem Beschluß, daß die Beweisanträge abgelehnt werden müßten. Es müsse anerkannt werden, daß der Pfarrer in manchen Fällen zu energisch vorgegangen wäre und daß dadurch die Verstimmung in Lengsdorf entstanden sei. Im großen und ganzen habe der Pfarrer es aber als seine Pflicht betrachtet, in die schwierigen Verhältnisse Ordnung zu schaffen. Mehrere Behauptungen des Aritkels, wie die Sache mit dem Kelche seien als unwahr nachgewiesen. Andere Behauptungen seien nicht als Tatsache angeführt, sondern als allgemeine Kritik und zwar in einem höhnischen Tone und deshalb seien sie strafbar. Das Gericht erkannte, daß der Angeklagte im Drange der Geschäfte gehandelt habe, und verurteilte ihn mit Rücksicht auf sein jugendliches Alter zu 100 Mark Geldstrafe und zu den Kosten des Verfahrens. Dem Pfarrer wurde das Recht der kostenlosen Veröffentlichung des Urteils im Volksmund zugestanden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Bonner Stadtverordneten traten Samstag nachmittag zu einer vertraulichen Besprechung zusammen, die der Beratung und Beschlußfassung über die Frage der Ernährung unserer Bürgerschaft während des Krieges galt. Zu der Beratung war eine Anzahl Sachverständiger hinzugezogen worden. U.a. waren die Herren Prof. Herm. Schumacher und Dr. Reinhardt, der Generalsekretär der Landwirtschaftskammer der Rheinprovinz, anwesend. Beide Herren legten in eingehenden Vorträgen ihre Ansichten über die Frage der Volksernährung während der Kriegsdauer dar. Da die Verhandlungen einen vorberatenden Charakter trugen, war die Sitzung nicht öffentlich. Ueber das Ergebnis der Beratungen werden wir nähere Mitteilung machen, sobald die Frage spruchreif gewordne ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Montag, 8. Februar 1915
Im evangelischen Bürgerverein Bonn-Süd sprach am vergangenen Samstag bei vollbesetztem Saal im Gemeindehaus an der Germanenstraße der Rechnungsrat Seehaus über „Heimat – und Familiensinn“. Der Vortrag paßte sich unserer großen an fand bei den Zuhörern eine außerordentlich beifällige Aufnahme. Der Vorsitzende ging dann auf die heutige Kriegslage ein und forderte die anwesenden Frauen auf, durch Sparsamkeit im Haushalte vor allem an Brot dem deutschen Volke im wirtschaftlichen Kampfe zum Siege zu verhelfen. Musikalischen Vorträge und deklamatorische Darbietungen wechselten dann mit gemeinschaftlichen Gesängen, bis Mitternacht dem hübsch verlaufenen, dem Ernst der Zeit entsprechenden Familienabend ein Ende machte.
Die Bonner Bäcker-Innung hielt kürzlich im Gesellenhause eine außerordentliche Generalversammlung ab. Der Obermeister J. Virnich eröffnete die Sitzung, begrüßte die erschienenen Berufsgenossen und wies auf die Wichtigkeit der Tagesordnung hin. Dann erteilte er dem Ehrenobermeister P. Chrysant das Wort zur näheren Besprechung der Bundesrats-Verordnung vom 3. Februar. Einleitend zu dieser Erläuterung betonte Herr Chrysant, daß die augenblickliche schwere Zeit die Regierung zwang, zu solch scharfen Maßnahmen zu greifen, wie die Bundesrats-Verordnung vom 3. Februar sie uns auferlegte. Im Interesse des Vaterlandes soll in gewissenhafter Erfüllung seiner Pflichten, Hand in Hand gehend mit der gesamten Bürgerschaft, der deutsche Bäckermeister die mit den Bestimmungen verbundenen Opfer willig auf sich nehmen. Hier auf wurden die Verordnung vom 3. Febr. Verlesen und einzeln die Punkte zur Erörterung gestellt. Nach einer regen, von großer Opferwilligkeit zeugenden Aussprache, wurde einstimmig folgende Entschließung angenommen.
„Di eine außerordentliche Generalversammlung der Bonner Bäcker-Innung stellt sich einmütig und opferfreudig auf den Boden der Bonner Stadtverwaltung vom 3. Februar 1915. Sie verkennt nicht, daß durch diese Verordnung für die Bäckereibetriebe der Stadtkreise Bonn eine äußerst schwierige Zeit kommen wird. Sie weiß aber auch, daß gerade die deutschen Bäckermeister in erster Linie mitberufen sind, Englands völkerrechtswidrigen Verhungerungsplan zuschanden zu machen. Deshalb und aus begeisterter Liebe zu unserem deutschen Vaterland, treten die 180 Mitglieder der Bonner Bäcker-Innung wie ein Mann in diesen wirtschaftlichen Kampf ein, beseelt von demselben festen Willen zum Durchhalten wie ihre Brüder draußen in der front. Daß die städtische Verwaltung alles tun wird, was sie den Umständen entsprechend zur Erhaltung der einzelnen Betriebe tun kann, glaubt die Innung zuversichtlich erwarten zu dürfen.“
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Mißbrauch der Feldpost. Einzelne Fälle mißbräuchlicher Benutzung der Feldpost durch Soldaten und ihre Angehörigen sind bereits zur öffentlichen Kenntnis gekommen. Neuerdings gesellt sich dazu ein weiterer Fall, der Abwehr fordert. Ein Briefmarken- oder Postkartensammler übermittelt größere Mengen von Postkarten an einzelne Soldaten, deren Adresse er in Erfahrung gebracht hat, und bittet um Absendung an seine Adresse. Nach seiner Angabe sammelt er Feldpoststempel. Es liegt auf der Hand, daß eine solche Sammlung der Spionage dienen kann. Den Soldaten ist daher verboten worden, derartigen Aufforderungen zu entsprechen. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß die Versendung solcher Karten außerdem eine überflüssige Belastung der Feldpost bedeutet.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Verleger des „Volksmund“ ist am Samstag von der Strafkammer wegen Beleidigung des Pfarrers Nolte in Lengsdorf zu 100 Mark Geldstrafe verurteilt worden. Der „Volksmund“ hatte im Mai v.J. in einem Artikel von dem Kläger behauptet, er mißhandle die Schulkinder und drangsaliere als Schulinspektor die Lehrpersonen derart, daß eine Lehrerin einen dreimonatigen Erholungsurlaub nehmen mußte. Pfarrer Nolte fühle sich als Alleinherrscher und dulde keinen neben sich, nicht einmal seinen Kaplan. Das Gericht betonte in der Urteilsbegründung, Pfarrer Nolte habe es als seine Pflicht erachtet, in die schwierigen Verhältnisse in Lengsdorf Ordnung zu schaffen. Mehrere Behauptungen des Artikels seien als unwahr nachgewiesen. Andere Behauptungen seien nicht als Tatsache angeführt, sondern als allgemeine Kritik und zwar in einem höhnischen Tone und deshalb seien sie strafbar.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 9. Februar 1915
Der Bonner Wehrbund veranstaltete am Sonntag nachmittag eine größere Geländeübung, in der auch die Abteilung des Kgl. Gymnasiums in großer Zahl, eine Abteilung des Ernst-Moritz-Arndt-Bundes und eine Kolonne der Freiwilligen Sanitäter teilnahmen. Der Uebung lag der Gedanke zu Grunde, daß eine blaue Westarmee bei Rheindorf den Rhein zu überschreiten suche, dem eine rote Ostarmee mit der Absicht entgegen träte, die Absicht des Feindes nicht nur zu verhindern, sondern ihn auch noch zurückzuschlagen. Die Parteien rückten von Dransdorf und vom Nordfriedhof aus gegeneinander vor. Im Gelände des Tannenbusches kam es zum Zusammenstoß beider Parteien, der zu einem wiederholten Begegnungsgefecht in lang gezogenen Schützenlinien führte. Den Blauen gelang es erst durch eine Flankenbewegung die Roten in Bedrängnis zu bringen; bei einem zweiten Vorgehen der Roten mußten sich die Blauen aber auf Dransdorf zurückziehen. Die Roten folgten ihnen, nahmen eine größere Abteilung gefangen, erlagen aber bei einem kühnen Sturmangriff auf das Dorf den Blauen, die eine fast uneinnehmbare sichere Stellung eingenommen hatten. Um 6 Uhr zogen alle Abteilungen mit der Freiwilligen Sanitätskolonne, die im Sande des Tannenbusches wiederholt Gelegenheit gehabt hatte, markierte Verwundete aus dem Gefechtsfeld zu schaffen, in langem Zuge wieder in die Stadt ein. Die Ungunst des sandigen Geländes und der wiederholte Sturmlauf auf ansteigendem Boden hatte eine reichliche körperliche Anstrengung der Mannschaften erfordert und damit den Hauptzweck der ganzen Uebung in hohem Grade erreicht, die Teilnehmer an anstrengende Leistungen zu gewöhnen.
Die Allgemeine Sterbekasse zu Bonn teilt in ihrem Jahresbericht mit, daß infolge des Ueberschusses vom Jahre 1911 den zum Dienst im Heere und in der Marine einberufenen Mitgliedern ihr voller Sterbegeld-Anspruch verbleiben kann. Um die Ausgaben, die durch die Kriegssterbefälle eintreten, zu verringern, beschloß der Vorstand, eine Rückversicherung aller am Kriege teilnehmenden Mitglieder bei der Kriegsversicherung der Rheinprovinz mit je einem Anteilscheine zu 10 M.
Der Fastenhirtenbrief des Kölner Kardinals. In dem am Sonntag erschienenen Fastenhirtenbrief des Kardinals Erzbischof von Hartmann heißt es u.a.: „Gott war mit unseren heldenmütigen Kriegern im Westen wie im Osten, auf dem Meere und in der Luft. Jeder von uns muß mutig die von ihm geforderten Opfer bringen. Unsere Krieger sind in den aufgezwungenen Krieg gezogen für das Fortbestehen und die Freiheit unserer geliebten deutschen Heimat. Und welche Heldentaten haben unsere Truppen nicht schon unter Gottes Schutz vollbracht, voran ihre herrlichen Führer, der Kaiser und die deutschen Fürsten, Heldentaten, die fortleuchten werden durch alle kommenden Zeiten. Auch kostbare Früchte des Opfermutes und der Nächstenliebe hat der Krieg gebracht, sowohl in der Heimat wie im Felde.“ Nachdem der Kardinal noch der auf dem Felde der Ehre Gefallenen gedacht hatte, fordert er die im Felde stehenden Truppen auf, weiter auszuharren bis zum endgültigen Siege.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bonner Lazarettzug K 1. Man schreibt uns: Die dritte und vierte Fahrt führte den Bonner Vereins-Lazarettzug nach Chouny in der Nähe von Soissons. Der große Erfolg der Unseren daselbst war allerdings mit großen Opfern verknüpft, und namentlich unmittelbar nach dem Siege hat der Zug sehr viele recht schwer Verletzte aufgenommen. So wurde die dritte Fahrt eine Probe auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Einrichtungen des Zuges und seines Personales. Man darf sagen, daß beide ihre Probe gut bestanden haben. Als besonders wohltuend hat sich dabei die schon nach der zweiten Fahrt vollkommen durchgeführte Einrichtung der Lagerstellen mit Matratzen erwiesen. Bei der Schwere der Verletzungen ist es nicht verwunderlich, daß schon weit vor dem Ziele der Fahrt, das Nürnberg war, Verwundete ausgeladen werden mußten, so in Aachen und Bonn selbst. Mit annähernd 200 Kranken erreichte der Zug aber seine Endstation, an der in mustergültiger Weise in etwa 2 ½ Stunden alle Verwundeten ausgeladen waren.
Auf der dritten und vierten Fahrt hat der Zug wieder viele Liebesgaben mitgenommen, die von Bonnern aller Kreise gestiftet waren. Das Rote Kreuz in Nürnberg gab uns einen großen Korb Orangen mit. Alle Gaben fanden dankbarste Abnehmer bei dem Etappenarzt, der die weitere fachgemäße Verteilung regelte und der allen Gebern herzlichst danken läßt.
Die vierte Fahrt verlief glatt. Wieder war der Zug vollbesetzt mit 250 Verwundeten. Auch diesmal mußten in Aachen etwas 20 unserer Braven ausgeladen werden, da ihre Weiterverbringung nicht rätlich erschien. Ziel war diesmal Frankfurt und Hanau.
Nun geht’s zur fünften Fahrt. Mannigfache Aufgaben stehen uns bevor. Immer gibt es noch zu bessern und vervollkommnen. Dazu bedarf es der Mitwirkung aller Seiten, und wir zählen nach wie vor auf den bewährten Opfersinn unserer lieben Vaterstadt zum Wohle unsrer Väter, Söhne und Brüder, die mit ihrem Blut uns den häuslichen Herd bewahren.
Wünschenswert sind vor allem Bettlaken, 120x240 Zentimeter, wollene Decken, Schokolade, Zigarren und Zigaretten. Sammelstelle Bahnhofstraße 40, Geldbeträge bittet man auf der Deutschen Bank, Zweigstelle Bonn, einzuzahlen. (...)
Die Pflichten der Hausfrau im Kriege. Ueber dieses Thema, das jetzt besondere Aufmerksamkeit fordert, ist in unserer Stadt bereits des öfteren gesprochen worden. Wir erinnern nur an die ganz ausgezeichneten Darlegungen des Oekonomierates Kreuz sowie von Frau Dr. Wegscheide-Ziegler, die über zweckmäßige Ernährung zur Kriegszeit vom volkswirtschaftlichen Standpunkt sprachen. Gestern abend war es Frau Prof. Schumacher, die im großen Saal der Lese vor einem zahlreichen Zuhörerkreise ebenfalls das Thema beleuchtete und bemerkenswerte Anregungen bot. Dabei ging Rednerin aus von der jetzt notwendig werdenden Sparsamkeit mit unseren Vorräten an Lebensmitteln. Vor allem gelte es, die Nährstoffe für die menschliche Nahrung nutzbar zu machen, die notwendig werdenden Konsequenzen aus de Futternot zu ziehen und die Lebensmittel für die nächste Zeit richtig zu verteilen, insbesondere auch Dauerwaren aufzuspeichern. – Sparksamkeit sei vor allem erforderlich in der Benutzung von Fetten, Butter, Seife, Malzkaffee, Spiritus, Stärke, Petroleum, Kohle, Eiern, Brot und Brotgetreide. Insbesondere sei gegen die immer noch geübte Verschwendung von Brot und Brotgetreide, Brotresten, energisch Einspruch zu erheben. Reichlicher möge man dagegen Käse jeder Art, Magermilch usw. verwenden.
Da bei dem beschränkten Raum einer Tagespresse nicht auf Einzelheiten auch dieses Vortrages eingegangen werden kann, mag der Anregung Raum gegeben werden, daß sich die maßgebenden Kreise, die, wie Eingangs gesagt, über die Frage bereits gesprochen haben, untereinander verständigen, ihre Erfahrungen und Gedanken auszutauschen. Auf Grund dieser Besprechungen mögen sie das Wichtigste des zeitgemäßen Themas in gedrängter Form gemeinverständlich klar zusammenfassen und durch Drucklegung den weitesten Kreisen unserer Bevölkerung entweder umsonst oder für einen mäßigen Betrag zugänglich machen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Lengsdorf, 7. Febr. Von der Strafkammer in Bonn wurde am Samstag der Student Josef K. aus Bonn wegen Beleidigung des hiesigen Pfarrers Nolte zu einer Geldstrafe von 100 Mark verurteilt. Der Angeklagte hatte einen Artikel in das seiner Familie gehörende Blatt aufgenommen, der geeignet war, den Pfarrer in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Im Urteil wurde festgestellt, daß der Pfarrer in keiner Weise seine Befugnisse überschritten habe.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Von Nah und fern“)
5 Bonner Krankenschwestern nach Rußland. Nachdem am 28. Januar der Vaterl. Frauen-Verein Stadtkreis Bonn 6 Schwestern nach Lodz ausgesandt hatte, und inzwischen die Nachricht eingetroffen ist, daß diese glücklich an ihrem Bestimmungsorte angelangt sind, fuhren am 7. Februar wiederum fünf Schwestern des Vaterl. Frauen-Vereins Stadtkreis Bonn nach Rußland. Die Ausreise geschah zusammen mit einer größeren Anzahl anderer Schwestern, von Koblenz aus. Herr Bergassessor Lossen hat es übernommen, als Vetreter des Vereins die Schwestern bis Lodz zu begleiten.
Zeitgemäßer Karneval.
Der kommandierende General des 8. Armeekorps erläßt folgende Bekanntmachung:
„Um Kundgebungen, die der ernsten Zeit nicht entsprechen, während der bevorstehenden Karnevalstage vorzubeugen, verbiete ich für den Bezirk des 8. Armeekorps während der Zeit vom 11. bis 17. Februar 1915:
1. den gewerbsmäßigen Ausschank von Branntwein (Spirituosen) aller Art in sämtlichen Wirtschaftsbetrieben;
2. die Veranstaltung von Versammlungen und Sitzungen auch von Vereinen jeder Art, soweit es sich nicht um wissenschaftliche, religiöse oder rein geschäftliche Angelegenheiten handelt;
3. das Tragen von Verkleidungen oder karnevalistischen Abzeichen in der Oeffentlichkeit und in Vereinsräumen;
4. die Veranstaltung karnevalistischer Aufführungen und Vorträge, das Singen und Spielen karnevalistischer Lieder in öffentlichen Lokalen oder Vereinsräumen, sowie auf Straßen und öffentlichen Plätzen;
5. den Verkauf von Konfetti, Luftschlangen und anderen Karnevalsartikeln.
Die Polizeistunde wird für die angegebene Zeit auch auf geschlossene Gesellschaften ausgedehnt. Sie wird unter Aufheben aller Ausnahmen auf 12 Uhr abends festgesetzt, soweit nicht durch örtliche Maßnahmen eine frühere Stunde bestimmt ist.
Zuwiderhandelnde werden auf Grund des § 9b des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 bestraft. –
Wie verlautet, sind für die angegebene Zeit alle Urlaubskarten der Militärpersonen ungültig. Unteroffiziere und Mannschaften müssen um 9 Uhr abends in ihren Quartieren sein.
Brauchen wir noch Hilfslazarettzüge?
Es ist jüngst in Bonn in einem Vortrag gesagt worden, eines der wichtigsten Hilfsmittel, vielleicht das wichtigste Hilfsmittel im Kriegs-Sanitätsdienste, seien die Hilfslazarettzüge. Man müsse zu deren Beschaffung den letzten Pfennig hergeben. Die Rote-Kreuz-Korrespondenz erfährt aber von unterrichteter Seite, daß die von Vereinen, Stadtverwaltungen und privaten Wohltätern ausgerüsteten Hilfslazarettzüge, deren Zahl bereits etwas 150 beträgt, schon jetzt zum Teil wochenlang unbenutzt stehen bleiben müssen. Ihre Vermehrung würde nur noch mehr wertvolles Kapital brach liegen lassen. Unter diesen Umständen sollte die Bereitstellung weiterer Hilfslazarettzüge zunächst unbedingt unterbleiben. Die hierfür bestimmten Spenden könnten besser anderen geeigneten Zwecken zugeführt werden, vor allem der rechtzeitigen Fürsorge für unsere Kriegsinvaliden.
Der städtische Wald auf dem Venusberg für die Viehzucht freigegeben. Nachdem die Staatsforsten in weitgehendster Weise für Viehzüchter zur Streunutzung und Weidezwecke freigegeben worden sind, soll auch der städt. Waldbesitz auf dem Venusberg zu diesem Zwecke nutzbar gemacht werden. Minderbemittelte, die Vieh halten und selbst keinen Wald besitzen, erhalten bei der städt. Gartenverwaltung, Rathausgasse 16 entsprechende Ausweise und einen bestimmten Bezirk angewiesen. Den Besitzern größerer Privatwaldungen wird diese Entgegenkommen, welches zu kleinen Teil zur Unterstützung der Viehzucht und Ernährung unseres Volkes beitragen will, zur Nachahmung empfohlen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 10. Februar 1915
Die Bonner Bäcker-Innung beschloß, vom 6. Febr. ab das Brot, Schwarz- und Feinbrot zu einem einheitlichen Preise von 70 Pfg. zu verkaufen, damit auch das Publikum weiß, daß das Brot in allen Geschäften zu gleichen Preisen zu haben sei. (...)
Kriegskochkurse sind in der hiesigen Fortbildungsschule eingerichtet worden. Die Meldungen zum ersten Kursus waren so zahlreich, daß gestern gleich der zweite eingerichtet werden mußte. Der eine Kursus kocht Dienstags und Mittwochs, der andere Donnerstags und Freitags abends von 7 ½ bis 10 Uhr. Zweck der Einrichtung ist Frauen und Mädchen anzuleiten, nahrhafte und schmackhafte Gerichte möglichst billig zu bereiten. Die Teilnahme an dem Kursus ist uentgeltlich. Für das von ihnen bereitete Essen zahlen die Teilnehmerinnen jedesmal 10 Pfg. Nach der Zubereitung erhält jeder das Rezept der Speise aufgeschrieben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Pflichten der Hausfrau! Mehrere Bonner Hausfrauen fanden es angebracht, einen Vortrag über Hausfrauenpflichten zuhören zu können- Laut Bekanntmachung im General-Anzeiger, sollte es uns allen vergönnt sein, einen solchen Vortrag in der Lese anzuhören. Diese vielen Damen waren nicht wenig bestürzt beim Verlangen eines Eintritt-Geldes von nicht weniger als 50 Pfg. Wäre es nicht ratsamer, eine solche Einladung, es braucht ja nicht gerade Lese zu sein, vor allem aber den wirklichen Hausfrauen zukommen zu lassen. - "Ist es ein Vortrag für alle oder nur für die besser Situierten?" - Das ist der Wunsch aller Hausfrauen E.L.,H.L.,C.S,K.B.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Sterbegeld für die Hinterbliebenen gestorbener Krieger wird nur dann gewährt, wenn der Gestorbene vor seiner Einberufung Ernährer der Hinterbliebenen gewesen ist und der Sterbefall innerhalb der ersten drei Wochen nach erfolgtem Austritt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung erfolgte oder dessen Angehörige die Weiterversicherung rechtzeitig bewirkt haben. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Eigenartige Zustände in Lengsdorf
hatten wir in der Nummer 39 vom 16. Mai 1914 des „Volksmund“ geschildert, die uns nach Versicherungen von vielen Seiten geradezu als unhaltbar erschienen. Uns leitete dabei nur das Bestreben, zur Klärung der Verhältnisse beizutragen; eine Beleidigung der in betracht kommenden Persönlichkeit, des Ortspfarrers, hat uns durchaus fern gelegen. Auch hatten wir keineswegs die Absicht, die Sache ironisch zu behandeln, und wenn einzelne Ausdrücke oder Wendungen in dem Artikel als Ironie empfunden werden können, so ist dies nach unserer Ansicht eine lediglich subjektive Auffassung. Uns lag vor allem daran, soviel wie möglich die Stimmung wiederzugeben, die gegen den Pfarrer in der Ortschaft bestand. Wie wir es überhaupt als den Beruf der Presse betrachten, vorhandene Mißstände überall aufzudecken. Aber wie so oft im menschlichen Leben, so mußte auch diesmal wieder derjenige büßen, der nur Gutes gewollt hatte. Der „Volksmund“ wurde wieder der Beleidigung angeklagt. Der Strafantrag richtete sich gegen den verantwortlichen Schriftleiter und den Verfasser des Artikels; es wurde aber durchgeführt gegen den Sohn der Besitzerin unseres Blattes, der die Aufnahme des durchgesehenen und vollständig gesetzten, aber noch zurückgestellten Artikels, über den in einigen Fällen noch die Ermittlungen fortgesetzt werden sollten, angeordnet hatte. Der Angeklagte wurde, weil das Gericht den Wahrheitsbeweis nicht in allen Fällen als gelungen erachtete, zu hundert Mark Geldstrafe nebst den Kosten verurteilt; außerdem wurde dem als Nebenkläger zugelassenen Ortspfarrer die Befugnis zuerkannt, das Urteil einmal auf Kosten des Angeklagten im „Volksmund“ zu veröffentlichen.
Die Verhandlungen vor der Strafkammer, zu der sich eine ganze Anzahl Zeugen freiwillig gemeldet hatte, ergaben indessen ein Bild von den in Lengsdorf herrschenden Zuständen, daß tatsächlich ein recht unerfreuliches ist. Wir nehmen gerne mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück, was in dem Artikel behauptet worden ist, aber nicht nachgewiesen werden konnte. (...) Auch hat der Pfarrer nicht in öffentlicher Versammlung aufgefordert, das Lokal eines gewissen Wirtes nicht mehr zu besuchen. Sondern er hat nur in einer Zusammenkunft von 14 Vertrauensleuten der Zentrumspartei gesagt, das Lokal des betreffenden Wirtes könne er zu einer Versammlung nicht benutzen, weil der Wirt seinen religiösen Pflichten nicht genüge. (...) Das Geicht war der Ansicht, die Zusammenkunft der Vertrauensleute sei keine öffentliche Versammlung. Der Wirt hat die Schädigung aber wohl empfunden, die ihm aus der Aeußerung des Pfarrers entstanden ist. Das Gericht war auch der Ansicht, es läge noch keine Mißhandlung vor, wenn der Pfarrer die Kinder in der Schule verprügelte. Durch Zeugenaussage wurde festgestellt, daß dies in zwei Stunden über vierzig mal geschehen sei; und der Vater eines Gezüchtigten sagte aus, dem Jungen sei das Blut unter den Nägeln hervorgequollen. (...) Das Verhältnis des Pfarrers zu dem bei den Pfarreingesessenen beliebten Kaplan war auch nicht das sonst übliche. Die Meinungsverschiedenheit beschränkte sich nicht nur auf die Seelsorge im allgemeinen, sondern auch auf die Behandlung der Jugendlichen, die der Kaplan in einem Verein leitete. Wir wollen auf diese Meinungsverschiedenheiten in der jetzigen Zeit nicht näher eingehen. Wie wir überhaupt jetzt alles zu vermeiden suchen, was irgend Zwietracht hervorrufen oder vorhandene vertiefen könnte. (...)
Auf die Einzelheiten, die durch die Gerichtsverhandlung bekannt wurden, wollen wir nicht eingehen. Wir glauben dadurch der jetzt so notwendigen Eintracht besser zu dienen. Auch hier nicht weiter erörtern, daß die Zeugen in ihren eidlichen Aussagen den Pfarrer Nolte als den Ausgangspunkt der Zwietracht und Erbitterung in Lengsdorf hinstellten. Wir haben auch heute erst recht das Empfinden, dieser Pfarrer sei nicht am richtigen Platze. In dem Urteile heißt es ausdrücklich, er habe nach seiner subjektiven Auffassung geglaubt, seine Pflicht erfüllt zu haben, durch Beseitigung der Mißstände in der Pfarre, in der Wahl seiner Mittel aber sei er zu weit gegangen, besonders dadurch, daß er seine geistliche Macht und weltliche Dinge verquickte. Das letzte Wort ist in dem Prozesse noch nicht gesprochen. Allgemein herrschte der Eindruck, durch die Verhandlungen sei nicht der Verurteilte gerichtet, sondern dem Pfarrer, ein reichlich schlechter Dienst erwiesen worden. (...)
Die hiesige Tages-Presse hat den Prozeß nicht übergehen können. Recht eingehend und durchaus sachlich hat die Bonner Zeitung berichtet, ohne Stellung zu nehmen. Die Deutsche Reichszeitung führt aus der Urteilsbegründung an, mehrere Behauptungen des Artikels seien als unwahr nachgewiesen; andere Behauptungen seien nicht als Tatsache angeführt, sondern als allgemeine Kritik und zwar in einem höhnischen Tone und deshalb seien sie strafbar. Der General-Anzeiger brachte gestern aus Lengsdorf die Notiz über die Verurteilung eines Studenten Josef R. aus Bonn wegen Beleidigung des Pfarrers Nolte. In dem Urteil, heißt es hier, wurde festgestellt, daß der Pfarrer in keiner Weise seine Befugnisse überschritten habe. (Der „Korrespondent“ des Blattes in Lengsdorf scheint sich vollständig aus seine „Informationen“ bei einem Dritten verlassen zu haben.)
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 11. Februar 1915
In Friedrich Cohens Verlage ist soeben die bei der Kaisergeburtstagsfeier der Universität gehaltene Rede von Professor Ulrich Wilcken unter dem Titel „Ueber Werden und Vergehen der Universalreiche“ in Druck erschienen.
Im gleichen Verlage erschienen unlängst als Heft 5 und 6 der „Bonner Vaterländischen Reden und Vorträge während des Krieges“ die Vorträge von Geheimrat E. Zitelmann „Haben wir noch ein Völkerrecht?“ und von Gymnasial-Direktor Niepmann „Landmacht und Seemacht im Kampfe“. Die Sammlung, die sich ständig steigender Beachtung – auch im Auslande – erfreut, wird fortgesetzt. Bekanntlich wird ihr gesamter Ertrag Zwecken der Kriegsfürsorge zugeführt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vaterländische Reden und Vorträge. (Zweiundzwanzigster Abend.) Privatdozent Dr. Ohmann: „Psychologie des Krieges.“
Von den überaus fesselnden Darlegungen nahm man – vom Redner ungesagt, aber durch seine Ausführungen beweiskräftig gemacht – die beruhigende Versicherung, die uns immer und immer wieder mit stolzem Jubel erfüllt, mit in den regenfeuchten Abend: Wir werden siegen! Und zwar deshalb, weil bei uns der Wille zum Sieg in gesteigerter, kondensierter Form vorhanden ist. (...) Sehr gut waren die Ausführungen des Vortragenden, wie der Krieg in der Seele des Einzelnen (Soldaten) aussieht. Darnach ist das Gefühl der Disziplin vorherrschend; die Kraft des Willens ist die Macht der Autorität. Wenn sich also – wie das wohl hie und da behauptet wird – beim Krieger eine Art „Gefühlsroheit“ zeigt, so ist dies weniger Mangel an Gefühl, vielmehr die eingeimpfte, angeborene Kraft der Disziplin: „Du mußt vorwärts!“ Alles andere tritt zurück. Und dieses „Vorwärts“, das in jedem deutschen Soldaten steckt, wird seine Schuldigkeit tun und – wenn der Redner, der sehr viel Beifall fand, das auch nicht sagte – unser Heer zum Siege führen.
An unsere Arbeiterschaft. Die Fastnachtstage nahen. Während wir Rheinländer uns in früheren Jahren dem Frohsinn hingaben und die Arbeit auch an dem Fastnachtsmontag und Fastnachtsdienstag ruhen ließen, haben wir alle in diesem Jahre anders zu denken und zu tun Es darf unter keinen Umständen ein Rückgang in der Fertigstellung jeglicher Heeresbedürfnisse eintreten, die zur Schlagfertigkeit unseres Heeres in so vielerlei Gestalt nötig sind. Die werktätige Bevölkerung, unsere Arbeiterschaft, wird sich sicher in der Erfüllung ihrer Pflicht von niemanden übertreffen lassen. Ihr arbeitenden Männer, Frauen, Burschen und Mädchen, die ihr doch alle Angehörige im Felde habt, helft gern am vaterländischen Werke hinter der Front und vermeidet gern jegliche Feierschicht. Der Feind hätte sonst den Vorteil.
Oedland in Bonn.
Es wird uns geschrieben: Es ist viel die Rede davon gewesen, in dieser Kriegszeit alles Land seinem eigentlichen Zwecke der Nahrungsmittelerzeugung dienstbar zu machen. Nicht allein draußen vor dne Toren, in Forst und Heide, sondern auch in den Städten selbst. Es lohnt sich schon der Mühe, alle die Brachflächen, besonders in den Straßen der neuen Stadtviertel wieder der Kultur zuzuführen. Man pilgere nur mal ein Stündchen durch unseren Süden, wo die neuen Straßenzüge sich den alten Vororten nähern. Wer sehen will, sieht da viele viele Morgen Landes wüst und leer als häßliche Flecke im Straßenbild liegen.
Die Entwicklung unserer Stadt hat dies mit sich gebracht. Straßenzüge Kilometer lang, Straßennetze von großem Umfange sind in die alte Feldmark, in Garten- und Wiesenland gelegt worden. Die alten Bauern und Gärtner gaben ihren Besitz an Spekulanten, die nun das Gelände auf Wertzuwachs liegen lassen. Im Süden unserer Stadt, begrenzt etwa durch Lotharstraße, Rheinweg, Eisenbahn, Weberstraße und Argelanderstraße liegt in großen Flächen viel früheres Kulturland landwirtschaftlich unbenutzt. Nach oberflächlicher Schätzung liegen hier gut und gerne 100 Morgen brach. Da sind Riesengrundstücke, die mit 100 Meter Breite vom Bonnertalweg bis zur Luisenstraße gehen. Innerhalb dieses Gebietes ist kein Straßenzug ohne seine wüste Brache, ohne mit Schutthaufen überlagerte Baustellen. Da liegt Ecke Marienstraße und Weberstraße ein Eckgrundstück, auf dem fünf Familien ihren gesamten Gemüsebedarf nebst den Frühkartoffeln ziehen könnten. Die Scharnhorststraße liegt mitten durch eine Schafweide, die fast eine bäuerliche Familie ernähren könnte, sicher einen Gemüsegärtner. Die Schule an der Schumannstraße sieht auf eine fürchterliche Wildnis herab. Neben ihr zieht ein großes Grundstück von der Schumannstraße bis zum Bonnertalweg, das, mit Kohl bebaut, seinen Mann ernährte. So sieht es in allen diesen Straßen aus, und weiterhin über die gezogenen Linien noch hinaus. Die Coburgerstraße ist durch eine Brache von mindestens 8–10 Morgen geführt. Auf ihr üben zur Abwechslung unsere Soldaten. Das Villenviertel der Siebengebirgsstraße ist von brachliegenden Flächen und Schuttfeldern umkränzt, über dem Trajekteinschnitt und sogar in der Gronau-Mulde grinsen die grauen Oedländer. Das ist in großen Umrissen der Süden.
Im Westen ist es besser bestellt; aber auch hier, an der Kaufmannstraße, hinter dem Sportplatz an der Richard Wagnerstraße, an der Endenicherstraße, Karlstraße und Brücke liegen eine Anzahl gärtnerisch und landwirtschaftlich nicht benutzter Grundstücke. Im Süden sind es vor allem das große Ziegelfeld am Dransdorferwege und weiter nach dem Rheine zu zwischen Römer- und Rheindorferstraße die Ziegelfelder an der neuen Artilleriekaserne, die ertraglos, öd und wüst inmitten gut bepflanzter Felder liegen.
Die Gemarkung von Alt-Kessenich, die von Poppelsdorf-Endenich und dem Bonner Norden ist in hoher gärtnerischer Kultur; kein Streifchen Boden ist hier unbenutzt. Das hängt mit der betriebsamen Bevölkerung zusammen, und dann sind diese Bezirke mehr von der Bauspekulation verschont geblieben.
Hiervon abgesehen, ist es nicht recht verständlich, weshalb im besten Bezirke von Bonn, im Schumannstraßenviertel, so viele und so wüste Oedstellen sind. Das hier züchterische Erfolge möglich sind, lehren die unter Kultur befindlichen Nachbargrundstücke. Es ist eine Lust, zu sehen, was der fleißige Gärtner hier alles herausholt. Es tritt deshalb besonders stark hervor, weil nebenan Disteln, Brennesseln und anderes Teufelszeug üppig gedeihen und stinkende Schutthaufen sich nicht selten breit machen.
Zwischen Blücher- und Luisenstraße liegt an der Argelanderstraße ein schmaler Streifen wüstes Oedland, den man, eine Tafel besagt es, auf der städtischen Sparkasse kaufen kann. Man vergleiche mit diesem Unrat das Fleckchen Garten auf der anderen Seite der Argelanderstraße, was ein fleißiger Bonner Bürger diesem sogar jetzt zur Winterzeit entnehmen kann, und man hat die Lehre.
Das liegt ein mächtig großes Grundstück südlich von der Trajektunterführung an der Koblenerstraße gegenüber Mehlems Bahnhof seit Jahren brach. Das Herz tut einem weh, wenn man diese Verschwendung von Land sieht, wenn man bedenkt, wie fleißige Hände hier der Natur Nahrungsmittel für viele viele Menschen abringen könnten.
Dem Oedland in Bonn ist ein scharfer Feind erstanden: die städtische Gartenbauverwaltung läßt urbar machen, was sie nur kriegen kann. An der Elisabethkirche, an der Siebengebirgsstraße, am Wittelsbacherring, gegenüber dem Baumschulwäldchen, an der Bornheimerstraße, am Melbweg, am Bonner Wasserhochbehälter, die Wiesen an der Erholungsstätte in Grau-Rheindorf, am Spielplatz der Kölnerstraße sind schon viele Morgen aus städtischem Besitz gerodet. Dazu kommt noch eine große Anzahl Grundstücke, die von Privaten der Verwaltung zur Urbarmachung und Verwendung überwiesen worden sind. Die Verwaltung schreckt vor nichts zurück; selbst Spielplätze (Jugendbund Ernst Moritz Arndt, Germanenstraße), Basaltlagerplätze und Schutthalden nimmt sie in Arbeit und bereitet den Boden vor, rodet, düngt, säht auch noch vielfach.
Das ist ein löbliches Beginnen, das seine Früchte tragen wird. Wer machts nach?
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Stenographie. Der Stolze’sche Stenographenverein Bonn gegr. 1879 – Einigungssystem Stolze-Schey – beginnt am Dienstag den 16. ds. , abends 8½ Uhr im Gebäude der Städt. Fortbildungsschule Bornheimer Straße 9, 1. Stock, Saal Nr. 11, einen Stenographie-Anfänger-Kursus. Verwundete Kriegsteilnehmer, die durch die Art ihrer Verwundung gezwungen sein werden, ihren Beruf zu wechseln und Beschäftigung im Bureaudienst zu nehmen, können, falls sie die Genehmigung des Arztes bezw. der Lazarett-Verwaltung hierzu erhalten, an dem Kursus honorarfrei teilnehmen. (...)
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 12. Februar 1915
Kriegslehrgang für Hausfrauen. Auf Anregung des Katholischen Frauenbundes, des Rheinischen Verbandes des Deutschen Evangelischen Frauenbundes und des Ausschusses für hauswirtschaftliche Kriegshilfe zu Bonn hält die Landwirtschaftskammer vom 22. bis 24. Febr. d. J. in Bonn im Saale des Bürgervereins einen dreitägigen Kriegslehrgang für Haushaltslehrerinnen, Volksschullehrerinnen, sowie für Hausfrauen und erwachsene Mädchen aus Stadt und Land ab. In kurzen, allgemein verständlichen, und den rheinischen Verhältnissen tunlichst angepaßten Vorträgen soll den Teilnehmerinnen alles das erklärt werden, was in der jetzigen Kriegszeit das Vaterland von jeder Hausfrau bei ihrem Schalten und Walten in Küche, Haus und Hof fordert. Um dem Lehrgang eine seiner Bedeutung entsprechende Teilnahme zu sichern, sollen Eintrittsgelder nicht erhoben werden. U.a. werden folgende Vorträge gehalten: Am 22. Febr. vormittags 10 Uhr: Die Volksernährung im Kriege: Oekonomierat Kreuz = Bonn. 11 Uhr: Die Kriegskost: Frl. Becker = Köln. – Dienstag, den 23. Febr., 9 Uhr: Das Haushalten in Küche, Haus und Hof: Frau Pfarrer Haarbeck = Thallichtenberg. 9 ½ Uhr: Die Notwendigkeit des sparsamen Haushaltens und die wichtigsten hierüber ergangenen Verordnungen: Prof. Dr. Wygoszinski = Bonn. – Mittwoch, den 24. Februar, 9 Uhr: Die Geld-, Kredit- und Darlehensverhältnisse während der Kriegszeit: Direktor Feldmann = Bonn, 10 Uhr: Der Gemüsebau in Hausgarten und im Felde: Gemüsebautechniker Stübler = Bonn. An jedem Vortragstage findet nachmittags von 3 – 5 Uhr eine Besprechung der Vorträge statt. Auskunft über Wohnungen erteilt die Geschäftsstelle des Katholischen Frauenbundes (Frl. von Morsbach) in Bonn, Martinstr. 3. Auf Wunsch können auch einige Freiwohnungen zur Verfügung gestellt werden; Auskunft erteilt Frau Dr. Gudden, Bonn, Buschstraße 2.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Pflege der schulentlassenen Jugend. Der Unterrichtsminister hat neuerdings wiederum, gestützt auf frühere Erlasse, ausdrücklich betont, daß gerade in der gegenwärtigen Zeit die Pflege der schulentlassenen Jugend nicht weniger dringlich ist, als in Friedenszeiten. Es gilt heute ganz besonders, den für die Jugend vielfach gesteigerten Gefahren zu begegnen und die durch die Zeitereignisse gebotene Möglichkeit wirksamer Einflußnahme auf Geist und Herz je nach den örtlichen Verhältnissen zu verwerten. Namentlich möge man solchen Versammlungen Jugendlicher besondere Aufmerksamkeit und Pflege zuwenden, zu denen Eltern, Angehörige usw. als Gäste zugezogen werden. Diese Versammlungen vermögen insbesondere gute Dienste dahin zu leisten, der Bevölkerung über die schwierigen Verhältnisse der Gegenwart hinwegzuhelfen, Opferfreudigkeit und Gemeinsinn lebendig zu erhalten, sowie Zuversicht und Vertrauen in die Zukunft zu stärken. – Wo der Jugendpflegefond für den vorliegenden Zweck nicht ausreichen sollte, stellt der Minister Unterstützung aus Staatsmitteln in Aussicht.
Weiter stricken! Der Territorial-Delegierte der freiwilligen Krankenpflege für die Rheinprovinz, Oberpräsident Freiherr von Rheinbaben, hat die Zweigvereine des Verbandes der Vaterländischen Frauenverbände vom Roten Kreuz benachrichtigt, daß bei weiteren Sammlungen von Liebesgaben ihr Augenmerk hauptsächlich auf wollene Strümpfe richten möchten. [sic] Die Truppen, namentlich die in den der Front nächstliegenden Orten, verlangen nach Ersatz für die inzwischen verschlissenen Strümpfe. Außerdem seien nur noch Schals, Untersachen, Fingerhandschuhe und Hosenträger gewünscht worden. – Auch die Rote-Kreuz-Korrespondenz hat zuverlässige Nachrichten erhalten, wonach die Unteroffiziere und Mannschaften an der Front auf die Ueberweisung von Leibbinden großen Wert legen. Dagegen würden Kniewärmer, warme Fingerhandschuhe, Schals und Kopfschützer („Sturmhauben“) mit großer Freude begrüßt, und könnten zurzeit nicht zahlreich genug gesandt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
An die Studentenschaft. Am Schwarzen Brett der Universität macht der Rektor bekannt:
Es darf in den großen und schweren Tagen, die wir durchleben, als selbstverständlich angesehen werden, daß jeder Daheimgebliebene seinen beruflichen Beschäftigungen mit erhöhtem Ernste nachgeht. Vollends wird das von den Kommilitonen gelten, die auch in dieser Beziehung als Führer der Nation sich fühlen und zu betätigen berufen sind. Ein Karnevalstreiben, wie es sonst vor Fastenbeginn zu herrschen pflegte, sowie auch nur ein Nachlassen der vollen Studienarbeit in den Karnevalstagen ist mit solchen Gesinnungen unvereinbar. Ich habe zu den Studierenden unserer Hochschule das unbedingte Vertrauen, daß für sie Fastnacht dieses Jahr überhaupt nicht vorhanden ist, und daß der Kollegienbesuch in den Fastnachtstagen unvermindert sein wird.
Der Verkauf von Spirituosen ist bis zum Aschermittwoch nur in versiegelten Flaschen gestattet. Jeder Ausschank ist streng verboten.
Die Sucht nach dem Schnaps. In vielen Wirtschaften ist vorgestern der Schnaps in großen Mengen literweise abgegeben worden. Mancher Alkoholiker, der die sieben Tage des Schnapsausschankverbotes ohne den Schnaps nicht zu ertragen vermeinte, hat sich dadurch bis Aschermittwoch Vorrat verschafft.
Dauergebäck (Keks, Biskuits, Waffeln, Printen, Spekulatius, Leb- und Pfefferkuchen) darf noch bis zum 19. Februar einschließlich verkauft werden. Nach einer Verordnung des Oberbürgermeisters vom 3. Februar sollte gestern der letzte Verkaufstag sein. Da die Geschäfte aber noch sehr große Vorräte an solchen Backwaren haben, ist die Frist bis zum 19. verlängert worden. Die Herstellung derartigen Gebäcks bleibt indes verboten.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 13. Februar 1915
Kriegsartikel. Ein guter Beobachter des Bonner Geschäftslebens schreibt uns zu dem Kapitel Kriegsartikel. (...) Gemeint sind jene Waren unserer Geschäfte, die seit dem Kriege ihre Schaufenster füllen, die für das Leben im Felde mehr oder weniger nützlich, zweckmäßig und angenehm sind. Kriegsartikel. Für alles und jedes ist da gesorgt; für den inneren und äußeren Menschen, für Geist und Körper, für Hunger und Durst, gegen Hitze und Kälte, elektrische Wärmer für Hand und Leib, Laternen jeder Art für dunkle Stunden, Bücher, Papier, Schreibzeug, Tabak, Seifen in jeder Form, Salben und Pulver gegen Schmutz und kleines Getier. Am großartigsten ließ der anrückende Winter den Krieg in Wolle arbeiten. Leibbinden und Pulswärmer, Kopfhüllen, seit der Großmutterzeit vergessen, lagen plötzlich zu niedlichen Bergen in den Geschäften. Dem normalen Menschen eines gemäßigten Klimas unverständliche Schützer, Kniewärmer lagen neben Ohrenklappen und mächtigen Fausthandschuhen und Fingerlingen. Unterhosen, Unterjacken, Strümpfe, Socken, Beinlängen, Schals waren in ihrer Zahl nicht zu übersehen, so stapelten sie sich hinter Spiegelfenstern. Kein Wunder, daß die Wolle „anzog“.
Nicht minder zogen Baumwolle und Seide, die nicht nur für Hemden und Unterzeug, sondern auch für wasserdichte Westen und Ueberwürfe verwendet werden. Die Seide ist als Wärmeschutzmittel besonders beliebt. Weniger in den Auslagen unserer Kaufleute als im Großhandel stand das Leder im Brennpunkte der Kriegsartikel. Derart, daß dem Vater einer zahlreichen Trabentenschar über die Sohlenrechnungen unserer Schumacher die Haare zu Berge stehen müssen. Andererseits stiegen nicht minder die Seufzer aller derer zum Himmel, die in dieser Kriegszeit in Leder arbeiten müssen.
Neben dem Großangebot und sicheren Massenkauf der gegen Kälte und Nässe bestimmten Artikel stehen ebenbürtig die Kriegsartikel, die verzehrt werden, die unseren Kriegern als nützliche und angenehme Beikost willkommen sind. Wurst und Schokolade, Speck und Husten-Bonbons, Lachs und Printen, Pfeffernüsse und Oelsardinen, Wecken und Dürrobst, alle sind Kriegsartikel, alles ist als Kriegspaket versendbar. Dazu kommt das flüssige Element, Rum für den kalten Stand im Schützengraben; Magenbitter für verdorbenen Magen; echter alter Korn zum Speckfrühstück und Roten zum Glühwein.
Wer sonst nie raucht, Pfeife oder Zigarre, Zigarette, hat es getan, tut es totsicher als Soldat, genau wie jeder Matrose als Matrose priemt. Der Krieg brachte den Tabakhandel auf den Schwung, wie keine Zeit vorher. Was an Rauchzeug alles angepriesen, was alles gekauft wurde, geht über den Hutrand. Dazu gehörten die verschiedenen Zündapparate, die trocken und mit Benzin Feuer gaben; sogar des Schäfers Feuerzeug, der alterwürdige Stahl, Stein und Schwamm kamen wieder zur Geltung. Soldatenbedürfnisse! Erfordernisse der Front! – Alle Geschäfte führen sie; alle führen sie in erster Linie, auffällig, patriotisch aufgeputzt. Kein Ding was am Soldaten hängt, was ihm angenehm, den harten Dienst zu erleichtern, böse Stunden versüßen, Trost zu spenden vermag, das nicht die Findigkeit unserer Kaufleute auf den Markt gebracht hätte.
Seit sechs Monaten wütet der Krieg, seit sechs Monaten hat man dies stets alles vor Augen und immer noch, noch heute wandert man mit Interesse an den Auslagen unserer Geschäftsleute vorbei, bewundert man immer wieder von neuem die Anpassungsfähigkeit des Kaufmannes an Zeit und Umstände.
Warnung vor einer Lügenfabrik. In Amsterdam Nieuwezijds-Voorburgwal befindet sich die Annoncen-Expedition von A. de la Mav, dessen Inhaber de la Mav zugleich der Direktor des Reuter-Bureaus für Holland ist. Dieses Bureau ist der Hauptherd für alle Lügenberichte, die von unseren Gegnern zum Nachteile Deutschlands verbreitet werden. Diese Annoncen-Expedition wird viel von Deutschen benutzt, um in holländischen Blättern zu inserieren. Es liegt im deutschen Interesse, daß dieses Bureau mit seiner deutschfeindlichen Richtung nicht durch deutsche Annoncen-Aufträge unterstützt wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bonner Wehrbund. Am Sonntag Nachmittag findet ein Gepäcksübungsmarsch nach Witterschlick statt mit Entwicklungen gegen den markierten Feind. Jeder Teilnehmer hat eine Belastung von 14 Pfund auf den Rücken zu nehmen. Die verschiedenen Abteilungen vereinigen sich um drei Uhr nachmittags von der Endenicher Schule zu dieser Uebung.
„Die Geächteten“. Die Viktoria-Lichtspiele in der Gangolfstraße führen heute, morgen und übermorgen einen neuen großen historischen Film, der den Titel trägt: „Die Geächteten“. Es ist eine Filmbearbeitung des bekannten Romans von Walter Scott: Ivanhoe, eine ganz hervorragende, szenisch unübertroffene Leistung der Kinokunst.
Lichtbildervortrag. Heute abend, 8¼ hält Herr Gymnasialdirektor Dr.Genniges in dem Lichtbilder-Vortragszyklus der Ortsgruppe Bonn des Deutschen Wehrvereins in der Aula des Kgl. Gymnasiums Koblenzerstraße 51/53 einen Lichtbildervortrag über „Pompeji“. Der Reinertrag soll dem Roten Kreuz überwiesen werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 14. Februar 1915
Nutzbarmachung von städtischen Gartenanlagen. Wiederholt ist in letzter Zeit die Frage der Ausnutzung öffentlicher Gartenanlagen für den Anbau von Gemüse erörtert und von verschiedenen Seiten der Vorschlag gemacht worden, die großen Schmuckpflanzenanlagen in den Städten mit Gemüse zu bepflanzen. Solche Vorschläge sind ja sehr gut gemeint, in der Wirklichkeit werden sie sich aber nach dem Urteil von Fachleuten kaum durchführen lassen. Der städtische Gartendirektor von Berlin, Brodersen, äußerte sich über die Bepflanzung von städtischen Schmuckplätzen und Gartenanlagen u. a. wie folgt: Es ist unter keinen Umständen daran zu denken, die städtischen Gartenanlagen als Nutzland für Gemüse oder Getreide zu verwenden. Die Anregungen, die in dieser Richtung gegeben worden sind, waren wohl gut gemeint, beweisen aber, daß die Urheber jener Vorschläge nur wenige Kenntnisse von dem Gemüsebau haben. Sollten die Vorschläge durchgeführt werden, so würde das Ergebnis nichts als eine unverantwortliche Verschwendung von Saatkorn sein, mit dem zu sparen wir alle Ursache haben. Die verfügbaren Flächen sind zu klein, die Baumwurzeln, die sich nach allen Richtungen hin im Erdreich erstrecken, würden das Saatkorn aufzehren. Was übrig bliebe, würde wohl den Sperlingen als Beute zufallen, und das Gemüse, das wirklich aufgeht und sich entwickelt, würde wohl bald von den vielen Hunden vernichtet werden. Außerdem müßte man ja, wie das in einer Großstadt nicht anders möglich ist, an jeden Kohlkopf einen Polizisten stellen.
Keine erste Klasse mehr. Die Personenzüge führen bis auf weiteres keine erste Klasse mehr. Fahrkarten erster Klasse dürfen in diesen Zügen nicht ausgegeben werden. Etwa in den Zügen befindliche Abteile erster Klasse werden als solche zweiter Klasse betrachtet und vorzugsweise als Frauenabteile benutzt und bezeichnet.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Unter der Maske der Freundschaft hatte ein junger Mann, der sich hier als verwundeter Soldat ausgab, bei einer Familie sich eingeführt und dort behauptet, der Freund des im Felde stehenden Sohnes der Familie zu sein. Der Mann war gut aufgenommen worden und es wurde ihm ein däftiges [sic] Liebesgabenpaket mit Gebäck, Schokolade, Zigarren, Tabak usw. mitgegeben, mit dem Auftrag, es dem Sohne abzugeben. Daran dachte der junge Mann aber nicht, sondern verwendete den Inhalt des Pakets für sich. Die Strafkammer verurteilte den Schwindler, der des öfteren vorbestraft ist, zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten.
Mehr Rücksichtnahme für die Verwundeten. Von geschätzter Seite wird uns geschrieben: „Täglich werden einzelne Schwerverwundete vom Bahnhof zu den Lazaretten befördert oder auch von einem Lazarett zum anderen überführt, um operiert oder mit Röntgenstrahlen durchleuchtet zu werden. Der Transport geschieht fast stets auf fahrbaren Tragen und fahren die Krankenträger langsam über die Schrittwege, um die Verletzten möglichst zu schonen. In letzter Zeit hat es sich nun mehrfach ereignet, daß die Bevölkerung diesen Bahren nicht Platz machen will, ja in einzelnen Fällen sind sogar die begleitenden Krankenträger, welche sich sämtlich unentgeltlich täglich Tag und Nacht zur Verfügung gestellt haben, gröblichst beschimpft worden. Es darf wohl die Erwartung ausgesprochen werden, daß sich solche Vorkommnisse nicht wiederholen und jeder gerne auf einem Schrittwege Platz machen wird, wenn er hierdurch die Schmerzen eines unserer tapferen Helden lindern kann.“ Wir zweifeln nicht, daß diese Anregung vollste Beachtung finden wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Geldstücke mit dem Bildnis Kaiser Friedrichs werden vielfach zurückgehalten, weil die Meinung besteht, diese Geldstücke hätten einen Mehrwert. Das ist indessen nicht der Fall. Ein Leser des Münsterischen Anzeigers weist auf die zahlreichen Verehrer des verstorbenen Kaisers hin, die sein Bildnis als Schmuck, wie Brosche, Anhängsel usw. tragen. Diese Personen müßten sich jetzt sagen, daß sie Kaiser Friedrich dadurch weit mehr ehren würden, daß sie jetzt, wo es um die Erhaltung des von ihm miterkämpften Reiches geht, dem Reich das geben, was ihm gebührt. Ebenso werden zahlreiche Goldstücke, die durch einen geschichtlichen Vorgang die Aufmerksamkeit der Sammler gefunden haben, noch zurückgehalten. Bei dem geringen Sammelwert dieser Stücke ist es Pflicht, auch sie der Reichsbank zuzuführen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
8 Uhr Schulanfang. Am 15. Februar soll morgens die Schulzeit wieder um 8 Uhr beginnen. Ein früheres Eingesandt hat darüber schon gehandelt, anscheinend ohne Erfolg. Da der Mangel an Petroleum (Schreiber dieses kann diese Woche in seinem Bezirk in vier Geschäften keines bekommen) sowie Heizungsmaterial, verteuerte Lebensmittel, Platz gegriffen haben, so sollte sich jeder soviel als möglich einschränken. Gibt es doch Familien, die schon abends gleich nach 8 Uhr das Licht löschen müssen, um mit dem Petroleum zu sparen und auszukommen, bis neues erhältlich ist. Da soll doch die Schulbehörde auch einsichtig sein. Beim Schulanfang um 8 Uhr muß man auch früh morgens mehr Licht gebrauchen und unnütz früh Feuer machen. Dies ist für die ärmere Bevölkerung eine große Ausgabe. Daher ist der Wunsch und Ruf berechtigt, die Schule um 8 ½, wie bisher beginnen zu lassen, wenigstens noch vier Wochen bis es morgens früher hell ist. Aus pädagogischen Gründen ist wohl nichts einzuwenden, da das allgemeine Volkswohl hier zuerst in Betracht kommen muß. Ein Vater von 10 Kindern!
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Montag, 15. Februar 1915
Vortrag im Deutschen Wehrverein. In der Lichtbilder-Vortragsreihe der Ortsgruppe Bonn des Deutschen Wehrvereins sprach am Samstag Herr Gymnasialdirektor Dr. Genniges über „Pompeji“. Nachdem der Vortragende in den einführenden Worten die geographischen, ethnographischen und historischen Verhältnisse geschildert hatte, gab er eine ausführliche Beschreibung und Erklärung des verschütteten und wiederausgegrabenen Pompejis. Ein genauer Kenner dieser alten, archäologisch überaus interessanten Stadt, beschrieb und erläuterte Herr Direktor Dr. Genniges die Anlage der Stadt, die wichtigsten öffentlichen Bauten und die archäologisch interessanten Privathäuser, wobei er auf die Werke der Großkunst und des Kunstgewerbes Pompejis mit Liebe und Sachkenntnis einging. Die Ausführungen des Vortragenden wurden durch ein ungemein reiches und schönes Lichtebildermaterial sehr gut unterstützt.
Stadttheater. „Preziosa“ – Pius Alex Wolffs altes Schauspiel „Preziosa“ mit seiner Zigeunerromantik, der Poesie schwärmender Liebe, der rührenden Wiederfindung eines verloren geglaubten Kindes und dem freundlichen Humor der Volksszenen hatte gestern das Theater bis auf den letzten Platz gefüllt. Sehr viel zu dieser Anziehungskraft trägt gewiß auch Webers frisch empfundene, volkstümliche Musik bei, die gestern unter Herrn Kapellmeister Sauers hingebungsvoller Leitung sehr schön gespielt wurde. Auch auf der Bühne gab man sich Mühe, den gesanglichen Anforderungen gerecht zu werden. Von den Darstellern nennt man Frl. Emmy Krüger, Frl. Marks und vor allem Frl. Weinert als famose Zigeunermutter. Weiter die Herren Kronburger, Schrader, Heinemann, Schäfer und Ferchland. Die Aufführung war von Herrn Oberspielleiter Wittmann mit Sorgfalt vorbereitet, die Ausstattung gab ihr Bestes her. So sah man eine Aufführung, die im großen und ganzen gewiß die Anerkennung verdient, die ihr von dem offenbar trefflich unterhaltenem Publikum auch in reichstem Maße gespendet wurde.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Bonner Stadttheater. Herr Dr. Czempin ist zum Militär einberufen. An seine Stelle tritt Herr Kurt Wilke als jugendlicher Held. Herr Wilke ist Schüler der Seebachschule. Er hat dieselbe mit Auszeichnung verlassen. Der Künstler ist nach seiner Verwundung im Felde zurückgekehrt, die er bei Dixmuiden erhalten hat. Am Freitag wird Herr Wilke in „Rabensteinerin“ als junger Welser zum ersten Male auftreten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der gestrige Sonntag ist, wie das nicht anders sein konnte, still und ernst verlaufen wie jeder andere Sonntag, obwohl es (nach dem Kalender) der Fastnachtssonntag war. In den Wirtschaften war es ruhig, nirgends wurde gesungen oder musiziert. Um Mitternacht mußten nach der Verordnung des Kommandeurs des 8. Armeekorps alle Wirtschaften und Cafés schließen.
Bezahlt Eure Rechnungen! Nicht erst nach Jahresfrist, sondern sofort nach Erhalt der Leistungen muß die Gegenleistung bewirkt werden. Namentlich jetzt zur Kriegszeit, aber auch sonst sind viele Kaufleute und Handwerker außerstande, die Beträge länger zu entbehren, auf die sie Anspruch haben. Säumnisse in der Bezahlung der Rechnungen erschweren die wirtschaftliche Durchhaltung. Jede Rechnung sollte unbedingt in dem Monat ihres Eingangs beglichen werden; nur das bietet auch die Gewähr, daß man nicht vor Begleichung der alten Rechnungen neue Ware bezieht oder Aufträge erteilt, die man nicht bezahlen kann. Ein Gewinn des Krieges würde es sein, wenn er uns dazu führte, nicht mehr in dem Maße über unsere Verhältnisse zu leben, wie dies vor dem Kriege geschehen ist, und jede Gewährung und Inanspruchnahme eines ungesunden Kredits zu vermeiden. Gläubiger und Schuldner müssen zusammen dahin wirken, daß die Außenstände nicht überfällig werden, sonst können Volkswirtschaft und Privatwirtschaft nicht gesund bleiben, zumal nicht während des Krieges.
Trauerflore mit dem Eisernen Kreuz. Durch die Presse ging vor einiger Zeit die Mitteilung, daß die Verwendung von verwechselungsfähigen Nachbildungen des Eisernen Kreuzes durch Unbefugte strafbar ist. Von diesem Verbote sind aber Kriegs-Trauerflore mit dem Eisernen Kreuz nicht betroffen, was auf eine diesbezügliche Anfrage beim Kriegsminister von diesem ausdrücklich bestätigt worden ist.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Bäckereiverordnung. Die hiesige Bäcker-Innung hat den löbl. und selbstverständlichen Beschluß gefasst, den Bundesratsverordnungen sich voll und ganz anzupassen. So zu ersehen aus dem Versammlungsbericht der Innung. Wie steht es aber in der Wirklichkeit damit? Ein guter Teil, besonders Feinbäckereien, haben Sahne-, Nuß- und andere Torten in den Fenstern. Wie mir von Fachleuten versichert wird, kann nach deren Ansicht mit 10 Gewichtsteilen Mehl kaum ein Tortenboden hergestellt werden. Auch sollen heute noch Brötchen, sogenannte Schößchen und Eierwecken gebacken und als solche verkauft werden. Wenn es noch Leute gibt, die solche unverständlichen Forderungen an die Bäcker stellen, so sollten dieselben dieses Ansinnen unter Hinweis auf die Verordnung mit ehrlicher Entrüstung zurückweisen. Wenn unsere Mehlvorräte nicht ausreichen, so muß man die Bäcker hierfür verantwortlich machen. Eine schärfere und wirksamere Kontrolle seitens der Innung und der Polizei ist hier am Platze, eventuell muß das Publikum zur Selbsthilfe greifen und betr. Geschäfte zur Anzeige bringen. Einer dem das Wohl des Volkes am Herzen liegt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Stimmen aus dem Leserkreis“)
Dienstag, 16. Februar 1915
Der Rosenmontag ist gestern ebenso wie der Faschingssonntag still und von den meisten kaum bemerkt vorübergegangen. Der Sinn der Zeit steht jetzt nicht nach den leichten Vergnügungen und der lärmenden Ausgelassenheit des Karnevals. All unser Denken und Fühlen gehört dem Vaterlande und denen, die voll Aufopferung für unsere Heimat kämpfen. So waren auch die Tage des Karnevals der Arbeit und Pflichterfüllung gewidmet wie irgendein anderer Tag dieser ernsten Zeit, die von jedem einzelnen das Bewusstsein und die Tat strengster Pflicht verlangt.
Pfadfinder. Die Bürgerschaft wird gebeten, darauf zu achten, daß die Pfadfinder, die in dienstlichem Auftrage kommen, ein von der Regierung geschütztes Abzeichen tragen. Dies ist eine Armbinde mit schwarz-weißen Vierecken. Es ist in den letzten Tagen vorgekommen, daß Schwindler in Pfadfinder-Uniform Geld gesammelt haben unter dem Vorgeben, es sei für die Verwundeten. Also nur Pfadfinder mit oben bezeichneter Armbinde handeln im dienstlichen Auftrage, allen anderen begegne man mit Misstrauen oder zeige sie an.
Keine Apfelsinenschalen wegwerfen! Im Kriege heißt es auch für die Daheimgebliebenen, sparsam zu sein. Nicht einmal die Apfelsinen- oder Mandarinenschalen dürfen wir jetzt wegwerfen. Vielmehr sollen wir sie auf der Herdplatte trocknen, dann reiben und als Gewürz verwenden. Eigentliche Gewürze, wie wir sie sonst aus dem Ausland beziehen, werden nämlich, weil wir von der Zufuhr abgeschnitten sind, knapp und teuer werden. Die Apfelsinenschalen bieten uns für manche Zwecke einen guten Ersatz. Dr. W.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Warnung! Die Polizeiverwaltung veröffentlicht in der heutigen Nummer unseres Blattes eine Bekanntmachung, in der darauf aufmerksam gemacht wird, daß alle Kollektanten, die im Auftrage des Roten Kreuzes Geld sammeln, nur mit durchlaufenden Seitenzahlen versehene Sammelbücher verwenden dürfen. Diese Bücher enthalten eine amtlich beglaubigte Abschrift der die Kollekte genehmigenden Verfügung und außerdemeine Photokopie des Einsammlers, die dessen eigenhändige Unterschrift trägt und von einer Behörde unter Aufdrückung des Dienstsiegels beglaubigt sein muß. Diese Warnung wird veröffentlicht, weil festgestellt worden ist, daß Personen unter dem Vorwande, sie handelten im Auftrage des Roten Kreuzes, betrügerischer Weise Geld gesammelt haben.
Der Bonner Männer-Gesangs-Verein „Liedertafel“ hat am Sonntag die Verwundeten im Leoninum durch Gesangs-Vorträge erfreut, die von den Zuhörern mit großem Beifall aufgenommen wurden. Ein Gedicht „Gebet vor der Schlacht“ erntete große Anerkennung. Die Verwundeten wurden vom Verein reich mit Liebesgaben bedacht.
Kriegsereignisse und Schule. Die Königl. Regierung hat unlängst durch besondere Verfügung die ihr unterstellten Schulen angewiesen, die Ereignisse des Kriegsschauplatzes, sowie dir durch die Kriegslage gebotenen besonderen Maßnahmen im Inneren des Landes nicht nur in der vaterländischen Geschichtsstunde, sondern auch außerhalb derselben, so oft die Gelegenheit dazu vorhanden ist, in entsprechender Weise zum Gegenstande der Besprechung zu machen. Auf diese Weise wird nicht nur durch das lebendige Miterleben der großen Ereignisse der Gegenwart auf Herz und Gemüt der Kinder wohltätig eingewirkt, sondern es werden auch die großen Tatsachen der Kriegsgeschichte unverlierbar in ihr Gedächtnis eingeprägt.
Nicht mal einen Kognak! Das Verbot des Ausschanks von Spirituosen in der Zeit von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch ist wohl von allen Interessenten gelesen worden, aber anscheinend doch nicht von denjenigen, die nur so hier und da „zum Abgewöhnen“ ein Schnäpschen trinken, in ihrem ganzen Umfang begriffen worden. So verlangte am Sonntag abend ein Herr in einem hiesigen Café einen Kognak, und als der Kellner bedauerte, ihm nicht dienen zu können, brauste der Gast auf und fand es merkwürdig, daß man „in einem solchen Lokal“ nicht mal einen Kognak haben könne. „Dann bringen Sie mir einen Steinhäger“ rief er dem Kellner nach, „ich mag das kalte Bier nicht direkt trinken!“ „Bedaure,“ sagte der Kellner, der wohl der Meinung war, daß ihn der Gast anöden wolle, „den darf ich Ihnen auch nicht geben.“ Das war dem Gast denn doch zu bunt. „Mir dürfen Sie auch keinen Steinhäger geben? Ich stehe doch nicht auf der Säuferliste.“ Als der Kellner sah, daß der Gast ernstlich böse wurde, fand er es geraten, den Herrn mit dem Verbot bekannt zu machen. Gelesen hatte der Herr das zwar auch, er war jedoch nicht auf den Gedanken gekommen, daß man dann auch „nicht mal einen Kognak“ haben könne.
Warnung vor drei jugendlichen Spitzbuben! Ein hiesiger Geschäftsmann schreibt uns: Zwei Knaben im Alter von etwa 13 und 14 Jahren verlangten gestern in einem Geschäft einen großen Feldpostkarton, einen Füllfederhalter, Brieftasche usw., um diese Sachen ihrem Vater zu schicken, der im Feld-Lazarett liege. Als das Ladenfräulein mit Einpacken beschäftigt war, erschien ein dritter Junge, der eine lange Pelerine trug, und frug, ob die beiden noch nicht alles hätten; sie müßten noch Tabak und Pfeife holen. Einer der Jungen ließ ein Zweimarkstück wechseln und dann riefen sie wie aus einem Munde dem Fräulein zu: „Wir wollen noch schnell nebenan den Tabak holen, rechnen Sie unterdessen noch einmal nach, was wir zu zahlen haben.“ Statt in das nebenan liegende Zigarrengeschäft zu gehen, eilten die Bürschchen schleunigst die Straße entlang, um nicht mehr wiederzukommen. Kaum waren die Jungens weg, da stellte das Ladenfräulein fest, daß eine Brieftasche, ein Luntenfeuerzeug und Karten verschwunden waren, die auf der Theke lagen. Eines der Bürschchen besaß schon beim Eintritt in den Laden eine Kiste Zigaretten, sowie ein neues Feuerzeug, das jedenfalls in einem anderen Geschäft gestohlen war. Vor dem diebischen Kleeblatt sei hiermit gewarnt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
„Nur“ Liebesgaben. Bedauerlicherweise gibt es skrupellose Händler und Fabrikanten, welche meinen, für Liebesgaben die schlechteste Ware und das schlechteste Material verwenden zu können. Auch ein kleiner Teil des Publikums ist der Meinung, daß man es bei den allgemeinen Liebesgabensendungen mit der Qualität nicht so genau zu nehmen braucht. Recht kennzeichnend für dies schon des öfteren hier und da erörterte Thema ist folgender Fall: Kommt da dieser Tage in ein Zigarrengeschäft eine vornehm gekleidete Dame und verlangt für 1 Mark 200 Zigaretten (!!), da sie „nur“ für Liebesgaben sein sollen. Ein anderer Käufer, der sich gerade in dem Laden befand, fand denn auch den Mut, der Dame gehörig Bescheid zu sagen, sodaß sie, ohne den „vorteilhaften“ Einkauf gemacht zu haben, beschämt auf und davon ging. – Man kann es daher nicht oft genug wiederholen: für unsere tapferen Feldgrauen ist „nur“ das Beste vom Besten gut genug, denn ohne ihre Tüchtigkeit wäre ja „nur“ der Feind ins Land gekommen.
Gold gab ich für – eine Kinokarte. Die Viktoria-Lichtspiele in der Gangolfstraße unterstützen auf ihre Art die Bemühungen, das noch von dem Publikum zurückgehaltene Gold der Reichsbank zuzuführen. Zu diesem Zwecke geben sie jeden Besucher, der bei ihnen zur Bezahlung einer Eintrittskarte ein Goldstück wechseln läßt, eine Freikarte. Das Gold, das sie auf diese Weise erhalten, führen sie der Reichsbank zu. Allein am Sonntag nachmittag wurde an der Kasse der Viktoria-Lichtspiele 850 Mark Gold gewechselt, insgesamt lieferte die Direktion bis jetzt 1470 Mark Goldgeld an der Reichsbank ab.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 17. Februar 1915
In Ostafrika gefallen. Es werden jetzt die ersten beiden Verlustlisten aus dem Schutzgebiet Deutsch-Westafrika veröffentlicht. Unter den Gefallenen befindet sich Pflanzungsassistent Johannes Bramkamp aus Ruppichteroth (Siegkreis) gefallen am 12. Sept. bei der englischen Station Kisii am Viktoriasee. Am 9. Sept. vermißt, möglicherweise tot: Pflanzer Walter Klein aus Godesberg.
Gesellschaft für Literatur und Kunst. Am kommenden Samstag, abends 7 1/2 , wird im großen Saal der Lese Geheimrat Paul Clemen über „Die Erhaltung der Denkmäler und der Krieg“ sprechen.
Uebertragung des Fleckfiebers. Nachdem in der russischen Armee das Fleckfieber aufgetreten ist, muß man mit der Möglichkeit rechnen, daß diese Krankheit vom östlichen Kriegsschauplatze aus in Deutschland eingeschleppt wird. Das Ministerium des Inneren macht daher darauf aufmerksam, daß diese Krankheit durch Vermittlung von Läusen, vor allen von Kleiderläusen, übertragen wird. Es empfiehlt sich daher große Vorsicht bei allen aus Galizien und Polen zugereisten Personen, da die Läuseplage in diesen Gegenden sehr verbreitet ist. Fleckfieberkranke und Fleckfieberverdächtige sind sofort in ein Krankenhaus mit Einrichtungen zur sicheren Absonderung zu bringen. Personen, die mit Fleckfieberkranken oder Fleckfieberverdächtigen in nähere Berührung gekommen sind, gelten als ansteckungsverdächtig. Die Kleidung und Wäsche von Fleckfieberkranken und Fleckfieberverdächtigen muß sorgfältig auf Läuse untersucht und nötigenfalls mit den geeigneten Mitteln behandelt werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Schulfrei! Aus Anlaß unseres großen Sieges über die Russen in Ostpreußen ist der Unterricht in den Schulen heute früh ausgefallen. Mit stürmischen Hurras eilten die Kinder aus den Schulgebäuden.
Wurst der Käse. Man schreibt uns: Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß die Haltbarkeit der Dauerware von Wurst und Fleisch bei den heutigen Verhältnissen nicht mehr dieselbe ist wie vor dem Kriege. Große Fabriken lehnen auch bereits die Garantie für eine längere Haltbarkeit ab, mit der Begründung, daß die jetzt zur Schlachtung kommenden Schweine noch zu jung seien und infolgedessen das Fleisch derselben zu wenig Eiweißgehalt besitzt. Ein hoher Prozentsatz Eiweißgehalt ist aber nötig, wenn die Dauerware von längerer Haltbarkeit sein soll. Es dürfte deshalb empfehlenswert sein, die Aufmerksamkeit auf Käse zu richten, dessen Nährwert selbst bei halbfetten und dreiviertelfetten Käsen noch bedeutsam größer ist, als der von Fleisch. Abgesehen hiervon sind aber auch heute noch die besten Qualitäten wesentlich billiger als z. B. Plockwurst und Cervelatwurst und lassen sich ebenso gut, wenn nicht noch besser, verwahren. In einem nicht zu feuchten Raume (Keller), der vor Durchgang geschützt sein muß, kann man feinste, vollfette Käse ein ganzes Jahr verwahren und noch länger, wobei der Käse immer besser und pikanter wird, zweite Qualitäten eigen sich weniger für ein längeres Lagern, können aber immerhin auch zwei Monate verwahrt werden.
Ueber eine Erhöhung der Steuer für Luxushunde wird sich die Stadtverordnetenversammlung am Freitag schlüssig machen. Die Hundesteuer soll künftig 30 Mk. und bei zwei oder mehr Hunden 40 Mk. für jeden Hund betragen.
Ueber die Bedeutung des Blut-Brotes als kräftiges Volksnahrungsmittel, das nebenbei einen äußerst billigen Ersatz für teure Blutwurst darstellt, haben wir bereits nach einer Schrift des Herrn Apothekers Block = Bonn berichtet. Nunmehr liegt uns auch eine Schrift des Herrn Geheimen Medizinalrats Prof. Dr. R. Robert = Rostock vor, in der dieser Fachmann sich über die Benutzung von Blut als Zusatz zu Nahrungsmitteln äußert. Geheimrat Prof. Robert macht in seinem gemeinverständlichen Schriftchen Angaben über die Zusammensetzung des Blutes unserer Schachttiere, über seinen Gehalt an Eiweißarten und Nährsalzen und bespricht dann die Verwendung des Blutes zu Schwarzsauer, Blutwurst, Blut-Pudding, Punkebrot, Blutklößen, ferner äußert er sich über die Bereitung von Blut-Brot, das harte schwedische Paltbrot und das frische estnische Blut-Brot. Er erwähnt hierbei, daß in den oldenburgischen Landen seit undenklichen Zeiten ein Roggenbrot gebacken werde, bei dem Schweinblut mit verwandt wird. Nach den Erfahrungen der Bauern soll es einen kräftigen Wohlgeschmack besitzen.(...)
Unter Hinweis auf das Block’sche Schriftchen sagt Geheimrat Robert:
„Eine schönere Bestätigung meiner Ansichten kann es gar nicht geben. Alle denkbaren Einwände sind durch Block’s Versuche widerlegt, und ich fordere energisch die Freigabe des Blutes der Schlachthäuser und seine sofortige dauernde Verwertung zu Nahrungszwecken. Neben dem „K“-Brot darf das „B-K“-Brot (Blut-Kartoffelbrot), solange der Krieg dauert, in keinem Bäckerladen mehr fehlen.“
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Erhöhung des Brotpreises.
Die Bonner Bäcker-Innung macht bekannt:
„Der Vorstand sieht sich veranlasst, durch die gewaltigen Mehlpreissteigerungen seitens der Stadtverwaltung den Einheitspreis des Schwarz- und Feinbrotes auf 75 Pfg. zu setzen.“
Dazu schreibt die Innung:
In der Versammlung am 5. Februar wurde beschlossen, einen Einheitspreis von 70 Pfennigen für die Brote festzusetzen. Die Mehlpreise standen an genanntem Versammlungstage für Schwarzbrotmehl auf 32,50 Mark, während heute die Stadtverwaltung als Mehllieferant bei Selbstabholung 38 Mark verlangt und dementsprechend ja auch die anderen Mehlsorten im Preise bedeutend steigen. Aus diesem Grunde sieht sich die Bonner Bäcker-Innung veranlaßt, die Brotpreise zu erhöhen.
Katholischer Gesellenverein. Die nächste Vereinsversammlung am Sonntag den 21. Februar wird wieder zu einem patriotischen Abend erweitert, der zugleich als Abschiedsfeier dienen soll für die vielen Mitglieder, die jetzt ausgehoben worden sind und demnächst zum Militär einrücken müssen. Bei dieser Gelegenheit wird Herr Rechtsanwalt Henry einen Vortrag halten über das Thema: „Unsere Kämpfer und wir!“ Außerdem hat ihre Mitwirkung freundlichst zugesagt Konzertsängerin Frl. M. Deus. Wir machen schon jetzt die Ehrenmitglieder, Mitglieder und Freunden nebst ihren Angehörigen auf diesen Abend aufmerksam.
Studentische Lazarett-Tätigkeit. Schon mehrfach konnten wir über die Tätigkeit der sozial-studentischen Bewegung zur Freude unserer Verwundeten berichten. Seitdem waren ihre Mitglieder jedoch nicht müßig. In den letzten vierzehn Tagen sind 5 Abendezu verzeichnen. Im Friedrich-Wilhelm-Stift wirkten 4 Studentinnen und 2 Studenten mit. Abwechselnd folgten Klaviervorträge, Lieder zu Laute und Rezitationen. Aehnliche Darbietungen füllten einen stimmungsvollen Abend im St. Marienhospital. Lieder zur Laute und Rezitationen erfreuten an einem weiteren Abend die Verwundeten im St. Josephs-Hospital in Beuel. Zweimal in den letzten Wochen leitete ein junger, der Bewegung nahestehender Künstler auf der Orgel einen Abend in der Beethovenhalle ein und beschloß ihn. Studentinnen und Studenten sangen und sprachen ernste und vor allem heitere Gedichte aus friedvollen und ernsten Zeiten. Letzten Samstag stellte sich Opernsängerin L. Korkhaus aus Köln in den Dienst der Sache und sang mit echtem starkem Ausdruck Volks- und Kriegslieder. Das sind schöne Stunden für die Soldaten und die Mitglieder der sozial-studentischen Bewegung.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 18. Februar 1915
Die freiwillige Sanitäts-Kolonne vom Roten Kreuz Bonn hält zur Zeit in der Halle in der Quantiusstraße einen neuen Kursus zur Ausbildung von „Sanitätern“ ab. Herr Stabsarzt Dr. Förster hat in dankenswerter Weise die theoretische Lehrtätigkeit übernommen, während die praktischen Uebungen unter der Leitung des Kolonnenführers Schneider stehen. Der Andrang an dem Kurs ist derart stark, daß die Halle vorzeitig geschlossen und eine größere Anzahl von Anmeldungen für diesmal zurückgewiesen werden mußte. In Kürze soll unter der gleichen bewährten Leitung ein weiterer Ausbildungskursus stattfinden, zu dem der Anfangstermin noch bekannt gegeben wird.
Der Westerwaldklub, Ortsgruppe Bonn, hält am Samstag, den 20. Febr., abends 8 ½ seine Hauptversammlung im „Hähnchen“ ab. Nach Erledigung der Tagesordnung wird Herr Dr. Brüggemann einen Vortag halten über „Alte deutsche Frühlingsgebräuche auf dem Lande“, und Herr Theaterdirektor Wittmann über „Patriotische Dichtungen“.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Städtischer Kartoffelverkauf. Wie wir hören, sind noch Kartoffelsendungen für den städtischen Verkauf unterwegs. Hiesige Händler verlangen bereits 6,50 bis 7,00 Mk. für den Zentner, ein Preis, der von Minderbemittelten nicht bezahlt werden kann.
Städtischer Verkauf von Speck! In der heutigen Nummer unseres Blattes macht der Oberbürgermeister bekannt, daß am Samstag, d. 20. d. M., nachmittags von 3 bis 7 Uhr im Ladenlokal Rathausgasse 27 ein Verkauf von gesalzenem und geräuchertem Speck in kleinen Mengen stattfindet. Gesalzener Speck kostet das Pfund 1 Mk., geräucherter Speck 1,20 Mk.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ein gutes Rezept. Von meinen Verwandten aus Norwegen erhalte ich ein billiges und wohlschmeckendes Rezept: Kartoffeln werden mit der Schale gekocht, gepellt, dann gerieben oder gemahlen. 20 große Kartoffeln, 3 Handvoll Roggenmehl. Diese werden zusammen zu einem trockenen Teig verarbeitet, dann ausgerollt in der Dicke von ½ -1 Zentimeter rund ausgestochen und auf reiner Herdplatte gebacken. Etwas Salz nicht vergessen. Man braucht also kein teures Fett, Butter oder Oel dazu. Wie es scheint, lebt man in allen Staaten sparsamer wie in Deutschland. Helene Ruland
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der große Erfolg unserer Truppen im Osten löste gestern vormittag in Bonn große Begeisterung aus. In den Schulen wurden patriotische Lieder gesungen und dann der Unterricht geschlossen, von allen Kirchtürmen läuteten die Glocken und sehr viele Privathäuser tragen Flaggenschmuck.
Stadttheater. Des guten alten Roderich Benedix behäbig gemütliches Lustspiel „Die relegierten Studenten“ mit den „zärtlichen Verwandten“, den geschickt gebauten wirksamen Lustspielszenen und dem braven Humor hat immer noch seine Freunde, dann namentlich, wenn ihm von seiten der darstellenden Künstlerschaft eine solche Ehre angetan wird, wie es hier, mit einer im allgemeinen tadellosen Aufführung geschehen. Die Bilder, welche Herr Wittmann erstellt, waren gute biedermeierische Stiche mit Farbe und Leben, ebenso war der von ihm dargestellte „Justizrat Stein“ eine ausgezeichnete Type dieses Lustspiels, die auch seelische Wärme ausströmte. Herrn Kronenburgers „Reinold“ fanden wir mit freundlichen Zügen äußerst gewandt und verehrungswürdig für die Schlossherrin „Konradine von Hardenberg“, die Fräulein Hamel mit viel Anmut und Liebreiz verkörperte, sodaß man sie aufrichtig und herzlich gut finden mußte. Die zärtlichen Verwandten fanden in den Herren Schrader, Ferchland und Sascha und den echt zänkisch neidisch sich gerierenden Damen Weinert und Westerland trefflichste Vertretungen. Auch die jungen, guten Töchterchen „Hedwig“ und „Emma“ stellten Frl. Koop so wirksam wie Herr Schaefer und Pahl die relegierten Kommilitonen Reinold’s. Ein recht amüsanter heiterer Abend kam somit heraus, an dem man sich harmlos freuen konnte. -nf.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 19. Februar 1915
Konzert Willy Burmester. Der bekannte Geiger Geheimrat Willy Burmester gibt hier am 25. Februar ein Konzert, von dessen Reinertrag ein großer Teil dem Roten Kreuz und einem Zigarren- und Zigaretten-Fonds für unsere Soldaten im Felde überwiesen wird. (...)
Der vaterländische Balladen- und Liederabend von Kammersänger Hermann Gura findet Dienstag, 28. Febr., im großen Saale des Bürgervereins statt. Die Einnahme des Abends ist zum Besten der Hinterbliebenen unserer im Felde gefallenen Krieger und zwar wird der gesamte Reinertrag dem guten Zweck zugeführt. (...)
Zum Besten der Kriegshilfe der Bürgermeisterei Godesberg findet im Rheinhotel Dreesen heute Freitag 4½ Uhr ein Wohltätigkeits-Tee statt. Namhafte Solisten haben ihre Mitwirkung zugesagt.
Die Photographische Gesellschaft Bonn veranstaltet am Samstag, den 20. Februar, abends 6 Uhr, im Vortragssaal der Buchhandlung Cohen einen Lichtbildvortrag. Der Vorsitzende, Herr Küllenberg, wird an Hand einer großen Anzahl selbstgefertigter prachtvoller Aufnahmen seine Reiseeindrücke unter dem Titel: „Vier Wochen in Norwegen“ schildern. Der Besuch ist kostenlos, jedoch müssen Karten vorher in dem Spezialhaus für Photographie-Bedarf J. Schröder, Sürst 8, entnommen werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Vom Ertrinken gerettet. Am Dienstag nachmittag fiel in der Nähe des Alten Zolls ein 4½jähriges Mädchen, dessen Eltern am Dreieck wohnen, in den Rhein. Das Kind trieb unter einem Fischkahn her durch die Landebrücke der Köln-Düsseldorfer Dampfschiffahrts-Gesellschaft bis zur Fahr unterhalb der Brücke. Ein 18jähriger Tagelöhner namens Barthel Becker aus der Rheingasse sprang dort in den Rhein, schwamm dem bereits bewußtlosen Kinde entgegen und brachte es trotz der starken Strömung an jener Stelle glücklich ans Ufer. Ein Soldat nahm das Kind in Empfang und zog es vollends aufs Trockene. Sofort angestellte Wiederbelebungsversuche hatten glücklicherweise Erfolg. Der jugendliche Lebensretter hatte sich vor einiger Zeit freiwillig zum Heer gemeldet, war auch einige Tage bei der Truppe, wurde dann aber als nichtfelddiensttauglich wieder nach der Heimat entlassen.
(Bonner General-Anzeiger, „Aus Bonn“)
„Die Philosophie des Krieges“. Der Schriftsteller Dr. Fr. Martin Olpe aus Godesberg spricht heute abend 8½ Uhr im großen Saale des Königshofes (Koblenzerstraße) über „Die Philosophie des Krieges“. Jeder hat freien Eintritt. Nach dem Vortrag wird eine freiwillige Sammlung stattfinden, deren Reinertrag dem Roten Kreuz und dem Fonds der Kriegshilfe der Stadt Bonn überwiesen werden soll.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 20. Februar 1915
Bonner Wehrbund. Am Sonntag nachmittag veranstaltet der Bonner Wehrbund eine Geländeübung im Raume von Hersel. Die Abteilungen vereinigen sich um 8 Uhr an der Karlsschule zu dieser Uebung. In der letzten Zeit sind viele Mitglieder des Wehrbundes zur Fahne einberufen worden. Noch größere Einziehungen dürfen im März und April bevorstehen. Allen denjenigen, die dann noch mit ihrer Einziehung rechnen müssen, bietet sich noch reichliche Gelegenheit durch sofortigen Eintritt in den Wehrbund ihren Körper auf die bevorstehende Dienstzeit vorzubereiten und sich im voraus mit den Elementen des Dienstes zu ihrem Vorteil vertraut zu machen. Die jetzt eingezogenen früheren Mitglieder genießen den Vorteil, ihrer vorgesetzten Behörde die amtliche Bescheinigung über ihre Teilnahme an den Wehrbundsübungen vorlegen zu können. Sie sind daraufhin fast ausnahmslos bevorzugten Regimentern, besonders der Garde zugewiesen worden. Sie dürfen auch weiter darauf rechnen, sich des besonderen Vertrauens ihrer Vorgesetzten zu erfreuen.
Sanitätshunde. Die hiesige Meldestelle des Deutschen Vereins für Sanitätshunde hat wiederum 5 Führer mit 5 Sanitätshunden nach der Front abgesandt. (...) 40 Führer und 41 Sanitätshunde stehen von Bonn aus schon im Felde. – Bei der Bonner Meldestelle können wieder weitere Führer zur Ausbildung eingestellt werden. Als solche kommen noch nicht oder nicht mehr dienstpflichtige Leute, sowie Landsturm mit und ohne Waffe in Frage. Meldung bei dem Leiter der Meldestelle Herrn Polizeikommissar Flaccus, Kirschallee 23 wohnhaft.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Stadtverordnetensitzung vom 19. Februar.
Oberbürgermeister Spiritus eröffnete die Sitzung um 5.15 Uhr.
Vor Eintritt in die Tagesordnung entschuldigte Stadtv. Henry den Stadtv. Mengden wegen seines Fehlens bei der Sitzung damit, daß auch sein 2. Sohn auf dem Felde der Ehre den Heldentod gestorben sei.
Oberbürgermeister Spiritus bat den Stadtv. Henry, dem Stadtv. Mengden die Teilnahme der Versammlung auszusprechen.
Sodann gab der Vorsitzende Kenntnis von der Schrift des Herrn Apothekers Block-Bonn „Blut als Nahrungsmittel“ und legte es auf dem Tisch des Hauses zur Einsichtnahme aus.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Die Versammlung tätigte verschiedene Kommissionswahlen, erklärte sich mit der Ergänzung des Gemeindebeschlusses über den Schlachthauszwang einverstanden und genehmigte die erforderlichen Mittel zur Erneuerung des Fußbodenbelages in einem Raum der Vernichtungsanstalt [im städtischen Schlachthof].
Die Versammlung bewilligte zur Bewirtschaftung brachliegender Grundstücke einen Kredit von 1.200 Mark für den Hektar. Mit einer Neunummerierung der Westseite der Endenicher Allee, der Vereinigung der Zahlstelle Bonn-West mit der Steuerzahlstelle Altstadt und der Abänderung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages der rechtsrheinischen Bahnen erklärte die Versammlung sich einverstanden.
Verschiedene Einrichtungen im städt. Plegehaus, die Verpachtung von Grundstücken und die Richtigstellung eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung wurden gutgeheißen. Eine Erhöhung der Steuer für Luxushunde wurde vertagt. (...)
Ein Antrag auf Zuschüsse zu den Einquartierungsgeldern wurde ebenfalls vertagt und eine Anfrage wegen Durchführung des Straßenbahnbetriebs bis zur Bergstraße dahin beantwortet, daß der Betrieb am 1. März ohne Erhöhung des Fahrpreises aufgenommen werde.
Ein Antrag (...) wegen des Preisunterschiedes zwischen dem bei Bäckern beschlagnahmten Roggen und dem von der Stadt gelieferten Roggenschrotmehl wurde besprochen und ruch die Besprechung für erledigt erklärt.
(Bonner General-Anzeiger, „Aus Bonn“)
Antrag betr. Ersatzwahlen für die Stadtverordneten-Versammlung.
Es ist folgender Antrag eingegangen: „Die unterzeichneten Stadtverordneten beantragen, auf die Tagesordnung der nächsten Stadtverordnetensitzung folgenden Gegenstand zu bringen: Ersatzwahl für die innerhalb der Wahlperiode ausgeschiedenen Stadtverordneten. Bonn, 15. Febr. 1915. gez. Cosack, Krantz.“
Stadtv Krantz: Die wiederholt eingetretene Tatsache, daß die Kommissions- und Stadtverordneten-Sitzungen nicht genügend besetzt gewesen sind, hat die liberale Fraktion zu diesem Antrag veranlaßt. Sie wissen, daß wir eine starke Einbuße an mitbestimmenden Stadtverordneten erlitten haben durch Einziehung zum Heere. Es sind 6 der liberalen Fraktion und einer der Zentrumsfraktion. Außerdem für militärische Zwecke, als Aerzte vier Herren, zwei vom Zentrum und zwei von der liberalen Fraktion eingezogen worden. So gehen 11 Herren dadurch verloren. Nun kommt der große Verlust dazu, den der Tod in unseren Reihen veranlaßt hat. Vier Herren sind durch Tod abgegangen.; daß sind also 15 Herren, die fehlen. Wir möchten dann bitten, die Fraktionsverhältnisse zu beachten. Das Verhältnis zwischen der liberalen Fraktion und dem Zentrum von 22:17 ist ausgeglichen, jetzt steht es 16:16. Das Verhältnis verschiebt sich also zu Ungunsten der liberalen Fraktion. Wir halten es für eine große Ehre, daß sechs unserer Fraktionsmitglieder eingezogen sind, aber wir wünschen nicht, daß dies uns zum Nachteil gereicht. Ich muß mit großer Anerkennung davon sprechen, daß sich gleich zu Kriegsbeginn ein Zusammenschluß aller Bürger, ohne Rücksicht auf die Partei gebildet hat, der sich in außerordentlich glücklicher Weise bewährt hat. Dieser Zusammenschluß, der deswegen schon angenehm empfunden wurde, weil er eine persönliche Anerkennung und das gegenseitige Vertrauen in sich schließt, hat den weiteren Vorteil, aus der ganzen Bürgerschaft Hilfskräfte herbeigerufen zu haben, ohne nach der Partei zu fragen. Dieses schöne Verhältnis besteht glücklicherweise bis auf den heutigen Tag. Ich möchte daher die Herren von der Zentrumsfraktion bitten, den Antrag, wie er gestellt ist, zu genehmigen. Im Namen meiner Fraktion kann ich erklären, daß wir bereit sind, auf Grund des gegenwärtigen Besitzstandes weiter zu arbeiten. Ich glaube, meine Herren, wenn Sie das alles bedenken und dem Antrage zustimmen, wird dies in der weitesten Bürgerschaft aufs wärmste empfunden werden. Draußen im Felde stehen unsere Truppen im einmütigen Zusammenhalten gegen einen übermächtigen Feind; auch wir, die wir in der Heimat das bürgerliche Leben aufrecht erhalten und seine Aufgaben lösen sollen, wollen uns nicht veruneinigen, sondern auch in einheitlichem Zusammenwirken weiter arbeiten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Stadtv. Henry gibt darauf folgende Erklärung ab:
„Im Auftrage der Zentrumsfraktion habe ich folgendes zu erklären:
„Die Zentrumsfraktion erkennt an, daß die liberale Fraktion bei der Zahl ihrer durch Tod abgegangenen Mitglieder den berechtigten Wunsch hat, ihre Reihen zu ergänzen. Sie glaubt, daß diesem Wunsche durch eine Ersatzwahl in der ersten Klasse, die bisheran unbestrittener Besitz der liberalen Fraktion ist, Genüge geschieht.
Aus demselben Grunde ist die Zentrumsfraktion mit einer Ersatzwahl in der in ihrem festen Besitze befindlichen dritten Klasse einverstanden.
Die Ersatzwahl in der heißumstrittenen zweiten Klasse glaubt die Zentrumsfraktion in dem Bestreben, einen Wahlkampf zu vermeiden, bis zum Herbst verschieben zu sollen. Ich stelle daher den Antrag, die Ersatzwahl nur für die erste und dritte Klasse vorzunehmen.“
Die Abstimmung ergibt ein Stimmenverhältnis von 13:13. Oberbürgermeister Spiritus gibt die Entscheidung für den Antrag der Herren Cosack und Dr. Krantz. (...)
Oberbürgermeister Spiritus: Nun gestatten Sie mir, meine Herren, noch ein kurzes Wort. Ich möchte wünschen, daß die Wahlen, denen wir jetzt entgegengehen, in demselben Geiste vor sich gehen werden, wie ihn die Bonner Bürgerschaft in den sechs Kriegsmonaten an den Tag gelegt hat. Ich kann sicher sein, daß die Bonner Bürgerschaft sich nicht in Parteikämpfe einlassen wird. Ich hoffe, daß es den in Frage kommenden Persönlichkeiten gelingen wird, zwischen beiden Fraktionen Kompromisse zu schließen, die beide Seiten befriedigt und der Stadt zum Segen gereicht. (Bravo!)
Stadtv. Henry erklärt im Namen seiner politischen Freunde, daß er den Worten des Oberbürgermeisters zustimme.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Sonntag, 21. Februar 1915
Vaterländische Reden und Vorträge. In der Reihe der Vaterländischen Reden und Vorträge sprach Herr Kaplan Schopen über „Die Bedeutung des preußischen Staatsgedankens für den Weltberuf Deutschlands“. Der Redner besprach zunächst ausführlich den eigentümlichen ethnologischen Charakter des Preußentums, das keinen germanischen Sonderstamm, sondern ein von den Kolonisten aller deutschen Stämme gemeinsam geschaffenes künstliches Gebilde darstellt. Neben diese Fusion deutscher Stämme trete dann in starkem Maße die Legierung mit slawischem Blute. (...) Der Sieg des deutschen Einheitsgedankens wurde möglich gemacht durch die ostdeutsche Kolonisation. Redner erkannte zum Schluß in dieser Entwicklung eine Bestätigung des die gesamte Kulturgeschichte beherrschenden Gesetzes, daß jede Weltkultur eine Rassenmischung zur Voraussetzung habe.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Städtischer Speckverkauf. Aehnlich wie beim Verkauf der „Magistratskartoffeln“ in den Berliner Markthallen gings am Samstag nachmittag hier beim städtischen Speckverkauf in der Rathausgasse zu. Die Hausfrauen waren in hellen Scharen herbeigeeilt, um sich die günstige Gelegenheit, wohlfeilen Speck zu kaufen, nicht entgehen zu lassen. Die Stadt hatte, wie angekündigt, den Preis für geräucherten Speck auf 1,20 Mark, für gesalzenen Speck auf 1,00 Mark festgesetzt, also etwa 20 Pfg. billiger als er bei den hiesigen Metzgern zu haben ist. Um den Andrang im Verkaufslokal selbst zu verhüten, wurden jeweils nur etwa fünf bis sechs Käuferinnen eingelassen. Der Speck wurde nur in kleineren Mengen von einem Pfund bis etwas drei bis vier Pfund abgegeben. Obwohl die Abfertigung der Käuferinnen flott vonstatten ging, umstanden doch noch nach 4 Uhr etwa 100 Frauen das Haus oder warteten im Flur, bis ihnen Einlaß gewährt wurde. Schätzungsweise wurden am gestrigen ersten Verkaufstage etwa fünfzehn Zentner Speck umgesetzt. Hoffentlich richtet die Stadtverwaltung noch mehrere solcher Verkaufstage ein.
Petroleum-Ersatz? Eine Menge von Versuchen mit dem nach einem vielfach in den Tagesblättern bekanntgegebenen Rezept hergestellten Petroleumersatz hat ergeben, daß diese Präparat doch nicht den gehegten Erwartungen entspricht. Es brennt nämlich hauptsächlich das oben schwimmende Petroleum ab, indem ein großer Teil des Sodawassers unverbrannt in der Lampe zurückbleibt; auch hat sich der Uebelstand herausgestellt, daß der Lampendocht in kurzer Zeit unbrauchbar wird. Außerdem kann die Art und Weise der Herstellung gefährlich werden. So wird gemeldet, daß eine Frau welche das Petroleum in das kochende, statt in das abgekühlte Sodawasser gegossen hatte, sich dabei durch das explosivartige Herausspringen des Petroleums so starke Brandwunden zugezogen habe, daß ihr Aufkommen bezweifelt wird.
Frauenversammlung. Am Montag abend 8 Uhr, findet im kath. Gesellenhause eine Versammlung für alle Frauen der Marienpfarre statt. In dieser Versammlung soll das jetzt so wichtige Thema „Krieg und Hauswirtschaft“ behandelt werden. Die Redner des Abends sind: Herr Pfarrer Stein sowie Frau Schulteiß vom Kathl. Frauenbund. Aehnliche Versammlungen für andere Pfarreien der Stadt werden in den nächsten Tagen abgehalten.
Festgenommen wurde von der Kriminalpolizei ein Kellner, der vor ungefähr acht Tagen einem hiesigen Gastwirt mit der Tageskasse durchgebrannt war.
Ein verwegener Einbruchdiebstahl ist vor einigen Tagen von einem Dienstmädchen in Dottendorf ausgeführt worden. Das Mädchen hatte sich in ein Haus, wo es früher in Dienst gewesen war, eingeschlichen, ein Fenster eingedrückt und sich Eingang in ein Zimmer verschafft, wo es 900 Mark entwendete. Am Freitag abend ist das Mädchen von der Kriminalpolizei festgenommen worden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Richtiges Brotgewicht! Durch Beschluß de Bäcker-Innung kostet das Brot nun einheitlich 75 Pfg. und soll, wie es heißt, „Schwarzbrot 4 Pfund wiegen, und zwar ausgebacken“. Heute ließ ich in einer Bäckerei in der Nähe des Marktes ein Schwarzbrot holen und wog es, weil es mir so klein schien, nach, und siehe, es wog genau 3½ Pfund. Ich habe es nicht etwa auf einer Küchenwage gewogen, sondern auf einer amtlich geeichten Wage, so daß es also seine Richtigkeit hat. Wenn die Konsumenten sich in den Preis von 75 Pfg. fügen müssen, so wäre es doch auch richtig, wenn die Bäcker sich in das angegebene Gewicht fügen würden. Ein halbes Pfund weniger macht bei einer zahlreichen Familie schon etwas aus. Also bitte bei dem festgesetzten Preis auch das laut Beschluß festgesetzte Gewicht. Eine Hausfrau.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Auf dem Rhein ist der Güterverkehr jetzt sehr groß. Den ganzen Tag fahren schwere Schleppdampfer mit fünf, sechs und sieben schwerbeladenen Anhängeschiffen an Bonn vorüber.
Vandalismus. Die Bank, welche an der prachtvollen Aussichtsstelle hinter dem Urnenhain am Kreuzberge stand, ist in diesen Tagen zerstört worden. Wie die umherliegenden Holzsplitter erkennen lassen, haben die Täter dazu eine Axt benützt und das Holz an Ort und Stelle zerkleinert, um es als Brennholz verwenden zu können.
Wundertäter und Aberglaube. Am Donnerstag vormittag wurden auf dem hiesigen Wochenmarkte Gebetszettel verteilt, denen eine übernatürliche Wunderkraft zugeschrieben wurde. Es hieß unter anderem auf dem Zettel: Wer ihn bei sich führt, ist gegen Unglück geschützt. Krieger werde vor dem Tode bewahrt. Wer aber darüber spottet, erfährt Ungemach. Es genügt wohl nur ein Hinweis auf diesen groben Unfug schlimmster Art, um unsere Marktpolizei zu veranlassen, derartigen Wundertätern das Handwerk zu legen.
Unfug mit Bettelbriefen. Daß die Opferwilligkeit und Hilfsbereitschaft der Bürger von gewissen Leuten mißbraucht wird, ist eine bekannte Sache. Wir haben schon mehrere Male über solche Fälle berichtet. Heute weisen wir auf einen Schriftsetzer hin, der früher in Bonn arbeitete und heute in der Siegburger Geschoßfabrik tätig ist. Er hatte als Schriftsetzer ein recht gutes Einkommen und auch sein jetziger Verdienst ermöglicht es ihm, seine Familie durchzubringen, ohne sie darben zu lassen. Trotzdem schreibt der Mann an angesehene Bonner Familien seitenlange Bettelbriefe, in denen er der Firma, in der er früher als Setzer beschäftigt war, vorwirft, sie bezahle ihre Leute schlecht, er habe so wenig verdient, daß er nun so gut wie mittellos dastehe. Die Behauptung beruht auf Unwahrheit. Wir warnen vor ihm. Es empfiehlt sich bei Bettelbriefen überhaupt, in jedem Falle den Verhältnissen des Absenders auf den Grund zu gehen, damit nicht nicht die Schwindler zum Nachteil der wirklich Bedürftigen den Vorzug der Unterstützung genießen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Montag, 22. Februar 1915
Kriegslehrgang für Frauen. Heute morgen wurde um 9 Uhr im Saale des Bonner Bürgervereins der dreitägige Kriegslehrgang für Frauen durch Herrn Landrat v. Grote eröffnet. Herr Generalsekretär Oekonomierat Dr. Rheinhardt sprach über „Zweck und Aufgabe des Lehrganges“. Um 10 Uhr begann dann der Kursus mit dem Vortrag von Herrn Oekonomierat Kreuz (Bonn): „Die Volksernährung im Kriege“. Die weiteren Vorträge beginnen Dienstag und Mittwoch um 9 Uhr vormittags.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Populärwissenschaftliche Vorträge. Mit dem heutigen Vortrage des Herrn Dr. Beusch aus München-Gladbach „Was steht im jetzigen Kriege mit England in staatlicher, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht auf dem Spiele?“ finden die dieswinterlichen Vorträge ihren Abschluß. In ihm wird von berufener Seite noch einmal zusammenfassend gezeigt, was alles durch den Neid des habsüchtigen England an Kulturwerten für unser eigenes Volk, ja z.T. für die ganze Menschheit gefährdet ist. Diese Werte genau kennen, ihre Bedrohung ermessen zu lernen und sich für das opferwillige Einsetzen aller Kräfte anfeuern zu lassen, das ist die verdienstvolle Aufgabe des heutigen Schlußvortrages.
Die zweite Remontierungskommission wird in hiesiger Gegend auf Befehl des Kriegsministeriums volljährige Mobilmachungspferde warm- und kaltblütigen Schlages kaufen. Zu diesem Zweck findet am Samstag, 27. Febr., vormittags 9 Uhr, auf dem Adolfsplatz ein öffentlicher Markt statt. Pferde müssen mindestens fünf Jahre alt sein und nicht unter 1,52 Meter Stockmaß haben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Gesellschaft für Literatur und Kunst. Geheimrat Paul Clemen über „Die Erhaltung der Denkmäler und der Krieg.“
Die feinen Ausführungen aus dem berufenen Munde des Kunsthistorikers Paul Clemen standen in wohltuendem Gegensatz zu dem, was in den letzten Monaten in Zeitungen, Zeitschriften und Broschüren über „die Erhaltung der Denkmäler und der Krieg“ ausgeführt wurde. Aber der Gegensatz bestand wohl mehr in der Form, als in dem, was es zu diesem beinahe allzuviel besprochenen Thema an Tatsachen, Schlußfolgerungen und Vorsätzen für die Zukunft vorzubringen gibt. Wenn Klagen zu erheben sind – so sagte Geheimrat Clemen – dann sind wir es, die die Franzosen anklagen, daß sie jene Kunstdenkmäler in den Bereich ihrer militärischen Operationen hineingezogen haben, daß ihre führenden Geister nicht damals (statt heute) protestiert haben, als man Reims in eine Festung verwandelte. Sie – nicht wir – sind es gewesen, die die Kathedralen und die wundervollen gothischen Profanbauten Flanderns und Nordfrankreichs in Gefahr brachten. Man kann keinen friedlichen Krieg führen. Man schießt nicht mit Knallerbsen und faulen Aepfeln. Und die Gegner lassen sich nicht vorschreiben, wo ihre Kugeln treffen dürfen. Ebenso wenig wie wir den Franzosen sagen können, dort vorne in unserem Schützengraben liegt ein junger Goethe, oder ein junger Helmholtz, oder ein junger Beethoven (es könnte ja sein), dorthin schießt nicht; dort liegt die Blüte unserer Jugend, die Hoffnung unserer Zukunft. Die Namen Loewen und Reims haben uns im ganzen Ausland mehr geschadet, als zwei verlorene Schlachten. Darüber sollte man sich auch bei uns so klar sein wie die Gegner, als sie die Fanfare in die Welt bliesen. Aber wie entsetzlich viel Lügen sind mit diesen Namen von unseren Feinden verknüpft worden. Die Substanz der Bauwerke ist überall erhalten. (Clemen hat die Stätten im Auftrag der Regierung besucht.) Nichts ist zerstört und eingeäschert. Das Dach der Kathedrale von Reims ist abgebrannt und die Skulpturen des linken Seitenportals haben arg gelitten, der schmerzliche Verlust in ganz Belgien ist die Universitätsbibliothek von Loewen. Wie viel aber hätte hier und in Reims erhalten bleiben können, wenn eine Feuerwehr zur Stelle gewesen wäre, wenn wenigstens Pioniere das brennende Holz des Reimser Dachstuhls auseinandergerissen hätten, wenn in Loewen ein Professor oder ein Bibliotheksdiener die wertvollen Handschriften geborgen hätte. Nicht die geringste Vorsorge war getroffen. Die deutschen Soldaten kannten nicht den Ort und mußten dem Feuer tatenlos zusehen. Heute ist zwar alles vor weiterer Zerstörung geschützt. Es wurden Notdächer aufgesetzt, die Wände verschalt, Löcher zugemauert, und in allen beschädigten Kirchen wird wieder Gottesdienst abgehalten. Aber trotzdem führen auch wir Klage und trauern auch wir um die Schäden, die der Krieg den Kunstwerken zugefügt hat und die er ferner an Denkmälern anrichten wird, klagen und trauern darum ebensosehr wie die Maurice Maeberlinck, Emile Verhaeren, Romain Rolland, Ferdinand Hodler, Carl Spitteler. Nicht wir sind die Schuldigen, sondern unsere Ankläger selbst und die Grausamkeit der modernen Kriegsführung.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Dienstag, 23. Februar 1915
Ein Mißverständnis. In den ersten Nachmittagsstunden des gestrigen Tages hörte man in unserer Stadt vielfach von einem neuen Siege im Osten bei Augustowo erzählen, bei dem 100.000 Gefangene gemacht worden sein sollten. Die Veranlassung zu diesem Mißverständnis gab folgendes Telegramm des Bonner Generalanzeigers:
„Köln, 22. Febr. Das Nachrichten-Büro des Guvernements teilt uns mit: Die Kämpfe im Walde von Augustowo sind abgeschlossen. Ueber 100.000 Russen, darunter mehrere andere Generale sind gefangen. Erbeutet wurden 165 Geschütze und 200 Maschinengewehre, sowie unübersehbares Kriegsmaterial.“
Nach dieser sich auf eine Mitteilung des Auskunftsbüros des Generalguvernements in Köln berufenden Meldung konnte ihrer Abfassung nach, in der sie vom Generalanzeiger wiedergegeben wurde, allerdings die irrige Meinung entstehen – auch zu uns ist sie verschiedentlich ausgesprochen worden – daß in Kämpfen im Walde von Augustowo hunderttausend Russen gefangen worden seien. Dagegen besagt der amtliche Bericht der Obersten Heeresleitung, der von uns und auch von der Reichzeitung verbreitet wurde, folgendes: „Die Verfolgung nach der Winterschlacht in Mausuren ist beendet. Bei der Säuberung der Wälder nordwestlich von Grodno und bei den in letzten Tagen gemeldeten Gefechten im Bobr- und Narewgebiet wurden bisher 1 kommandierender General, 2 Divisionskommandöre, 4 andere Generale und annähernd 40.000 Mann gefangen, 75 Geschütze, eine noch nicht festgestellte Anzahl von Maschinengewehren nebst vielem sonstigen Kriegsgerät erbeutet. Die Gesamtbeute aus der Winterschlacht in Masuren steigt damit bis heute auf 7 Generale, über 100.000 Mann, über 150 Geschütze und noch nicht annähernd übersehbare Geräte aller Art, einschließlich Maschinengewehre.“
Die 100.000 Gefangenen sind also das Gesamtergebnis der Winterschlacht in Masuren. 60.000 hatte die Heeresleitung bereits bekannt gegeben, 40.000 sind bei der Säuberung der Wälder noch hinzugekommen. Das sind wirklich Erfolge, die so großartig sind, daß man sie nicht noch zu vergrößern braucht. Man muß und darf mit Recht fordern, daß die Presse über unsere militärischen Angelegenheiten nur so abgefaßte Nachrichten verbreitet, die die Vorgänge so klar darstellen, daß Mißverständnisse, wie sie gestern in Bonn vorkamen, ausgeschlossen sind. Die Bonner Zeitung hat diese ganz selbstverständliche Forderung jurnalistischer Gewissenhaftigkeit stets zur alleinigen Richtschnur ihres Nachrichtendienstes gemacht.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ueber 100.000 Russen gefangen! Diese Siegesnachricht durcheilte gestern kurz nach 1 Uhr wie ein Lauffeuer unsere Stadt, und lawinenartig wuchs von Minute zu Minute die Menge vor dem „General-Anzeiger“ an, die sich durch unsere Aushänge und Sonderausgaben über die Einzelheiten des großen Erfolges Hindenburgs persönlich unterrichten wollte.
Bereits am Sonntag abend war uns durch persönliche Beziehungen bekannt geworden, daß die Verfolgung der Russen nach der siegreichen Winterschlacht in Masuren zu einer völligen Vernichtung der 10. russischen Armee geführt habe. Wir versuchten noch in später Nachtstunde am Sonntag beim Wolffschen Telegraphen-Bureau und an anderen Stellen die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Nachricht zu erwirken. Unsere Bemühungen waren schließlich von Erfolg gekrönt, indem das Kölner Gouvernement uns im Laufe des Montag vormittags auf Grund einer aus dem Großen Hauptquartiere eingelaufenen Mitteilung unseren privaten Informanten vollinhaltlich bestätigte.
Als wir gegen 1 Uhr mittags die große Siegesbotschaft auf Grund der vom Nachrichtenamt des Kölner Gourvernements uns gegebene Fassung bekanntgaben, zeigten sich die Häuser der Stadt im Nu in einem wahren Meer von Flaggen, die Glocken des Münsters und der übrigen Kirchen erklangen alsbald in frohem Siegesgeläute, und allwärts begegnete man einer wahrhaft nationalfestlichen Stimmung über den vollendeten Sieg, den unsere wackeren Truppen unter Hindenburgs genialer Führung über ein russisches Riesenheer errungen haben.
Als gegen 3 Uhr in Ergänzung unseres Berichts vom Kölner Gouvernement der vom Wolffschen Telegraphen-Bureau uns übermittelte amtliche Bericht über den Riesensieg von uns zur öffentlichen Kenntnis gebracht wurde, erreichte die Siegesfreude ihren Höhepunkt. Es war ein echter und rechter Festtag, der jedes deutschfühlende Herz höher schlagen ließ.
Die lokalen Behörden gaben der allgemein herrschenden Stimmung dadurch Ausdruck, daß auch das Rathaus, die Universität, das Empfangsgebäude des Staatsbahnhofs und viele andere öffentliche Gebäude sich im Flaggenschmuck zeigten und dem kleinen Nachwuchs der Nachmittagsunterricht in den Volksschulen, soweit die Anordnung noch getroffen werden konnte, geschenkt wurde.
Eine gerechte Strafe erhielt ein Ackerer aus dem Kreise Waldbröl, der trotz des festgesetzten Höchstpreises für Kartoffeln anstatt 3 Mk. für den Zentner 3,50 Mk. verlangt hatte. Die Strafkammer verurteilte den Ackerer zu einer Geldstrafe von 50 Mk. Dieser Fall mag zur Warnung dienen!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Bonner Wehrbund veranstaltete am Sonntag nachmittag eine größere Geländeübung, bei der eine blaue Partei versuchen sollte, von Dransdorf aus die Mondorfer Fähre zu einer Ueberschreitung des Rheines zu erreichen, während es die Aufgabe einer von Grau-Rheindorf ausgehenden Partei sein sollte, den Versuch der Blauen zu verhindern. Die Roten hatten ein weitverzweigtes Netz von Anmarschstraßen zur Auskundschaft besetzt, durch die eine Annäherung der Blauen Buschdorf mit der Richtung auf den Rhein zwischen Hersel und Grau-Rheindorf festgestellt wurde. Die Roten zogen dementsprechend ihre Kräfte zusammen, die Blauen änderten aber ihre Marschrichtung nach Grau-Rheindorf zu. Zwar gelang es den Roten noch im letzten Augenblick nun auch ihrerseits ihre Stellung nach der Rheindorfer Seite zu verlegen, doch brachen die Blauen dort durch und rückten von Rheindorf aus gegen die Mondorfer Fähre vor, wo ihnen nun auch eine kleine Abteilung der Roten entgegen trat, die sich gegenüber der Uebermacht nicht zu halten vermochte. Kurz vor der Fähre hatten die Roten den Weg durch eine markierte Mine versperrt. Da die Blauen ohne jede Sicherung marschierten, so mußte der größte Teil dieser ganzen Partei als durch diese Wegsperrung vernichtet betrachtet werden. Nur ein kleiner Teil der Blauen erreichte noch die Fähre und hatte damit allerdings die Aufgabe erfüllt, die von den Roten als verloren betrachtet werden mußte.
Der Kriegslehrgang für Lehrerinnen, Hausfrauen und erwachsene Mädchen aus Stadt und Land, den die Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz auf Anregung des Katholischen Frauenbundes, des Rheinischen Verbandes des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes und des Ausschusses für wirtschaftliche Kriegshilfe zu Bonn veranstaltet, hat gestern morgen um 9 Uhr im großen Saale des Bürgervereins begonnen. Saal und Galerie waren bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt; Lehrerinnen, Hausfrauen und Mädchen aus allen Gegenden des Rheinlandes, etwa 700 an der Zahl, nahmen an den Beratungen, die heute fortgesetzt und morgen zu Ende geführt werden, teil.
Der Vorsitzende der Landwirtschaftskammer, Landrat von Groote-Rheinbach, eröffnete den Lehrgang mit folgender Ansprache:
„Meine verehrten Damen!
Indem ich hiermit den Kriegslehrgang eröffne, ist es mir eine angenehme Pflicht und eine ganz besonders große Freude, namens der Landwirtschaftskammer die so zahlreich hier erschienenen Teilnehmerinnen auf das herzlichste begrüßen und willkommen heißen zu dürfen. Der außerordentliche Ernst dieser schweren Kriegszeit erfordert außerordentliche Maßnahmen. Unsere Feinde, die uns von allen Seiten in großer Uebermacht bedrängen, haben längst erkannt, daß es ihnen nicht möglich ist, gegen die Tapferkeit unserer Truppen und die Kriegskunst ihrer Führer und der obersten Leitung unseres herrlichen Kaisers etwas auszurichten, und darum wollen sie den Versuch machen, uns die Zufuhr der Lebensmittel abzuschneiden und uns durch den Hunger zum Nachgeben zu zwingen.
Meine verehrten Damen, was das bedeuten würde, wenn wir sagen müßten, unsere Truppen haben zwar ruhmvoll gefochten und gesiegt, aber wir haben im Lande mit unserer wirtschaftlichen Kraft versagt und dadurch unsere Widerstandsfähigkeit verloren, das vermag man gar nicht auszudenken; es würde sicherlich ein schreckliches Ende für unser teueres Vaterland sein. Dazu darf es nie und nimmer kommen, und wir alle sind durchdrungen von der heiligen Pflicht, nach Kräften mitzuarbeiten, daß ein solches Ende abgewendet wird. Es ergibt sich aber daraus die Notwendigkeit im Lande selbst, zunächst an Nahrungsmitteln zu schaffen, was irgend geschafft werden kann, und das wird ja vorwiegend die Aufgabe der Landwirtschaft sein. Aber dazu tritt die zweite, vielleicht noch größere und wichtigere Aufgabe, und das ist, daß alles, was an Nahrungsmitteln im Lande vorhanden ist und erzeugt wird, auch erhalten und in der richtigen Weise verwendet wird, damit wir damit auskommen können bis zu einem guten Ende. Diese außerordentlich wichtige Aufgabe aber ist die Aufgabe der Frauen. Mit dem allergrößten Danke ist es zu begrüßen, daß die Frauenwelt in unserem Vaterlande sich immer mehr dieser Aufgabe bewußt wird und immer mehr bemüht ist, ihre Schwierigkeiten zu erfassen und nach Möglichkeit zu bewältigen. (...)“
Den ersten Vortrag hielt Herr Oekonomierat Kreuz-Bonn über „Die Volksernährung im Kriege“. Er wies auf die Naturgesetze der Ernährung hin und betonte die Pflicht jeder Hausfrau, dafür zu sorgen, daß die Nahrungsmittel nach ihrem Gehalt an Eiweißstoffen, Fett, Kohlenhydraten (stärkeartigen Stoffen) und Salzen ausgewählt werden, nach Stoffen also, die für die Erhaltung des Körpers unbedingt notwendig sind. (...)
Nach einer kurzen Pause sprach die Haushaltslehrerin Fräulein Marie Becker-Köln über „Die Kriegskost“. Ihre sehr wertvollen Ausführungen lassen sich in folgende Leitsätze zusammenfassen:
1. Sei sparsam mit allen Lebensmitteln.
2. Sei aufmerksam bei der Zubereitung jeder, auch der einfachsten Speise.
3. Beschränke den Verbrauch von Fleisch, Weizenmehl, Hülsenfrüchten, Eiern, Reis.
4. Bringe Abwechslung in die Kost; die Gemüse, Fische, Getreidearten vertragen die mannigfaltigsten Zubereitungen; werde Erfinderin in der Zusammenstellung der Speisen.
5. Verwende zum Kochen reichlich Magermilch, laß die Vollmilch der Ernährung Kranker und der Säuglinge.
6. Koch Eintopfgerichte, sie sind billig, nahrhaft und schmackhaft.
7. Spare Butter, Schmalz und Oel; zum Brotaufstrich verwende Weiß-Käse oder Kraut, Marmeladen ec.
8. Verwende reichlich Zucker in der Küche. Zucker ist ein wertvolles Nahrungs- und Genußmittel.
9. Sei sparsam besonders im Brotverbrauch, abends schalte die Brotkost aus, auch die Morgensuppe ist der Gesundheit der Kinder sehr förderlich.
10. Benutze fleißig die Kochkiste, sie wird dein bester Freund werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Mittwoch, 24. Februar 1915
Schaufensterausstellung. Die Vernichtung eine senglischen Kreuzers durch ein deutsches Unterseeboot hat das Elektr. Geschäft Jean Nolden, Wenzelgasse, im Schaufenster sehr wahrheitsgetreu zur Darstellung gebracht. Ein Zeppelin und Flugzeuge begleiten das Schiff. Nicht bloß unsere Jugend umlagert das Schaufenster und beschaut mit blitzenden Augen dies Modellbild eines Seekampfes, auch mancher Erwachsener bleibt stehen und blickt nachdenklich auf den Seekrieg im Schaufenster.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Kriegslehrgang für Lehrerinnen, Hausfrauen und erwachsene Mädchen aus Stadt und Land wurde gestern fortgesetzt. Die Beteiligung war noch stärker, als am ersten Tag. Nirgends war mehr ein Sitzplatz frei. Viele mußten im Saal noch auf der Galerie des Bürgervereins stehend den stundenlangen Ausführungen zuhören.
Frau Pfarrer L. Haarbeck-Thallichtenberg sprach über „Das Haushalten in Küche, Haus und Hof.“ Nur die richtige, sparsame Einteilung der vorhandenen Nahrungsmittel verbürgt den Sieg in wirtschaftlicher Beziehung – so führte sie aus. (...) Nicht das Geringste darf verkommen. Wenn so jeder seine Pficht tut, kommen wir aus mit unseren Vorräten. Es ist ein Irrtum, zu glauben, die Kriegskost müsse weniger schmackhaft und weniger nahrhaft sein. Jetzt erst können wir Frauen beweisen, ob wir wirklich vom Kochen etwas verstehen, ob wir auch mit Wenigem haushalten können. Dazu gehört natürlich statt der früheren Bequemlichkeit ein wenig mehr Arbeit des Kopfes. Den Begüterten sei gesagt: Wer sich für sein Geld Delikatessen gestatten kann, zögere nicht, solche zu kaufen; denn er schont damit den Vorrat, der dem Volke gehört.
Prof. Dr. Wygodzinski-Bonn erklärte die wichtigsten Bestimmungen des Bundesrates über die Sparsamkeit im Verbrauch von Nahrungsmitteln. Wir müßten uns in allem auf das ungünstigste Ergebnis der Ernte 1915 einrichten, wenn wir auf das Beste hoffen wollen. (...) Die Hausfrauen müssen sich zwar nun nach fremden Verfügungen in der Küchenführung richten (was ihnen gewiß nicht leicht sein wird – meint Prof. Wygodzinski – denn sie haben ja immer geglaubt, daß sie das Kochen am besten verstehen;) aber das Heer der deutschen Frauen wird jetzt auch lernen, was Deutschland groß gemacht hat und was das Heer der deutschen Männer längst gelernt hat, nämlich Disziplin halten!
Herr Direktor Feldmann behandelte das Thema „Die Geld-, Kredit- und Darlehensverhältnisse während der Kriegszeit.“ Er (...) forderte zum Schluß seines instruktiven Vortrages auf, das Geld vor allem das Goldgeld den Banken zu bringen, wo allein es zum Wohle des Vaterlandes wirken könne.
Den vierten und letzten Vortrag des Vormittags hielt der Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer R. Bosch-Bonn über „Die Bedeutung der Kleintierzucht während des Krieges (Geflügel-, Ziegen- und Kaninchenzucht.)“ (...)
Für seine Tapferkeit ... Den Angehörigen des am 23. Dezember 1914 bei Lodz in Polen gefallenen Offizierstellvertreters Friedrich Conrad von hier wurde das ihm verliehene Eiserne Kreuz 2. Kl. für tapferes Verhalten im Gefecht übermittelt.
Missionsversammlung kath. Frauen und Jungfrauen. Der furchtbare Krieg, der so viel Elend über die Menschheit gebracht, hat auch dem Missionswesen schwere Wunden geschlagen und es wird nach dem Kriege gewaltige Opfer kosten, diese wieder zu heilen. Darum ist es von der größten Bedeutung, daß das Interesse für die Missionen allzeit wach gehalten und neu belebt werde. – Zu diesem Zwecke wird die Missionsvereinigung kath. Frauen und Jungfrauen auch in diesem Jahre und zwar am Sonntag, den 7. März, nachmittags 6 Uhr, im großen Saale des Bürgervereins eine Versammlung veranstalten. (...)
Katholischer Gesellenverein. Der patriotische Abend des Katholischen Gesellenvereins am verflossenen Sonntag, der zugleich als Abschiedsfeier für die vielen demnächst zum Militär einrückenden Mitglieder galt, war sehr gut besucht. Den Mittelpunkt des Abends bildete der Vortrag des Herrn Rechtsanwalts Henry über das Thema: „Unsere Kämpfer und wir.“ In kräftigen Strichen zeichnete er ein Bild von den Opfern, die unsere Soldaten da draußen an der Front so freudig und voll heldenmütiger Ergebung im Interesse des geliebten Vaterlandes bringen. Daraus folgerte er mit Recht daß wir daheim, die wir alle ohne Unterschied der Parteien und Klassengegensätze ebenso sehr wie unsere Soldaten an dem endgültigen Ausgang des Krieges interessiert seien, auch ebenso freudig wie sie zu den Opfern bereit sein müßten, die das Vaterland in dieser ernsten Stunde namentlich auf wirtschaftlichem und religiös-sittlichem Gebiete von uns allen fordere. Mit einem brausend aufgenommenen Hoch auf den Kaiser schloß der Redner seine eindrucksvollen Ausführungen. (...) Die weiteren Programmnummern, vor allem die zwei flott gespielten Einakter, paßten sich in bester Weise dem patriotischen Charakter des Abends an. Sicherlich wird die Erinnerung an diesen schönen und lehrreichen Abend die Mitglieder, die in kurzer Zeit des Kaisers Rock anziehen müssen, noch lange begleiten und in ihnen wachhalten die Flamme heiliger Begeisterung für Kaiser und Reich.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Donnerstag, 25. Februar 1915
Stadtratswahlen. Der Oberbürgermeister gibt in einer Bekanntmachung im heutigen Anzeigenteil die Termine für die Ersatzwahlen bekannt. Für die 3. Abteilung ist der Wahltag der 12. und 13. März, für die 2. Abteilung der 24. März und für die 1. Abteilung der 27. März.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ein Mißgriff. Man schreibt aus Köln: Frau Elly Ney-van Hoogstraten , die berühmte Pianistin, die Kölns Musikfreunde so manchmal durch ihre Kunst gefangen genommen hat, hätte es wohl nie geahnt, daß sie noch einmal selbst in Köln – gefangen genommen werden würde. Kommt sie da Sonntagnacht von einer Kunstreise aus einer rheinischen Stadt und will sich zum Kölner Opernhaus begeben, um ihren Gatten aus der Meistersinger-Vorstellung abzuholen, als auf dem Neumarkt sich plötzlich die schwere Hand eines feldgrauen Unteroffiziers auf ihren Arm legt und die Worte an ihr wohl noch von Musik umrauschtes Ohr tönen: Ich verhafte Sie hiermit! Die Künstlerin ist zunächst fassungslos vor Schreck und versucht dann dem Mann den Irrtum, in dem er sich befindet, klar zu machen, nennt ihren Namen, das holländische Wort ist natürlich erst recht verdächtig, woher sie kam der Fahrt, in welchem Gasthof sie in Köln wohnt, den Zweck ihres Ganges, aber alles nützt nichts, da sie keine Legitimationspapiere bei sich hat. Ein rettender Gedanke scheint ihr zu kommen, das Ibach-Haus ist in der Nähe und sie erklärt, dort kenne man sie, bedenkt dabei nicht, daß dieses an einem Sonntag, obendrein gegen 11 Uhr nachts, geschlossen ist. Als sie dann den Unteroffizier bittet, mit ihr in die Wolfstraße zum Konservatorium zu gehen, antwortet ihr der, auf diese Weise könne sie ihn noch durch ganz Köln führen, den Schwindel kenne er. Also auf die Polizeiwache im Präsidium. Dort muß sie die üblichen Fragen zur Aufnahme der Personalien beantworten, sie wünscht, den Fernsprecher benutzen zu dürfen, telephoniert an verschiedene angesehene Künstler und Kunstfreunde, aber nirgendwo ist eine Antwort zu erhalten, man ist nicht zu Hause, ein Anruf des Gasthofes wird als ungenügend bezeichnet. Die mittlerweile ganz Verängstigte wird zu einem Kommissar geführt. Frau Ney bittet, den Gasthof anrufen zu dürfen, da wahrscheinlich ihr Gatte bereits dorthin zurückgekehrt sei. Und sie irrt sich nicht, ihr Gatte saust im Auto herbei, zeigt dem Kommissar die Pässe und die Künstlerin ist endlich aus ihrer peinlichen Lage befreit.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Noch einmal Kartoffelpreise. Mit Genugtuung las ich dieser Tage, daß die Stadtverwaltungen von Berlin, Trier usw. Höchstpreise für Kartoffeln festgesetzt haben, und daß sogar Verkäufer, die mehr als diese festgesetzten Preise verlangt haben, bestraft worden sind. Es wäre zu wünschen, daß man auch hier in Bonn einmal gegen die hohen Kartoffelpreise einschreiten würde. Es ist doch schlimm genug, daß sämtliche übrigen Lebensmittel derart im Preise steigen, daß sie für den Wenigerbemittelten fast unerschwingbar sind. Was soll wohl eine kinderreiche Familien machen, in der täglich 10 bis 15 Pfund Kartoffeln und 4 Pfund Brot verbraucht werden? Jos. Z.
Hundesteuer! Jeder Besitzer eines Hundes wird meine Ansicht teilen, daß die Hundesteuer gerade hoch genug ist. Weshalb will die Stadtverwaltung das Halten von Hunden verleiten? Durch das Abschaffen der Hunde wird das Schweinefleisch nicht billiger! Der Hundeliebhaber wird auch noch lange kein Schweinezüchter! Den Hund liebt man wegen seiner Treue und Wachsamkeit und duldet ihn gern in der Wohnung, das Schwein jedoch nicht. Für alleinstehende Personen und draußenliegende Häuser ist der Hund nicht zu ersetzen. Auf jeden Fall würden viele Klagen über Diebstähle usw. gemacht werden, insbesondere, da viele Polizeimannschaften im Felde sind. Sollte sich wirklich das Steuerbudget durch die Erhöhung der Hundesteuer steigern, so muß auf der anderen Seite die Stadtverwaltung mehr Polizeimannschaften einstellen, und diese Mehrausgaben stehen in gar keinem Verhältnis zu dem erhöhten Hundesteuerertrag. Ein Hundeliebhaber für Viele.
Hundesteuer! Meines Erachtens ist der vorgesehene Steuersatz viel zu gering. Nirgendwo habe ich so viele Hunde – selbst große Tiere – frei umherlaufen sehen wie gerade in der Gartenstadt Bonn. So viel ich mich erinnere, besteht auch hier eine Polizeiverordnung, daß Hunde an der Leine zu führen sind. Weshalb wird nicht danach gehandelt? Außerdem sind auch zu viele Katzen in der Stadt. Könnte keine Katzensteuer eingeführt werden? Ein Tier- und Menschenfreund.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Der Kriegslehrgang für Lehrerinnen, Hausfrauen und erwachsenen Töchtern aus Stadt und Land ist gestern beendet worden. Vormittags wurden noch drei Vorträge gehalten. (...)
In der Nachmittagsaussprache, der Landrat von Groote-Rheinbach beiwohnte, nahmen die Teilnehmerinnen des Lehrganges einstimmig folgende Entschließung an:
„Die in Bonn zum Kriegslehrgang versammelten rheinischen Frauen aus Stadt und Land erkennen die Notwendigkeit, daß die Hausfrauen mit den vorhandenen Vorräten sparsam umgehen und die Frauen in der Landwirtschaft alle Kräfte an die Erzeugung neuer Erträge in Land- und Viehwirtschaft setzen müssen. Sie sind der Ueberzeugung, daß unsere Vorräte ausreichen, wenn jedermann sie verständig verwendet und sich allzeit bewußt bleibt, daß in erster Linie das Wohl des Vaterlandes und in letzter Linie das des Einzelnen steht. Sie versprechen daher, eine jede in ihrem engeren Kreise dahin wirken zu wollen, daß vernünftig gespart werde, damit wir auch wirtschaftlich siegen und die Erfolge der Männer im Felde durch einen dauernden, für unser Vaterland vorteilhaften Frieden gekrönt werde. Sie protestieren sehr energisch gegen die in manchen Kreisen unseres Volkes noch getriebene Verschwendung durch übermäßigen Genuß von Nahrungsmitteln, die als Volksnahrungsmittel unbedingt nötig sind.“
Unterrichtskurse für verwundete Krieger sind im Laufe der vergangenen Woche an der hiesigen Fortbildungsschule eingerichtet worden. Die Kurse verfolgen den Zweck, solchen Verwundeten, die infolge ihrer Verletzungen ihre bisherige rein körperliche Arbeit in Zukunft nicht mehr ausüben können, in den Stand zu setzen, einen neuen Beruf zu ergreifen, oder sich im alten mehr mit schriftlichen Arbeiten zu beschäftigen. Den Verwundeten, die länger in Bonn bleiben, sollen die Anfänge, oder soweit die Zeit es gestattet, die ganze Ausbildung gegeben werden. Der Unterricht wird täglich nachmittags von 3-5 bezw. 2-4 Uhr und 4-6 Uhr erteilt und ist für die Teilnehmer unentgeltlich. Bei der ersten Anmeldung hatten sich gleich über 100 Soldaten gemeldet. Es wurdne 5 Kurse gebildet: Zwei für Stenographie und Maschinenschreiben, einer für linkshändiges Schreiben, einer für Buchführung, Rechnen nebst Kalkulation und Geschäftsbrief und einer für Schönschreiben, Sprachlehre und Rechtschreiben sowie Rechnen. Es ist jedem die Möglichkeit gegeben, an verschiedenen Kursen teilzunehmen. Der Unterricht wird vom Lehrerkollegium der städt. Fortbildungsschulen erteilt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Freitag, 26. Februar 1915
Städtischer Speckverkauf. Morgen Samstag findet wiederum ein Verkauf von Speck durch die Stadtverwaltung im Hause Rathausgasse 27 statt. Die Preise sind die gleichen wie beim ersten Verkauf, und zwar kostet der gesalzene Speck 1 Mk., der geräucherte 1.20 Mk. Die Verkaufszeit ist von 2 Uhr bis 7 Uhr nachmittags.
Das Kriegsgericht verhandelte gestern in mehreren Fällen wegen verbotenen Waffentragens und unerlaubte Entfernung. Es wurden u. a. vier Polen aus Russisch-Polen, die in der Umgegend in Arbeit waren und die Arbeitsstätte ohne polizeiliche Erlaubnis verlassen hatten, um eine bessere Arbeitsmöglichkeit aufzusuchen, zu Gefängnisstrafen von jeweils drei Tagen verurteilt. Eine Polin, die sich von Quadenhof nach Duisdorf begeben hatte, weil ihr, wie sie durch den Dolmetscher sagen ließ, das Essen zu schlecht war, wurde unter Anrechnung mildernder Umstände zu einem Tag verurteilt. – Ein Ackerer, der erst kürzlich wegen Wilddieberei von der Strafkammer zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden war, wurde wegen unerlaubten Waffentragens zu einer Zusatzstrafe von fünf Wochen verurteilt. Der Angeklagte war von einem Förster im Walde angetroffen worden, als er sich in der Nähe eines verendenden Rehs zu schaffen machte und bei dieser Gelegenheit ein zusammenlegbares Gewehr verbarg. Vor Gericht behauptete der Angeklagte, er habe das Gewehr verkaufen wollen und habe den nächsten Weg durch den Wald genommen. Natürlich schenkte ihm das Gericht keinen Glauben.
Umtausch von Goldstücken. Am Mittwoch und gestern waren die Gymnasiasten und Realisten – es sollen auch „höhere Töchter“ gesehen worden sein – auf der Jagd nach dem Golde. Manches Goldfüchslein haben sie aus dem Bau herausgeholt. An einer Schule wurden an einem Tage beinahe 12.000 Mk. umgetauscht. „Weidmannsheil“ den jungen Rimroden. Die Alten mögen den Jungen das Geschäft nicht zu schwer machen.
Verein von Altertumsfreunden im Rheinlande. Im Kreise der Mitglieder dieses Vereins und seiner Gäste sprach Geheimrat Paul Clemen in einem fast zweistündigen Vortrag von der Kathedrale von Reims. Sie gilt als die Königin unter den Kathedralen der französischen Gothik, bemerkte der Redner, weil sie in ihrem ganzen Gefüge ein glänzendes Beispiel war dieser wundervollen und in manchem so merkwürdigen Epoche. Was die Meister damals aus ihrer so sicher gehenden Empfindung und einem feinempfindenden Intellekt heraus geschaffen, das übersetzte, in der Nachempfindung selbst schaffend, Geheimrat Clemen in ein Kunstwerk des Wortes und der Rede, so daß belebt und durchseelt, das große, gewaltige und formenreiche Steingefüge vor einem dastand: im Grundriß und Gliederung, mit seiner Fassade und seinen unvergleichlichen Portalen, und auch mit den daran und darin angebrachten Skulpturen von köstlichster Schöpfung. Im Geiste und noch dazu im Lichtbild sah man, was die Kathedrale gewesen bis zum Herbst 1914. Wie sie geworden durch die den Deutschen aufgezwungene Beschießung, konnte Geheimrat Clemen an anderen Lichtbildern zeigen. Aber er konnte auch, als ein Kenner und Versteher solcher unvergleichlicher Kunstentäußerungen, das Leid mildern, das angesichts dieser Bilder den Kunstfreund erfüllen muß. Die Wunden, die die Granaten dem Kunstwerk geschlagen und es zum Teil unter Flammen gesetzt, seien ausheilbar, weil sein Grundgefüge nicht zerstört, in seiner Gliederung nichts zerbrochen sei. Allerdings, ein Teil des köstlichen Bildhauerschmuckes sei derart ausgeglüht, daß er wohl nicht mehr rettbar, kaum noch für Formenabgüsse zu Museumszwecken dienstbar gemacht werden könne.
Die politische Bedeutung der Beschießung der Reimser Kathedrale schätzt Geheimrat Clemen gleich einer verlorenen Schlacht; die französische Regierung habe eine Fanfare daraus gemacht, und seit jener Stunde sei Amerikas Sympathie für uns dahin. Daß die Beschießung uns mit Absicht von der französischen Regierung auggedrängt wurde, das könne er nicht glauben; und doch dränge sich bei logischem Denken dieser Verdacht immer wieder auf.
Geheimrat Clemen gab auch noch eine Bilderschau von Zerstörungen in Belgien und in anderen Teilen Frankreichs. Aber auch hier dem Schrecklichen gegenüber wieder das Tröstliche: im Verhältnis zum Erhaltengebliebenen wenig Zerstörtes, und unter dem noch manches rettbar. Das deutsche Rettungswerk an den Dingen der Kunst sei im Gange. Es setze überall und sofort da ein, wo die Verhältnisse es gestatteten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Förderung der Ziegenhaltung. Die Ziegenhaltung kann nicht genug für die Milchversorgung der Bevölkerung empfohlen werden. Die Knappheit an Futter nötigt viele Landwirte, ihr Vieh abzuschaffen. Ziegenmilch bietet einen besonders wertvollen Ersatz, vor allem auch für Säuglinge, wenn sie entsprechend verdünnt wird. Die Beschaffung des Futters ist weniger schwierig, da kein anderes Tier so anspruchslos ist wie die Ziege. Auf Veranlassung der Behörden wird jetzt auch vielfach in den Schulen versucht, die Ziegenhaltung zu fördern. Vor allem sollen die Kinder über die Lebensweise und den Nutzen der Ziegen unterrichtet und ihr Interesse dafür geweckt werden.
Im Polizei- und Sanitätshundverein Bonn wird am 2. März, abends 8½ im „Nordischen Hof“ unser Bonner Dichter Hans Eschelbach eigene Kriegsdichtungen vortragen. Auch Gäste sind willkommen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Samstag, 27. Februar 1915
Universität. Unsere Studenten als Kriegsteilnehmer. Bis jetzt haben die Ermittlungen ergeben, daß von dem im laufenden Halbjahr eingeschriebenen 3915 Studierenden 2702 oder rund 60 Prozent dem Heer eingereiht sind. Es entfallen auf die kath-theol. Fakultät 59 Proz., die evgl.-theol. 79 Prozent, die juristische 70 Proz., die medizinische 81 Proz. und die philos. 67 Prozent.
Bonner Wehrbund. Die Kessenicher Abteilung des Wehrbundes veranstaltet am Sonntag abend um 8 Uhr im Saal der Frau Schumacher in Kessenich einen Vortragsabend, bei dem Herr Professor Dr. Clemen über den Krieg in den deutschen Kolonien sprechen wird. Es werden auch noch andere Ansprachen gehalten und dem Geiste der Zeit und des Wehrbundes entsprechende Veranstaltungen dargeboten werden. Alle Mitglieder und Freunde des Wehrbunds sind mit ihren Familien zum Besuch dieses Abends eingeladen.
Eine Einschränkung des Automobilverkehrs. Der Bundesrat hat eine Verordnung betr. die Einschränkung des Verkehrs mit Kraftfahrzeugen erlassen. Die Notwendigkeit, mit den vorhandenen Vorräten an Gummi, Treiböl und Schmieröl hauszuhalten, rechtfertigt eine Maßnahme, die diese für unsere Industrien so wichtigen Rohstoffe einer in Kriegszeiten entbehrlichen Verwendung im Dienste des Luxus und der Bequemlichkeit entzieht. Durch die neue Verordnung wird der Verkehr von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen und Plätzen von dem 15. März d. J. an von einer erneuten Zulassung abhängig gemacht, die nur erteilt werden darf, wenn für den Verkehr des Fahrzeuges ein öffentliches Bedürfnis besteht. Wird so einerseits Vorsorge dahin getroffen, daß von den rund 50.000 Kraftfahrzeugen, die zurzeit noch im Verkehr sein dürften, in Zukunft etwa die Hälfte von den Straßen verschwinden wird, so sind doch andererseits Ausnahmen in genügendem Umfange vorgesehen, um berechtigten Interessen auch fernerhin zu genügen. So soll der Verkehr mit Kraftomnibussen und Kraftdroschken, wenn auch in eingeschränktem Maße, aufrecht erhalten werden. Insbesondere werden bei der Zulassung von Lastkraftzeugen die Bedürfnisse des Gewerbebetriebes angemessene Berücksichtigung finden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Reichswollwoche. Um hervorgetretenen Zweifeln zu begegnen, wird darauf hingewiesen, daß der letzte Ablieferungstermin für die aus den Ergebnissen der Reichswollwoche hergestellten Decken an die Heeresverwaltung oder die von dieser dafür bestimmten Annahmestellen, soweit dafür Bezahlung geleistet werden soll, der 28. Februar ist. Spätere Decken können nur wie Liebesgaben behandelt werden.
Stadttheater. Man schreibt uns: Der morgige Sonntag bringt eine Wiederholung der Faustaufführung, welche in den beiden ersten Vorstellungen so außerordentlich gefiel. Da wegen der langen Dauer der Vorstellung nicht jedem Goethe-Verehrer am Alltag genug Zeit verbleibt, sich dem Genuß einer guten Faust-Darstellung hinzugeben, so entspricht die morgige Wiederholung vielen Wünschen und einem ausgesprochenen Bedürfnis. Wer eine leichtere Kost liebt und auch in ernsten Zeiten sich erheitern will, was nicht minder einem berechtigten Bedürfnis entspricht, der besuche die Nachmittags-Vorstellung. Er wird bei dem neu einstudierten Moserschen Veilchenfresser auf seine Kosten kommen.
Schmückt mit Blumen die Bilder der gefallenen Helden. In Feindesland hat man Tausenden deutscher Söhne das Grab geschaufelt und fremde Erde deckt die Heldenleiber. Treue Kameradschaft hat die Ehrenhügel geschmückt mit Helmzier und grünem Reis. – Mit Blumen geschmückt zogen die Mutigen jubelnd hinaus in den Kampf und starben den Heldentod für Deutschlands reine, gerechte Sache. – Nicht ist es uns vergönnt, ihnen Blumen zu streuen aufs Grab, aber Blumen vermögen wir ihnen doch darzubringen. Spenden wir Blumen den Hinterbliebenen, auf daß sie das Bild ihrer Toten mit Blumen treuen Gedenkens schmücken können als Ausdruck tiefen Mitgefühls und ihnen zum Trost. – Mancher Schmerz wird gemildert, manche Träne getrocknet. – Schmückt mit Blumen die Bilder der gefallenen Helden.
Umprägung der Goldstücke. Die Reichsbank plant, wie schon früher mitgeteilt, alle eingezogenen Goldstücke umzuprägen und mit einem Lorbeerkranz zu versehen, um sie als „Mitkämpfer am Krieg“ kenntlich zu machen. Alle nach dem Krieg zum Vorschein kommenden Goldstücke, die diesen Lorbeerkranz nicht aufweisen, sollen von den öffentlichen Kassen nur mit erheblichem Kursverlust angenommen werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Von der Universität. Das Gerücht, an unserer Universität werde im kommenden Sommerhalbjahr nicht gelesen, ist ganz ohne Begründung. Es ist vielmehr für die Abhaltung aller erforderlichen Vorlesungen Sorge getroffen.
An dem Giebel des Hauses Rathausgasse Ecke Belderberg, dessen Umbau in der Kriegszeit vorgenommen wurde, ist ein Relief der Schutzpatronin der Artillerie, ein Standbild der heiligen Barbara, abgebracht worden. Darunter ist zu lesen:
Weil mit Mörsern und Haubitzen
In des Weltkriegs schwerer Zeit
Uns Sankt Barbara tat beschützen,
Ward dies Bildnis ihr geweiht.
Erneuert 1914 – 1915
Abgabe von Schweinezuchtmaterial. Die Schweinezuchtstation der Landwirtschaftskammer für das veredelte deutsche Landschwein zu Haus Selbach bei Ründeroth, Kreis Gummersbach (Inhaber Gutsbesitzer E. Offermann zu Haus Selbach) hat zur Zeit noch eine größere Anzahl von Ebern im Alter von 4 – 11 Monaten und Sauen von 3 – 7 Monaten abzugeben. Interessenten können sich an den Stationsinhaber wenden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)
Millionen-Schwindel.
Je mehr Einzelheiten in der Steuerhinterziehungssache E Bötticher – Eitdorf bekannt werden, um so interessanten wird die Angelegenheit, um so mehr muß man sich fragen, „Wie ist es möglich, daß solche Betrügereien jahrelang unentdeckt bleiben, daß jahrelang der Staat um so riesige Summen hintergangen werden konnte?“
Es handelt sich angeblich um mindestens 15 Millionen Mark, welches während eines Zeitraums von 18 Jahren hinterzogen worden sind. Für Eitdorf allein steht die Ziffer ziemlich genau fest: 2.300.000 Mark in 33 Monaten!
B. stellte den Sprit ausschließlich aus Mais her. Es läßt sich ziemlich genau berechnen, wie viel Liter Sprit z.B. 1000 Klg. Mais ergeben. Fest steht, daß B. durch 2 Eitdorfer Firmen, aber auch von außerhalb sehr viel Mais erhielt. Ein Vergleich mit der Menge des versteuerten Sprits ergab eine gewaltige Differenz.
„Wo ist der ganze Sprit geblieben?“ – „Er wurde mit der Bahn versandt.“
„Wo sind die zur Feststellung erforderlichen Bücher?“ –
„Sie sind leider beim Brand 1913 mit verbrannt.“
„Güterabfertigung Eitdorf, über den Bahnversandt müssen Deine Bücher Auskunft geben, leg Deine Bücher vor.“ – und da stellte sich heraus, daß sämtliche Bücher, welche Versandtmenge, Bestimmungsorte, Namen der Empfänger enthielten – gestohlen waren. Und eigentümlicher Weise fehlten nur die Bücher, welche auf B.’s Spritversandt Bezug hatten. Der Dieb der Bücher wurde nicht ermittelt, man konnte aber auf andere Weise durch verschiedene Eisenbahndirektionen das Material ziemlich rekonstruieren.
Jetzt wurde B. verhaftet, nach 2 Wochen aber gegen eine Kaution in Höhe von einer Millionen Mark – in Papieren – wieder freigelassen. Diese Kaution wurde nun vom Zollfiskus mit Arrest belegt und da stellte sich heraus, daß 2 Hypotheken in Höhe von 200.000 Mark von B. bereits im Jahre 1912 der Deutschen Bank in Cöln verpfändet waren.
Wie uns berichtet wird, haben B. und seine Umgebung nach seiner Haftentlassung während mehrerer Wochen die feste Zuversicht gehabt, auch diesmal noch durch die Maschen schlüpfen zu können, da direkte Beweise gegen B. nicht vorlagen. Da wurde plötzlich das Versteck der angeblich verbrannten Bücher entdeckt, und damit war das Schicksal B.’s besiegelt und B. wurde erneut verhaftet.
Bei dem Umfang des Materials, dem Leugnen der Beteiligten dürfte die Untersuchung sich noch einige Monate hinziehen.
B. ist nun mit einem Male völlig mittellos geworden (!), denn er befindet sich als Untersuchungsgefangener in der Universitätsklinik und zwar in der niedrigsten Klasse.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 28. Februar 1915
Zeichnet die zweite Kriegsanleihe! Im Hinblick auf die große Bedeutung der zweiten Kriegsanleihe für unser Vaterland und im Interesse der Erwerber der so günstigen Anlagepapiere, wie sie die Kriegsanleihe darstellt, machen wir darauf aufmerksam, daß auch bei der Königlichen Kreissparkasse in Bonn, Argelanderstraße 47, Zeichnungen an den Werktagen von 8 ½ Uhr morgens bis 7 Uhr abends und an Sonntagen von 10-12 Uhr bereitwilligst entgegengenommen werden. Auch werden von der genannten Stelle Zeichnungsscheine auf Wunsch übermittelt.
Vaterländische Reden und Vorträge. In den „Vaterländischen Reden und Vorträgen“ sprach Herr Geheimrat Thurneysen am Mittwoch u. in der Wiederholung des Vortrages am Samstag über „Irland und England“. Der Vortragende betonte, daß man die heutige Stimmung der Iren in Irland und in Amerika gegen England nur als Ergebnis der ganzen Geschichte Irlands verstehen könne und führte in wenigen Strichen seinen Zuhörern die Vergangenheit vor Augen. Er zeigte namentlich, wie in dem von den englischen Protestanten geknechteten Irland im Laufe des 18. Jahrhunderts eine irisch-nationale Partei sich zu entwickeln begann, die im 19. erstarkte und als hervorragendste Früchte die Besserstellung der irischen Bauern und den Wiedergewinn der Selbstregierung (Home Rule) zeitigte. Er schloß damit, daß seit Ausbruch des Krieges Englands gegen Deutschland der Mehrzahl der Nationalisten noch ein höheres Ziel, die völlige Befreiung Irlands von England, vorschwebe, das sie zu natürlichen Bundesgenossen Deutschlands mache, und daß sie dabei bei den irischen Amerikanern begeisterte Unterstützung finden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Wegen Körperverletzung hatten sich am Samstag der Tagelöhner M., der Schreiner V., der Büffetier R. und der Tagelöhner W., sämtlich aus Bonn, vor der Strafkammer zu verantworten. Alle Angeklagten sind mehr oder weniger oft vorbestraft. Vor kurzem hatte M., der mit den anderen verfeindet war, eine Wirtschaft in der Kasernenstraße aufgesucht. Die anderen, die das wohl bemerkt hatten, begaben sich ebenfalls in die Wirtschaft, und es dauerte nicht lange, so war der schönste Krakeel in Schwung. Da die drei auf M. eindrangen, zog dieser ein Messer und wehrte sich so gut er konnte. Dabei gab es mehrfach Stichverletzungen. Das Gericht nahm an, daß M. in Notwehr gehandelt habe. Die übrigen Angeklagten seien aller Wahrscheinlichkeit nach nur zu dem Zweck in die Wirtschaft gekommen, um mit M. Händel anzufangen. M. wurde daraufhin freigesprochen. R. erhielt 1 Jahr drei Monate Gefängnis. Da bei ihm Fluchtgefahr vorlag, wurde er sofort verhaftet. V. und W. erhielten Gefängnisstrafen von je neun Monaten.
Ein gefährlicher Bursche unschädlich gemacht. In den Weihnachtsferien wurden aus der Karlsschule mehrere Geigen, Wolle, die von den Kindern zum Stricken von Liebesgaben verwendet werden sollte, sowie bares Geld, das ebenfalls für die im Felde stehenden Soldaten unter den Kindern gesammelt worden war, gestohlen. Etwa 14 Tage später gelang es der Polizei in Nürnberg, einen Menschen festzunehmen, der dort in eine Schule eingebrochen war. Bei der gerichtlichen Vernehmung des Einbrechers ergab sich jetzt, daß er auch den Diebstahl in der hiesigen Karlsschule ausgeführt hatte. Der Festgenommene ist bereits vielfach vorbestraft, u. a. auch schon mit Zuchthaus. Von den hier gestohlenen Sachen wurde bei dem Verhafteten nichts mehr vorgefunden.
Eine Modellhutausstellung ist in diesem Jahre in Köln ins Werk gesetzt worden. 22 der größten Firmen Deutschlands und eine Reihe Modistinnen haben unter dem Szepter der nationalen Mode ausgestellt. Man erwartet hier viele Modistinnen und sonstige Einkäufer in Modeartikeln. Der Grundzug der kommenden Mode besteht darin, daß sich die Damen die Kopfbedeckung unter Berücksichtigung ihrer Eigenart und Kleidung wählen können, sodaß also keine Vorschrift über die bevorzugte Anwendung von großen, mittleren und kleineren Hüten vorhanden ist. Der Zeit entsprechend werden vorwiegend dunkle Stoffe verwandt. Man hat sich bemüht, einfache Formen und Garnierungen zu wählen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Unsere opferbereite Studentenschaft. Da dieses Jahr der übliche Kaisergeburtstags-Kommers ausfallen mußte, so hat die Vertreterversammlung der Bonner Studentenschaft beschlossen, die sonst dafür gemachten Aufwendungen, zu Ehren Seiner Majestät, vaterländischen Zwecken zu widmen. Es wurde demgemäß, allein von den ortsanwesenden aktiven Mitgliedern der nicht wegen des Feldzuges suspendierten Korporationen der für ihre geringe Zahl stattliche Betrag von 603 Mark aufgebracht, und wie folgt verwendet: 240 Mark an das hiesige Rote Kreuz, 240 Mark an den vaterl. Frauen-Verein, 120 Mark an die Bonner Kriegshilfe und 93 Mark an den Bonner Lazarettzug.
Mit Befriedigung wird man hieraus entnehmen, wie auch der kleine Rest der Bonner Studentenschaft, dem es nicht gegönnt ist, mit den Waffen oder im Sanitätsdienst sich zu betätigen, ihrer vaterländischen und königstreuen Gesinnung hochherzigen Ausdruck zu geben verstanden hat.
Einen stimmungsvollen patriotischen Nachmittag leitete Herr Gerhard Ebeler aus Köln im großen Saale der Kasselsruhe.Patriotische Reden, Quartett-Vorträge und eine bildliche Darstellung aus dem Leben unserer blauen Jungens, wechselten mit Konzertunterhaltungen. Besonders die selbstverfaßten rezitatorischen Vorträge von Herrn Ebeler fanden starken begeisterten Beifall. Eine Wiederholung findet morgen (Sonntag) statt. Von der letzten Veranstaltung wurde an umgewechseltem Gold Mk. 320 der Reichsbank überwiesen.
Ein Unterhaltungsabend des Wehrbundes findet morgen, Sonntag den 28. Februar, 8 Uhr in Schumachers Gasthof zur Traube, Kessenich, Mechenstraße, statt. Es sprechen: Prof. Clemen: Die Kämpfe in unseren Kolonien. Dr. Brüggemann: Feldpostbriefe. Geheimrat Brinkmann: Humor im Felde. Dr. Fischer – Köln: Rezitationen. Mitglieder mit ihren Angehörigen, sowie alle Freunde der Sache sind herzlich eingeladen. Eintritt frei.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)