Samstag, 1. Juni 1918
Die Ludendorff-Spende. Die Vorbereitung der Sammlung für die Ludendorff-Spende liegt in Bonn in den Händen eines Arbeitsausschusses, der von dem Gesamt-Ausschuß für die Spende gewählt wurde und an dessen Spitze Oberbürgermeister Spiritus steht. Dieser Arbeitsausschuß ist zurzeit damit beschäftigt, die Werbung für das große Wohltätigkeitswerk in Bonn zu organisieren.
Wegen der Kürze der Zeit und weil auch bei der Sammeltätigkeit die Schulen sich beschäftigen sollen, die bis zum 31. Mai noch Ferien hatten, ist die Ludendorff-Opferwoche für Bonn in die Zeit vom 15. bis 23. Juni und sind die Tage der Sammlung auf Straßen, Plätzen und in Gastwirtschaften usw. auf den 15. und 16. Juni verlegt.
Für die Verwendung der Sammelerträgnisse gilt der Grundsatz: „Die Gben kommen regelmäßig dem Gebiete zugute, aus dem sie stammen.“ Ein Ausnahme bilden einzelne große wirtschaftliche Unternehmungen, deren Spenden allgmeinen deutschen Zwecken dienen und daneben einen Ausgleich für die wirtschaftlich schwächeren Gebiete Deutschlands, die trotz besten Willens nur geringere Sammelerträgnisse erzielen können, schaffen sollen. Diese Verteilung sucht den Erfahrungen und Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, die sich bei früheren großen Sammlungen ergeben haben. Die Ludendorff-Spende soll in dauernder Fühlung mit den Spender- und Beteiligtenkreisen den Geberwillen, die berechtigten Sonderwünsche der einzelnen Länder und Landesteile mit den allgemeinen deutschen Interessen und der gebotenen Rücksicht auf die leistungsschwächeren Gebiete vereinen. Möge ihr dies gelingen zum Wohle unseres schwerbedrängten Vaterlandes und seiner getreuen Söhne, die ihm ihre Glieder, ihre Gesundheit geopfert.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Theatervertrag mit der Stadt Köln wurde entsprechend den schon mitgeteilten Bedingungen von den Stadtverordneten gestern in geheimer Sitzung einstimmig genehmigt. Das Angebot eines Operettendirektors wurde in nichtöffentlicher Sitzung zur Erledigung gebracht.
Auf dem Bonner Wochenmarkt waren gestern – so schreibt uns eine Hausfrau – die ersten unreifen Stachelbeeren zu Kompott- und anderen Zwecken zu haben, oder besser gesagt, sie waren da, aber im öffentlichen Verkauf absolut nicht zu haben. Wie das in früheren Jahren leider so üblich war, wurden sie auch gestern gut zugedeckt und versteckt gehalten und (genau wie die Spargeln!) nur an gute Bekannte, an sogenannte Ueberpreiszahler im Vertrauen abgegeben. Durch diese unerlaubten Machenschaften wird es der minderbemittelten Bevölkerung fast unmöglich gemacht, derartige Waren zu kaufen. Wenn diese verwerflichen Zustände schon jetzt wieder einreißen sollen, wo die Beerenobsternte doch erst kaum begonnen hat, was soll das denn erst später werden. Es wäre doch nun dringend wünschenswert, wenn unsere Marktpolizei von vornherein ein scharfes Augenmerk auf solche Verkäufer und Käufer richten wollte und jeden Fall unnachsichtig zur Anzeige zu bringen, damit diese mißlichen Zustände auf unserem Bonner Wochenmarkt nicht weiter um sich greifen und sofort im Keime erstickt werden. – Auch dies trägt wesentlich zum allgemeinen Durchhalten in dieser schweren Zeit bei.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
Fleisch. Am Samstag werden in den Metzgergeschäften Rind- und Kalbsfleisch zu 2,40 Mk., Leberwurst zu 1,80 Mk. und Blutwurst zu 1,50 Mk. das Pfund verkauft. Ausgegeben werden 140 Gramm Fleisch und 30 Gramm Wurst.
Fett. Auf die Abschnitte Butter und Fett der Speisefettkarte werden in der kommenden Woche insgesamt 60 Gramm Margarine ausgegeben. Der Preis für 1 Pfund Margarine beträgt 2,- Mk.
Eier. In der kommenden Woche wird an jeden Einwohner ein Ei zum Preise von 40 Pfennig auf Abschnitt Nr. 13 der Eierkarte abgegeben. Die Ausgabe der Eier für Kranke geschieht in der städtischen Verkaufsstelle Franziskanerstraße. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Lebensmittelverkauf. Bonn“)
Plauts heiterer Vortragsabend. Heute 8 Uhr findet der von unserm kunstliebenden Publikum mit großem Interesse erwartete heitere Vortragsabend von Joseph Plaut im Bonner Bürgerverein statt. Wer einmal herzlich lachen will, versäume diesen Vortragsabend nicht. Wir können den Besuch nur bestens empfehlen. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Unsere Stadtverordneten nahmen in ihrer gestrigen Sitzung zunächst den Dank des Rektors der Universität für die Bewilligung von 150.000 Mark zur Errichtung einer Studentenbücherei entgegen. […] Weniger erfreulich war der Bericht des Beigeordneten Bottler über den Stand der Kriegsausgaben und Darlehen der Stadt. Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen um 15 Millionen. Davon werden voraussichtlich 10 Millionen durch Reich und Staat ersetzt; es verbleiben dann noch immer 5 Millionen ungedeckte Ausgaben, zu denen noch 1,5 Millionen Teuerungszulagen für Beamte usw. kommen. Es verbleiben mithin noch insgesamt über 6,5 Millionen ungedeckte Ausgaben, für die die Stadt aufzukommen hat. […]
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 2. Juni 1918
Ludendorff-Spende. Der hiesige Sammelausschuß der Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte hielt gestern nachmittag unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters Spiritus im Rathause eine Sitzung ab, in der ein vorläufiger Plan für die Sammeltätigkeit in Bonn festgelegt wurde. Die Bezirkseinteilung, die sich bei der Werbung für die Kriegsanleihe recht gut bewährt hat, soll auch diesem vaterländischen Werke zugute kommen. Für die öffentlichen Sammlungen kommen der 15. Und 16. Juni in Betracht. An diesen beiden Tagen finden auf allen Straßen und Plätzen, in den Straßenbahnen usw. Büchsensammlungen durch ältere Schüler und Schülerinnen der höheren Schulen statt. Im Neuen Operettentheater sowie in den Lichtspieltheatern werden besondere Vorstellungen gegeben, deren Ertrag der Ludendorff-Spende zufließen soll. Auch ein Liederabend unter der Leitung des Königl. Musikdirektors Sauer ist in Aussicht genommen. Man erwartet, daß nicht nur die wohlhabenden und gutgestellten Bürger gern und reichlich für den guten Zweck geben, sondern daß auch die Wenigerbemittelten freudig ihren Verhältnissen angemessene Beiträge opfern werden. Es soll daher auch in allen größeren Betrieben durch Vermittlung der Arbeiterausschüsse bei den Arbeitern und Angestellten gesammelt werden.
Zur freiwilligen Kleiderabgabe. Man schreibt uns: Die Abgabe von getragenen Männeranzügen für die Arbeiterschaft kriegswichtiger Betriebe geht so langsam vor sich, daß nochmals auf die besondere Wichtigkeit der angeordneten Ablieferung hingewiesen werden muß. Es ist unbedingt erforderlich, die Arbeiterschaft kriegswichtiger Betriebe, insbesondere der Rüstungs-Industrie und der Landwirtschaft, mit den benötigten Kleidungsstücken zu versehen. Die Bürgerschaft unserer Stadt wird sich daher der Einsicht nicht verschließen, daß bei dem Mangel an Ware eine Inanspruchnahme der privaten Kleiderbestände geboten ist. Sollte im Wege freiwilliger Abgabe nicht die erforderliche Anzahl von Anzügen abgeliefert werden, so wird eine zwangsweise Ablieferung angeordnet werden, womit Bestandserhebungen und andere Unbequemlichkeiten verknüpft sind.
Wochenkalender der Bonner Frauenvereine.
Die Werkstätten der hauswirtschaftlichen Kriegshilfe befinden sich jetzt Martinsplatz 6. Es sind geöffnet:
1. die Strumpfflickerei Montags und Donnerstags 9 bis 12, 3 bis 6 Uhr,
2. die Wäscheausbesserung Dienstags und Freitag 8 bis 12, 3 bis 7 Uhr,
3. die Kleiderberatung „Neues aus Altem“ Mittwochs 9 bis 12, 3 bis 6 Uhr.
Die Schuhkurse finden von jetzt ab morgens, nachmittags und abends in der Universität Am Hof 1 (in der früheren Flickschusterei) statt. Anmeldungen werden in den Werkstätten Martinsplatz 6 angenommen. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
„Ersparnis an rollendem Material?“ Aus dem Landkreise Bonn schreibt man uns: Da die Stadt Bonn wie man hört, mit der Eisenbahn keine Briketts beziehen kann und die Leute der Kohlennot im nächsten Winter vorbeugen wollen, so bieten sie den Fuhrleuten und den Bauern ungeheure Preise, um Briketts zu erhalten. (Preis an der Grube 1.05 Mark, in Bonn 3.00 Mark für den Zentner.) Das hat zur Folge, daß alle Gespanne Briketts fahren, weil damit für die Fuhre Brühl-Bonn 80 – 100 Mk. zu verdienen sind. Auf den umliegenden Dörfern sind natürlich die Preise ähnlich in die Höhe gegangen. Den Fuhrleuten ist ein guter Verdienst zu gönnen: aber manche Bezieher fragen sich, ob diese ungeheuren Preise für eine Fuhre nicht auch unter den Rahmen der Höchstpreise fallen. Daß schon seit Wochen kein Pferd für Ackerbestellung, keinerlei Fuhre für einen anderen Zweck erhältlich war, für den man solche Preise nicht zahlen konnte, versteht sich von selbst. Die Stadt Bonn scheint mit ihren eigenen Brikettzufuhren durch zahlreiche Lastautos, die Tag für Tag nach Brühl rollen, das Beispiel für diese Brikettversorgung gegeben zu haben. Die Leute, welche unter dieser Preissteigerung und dem Mangel an Pferdekraft leiden, fragen sich, ob man denn nicht einige Güterzüge mit Briketts nach Bonn hätte senden können oder noch senden könnte. Ist nicht diese Art von „Ersparnis an rollende Material“ durch den unwirtschaftlichen Verbrauch von Pferde- und Menschenkraft durch die Behinderung der Ackerbestellung und die maßlose Preissteigerung allzu teure erkauft? Wir möchten vorstehende Zuschrift warm befürworten. Vielleicht findet man in Berlin doch Mittel und Wege, den Mittelstand und die Arbeiterschaft vor dieser Brennstoffverteuerung zu bewahren. Angesichts unserer trefflichen Verkehrsmittel, die uns mit Brühl verbinden, scheint es wirklich nicht notwendig, Pferde und Menschen zu „schinden“. DieSchriftleitung.
Versteckspiel auf dem Wochenmarkt. Eine Hausfrau teilt uns mit, daß die Verkäuferinnen auf dem Wochenmarkt das Verstecken der Ware zugunsten der Ueberpreise zahlenden „feinen“ Kundschaft schon seit langem wieder betreiben. Auch mit dem Rhabarber sei dies Versteckspiel getrieben worden. Es scheint offenbar an der Zeit, daß Wachtmeister Schumacher auf diese Zustände wieder nachdrücklichst hingewiesen wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Mitteilungen der Ortskohlenstelle. Die bisher bei der Ortskohlenstelle eingelaufenen Bestellungen auf Brennholz sind sehr gering. Der Bürgerschaft wird nochmals dringend empfohlen, sich mit Holz vorzusehen, da aller Voraussicht nach im Laufe dieses Winters ein erheblicher Mangel an Brennmaterialien eintreten wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Montag, 3. Juni 1918
Der Bonner Männer-Gesang-Verein veranstaltet unter Sauers Leitung demnächst ein Konzert (Volksliederabend) zugunsten der Ludendorff-Spende. Näheres wird noch bekannt gegeben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Der Lehrgang über Wildfrucht in Bonn. Man schreibt uns: Auf Veranlassung der Reichsstelle für Gemüse und Obst fand hier ein zweiter Lehrgang über Wildfrüchte statt, der von mehreren Hundert Teilnehmern aus allen Gauen Deutschlands besucht war. Die Leitung hatte Professor Küster in Bonn.
Oekonomierat Hartert von der Reichsstelle begrüßte zu Beginn der Veranstaltung die Anwesenden […]. Die Not der Zeit weise darauf hin, alles zunutze zu machen, was zur Ernährung von Menschen und Vieh beiträgt. Von allen überseeischen Ländern abgeschnitten, seien wir lediglich auf die inländische Produktion angewiesen, die im Laufe des Krieges naturgemäß geschwächt sei durch die Verringerung der Tierhaltung und somit des Düngers durch den Fortfall des künstlichen Düngers, vor allem des Stickstoffes, der in der Hauptsache zu Munitionszwecken gebraucht wird, sowie durch die verminderte menschliche und tierische Arbeitskraft. Um so dankbarer sie es zu begrüßen, daß uns die Natur Erzeugnisse liefere, die sie ohne jede menschliche Arbeitskraft hervorbringt. Dahin gehören die Wildgemüse und Wildfrüchte. Der Krieg wird in seiner Folge wirtschaftlich sich noch auf Jahre hinaus fühlbar machen, und die Sorge der Ernährung werde noch lange andauern. Darum bleibe nichts unbenutzt, was Mutter Natur an Nahrungsmitteln uns freiwillig spendet.
Abteilungschef der Reichsstelle, Herr Dr. Bovenschen, berichtete sodann in längerer Rede über die Aufgaben und die Tätigkeit der Wildfruchtgenossenschaft, alsdann begann der Lehrgang, mit Vorträgen des Professors Küster, an die sich sowohl wissenschaftliche Ausflüge in die Umgebung als auch Kostproben von Speisen anschlossen, die Frau Professor Küster mit Sorgfalt hergestellt hatte. Besonders trefflich mundete eine Brühe aus wilden Orchideen und ein aus Wildäpfeln hergestelltes Kuchenbrot, das in seinem Geschmack geradezu an Makronenkuchen erinnerte.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Dienstag, 4. Juni 1918
„Opfert für die Kriegsbeschädigten!“ Dieser eindringliche Ruf der Ludendorff-Spende ergeht in den nächsten Wochen an unser Volk. Das begreifliche Mißbehagen, das in letzter Zeit bei jedem Aufruf für neuartige Wohlfahrtspläne durch die Oeffentlichkeit ging, greift hier nicht Platz; denn es handelt sich um keinen neuen Sammelzweck. Es ist keine zweifelhafte und überflüssige Gründung, zu der wir aufgerufen werden, sondern eine allgemeine Sammlung für unsere Kriegsbeschädigten, die der Zersplitterung ein Ende macht und durch Zusammenfassung aller Spenden die Gewähr bietet, das die Gaben an die Stelle des wirklichen Bedürfnisses gelangen. Unsere Blinden, Lahmen, Hirnverletzten, Krüppeln und Kranken wird die Ludendorff-Spende Trost und Hilfe bringen.
Bürger Bonn’s, die ihr unversehrt von Kugel, Schwert und Granaten bliebt, gedenket Eurer Beschützer in der Ludendorff-Spende!
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Warum die Ware auf dem Wochenmarkt versteckt wird. Ein Kleinhändler schreibt uns: Herr Wachtmeister Schumacher hat selbst zugegeben, daß ein Erzeuger, welcher mit einer Ladung Rhabarber auf dem hiesigen Wochenmarkt erschien, denselben für 21 Mark den Zentner an die Kleinhändler verkaufte. Ein Händler, welcher ihn für 21 Mark kauft, kann das Pfund nicht für 0,22 Mark auswiegen, ist also gezwungen, einen höheren Preis als den festgesetzten Höchstpreis zu erzielen. Es muß vor allen Dingen von Herrn Schumacher darauf geachtet werden, daß die Kleinhändler ihre Ware von den Erzeugern auch zu Erzeugerpreisen bekommen, dann kann der Kleinhändler auch zu den festgesetzten Höchstpreisen verkaufen und das Verstecken der Ware hört dann von selbst auf.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Kartoffelfrage. Unsere Stadt wird in der letzten Zeit ausreichend mit Kartoffeln versorgt. Doch befinden sich in großer Menge solche darunter, die durch die lange Lagerung schwarz geworden und zum Genuß so nicht gebraucht werden können. Da man diese Kartoffeln der Stadtverwaltung nicht gerne zurückgeben möchte, aber doch zur menschlichen Ernährung zur Verwendung gelangen könnten (diese Kartoffeln haben doch auch Geld gekostet), wird hiermit die höfliche Bitte ausgesprochen, wieder einmal ein kleines Quantum Rüböl (jedoch ohne Anrechnung auf Butter- und Fettkarte) an die Bevölkerung auszuteilen. Man könnte dann durch diese Art die Kartoffel als Brotersatz verwenden. Die Verwaltung kann des lebhaften Dankes der Bürgerschaft gewiß sein. Eine sparsame Hausfrau für Viele.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Die vaterländische Filmvorführung des Flottenvereins Jungdeutschland am vergangenen Sonntag brachte wiederum ein auserlesenes Programm. Mit U. 35 fuhren die Zuschauer im Bilde durch das weite Mittelmeer und vor Augen versanken dann ein gutes Dutzend feindlicher Schiffe durch Torpedo, Granate oder Sprengung, bis der schneidige Kommandant und Ritter des Pour le merite Kapitänleutnant von Armauld wieder stolz im verbündeten Kriegshafen einlief. Nach einer wohlgelungenen Bilderreihe, die den Empfang der Besatzung von S. M. S. Wolf darstellte, sah man die verschiedensten Bilder aus der großen Vorwärtsbewegung der Kaiserschlacht im Westen. Wenn den Zuschauern unsere sieggekrönten unvergleichlichen Feldgrauen im Bilde begegneten, erhob sich brausender Beifall. Eine hochinteressante Zugabe bot dann ein Seefliegerfilm, der den Aufstieg einer Seefliegerabteilung, die Kaperung eines Dampfers auf hoher See, einen spannenden Luftkampf, in dem ein Engländer abstürzte, und die Heimkehr darstellte, alles aus einem mitfliegenden Flugzeug aufgenommen. Das dichtgefüllte Haus spendete reichen Beifall und zeigte so erneut, welcher Beliebtheit sich die nunmehr regelmäßig gewordenen Veranstaltungen des Vereins erfreuen, die Dank den Entgegenkommen der Bonner Lichtspiele der Jugend zu kleinen Preisen wertvolle Eindrücke darbieten. Das Programm wird am 4. und 5. Juni in Godesberg wiederholt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Mittwoch, 5. Juni 1918
Der Vortrag des Deutschen Luftflottenvereins über „Der Krieg in der Luft“ am heutigen Mittwoch im großen Hörsaal der Universität (Eingang gegenüber dem A. Schaaffhausenschen Bankverein) wird bei der Begeisterung und Dankbarkeit, die das deutsche Volk gegenüber den unvergleichlichen Heldentaten unserer Kriegsflieger erfüllt, sicherlich allgemeines Interesse und lebhaften Besuch finden. Der Redner ist Fliegerleutnant Schergens aus Altenburg. Die Lichtbilder aus dem Felde werden jedem Neues und noch nicht Gesehenes bieten. Der Ertrag wird den Unternehmungen des Deutschen Luftflottenvereins zufließen. Es ist ein dringender Wunsch des Kaisers, daß sich jeder im Volke heute für das Wesen und die Bedeutung der Luftflotte interessiert. Dieser Aufgabe hat sich der Luftflottenverein schon lange Jahre vor dem Kriege gewidmet. Seine Mitgliederzahl ist während des Krieges von 9000 auf über 60.000 angewachsen. Es ist zu hoffen, daß durch die heutige Veranstaltung auch die hiesige Mitgliederzahl eine starke Zunahme erfahren wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Kompanie – nicht mehr Kompagnie! Gemäß einer jüngst ergangenen Verfügung hat im handschriftlichen Verkehr der militärischen Dienststellen das „g“ aus dem Wort Kompagnie in Wegfall zu kommen. Da es sich hierbei im eine durchaus angebrachte Verdeutschung handelt, empfiehlt es sich, von der neuen Schreibweise auch in der Allgemeinheit Gebrauch zu machen.
60 Gramm Margarine werden in dieser Woche auf den Kopf der Bevölkerung abgegeben.
Eine Million Kilogramm Tabak für Deutschland hat soeben die türkische Regierung zur Ausfuhr freigegeben. Der türkische Tabak wird in der Hauptsache zur Zigarettenfabrikation verwendet.
Auf die Reisebrotmarken darf vom 16. Juni ab nicht mehr als 200 Gramm Gebäck auf den Kopf und Tag abgegeben werden. Da die Wochenbrotmenge im Stadtkreise Bonn auf 2000 Gramm festgesetzt ist, erhält derjenige, der Reisebrotmarken wünscht, wöchentlich 600 Gramm Brot weniger.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Männer und Frauen von Bonn! Der furchtbare Krieg, der draußen wütet, hat unsere teure Vaterstadt verschont. Wir nehmen das fast als etwas Selbstverständliches hin. Aber denken wir nur nach, wie es gekommen wäre, wenn unsere wackeren Kämpfer ihre Körper dem gegnerischen Ansturm nicht entgegengeworfen hätten, wenn der Feind unser schönes Vaterland betreten hätte. Was wäre dann aus unserer Stadt geworden? Schutt und Trümmer würden wir sehen statt blühendes Leben. Daß wir vor solchem Elend bewahrt geblieben sind, verdanken wir einzig und allein unseren feldgrauen Brüdern und Söhnen, die für uns gelitten, gedarbt und solche Siege errungen haben. Tiefe Dankbarkeit legt uns schwere Pflichten auf. Darum gebt reichlich der Ludendorff-Spende für die Kriegsbeschädigten! [...]
Die Rückkehr der Ausgetauschten. Zur Aufklärung der Angehörigen. Nach den Berner Vereinbarungen werden alle kriegsgefangenen Unteroffiziere und Mannschaften, die mehr als 18 Monate in Gefangenschaft sind, in die Heimat entlassen, und alle kriegsgefangenen Offiziere mit gleicher Dauer der Gefangenschaft in der Schweiz interniert. Der Abtransport erfolgt grundsätzlich in der Reihenfolge des Tages der Gefangennahme. Ferner werden alle Zivilpersonen, welche während des Krieges einmal interniert waren, in die Heimat entlassen. Die Entlassung der jetzt noch internierten Zivilpersonen muß bis zum 15. August 1918, die während des Krieges einmal interniert gewesenen, jetzt aber freilebenden Zivilpersonen bis zum 15 November 1918 durchgeführt sein. [...] Wie lange der Austausch dauern und in welchem Tempo er sich vollziehen wird, ist noch nicht vorauszusehen. Ein Zeitpunkt für die Rückkehr einzelner Kriegsgefangener kann auch nicht annähernd angegeben werden. Eine Bevorzugung Einzelner durch früheren Austausch oder Internierung ist unter keinen Umständen zu erreichen. Dahingehende Gesuche bedeuten eine Benachteiligung früher gefangener Kameraden der Kriegsgefangenen und können schon aus diesem Grunde nicht berücksichtigt werden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Donnerstag, 6. Juni 1918
Etwa 3000 Kriegsgefangene aus unseren jüngsten Siegen im Westen kamen Dienstag nachmittag in einem langen Eisenbahnzuge durch Bonn. Die Engländer und Franzosen, die an den Wagenfenstern zu sehen waren, schienen sich mit ihrem Schicksal, in deutscher Gefangenschaft das Ende des Krieges abwarten zu müssen, ausgesöhnt zu haben.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Die Ludendorff-Spende tritt als allgemeine Reichsspende an die Stelle der bisherigen Zersplitterung. Alle Einzelsammlungen für Kriegsbeschädigte sollen von jetzt ab zusammenfließen in das große Wohltätigkeitswerk der Ludendorff-Spende. Darum geht der Ruf zur Beihilfe durch das ganze Reich. Auch an die Bonner Bürgerschaft ist er laut und eindringlich ergangen. Mögen alle ihn hören und beherzigen, und möge jeder nach seiner Kraft beitragen als Dank für diejenigen, die ihre Glieder und ihre Gesundheit opferten für das Vaterland und für uns.
Fliegeralarm. Heute vormittag gegen 9 Uhr wurden in Bonn die Sirenen in Bewegung gesetzt, da Luftgefahr gemeldet worden war. Nach etwa 20 Minuten wurden die Sirenen wieder ausgeschaltet.
Woher kommen die Kornblumen auf dem Wochenmarkt? Ein Leser schreibt uns: Auf dem Markt standen heute vier Frauen mit Kornblumen, die sie zum Verkauf anboten. Nur vereinzelt findet man Kornblumen, außer in den Kornfeldern. Wieviel Brotgetreide wird zertreten, um die Körbe dieser Frauen zu füllen? Bei Nachfrage dürften die Verkäuferinnen wohl etwas in Verlegenheit kommen, sollten sie den Ursprung der Blumen nachweisen. Es dürfte sich empfehlen, den Verkauf dieser Blumen zu verbieten. (So viel uns bekannt, werden auch Kornblumen zum Verkauf von Gärntern gezüchtet. Die Schriftl.)
Ueber das Verbot der Brennesselverfütterung liegt uns eine Mitteilung der Bonner Stadtverwaltung und über die Brennesselsammlung eine Mitteilung der Siegburger Verwaltung vor. Es wird in ersterer Zuschrift darauf hingewiesen, daß die Ernte der Brennesseln der Meldung beim Webstoffmeldeamt in Berlin unter der Aufschrift „Nesselbeschlagnahme“ unterliegt, daß aber auch die Sammelstelle des örtlichen Kriegsausschusses Bonn-Stadt, Am Hof 1, mit der Entgegennahme von Brennesselstengeln beauftragt ist. Die Nichtanmeldung unterliegt schweren Strafen. Die Brennessel ist bester Ersatz für Baumwolle: sie wird der Stoffherstellung zugeführt. […]
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Das Lazarett des Bonner Mutterhauses vom Roten Kreuz unternahm gestern bei herrlichem Sonnenschein in Begleitung von Herrn Landrat von Nell und Frau von Nell, Frau Oberin von Stramberg und Geheimrat Dr. Hoerstermann eine Rheinfahrt nach Schloß Namedy. Auf besonderen Wunsch Seiner Durchlaucht des Prinzen Karl Anton von Hohenzollern fand der Ausflug noch vor seiner Rückkehr ins Feld statt. Eingehend unterhielt sich der hohe Herr mit seinen feldgrauen Gästen über ihren Dienst draußen und ihre Verwundung. Nach reicher Bewirtung im Schlosspark wurde eine photographische Aufnahme gemacht, und als die Verwundeten, beschenkt mit Liebesgaben, die Wagen bestiegen, welche sie zum Schiff zurückführten, leuchtete Dank und herzliche Freude über den so schön verlebten Tag aus ihren Augen.
Warnung. Da die vielen Ermahnungen zum Schutze unserer öffentlichen Anlagen bisher vollkommen fruchtlos waren, werden die Anlagen jetzt unter verschärfte Aufsicht gestellt und alle Uebertretungen rücksichtslos zur Anzeige gebracht. Besonders sind es ältere Leute, die trotz der schönen breiten Wege durch gedankenloses Ablaufen der Rasenkanten im Hofgarten helfen, diese schönen Anlagen zu ruinieren. Die Eltern werden gut tun, ihre Kinder eindringlich darauf aufmerksam zu machen, um sich vor unliebsamen Folgen zu bewahren. Auch die Hundebesitzer werden ihren Getreuen mehr Aufmerksamkeit als bisher schenken müssen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Freitag, 7. Juni 1918
Verhaltensmaßregeln bei Fliegergefahr.
Von militärischer Seite ist erneut darauf hingewiesen worden, daß die Verdunkelungsmaßnahmen in der Stadt, namentlich die der Privathäuser, vielfach noch immer nicht genügend durchgeführt sind. Die Abdunkelung soll dem feindlichen Flieger das Zurechtfinden erschweren und damit unmöglich machen, sein Ziel zu erreichen. Tatsächlich haben bereits mehrfach feindliche Flieger durch die im Westen völlig durchgeführte Verdunkelung sich derart verirrt, daß sie innerhalb unserer Linien landeten. Andererseits sind vielfach Bomben auf militärisch und wirtschaftlich ganz bedeutungslose Stellen abgeworfen worden, nur weil diese hell erleuchtet waren. Die Verdunkelung vermindert also auch die Gefahr für den Einzelnen selbst. Besonders zu beachten ist, daß beim Ertönen der Alarmsirenen, überhaupt während des Alarmzustandes kein Licht gemacht wird, bevor die Abblendung völlig durchgeführt ist. Als genügende Abdunkelung wird bei Privathäusern, Wirtschaften, Läden, Geschäftsräumen, Krankenhäusern, sämtlichen Verwaltungsgebäuden der Behörden folgendes angesehen:
Vorhandene Fensterläden sind grundsätzlich und zwar völlig zu schließen. Wo dunkle Vorhänge vorhanden sind, müssen sie vollständig geschlossen werden, sodaß kein Spalt mehr Licht hindurch läßt. Wo nur helle Vorhänge vorhanden sind, ist außerdem Einzelabblendung der Lichtquellen erforderlich. Wo Vorhänge und Läden nicht vorhanden sind, ist abzublenden durch mit Pappdeckel oder dichten Papier bespannte Holzrahmen. Tischdecken, Bilder und dergl., durch geeignete Einzelabblendung der Lampe oder durch derartig angebrachte lichtundurchlässige Schirme, daß deren Schlagschatten die Raumöffnungen (Türen und Fenster) verdeckt.
Beim Ertönen der Alarmsirenen, die den Beginn des Alarmzustandes ankündigen, soll die Bevölkerung in Ruhe Straßen und Plätze verlassen und in die nächstgelegenen Häuser eintreten und dort Deckung aufsuchen.
Die Haustüren sind offen zu halten, und Schutz suchenden Personen ist Einlaß zu gewähren. Möglichste Verteilung der Personen innerhalb der Gebäude ist erforderlich.
Der sicherste Schutz gegen die Wirkung von Fliegerbomben ist die Deckung hinter starken Mauern.
Im Freien befindliche Personen suchen Schutz hinter Räumen, Erdhaufen, in Mulden, Gräben und dergleichen. Fahrzeuge aller Art sowie Straßenbahnen halten, der Strom in den Fahrleitungen wird abgestellt.
Von dem vaterländischen Sinn der Bevölkerung wird erwartet, daß zum Vorteile der Allgemeinheit die Unbequemlichkeiten, die mit der Abblendung verbunden sind, ohne Widerstreben ertragen werden.
Im Soldatenheim wurden vergangenen Sonntag die Feldgrauen herzlich begrüßt und mit den neusten Erfolgen in Frankreich bekannt gemacht. Herr Ortsiefer und Herr Boß trugen verschiedene Lieder und Märsche mit Zither- und Gitarrebegleitung vor und fanden reichen Beifall. Der Zauberkünstler „Artusa“ leistete mit seinen geheimnisvollen Künsten Vorzügliches. Herr Fritz Koep erfreute, wie immer, durch seine guten Vorträge. Den Schluß bildete ein Theaterstück „Tünnes als Schumacher und Rentner“, das flott gespielt und sehr beifällig aufgenommen wurde.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Fliegeralarm. Die Stadt Bonn wurde gestern früh - wie in einem Teil unserer Auflage bereits gestern gemeldet – um 8¾ Uhr alarmiert. Der Alarm dauerte bis kurz nach 9 Uhr. Die Stadt Köln wurde um 8 Uhr 30 Minuten alarmiert, weil nach eingegangenen Meldungen feindliche Flieger im Anmarsch waren. Ein Angriff ist nicht erfolgt. Dagegen wurde Koblenz angegriffen. Es wird uns hierüber aus Koblenz, 6. Juni, folgende amtliche Darstellung gegeben: Heute, 8 Uhr 24 Minuten vormittags, griffen etwa zehn feindlicher Flieger die Stadt Koblenz an. Es wurden 15 Bomben abgeworfen, die nur geringen Sachschaden verursachten. Außer zwei leichtverwundeten Militärpersonen sind Verwundete oder Tote nicht zu beklagen. Infolge des wirksamen Inkrafttretens der Flugabwehr fielen keine Bomben in das Innere der Stadt. Das Verhalten der Bevölkerung war sachgemäß. Um 8 Uhr 50 Minuten war die Gefahr vorbei.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Den Erfolgen der deutschen Streitkräfte zu Wasser und zu Lande und den Ergebnissen der deutschen Kriegsanleihen, die sich so glatt und glänzend vollzogen haben, haben unsere Feinde nichts Aehnliches an die Seite zu stellen. Und wenn England den Krieg, wie es nun deutlich voraussieht, zu Lande verliert, will es, gestützt auf seine Flotte, den Wirtschaftskrieg fortsetzen. Nun unsere Uboote werden es belehren, daß es auch damit auf Granit beißen wird. Immerhin werden wir gerade England, wie es nun einmal ist, nicht unterschätzen. Worauf kommt es ihm gegenüber für uns an, daß wir auch nach dem Kriege gegen diesen rücksichtslosen Feind in voller Rüstung dastehen. Diesen Schutz aber kann nur der auf Jahre hinaus sicher gestellte und billige Bezug von Rohstoffen dem deutschen Volke gewähren. Denn sie sind das Nötigste zum Wiederaufbau seines Wirtschaftslebens. Der deutsche Sieg und der deutsche Frieden muß die für uns günstigen Bedingungen erwirken. Daneben tut noch ein Anderes ebenso not: Daß das deutsche Volk für seine heimkehrenden Vaterlandsverteidiger aus einer nie verlöschenden Dankesschuld alles bereit stellt, damit sie ihre frühere Tätigkeit in vollem Umfange, soweit es überhaupt möglich ist, wieder annehmen können. Betrübend genug, das Hunderttausende nicht wiederkehren können. [...]
Aber das deutsche Volk muß sich seines Wertes und seiner Kraft bewußt, es muß hellsichtig und hellhörig werden, damit es sich unnötige Umwege und Rückschläge auf seinem Werdegang erspart. So muß es sich auch bei Zeiten über seine Lage und über das, was ihm in einem Wirtschaftskriege mit England drohen kann, klar sein; es muß sich sagen, daß nicht nur der Wille zum Sieg auf dem Schlachtfeld, sondern daß gleichfalls der Wille zum Aufstieg, der Wille sich nach dem Siege auch wirtschaftlich durchzusetzen, die selbstverständliche Losung für das ganze deutsche Volk nur sein darf. Sonst wäre der Kampf gegen England erfolglos gewesen. Hinter den deutschen Kaufmann, den deutschen Handwerker, den deutschen Bauer, den deutschen Industriellen, hinter den deutschen Kopfarbeiter so gut wie den deutschen Handarbeiter muß es sich jetzt schon stellen. Dazu will und soll die Ludendorff-Spende mithelfen. Das gewaltige Reserve- und Heimatheer des gesamten deutschen Volkes muß sich an ihr beteiligen: Mit Herz und Hand für’s Vaterland. Kalte staatliche Hilfe tut’s nicht allein. Das deutsche Volk muß die Großtat als Gemeinsache ansehen, seinen Beschützern zu danken. Hindenburgs Wort: „Wir schaffen’s“ sei auch hierin, wie in Allem Deutschlands Stichwort. [...] Deutsches Volk, spende mit vollen Händen! Gib freudigen Herzens! Jammre nicht, es sei zu viel des Sammelns. Denke vielmehr immer und immer wieder daran, was aus Deinem Vermögen geworden wäre, wenn der Feind in unser Land gebrochen wäre, wenn der lebendige Wall unseres unvergleichlichen Heers nicht Stand gehalten, wenn seine Unwiderstehlichkeit nicht im Osten das ungeheuerste Heer in Stücke geschlagen und im Westen die entsetzlichen Ausgeburten einer Hölle so und so oft ausgehalten hätte. Denke bei der Ludendorff-Spende voll unauslöschlichem, tief-innerlichstem Danke derer, die nun auch an dem Wiederaufbau unseres Wirtschaftslebens mit arbeiten wollen. Damit zeige, daß Du Deine Lage voll begreifst, daß Du Dich in den Augen der Gegner nicht zu Tode gesiegt hast, sondern daß Du nach dem deutschen Siege und Frieden mit Ehren in alle Zukunft weiter zu bestehen den festen Willen und die Kraft hast. Wirf alles Kleinliche von Dir ab und zeige Dich würdig der großen Zeit.
R. F. Günther.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 8. Juni 1918
Fleischverkauf. Am heutigen Samstag werden in den Metzgereien 125 Gramm Fleisch und 25 Gramm Wurst für jeden Einwohner abgegeben (Kinder unter sechs Jahren erhalten die Hälfte). Der Pfundpreis des Fleisches ist auf 2,50 M. erhöht worden.
Gesunder Lokalpatriotismus.
Von Felix Joseph Klein (Bonn).
Fern kleinlicher Kirchturmspolitik hat der Lokalpatriotismus seine Berechtigung. Tief verwurzelte Liebe zum Vaterland ist schlecht denkbar ohne ein herzliches Gefühl für die Scholle, wo unsere Wiege stand. Sollten sich unsere Hände öffnen, um dem Vaterland zu geben, so werden sie es besonders bereitwillig tun, wenn zugleich dem Geburtsort Segen zuströmt. Ein einig Volk von Brüdern, wie das deutsche, läßt gewiß gern provinzweise recht verschiedenes Vermögen zur Abstellung eines Notstandes sich in etwa ausgleichen. Auch die Ludendorff-Spende für unsere Kriegsbeschädigten wird bestimmten Ausgleich erstreben. Aber was etwa gerade Bonner Kraft und Opfersinn aufbringt, wird doch zum größten Teil Bonn verbleiben.
Wir Bonner dürfen stolz sein auf die traute Alt-Bonna, das „Kleinod am Ufer des Rheines“, dem zu alter Pracht die letzten Jahrzehnte viel neue brachten. Zum Stolz geselle sich aber auch die Dankbarkeit denen gegenüber, die mit dem Strom sein Kleinod schützten und mit den Wunden und Schlägen des Krieges heimkehren. Wo, was wir für die Ludendorff-Spende geben, in der Hauptsache gerade ihnen zugute kommt, sei unser Geben doppelt freudig und reichlich.
Manche, die in Bonn wohnen, beteiligen sich wohlmöglich in einer anderen Stadt an der Ludendorff-Spende. Sie sind ehrlich dabei, keine ausredebereiten Drückeberger. Erst am Abend ihres Lebens nach getaner Arbeit haben sie sich zur Musenstadt am grüngoldenen Rhein zurückgezogen. Unser Lokalpatriotismus wird ihnen nicht die Erinnerung an die Stadt ihrer Lebenstätigkeit wehren dürfen. Mögen sie, deren Sehnsucht zum Rhein sich im gastfreundlichen Bonn erfüllte, sich auch der Kriegsbeschädigten ihrer zweiten Heimat erinnern und auch hier zum Liebeswerke unserer Tage beisteuern.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Kein Mangel an Arzneimitteln. Seit einiger Zeit laufen im Publikum Gerüchte um, die Arzneien begännen uns „aufzugeben“. Vor Monaten hieß es, „alte Leute über 60 Jahre würden bald in den Apotheken keine Arzneien mehr bekommen“ – weshalb, das wußte niemand zu begründen. Seit einigen Wochen wird Aerzten von auffallend zahlreichen Patienten erzählt, „wer Lungenentzündung habe, müsse jetzt rettungslos sterben – denn die Amerikaner lieferten nicht mehr die notwendigen Arzneien“. Solche Redereien sind natürlich Unsinn, der zweifellos von feindlichen Agenten systematisch verbreitet wird. Richtig ist, daß das feindliche Ausland unter dem Mangel der Arzneimittel deutscher Fabrikation ganz empfindlich leidet.
Deutscher Dank.
(Zur Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte)
Nur Grabeshauch da draußen um sie her,
Und Grausamkeit und Grau’n auf Schritt und Tritt –
Für Euch daheim – sie gaben mehr und mehr,
Und zeigten stumm, wer für die Heimat litt!
Und weiter geht der grimme Strauß!
Das Weh erstirbt von Heute schon im Gestern -
Gerechtigkeit! lispelt’s im Gotteshaus,
Von wieviel tausend schon verwaister Schwestern!
Laßt heut’ uns nicht mit Worten ihnen danken!
Die einst gegeben, was ihr Bestes war.
Wie viele sind’s? Die Mauer darf nicht wanken!
Bringt nur ein Scherflein Eurer Habe dar!
Dann wird der Gang vom schweren Stelzbein leicht –
Durch düst’re Herzen bricht’s wie Licht herein –
Wie milder, warmer Frühlingssonnenschein,
Auf neues Leben, das die Zeit gebleicht.
Karl Weis
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
[...]
Die Knochensammlung hat in letzter Zeit nachgelassen, da Haushaltungen, Wirtschaften und Anstalten die anfallenden Knochen nicht in der Menge zurückgegeben haben, wie es früher geschah. Es ist aber unbedingt erforderlich, daß alle Knochen an die Metzgergeschäfte zurückgeliefert werden, damit sie für die Entfettung nicht verloren gehen. Die Gewinnung von Fett ist heute derart wichtig, daß es vaterländische Pflicht eines jeden ist, alle Knochen zu sammeln und restlos abzugeben. Sollte in Zukunft die Knochen nicht in genügender Menge zur Abgabe kommen, so wird unbedingt durch Verordnung bestimmt werden, daß nur der Verbraucher Fleisch erhält, der in der vorhergehenden Woche erhaltene Knochen abliefert.
Kartoffeln. Die Frühkartoffeln stehen noch sehr gut auf den Feldern. Wenn aber nicht bald Regen kommt, ist eine gute Frühkartoffelernte in Frage gestellt. Vorsorgliche Hausfrauen legen sich zweckmäßig haltbare Kartoffeln für den Monat Juli zurück, da es von dem Ausfall der Frühkartoffelernte abhängt, ob im Monat Juli die bisherige Wochenmenge weiter ausgegeben werden kann. [...]
Bekleidungsamt.
Abgabe von Männeranzügen. Der Aufforderung zur Abgabe von Anzügen sind bisher viele Personen nicht nachgekommen, obwohl sie dazu in der Lage sind. Es wird daher nochmals gebeten, Anzüge der benötigten Art abzuliefern. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Sonntag, 9. Juni 1918
„Pazifismus, Papsttum und Evangelium“. Unter diesem Titel ist im Saemann-Verlag, Berlin W. 35, eine von Pfarrer Kremers in Bonn verfaßte, 43 Großoktavseiten starke Schrift zum Preise von 1 M. erschienen. Pfarrer Kremers, der vor einiger Zeit über dieselbe Aufgabe auch in Bonn einen Vortrag gehalten hat, führt in der vorliegenden Schrift noch ausführlicher den Nachweis, daß das Ideal des ewigen Friedens ein von Jesus abgelehnter Wahn ist, daß der Pazifismus nicht den Frieden schafft, und daß der zuverlässigste Hort des europäischen Friedens ein siegreiches „militaristisches“ Deutschland ist. Die pazifistischen Schritte des Papsttums werden in ihrer Art und Wirksamkeit sorgfältig geprüft, wobei der Verfasser zu wohlbegründeten Zweifeln an der päpstlichen Neutralität gelangt. Die von hohem sittlichen Ernst getragenen und von vaterländischer Gesinnung erfüllten Ausführungen des Verfassers verdienen, als ein wertvoller Beitrag zur Aufklärung der Geister, die weiteste Verbreitung.
Brennesselsammlung. Die Presse hat wiederholt darauf hingewiesen, daß die Brennesseln der Beschlagnahme unterliegen und daß das Füttern oder Nichtanmelden der Brennesseln mit schweren Strafen bedroht ist. In den nächsten Tagen wird die Ernte der Brennesseln durch Schüler unter Führung der Lehrer beginnen. Die Eigentümer der Grundstücke, auf denen Brennesseln wachsen, werden gebeten, das Betreten der Grundstücke und das Abernten der Brennnesseln zu gestatten; die aufsichtführenden Lehrer werden darauf achten, daß keine Beschädigungen der Anbauflächen vorkommen. Falls jemand nicht geneigt ist, die Aberntung durch die Schüler vornehmen zu lassen, muß er umgehend die Schulverwaltung davon in Kenntnis setzen, die Nesseln selber ernten, trocknen, bei der Sammelstelle anmelden und am Schlachthof im guten Zustand abliefern. Bei dem großen Mangel an Webstoffen und der Reichhaltigkeit der Brennessel an vorzüglichen Bastfasern darf von der Einsicht und der Vaterlandsliebe unsere Mitbürger erwartet werden, daß der an sich unangenehmen, wenig lohnenden Arbeit der Brennesselsammlung keine Schwierigkeiten bereitet werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Bezugsscheine nebst ärztlichem Attest für – Schwimmanzüge. Lieber „General“: Mein ältestes Töchterchen geht seit einiger Zeit schwimmen. Es bekommt ihm dies ausgezeichnet. Nur meinem Brotvorrat nicht. Mein jüngstes Töchterchen, dem das Rheinwasser zunächst zu schmutzig zum Baden schien, weil doch die vielen Rheindampfer allerlei menschliche Einrichtungen haben, ist nun von der Begeisterung der Großen so angesteckt, daß sie auch gerne in die Reihe der „Rheintöchter“ aufgenommen sein möchte. Folge: Bedürfnis für einen Schwimmanzug. In den Geschäften liegen sie in den verlockendsten Farben. Aber man bedauert, keine davon verkaufen zu können, es müßte denn sein, daß man einen Bezugsschein beibrächte. Also zunächst in die geheiligten Räume unseres Nahrungsmittel- etc etc Diktators. Antwort der bedienenden Fee an der Stätte, über der sich der Anfangsbuchstabe meines eheweiblichen Namens befindet: Bedaure, Sie müssen zunächst ein ärztliches Attest darüber beibringen, daß das Kind so krank ist, daß es der Rheinbäder zu seiner Wiedergesundung bedarf. Nun steht die kleine Maus da, der kein Arzt ehrlich bescheinigen kann, daß sie so krank sei, daß sie usw, und kann nicht in die feuchten Fluten hinab. Daß man „oben“, ich meine in Berlin, immer „klug und weise“, wie jener Bürgermeister in „Zar und Zimmermann“, glaube ich nicht. Meine Kleine bekommt doch einen Schwimmanzug. Gut Naß!
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Kriegshilfe. Kommerzienrat Soennecken erhöhte den Beitrag zur Unterstützung der Familien seiner im Felde stehenden Angestellten und Arbeiter auf 250.000 Mark.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Montag, 10. Juni 1918
Den Eisernen Halbmond erhielt Referendar Dr. Rudolf Nölle aus Godesberg, Oberleutnant in der kaiserlich osmanischen Fliegertruppe.
Der Mörder des Lederhändlers Hilger und des Dienstmanns Marx verhaftet. Die Köln. Bztg. meldet aus Neuß: Der Neußer Kriminalpolizei ist es gelungen, den Mörder des Lederhändlers Hilger und des Dienstmannes Marx aus Bonn und des Kaufmannes Kerp aus Weiden bei Köln in der Person des Gärtners Krings aus Schlich bei Glehn im Landkreise Neuß ausfindig zu machen. Er hat diese drei Personen unter dem Vorgeben, ihnen Schmuggelware besorgen zu können, nach Neuß bezw. Grevenbroich bestellt. Seit dieser Zeit sind sie verschwunden. Die Reisetasche des Kerp ist im Besitz des Krings gefunden worden. Ebenso wurde festgestellt, daß seine Schrift mit der Adresse des Lederhändlers Hilger übereinstimmt. Der Mörder ist wegen Hochstapelei und Heiratsschwindel mit 4½ Jahren Gefängnis vorbestraft. – Die Meldung ist, wie uns mitgeteilt wird, richtig. Krings ist schon vor etwa zwei Wochen verhaftet, auch schon in Bonn verhört worden, er leugnete dabei aber hartnäckig, die beiden Bonner Einwohner an die Grenze gelockt und ermordet zu haben. Hilger war am 21. Dezember 1916, Marx zwei Tage später von Bonn abgereist, seitdem sind beide verschwunden. Hilger hatte etwa 7000 Mark mitgenommen, um dafür Leder einzukaufen, Marx wollte Lebensmittel von der Grenze holen, hatte aber nur etwa 35 Mark bei sich.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zur Abgabe von Männeranzügen. Hast Du schon einen Anzug abgegeben? Jeder, der zur Abgabe eines solchen in der Lage ist, möge ihn baldigst abliefern. Für Anzüge, die bis zum 14. Juni einschließlich abgegeben werden, wird ein besonderer Zuschlag von 10 Prozent zu den regelmäßigen Schätzpreisen bewilligt.
Die Ablieferung erfolgt in der städtischen Altkleiderstelle, Martinstraße 18, täglich außer Sonntags, in den Stunden von 9-12 und von 3-6 Uhr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wegen Taschendiebstahls wurde auf dem Markt ein 15jähriger Taugenichts festgenommen. Er war vor einiger Zeit schon einmal wegen Taschendiebstahls angezeigt worden.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Dienstag, 11. Juni 1918
Ueber das Verhalten bei Fliegerangriffen wird amtlich mitgeteilt: Wie einer der letzten Fliegerangriffe bewiesen hat, sind die für das Verhalten der Bevölkerung bei Fliegerangriffen erteilten Anweisungen vollkommen ausreichend, um Verluste zu vermeiden. Von den der betreffenden Stadt zugedachten Bomben fielen sieben in eine Verkehrsstraße und in die nähere Umgebung. Ein Straßenbahnwagen wurde getroffen und zerstört. Obwohl die Bomben starke Splitterwirkung hatten, beschränkte sich der Personenschaden auf zwei Leichtverletzte, eine durch Bomben- und eine durch Glassplitter. Auch die Beschädigung durch Glassplitter hätte bei sachgemäßem Verhalten der betreffenden Person verhütet werden können, wenn sie sich nämlich nicht im Hausflur aufgehalten, sondern sich in den Keller oder hinter eine Mauer begeben hätte, wozu ihr reichlich Zeit zur Verfügung stand.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Von der Schleichhandelsbörse. Für die Zeit nach dem Kriege wird es wertvoll sein, die in der Bürgerschaft umgehende Behauptung festzustellen, daß unsere lieben Hausfrauen aus vermögenden Kreisen durch gegenseitige Ueberbietungen es so herrlich weit gebracht haben, daß die Schleichhändler sich für das Pfund Butter jetzt bis zu 25 Mk. und darüber bezahlen lassen, daß für ein Ei 1 Mk. bis 1,20 Mk. angeblich bezahlt wird, bestimmte Metzgermeister ihren heimlichen Abnehmern 7,50 Mk. für das Pfund Rindfleisch abnehmen, Plockwurst mit 9 Mk. das Pfund bezahlt wird, Leberwurst mit 7 – 8 Mk., Speck mit 20 – 22 Mk. und so fort mit Grazie. Kirschen und Stachelbeeren halten bestimmte Gemüsehändler im Nebenzimmer für die „feine“ Kundschaft versteckt. Ueberhaupt ist es dem Mittelstand, Beamten, kleineren Rentnern sowie Handwerkern und gewissen Arbeiterkreisen nicht mehr möglich, diesen unerhörten Wettlauf in der „Selbstversorgung“ mitzumachen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vereinslazarettzug K. 1 Bonn. Der Bonner Lazarettzug hat seine Verwundeten von der 101. Fahrt nach Bautzen in Sachsen, von der 102. Fahrt nach Leipzig, von der 103. Fahrt nach Dresden und Arnsdorf und von der 104. nach Meissen in Sachsen gebracht. […] An Liebesgaben sind nach wie vor erwünscht Zigarren, Zigaretten, Kognak, Weiß- und Rotweine, Säfte usw. Diese Sachen sind abzugeben Bahnhofstraße 40, wo über die Sachen Quittung erteilt wird.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Mittwoch, 11. Juni 1918
Ernährung und Bekleidung.
Die Ernährungsverhältnisse gestalten sich vor der neuen Ernte doch noch schwieriger, wie es in den letzten Wochen den Anschein hatte. Vom 1. Juli ab können zur Brotherstellung seitens der Reichsstelle keine Streckungsmittel mehr geliefert werden, und demzufolge wird trotz der Ersparnisse, die das Lebensmittelamt an Mehl aufgespeichert hat, voraussichtlich doch noch vom 1. Juli ab eine Verminderung der Brotration auf 3¾ Pfund eintreten müssen.
Auf andern Ernährungsgebieten sieht es etwas freundlicher aus. So ist vor allen Dingen die Gemüseversorgung jetzt verhältnismäßig besser. Die Zwangsbewirtschaftung bewährt sich also, denn der Gemüsebauer kommt wieder zum Wochenmarkt und der städtische Verkaufsstand wird dadurch erheblich entlastet. Da in letzter Zeit wiederholt von den Gemüsebauern auf den Wochenmärkten Käufer mit dem Bemerken abgewiesen worden sind, daß die Ware bestellt sei, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Annahme von Vorbestellungen unzulässig und strafbar ist. Die Marktpolizei wird angewiesen werden, in solchen Fällen die Ware einfach zu beschlagnahmen und im städtischen Verkauf der Bevölkerung zuzuführen. […]
Besonders schlecht wird in der nächsten Zeit die Fleisch- und Fettversorgung sein. Das Nutzvieh ist noch immer in schlechtem Ernährungszustand, und die Dürre der letzten Zeit hat die Weiden auch nicht so verbessert, daß hierin ein Umschwung in den nächsten Wochen eintreten wird. Ebenso muß mit allen Mitteln eine Schonung des Milchviehbestandes angestrebt werden. Geschieht dies nicht, so sehen wir im Winter einer beispiellosen Milch- und Fettknappheit entgegen, und es ist eine der wichtigsten Aufgaben, daß die Milch für Säuglinge und Schwerkranke und für Kinder bis zum 5. Lebensjahre sichergestellt wird. Nachdem wir aus dem neutralen Auslande gar nichts mehr an Fetten erhalten, muß auch voraussichtlich von Mitte Juli ab die jetzt schon sehr knappe Fettration von 62½ Gramm auf den Kopf der Bevölkerung auf 50 Gramm herabgemindert werden. Gerade der Mangel an Fetten wird von der ganzen Bevölkerung als sehr unangenehm empfunden, und für die Hausfrau bedeutet es tatsächlich eine Kunst, mit diesen geringen Fettmengen im Haushalt auszukommen.
Dem Lebensmittelamt ist es gelungen, aus dem besetzten russischen Gebiet sogenannten Roniker Käse einzuführen, der in diesen Tagen mit ¼ Pfund zum Preise von 90 Pfg. an die Bevölkerung verteilt wird. Sollte dieser Käse Anklang finden, so wird auch voraussichtlich in den nächsten Wochen mit weiteren Verteilungen zu rechnen sein. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Das Vorausbestellen von Gemüse auf dem Wochenmarkt ist unstatthaft. Da in letzter Zeit wiederholt Käufer auf dem Wochenmarkt von den Gemüsebauern mit dem Bescheid abgewiesen wurden, daß das in den Körben enthaltene Gemüse usw. vorbestellt ist, macht das Städtische Lebensmittelamt darauf aufmerksam, daß dies unzulässig und strafbar ist. Die Marktpolizei ist angewiesen, diese Waren zu beschlagnahmen und dem städtischen Verkauf abzuliefern, wo sie dann im Interesse der Allgemeinheit veräußert werden. Hoffentlich wird von Wachtmeister Schumacher auch unnachsichtlich nach dieser Anweisung verfahren.
Der Bonner Wochenmarkt war gestern im allgemeinen gut beschickt, hauptsächlich mit Gemüse und Kopfsalat. Hiesiger Spargel kommt fast gar nicht auf den Markt. […] Erdbeeren und Stachelbeeren sind außer nachmittags beim städtischen Verkauf auf dem ganzen Markt fast nicht zu finden, ebenfalls keine Kirschen. Ein Köpfchen Salat, ziemlich lose und grün, kostet immer noch 25 und 30 Pfg., auch unverhältnismäßig teuer. Trotz der großenteils hohen Preise war der Verkauf durchweg flott.
Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte fast gar keine Zufuhren.
Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt setzte in kurzer Zeit wieder etwa 10 Zentner Spargel ab. Außer großen Mengen Gemüse und Kopfsalat waren unter anderem noch fremde Tomaten zu 2,40 Mark das Pfund, fremde Gurken zu 80 und 90 Pfg. das Stück und neue Möhrchen ohne Laub zu 90 Pfg. das Pfund zu haben. Kopfsalat wurde hier durchweg auch zu 25 Pfg. das Stück verkauft. Nachmittags sind auch Erdbeeren zu 1,10 Mark das Pfund zu haben.
Da seit einigen Tagen der Verkauf von grünen Erbsen begonnen hat, es den Verkäufern aber bei dem kolossalen Gedränge fast unmöglich ist, ihre Erbsen auszuwiegen, hat die Stadtverwaltung Bonn den Verkäufern von grünen Erbsen bis auf weiteres erlaubt, ihre Ware innerhalb der Einzäunung des städtischen Verkaufs auszuwiegen, stellt ihnen sogar noch Wagen unentgeltlich zur Verfügung, damit das unnötige Gedränge vermieden wird.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Die Jugendabteilung des K.K.V. [Katholischer Kaufmännischer Verein] beging am verflossenen Sonntag ihr 8. Stiftungsfest in einer der Zeit entsprechenden Weise. […] Eine Sammlung für die Ludendorff-Spende erzielte den schönen Betrag von 35 Mark. – Die Abteilung zählt heute ca. 140 Mitglieder, von denen 50 eingezogen sind. Vier Mitglieder starben den Heldentod fürs Vaterland. […]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Donnerstag, 13. Juni 1918
Die bei der Sammlung für die Ludendorff-Spende tätigen Damen und Herren vereinigten sich gestern nachmittag im Vortragssaal der Fortbildungsschule zu einer aufklärenden Besprechung. Nach einem herzlichen Begrüßungswort des Vorsitzenden, Herrn v. Rath, legte Fortbildungsschuldirektor Vins den Zweck der Ludendorff-Spende dar: neben der starren staatlichen Hilfe eine bewegliche, leicht sich fügende bürgerliche Hilfe größten Umfanges zu schaffen, um Kriegsbeschädigte für geeignete Berufe auszubilden, ihnen notwendige Heilverfahren schnell zu verschaffen, sie auch sonst zu unterstützen. Alle Einrichtungen und Sammlungen, die ähnliche Zwecke verfolgen, werden in der Ludendorff-Spende einheitlich zusammengefaßt. Von den gesammelten Geldern gehen 15 v. H. an den Reichsausgleichsfonds in Berlin und von dort aus in wirtschaftliche schwächere Landesteile, das übrige Geld bleibt in Bonn und der Rheinprovinz. Die Opferwoche für die Ludendorff-Spende ist in Bonn auf die Zeit vom 15. bis 23. Juni verlegt worden. Es sind Briefsammlungen, Hausbesuche und für den 15. und 16. Juni, den sog. Opfertagen, Straßensammlungen durch ältere Schüler und Schülerinnen vorgesehen, ferner Vorstellungen in den Lichtbildtheatern und im Neuen Operettentheater, ein Volksliederabend des Bonner Männergesangvereins und ein Konzert des Städtischen Gesangvereins. Bei den Straßensammlungen erhalten die Spender Abzeichen, und zwar zwei verschiedene Arten, für Beträge bis zu einer Mark und für Beträge über eine Mark. Direktor Vins teilte Einzelheiten über die geplante Sammeltätigkeit mit und gab Ratschläge, deren Beachtung einen guten Erfolg verbürgen dürfte. Er sprach die Hoffnung aus, daß die Sammlungen in Bonn ein unserer Stadt würdiges Ergebnis haben möchten; denn es gelte, vielen, vielen Tausenden Kriegsbeschädigten das Leben wieder so erträglich wie möglich zu machen und damit ihnen und zugleich unserm ganzen Heer einen Teil des geschuldeten Dankes abzutragen. Der Vorsitzende des hiesigen Ausschusses für die Ludendorff-Spende, Herr v. Rath, teilte mit, daß infolge des veröffentlichten Aufrufes in Bonn bisher rund 150.000 M. eingegangen seien. Es folgte nun eine längere Aussprache über die Einzelheiten der Werbe- und Sammelarbeit.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Großfeuer in der Stadthalle. Gestern nachmittag gegen 4 Uhr brach in der Stadthalle Feuer aus, dem ein Teil des Dachstuhles sowie der in der Mitte des Daches stehende Turm und ein kleiner Seitenturm zum Opfer fielen. Dem tatkräftigen Eingreifen unserer Wehr, die das Feuer mit mehreren Schlauchleitungen angriff, gelang es nach mehrstündiger Arbeit, ein Umsichgreifen des Feuers auf die Wirtschaftsräume zu verhindern. Immerhin ist der angerichtete Brandschaden bedeutend. Das Feuer soll dadurch entstanden sein, daß bei Auswechslungsarbeiten am Blitzableiter ein Balken des Dachstuhls in Brand geriet.
Die Polizei nahm einen 22jährigen Mann aus Aachen fest, der hier mehrere Monate lang in Offiziersuniform mit Orden geschmückt umherging, obwohl er gar nicht gedient hat. Ob er Schwindeleien verübt hat, konnte noch nicht festgestellt werden.
Schutz unserer Anlagen. Da alle Ermahnungen, die Beete und Rasenflächen in unsern Anlagen zu schonen, nichts nutzen, ist unsere Gartenverwaltung dazu übergegangen, in die Randstreifen der großen Wiese im Hofgarten kräftige Holzpflöcke eintreiben zu lassen. Wer jetzt diese Hindernisse umgeht und den Rasen betritt, wird unweigerlich zur Anzeige gebracht.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wohltätigkeitskonzerte. Die Regimentsmusik des 9. Rhein. Inf.-Regts. 160 ist vom 16. bis 30. Juni nach Deutschland beurlaubt, um wie im vorigen Jahr Wohltätigkeitskonzerte zu veranstalten. Der gesamte Betrag ist für die Hinterbliebenen gefallener Unteroffiziere und Mannschaften des Regiments bestimmt. Bei den engen Beziehungen der Bevölkerung zu unserem Bonner Regiment darf mit Recht erwartet werden, daß der gute Zweck der Konzerte durch reichen Besuch auch Anerkennung findet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Freitag, 14. Juni 1918
Fleisch. Am Samstag werden in den Metzgergeschäften Rind- und Kalbfleisch zu 2,50 M., Leberwurst zu 1,80 M. und Blutwurst zu 1,50 M. das Pfund verkauft.
Die Bürgerschaft ist vielfach der irrigen Ansicht, in Bonn seien die Preise für Fleisch und Wurst besonders hoch. Nur in einigen Landkreisen sind diese Preise niedriger. In fast allen Städten sind dagegen die Preise für Fleisch und Wurst wenigstens gleich hoch, in mehreren Städten der Rheinprovinz sogar höher als in Bonn.
Fett. Auf die Abschnitte Butter und Fett der Speisekarte werden in der kommenden Woche insgesamt 60 Gramm Butter ausgegeben. Der Preis für ein Pfund Butter beträgt 4,15 M. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Nachrichten des Lebensmittelamts der Stadt Bonn.“)
Neues Operettentheater. In den Festvorstellungen für die Ludendorff-Spende am Samstag und Sonntag wird „Die tolle Komteß“ aufgeführt. Vorher wird Direktor Steffter einen von Herbert Eulenberg zu diesem Zweck verfaßten Vorspruch halten.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Für die Ludendorff-Spende spielen am Sonntag vormittag die drei Bonner Lichtspielbühnen, Metropol, Union und Lichtspiele im Stern, und zwar werden alle drei Kinos ihre gesamte Bruttoeinnahme der Ludendorff-Spende überweisen.
Abgabe von Fleisch ohne Marken. Vor dem Kammergericht gelangte ein Straßprozeß zur Verhandlung, welcher gegen den Metzgermeister Karl Sch. aus Bonn schwebte. Der erwähnte Metzgermeister war angeschuldigt worden, Fleisch ohne Fleischmarken verkauft zu haben. Die Gattin eines Professors hatte von Sch. über 4 Pfund Fleisch ohne Marken erhalten: an eine andere Frau soll Sch. Fleisch verabfolgt haben, die Marken soll er erst später dafür ausgehändigt erhalten haben. Zu seiner Verteidigung betonte Meister Sch., die Professorsfrau habe ausländisches Fleisch erhalten. Die andere Frau habe für ihre kranke Tochter Fleisch aus dem Vorrat bekommen, welcher ihm für seine Familie zur Verfügung gestanden habe; die andere Kundin habe ihm später die erforderlichen Marken ausgehändigt. Die Strafkammer zu Bonn erkannte aber gegen Metzgermeister Sch. auf eine Geldstrafe und machte u. a. geltend, nach den in Betracht kommenden Kriegsvorschriften durfte der Angeklagte Fleisch aus dem Auslande oder aus dem Inlande nur gegen Fleischmarken abgeben: auch müssen die Fleischmarken unmittelbar nach Aushändigung des Fleisches hergegeben werden; eine Kontrolle würde sonst unmöglich sein. Dieses Urteil griff Sch. durch Revision beim Kammergericht an und beantragte seine Freisprechung. Marken könnten später verabfolgt werden. Für Fleisch aus dem Auslande brauchten überhaupt keine Marken hergegeben zu werden. Der Oberstaatsanwalt erklärte aber das Urteil der Strafkammer zu Bonn für einwandfrei und führte aus, Fleisch dürfe nur gegen Verabfolgung von Marken Aug um Aug hergegeben werden. Der Strafsenat des Kammergerichts vertrat denselben Standpunkt und erkannte auf Abweisung der vom Angeklagten eingelegten Revision.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ausfall von Konzerten. Die angekündigten Konzerte der 160er Kapelle finden nicht statt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 15. Juni 1918
Zugunsten der Ludendorff-Spende finden heute (Samstag) abend von ½7 bis 9 Uhr sowie am Sonntag vormittag ½12 Uhr bis 1 Uhr in der Poppelsdorfer Allee Konzerte statt, bei denen die durch Armbinden ausgewiesenen Sammler und Sammlerinnen Gaben für die Ludendorff-Spende in Empfang nehmen.
Kinovorstellungen zum Besten der Ludendorff-Spende. Am morgigen Sonntag finden in den hiesigen drei Kinos Vorstellungen auf Veranlassung des Ausschusses der Ludendorff-Spende für Schüler und Schülerinnen höherer Lehranstalten in der Zeit von ½12 bis 1 Uhr statt. U. a. gelangt in den Bonner Lichtspielen im Stern und im Metropol-Theater der Film „Uboote heraus“ zur Aufführung.
Beamtenbestechung. Ein Postschaffner aus Bonn und drei Eisenbahnbetriebsbeamte aus Beuel hatten sich gestern vor der hiesigen Strafkammer zu verantworten. Der Postschaffner, der als Feldwebel am Kriege mit Auszeichnung teilgenommen hatte, war nach seiner Entlassung aus dem Heeresdienst in der Feldwebelsuniform nach Belgien gefahren, um dort größere Mengen Lebensmittel und andere hier seltene Waren einzukaufen und nach Bonn einzuschmuggeln. Er benutzte für die Fahrt einen Militärfahrschein, den er sich auf unrechtmäßige Weise zu verschaffen gewußt hatte. Als er auf der Rückfahrt in Beuel ankam, wurde er auf Veranlassung einer Kölner Militärbehörde verhaftet, sein Gepäck wurde auf dem Beueler Bahnhofe festgehalten. Nach zwei Tagen wurde er aus der Haft entlassen. Er ging nun nachts zum Bahnhof Beuel und veranlaßte die drei Mitangeklagten durch größere Geschenke an Geld und Lebensmitteln, zu dulden, daß er seine Koffer öffnete und die wertvollsten Waren daraus entnahm. Der Postschaffner wurde wegen der betrügerischen Benutzung des Militärfahrscheins zu 600 M. Geldstrafe, wegen Bestechung zu fünf Monaten Gefängnis, von den drei Eisenbahnbeamten einer, der außer Lebensmitteln vor dem Oeffnen der Koffer schon Geld angenommen hatte, ebenfalls zu fünf Monaten Gefängnis, die beiden andern, die nur Lebensmittel genommen hatten, zu je 100 M. Geldstrafe verurteilt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Aufbringung der Männeranzüge. Die Stadt Bonn hat auf Anordnung der Reichsbekleidungsstelle 3040 Männeranzüge aufzubringen. Wenn diese Menge durch freiwillige Ablieferung nicht erreicht wird, so werden Zwangsmaßnahmen angeordnet. Bis jetzt ist die Ablieferung höchst geringfügig. Es sind noch nicht einmal 800 Anzüge dem Bekleidungsamt übergeben. Der Zeitpunkt für den Schluß der Ablieferung steht aber nahe bevor. Alle Familien, die in der Lage sind, einen Anzug zur Verfügung zu stellen, und das ist zweifellos der größte Teil, seien daher nochmals dringend aufgefordert, sofort mit der Ablieferung der Anzüge vorzugehen, die gut bezahlt werden. Sie seien aber auch nochmals eindringlich verwarnt, denn die später einzusetzenden Zwangsmaßnahmen werden ihnen große Unbequemlichkeiten bereiten. Zunächst wird eine Bestandsaufnahme von ihnen verlangt werden und aus dieser Bestandsaufnahme heraus wird dann beurteilt werden, was an überflüssigen Anzügen abgegeben werden muß und was verbleiben kann. Es liegt im Vorteile eines jeden, durch die freiwillige Ablieferung sich das Verfügungsrecht über seinen Bestand an Anzügen selbst vorzubehalten. Später wird ihm dieses Verfügungsrecht entzogen und seine Wünsche können dann nicht mehr berücksichtigt werden. Die Ablieferungsstelle für diese Anzüge befindet sich in der Altkleiderstelle, Martinstraße Nr. 18.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Sonntag, 16. Juni 1918
Für die Ludendorff-Spende wurde gestern fleißig gesammelt. Fast in allen Straßen begegnete man Schülern und Schülerinnen mit Sammelbüchsen, überall wurde von den Vorübergehenden mehr oder weniger eindringlich ein Beitrag zur Hilfe für unsere Kriegsbeschädigten gefordert. Heute wird die öffentliche Sammlung fortgesetzt.
Ueber die Verteilung und Verwaltung der durch die Ludendorff-Spende einkommenden Gelder herrscht in weiten Kreisen Unkenntnis und vielfach falsche Auffassung. In bezug auf die Verteilung des Sammelertrages ist zunächst zu bedenken, daß jede Provinz und jede Stadt nicht allein von den Truppen verteidigt werden, die aus der betreffenden Stadt oder Provinz stammen, sondern daß alle Soldaten für alle Gebiete und alle Städte des Vaterlandes gleichmäßig kämpfen. Dieser Umstand spricht für eine gleichmäßige Verteilung des Geldes über das ganze Reich. Anderseits ist aber auch zu berücksichtigen, daß die Gebefreudigkeit größer ist, wenn der Geber das Gefühl hat, daß seine Gabe in seiner Provinz und seiner Stadt bleibt. Die Folge dieser Erwägungen war, daß das Geld in der Hauptsache der Provinz und Stadt zur Verfügung bleibt, die es gesammelt, und daß nur ein kleiner Teil in einen Reichs-Ausgleichsfonds nach Berlin abfließt für solche arme Gegenden, die nicht in der Lage sind, ihre Kriegsbeschädigten hinreichend zu unterstützen. Und das ist nicht mehr als billig und recht. Denn wenn jede Stadt den vollen Betrag ihrer eigenen Sammlung ganz für sich zur Verwendung halten würde, so würden die Kriegsbeschädigten der verschiedenen Orte allzu verschieden unterstützt werden. […]
Aus vorstehendem ergibt sich, daß schließlich der allergrößte Teil der am Orte gesammelten Gelder dem Orte zur freien Verfügung für seine eigenen Kriegsbeschädigten verbleibt und daß nur ein geringer Teil in den Ausgleichsfonds für weniger wohlhabende Landesteile berechtigterweise abgeliefert wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Höchstpreise für Bier und bierähnliche Getränke. Im Stadtbezirk Bonn ist mit sofortiger Wirkung der Höchstpreis für untergärige und obergärige Biere und bierähnliche Getränke auf 8 Pfg. und für Ersatzbier auf 5 Pfg. für je 1/10 Liter festgesetzt. Bei Konzerten und dergleichen Veranstaltungen darf ein Zuschlag von 5 Pfg. für je ein Glas erhoben werden.
Gedenket den Kriegsblinden!
Blindsein – ein langes Leben in Nacht wandeln – ein hartes Los! Doppelt hart für jene, die einst ihr Auge weiden konnten an den Schönheiten der Natur. Im Kampfe für unsere höchsten Güter haben sie, unsere Kriegsblinden, ihr Augenlicht verloren. Unauslöschlichen Dank sind wir den Tapferen schuldig, und ihnen ihr Los in jeder möglichen Weise zu erleichtern, muß uns eine liebe Pflicht sein. Wir alle kennen den Lesehunger unserer Soldaten im Felde, er ist nicht minder stark vorhanden bei den Erblindeten, mag der Stoff der Unterhaltung oder der Belehrung dienen. Der Borromäus-Verein hat es trotz seiner im Kriege vermehrten Tätigkeit gerne übernommen, durch Schaffung einer Blindenbücherei dem Bedürfnis Rechnung zu tragen. In dankenswerter Weise sind seit längerer Zeit mehrere Damen an dem edlen Werke eifrig tätig, mit dem Erfolge, daß die Bücherei heute auf einen Bestand von 130 Bänden angewachsen ist. Sie setzen sich aus Werken aller Literaturgebiete zusammen. Noch aber ist die Bücherei bei weitem nicht ausreichend im Hinblick auf die große Zahl der Kriegsblinden, und es bedarf der Mithilfe weiterer Kräfte, wenn sie einigermaßen dem bestehenden Bedürfnisse entsprechen soll. Hier bietet sich für jene Damen, die nicht in der öffentlichen Fürsorge wirken, eine Tätigkeit, die sich im stillen Heim ausüben läßt, die aber deshalb nicht minder verdienstvoll ist. Wer Lust, Liebe und Ausdauer besitzt, der möge sich Dienstag, 18. und Mittwoch, 19. ds. zwischen 10 und 12 Uhr im Borromäushaus, Wittelsbacher Ring 9 melden. Kosten sind mit der Erlernung der Blindenschrift und der Uebertragung der Bücher nicht verbunden; Tafeln, Maschinen und Papier werden gestellt.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Unsinniges Gerücht. Infolge einer Sensationsmeldung wird in der Stadt erzählt, bei dem Brand in der Stadthalle seien große Vorräte an Lebensmitteln vernichtet worden. Wir können auf Grund eigener Wahrnehmung feststellen, daß in der Stadthalle auch nicht ein Pfund Lebensmittel zur Zeit des Brandes lagerte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Montag, 17. Juni 1918
Arndt-Eiche in Eisen. Eine schlichte, aber eindrucksvolle Feier fand gestern, Sonntag, an der Arndt-Eiche statt: die Nagelung einer Adlerfeder für Frl. Mathilde Wirth, die unermüdliche Sammlerin für das Rote Kreuz. Ende Mai war die Summe des von ihr gesammelten Geldes auf 25.000 Mark gestiegen. Zu Ehren und zur Erinnerung an diese hervorragende Tätigkeit des Frl. Wirth widmeten ihr die Vaterländischen Vereinigungen der Stadt Bonn eine Adlerfeder. Bei der Nagelungsfeier, zu der u. a. der Vorsitzende des Zweigvereins vom Roten Kreuz für den Stadt- und Landkreis Bonn, Oberbürgermeister Spiritus, und die Vorsitzende des Vaterländischen Frauenvereins, Frau Berghauptmann Krümmer, erschienen waren, widmete der Vorsitzende des Hilfsausschusses für die Truppen, Dr. Krantz, Frl. Wirth herzliche Worte ehrender Anerkennung und wies besonders auf die unermüdliche Tätigkeit der allzeit liebenswürdigen Sammlerin hin, die bei Sonnenbrand und Kälte, in Wind und Wetter nunmehr fast vier Jahre dem Roten Kreuz so große Dienste geleistet habe; die Adlerfeder sei nur ein kleines äußeres Zeichen der Dankbarkeit für diese vaterländische und opferwillige Tätigkeit, die hierdurch an dem Bonner Kriegswahrzeichen für spätere Geschlechter verewigt werde. Alsdann fand die Nagelung der Adlerfeder statt. Die Feder trägt das Wappen der Stadt Bonn, das Rote Kreuz und die Widmung: „Frl. Mathilde Wirth in Bonn in Anerkennung ihrer verdienstvollen Sammeltätigkeit für das Rote Kreuz gewidmet von den Vaterländischen Vereinigungen in Bonn.“
Die Provinzialstelle der Reichsbank zur Förderung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ist in Köln gegründet worden. Ihr Wirkungskreis umfaßt das Gebiet der Reichsbankhauptstellen Köln, Aachen, Barmen, Kreifeld, Elberfeld, Remscheid, Siegen wie auch das der hierzu gehörigen Reichsbanknebenstellen. In dem Ausschuß der Provinzialstelle sind außer den Behörden alle Berufsklassen vertreten, so daß zu hoffen ist, daß durch entsprechende Propaganda die Verbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in alle Kreise getragen wird. Der Vorsitz wurde dem Präsidenten der Handelskammer Köln, Geheimrat Dr. Louis Hagen, übertragen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ludendorff-Spende. Vom frühen Morgen bis in den Abendstunden wanderten am Samstag und Sonntag unsere begeisterungsfreudigen Bonner Jungen und Mädchen mit den Sammelbüchsen durch die Stadt, um für unsere Kriegsbeschädigten Spenden zu erbitten. Nicht nur auf Straßen und Plätzen, auch in den Straßenbahnen und in den Gastwirtschaften walteten sie ihres Amtes mit freudigem Eifer. In den Nachmittagsstunden sah man kaum noch Jemand, der nicht irgend ein Abzeichen trug. Namentlich bei den Promenaden-Konzerten am Samstag abend und Sonntag mittag in der Poppelsdorfer Allee flossen die Gaben reichlich; dort konnte keiner dem Trommelfeuer der Sammelbüchsen entgehen. Vornehm und Gering gab gern und freudig, gilt es doch, durch diese Volkssammlung unsern kriegsbeschädigten tapfern Brüdern den Dank der Heimat zu beweisen.
Folgendes kleine Stimmungsbildchen vom gestrigen Sammeltag wird uns aus unserm Leserkreis übermittelt: Auf der Terrasse eines bekannten hiesigen Bierlokals sitzt ein älterer Herr, der jedesmal, wenn ihm die Sammelbüchse hingehalten wurde, sein Scherflein gab. Ein Tischnachbar meinte schließlich, er solle sich ein Abzeichen kaufen, dann hätte er doch Ruhe. „Ach was,“ meinte der Herr lachend und holte aus der Tasche fünf Ludendorff-Abzeichen hervor, „wenn ich so ein Ding anstecke, kommt Niemand mehr zu mir, das will ich nicht. Wissen Sie, ich habe so meine feste Taxe: Die Jungens bekommen 10 Pfg., die Mädels 15 Pfg. und den ganz netten Mädchen kaufe ich so’n Anhänger ab.“
Die Kinos wiesen einen guten Besuch auf. Der Film „U-Boote heraus!“, der die neuen U-Bootkreuzer in Tätigkeit zeigte, gefiel ungemein. Auch die „Tolle Komteß“ im Operettentheater trug viel zur Mehrung der Spende bei. Adalbert Steffter sprach den Prolog Herbert Eulenbergs, den wir am Samstag als herzliche Mahnung zum Abdruck brachten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zu Gunsten der Ludendorff-Spende finden diese Woche im hiesigen Kino Vorstellungen statt. Es wird sich lohnen, die hochinteressanten Ludendorff-Filme zu sehen.
Metallsammlung. Zur Empfangnahme von Einrichtungsgegenständen ist die Metallsammelstelle Nicolaus-Beckerstraße 1, jeden Vormittag von 8.30 bis 12 Uhr geöffnet.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Godesberg“)
Dienstag, 18. Juni 1918
Personenschmuggel. Es ist eine bekannte Tatsache, dass während des Krieges sowohl deutsche und verbündete Heerespflichtige als auch Kriegs- und Zivilgefangene und andere feindliche Heeresangehörige sich heimlich auf Schleichwegen ins neutrale Ausland begeben haben. Deutsche und verbündete Staatsangehörige bezweckten, sich ihrer Wehrpflicht zu entziehen, feindliche Ausländer, aus der Gefangenschaft zu entkommen, sich ins feindliche Heer zu begeben oder sich der Arbeit in Deutschland zu entziehen. Das Gelingen der Flucht war in vielen Fällen darauf zurückzuführen, daß ihnen von anderen zum Entweichen durch Verschaffung von Zivilkleidern, durch Begleitung bis zur Grenze und durch Zeigen von Schleichwegen Beihilfe geleistet wurde. Den Grund zu dieser Beihilfe bildete meist schnöde Gewinnsucht, indem dafür Geldbeträge angenommen wurden. Ein derartiges Treiben gewissenloser Menschen kann nicht scharf genug verurteilt werden. Die Gerichte haben denn auch in zahlreichen Fällen gegen derartige Personenschmuggler wegen Landesverrat hohe Freiheitsstrafen verhängt. Und dies mit Recht, denn jeder, der einem Kriegs- oder Zivilgefangenen, einem ausländischen Arbeiter oder einem wehrpflichtigen deutschen oder verbündeten Staatsangehörigen zur Flucht über die Grenze verhilft, leistet dem Feinde Vorschub und benachteiligt die deutsche Kriegsmacht, begeht also Landesverrat.
Mitwirkung zum Schutz von Heeresgut. Im Interesse unseres Volkes, insbesondere aber unserer Feldgrauen liegt es, wenn Diebstähle und Unterschlagungen von Heeresgütern jeder Art, Beraubungen von Postsendungen nach und von der Front, Gefangenensendungen, sowie unerlaubter Handel mit militärischen Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken und Schleichhandel zur Kenntnis der Nach- und Abschubüberwachungsstelle Bonn, Vivatsgasse 6 I, schriftlich oder telephonisch unter Nummer 427 gebracht werden. Durch Unterstützung der Zivilbevölkerung gelang es, im Monat Mai eine Anzahl solcher Fälle aufzudecken. Der Heeresverwaltung sind dadurch große Werte gerettet worden. Jeder, der von strafbaren Handlungen vorerwähnter Fälle Kenntnis erhält und dies der Ueberwachungsstelle mitteilt, trägt einen großen Teil zum Durchhalten bei.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Ortsgruppen Bonn und Umgebung der Deutschen Vaterlandspartei. In dem heutigen Besprechungsabend wird der Kgl. Oberlandmesser Eichholtz den einleitenden Vortrag halten über das Thema: Der Grund und Boden als Sicherheit für die Kriegs- und Friedensschulden des Reiches. Am Freitag, 21. ds. Mts. wird ein Marokkodeutscher, Herr Werner Lieb aus Casablanca im Union-Theater einen Lichtbildervortrag halten. Redner war Plantagenbesitzer in Marokko, hat dort drei Jahre französischer Gefangenschaft durchkosten müssen, ist dann aber über die Schweiz ausgeliefert worden.
Barfußgehen. Es wird namentlich den Kindern empfohlen, zur Schonung des Schuhwerks in der wärmeren Jahreszeit barfuß zu gehen. Vorerst ist dies aber mit großen Gefahren verbunden. In den Straßen liegen wochenlang zerbrochene Flaschen und Glasscherben umher. So lange die Erwachsenen sich nicht daran gewöhnen, die Wege und Straßen von Glasscherben frei zu halten, kann man die Kinder nicht barfuß umherlaufen lassen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Am Sonntag, den 23. Juni, von 11½ bis 1 Uhr werden in den drei hiesigen Kinos Vorstellungen für Erwachsene gegeben. Es werden Kriegsfilme nach neuesten, hochinteressanten Aufnahmen an der Westfront vorgeführt. Karten hierfür sind bei den Haussammlern im Laufe der Woche zu haben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Mittwoch, 19. Juni 1918
Die Bonner Studentenschaft wird auch in diesem Jahre am Sonnenwendtage, dem übermorgigen Freitag, eine vaterländische Kundgebung an der Bismarcksäule veranstalten, und zwar, wie im vorigen Jahre, am Abend. Der Ausschuß der Vertreterversammlung und die Chargierten der studentischen Vereine unternehmen wieder eine Wagenauffahrt vom Hofgarten zur Gronau. Die Wagen versammeln sich um 8 Uhr im Hofgarten und fahren 8 ¼ Uhr durch die Auguststraße zunächst zur Lennéstraße zur Wohnung des Rektors, wo der Rektor und der bei ihm versammelte Senat abgeholt werden sollen. Alsdann wird über Weber- und Koblenzer Straße weiter zur Gronau gefahren. An der Bismarcksäule wird nach der Rede eines Studierenden ein Kranz niedergelegt werden. Eine Ansprache des Rektors, Geheimsrats Marx, wird die Feier voraussichtlich beschließen. Im geschlossenen Zuge soll zum Hofgarten zurückgefahren und dort der Zug aufgelöst werden. Zu der Feier an der Bismarcksäule ladet der Ausschuß auch die nicht korporierten Studierenden ein.
Abgabe von Waren auf Militärkleiderkarte. Wiederholt sind in letzter Zeit Fälle bekannt geworden, daß in Geschäften auf Militärkleiderkarten Waren ohne Bezugsschein ausgegeben wurden. Es ist den Gewerbetreibenden aber verboten, auf Abschnitte der Militärkleiderkarte bezugsscheinpflichtige Ware ohne Bezugsschein auszustellen. Nur Schuhwaren dürfen sie gegen Kleiderkartenabschnitte abgeben, wenn die Schuhe oder das dazu erforderliche Leder ihnen von der Heeresverwaltung gegen Kleiderkarte geliefert sind. Es wird nochmals auf strenge Einhaltung dieser Vorschriften hingewiesen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
In Groß-Bonn tritt gegenwärtig die auch hier durch unsere Lichtbühnen bekannte Filmschauspielerin Anna Müller-Linke mit großem Erfolg auf. Als „gebüldetes Berliner Dienstmädchen“ erzählt sie ihre Erlebnisse mit ihrem ausgedehnten Herrschaftskreis und tritt als Chansonette, als Straßensängerin und zwar unter teilweiser Mitwirkung des Publikums auf; mit einem Wort: eine Berliner Range. Für frohe Laune sorgt auch der Humorist und Vortragskünstler Heinz Neumann. Ein fabelhaftes Gedächtnis hat Lotte May, die sich mit Recht eine phänomenale Gedächtniskünstlerin nennt. Auf Zuruf der Jahreszahl nennt sie die weltgeschichtlichen Ereignisse, die sich in diesem Jahre abgespielt haben; auch diejenigen aus vorchristlicher Zeit. Etwa 20 Sinnsprüche, die ihr zugerufen werden, nennt sie auf Wunsch der Reihe nach, vorwärts und rückwärts, oder auch beliebig außer der Reihe. Als Rechenmeisterin leistet die Künstlerin ebenfalls ganz Ungewöhnliches. Eine prächtige Schaunummer bieten die temperamentvollen Tänze des Warschauer Balletts Glazeroff.
60 Gramm Butter werden in dieser Woche an jede berechtigte Person abgegeben.
Zwei französische Kriegsgefangene, die vor sechs Tagen aus dem Gefangenen-Lager zum Limburg an der Lahn entflohen waren und die gestützt auf dicke Eichenknüppel die Bahn entlang weiterschreiten wollten, wurden in der vergangenen Nacht hier in Bonn durch den Bahnwärter Merzbach festgenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Unermittelte Heeresangehörige. Die als Beilage zu den deutschen Verlustlisten erscheinende, von der Zentralstelle für Nachlaßsachen in Berlin herausgegebene Liste „Unermittelte Heeresangehörige, Nachlaß- und Fundsachen“ liegt auf dem Polizeiamte Rathausgasse 22 zur Einsicht aus. Angehörige von Militärpersonen, über deren Verbleib nichts ermittelt werden konnte, werden dringend ersucht, diese Liste durchzusehen, um an der Hand der darin enthaltenen Veröffentlichungen das Schicksal ihrer Angehörigen aufklären zu helfen. Die Liste kann auch durch alle Reichspostanstalten zum Preise von vierteljährlich 50 Pfg. bezogen werden. (6. Nachtrag zur Postzeitungsliste).
Ferienkinder. In den meisten Land-Ortschaften sind die Ferienkinder aus den Städten und den Industriegegenden seit längerer oder kürzerer Zeit eingetroffen und haben bei den Landleuten die gleiche liebevolle Aufnahme wie in der Vorjahren gefunden. Allenthalben wird für die Kinder recht gut gesorgt und manchmal konnte man vor dem Eintreffen der Kinder hören: Das müssen wir für unser Ferienkind verwahren. So erhalten sie dann während dieser Erholungszeit das Beste von dem, was der Landwirt zu bieten vermag und das Aussehen derselben wird Tag für Tag ein besseres. Durchweg wissen sich aber auch die Kinder den ihnen bisher fremden ländlichen Verhältnissen anzupassen und werden durch ihre kleinen Handreichungen in den Betrieben recht nützlich. Vereinzelt sind Lehrpersonen mitgekommen, die für die Kinder gesonderten Unterricht erteilen, meist allerdings besuchen sie die ländlichen Volksschulen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Verwendung der Ludendorff-Spende.
Ein ganz neuer Grundsatz ist für die Verteilung der durch die Ludendorff-Spende zusammengebrachten Gelder aufgestellt worden: Sie fließen nicht, wie das bei anderen Sammlungen üblich war, in einen Zentralfonds zusammen, um von da aus wieder über das Deutsche Reich verteilt zu werden, sondern sie bleiben von vornherein in dem Landesteil, in dem sie gesammelt worden sind. Jeder Spender hat also die Gewißheit, daß seine Gaben denjenigen Kriegsbeschädigten zugute kommen, die ihm am nächsten stehen. Nur ein Bruchteil der gesammelten Gelder, nämlich 15%, wird an die Zentralstelle abgeführt und bildet einen Ausgleichsfonds, der denjenigen Landesteilen zugute kommt, in denen infolge ärmerer oder weniger zahlreicher Bevölkerung das Ergebnis hinter anderen Landesteilen zurückbleiben muß.
Die Aufgaben, die mit den gesammelten Mitteln zu lösen sind, umfassen in Ergänzung der staatlichen Fürsorge: Fortsetzung der Heilbehandlung, Berufsausbildung, Arbeitsbeschaffung, vor allem aber in gewissen Fällen Bargeldunterstützung. Die Notwendigkeit einer solchen hat sich auf Grund der bisherigen Kriegserfahrungen bereits herausgestellt. Es gilt häufig, dem Kriegsbeschädigten mit seinen Angehörigen über die Zeit hinwegzuhelfen, in welcher er für seinen Beruf wieder tauglich gemacht werden soll; es gilt, falls er sich einem neuen Berufe zuwenden muß, ihm Arbeitsgerät und Arbeitskleidung zu verschaffen; es gilt, dem einen oder anderen das Kapital vorzustrecken, mit dessen Hilfe er sich selbständig machen kann. In zahllosen Fällen wird die Wiederaufrichtung der wirtschaftlichen Existenz eines Kriegsbeschädigten davon abhängen, ob ihm eine gewisse Geldsumme zur Verfügung gestellt werden kann.
Gerade diese segensreiche und notwendige Art der Unterstützung indessen erfordert naturgemäß außerordentlich große Mittel. Umso mehr darf darauf gerechnet werden, daß bei der Bemessung des Beitrages jeder einzelne an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit herangeht.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 20. Juni 1918
Keine Bezugsscheine für Bettwäsche. Die Reichsbekleidungsstelle gibt bekannt, daß künftig Bezugsscheine für Bettwäsche nur für Kranke, Wöchnerinnen und Säuglinge gegen Bescheinigung des Arztes beziehungsweise der Hebamme erteilt werden. Sonstige Antragsteller sind auf bezugsscheinfreie Papiergarnerzeugnisse zu verweisen.
Zum Verkauf von Schuhwerk. Seitens der Reichsschuhstelle ist eine wichtige Anordnung ergangen, auf die auch an dieser Stelle besonders hingewiesen sei. Vor Ueberlassung bedarfsscheinpflichtigen Schuhwerks hat von jetzt ab der Schuhwarenhändler von dem Empfänger die Vorlage eines Ausweises über seine Person zu verlangen und zu prüfen, ob der Ausweisinhaber mit dem auf Grund des Schuhbedarfsscheines zum Bezuge Berechtigten übereinstimmt. Die Anordnung stellt also eine erhebliche Verschärfung gegenüber dem bisherigen Zustande insofern dar, als bisher die Verabfolgung von Schuhwaren an den Bezugsschein-Inhaber ohne weiteres erfolgte. Als Ausweise über die Person, die künftig stets vorzulegen sind, dienen Personenstandsurkunden wie Geburtsschein usw., Militärpässe, Reiseausweise und Heimatscheine. Wer nicht für den eigenen Bedarf Schuhwaren in Empfang nimmt, hat einen schriftlichen Auftrag des aufgrund des Schuhbedarfsscheines zum Bezug Berechtigten und einen Ausweis über dessen Person vorzulegen. [...]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Das Bonner außerordentliche Kriegsgericht verhandelte am Mittwoch nachmittag in Blankenberg an der Sieg gegen den 43 Jahre alten Elektromonteur Bayer aus Haiger bei Dillenburg wegen der Anklage des Mordes. Der Angeklagte hat ein sehr bewegtes Leben hinter sich und ist bereits sehr oft vorbestraft. Von den 43 Jahren seines Lebens hat er etwa 23 Jahre im Gefängnis und im Zuchthaus gesessen. Der Anklage liegt folgende Begebenheit zugrunde: Der Angeklagte für End Mai mit einem Bekannten von Köln nach der Sieg mit der ausgesprochenen Absicht, dort ein Stück Großvieh von einer Weide in Stein zu entwenden. Der Bekannte war mit den dortigen Verhältnissen vertraut. Sie stiegen an verschiedenen Stationen aus und trafen sich abends in Merten. Von dort zogen sie mit einer Schiebkarre nach der Wiese der Mühle in Stein. Dort suchten sie sich ein junges Stierchen aus und hatten es auch schon angeseilt, als das übrige Vieh auf der Weide unruhig und der Besitzer der Mühle, Pütz, auf den Vorgang aufmerksam wurde. Da in letzter Zeit in der dortigen Gegend wiederholt Vieh gestohlen worden war, vermutete Pütz sofort, daß sich Diebe auf der Weide befänden. Er nahm seinen Bruder Albert Pütz mit und beging mit ihm das Grundstück. Als die Diebe Gefahr bemerkten, suchten sie das Grundstück zu verlassen. Dem einen gelang dies leicht. Dem Angeklagten dagegen bot die Umzäunung ein Hindernis. Er hörte die Verfolger hinter sich, nahm eine Pistole aus der Tasche und gab damit auf seine Verfolger drei Schüsse ab. Der dritte Schuß traf den Bruder des Besitzers, Albert Pütz, der sofort getötet wurde. Der Angeklagte ist geständig. Ein Zeuge bekundete, der Angeklagte habe sich unter einen Baum gestellt, auf den Albert Pütz gezielt und geschossen.
Das Gericht hielt des Angeklagten für schuldig und verurteilte ihn zum Tode.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Ueber Brennesselverwertung wird Professor Dr. Küster nächsten Montag in der Lese einen Lichtbildervortrag halten. Bei der großen Wichtigkeit, die die Nessel als Faserpflanze für unsere Bekleidung hat, sei auf diesen beachtenswerten Vortrag ganz besonders aufmerksam gemacht. Die Anregung zu der Veranstaltung hat der hiesige örtliche Kriegsausschuß für Sammel- und Helferdienst (Vorsitzender Dr. Krantz) gegeben.
Konzerte. Im Gangolfhaus finden heute, Samstag und Sonntag Konzerte statt.
Die Lichtspiele im Stern haben sich entschlossen, die Spielzeit des „Henny-Porten“-Films „Agnes Arnau und ihre drei Freier“, Lustspiel in 4 Akten, wegen des durchschlagenden Erfolges zu verlängern. Die Spielfolge weist ferner das Schauspiel „Die goldene Brücke“ mit Magda Madeleine, sowie das Lustspiel „Luchens Ehefreuden“ auf.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Freitag, 21. Juni 1918
Türklinken und Fenstergriffe. Eine Bekanntmachung im Anzeigenteil dieser Zeitung gibt Auskunft über den Ausbau der beschlagnahmten Türklinken und Fenstergriffe und den Einbau der notwendigen Ersatzstücke sowie über die gegebenenfalls zu beantragende kostenlose Ausbauhilfe.
Zur Abgabe von Männeranzügen. Täglich werden beim städtischen Bekleidungsamte Anzüge abgeliefert, die wegen ihres schlechten Zustandes zurückgewiesen werden müssen, weil sie nicht mehr verwertbar sind. Es sei deshalb nochmals darauf hingewiesen, daß die abgelieferten Anzüge gebrauchsfähig sein müssen. Und zwar soll, da es sich um Anzüge für die Arbeiterschaft handelt, nur solche Kleidung beschafft werden, die starke Inanspruchnahme aushält. Auch sollen die Kleidungsstücke ihrer Art nach tunlichst ihrer Zweckbestimmung entsprechen. Ausgeschlossen sind deshalb: Fracks, Smokings, ferner Leinen-, Lüster- und leichte Flanellsachen sowie Uniformen. Es seien diese Bestimmungen nochmals in Erinnerung gebracht, und die Bürgerschaft in ihrem eigenen Interesse gebeten, sie zu beachten. Der zehnprozentige Preiszuschlag wird nur noch bis zum 24. Juni bezahlt.
Der Eifelverein unternimmt nächsten Sonntag eine Wanderung durch den Kottenforst und das Vorgebirge nach Alfter.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Eine öffentliche Versammlung veranstaltet die Ortsgruppe Bonn des Reichsbundes der Kriegsbeschädigten und Kriegsteilnehmer am kommenden Sonntag im Volkshaus in der Sandkaule. Das Thema des Redners, Woldt – Elberfeld, lautet: „Am Tage der Heimkehr und der Kriegsbeschädigte im Wirtschaftsleben.“
Die Höchstpreise für Quark und Quarkkäse sind um 40 Prozent erhöht worden. Hoffentlich wird durch diese Preiserhöhung erreicht, daß nunmehr Käse auch wirklich zu haben ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Aenderungen auf dem Bezugsschein gelten als Urkundenfälschung. Wie verschiedene Gerichtsverhandlungen in letzter Zeit bewiesen haben, herrscht in vielen Kreisen noch immer Unklarheit über das Wesen des Bezugsscheines. Man weiß vielfach immer noch nicht, daß der Bezugsschein eine Urkunde darstellt, und dementsprechend jede Aenderung, die auf demselben vorgenommen wird, als Urkundenfälschung bestraft wird. Immer wieder kommt es vor, daß Leute auf bereits abgestempelten Bezugsscheinen selbständige Eintragungen, Aenderungen oder Zusätze vornehmen, z. B. auf einen Bezugsschein, der über eine Hose ausgestellt ist, das Wort Hose ausradieren und dafür einen anderen Gegenstand einsetzen. Viele tun dies aus reiner Bequemlichkeit, nur weil sie den nochmaligen Gang zur Bezugsscheinstelle scheuen. Jeder, der jedoch eine Aenderung auf seinem Bezugsschein vornimmt, kann sicher sein, sich wegen seiner gesetzwidrigen Handlungsweise vor Gericht verantworten zu müssen. Denn die Scheine werden später von den Geschäften den Bezugsscheinstellen zurückgereicht und dort nachgeprüft, sodaß jede Aenderung entdeckt wird und zur Anzeige gelangt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 22. Juni 1918
Die Straßensammlungen für die Ludendorff-Spende am letzten Samstag und Sonntag haben in Bonn den Gesamtertrag von 15.000 Mark ergeben.
Deutsche Vaterlandspartei. In der Ortsgruppe Bonn und Umgebung der Deutschen Vaterlandspartei wird Generaldirektor Dr. Otto Weinlig (Dillingen) einen Lichtbildervortrag über die für unsere Zukunft so überaus wichtige Frage der künftigen Erzversorgung Deutschlands halten. Der Vortrag, der sowohl um der maßgeblichen Stellung des Redners, wie um der Sache willen das größte Interesse beansprucht, findet am Dienstag, 25. Juni, abends 8½ Uhr, im großen Hörsaal der Universität statt. Auch Freunde der Vaterlandspartei sind als Gäste willkommen.
Im Rheinhotel Dreesen in Godesberg ist heute nachmittag ein Wohltätigkeitskonzert zum Besten der Ludendorff-Spende, ausgeführt von der Regiments-Kapelle des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 28.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Bonner Wochenmarkt stand gestern im Zeichen des Gemüses und des Kopfsalats. Hauptsächlich war Wirsing, Schneidgemüse, Knollengemüse und Kohlrabien sowie Kleinzeug vorhanden. Hiesiger und Mainzer Spargel sowie Obst und grüne Erbsen waren auf dem ganzen Markt wieder nicht zu finden. Neue Möhrchen kommen ebenfalls nur verschwindend wenig auf den Markt. Neue junge Zwiebeln mit Laub waren schon ziemlich reichlich zu haben, aber zu außergewöhnlich hohem Preise. Für ein kleines Gebündchen mit etwa zehn ganz kleinen Zwiebeln wurden 25 Pfennig verlangt und bezahlt. Kopfsalat wurde durchweg zu 25 Pfennig das Stück verkauft. Blumen waren auch reichlich und in großer Auswahl, aber zu hohen Preisen zu haben, fanden deshalb auch nicht den gewünschten flotten Absatz. Im übrigen war der Verkauf recht flott. Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hatte fast keine Zufuhren. Nur etwas Gemüse und Kopfsalat. Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte außer etwa 12 Zentner Ingelheimer Spargel hauptsächlich nur Schneidgemüse, Knollengemüse und Wirsing abzugeben. In Spargel war der Verkauf recht flott, in Gemüse dagegen schleppend, sodaß hierin nach Schluß des Marktes größere Ueberstände zu verzeichnen waren.
Ein Deserteur, der sich seit längerer Zeit von seinem Truppenteil entfernt hatte, wurde gestern abend auf dem Kaiserplatz von einem Polizisten festgenommen. Auf dem Weg zum Untersuchungsgefängnis riß sich der Deserteur los und warf dem Beamten ein Stück Eisen vor die Füße, worauf dieser zu Fall kam. Als der Beamte dem Ausreißer nachlief, zog dieser einen Dolch aus der Tasche und drang auf seinen Verfolger ein. Der Polizeibeamte macht nunmehr von seiner Schußwaffe Gebrauch und traf den Deserteur in die Brust. Nach Anlegen eines Notverbandes wurde der Verletzte zur Klinik gebracht. Bereits am Vormittag sollte der Deserteur, der von hier stammt, auf der Coblenzer Straße von einem Polizisten festgenommen werden. Auch bei dieser Gelegenheit hatte er mit dem Dolch gedroht und war dann entkommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Rezeptzwang für baumwollene Verbandswatte. Durch Bekanntmachung der Reichsbekleidungsstelle vom 20. Mai § 3 im Reichsanz. 133, ist mit Wirkung vom 9. Juni auch für baumwollene Verbandswatte der Rezeptzwang eingeführt worden. Die Verkäufer werden deshalb gewarnt, baumwollene Verbandswatte ohne ärztliche Verordnung abzugeben, da sie sich sonst strafbar machen.
Festgenommen wurde eine Zigeunerin, die im Hausierhandel Spitzen verkaufte und bei der Gelegenheit einer „Kriegerfrau“ weissagte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Sonntag, 23. Juni 1918
Zugunsten der Ludendorff-Spende wird Herr Direktor Steffter auf Veranlassung des Sammelausschusses am kommenden Sonntag, 30. Juni, morgens 11½ bis 1 Uhr im neuen Operetten-Theater eine Morgenaufführung veranstalten. In bunter Folge werden die besten Kräfte des Theaters gesangliche und deklamatorische Darbietungen der fröhlichen Muse vortragen. Der ganze Ertrag dieses „Bunten Vormittags“, der für Bonn eine Neuheit darstellt und vielen eine angenehme Abwechslung sein wird, ist für die Kriegsbeschädigten bestimmt. Ein ausführliches Programm wird noch veröffentlicht werden.
Die Ortskohlenstelle teilt mit: Der Bürgerschaft wird wiederholt dringend empfohlen, sich einen Holzvorrat für den Winter zu beschaffen. Auskunft erteilt die Ortskohlenstelle, die auch Bestellungen entgegennimmt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Eine eigenartige Verlustliste gibt neuerdings unsere Heeresverwaltung heraus. Von unbekannt verstorbenen Heeresangehörigen werden alle die Zeichen gesammelt, die man in ihren Uhren vorfindet. Hiernach werden Listen zusammengestellt und die Uhrmacher sehen nach, ob ein bei ihnen übliches Zeichen oder die von ihnen verwandten Nummern sich darunter befinden.
Groß-Bonn. Der Direktion dieser Bühne ist in der Verpflichtung der Operetten-Soubrette Müller-Linke ein besonderer Wurf gelungen. Dieser urwüchsige weibliche Komiker ist in seiner Art einzig. Wohl selten hat man an der Bonner Operetten- und Spezialitätenbühne einen weiblichen Humoristen dieser Eigenheit genießen können. Das echt Berliner Gewächs übt begreiflicherweise eine ganz besondere Anziehungskraft aus.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Ludendorff-Spende Bonn-Stadt. Zum Besten der „Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte“ finden in den drei hiesigen Lichtspielhäusern am Sonntag, den 23. Juni, mittags ½12-1 Uhr Festvorstellungen statt. Zur Aufführung gelangen: In den Bonner Lichtspielen und Metropol-Theater: Bilder aus der Schlacht am Damenwege, Das zerstörte St. Quentin, Englische Tanks vor Cambrai, Die Erstürmung einer Höhe, Grüblers Fahrt ins Mohrenland (Lustspiel). Im Union-Theater: Rasputin.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Montag, 24. Juni 1918
Für die Ludendorff-Spende sind in Bonn bisher 207.670 Mark eingegangen. Das Ergebnis der Straßensammlungen, das, wie berichtet, über 15.500 Mark beträgt, ist in dieser Summe noch nicht enthalten.
Gestellung von Kriegsgefangenen. Nachdem die Kommandantur der Kriegsgefangenen-Mannschaftslager des 8. Armeekorps nunmehr zur Inspektion der Kriegsgefangenenlager des 8. Armeekorps ernannt worden ist, geht die Gestellung der Kriegsgefangenen für Industrie und Landwirtschaft lediglich durch diese Stelle. Alle diesbezüglichen Anträge sind künftig an die Inspektion und nicht an das Generalkommando zu richten. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß die Umgehung dieses vorgeschriebenen Weges nur zur Verzögerung der Gestellung führt.
Gestorben ist im Garnisonslazarett der fahnenflüchtige Soldat, der, wie berichtet, in der Nacht zum Samstag den Polizeisergeanten K. mit einem Dolch bedrohte und von diesem in die Brust geschossen wurde.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zur Abgabe von Männeranzügen. Am heutigen Montag ist der letzte Tag, an welchem der 10prozentige Zuschlag für den Anzug vergütet wird. Für die später abgegebenen Anzüge wird der Zuschlag nicht mehr gewährt. Jeder, der noch nicht abgegeben hat, benutze die kurze noch verbleibende Frist und geben schleunigst einen Anzug ab. Wer nicht freiwillig abgibt, setzt sich demnächst bevorstehenden Zwangsmaßregeln aus. Die Sammelstelle befindet sich Martinstraße Nr. 18 und ist täglich, außer Sonntags, geöffnet von 9-12 und 3-6 Uhr.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Reichsbund deutscher Kriegsbeschädigten, Ortsgruppe Bonn, hielt gestern vormittag im Volkshause seine erste öffentliche Versammlung ab, die recht gut besucht war. Der Vorsitzende der Bonner Ortsgruppe begrüßte die Teilnehmer recht herzlich und teilte mit, daß die im November 1917 mit 19 Mitgliedern gegründete Ortsgruppe jetzt 320 Mitglieder zähle. Dann sprach Herr R. Woldt aus Elberfeld über die Unterbringung der Kriegsbeschädigten im Wirtschaftsleben. Er gab einen kurzen Ueberblick über die Entwicklung unseres Wirtschaftslebens vor dem Kriege, den Umbau im Kriege und die Art des Umbaus nach dem Kriege. Die Eingliederung des Kriegsbeschädigten, der die Konkurrenz des gesunden Arbeiters zu befürchten hat, in dieses neue Wirtschaftsleben darf nicht der Willkür überlassen bleiben, auch nicht dem Unternehmertum allein; sie soll sich unter gesetzlichem Zwange und unter Mitwirkung der Vertreter der Kriegsbeschädigtenorganisationen vollziehen. An den Vortrag schloß sich eine rege Aussprache an.
Landung feindlicher Flugzeuge. Es sind diesseits des Kampfgebietes wiederholt feindliche Flugzeuge gelandet, teils aus Not, teils aus Unkenntnis über die Gegend, in der sie sich befanden. Die Besatzungen der Flugzeuge machen meistens den Versuch, das Flugzeug zu zerstören und persönlich zu entfliehen. Das Mißlingen ihrer Absicht ist häufig nur dem sofortigen entschlossenen Eingreifen einzelner Militär- oder Zivilpersonen zu verdanken. Die Bevölkerung wird darauf hingewiesen, daß es äußerst wichtig ist, der feindlichen Flieger sofort habhaft zu werden und das Flugzeug ganz oder wenigstens teilweise unzerstört zu bergen. Zivilpersonen, die sich bei der Festnahme oder bei der Bergung der Flugzeuge besonders verdient gemacht haben, können neben öffentlicher Belobigung Belohnungen in Geld zugebilligt erhalten. Etwaige Anträge sind der Polizeibehörde einzureichen, die sie nach Prüfung und Bestätigung der Angaben an das stellvertr. Generalkommando zur Festsetzung der Höhe der Belohnung weiterreicht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Dienstag, 25. Juni 1918
Neues Operettentheater. Grigri, die Tochter des Negerkönigs. Musik von Paul Lincke. Spielleitung: Direktor Adalbert Steffter. Schon der Titel, der zu unliebsam an Film-Schauerdramen denken läßt, versprach dem Kundigen nicht viel. Und nicht einmal das wenige hielt die Gesangsposse. Bei näherer Betrachtung bleibt von dem Machwerkchen nichts übrig, wovon mit Fug und Recht gesprochen werden könnte: Schade um die schöne Zeit, die Spielleitung, Darsteller und Orchester dafür aufwenden müssen! Das Publikum lacht natürlich über den schwarzen Spaß, ohne darüber nachzudenken, wie traurig es ist, daß in unseren Tagen so etwas aufgeführt und beklatscht wird. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ueber Gewinnung und Verwertung der Brennessel sprach gestern abend im Vortragssaale der Fortbildungsschule Universitätsprofessor Dr. Küster. Die Brennessel ist nach dem Redner eine der wichtigsten, erfolgsversprechendsten Faserstoffpflanzen, die uns die bisher aus dem Auslande bezogene Baumwolle bis zu einem gewissen Grade zu ersetzen vermag. […] An der Besprechung, die Stadtv. Dr. Krantz einleitete, beteiligten sich Rektor Emons und Prof. Füchtjohann. Ersterer schilderte seine Nessel-Sammeltätigkeit mit der Bonner Schuljugend und erzählte Interessantes aus der Naturgeschichte der Nessel: Letzterer stellte einige kurze Leitsätze für Sammlung und Gewinnung der Nessel auf. Prof. Dr. Küster konnte zum Schluß noch einige Produkte der Nesselfasern vorzeigen. Der Saal war überfüllt von Besuchern.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Höchstpreis. Was will dieses Wort sagen? Es weist Dich auf die von behördlicher Seite erlassene Verfügung hin, nach welcher jeder Erzeuger, Händler und Verbraucher sich richten soll. Wer stört sich daran, keiner! Obwohl unsere Hausfrauen morgens in den Geschäften dieses Treiben ansehn und sich ärgern, wenn sie einen Haufen Geld für ein bißchen Gemüse bezahlen, hat bis jetzt keine den Mut, dies der Oeffentlichkeit zu übergeben. Erbsen und Bohnen liegen auf versteckt unter Körben in Nebenzimmern und wer weiß wo und wird nur an solche abgegeben, die höhere Preise zahlen und auf die man sich besonders denkt verlassen zu können. Unsere Hausfrauen wissen, daß es so gemacht wird. Jede hütet sich, etwas zu sagen, um nicht bei der Inhaberin in Ungnade zu fallen, aus Furcht, in Zukunft überhaupt nichts zu bekommen. Das Neueste, was man zuweilen hört, ist, die Erbsen, Bohnen oder Johannistrauben sind nur „für meine Kundschaft“. Woran liegt das Ganze hauptsächlich? Die Geschäftsleute holen jetzt viel ihre Waren auf den benachbarten Ortschaften ab. Einer überbietet den andern in dem Gedanken, du bekommst es ja zurück. Wem’s zu teuer ist, der läßt seine Finger davon. Der Erzeuger verkriegt sich hinter die bekannte Redensart: Es wird mir ja geboten, dann müßte ich schön dumm sein, wenn ich es nicht nähme. Zudem kommt noch, daß Händler von auswärts sich dort einfinden, die keinen Preis scheuen, um Ware zu erhalten. […]
Man denke nur an das Obst. Erdbeeren sind fast zu Ende, ebenso die grünen Stachelbeeren. Wer hat von den Frühkirschen schon etwas gesehen? Frei zum Verkauf gelangt nichts, dagegen sieht man nachmittags Bauersleute mit sorgfältig verbundenen Körben in Gemüsegeschäfte wandern. Was sie bringen, bleibt ebensogut Geheimnis wie das, was meist auswärtige Händler, die vorwiegend Hotels versorgen, aus den Geschäften hinaustragen. […] Dem Ganzen kann wirksam entgegengetreten werden. Zwar nicht mit vielen Hin- und Herreden, wie es bis jetzt geschieht. Man setze nur den Hebel am richtigen Ende an, dann wird’s schon gehen.
Eine Hausfrau, die sich nicht scheut.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Schwindler. Ein Deserteur, der sich hier in Bonn und in anderen Städten der Zechprellerei und Betrügerei schuldig gemacht hat, wurde am Samstag abend aus froher Gesellschaft verhaftet. Er hatte vor 14 Tagen die Bekanntschaft einer Bonnerin, im Alter von 18 Jahren gemacht und sich in dieser kurzen Zeit deren Liebe und Zuneigung der Eltern so sehr erworben, daß die Verlobung am Samstag von statten ging. In einer ersten Weinwirtschaft sollte ein solennes Festmahl gehalten werden, das aber durch die Polizei gestört wurde. Der Deserteur wird außerdem wegen Raubes und mehrerer Einbruchsdiebstähle gesucht.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Mittwoch, 26. Juni 1918
Vom Schicksal hart getroffen. Eine in der Nähe von Bonn wohnende Familie hatte vier Söhne im Heere, von denen die drei ältesten bereits den Tod fürs Vaterland fanden. Als die Eltern vor wenigen Tagen von einem gemeinsamen Ausgange heimkehrten, fanden sie jüngstes Kind, einen Knaben von sechs Jahren, tot vor. Er hatte mit Weihnachtskerzen gespielt und war jämmerlich verbrannt. Kaum waren die Eltern von seinem Begräbnisse zurückgekehrt, da wurde ihnen die Trauernachricht überbracht, daß auch der vierte Sohn an der Westfront gefallen ist.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Der Markt als Handelsmarkt. In der gestrigen Nummer des Generalanzeigers schildert „eine Hausfrau, die sich nicht scheut“, sehr treffend unsere Marktverhältnisse.
Ich füge der Klage dieser Frau hinzu, daß leider der Markt den hiesigen Händlern nicht nur als Verkaufsstelle dient, sondern sie dort auch die ankommenden Waren aufkaufen, um sie an Ort und Stelle zum Verkauf auszustellen. Wenn diese Geschäftsleute keinen anderen Zweck auf dem Markt verfolgen, ist es jedenfalls besser, wenn sie nicht da sind. Von der Behörde darf man aber wohl erwarten, daß der Einkauf zu Handelszwecken auf dem Markt nicht geduldet wird. Dies nicht genug, benutzen auch auswärtige Händler unseren Markt zum Einkauf. Täglich kann man beobachten, wie von diesen Leuten der Markt leergekauft wird. Es erscheint jeden Tag ein Gepäckträger mit einer großen Karre und holt die aufgekaufte Ware ab. […] W.E.
(Wir möchten unsere Stadtverordneten im Interesse der Bürgerschaft bitten, die Wochenmarktsfrage doch einmal gründlich zu durchleuchten. Die Klagen über die Verhältnisse auf dem Markt mehren sich derart, daß uns eine Untersuchung durch die gewählte Interessenvertretung der Bürgerschaft als ersprießlich erscheint. Die Schriftl.)
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
[…]
Die Brotration ist vom 1. Juli ab für den ganzen Regierungsbezirk Köln auf 3½ Pfund wöchentlich festgesetzt worden. Die Stadt Bonn ist jedoch in der Lage, aus ihren Ersparnissen ein weiteres Viertelpfund auf den Kopf und die Woche auszugeben, sodaß hier in Bonn vom 1. Juli ab die Brotration tatsächlich 3¾ Pfund wöchentlich beträgt. Gerade in der jetzigen Zeit, wo die Ernährungsverhältnisse besonders schwierig sind, ist die Herabsetzung der Brotration bitter, aber vom haushälterischen Gesichtspunkte aus unbedingt notwendig, um bis zum Einbringen der neuen Ernte durchzuhalten. […]
Die Kartoffeln stehen im Durchschnitt gut und das ist schon wesentlich. Die Frühkartoffelernte verzögert sich hier etwas durch die Witterungsverhältnisse. An sich ist dies kein Nachteil, denn die Regenfälle haben eine erhebliche Gewichtszunahme der Kartoffel mit sich gebracht. Mit den alten Kartoffeln ist sehr sparsam umzugehen, denn jetzt beginnt die Zeit, wo die Kartoffelversorgung bis zum Erscheinen der Herbstkartoffeln, etwa um Mitte September herum, sehr unzuverlässig wird. Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß sämtliche Frühkartoffeln, mit Ausnahme der in den Hausgärten gezogenen, in öffentlicher Bewirtschaftung stehen und nur an den Kommunalverband oder an die von diesem bestimmten Aufkäufer […] verkauft werden dürfen. Hohe Strafen bestehen gegen Zuwiderhandlungen. […]
Die Fischbelieferung ist auch noch immer schlecht, da infolge des holländischen Ausfuhrverbots die Zufuhr von Flußfischen bereits seit mehreren Monaten ins Stocken geraten ist.
Nun muß auch wieder eine weitere Herabsetzung der Fettration eintreten; von dieser Woche ab werden nicht mehr 62½, sondern nur 50 Gramm wöchentlich verteilt. Allmählich bleibt also von Fett nicht mehr viel übrig. Dazu kommt noch, daß durch die erhebliche Verminderung der Schweine, dieser ausgezeichneten Fettträger, auch noch ein Mangel an Speck bemerkbar wird. Ein Glück ist es, daß Erwägungen bestehen, um eine weitere Verminderung des Milchviehbestandes zu verhindern; denn wenn es mit dem Abschlachten der Milchkühe so wie bisher weiter geht, wird im Winter noch weniger Fett und vor allen Dingen erheblich weniger Milch vorhanden sein. Aus diesem Grunde werden voraussichtlich nach Einbringung der neuen Ernte, wenn die Ernährungsschwierigkeiten auf dme Gebiete der Brot- und Kartoffelversorgung nicht mehr so groß sind, einige fleischfreie Wochen eingeführt werden, um die Milchviehbestände zu schonen. […]
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Donnerstag, 27. Juni 1918
Der Verein zur Bekämpfung der Tuberkulose hielt gestern nachmittag seine Hauptversammlung ab. Der Vorsitzende, Geheimrat Professor Krause, der seit Kriegsbeginn im Heeresdienste steht und zurzeit einen kurzen Urlaub in Bonn verlebt, gedachte mit herzlichen Worten des verstorbenen stellvertretenden Vorsitzenden Geheimrats Doutrelepont. […] Auch bei uns habe die Tuberkulose während des Krieges zweifellos zugenommen, ihre Bekämpfung sei durch den Krieg um viele Jahre zurückgeworfen worden. Geheimrat Krause empfahl, die Fürsorge des Vereins ganz besonders auch den wegen Tuberkulose aus dem Heeresdienst entlassenen Krieger und ihren Familien zuzuwenden und in der Tageserholungsstätte in Grau-Rheindorf ein Licht- und Luftbad einzurichten, weil mit der Licht- und Luftbehandlung ganz vorzügliche Heilerfolge zu erzielen seien. Der Schriftführer, Beigeordneter Dr. von Gartzen, bestätigte, daß die Tuberkulosesterblichkeit auch in Bonn zugenommen habe, vorwiegend unter den Kindern sowie den Frauen im Alter von 25 bis 30 Jahren. Die städtische Verwaltung habe in ihrem Pflegehause eine Infektionsabteilung und eine innere Station zur Unterbringung Tuberkulöser eingerichtet und zur Fürsorge für die Hauskranken noch mehrere Rote Kreuz-Schwestern angestellt. Auch aus Mitteln der Kriegswohlfahrtspflege sowie aus städtischen Mitteln würden die Kranken vorzugsweise mit Stärkungsmitteln, vor allem Milch, unterstützt. Die Tageserholungsstätte in Grau-Rheindorf werde am 1. Juli mit 32 Kranken wieder eröffnet, die Kranken würden ohne Anrechnung auf ihre Lebensmittelkarten den ganzen Tag gut und reichlich verpflegt werden. […] Geheimrat Krause regte an, die Fürsorgetätigkeit des Vereins auch auf den Mittelstand, der jetzt in weiten Kreisen große Not leide, auszudehnen. Die Versammlung war damit einverstanden. […]
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Ueber die Erzversorgung Deutschlands sprach gestern abend im großen Hörsaale der Universität der Generaldirektor der Dillinger Werke in Lothringen, Herr Otto Weinling. […] Die Erfolge unserer Waffen hätten uns nun die reichen Erzgebiete von französisch Lothringen in die Hand gegeben und da lenkten sich die Blicke weitschauender Industrieller auf die Erzvorkommen von Briey und Longwy. Hier berge die Erde, was der deutschen Eisenindustrie nottue, vorzügliche Erze in unerschöpflicher Menge. Diese müßten Deutschland erschlossen werden und zwar durch Eingliederung von französisch Lothringen im kommenden Frieden an Deutschland. Nur so lasse sich die Weiterentwicklung unserer deutschen Eisen- und Stahlerzeugung für die Zukunft sichern. Da hiervon das Wohl und Wehe des Vaterlandes abhänge, dürfe es in dieser Frage keine Bedenken geben. Auf papierne Verträge sei kein Verlaß; nur der sichere Besitz der Eisenerzgebiete sie unsere Rettung. Redner, der im Auftrage der örtlichen Leitung der Deutschen Vaterlandspartei sprach, belegt seinen interessanten Vortrag durch zahlreiche Lichtbilder mit genauen statistischen Angaben.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Höchstpreis. An die Hausfrau, die sich nicht scheut! Es zeugt von Unkenntnis der Verhältnisse, wenn die Hausfrau für die Höchstpreis-Ueberschreitungen die hiesigen Händler verantwortlich machen will. Der Händler ist genötigt, wenn er sein Geschäft und seiner Familie Existenz nicht vernichten will, über Höchstpreis einzukaufen und zu verkaufen. Nicht der hiesige Händler treibt die Preise, sondern die Privat-Aufkäufer. Die Hausfrau gehe doch mal mit offenen Augen über Land, die Herrschaften mit ihren Dienstboten überlaufen die Dörfer, bieten und bezahlen auch dem Erzeuger Phantasiepreise, bringen Zucker, Tabak, Petroleum und sonstige Sachen mit. Auswärtige Händler kaufen auch zu sehr hohen Preisen ein, sodaß der Bonner Händler, wenn er etwas haben will, gezwungen ist, auch höhere Preise zu zahlen. Würde der Bonner dieses nicht tun, so würde nach Bonn überhaupt nichts kommen, sondern alles nach Auswärts abgeführt werden. Die Höchstpreise sind da und durchschnittlich reichlich hoch; das Obst aber fehlt. Die Obsternte ist durchweg schlecht, besonders aber in Kirschen, und ist dafür der Erzeugerpreis, wie man selbst von Nichtzüchtern, aber Fachleuten hört, zu niedrig und deckt kaum die Kosten des Pflückens. Es war früher, vor dem Kriege, üblich, daß die Preise durch Angebot und Nachfrage reguliert wurden. Wären keine Höchstpreise, so käme mehr Ware zu billigerem Preis, da dann die Konkurrenz eintritt und jeder Händler billig einkaufen will, um wieder billig zu verkaufen. Zum Schluß will ich noch bemerken, daß, wenn der Händler seine Waren vom Erzeuger zum Höchstpreise erhält, er auch zum Höchstpreise verkaufen kann und sich gut dabei steht. Haben doch die hiesigen Händler vor einiger Zeit selbst den Antrag gestellt, die Stadt möge alles erfassen und an die Kleinhändler zum Großhandelspreise zum weiteren Verkauf an die Verbraucher abgeben.
Also liebe Hausfrau, nicht den Händlern, sondern den Erzeugern am Kittel kommen. Mehrere Händler.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Sammler-Versicherung. Fast an allen Schulen wird jetzt Laubheu für das Heer gesammelt. Als die Schulkinder aus einem benachbarten Orte auch zu diesem Zwecke in den Kottenforst gezogen waren, hatten zwei Knapben, ehe es der die Aufsicht führende Lehrer hindern konnte, in fröhlichem Uebermute schnell einen Baum erklettert; aber bald fielen beide herunter, und einer brach bei dem Falle das Schlüsselbein. In Godesberg erhielt der Verletzte einen Notverband, und dann fand er gleich Aufnahme in einem Bonner Krankenhause, weil er als versichert galt. Es ist also gewiß gut, daß die Königl. Regierung für solche Fälle die Einrichtung getroffen hat, daß bei allen Kriegs-Sammlungen Kinder und aufsichtsführende Beamte gegen Unfall versichert sind.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 28. Juni 1918
Der „Bunte Morgen“, der auf Veranlassung des Sammel-Ausschusses für die Ludendorff-Spende vom Neuen Operettentheater am Sonntag, 11½ Uhr, vormittags, veranstaltet wird, scheint mit seinem ausgezeichneten Programm eine außergewöhnliche Anziehungskraft zu haben. Die Nachfrage nach Karten ist so groß, daß mit einem vollen Haus zu rechnen ist. Der Kartenverkauf an der Theaterkasse des Neuen Operetten-Theaters beginnt heute morgen.
Zur Abgabe von Männeranzügen. Der Versuch, die von der Stadt Bonn aufzubringende Zahl von Männeranzügen im Wege freiwilliger Abgabe zu beschaffen, hat nicht das gewünschte Ergebnis gehabt. Kaum die Hälfte dieser Zahl ist bisher abgeliefert worden. Weite Kreise unserer Bürgerschaft, die zur Abgabe wohl imstande gewesen wären, haben sich nicht beteiligt. Um die noch fehlenden Anzüge zu beschaffen, sieht sich die Stadtverwaltung genötigt, nunmehr zu andern Maßnahmen überzugehen. Es werden in den nächsten Tagen besondere Aufforderungen ergehen, entweder einen Männeranzug abzugeben oder ein Bestandsverzeichnis des vorhandenen Kleidervorrats an das städtische Bekleidungsamt einzusenden. Schon jetzt wird den dazu Aufgeforderten dringend geraten, den Bestand des Kleidervorrats vollständig und richtig anzugeben. Zuwiderhandlungen sind mit schwerer Strafe bedroht. Auch ist die Stadtverwaltung berechtigt, die Richtigkeit der gemachten Angaben durch Beamte nachprüfen zu lassen. Diese nun einsetzenden Maßnahmen werden für die davon Betroffenen Unzuträglichkeiten mannigfacher Art im Gefolge haben. Wer sich jetzt dem noch entziehen will, bringe schleunigst einen Anzug zur Sammelstelle Martinstraße Nr. 18, geöffnet von 9 bis 12 und von 3 bis 6 Uhr. Wer einen Anzug abgegeben hat, wird von diesen Maßregeln nicht betroffen.
Die Wohnungsnot. Um dem in Bonn in gleicher Weise wie in anderen Städten nach dem Kriege zu erwartenden großen Mangel an Kleinwohnungen möglich begegnen zu können, beabsichtigt die Stadt Bonn, u. a. eine Siedlungsgesellschaft m. b. H. ins Leben zu rufen, deren Zweck die Schaffung gesunder und billiger Wohnungen für minderbemittelte, insbesondere kinderreiche Familien sein soll. Eine vorbereitende Besprechung findet nächsten Montag im Rathause statt.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Mädchen in der Etappe. Der Gedanke Ludendorffs, alle k. v. Leute in der Etappe durch Mädchen zu ersetzen, führt zu der Aufforderung, daß sich möglichst viele junge Mädchen von 20 Jahren ab mit guter Schulbildung gegen gute Gehälter für den Bureaudienst in der Etappe melden möchten. Man wende sich an die Frauenmeldestelle, Bonn, Friedrichstraße 1.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Bund der Kriegsbeschädigten und ehem. Kriegsteilnehmer Ortsgruppe Bonn. Die öffentliche Versammlung faßte einstimmig nachstehende Resolution: 1) In die örtliche Fürsorgestelle für Kriegsbeschädigte sind auch besonders zur Berufsberatung Kriegsbeschädigte zu wählen, weil die Beschädigten zu allen Einrichtungen, in denen ihre Leidensgenossen sitzen, ein weit größeres Vertrauen haben. An allen Orten, wo bereits Kriegsbeschädigte in Fürsorgestellen sitzen, hat sich ihre Mitarbeit bewährt. 2) Die Kriegsbeschädigten unserer Ortsgruppe Bonn haben mit aller Energie für die Ludendorffspende agitiert und dadurch zu dem großen Erfolg mit beigetragen. Wir bitten nun aber auch, einige Vertreter der Kriegsbeschädigten in den Ortsausschuß der Ludendorffspende zu wählen, damit auch hier die Interessen der Kriegsbeschädigten befriedigend vertreten werden.
Festgenommen wurden zwei Männer im Alter von 30 und 32 Jahren, die vorgestern abend auf dem Markte und in der Wenzelgasse eine wüste Schlägerei mit Soldaten hervorgerufen und dadurch einen großen Auflauf verursacht hatte, so daß eine Militärpatrouille einschreiten mußte.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Samstag, 29. Juni 1918
Wegen des Feiertages Peter und Paul erscheint der General-Anzeiger an diesem Tag nicht.
Eine eigenartige Krankheit. Wie wir von sachverständiger Seite erfahren, ist in letzter Zeit in Bonn ein gehäuftes Auftreten einer eigenartigen, grippeartigen Erkrankung zu beobachten gewesen. Die Krankheit beginnt meist plötzlich mit Fieber, schwerem Krankheitsgefühl, stärkeren Kopfschmerzen und katarrhalischen Erscheinungen. Ernste Krankheitserscheinungen oder gar Todesfälle sind bisher nicht gesehen worden; die Krankheit scheint vielmehr trotz des manchmal schwer gestörten Allgemeinbefindens einen ziemlich harmlosen Charakter zu haben, wenn sie auch eine bis zwei Wochen andauern kann. Anscheinend sind auch andererorts in Deutschland ähnliche gehäufte Krankheitsfälle beobachtet worden. Ob es sich um dieselbe Erkrankung handelt, die vor kurzem in Spanien massenhaft aufgetreten ist, kann man noch nicht sagen. Influenzabazillen sind bisher nicht nachgewiesen worden.
Für einen verstärkten Feldschutz gegen Diebstahl sind wieder Militärstreifwachen kommandiert worden. Das Betreten bestellter oder noch nicht abgeernteter Felder in der Zeit von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens ist verboten. Wir verweisen auf die Bekanntmachung des Oberbürgermeisters im Anzeigenteil dieser Zeitung.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Kirschenpreise. 16 Angeklagte aus Friesdorf, die durch den Rechtsanwalt Dr. Meyer verteidigt wurden, hatten sich am Donnerstag wegen Ueberschreitung von Höchstpreisen bezw. übermäßiger Preissteigerung vor dem Schöffengericht zu verantworten, weil sie im Juni vor. Jahres für das Pfund sogen. Herzkirschen 80 Pfg. bis 1 Mark genommen hatten. Gegen die Angeklagten waren durch amtsrichterlichen Strafbefehl neben 150 Mark Geldstrafe mehrwöchige Gefängnisstrafen festgesetzt worden. Zu der Sache waren schon in verschiedenen früheren Terminen mehrere zum Teil sich widersprechende Sachverständige zu Wort gekommen. Die jetzige Verhandlung ergab, daß die harten Herzkirschen schon in Friedenszeiten in Bonn ausnehmend hoch im Preise standen und daß auch der Preis von 1 Mark im Juni vorigen Jahres nicht eine derartige Ueberschreitung eines gerechten Kriegspreises darstelle, wie das Gericht beim Erlaß der Strafbefehle angenommen hatte. Die Strafen wurden deshalb erheblich gemildert. Die Freiheitsstrafen kamen ganz in Wegfall, die Geldstrafen wurden auf 30 Mark bemessen. In mehreren Fällen erfolgte Freisprechung, nachdem durch Zeugenvernehmung festgestellt war, daß wegen derselben Tat bereits eine Verurteilung stattgefunden hatte. Vorstehende Entscheidung hat natürlich nichts mit der Frage zu tun, zu welchem Preise in diesem Sommer die Kirschen verkauft werden dürfen.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Aus der Rheinprovinz. Bonn“)
Unsere Stadtverordneten haben sich gestern in halbstündiger Sitzung neben einigen Nebensächlichkeiten mit der Bonner Marktfrage, die schon seit einiger Zeit in der Tagespresse eifrig erörtert wird, beschäftigt. […]
Stadtverordneter Schmitz bringt die Klagen der Bevölkerung über die hiesigen Marktverhältnisse zur Sprache. Die Erzeugnisse, die von der Landbevölkerung nach Bonn gebracht würde, würde zum großen Teil von Händlern ausgekauft und ausgeführt. Beigeordneter Baurat Piehl gab zu, daß die hiesigen Marktverhältnisse nicht den Interessen der Bevölkerung entsprechen. Der Verwaltung aber fehlten die Mittel, den Auswüchsen wirksam entgegentreten zu können. Der Markt ist dank unserer Zwangsbewirtschaftung mit Wirsing, Butterkohl, Rübstiel reichlich versehen. Es fehlt aber an Erbsen und Bohnen. Der um diese Zeit stets große Mangel an diesen Gemüsesorten wird noch dadurch gesteigert, daß jetzt viel mal mehr eingemacht und eingeweckt wird. Die Gemüse werden unmittelbar vom Erzeuger zu ungeheuren Preisen bezogen. Dagegen ist die Verwaltung machtlos. Die neue Verordnung gegen Preistreibereien, die den Verbraucher, der die Höchstpreise überschreitet, straffrei läßt, hat eine unbeschreibliche Mißwirtschaft herbeigeführt. Auf dem Markt werden keine Gemüse für Kunden und Großverkäufer zurückgehalten (wie auch uns vielfach unter Ausrufen berechtigter Empörung mitgeteilt worden ist. Schriftl.); die Verwaltung hat in solchen Fällen das Gemüse noch immer für den städtischen Verkauf angekauft und von hier an die Bevölkerung abgegeben. Das Aufkaufen der Waren durch Händler kann nicht untersagt werden, wenn die Waren in Bonn abgesetzt werden; zur Ausfuhr wird keine Erlaubnisschein erteilt. Erbsen und Bohnen werden nur bei Nacht und Nebel auf Schleichwegen ausgeführt, was nicht verhindert werden kann.
Die von der Preisprüfungsstelle angestellten zwölf Hausfrauen haben bisher noch kein einziges mal über Mißstände auf dem Markt berichtet. Wenn die Polizei nicht eingreift, geschieht nichts, die Tätigkeit Privater hat bisher nichts erreicht. Die vielfach aufgestellten Behauptungen sind meist wertlos, weil genaue Angaben fehlen. Unser „Lebensmitteldiktator“ schloß seine Ausführungen mit der erfreulichen Versicherung, der Mangel an hochwertigen Gemüsen werden in den nächsten Wochen behoben sein. Es seien sehr viele Bohnen angebaut worden, auch von der Stadt, und es sei zu hoffen, daß jede Hausverwaltung in bescheidenem Maße ihren Bedarf für den Winter eindecken werde. Stadtverordneter Kalt konnte diese Ausführungen nur bestätigen. Es werden mehr Erbsen und Bohnen verlangt, als auf den Markt gebracht werden konnten. Er regte an, die Händler fern zu halten, damit die Bevölkerung sich vorher versorge. (Was wohl nur ein Schlag ins Wasser sein würde. Schriftl.) von den zwölf Damen hat er auch noch nichts gehört. (Jetzt dürfte es aber Zeit sein, daß sich diese Damen auch zu Wort meldeten! Schriftl.) Die Verwaltung sorge stets so viel wie möglich für große Zufuhren, mehr sei unmöglich. Mit diesen Ausführungen und Feststellungen schloß die Sitzung, die in der Bürgerschaft wahrscheinlich wenig befriedigt haben wird.
(Volksmund, Rubrik „Bonner Angelegenheiten“)
Sonntag, 30. Juni 1918
Am Tag nach Peter und Paul erscheint die Deutsche Reichs-Zeitung nicht.
Oberbürgermeister Spiritus und Beigeordneter Piehl sind gestern zur Nachprüfung des Geschäftsganges der von den Bonner Vaterländischen Vereinigungen eingerichteten Verband- und Krankenerfrischungsstelle „Prinzessin Viktoria“ nach Lille abgereist.
Zur Abgabe von Männer-Anzügen. Noch immer besteht vielfach die irrige Meinung, der Aufruf zur Abgabe von Männerkleidung richte sich nicht an solche Personen, die im Heeresdienste stehen. Es wird daher an die Bekanntmachung der Stadtverwaltung erinnert, daß auch Militärpersonen von der Abgabe nicht ausgeschlossen sind. Sie sind, soweit sie entbehrliche Kleidung besitzen, in gleicher Weise zur Abgabe heranzuziehen wie Zivilpersonen. Von ihnen wird, sofern sie unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse als abgabefähig anzusehen sind, ebenfalls die Vorlage eines Bestandsverzeichnisses verlangt werden, wenn sie dem Aufruf keine Folge leisten. Auch sie werden daher dringend ersucht, einen Anzug abzugeben, wenn sie den kommenden schärferen Maßnahmen entgehen wollen.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)
Die Pflicht der Metallablieferung. […]
Die Bekanntmachung vom 26. März d. Js. beschränkt sich keineswegs, wie vielfach angenommen wird, nur auf Gegenstände in privatem Besitz. Genau mit demselben Maßstabe und genau zur gleichen Zeit werden auch die in öffentlicher Hand befindlichen Metallgegenstände, z. B. an und in öffentlichen Gebäuden und Kirchen, sowie auch die Briefkastenschilder usw. herangezogen.
Wie hier in Bonn zutage tritt, ist bisher der Ernst, der mit der Einziehung und Ablieferung von Metallen für die Vaterlandsverteidigung verknüpft ist, nicht in dem gewünschten Maße erkannt worden. Ein Spaziergang durch die Straßen gibt hiervon Zeugnis. Ueberall sind noch die Briefkastenschilder, Briefeinwürfe, Stoßbleche an Türen, Schutzblechen u. dergl. vorhanden. Es macht dies den Eindruck, als ob sich deren Besitzer um die Ablieferung nicht zu kümmern habe.
Man muß voraussetzen, daß nicht genügend bekannt ist, daß der, der die Gegenstände in der aufgegebenen Frist nicht abliefert, bestraft werden kann, und zwar mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 10.000 Mark, sonst würde man gewiß, um einer Bestrafung aus dem Wege zu gehen, schnellste Ablieferung bei der Sammelstelle besorgen. […]
Eine grippeartige Erkrankung tritt in letzter Zeit hier in Bonn auf. Namentlich wird die Erkrankung bei Kindern beobachtet. Sie beginnt meist mit Fieber, Kopfschmerzen und katarrhalischen Erscheinungen. Trotz des manchmal schwer gestörten Allgemeinbefindens scheint die Krankheit einen ziemlich harmlosen Charakter zu haben, denn ernste Krankheits-Erscheinungen oder gar Todesfälle sind bisher nicht vorgekommen.
Der Bonner Wochemarkt hatte am Freitag wieder hauptsächlich Gemüse wie Wirsing, Mangold, Schneidgemüse, Knollengemüse usw. sowie hiesiger und fremder Kopfsalat zu verzeichnen, ebenfalls Kleinzeug in großen Mengen. […] Obst, wie Johannisbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren, Erdbeeren und Kirschen, sowie grüne Erbsen und dicke Bohnen waren im öffentlichen Verkauf auf dem ganzen Markt wieder nicht zu finden. […] Der Großmarkt auf dem Stiftsplatz hat in letzter Zeit außer etwas Gemüse und Kopfsalat fast keine Zufuhren mehr. Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt hatte wieder großen Zuspruch. Seit einigen Tagen ist die Auswahl in Waren hier wieder sehr reichlich. Aber leider kommt auch hier Frühobst nur ganz verschwindend wenig zum Verkauf. […]
Schwere Strafen bei Felddiebstahl. Wer Garten- oder Feldfrüchte oder andere Bodenerzeugnisse oder Saatgut aus Gärten oder Feldern entwendet oder zu entwenden versucht, wird nach einer Verordnung des Gouverneurs der Festung Köln mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft. Militärflurschutzpatrouillen werden die Polizeibeamten am Tage und des Nachts bei Ausübung des Feldschutzes unterstützen; den Feldhütern werden bei ihren nächtlichen Dienstgängen Polizeihunde beigegeben. […]
Nutzlose Hamsterfahrten. Der Vorsitzende des Kreisausschusses des Kreises Köln-Land erläßt folgende Bekanntmachung: Wie im vergangenen, so ist auch in diesem Jahre jegliche Ausfuhr von Frühkartoffeln aus dem Landkreis Köln und dem Landkreise Bonn sowie jeder Verkauf und Kauf derselben unter Strafe verboten. Die Gendarmen und Polizeibeamten haben Anweisung, die Durchführung dieser Anordnung streng zu überwachen, etwaige Uebertretungen unnachsichtig zur Anzeige zu bringen und die verbotswidrig erworbenen Kartoffeln zu beschlagnahmen. Auch werden in den Zügen der Köln-Bonner Kreisbahnen regelmäßig scharfe Revisionen vorgenommen. Die Beteiligten werden daher in ihrem eigenen Interesse vor nutzlosen Hamsterfahrten in den Landkreis Köln dringend gewarnt; sie würden sich nicht nur strafbar machen, sondern auch noch durch erfolglosen Zeit- und Geldaufwand Nachteil erleiden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)