Samstag, 22. Dezember 1917
Die rheinische Goldankaufwoche hat an vielen Orten so rege Teilnahme gefunden, daß sie noch verlängert worden ist [...]. Auch in Bonn, das, wie schon berichtet, 14.000 M. an Goldsachen und 1500 M. an Goldmünzen brachte, soll die Weihnachtsopferstimmung noch bis zum Jahresschluß Gelegenheit haben, sich weiter zu betätigen. Hoffentlich wird unter dem Tannenbaum noch in hartnäckigen Herzen die Erkenntnis aufleben, daß Gold in eiserner Zeit zu tragen nicht würdig ist, daß alles Gold dem Vaterlande gehört, da es in der Hand der Reichsbank dazu beiträgt, Deutschlands Rüstung zu stärken, die letzten Hoffnungen der Feinde auf unseren wirtschaftlichen Zusammenbruch zu vernichten und damit das Kriegsende zu beschleunigen. Besonders Edelsteine müssen noch in großer Zahl in dem reichen und schmuckfreudigen Bonn in Privatbesitz sein. Möge das Beispiel Elberfelds, das schon 52.240 M. an Edelsteinen gab, beherzigt werden
Die Weihnachtsferien sind wegen der Schwierigkeiten der Kohlenbeschaffung an allen hiesigen Volks- und höheren Schulen bis zum 14. Januar verlängert worden. Der Unterricht beginnt wieder am 15. Januar.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Zum goldenen Sonntag.
Von Felix Joseph Klein (Bonn).
Zum goldenen Sonntag wird letzte Generalmusterung über Geschenke und Beschenkende gehalten. Entdeckt man ein Vergessenes, so wird noch flugs Versäumtes nachgeholt. So große Gebezeit ist nur einmal im Jahr.
Auf sie, die deutsche Weihnachtsstimmung hoffte auch kein Geringerer als unser Vaterland. Mit seiner Goldankaufwoche glaubte es schon rechtzeitig anpochen zu sollen. Und bei denen, die auch dann auch nicht auf es hörten, steht es dennoch weiter vor der Türe, überzeugt, daß man es nicht endgültig beim Feste abweisen werde, sich doch noch in letzter Stunde seiner erinnern müsse.
Ihr habt noch so viel Gold und Juwelen. Wollt ihr sie an den Tagen versteckt halten, die euch sonst reichen Schmuck anlegen sahen, oder wollt ihr solchen tragen zu – Kriegsweihnachten 1917? –
Tretet ein ihr Bonner in die Hallen eurer Alma mater, die den Namen eurer Vaterstadt in ferne Länder kündet, schaut die mit Lorbeer umkränzte Ehrentafel! Solange der Strom ins Meer fließt, so lange soll, heißt es auf ihr, das ehrenvolle Andenken an die gefallenen Krieger fortbestehen. Wohlan, kein Andenke mit billigen Worten sei’s! Sie trennten sich von goldener Jugendfreude, dem Edelmetall der Wissenschaft, den Perlen derer Vertreter und – gaben ihr Leben dahin, den Ihrigen wehmütige, aber stolze Erinnerung frü Kriegsweihnachten 1917. Ihr wollt nicht einmal euer Gold dem Vaterland opfern – verkaufen, wollt ihr eurer Perlen Glanz sich mit kaltem Uebermut von dem vielen Schwarz abheben lassen, das andere allein zahlen –
Gewiß hat die Rheinische Goldankaufwoche manchen noch einmal zu stillem Nachdenken über seine Pflicht gebracht. Aber wie oft ist es nicht leider bei schwachem Vorsatz geblieben. Während überall die Mahnung begegnet: Hin zur Goldankaufsstelle!, bringen nicht wenige es noch fertig, Ringe bis zur Spitze der Finger aneinanderzureihen, die sich kein einziges Mal frü die Dinge der großen Zeit krümmten! Die Weihnachtszeit lasse alle, auch sie endlich Einkehr halten und den Weg zur Pflicht finden – den Weg zur Goldankaufstelle.
Zur Kohlenversorgung in Bonn. Wie wir hören, hat der städtische Kohlenausschuß gelegentlich seiner jüngsten Beratung in Aussicht genommen, daß den Inhabern der Lebensmittelkarten A, B und C im Monat Januar je ein weiterer Zentner Kohlen freigegeben werden soll. Weitere Briketts freizugeben ist vorerst nicht möglich. Es schweben aber auf Anregung der Bonner Stadtverwaltung Unterhandlungen mit dem Reichskohlen-Kommissar, um die Erlaubnis zu erwirken, die Bonn-Kölner-Kreisbahn zur Beförderung von Briketts von Brühl nach Bonn benutzen zu dürfen. In Brühl befinden sich reiche Brikettlager.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Eine starke Kälte hat gestern morgen eingesetzt und bis jetzt angehalten. Im Hinblick auf den herrschenden Kohlenmangel dürfte die Kälte bald wieder aufhören. Jeder muß sich so gut es geht, gegen die Kälte zu schützen versuchen, zumal die meisten Leute nicht mehr so widerstandsfähig sind als früher. Es gibt aber Fälle, wo es nicht möglich ist, sich gegen die Kälte zu schützen. Ein solcher Fall wurde von uns gestern am Telegraphenamt im Raum der Telegrammannahme festgestellt. Dort herrscht eine derartige Kälte, daß wir die Beamtinnen und Beamten, die dort Dienst haben, in diesen Tagen bedauern müssen. Der stete Durchzug in diesem Raume macht den Aufenthalt unmöglich. Wenn auch schon die Besucher der Annahmestelle erwarten dürfen, daß dort für Abhülfe schleunigst gesorgt wird, so muß dies unbedingt für die Beamtinnen und Beamten gefordert werden. Gerade der Dienst an dieser Stelle ist an sich sehr anstrengend und aufregend. Umso mehr kann verlangt werden, daß die Dienststunden wenigstens vor den Einwirkungen der Kälte und des Durchzuges geschützt werden.
Briefe hat ein Oberpostschaffner aus Bonn unbefugt geöffnet. Er wurde deshalb gestern von der Strafkammer zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)