Samstag, 1. Dezember 1917

     

Weihnachtsgaben für die rheinischen Truppen und Weihnachtsbescherung für die bedürftigen Witwen und Waisen von Bonner Kriegern.
Zum vierten Male in diesem grausamen Ringen der Völker sehen wir dem Weihnachtsfest entgegen, und wiederum erwächst uns Daheimgebliebenen die heilige Pflicht, unseren Feldgrauen und den Witwen und Waisen von Bonner Kriegern dieses Fest nach Möglichkeit zu verschönern. […]
   Die Vaterländischen Vereinigungen haben es auch in diesem Jahre wiederum übernommen, rund 17.000 Weihnachtspakete für rheinische Truppen herzustellen und eine Weihnachtsbescherung für bedürftige Witwen und Waisen von Bonner Kriegern in die Wege zu leiten.
   Alles dies erfordert besonders in heutiger Zeit viel Aufwand an Arbeit, Geld und Hereinschaffung von Materialien.
   Mit einem warmen Aufruf wenden sicher daher die Vaterländischen Vereinigungen an die Bürger, damit diese auch ihr Schwerflein zu dem schönen Weihnachtszweck beitragen, und dieser Aufruf darf von keinem in unserer Stadt ungehört gelassen werden. Der so oft bewährte Opfersinn und die Treue, die Bonner Bürger ihren tapferen Feldgrauen bisher entgegen gebracht haben, bürgen dafür, daß auch diesmal der Aufruf der Vaterländischen Vereinigungen auf guten Boden fällt.
   Mitbürger! Stellt daher eiligst Geld oder andere Liebesgaben, Zigarren, Zigaretten, Tabak, Wäsche, Hosenträger, Marmelade, gute Bücher usw. für die Weihnachtspakete und die Weihnachtsbescherung zur Verfügung. Alle Banken und die Stadthauptkasse nehmen Geldbeträge an, und die Sammelstelle in der Rheinisch-Westfälischen Diskonto-Gesellschaft, Münsterplatz 1 – 3, ist zur Entgegennahme von Liebesgaben aller Art bereit. Gewaltige Mittel sind zu dem Liebeswerk erforderlich, aber um so weniger wird die Treue und der Opfersinn der Bonner Bürger versagen.

Für die Arbeiter und Arbeiterinnen der Rüstungsindustrie wurde Donnerstag abend im Stadttheater Lessings Nathan der Weise gegeben. Das Haus war bis auf den letzten Platz ausverkauft, ein Beweis, daß solche Vorstellungen, die in Köln schon häufiger gegeben wurden, auch in Bonn mit seiner zahlreichen Rüstungsarbeiterschaft ein Bedürfnis sind. Die Besucher, unter denen das weibliche Geschlecht natürlich besonders zahlreich vertreten war, folgten der Aufführung mit großer Aufmerksamkeit und lebhafter Anteilnahme, sie dankten den Darstellern mit herzlichem Beifall. Der gute Erfolg dieser Aufführung dürfte wohl die zuständigen Stellen veranlassen, diesem ersten Theaterabend für die Rüstungsarbeiterschaft bald weitere folgen zu lassen und damit die berechtigte besondere Fürsorge für einen zur siegreichen Durchführung des Krieges so überaus wichtigen Teil unserer Bevölkerung zu bekunden.

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

  

Kriegspatenschaft des Städtischen Waisenamtes. Abteilung Kriegerwitwen- und Waisenfürsorge, Bonn. Fast 900 Kinder sind in der Stadt Bonn durch den Krieg ihres Vaters und damit des Ernährers und Erziehers beraubt worden. Den schuldlosen Opfern des mörderischen Völkerringens, denen der treusorgende Vater genommen, den erlittenen Verlust weniger fühlbar zu machen, ist ein Gebot der Dankespflicht gegen die gefallenen Helden. Für ihre Kinder zu sorgen, ist auch vaterländische Pflicht, damit aus ihnen wieder tüchtige Menschen werden, deren das Vaterland in Zukunft mehr denn je bedarf. Auch die Kämpfer an der Front müssen schon bei ihrem Auszuge die Gewißheit mitnehmen, daß daheim für ihre Kinder gesorgt wird. Drum nehme sich jeder der Kriegerwaisen an durch Uebernahme einer Kriegspatenschaft. […] Nähere Auskunft über die Kriegspatenversicherung erteilt das Städt. Waisenamt, Abt. Kriegerwitwen- und Waisenfürsorge, Franziskanerstraße 8a, Toreingang, Zimmer 6.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)

Unser Lebensmittelamt wundert sich, daß die Hausfrauen die neue Gemüseverkaufsstelle am Friedrichplatz nicht fleißiger benutzen. Wir wundern uns gar nicht darüber. Wir haben uns schon manchmal über das Lebensmittelamt gewundert, z. B. über die geringen Mengen von Lebensmitteln, die es den Hausfrauen zuwendet und womit diese ihre Angehörigen bei Gesundheit und Kraft halten sollen, oder über die geringen Mengen an Heizmaterial, die es den Haushaltungen zuweist und womit diese rundkommen müssen. Wir haben gehofft, daß für den Dezember, der ja sicher nicht so barmherzig auftreten wird, wie der November es getan hat, mehr Heizmaterial gegeben werden würde. Aber: Hoffen und Harren macht manchen zum Narren. Und wer schon die Auftritte miterlebt hat, die sich tagtäglich an der „Kohlenversorgungsstelle“ abspielen, der kann schon fürchten, daß die Sorgen manche Mutter um den Verstand bringen möchten. Die für einen Herd nicht ausreichende Menge Kohlen oder Briketts ist nicht erhöht worden für den Dezember. Das sagt glatt, daß wir mit unsern Kindern das Weihnachtsfest in der Küche zu verleben haben und daß wir sorgsam rechnen müssen, damit wir diese Küche wenigstens warm haben. Das sagt auch glatt, daß unsere Männer dieses Weihnachtsfest nicht mit uns verleben werden. Denn wer jetzt schon wochenlang auf ein warmes Zimmer verzichten mußte und nach des Tages Mühen den einzigen warmen Raum, die Küche, mit Kind und Kegel, Wäsche und Bügeln usw. teilte, der wünscht sich in den Feiertagen eine andere Umgebung, und die kann er ja finden, draußen in den Wirtshäusern. Aber vielleicht überlegt man es sich doch noch einmal, ob nicht mit der versprochenen Mehrzuweisung an Lebensmitteln für die Feiertage auch eine Mehrzuweisung von Heizmaterial Hand in Hand gehen kann. Darüber würden wir uns freuen und wundern. Aber darüber, daß die Hausfrauen nicht gern die in einem Hause der Sternstraße gelegene städtische Gemüseverkaufsstelle mit der am Friedrichplatz neu errichteten vertauschen, wundern wir uns gar nicht. Sie befindet sich an einer der zugigsten Ecken von ganz Bonn, und wir haben schon manches Wort des Mitleids gehört, das die dort stehenden Verkäuferinnen betraf, denen der Wind durch die dicksten Mäntel geht. Die Angestellten müssen das mitmachen. Aber unsere Hausfrauen? Wir freuen uns, daß sie es nicht tun, sondern ihr bisschen Gesundheit schonen, indem sie auf dem Markt weiter „Kettenstehen“. Eine Bonner Hausfrau.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Sprechsaal“)

  

Nachrichten des städtischen Lebensmittelamtes.
[…]
   Gemüse. Nach einer Verordnung der Bezirksstelle für Gemüse und Obst in Köln, dürfen Weißkohl, Rotkohl, Wirsing, Möhren aller Art, Zwiebeln, Kohlrüben (Bodenkohlrabi, Steckrüben, Wruken), Runkelrüben und Stoppelrüben (weiße Rüben, Wasserrüben und Herbstrüben), im Stadtkreise Bonn nur mit Genehmigung des Oberbürgermeisters abgesetzt werden. Die Genehmigung wird nur dann erteilt, wenn der Bedarf der Bevölkerung und der verarbeitenden Fabriken sichergestellt ist. Freigegeben ist der Absatz bis zu zehn Pfund vom Erzeuger an den Verbraucher durch den Kleinhändler und auf öffentlichen Märkten. Jede Ausfuhr von Gemüse aus dem Stadtkreise Bonn ist nur mit Beförderungsschein, der bei der Abteilung XII des Lebensmittelamtes zu beantragen ist, gestattet.
   Die Abteilung XII des städtischen Lebensmittelamtes für Obst und Gemüse befindet sich jetzt Franziskanerstraße 1.
   Petroleumkarten können bis auf weiteres nicht mehr gewährt werden, da die der Stadt zugeteilten Petroleummengen bald erschöpft sind. Nur noch an Heimarbeiter und landwirtschaftliche Betriebe wird die festgesetzte Menge von ½ Liter wöchentlich abgegeben. […]

(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Lebensmittelverkauf“)