Donnerstag, 14. Januar 1915

 

Anzeige im General-Anzeiger vom 14. Januar 1915Reichs-Woll-Woche. Wir erhalten folgenden Aufruf: Der Kriegsausschuß für warme Unterkleidung plant in der Zeit vom 18. – 24. Januar d. Js. Eine Reichswollwoche, um in erster Linie wollene Decken und ferner solche Kleidungsstücke zu sammeln, die zu wollenen Decken, Aermelwesten, Unterkleidern verwandt oder umgearbeitet werden können.
   So soll denn auch in Bonn am 22. und 23. d. Mts. Erneut eine Wollsammlung stattfinden. Der Freiwillige Hilfsausschuß für durchfahrende Truppen hat es mit seinen bewährten Kräften wieder übernommen, diese Wollsammlung zu leiten.
   Der Zweck dieser Reichswollwoche besteht darin, für unsere im Felde stehenden Truppen die in den Familien noch vorhandenen überflüssigen Sachen und getragenen Kleidungsstücke (Herren- und Frauenkleidung, auch Unterkleidung) zu sammeln. Es sollen nicht nur wollene, sondern auch baumwollene Sachen, sowie Tuche eingesammelt werden, um daraus namentlich Ueberziehwesten, Unterjacken, Beinkleider, vor allem aber Decken anzufertigen. Gerade an Decken besteht für die Truppen ein außerordentlicher Bedarf, da sie den Aufenthalt in den Schützengräben erleichtern und erträglich machen. Mit großem Erfolge sind daher bereits von sachverständiger Seite aus alten Kleidern aller Art Decken in der Größe von 1,50 bis 2 Meter hergestellt worden, die einen hervorragenden Ersatz für fabrikmäßig erzeugte wollene Decken bilden und deren Herstellungskosten nur ¼ einer fabrikmäßig hergestellten wollenen Decke betragen. Auch fehlt es an der Front außerordentlich an Handtüchern, was von den Truppen sehr unliebsam empfunden wird.
  Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 14. Januar 1915 Zu der erneuten Wollsammlung bedarf es in erster Linie der tätigen Mitarbeit aller deutschen Frauen. Diese sollen jetzt in ihren Schränken nachsehen, was sie entbehren können, um es denen zu widmen, die mit ihrer Brust und ihrem Blut uns alle beschützen. Gebt soviel Ihr irgendwie entbehren könnt! Laßt Euch in Eurer Gebefreudigkeit dadurch nicht erlahmen, daß die Sammlungen in letzter Zeit öfters an Eure Tür klopfen. Das bedingt die Not der Zeit. Ebenso wie unsere Truppen vor dem Feinde immer wieder und erneut allen Angriffen gegenüber trotzen müssen, so haben wir daheim die vaterländische Pflicht, alles herzugeben, was wir irgendwie entbehren können und was unseren Truppen ihre schwierige Lage auch nur um ein wenig erleichtern kann.
   Daher nochmals, deutsche Hausfrauen, frisch ans Werk. Sammelt aus Schränken und Truhen, was Ihr an Entbehrlichem findet und haltet es zur Abholung bereit, wenn die Helfer des Freiwilligen Hilfsausschusses am 22. und 23. d. Mts. an Eure Tür klopfen.
   Nur diejenigen Familien, in denen ansteckende Krankheiten herrschen, dürfen im Interesse der Allgemeinheit an dem Liebeswerk auf diese Weise sich nicht beteiligen.
   Die Herrichtung der gesammelten Sachen zu Decken, Unterwesten, Ueberziehhosen, Unterhosen, wird den Arbeitsstätten der hiesigen Frauenvereine und des Freiwilligen Hilfsausschusses übertragen werden. Auf diese Weise wird durch diese Wollsammlung auch hier im Heimatgebiet die Not derjenigen Familien gelindert werden, die durch die Einberufung ihres Ernährers in schwierige Lage geraten sind.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

 

Katzenfelle. Wir machen nochmals auf die Sammlung von Fellen aller Art aufmerksam, die für unsere in Kälte und Nässe für uns kämpfenden Soldaten verarbeitet werden sollen. (Sammelstellen sind: Pelzhändler Baer, Wesselstraße, und die Darlehenskasse in Friesdorf.)

Kriegsbrot in Bahnhofwirtschaften und Speisewagen. Der preußische Eisenbahnminister hat verfügt, daß in den Bahnhofswirtschaften fortan nur noch Kriegsbrot zur Ausgabe gelangen soll. Anstatt der üblichen belegten Weißbrötchen soll nur noch belegtes Kriegsbrot ausgelegt werden. Dieselbe Verfügung findet auch Anwendung auf die Eisenbahn-Speisewagen.

 (Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 14. Januar 1915An die Konditoren!
Die Konditoren sollten es besser unterlassen, ein solches Lamento über die neue Verordnung anzustellen, denn sie haben bisher viele gute Geschäftsjahre gehabt. Nun können sie auch einmal ein mindergutes, und wenn es sein muß, ein schlechtes Jahr in den Kauf nehmen. Manches Geschäft steht jetzt zum Teil still, aber man macht doch nicht ein solches Aufsehen, weil jeder vernünftige Mensch einsieht, daß es nichts nützt, und daß es im Krieg nicht anders sein kann. Versetzen wir uns einmal in die Lage, der Feind käme in unser Land, wo wären wir da, und was wäre aus uns geworden. Denken wir an die armen Ostpreußen und all die Armen, wo der Feind gewütet und ihr Hab und Gut vernichtet hat. Wir können uns des Nachts ruhig in unser behagliches Bett legen, während die armen tapferen Krieger für uns Tag und Nacht im Felde kämpfen, alle erdenklichen Strapazen und Entbehrungen für uns ertragen und ihr Leben für uns hingeben.
   Ist es da nicht unsere heiligste Pflicht, für unsere Braven im Felde zu sorgen, damit sie nicht Mangel am Nötigsten zu leiden brauchen? Ich möchte meinen Mitschwestern ans Herz legen, sich des Genusses der feinen Backwaren möglichst zu enthalten. Wir wollen zu Gott hoffen, daß bald wieder bessere Zeiten kommen. Dann wollen wir uns den Konditoreigenüssen wieder doppelt hingeben. Vorläufig wollen wir den lieben Gott um einen baldigen ehrenvollen Frieden bitten.
Eine Patriotin aus Bonn.

 (Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

 

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 14. Januar 1915Unser tägliches Brot.

Der englische Gedanke einer Aushungerung Deutschlands muß Schiffbruch erleiden, wenn wir mit den vorhandenen Lebensmitteln sparsam wirtschaften. Wir haben weder Mangel an tierischen noch an pflanzlichen Nahrungsstoffen, es wird nur infolge der reichlichen Versorgung in Friedenszeiten im Schlendrian der Gewohnheit unglaublich viel falsch verwendet und verschwendet. Wie unser täglich Brot beschaffen sein soll, erklärte kürzlich der bekannte Berliner Hygieniker Prof. Rubner in einem, im Reichstagsgebäude gehaltenen Vortrag mit einigen lapidaren Forderungen:

Esset das kräftige und nahrhafte Roggenbrot anstatt des Weizenbrotes!

Bringet die Kartoffel mehr zu Ehren, schälet sie aber nicht leichtsinnig! Sie gehört zur besten und billigsten Nahrung.

Beachtet mehr die Milch! Sie hat den denkbar größten Nährwert.

Wir Deutsche essen viel zu viel Fleisch, auch zu viel Weizenbrot und zu viel teure Eier. Besonders den Kindern mag weniger Fleisch und Weizenbrot, dafür aber mehr Milch gegeben werden, und sie werden besser gedeihen. Von Grund auf – sagte Rubner – muß jeder Deutsche seine Ernährung den heutigen Verhältnissen anpassen, mag ihn auch die veränderte Lebensweise zu einigen persönlichen Opfern zwingen.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)