Mittwoch, 5. Dezember 1917

  

Die Volkszählung
Anzeige im General-Anzeiger vom 5. Dezember 1917am heutigen Mittwoch ist für die Versorgung unserer Bevölkerung mit Lebensmitteln von größter Wichtigkeit. Jedes Uebergehen eines Einwohners bei der Zählung bedeutet eine Verminderung der Lebensmittelzuteilung. Es darf daher kein Einwohner vergessen werden. Die Bürger haben also das lebhafteste Interesse an der Zählung und sie müssen mithelefen und mitarbeiten, daß niemand ausfällt. Wer keine Haushaltungsliste erhalten hat oder übergangen zu sein glaubt, wende sich sofort an das Volkszählungsbureau im Sparkassengebäude, Friedrichsplatz 1. Vor allen Dingen ist darauf zu achten, daß diejenigen, die zur Nachtschicht in Siegburg oder an anderen Orten weilen, in Bonn jedoch ihre Wohnung haben, unter allen Umständen mitgezählt werden.
    Gleich wichtig wie die Volkszählung ist die Zählung leerstehender Wohnungen und Geschäftsräume, denn auf diese Zählung müssen sich etwaige Maßnahmen aufbauen, die zur Linderung der Wohnungsnot getroffen werden müssen. Durch die Verschiebung der wirtschaftlichen Verhältnisse infolge des Krieges ist vor allem ein Abwandern von teuren nach billigen Wohnungen eingetreten. Die unausbleibliche Folge dieser Abwanderung ist der Mangel an Kleinwohnungen, und dieser Mangel macht sich umso fühlbarer, je mehr nach Beendigung des Feldzuges die vielen Kriegsgetrauten bemüht sein werden, sich ihr eigenes, wenn auch bescheidenes Heim zu schaffen. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt und von dem der Bevölkerungspolitik ist es daher von größter Wichtigkeit, daß die Wohnungsfrage restlos nach dem Kriege gelöst wird. Wohnungsnot bedeutet eine Reihe von Unzufriedenheiten, und die Bekämpfung der Wohnungsnot ist für die städtische Verwaltung und die Aufsichtsbehörden nur dann möglich, wenn eine genaue Uebersicht über die Anzahl der leerstehenden Wohnungen vorhanden ist. Aus diesem Grunde ist es unabweisbare Pflicht der Hausbesitzer, die Zählung mit allen Angaben zu unterstützen, die für das einwandfreie Zählergebnis notwendig sind.
    Fast alle Waren, die für die Lebensmittelversorgung noch in Frage kommen, sind behördlich erfaßt. Im freien Handel sind derartige Waren fast kaum noch erhältlich. Die Verteilungen, die das Lebensmittelamt an die Bevölkerung vornehmen kann, müssen sch daher ausschließlich nach den Warenmengen richten, die von den Reichsbehörden der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden und diese Ueberweisungen sind in der letzten Zeit sehr spärlich gewesen. Trotzdem wird das Lebensmittelamt aus seinen früheren Beständen in den Weihnachtswochen verhältnismäßig wieder gute Rationen verteilen. Es wird auch dafür gesorgt werden, daß durch die Bäckereien Printen gegen Warenmarke und einen bestimmten Höchstpreis ausgegeben werden. [...]
    Der Bau der neuen Kriegsküche Ecke Reuter- und Argelanderstraße geht nunmehr, nachdem das Kriegsamt die Genehmigung erteilt hat, rüstig voran. Es ist bestimmt zu erwarten, daß die Küche Ende dieses Monats dem Betrieb übergeben werden kann. Die Teilnehmerzahl aller Bonner Kriegsküchen beträgt nur annähernd 5000. Das ist eine verhältnismäßig nur geringe Ziffer, aber andererseits ein erfreuliches Zeichen dafür, daß die Lebensmittelknappheit nicht sehr groß ist; vor allem ist die geringen Teilnehmerzahl der beste Maßstab dafür, daß in den Haushaltungen zurzeit ausreichende Kartoffelmengen vorhanden sind. [...]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus dem städtischen Lebensmittelamt.“)

   

Anzeige in der Deutschen Reichs-Zeitung vom 5. Dezember 1917Ein erweiterter Geschäftsverkehr ist für die nächsten drei Sonntage, die letzten vor Weihnachten, zugelassen. Die Geschäfte dürfen bis 7 Uhr abends offen halten und verkaufen.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

  

Eine Verkaufsausstellung von Arbeiten Verwundeter aus hiesigen Lazaretten wird an diesem Mittwoch wieder im Laden Martinsplatz 6 (Geschäftshaus Reeb) eröffnet.

Goldankaufswoche für Bonn und Umgebung. (9. – 18. Dezember.)
Die Vaterländischen Vereinigungen Bonns und die Landkreise Bonn und Sieg wenden sich im Anzeigenteil dieser Nummer an die Einwohner von Stadt und Land mit der dringenden Unterstützung des Vaterlandes in schwerer Zeit durch die Ablieferung der Goldsachen. In einer Zeit, wo viele Geld, Gut und Vermögen, andere Gesundheit und selbst das Leben dem Vaterland in Liebe und Begeisterung geopfert haben, sollte es wirklich nur ein kleines Opfer sein, sich eines Schmucks zu entledigen, und auch hiermit dem Vaterland und damit auch wieder mittelbar sich selbst zu dienen. Man folge daher dem Aufruf gern und uneingeschränkt.

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)