Donnerstag, 6. Dezember 1917
Eine einmalige vaterländische Filmvorstellung veranstaltet am kommenden Samstag, 9. Dezember, vormittags 11½ Uhr, der Flottenverein Jungdeutschland in den Bonner Lichtspielen, wozu besonders auch die Bonner Jugend eingeladen wird. Es gelangen unter anderen Kriegsfilmen die großartigen Darstellungen des Bild- und Filmamtes zur Vorführung, welche die Landung auf Oesel und den Vormarsch zum Tagliamento zeigen. Diese glänzenden Bilder der unvergleichlichen jüngsten Erfolge unserer Land- und Seemacht zu sehen ist eine Gelegenheit, die nicht versäumt werden darf; neben den wunderbaren Bildern des Kriegslebens sind auch die Landschaftsbilder, in denen sie sich abspielen, von großer Sehenswürdigkeit. Der Reinertrag der Veranstaltung ist bestimmt, eine Weihnachtssendung von Kriegsbüchern den Schulschiffen des deutschen Schulschiffvereins „Großherzog Friedrich August“ und „Prinzessin Eitel Friedrich“ zu schenken, damit so den zukünftigen Matrosen Gelegenheit gegeben wird, aus den herrlichen Taten unserer Wehrmacht den Geist des Sieges mehr und mehr in sich aufzunehmen.
Wie sich unsere Verwundeten in den Lazaretten beschäftigen, zeigt wieder einmal die gestern im Laden Martinsplatz 6 eröffnete Ausstellung ihrer Arbeiten. Es sind da die seit dem letzten Frühjahr angefertigten Arbeiten in großer Zahl zusammengetragen. Mit einfachsten Hilfsmitteln, aber großem Fleiß und äußerster Sorgfalt sind die mannigfaltigen Gegenstände geschnitzt, gesägt, geflochten. Geklebt, bemalt, gestickt worden, und all die schönen Sachen, die unter geduldigen und geschickten Händen entstanden sind, werden nun äußerst wohlfeil verkauft, damit die Hersteller ein kleines Entgelt für ihre viele Mühe bekommen können. Wer in den nächsten Tagen Weihnachtseinkäufe zu machen gedenkt, der möge doch auch diese Ausstellung besuchen, er findet gewiß manches, was ihn selbst erfreuen oder womit er ein Kinderherz jubeln machen kann. Die Preise für die prächtig bemalten Menschen- oder Tierfiguren, Wägelchen, Häuser und Kirchen, für die geschnitzten Kasten und Kästchen, die Pantoffeln, Schuhe, Körbchen, Decken, Scherenschnitte usw. sind im Verhältnis zu den guten und soliden Arbeiten sehr mäßig. Es ist deshalb zu hoffen, daß alle Stücke bis auf das letzte schnell ihre Abnehmer finden werden.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Zigarren-Abschnitt-Sammelverein veranstaltet in diesem Jahre seine 41. Weihnachtsbescherung. Dank der Unterstützung der Behörden und der Bürgerschaft konnte der Verein seine nicht leichte Aufgabe auch während des Krieges erfüllen. Bei der diesjährigen Bescherung sollen wieder 100 Kinder, größtenteils Kriegswaisen, oder deren Väter im Felde stehen, mit Schuhen und warmen Kleidungsstücken versehen werden. Außerdem sollen Verwundete aus hiesigen Lazaretten an der Bescherung teilnehmen. Welch eine Fülle von Arbeit zu bewältigen ist, um dieses Werk ernster Nächstenliebe fortzusetzen, vermag nur der zu beurteilen, der die Tätigkeit des Vereins einmal in Augenschein genommen hat. Trotz aller Teuerung hofft er auch im vierten Kriegsjahr sein Ziel zu erreichen. In einem Rundschreiben bittet der Vorstand wieder die Bitte an die stets opferbereite Bürgerschaft, ihn bei diesem Liebeswerke zu unterstützen, um damit die Dankespflicht zu erfüllen, die wir denen schuldig sind, die draußen für uns kämpfen. Die kleinste Gabe wird dankbar angenommen.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Zur Hilfsbereitschaft der Studentinnen. Wie veredelnd der Krieg wirken kann, bringt Herr stud. phil. Birken in seinem heute, Nr. 9900 des Generalanzeigers, erschienen Schmähartikel gegen die Studentinnen in recht drastischer Weise zum Ausdruck. Er sagt mit löblicher Offenheit und frei von altruistischer Sentimentalität: was dem im öffentlichen Leben immer bevorzugten Mann im Ausnahmefall des Krieges durch das Gesetz erschwert wird, soll auch der bisher im öffentlichen Leben immer benachteiligten Frau, nicht gegönnt sein, selbst wenn es ihr gutes Recht ist. Seine unverschleierten Worte zeigen, daß der heimgekehrte Krieger weder in antiquierter Ritterlichkeit noch in einem Uebermaß von kollegialen Rücksichten befangen ist. Herr stud. phil. H. Birkens Furcht vor der weiblichen Konkurrenz ist eben groß und nicht kleiner, deshalb die Entrüstung seiner vaterländischen Gesinnung. Möge er Ruhe finden! Keine „Kollegin“.
(Nach Mitteilung des Rektorats der Universität ist der Verfasser der Ausführungen „Zur Hilfsdienstbereitschaft der Studentinnen“ im Sprechsaal Nummer 9900 vom Dienstag, 4. Dez. d. J. S. 2, an der Universität Bonn nicht immatrikuliert.
Die Hilfsdienstbereitschaft der Studentinnen. Hat Herr Birken nicht einmal die Listen der freiwilligen Krankenpflegerinnen angesehen, die ihrem Berufe nach Studentinnen, während des Krieges in den Lazaretten draußen in der Etappe und hier in der Heimat Samariterdienste leisten oder für lange Zeit geleistet haben? Hat er die Leiterinnen von Kinderhorten und Heimarbeiterinnenvereinigungen nach ihren ehrenamtlichen Hilfskräften gefragt? War er vielleicht auf den Bahnhöfen und hat sich erkundigt, wer abwechselnd im Tag- und Nachtdienst unseren durchreisenden Truppen Erfrischungen reicht? Wieviele würde er hier wiedergefunden haben, die in den Morgenstunden die Kollegs besuchen und in der Abend- bezw. Nachtzeit caritativ tätig sind? Warum geht Herr Birken nicht einmal auf die Vermißtenbüros, die Auskunftsstellen für Gefangene usw.? Er würde die deutsche Studentin weniger gering einschätzen lernen. Stattdessen jammert er, daß er auf die Aufforderung des Herrn Ministers hin noch nicht 1 Prozent der Studentinnen sich gemeldet habe. Er hat auch hier wieder außer Acht gelassen, daß eben die Mehrheit der Studentinnen ehrenamtlich sozial tätig ist und vom Staat oder von der Stadt bereits durch die Verleihung der Roten Kreuz-Medaille bezw. einer Ehrenbrosche anerkannt worden ist.
Es dürfte Herrn Birken auch bekannt sein, daß die deutsche Frau, zumal auf caritativem Gebiet am liebsten in der Stille wirkt und es nicht liebt, in der breiten Oeffentlichkeit hervorzutreten. Anne-Marie Maus, stud. jur.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)
Soldatenheim. Am verflossenen Sonntag war der Saal im Soldatenheim, Josefstraße 46, zu klein, um die Schar der Feldgrauen zu fassen, welche die Aufführung des bereits vor ausverkauftem Hause am vergangenen Mittwoch gegebenen Weihnachtsmärchens „Weihnacht im Zwergenreich“ herbeigelockt hatte. Die Kinder spielten wieder allerliebst, un der 1. Vorsitzende, Herr Kaplan Rütters, der Leiter des Abends, dankte in herzlichen Worten Herrn Koep, der das Stück bearbeitet und mit den Kindern einstudiert hatte, sowie dem Ballettmeister Weißkirchen, der die Reigen und Tänze eingeübt, und Frau Palm, welche in vorzüglicher Weise die Begleitung am Klavier übernommen hatte. Vor der Firma Herbst waren die schönen, überaus passenden Kostüme. Die Soldaten dankten sehr herzlich und begeistert. [...]
Die Gassperre wird bis auf weiteres am Nachmittag aufgehoben.
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)