Mittwoch, 3. Oktober 1917
Am gestrigen 70. Geburtstage Hindenburgs hatte die Stadt Bonn reichen Fahnenschmuck angelegt. Alle öffentlichen Gebäude und viele Privathäuser hatten geflaggt. Das Konzert an der Arndt-Eiche vereinigte gestern nachmittag auf dem Münsterplatz eine große Menschenmenge, die dankbar und zuversichtlich unseres großen Heerführers gedachte.
Die Universität sandte dem Generalfeldmarschall v. Hindenburg folgendes Telegramm:
Eurer Exzellenz übersendet die Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität zu Bonn in Verehrung und Dankbarkeit die herzlichsten Glückwünsche zu dem heutigen vaterländischen Festtage, in treuer Ergebenheit zu Kaiser und Reich, in nie zu erschütternder Treue zu unserem König und in der festen Zuversicht, die unser Volk in schwerer Zeit der Führung Eurer Exzellenz vornehmlich zu verdanken hat.
Der Rektor: Marx
(Bonner Zeitung, Rubrik „Städtische Nachrichten“)
Hindenburgfeier im Stadttheater. Die vaterländische Festfeier zu Ehren von Hindenburgs 70. Geburtstag im Stadttheater verlief gestern Abend recht anregend und erhebend. Sie wurde eingeleitet durch einen von Adele Schönfeld mit großer Innigkeit und Eindringlichkeit vorgetragenen Prolog. Danach sprach Herr Univ.-Professor, Geheimer Regierungsrat Dr. Aloys Schulte. Er zeigte uns den Erretter Deutschlands, unterstützt von seinem treuen Helfer Ludendorff bei Tannenberg und in der Masurischen Winterschlacht, wo er sich beide Male einer weit überlegenen Heeresmacht gegenübersah, führte uns seine geniale Feldherrenkunst in Rumänien, Ostgalizien, in der Bukowina, bei Warschau, Lodcz und Riga vor, und erläuterte seine strategischen Absichten bei Verdun und an der übrigen Westfront. Moltke und Schlieffen, seine Vorbilder, hatten ihn gelehrt, auch eine „Dampfwalze“ an der verwundbaren Stelle zu packen und zu vernichten. Sodann brachte er uns den Mann, auf dessen Waffentaten zwei Erdteile staunend blicken, menschlich nahe. Furchtlos nach oben, streng und gerecht, doch gütig zu seinen Untergebenen ist er der Abgott seines Heeres, dessen psychische Seite er ohne die raffinierten Mittel eines Napoleon restlos auszulösen weiß. Sachliches, klares Denken, schlichtes Empfinden ohne Pose, gesunde Heiterkeit und Anneigung gegen Lüge und Intrigen kennzeichnen sein Wesen. Ungebeugt durch Arbeit und Entbehrungen, durch Sorge und die Bürde der Verantwortung schreitet er in sein siebzigstes Jahr, denn tiefes Gottvertrauen, Liebe zum Vaterland und eisernes Pflichtgefühl sind die unerschütterlichen Stützen seiner Nerven- und Willenskraft. Ein jeder fühlt die ungeheure Dankesschuld, die er auf unsere Schultern legt. Wir können sie nur einigermaßen tilgen, wenn wir mit aller Kraft moralisch und wirtschaftlich ihm helfen durchzuhalten. Dann wird das Wort unserer Feinde zu schanden werden, die von ihm sagten: „Er ist ein Hannibal, und sein Volk wird ihm im Stich lassen wie jenen.“ Am unmittelbarsten kann sich unser Verständnis für seine Taten und unser Siegeswille zeigen, wenn wir durch die siebente Kriegsanleihe die kriegerischen Unternehmungen Hindenburgs unterstützen. Ein Vaterländisches Jugendspiel „Großer Sieg! Schulfrei!“ stand etwas unmotiviert im Rahmen des Abends, wirkte aber frisch und lustig in seiner naiven Darbietung durch die Schüler des städtischen Gymnasiums. Professor Grüters mit dem Städtischen Gesangverein brachte Lieder von Brahms und ein Kaiserlied von Eickhoff künstlerisch abgetönt zu Gehör.
Die Stadthalle ist jetzt ganz als Gemüse- und Obstlager eingerichtet worden, zu dem großen Saale sind auch die Seitensäle hinzugenommen worden. Der Wirtschaftbetrieb in der Stadthalle wird daher nächste Woche eingestellt werden.
(Bonner General-Anzeiger, Rubrik „Aus Bonn“)
Vom städtischen Lebensmittelamte.
Kartoffeln.
Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß die Kartoffeln bis zum 18. Nov. ds. Js., also für 7 Wochen, jetzt bereits abgenommen werden können, wenn jemand bei den Verkaufsstellen eine nach Haltbarkeit und Geschmack ihm zusagende Kartoffel vorfindet, soll er dies tun. Denn bei der reichen Kartoffelzufuhr von Mitte Oktober d. Js ab kann es leicht vorkommen, daß durch die starke Inanspruchnahme der Gespanne die Verkaufsstellen unregelmäßig beliefert werden müssen. [...] Auch jetzt schon sei darauf hingewiesen, daß Merkblätter über die zweckmäßige Lagerung und Aufbewahrung von Kartoffeln im Lebensmittelamte und in den Verkaufsstellen kostenlos abgegeben werden. Es wird den Hausfrauen dringend geraten, diese Merkblätter sorgfältig durchzulesen und nach ihnen zu handeln; denn die Erhaltung der Kartoffelvorräte ist in diesem Winter bei den uns noch bevorstehenden Nahrungsmittelschwierigkeiten eine der wichtigsten Fragen für den Haushalt.
Die Kriegsküchen
haben eine erhöhte Teilnehmerzahl, nämlich 5300, aufzuweisen. Leider hat es sich nicht verwirklichen lassen, die neue Kriegsküche auf dem Eckgrundstück von Weber- und Marienstraße zu bauen. Es ist jetzt ein Platz dafür in der Loestraße gegenüber dem städtischen Lyzeum in Aussicht genommen. Darüber schweben noch Verhandlungen mit dem Besitzer. Sollten diese Verhandlungen ebenfalls scheitern, so wird die Kriegsküche in der Reuterstraße auf einem Grundstück der Armenverwaltung in der Nähe der Argelanderstraße errichtet. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Lebensmittelverkauf“)
Rückgabe der Brotkarten der Säuglinge. Mit der am 7. Oktober 1917 beginnenden Versorgungswoche treten in der Brotversorgung der Säuglinge folgende Veränderungen ein: 1. Säuglinge im Alter bis zu einem Jahr erhalten kein Brot mehr. 2. Säuglinge im Alter von einem bis 1½ Jahren erhalten nur noch die halbe Brotmenge. Die hiernach ungültig werdenden Brotkarten der Säuglinge sind spätestens Samstag, den 6. Oktober 1917, gelegentlich des Einkaufs der Zusatzwarenmengen der Säuglinge in der städtischen Verkaufsstelle Franziskanerstraße 1 (Ecke Belderberg) zurückzugeben. [...]
(Deutsche Reichs-Zeitung, Rubrik „Bonner Nachrichten“)