Mittwoch, 10. Oktober 1917

      

Anzeige im General-Anzeiger vom 10. Oktober 1917Die Kriegstrauung des Vizefeldwebels Felix Reiche aus Halle a. S. mit Fräulein Maria Schumacher aus Bonn fand hier am gestrigen Dienstag im engen Familienkreise in stiller Weise statt. Der Ehemann hatte schon im Anfange des Krieges im Felde sein Augenlicht verloren und hier in Bonn in der Augenklinik lange treue Pflege empfangen. Die herzlichsten Segenswünsche begleiten das junge tapfere Ehepaar vom Rhein in seine sächsische neue Heimat in Halle a. S.

Den Spitzbuben erleichtert die jetzige Dunkelheit der Straßen und die Abwesenheit vieler Polizeibeamten ihr Handwerk sehr, es sollten daher alle Einwohner, vor allem alle Geschäftsinhaber, ihr Eigentum so gut wie möglich gegen Diebe sichern. In der Nacht zum gestrigen Dienstag ist in eine Kleidergeschäft an der Wenzelgasse eingebrochen worden. Den Dieben sind für etwa 12.000 M. Stoffe in die Hände gefallen.

Aus dem städtischen Lebensmittelamt.
   Die Kartoffeln
sind in der letzten Zeit sehr zahlreich zugelaufen. Unglücklicherweise macht das schlechte Wetter das Entladen und vor allem das Einbringen in die Mieten außerordentlich schwierig, darum müssen, wenn die Kartoffeln für den Winter gut untergebracht werden sollen, die städtischen Lager so schnell wie möglich entlastet werden. Die Hausfrauen werden dringend gebeten, zunächst einmal ihren Kartoffelbedarf bis 18. November in den Verkaufsstellen abzuholen. Nebenher wird dann auch bald mit dem Einkellern der Kartoffeln vorgegangen. Es ist dringend erwünscht, daß diejenigen Haushaltungen, die Kartoffeln einkellern wollen und auch über geeignete Lagerräume verfügen, dem Lebensmittelamt bald Nachricht geben. Für die einzukellernden Kartoffeln ist der Preis auf 9 M. frei Keller herabgesetzt worden. Diese Kartoffeln können nur gegen Bezugsschein, der im Lebensmittelamt nach Bezahlung des Betrages ausgestellt wird, entnommen werden.
   Die neue Kriegsküche wird nun endgültig an der Reuterstraße, ganz nahe der Argelanderstraße, errichtet werden. Es war bekanntlich geplant, sie Ecke Weber- und Marienstraße oder an der Loestraße zu bauen, die Verhandlungen mit den Grundstücksbesitzern haben aber leider keinen Erfolg gehabt. Auch der jetzige Platz liegt für den Stadtteil um die Argelander- und Kurfürstenstraße sowie den Bonner Talweg günstig, und die Straßenbahn fährt in unmittelbarer Nähe vorbei.
   Die Selbstkosten der Stadt für das von den Kriegsküchen gelieferte Mittagessen sind in der letzten Zeit ganz erheblich gestiegen, sie betragen jetzt durchschnittlich 70 Pfg. Das ist auf den hohen Kartoffelpreis, auf die gestiegenen Preise für die übrigen Lebensmittel und auch auf die höheren Löhne zurückzuführen. Der Lebensmittelausschuß hat aus diesem Grunde ernstlich erwogen, ob es nicht angebracht ist, den Preis für das Mittagessen zu erhöhen. Auch die Stadtverordnetenversammlung wird sich mit dieser Frage voraussichtlich noch beschäftigen. Sicher ist, daß der Preis für die Abteilung C in kurzer Zeit erhöht werden und auch der Preis für die Abteilungen A und B auf 50 Pfg. steigen wird. Die Teilnehmerzahl der Kriegsküchen ist diese Woche wieder gestiegen, sie beträgt jetzt rund 6000. Es ist für den kommenden Winter mit Rücksicht auf die immer knapper werdenden Lebensmittel und vor allem auch auf den Brennstoffverbrauch mit einer gegen das Vorjahr ganz erheblichen Steigerung zu rechnen. Im vergangenen Jahre betrug die höchste Teilnehmerzahl 9000. […]

(Bonner Zeitung, Rubrik „Aus den Städtischen Nachrichten“)

      

Der Bonner Wochenmarkt war gestern des stürmischen und regnerischen Wetters wegen auffallend schlecht beschickt. Der Verkauf war durchaus flott. […] Obst findet im allgemeinen nicht den gewünschten flotten Absatz, was sich durch die hohen Preise leicht erklären läßt.
   Auch auf dem Großmarkt auf dem Stiftsplatz waren gestern die Zufuhren in fast allen Marktprodukten bei weitem nicht so groß, wie Ende der vorigen Woche. […] Der Verkauf war auch hier im allgemeinen sehr flott und der Markt schon früh wieder geräumt.
   Der städtische Verkauf auf dem Wochenmarkt erfreute sich gestern wieder eines recht regen Zuspruchs, besonders in Fischen, Obst und Gemüse. In Fischen war die Auswahl und Zufuhr wieder etwas besser als in letzter Zeit. […]

Ein Deserteur schlich sich gestern nachmittag in einen Gasthof an der Bahnhofstraße und begab sich nach dem oberen Stockwerk, wo er sich in einem Fremdenzimmer zu Bett legte. Als der Besitzer nach einiger Zeit im Zimmer erschien, sprang der Eindringling auf diesen zu und schlug ihn zu Boden. Nunmehr ergriff der Bursche die Flucht, verfolgt von dem Gasthofbesitzer und dem Personal, jedoch gelang es ihm, zu entkommen. Die von dem Vorfall benachrichtigte Kriminalpolizei ermittelte den Flüchtigen später in der Brüdergasse und nahm ihn fest. Im Besitz des Deserteurs fand man einen geladenen Armee-Revolver. Der Verhaftete hatte sich hier als Vizefeldwebel ausgegeben, obwohl er nur Gemeiner war.

(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)