Montag, 5. November 1917
Verdunkelung gegen Fliegergefahr.
Die Regierungspolizeiverordnung über die Verdunkelung gegen Fliegergefahr wird immer noch nicht in vorschriftsmäßiger Weise gehandhabt. Die Bürger werden daher noch einmal dringend ersucht, sofort die nötigen Vorkehrungen zu treffen, weil sonst harte Strafen ihnen gewiß sind. Wenn die polizeilichen Organe bis jetzt etwas nachsichtig gewesen sind, so war dies nur darauf zurückzuführen, um eine Einführungsfrist für die Vorkehrungen der Abblendung zu geben. Andererseits erfordert jedoch die Sicherheit unseres Landes es unbedingt, daß die Vorschriften genau und streng eingehalten werden. Wiederholt ist die Meinung aufgetaucht, daß nach der Verordnung dunkelfarbige Vorhänge verwandt werden müßten. Diese Ansicht ist durchaus irrig. Es genügen alle Arten von Vorhängen, welche eine lichtdichte Abblendung herbeiführen. Für Werkstätten und Fabriken, welche nach Eintritt der Dunkelheit zu arbeiten genötigt sind, sei besonders auf das Bestreichen der inneren Fenster mit blauer Wasserfarbe hingewiesen. Die Geschäfte sind in der großen Mehrzahl schon dazu übergegangen, kurz nach Eintritt der Dunkelheit freiwillig zu schließen. Das ist auch das Gegebene, umso mehr als der Straßenverkehr mit Rücksicht auf die Dunkelheit sehr gering ist.
Es besteht vielfach Unklarheit darüber, ob seit Inkrafttreten der Verordnung über die Verdunkelung wegen Fliegergefahr die Hauseigentümer verpflichtet sind, die Haus- und Treppenflure bei Dunkelheit zu beleuchten. Es wird hiermit ausdrücklich darauf hingewiesen, daß an dieser Vorschrift nichts geändert wird. Die Hauseigentümer sind also nach wie vor verpflichtet, abends die Haus- und Treppenflure zu beleuchten. Sie haben aber daneben dafür zu sorgen, daß die Beleuchtung genügend abgeblendet oder so angebracht ist, daß der Lichtschein nicht nach außen fällt.
Ferner sei besonders darauf hingewiesen, daß das „Rechtsgehen“ unbedingt das Gebot der dunklen Stunde ist. Rechtsgehen ist die einzig vernünftige und den Verkehrsnotwendigkeiten entsprechende Gehweise, auch bei denen, die schwer von Begriff oder zu bequem sind, sich den Forderungen des Alltäglichen anzupassen. Für schwachsinnige Leute ist das Linksgehen geradezu eine Gefahr, ganz abgesehen von der Behinderung des Verkehrs, die durch ein derartiges Gebaren verursacht wird. Die Bevölkerung muß sich daher selbst erziehen und darauf dringen, daß unter allen Umständen das Rechtsgehen eingehalten wird.
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Der Bonner Zentrums-Verein hielt gestern eine Wählerversammlung ab, die der Reichstagsabgeordnete Chrysant leitete. [...] Zur Lebensmittelversorgung sprach dann Stadtverordneter Wellmann. So fest unsere militärische Lage sei, so sicher sei auch die wirtschaftliche Lage für uns. Redner gibt einen geschichtlichen Rückblick auf die kriegswirtschaftliche Lebensmittelversorgung der Stadt Bonn, die im Gegensatz zu anderen Städten auf allen Gebieten sehr gut abgeschnitten habe. Eine bessere Brotqualität wäre wohl zu wünschen, sei aber nicht durchzusetzen gewesen. Die Stadt erhalte 310.000 Zentner Kartoffeln für das Wirtschaftsjahr 1917 bis 18. Davon würden 104.000 Zentner aus dem Rheinlande bezogen. 60.000 Zentner sind bislang angeliefert worden. Es ist Pflicht aller Bürger, soweit es nur angeht, ihren Kartoffelbedarf für das ganze Jahr einzudecken, um der Stadt die Lagersorgen abzunehmen. Redner gibt Ausklärung über den diesjährigen hohen Kartoffelpreis, der auf eigentümlichen Zuschüssen auf Erzeugungskosten, Lieferzeiten und Lieferungsentfernungen beruht. Die Stadt setzt in diesem Jahre noch etwa 150.000 Mark am Kartoffelgeschäft zu. Trotz der unzulänglichen Gemüse- und Obstbelieferung, die nach Redner in der Freizügigkeit im Gemüsehandel und im Aufkaufen des Gemüses, selbst im Stadtgebiet, durch Großindustrielle ihren Grund hat, hat die Stadt an ihrem Gemüse- und Obstverkauf ½ Million zugesetzt. Unangenehme Beschränkungen im Fettverbrauch stehen uns noch in Zukunft bevor und auch die anderen Nährmittel werden knapp zur Verteilung kommen. Redner erwähnt, daß 300 Zentner Nährmittel allein monatlich an Kranke verabreicht werden, hebt die Bedeutung der Kriegküchen hervor und nennt zum Schluß die Summe von 150.000 Millionen, die die Stadt bis jetzt in ihrem kriegswirtschaftlichen Lebensmittelverkehr umgesetzt hat. [...]
Ueber Gas- und Kohlenversorgung in der Stadt sprach Stadtv. Schmitz. [...]Von der bescholtenen zeitweiligen Gassperre erwartet Redner nicht viel, dagegen wäre bei Großabnehmern und öffentlichen Gebäuden noch viel zu sparen. Nach einem Ueberblick über die Ursachen von der Not des Hausbrandes gibt Redner Mittel und Wege an, wie innerhalb der gesetzlichen Verfügungen Zuschüsse an Brand zu erhalten sind. Das städtische Kohlenamt komme den Bürgern weit entgegen. [...]
Stadtv. Kalt gab Aufschluß über die Bestrebungen zur Schließung bezw. auf Entlassung der älteren Jahrgänge der Fortbildungsschule. Die Zeiten hätten sich derart geändert, daß heute jede Hilfskraft in den Betrieben unbedingt nötig sei. Es sei nicht mehr angängig, die Jungens durch den Fortbildungsschulunterricht den Meistern zu entziehen. Der Vorsitzende gab hierzu bekannt, daß mit dem Leiter der Fortbildungsschule eine Uebereinkunft erzielt worden ist, den III. Jahrgang bis Ostern zu beurlauben. Die Angelegenheit wird in nächster Zeit der Stadtverordneten-Versammlung vorgelegt und wahrscheinlich auch zum Beschluß erhoben, Zu der Fortbildungsschulfrage entspann sich eine sehr lebhafte Auseinandersetzung, die stark in das persönliche Gebiet übergriff. Schließlich lenkte Stadtv. Goergen die Aufmerksamkeit der Versammlung auf den einzig erfolgreichen Weg zurück, den der Vorsitzende schon gewiesen. Eine vollständige Schließung würde nicht die Zustimmung der Regierung finden. Da sollten die Meister und Gewerbetreibenden schon die Vorteile nehmen, die ihnen einstweilen aus dem Antrage entstünden.
Die Bonner Verband- und Erfrischungsstelle „Prinzessin Viktoria“ in Lille blickt am 4. November ds. Js. auf ein dreijähriges Bestehen zurück. Kurz nach dem am 14. Oktober 1914 erfolgten Fall der Festung Lille richteten die Vaterländischen Vereinigungen Bonn, bestehend aus dem Zweigverein des Roten Kreuzes für den Stadt- und Landkreis Bonn, dem Vaterländischen Frauenverein Stadtkreis Bonn und dem Hilfsausschuß für Truppen , in großzügiger Weise in den Räumen der früheren Zollhalle des Nordbahnhofs Lille dieses Werk vollendeter Kriegswohlfahrtspflege ein. [...]
Wer es gesehen hat, wie die Augen unserer braven Feldgrauen, wenn sie aus dem dröhnenden Kampf in heimatliche Pflege kommen und dort fühlen, daß die Heimat an ihren Heldentaten warmen Anteil nimmt und nichts scheut, um ihnen Anerkennung und Freude zu bereiten, dem wird diese Einrichtung unvergessen bleiben. Auf vorgeschobenem Posten in Feindesland wird manches Dankeswort der Stadt Bonn gezollt, mit deren Namen diese Einrichtung verwachsen ist.
Mitbürger, denkt daher erneut an eure Pflicht gegenüber dem Vaterlande und eurer Vaterstadt und helft mit Beiträgen zur Unterhaltung dieses schön gelungenen vaterländischen Werkes. Falls Ihr noch nicht Mitglieder der Volksspende seid, so tretet dieser bei, denn jeder muß unbedingt der Kriegswohlfahrtspflege seine heimatlichen Abgaben zollen. Nur so kann er mit offenen Augen unseren tapferen Heldensöhnen entgegentreten.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Wohltätigkeitskonzert. Unter der Schutzherrschaft Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe, Prinzessin von Preußen findet zum Besten einer Weihnachtsgabe für Bonner Kriegerwitwen und –Waisen am Dienstag, den 6. November, abends 6½ Uhr, im großen Saal des Bonner Bürgervereins ein Konzert statt. In dem Konzert wird Frau Elly Ney-van Hoogstraten spielen, die gerade in letzter Zeit glänzende neue Erfolge in der Schweiz und in der Rheinprovinz errungen hat. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)